View
7
Download
0
Category
Preview:
Citation preview
4 Statistische Maßzahlen
4.1 Maßzahlen der mittleren Lage
4.2 Weitere Maßzahlen der Lage
4.3 Maßzahlen der Streuung
4.4 Lineare Transformationen, Schiefemaße
4.5 Der Box–Plot
Ziel: Charakterisierung einer Stichprobe bzw.
einer empirischen Verteilung (Haufigkeitsvertei-
lung) durch Kennzahlen.
StatSoz 78
Statistische Maßzahlen
– dienen der Beurteilung einzelner Beobach-
tungswerte innerhalb der Gesamtheit aller Be-
obachtungswerte,
– reprasentieren eine empirische Verteilung
durch wenige Zahlenwerte,
– ermoglichen einen einfachen und schnellen
Vergleich von Stichproben bzw. empirischen
Verteilungen.
StatSoz 79
Statistische Maßzahlen beschreiben drei Aspek-te:
• Lage Wo liegen die Daten auf der verwende-
ten Skala? Wo liegt das Zentrum, die ,,Mit-
te”? Auskunft geben Maßzahlen der Lage(Abschnitt 4.1 und 4.2).
• Streuung Wie weit streuen die Daten auf
der verwendeten Skala? Wie weit sind die
Daten vom Zentrum entfernt? Auskunft geben
Maßzahlen der Streuung (Abschnitt 4.3).
• Form Wie verhalten sich die Daten links und
rechts vom Zentrum? Wie weit weicht ei-
ne Haufigkeitsverteilung von der Symmetrie
ab? Auskunft geben Maßzahlen der Schiefe(Abschnitt 4.4).
StatSoz 80
4.1 Maßzahlen der mittleren Lage
Maße der zentralen Tendenz, Mittelwerte
Ziel: Ein Mittelwert soll die Gesamtheit der Be-
obachtungen (Daten) moglichst gut reprasentie-
ren.
• Modus (Modalwert)
Definition:Der Modus ist die Merkmalsauspragung, die
in der Stichprobe am haufigsten vorkommt.
Als Lagemaß ist der Modus sinnvoll fur
– ordinale Merkmale
– diskrete metrische Merkmale (Zahldaten)
wenn er eindeutig ist!
StatSoz 81
Bemerkung: Da der Modus allein von der
Haufigkeit abhangt, muss er nicht in der ,,Mitte”
einer Verteilung liegen.
Beispiel: Eine Stichprobe von 200 Haushalten
ergab die folgende Haufigkeitstabelle uber die
Haushaltsgroße:
Anzahl der absoluteHaushaltsmitglieder Haufigkeit
1 352 303 42
4 78
5 15
Der Modus ist 4.
StatSoz 82
Bemerkung:
1. Bei stetigen (und somit metrisch skalierten)
Merkmalen macht der Modus im Allgemeinen
keinen Sinn (alle Daten sind i.d.R. verschieden).
2. Im klassierten Fall ist der Modus defi-
niert als die Klassenmitte der am haufig-sten besetzten Klasse. Aber Vorsicht!
Der Modus hangt von der Klassenwahlab! (vgl. Aufgabe 2, Blatt 2)
Fortsetzung von Bsp. 3.1: (Pendler–Daten)
Der Modus im nichtklassierten Fall ist 21, da
dieser Wert am haufigsten auftritt (namlich 5
mal), im klassierten Fall der Tab. 3–4 ist die
Klasse [20, 30) am dichtesten besetzt (namlich
11 mal) und der Modus ist
20 + 30
2= 25
StatSoz 83
• Median (Zentralwert)
Empirischer Median, Stichproben–Median(sample median)
Voraussetzung: Merkmale mussen mindestensordinalskaliert sein.
Bezeichnung: med, medx
Median: Beobachtungswert, der sich in der
,,mittleren” Position der geordneten Stichpro-
be befindet (bei geradem Stichprobenumfang
gibt es zwei Beobachtungen in einer mittleren
Position und es wird gemittelt).
