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2012-09-18 AG Bonn - 108 C 109-12
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Abschrift Verkündet am 18.09.2012 108 C 109/12
Müller Justizhauptsekretärin als Uri<.undsbeamtin der Geschäftsstelle
Amtsgericht Bonn
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Rechtsstreit
der Webtains GmbH, vertr. d. d. Gf. michael Burat, Borsigstraße 35, 63110 Rodgau,
Klägerin,
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Syndikus, Veterinärstraße 11,
80539 München,
gegen
1. Herrn Harald Fuchs, Klosterbergstraße 45, 53177 Bonn,
2. Herrn Adrian Fuchs, Klosterbergstraße 45, 53177 Bonn,
Beklagten,
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Stefan Richter,
Bürgerheimstraße 23, 10365 Berlin,
hat das Amtsgericht Bonn
auf die mündliche Verhandlung vom 19.07.2012
durch die Richterin am Amtsgericht Koch
für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
'.
- 2 Das Urteil vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf
Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des
aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden falls nicht
Beklagten Sicherheit in Höhe von 110 % jeweils zu vollstreckenden
leisten.
Tatbestand
Klägerin nimmt die Beklagten auf außergerichtlicher Abmahnkosten in
Anspruch. Die am 10. März 2010 gegründete Klägerin bietet kostenpflichtige
Dienstleistungen im Internet an. Die Beklagten betreiben unter der Internetadresse
vvvvVV.alJL.UI,.,f\IIIJVV;:'.UIJ einen Blog zu verbraucherrelevanten Themen.
Die Beklagten veröffentlichten auf ihrer Internetseite unter der Bezeichnung
"Abzockschutz-Datenbank" eine Liste mit Domains, welche sie sog. "Abofallen"
bezeich neten.
Weiter veröffentlichten die Beklagten am . Dezember auf ihrer Internetseite
einen Artikel, welcher u.a. folgendes enthielt:
"Zitiert von der Verbraucherzentrale Hamburg:
.. .Am besten können den Gaunern in die Suppe spucken, wenn dazu beitragen, dass deren Konto gekündigt wird und das Geld an die Absender zurücküberwiesen wird.
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich habe den Verdacht, dass über das Konto . .. bei Ihrer Bank Beträge fließen. Es geht um Abofal/en. Ich appelliere an Sie, das Konto zu kündigen und das eingegangene Geld an die Absender zurückzuüberweisen.
Mit freundlichem Gruß
(
- 3 Auch die Verbraucherzentrale schreibt solche Briefe an die Banken/Sparkassen, aber es kann nutzen, wenn auch viele Verbraucher sich dort beschweren."
Der Artikel enthielt einen Link, über welchen man zu einem auf der Internetseite der
Verbraucherzentrale Hamburg eV. hinterlegten Dokument gelangte, welches
Kontaktdaten und Bankverbindungen von verschiedenen Unternehmen aufführte. Die
Verbraucherzentrale Hamburg e.V. rief dazu auf, die Banken der in der Liste
aufgeführten Unternehmen anzuschreiben und diese zu veranlassen deren
Kontoverbindungen zu kündigen. Im Zeitpunkt der Veröffentlichung des Artikels
durch die Beklagten enthielt die über den Link erreichbare Liste keinen Hinweis auf
die Klägerin.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 16. November 2011 mahnte die Klägerin die
Beklagten wegen der Veröffentlichung des Artikels ab. Hierauf haben die Beklagten
mit Schreiben vom 21. November 2011 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung
ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und unter ausdrücklicher Zurückweisung einer
Verpflichtung zur Erstattung etwaiger Anwaltskosten abgegeben. Sodann haben die
Beklagten den von der Klägerin beanstandeten Artikel von ihrer Internetseite
entfernt. Mit Schreiben vom 23. November 2011 forderte die Klägerin die Beklagten
auf, . sie von ihren außergerichtlich angefallenen Anwaltsgebühren in Höhe von
1.463,20 Euro freizustellen.
Die Klägerin behauptet, in der von den Beklagten veröffentlichten
,.Abzockschutz-Datenbank" würden von ihr betriebene Internetseiten aufgeführt.
Die Klägerin ist der Ansicht, der von den Beklagten veröffentlichte Artikel rufe Dritte
dazu auf, in ihre Vertragsbeziehungen einzubrechen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, die Klägerin von
außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von Euro 1.463,20 nebst
- 4 in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
7.2.2012 freizustellen.
Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Beklagten behaupten, die Veröffentlichung des Artikels sei ohne jeglichen Bezug
zur Klägerin erfolgt.