Zahlenbeispiel:
3 4 4 5 6 3 4 4 5 6 7
med = 4 med =4 + 5
2= 4.5
StatSoz 84
Fortsetzung von Bsp. 3.1: (Pendler–Daten)
Die geordnete Stichprobe der 30 Daten lautet:
5 5 6 9 10 11 11 12 12 1416 17 19 21 21 21 21 21 22 2324 24 26 26 31 31 36 42 44 77
In der mittleren Position sind die 15–te und
die 16–te Ordnungsgroße, beide haben den Wert
21. Der Median ist dann das arithmetische Mittel
dieser beiden Ordnungsgroßen:
med =x(15) + x(16)
2=
21 + 21
2= 21
Um allgemein den Median von Daten x1, . . . , xn
zu bestimmen, sind zunachst die Werte der
Große nach zu sortieren. Bezeichne
x(1) ≤ x(2) ≤ . . . ≤ x(n)
wieder die geordneten Daten.
StatSoz 85
Definition:Der empirische Median ist definiert durch
med =
{x(n+1
2 ), n ungerade(x(n2)
+ x(n2+1)
)/2, n gerade
Hinweis: Der Median teilt die Stichprobe so,
dass mindestens 50% der Daten kleiner oder
gleich diesem Wert und mindestens 50% der
Daten großer oder gleich diesem Wert sind.
Beispiel Pendler–Daten: Von den 30 Beob-
achtungen sind 18 Beobachtungen kleiner oder
gleich dem Median, also 60%, 17 Beobachtungen
sind großer oder gleich dem Median, gerundet
57%.
StatSoz 86
• Arithmetisches Mittel
Mittelwert, Stichprobenmittel (sample mean)
Voraussetzung: metrisch skaliertes Merkmal oder
Merkmal ist binar und 0/1–kodiert.
Bezeichnung: x, xn
Definition:Das arithmetische Mittel einer Stichprobe
x1, . . . , xn ist definiert durch
x =1
n· (x1 + . . . + xn) =
1
n
n∑i=1
xi
Bemerkung: Selbstverstandlich kommt es bei
der Aufsummierung nicht auf die Reihenfolge
an. So andert sich der Wert des arithmetischen
StatSoz 87
Mittels nicht, wenn man z. B. die geordneten
Daten aufsummiert:
x =1
n· (x(1) + . . . + x(n))
Fortsetzung von Bsp. 3.1 (Pendler–Daten):
x30 =1
30· (5 + 5 + 6 + 9 + . . . + 77) = 21.93
aufgerundet 22 (Minuten).
Bei einem binaren Merkmal, dessen Auspragun-
gen mit 0 und 1 kodiert sind, ist das arithmeti-
sche Mittel identisch mit der relativen Haufig-keit der Auspragung 1:
x =Anzahl der Daten xi mit xi = 1
n
100 · x gibt den prozentualen Anteil der Aus-
pragung 1 wieder.
StatSoz 88
Median oder arithmetisches Mittel?
Median und arithmetisches Mittel haben unter-
schiedliche Eigenschaften:
• Der Median wird von Ausreißern kaum oder
gar nicht beeinflusst (Ausreißer sind Beobach-
tungen die (augenfallig) weit entfernt von den
ubrigen Daten liegen.) Man sagt: Der Median
ist robust. Das arithmetische Mittel reagiert
hingegen außerst sensibel auf Ausreißer (und
kann daher zu sachlich verzerrten Aussagen
fuhren). Aber Achtung! Robustheit ist eineEigenschaft, kein Gutekriterium!
• Fur schiefe Verteilungen ist der Median bes-
ser interpretierbar als das arithmetische Mittel.
Bei (annahernd) symmetrischen Verteilungen
ist das arithmetische Mittel dem Median vor-
zuziehen.
StatSoz 89
• Der Median setzt lediglich ein ordinales Ska-
lenniveau voraus, wahrend das arithmetische
Mittel metrisch skalierte Merkmale voraus-
setzt (Ausnahme: binare, 0/1– kodierte Merk-
male).
• Das arithmetische Mittel gibt einen rechneri-
schen Bezug zur Summe aller Beobachtungs-
werte, der Median gibt eher einen typischen
Wert im Zentrum der Verteilung wieder.
Fortsetzung von Bsp. 3.1 (Pendler–Daten):
Lasst man die großte Beobachtung 77 weg, so
erhalt man
x29 = 20.03 med = x(15) = 21
Der Mittelwert hat um 1.9 abgenommen, der
Median hingegen bleibt in diesem Beispiel sogar
unverandert.
StatSoz 90
Robustifizierung des arithmetischen Mittels:Weglassen der k kleinsten und großten Beobach-
tungen (k ≤ n/2). Das Ergebnis
xn,k =1
n− 2 · k
n−k∑j=k+1
x(j) (4.1)
ist das sogenannte gestutzte oder getrimmteMittel (trimmed mean).
Beispiel: 5%–getrimmtes Mittel (Weglassen der
5% kleinsten und 5% großten Beobachtungen)
Bemerkung: In der Darstellung (4.1) werden
alle Daten gleich gewichtet. Das Gewicht ist
1
n− 2 · k
Es gibt aber auch andere Festlegungen.
StatSoz 91
4.2 Weitere Maßzahlen der Lage
In diesem Abschnitt werden Maßzahlen vorge-
stellt, die haufig zur Beschreibung der nicht
zentralen Lage der Daten verwendet werden.
• • | • • | • • | • •
↑ ↑ ↑ ↑ ↑min Q1 Q2 = med Q3 max
• Minimum: Kleinster Beobachtungswert
x(1) = min(x1, , . . . , xn)
• Maximum: Großter Beobachtungswert
x(n) = max(x1, , . . . , xn)
Fortsetzung von Bsp. 3.1: (Pendler–Daten)
x(1) = 5, x(30) = 77
StatSoz 92
• Quartile
Die Interpretation von Quartilen ist die Folgende:
Das 1. Quartil (1st quartile) Q1 teilt die Stich-
probe so, dass ungefahr 25% der Daten darunter
liegen. Das 2. Quartil (2nd quartile) Q2 teilt
die Stichprobe so, dass ungefahr 50% der Daten
darunter liegen (entspricht dem Median) und das
3. Quartil (3rd quartile) Q3 teilt die Stichprobe
so, dass etwa 75% der Daten darunter liegen.
Die Bestimmung von Quartilen geschieht wie
folgt:
1. Quartil: Division von 1·(n+1) durch 4 ergibt
n + 1
4= k1 + Rest
Der Rest kann nur die Werte 0, 0.25, 0.5 und
0.75 annehmen (den Wert 0, wenn n + 1 durch
4 teilbar ist).
StatSoz 93
Definition: 1. Quartil
Q1 = x(k1) + Rest ·(x(k1+1) − x(k1)
)Im Fall Rest = 0 ist Q1 = x(k1).
Fortsetzung von Bsp. 3.1: (Pendler–Daten)
Hier ist n = 30 und
n + 1
4=
30 + 1
4= 7.75 = 7 + 0.75
Also ist k1 = 7, Rest = 0.75 und
Q1 = x(7) + 0.75 · (x(8) − x(7))
= 11 + 0.75 · (12− 11) = 11.75
Von den 30 Daten liegen 7 Daten unterhalb des
1. Quartils, also etwa 23%.
StatSoz 94
2. Quartil: Division von 2·(n+1) durch 4 ergibt
2 · (n + 1)
4=
n + 1
2= k2 + Rest
Der Rest kann den Wert 0 annehmen, wenn
n + 1 durch 2 teilbar ist. In diesem Fall ist
k2 =n + 1
2
Der Rest kann den Wert 0.5 annehmen, wenn
n+ 1 ungerade, also n gerade ist. In diesem Fall
ist
k2 =n
2
StatSoz 95
Definition: 2. Quartil
Q2 = x(k2) + Rest ·(x(k2+1) − x(k2)
)=
{x(n+1
2 ), n ungerade
0.5 · x(n2)+ 0.5 · x(n2+1),n gerade
= med
3. Quartil: Division von 3·(n+1) durch 4 ergibt
3 · (n + 1)
4= k3 + Rest
Der Rest kann nur die Werte 0, 0.25, 0.5 und
0.75 annehmen (den Wert 0, wenn 3 · (n + 1)
durch 4 teilbar ist).
StatSoz 96
Definition: 3. Quartil
Q3 = x(k3) + Rest ·(x(k3+1) − x(k3)
)Im Fall Rest = 0 ist Q3 = x(k3).