Wegen weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagten
auf Erstattung außergerichtlicher Abmahnkosten in Höhe von Euro 1.463,20 gemäß
§ 823 Abs. 1 fehlt schon an Verletzungshandlung im Sinne §
Abs. 1 BGB der Beklagten.
1. Veröffentlichung des streitgegenständlichen Artikels sowie dem darin
enthaltenen Zitat der Verbraucherzentrale Hamburg e.V. auf der Internetseite der
Beklagten stellt keinen betriebsbezogenen Eingriff in das Recht am eingerichteten
und ausgeübten Gewerbebetrieb Klägerin dar.
Grundsätzlich stellt Aufruf an Dritte, die Bank oder Sparkasse von
Unternehmen anzuschreiben und aufzufordern, deren Kontoverbindung zu
kündigen oder eingegangenes Geld an den jeweiligen Absender zurück zu
f' - 5
überweisen, einen betriebsbezogenen Eingriff in das durch § 823 Abs. 1 BGB
geschützte Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar (BGH,
Urteil v. 29. Januar 1985 - VI ZR 130/83; BVerfG, Beschluss v. 27. Oktober 1987 - 1
BvR 385/85 (Mietboykott)). Wegen der generalklauselartigen Weite des als sonstiges
Recht im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB geschützten Rechts am Gewerbebetrieb ist
als einschränkendes Korrektiv die Betriebsbezogenheit des Eingriffs erforderlich, d.h.
die Handlung muss gerade gegen den Gewerbebetrieb als solchen gerichtet sein
(BGH, Urteil v. 18. Januar 1983 - VI ZR 270/80; BGH, Urteil v. 15. November 1982
I1 ZR 206/81).
An dern Merkrnal der Betriebsbezogenheit fehlt es vorliegend, denn der von der
Klägerin beanstandete Artikel ist nicht gegen den Gewerbebetrieb der Klägerin als
solchen gerichtet. Der von den Beklagten veröffentlichte Artikel enthält selbst keine
Bezugnahme auf die Klägerin. Eine solche könnte sich lediglich aus der Verlinkung
der Internetseite der Beklagten mit dem auf der Internetseite der Verbraucherzentrale
Hamburg e.V. hinterlegten Dokument mit den Kontaktdaten und Bankverbindungen
von verschiedenen Unternehmen ergeben. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung sowie
der Verlinkung des Artikels enthielt das hinterlegte Dokument jedoch keinen Hinweis
auf die Klägerin, denn diese wurde erst ein Jahr und drei Monate nach
Veröffentlichung und Verlinkung gegründet. Ob dabei überhaupt die Bankverbindung
der Klägerin angegeben ist, ist ebenfalls nicht ersichtlich.
Allein aus dem Umstand, dass Domains der Klägerin in der Datenbank der Beklagten
gelistet sind und sich auf der Seite zudem der im Tatbestand zitierte Text befand,
reicht nicht aus, um eine Betriebsbezogenheit des Eingriffs zu begründen: Hier fehlt
es an einem direkten Zusammenhang zwischen dem Eintrag der domain in der
Datenbank und dem Aufruf, die Banken anzuschreiben: Die Datenbank findet sich in
unter der Auflistung "Domains", der angegriffene Artikel befindet sich - auch nach
den seitens der Klägerin vorgelegten Unterlagen - unter der Rubrik "Abgezockt - Was
jetzt?", bei dem verschiedene Möglichkeiten aufgezeigt sind, sich gegen - wie die
Beklagte es nennt - "Abzocker" zu wehren.
Darüber hinaus trifft die Klägerin für das Vorliegen eines betriebsbezogenen Eingriffs
die Darlegungs- und Beweislast. Diesbezüglich hat die Klägerin jedoch keine
Tatsachen vorgetragen. Insbesondere ergibt sich aus dem Tatsachenvortrag der
Klägerin nicht, inwieweit sich Dritte durch den veröffentlichten Artikel sowie das Zitat
veranlasst sehen könnten, gerade an die Bank der Klägerin zu schreiben und diese
zu einer Kündigung der Kontoverbindung zu veranlassen.
- 6 Insofern kommt es auf die ob die Beklagten sich das Zitat der
Verbraucherzentrale Hamburg e.v. zu gemacht haben, nicht an. Auch kann
dahin bleiben, ob die Veröffentlichung des streitgegenständlichen Artikels
unter den Schutz der Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 1 GG fällt und
bejahendenfalls, ob ein Eingriff in das Grundrecht der Beklagten auf Meinungsfreiheit
gerechtfertigt sein könnte.
Der Klageabweisung in Hauptsache folgt die Abweisung geltend
gemachten Nebenforderung.
Nebenentscheidungen beruhen auf § 91 ZPO sowie §§4. Die
Nr. 11, 711
_" ~ .... ~". 1.463,20
Koch
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