Fortsetzung von Bsp. 3.1: (Pendler–Daten)
Wegen 31 · 0.75 = 23.25 ist k3 = 23, Rest =
0.25 und
Q3 = x(23) + 0.25 · (x(24) − x(23))
= 26 + 0.25 · (26− 26) = 26
Von den 30 Daten sind 22 Daten kleiner als das
3. Quartil, also etwa 73%, 24 Daten sind kleiner
oder gleich dem 3. Quartil, also 80%.
Hinweis: Es gibt auch geringfugig andere Festlegungen
von Quartilen.
StatSoz 97
4.3 Maßzahlen der Streuung
Variabilitatsmaße, Dispersionsmaße (measu-
res of dispersion)
Lagemaße geben i. A. wenig Auskunft daruber,
wie weit die Daten vom Zentrum entfernt lie-
gen, wie stark also die Daten um das Zentrum
variieren (,,streuen”).
Zahlenbeispiel 4.1 (wird fortgesetzt): Fur
die beiden Stichproben 0, 0, 10, 10 und
0, 0, 2, 8, 10, 10 gilt (nachrechnen!):
x = 5
Minimum = 0
Maximum = 10
Q1 = 0
Q2 (med) = 5
Q3 = 10
StatSoz 98
• Spannweite (range)
Voraussetzung: ordinal skalierte Merkmale
Definition:Die Spannweite einer Stichprobe x1, . . . , xn
ist die Differenz zwischen großtem und klein-
stem Beobachtungswert:
Spannweite = x(n) − x(1)
Fortsetzung von Bsp. 3.1: (Pendler–Daten)
Spannweite = 77− 5 = 72
Nachteile: Die Spannweite
– ist extrem ausreißerempfindlich
– berucksichtigt nicht die (Lage der) Daten, die
StatSoz 99
zwischen Minimum und Maximum liegen
– wird mit wachsendem Stichprobenumfang nie
kleiner.
• Quartilsabstand (interquartile range, IQR)
Dieses Streuungsmaß, auch Quartilsdifferenz(quartile deviation) genannt, ist eine Robustifi-
zierung der Spannweite.
Definition:Der Quartilsabstand einer Stichprobe
x1, . . . , xn ist die Differenz zwischen dem
dritten und ersten Quartil:
IQR = Q3 −Q1
StatSoz 100
Bemerkung: Der Quartilsabstand hat eine sehr
anschauliche Interpretation: Er misst die Lange
des Intervalls, das etwa die Halfte der ,,mittle-
ren” Beobachtungen enthalt. Das Intervall
[Q1, Q3]
umfasst die Beobachtungen zwischen Q1 und
Q3.
Fortsetzung von Bsp. 3.1: (Pendler–Daten)
IQR = Q3 −Q1 = 26− 11.75 = 14.25
Im Intervall [11.75, 26] liegen die (mittleren) Be-
obachtungenwerte
12 12 14 16 17 19 21 21 21
21 21 22 23 24 24 26 26
Dies sind rund 57% aller Beobachtungwerte.
StatSoz 101
• Standardabweichung (standard deviation)
Genauer: empirische Standardabweichung,
Stichproben–Standardabweichung
Bezeichnungsweisen: s, sn
Voraussetzung: metrisch skalierte Merkmale
Definition:Die Standardabweichung von x1, . . . , xn
ist definiert durch
s = sn =
√√√√ 1
n− 1
n∑i=1
(xi − x)2
Die Standardabweichung
– betrachtet die Summe der quadratischen Ab-
weichungen vom arithmetischen Mittel
StatSoz 102
– nimmt Bezug zum Stichprobenumfang n
– zieht die Wurzel aus der Summe der quadra-
tischen Abweichungen, damit das Streuungs-
maß die gleiche Maßeinheit besitzt wie die
Stichprobenwerte.
Beachte: Nur die Abweichungen (also ohne
Quadrat) zu nehmen, ist sinnlos. Es gilt stets
n∑i=1
(xi − xn) = 0
(Aufgabe 3 (ii), Blatt 2).
Fortsetzung von Zahlenbeispiel 4.1: Die
Stichprobe 0, 0, 10, 10 (x = 5) besitzt die Stan-
dardabweichung
s4 =
√1
3· 100 = 5.77
StatSoz 103
die Stichprobe 0, 0, 2, 8, 10, 10 (x = 5) besitzt
die Standardabweichung
s6 =
√1
5· 118 = 4.86
Das Quadrat der (Stichproben–)Standardab-
weichung
s2 = s2n =1
n− 1
n∑i=1
(xi − x)2
heißt (Stichproben–)Varianz.
Fortsetzung von Bsp. 3.1: (Pendler–Daten)
Varianz (in Minuten2)
s2 =1
29
((5− 21.93)2 + . . . + (77− 21.93)2
)= 208.13
StatSoz 104
Standardabweichung (in Minuten)
s =√
208.13 = 14.43
Bemerkungen:
(i) Die Maßeinheit der Varianz ist das Quadrat
der Maßeinheit der Stichprobenwerte. Die Vari-
anz ist daher nur schwer interpretierbar.
(ii) Standardabweichung bzw. Varianz werden
von Ausreißern stark beeinflusst, sind also nicht
robust.
Beispiel: (Pendler–Daten) Wurde man die ex-
treme Beobachtung 77 weglassen, so ergabe sich
eine Standardabweichung von 10.18 – eine deut-
liche Verringerung gegenuber 14.43.
StatSoz 105
(iii) Im Gegensatz zum Quartilsabstand hat die
Standardabweichung s keine anschauliche Inter-
pretation (vgl. Bemerkung im Anschluss an De-
finition des Quartilsabstandes). Als Faustregel
sollte man sich aber merken, dass fur annahernd
normalverteilte Stichproben das Intervall
[x− s, x + s]
ungefahr 2/3 aller Beobachtungen enthalt; un-
gefahr die Halfte liegt im Intervall
[x− 0.67 · s, x + 0.67 · s]
Was normalverteilt bedeutet, wird in der Wahr-
scheinlichkeitsrechnung erklart.
(iv) Mochte man Standardabweichungen von
verschiedenen Stichproben vergleichen, so ist es
haufig sinnvoll, diese in Bezug zu den arithmeti-
schen Mitteln zu setzen (vgl. Aufgabe 8, Blatt 2).
StatSoz 106
4.4 Lineare Transformationen, Schiefemaße
Wie wirkt sich eine Anderung der Maßeinheit auf
Lage– und Streuungsmaße aus? Beispiele:
Wahrung: USD ($) und Euro [e]
1e = 1.320$
Zeitmessung:
1 Stunde = 60 Minuten
Allgemein lasst sich der Ubergang zu einer an-
deren Maßeinheit durch eine lineare Funktion
(man sagt auch lineare Transformation) be-
schreiben:
y = a + b · x, b > 0
Die x–Werte werden erst mit einem Faktor b > 0
gewichtet und dann um den Wert a verschoben.
StatSoz 107
Im Fall der Wahrung ist b = 1.320 und a = 0:
y = 1.320 · x (xEuro sind 1.320 · x USD)
Im Fall der Zeitmessung ist b = 60 und a = 0:
y = 60 · x (x Stunden sind 60 · x Minuten)
Wendet man eine lineare Transformation
y = a + b · x, b > 0
auf eine Stichprobe x1, . . . , xn an, so erhalt man
die linear transformierten Daten
y1 = a + b · x1, . . . , yn = a + b · xn
Alle Lage– und Streuungsmaße (außer die Va-
rianz) sind dadurch charakterisiert, dass siesich bei linearen Transformationen in einerbestimmten Weise mitverandern:
StatSoz 108
Lagey = a + b · Lagex
Streuungy = b · Streuungx
Fur die vorgestellten Lagemaße gilt also
y = a + b · xQ1,y = a + b ·Q1,x
medy = a + b ·medx
Q3,y = a + b ·Q3,x
und fur die vorgestellten Streuungmaße gilt
sy = b · sxIQRy = b · IQRx
StatSoz 109
Selbst wenn Stichproben in Lage und Streuung
ubereinstimmen sollten, bleiben im Allgemeinen
Unterschiede, die man unter dem Begriff Formzusammenfasst.
Die Form der Verteilung ist das, was
sich unter linearen Transformationen nicht
andert.
Ein anschaulicher Aspekt der Form ist die
Schiefe (skewness).
Schiefe ist die Abweichung von der Symme-trie. Ausreißer bewirken, dass Mittelwert und
Median voneinander abweichen. In diesen Fallen
ist die Verteilung schief.
StatSoz 110
Rechtsschiefe (Linkssteilheit) in den Daten liegt
vor, wenn mehr Beobachtungen unterhalb des
Mittelwertes liegen als oberhalb, also der Median
kleiner als der Mittelwert ist
medx < x
Die Pendler–Daten von Bsp. 3.1 sind rechts-
schief (siehe Abb. 3–4).
Linksschiefe (Rechtssteilheit) in den Daten liegt
vor, wenn mehr Beobachtungen oberhalb des
Mittelwertes liegen als unterhalb, also der Medi-
an großer als der Mittelwert ist
medx > x
Im Fall x = medx spricht man von Symmetrie.
StatSoz 111
Beachte: Unter linearen Transformationen
a + b · x, b > 0
bleibt
(i) eine rechtsschiefe Verteilung (medx < x)
rechtsschief:
a + b ·medx < a + b · x
(ii) eine linksschiefe Verteilung (medx > x)
linksschief:
a + b ·medx > a + b · x
(iii) eine symmetrische Verteilung (medx = x)
symmetrisch:
a + b ·medx = a + b · x
StatSoz 112
• Schiefemaße
Ein Schiefemaß ist ein Maß fur die Ausgepragt-
heit der Schiefe einer Verteilung, fur den Grad
der Asymmetrie.
Konvention:
· Bei rechtsschiefer Verteilung wird die Maß-
zahl positiv
· bei linksschiefer Verteilung wird die Maßzahl
negativ
· bei symmetrischer Verteilung wird die Maß-
zahl Null.
Schiefemaß nach Yule–Pearson:
Schiefe YP =3 · (x−med)
s
StatSoz 113
Schiefemaß 3. Moment:
Schiefe M =1
n
n∑i=1
(xi − x
s
)3
(4.2)
Fortsetzung von Bsp. 3.1 (Pendler–Daten) Mit
x = 21.93, med = 21 und s = 14.43 erhalt man
Schiefe YP =3 · (21.93− 21)
14.43= 0.19
Schiefe M =1
30
(5− 21.93
14.43
)3
+ . . . +
(77− 21.93
14.43
)3 = 1.85
Dies deutet auf eine Rechtsschiefe hin.
StatSoz 114
Da die Form einer Verteilung sich unter linea-
ren Transformationen a + b · x, b > 0, nicht
andert, ist es vernunftig, von einem Schiefemaß
zu fordern, dass es sich ebenfalls unter linearen
Transformationen nicht andert (Aufgabe 2, Blatt
3).
Bemerkung: Rechtsschiefe Verteilungen sind
weit verbreitet. Logarithmus– und Wurzel-transformation
x1, , . . . , xn −→√x1, . . . ,
√xn
x1, , . . . , xn −→ ln(x1), . . . , ln(xn)
fuhren zu einer Abnahme der Rechtsschiefe. Dies
ist oft ein Grund fur ihre Anwendung: Man
mochte nicht–schiefe Haufigkeitsverteilungen er-
halten. Dies ist vor allem im Hinblick auf viele
Methoden der schließenden Statistik von Vorteil.
StatSoz 115
Standardisierte Stichproben
Jede Stichprobe lasst sich mittels einer linearen
Transformation a + b · x, b > 0, in eine Stich-
probe uberfuhren, deren (mittlere) Lage 0 und
Streuung 1 ist. Sei x1, . . . , xn eine Stichprobe.
Standardisierung A: Als Lagemaß sei das arith-
metische Mittel x und als zugehoriges Streu-
ungsmaß die Standardabweichung sx gewahlt.
Fur die transformierten Beobachtungswerte
zi =xi − x
sx= − x
sx︸︷︷︸=a
+1
sx︸︷︷︸=b
·xi
i = 1, . . . , n, gilt dann
z = 0, sz = 1
(Aufgabe 3, Blatt 3). Der standardisierte Wert
zi wird als
StatSoz 116
z–score (z–Wert)
des ursprunglichen Wertes xi bezeichnet. Er be-
sitzt keine Maßeinheit und kennzeichnet, um das
,,Wievielfache der Streuung” der Ursprungswert
vom Zentrum (x) entfernt ist. z1, . . . , zn heißt
standardisierte Stichprobe.
Standardisierung B: (Robuste Variante) Als
Lagemaß sei der Median medx und als zugehori-
ges Streuungsmaß der Quartilsabstand IQRx
gewahlt. Fur die transformierten Beobachtungs-
werte
zi =xi −medxIQRx
= −medxIQRx︸ ︷︷ ︸=a
+1
IQRx︸ ︷︷ ︸=b
·xi
i = 1, . . . , n, gilt dann
medz = 0, IQRz = 1
(Aufgabe 3, Blatt 3).
StatSoz 117
4.5 Der Box–Plot
Genauer: Box– and Whiskers–PlotEr benutzt Quartile zur graphischen Darstellung
von Lage und Streuung, gibt Hinweise auf Sym-
metrie oder Schiefe, und hebt potenzielle Aus-
reißer hervor.
Ziel: Schneller visueller Vergleich verschiedener
Stichproben.
Ausgangspunkt dieser Darstellung (bei vertikaler
Orientierung) bildet eine Box, deren untere und
obere Begrenzungslinien durch das untere und
obere Quartil festgelegt sind. Die Lange der Box
ist also der Quartilsabstand. Innerhalb der Box
wird der Median durch eine horizontale Linie
markiert.
Die Whiskers (vertikale Linienstucke) werden
unterhalb und oberhalb der Box abgetragen. Die
StatSoz 118
Linienendpunkte sind durch die großte und klein-
ste Beobachtung definiert. Wenn allerdings die
Beobachtungen vom oberen bzw. unteren Rand
der Box zu weit entfernt liegen, namlich mehr als
1.5 ·(Q3−Q1), endet die Linie bei dem hochsten
bzw. niedrigsten Beobachtungswert, der gera-
de noch innerhalb dieses Bereiches liegt (man
spricht von der großten ,,normalen” und klein-
sten ,,normalen” Beobachtung). Alle Messwer-
te, die extremer sind, werden einzeln, meistens
durch Sterne, gekennzeichnet. Dies sind dann
potenzielle Ausreißer. Die Zahl 1.5 ist so gewahlt,
dass fur ,,normale” Stichproben Folgendes gilt:
Etwa 99% der Daten liegen im Intervall
[Q1 − 1.5 · IQR,Q3 + 1.5 · IQR]
Ist der Boxplot unsymmetrisch, so zeigt dieser
eine Schiefe in den Daten.
StatSoz 119
*
� großte ,,normale” Beobachtung(≤ Q3 + 1.5 · IQR)
� Q3
� Q2� Q1
� kleinste ,,normale” Beobachtung(≥ Q1 − 1.5 · IQR)
** � extreme Beobachtung
Abbildung 4–1 Aufbau eines Box–Plots
Man beachte, dass alle im Box–Plot verwendeten
Kennzahlen relativ robust gegenuber Ausreißern
sind, denen damit praktisch die Moglichkeit ge-
nommen wird, sich hinter bereits beeinflussten
Kennzahlen zu verstecken (,,masking”).
StatSoz 120
Abbildung 4–2 Box–Plot der Pendler–Daten
StatSoz 121
Fur die Pendler–Daten ergibt sich wegen
1.5 · IQR = 1.5 · 14.25 = 21.375
das Intervall
[Q1 − 1.5 · IQR,Q3 + 1.5 · IQR]
= [11.75− 21.375, 26 + 21.375]
= [−9.625, 47.375]
Die kleinste Beobachtung 5 liegt in diesem Inter-
vall. Der untere Whisker endet somit bei 5. Die
großte Beobachtung (Beobachtung Nummer 9)
betragt 77 und liegt nicht in diesem Intervall.
Diese Beobachtung wird daher als potenzieller
Ausreißer gekennzeichnet. Die großte ,,normale”
Beobachtung ist dann 44, wo auch der obere
Whisker endet. Der Median von 21 liegt naher
an 5 (kleinste normale Beobachtung) als an 44.
Dies deutet auf eine Rechtsschiefe hin.
StatSoz 122
Recommended