Arbeitnehmerüberlassung – gesetzliche Neuregelungen und aktuelle Rechtsprechung

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Arbeitnehmerüberlassung – gesetzliche Neuregelungen und

aktuelle Rechtsprechung

I. Übersicht Arbeitnehmerüberlassung

II. Gesetzliche Neuregelungen

III. Aktuelle Rechtsprechung

IV. Ausblick

I. Übersicht Arbeitnehmerüberlassung

Arbeitnehmerüberlassung

AÜ ist die im Rahmen der wirtschaftlichen Tätigkeit erfolgende Überlassung von Arbeitnehmern zur Arbeitsleistung an einen Dritten, die dieser nach seinen Vorstellungen und Zielen in seinem Betrieb wie eigene Arbeitnehmer einsetzt.

Definition

Arbeitnehmerüberlassungsgesetz

• letzte Neuregelung zum 01.12.2011 (01.05.2011),davor weitgehende Änderungen zum 01.01.2004

• vorher: Verhinderung der Zurückdrängung vonunbefristeter Vollzeitbeschäftigung

• dann: Arbeitnehmerüberlassung als Möglichkeit zur Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit

• jetzt: erneute Zurückdrängungstendenz und Verhinderung von Missbrauch

Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG)

• vorher: Verleiherbetriebsbezogenheit

• heute: Entleiherbetriebsbezogenheit

Wesentliche Neuerungen des AÜG 2004:

• keine speziellen Befristungsregelungen mehr es gilt das TzBfG

• grundsätzliche Behandlung der Leiharbeitnehmer wie Stammbelegschaft des Entleiherbetriebs

• keine Begrenzung der Leihe auf 24 Monate mehr

• teilweise Erlaubnis der Leiharbeit in der Baubranche

Werkvertrag

Dienstvertrag

Abordnung

Bedienpersonal

Arbeitsvermittlung

Abgrenzung zu anderen Vertragsarten

Risiken bei fehlerhafter Arbeitnehmerüberlassung:

• Begründung eines Arbeitsverhältnisses zum „Entleiher“

• Ordnungswidrigkeit nach § 16 AÜG

bei fehlender Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung des „Verleihers“ (§ 1 AÜG)

• eigenverantwortliche Herstellung durch Werkunternehmer

• ausschließliches Weisungsrecht des Werkunternehmers

• Risiko des Misslingens beim Werkunternehmer

• geschuldet wird das Werk an sich, Weg dorthin Sache des Werkunternehmers

Werkvertrag

• Leistungserbringung in eigener Verantwortung des Auftragnehmers

• ausschließlich Weisungsrecht des Auftragnehmers

• Entgelt an Leistungserbringung geknüpft

• keine Erfolgsabhängigkeit

Dienstvertrag

• zur Herstellung eines Werks im Rahmen einer ARGE (§ 1 Abs. 1 S. 2 AÜG)

• abordnender Arbeitgeber muss Mitglied der ARGE sein

• alle ARGE-Mitglieder müssen unter die Tarifverträge des selben Wirtschaftszweigs fallen

• alle ARGE-Mitglieder müssen zur Leistungserbringung verpflichtet sein

Abordnung

• keine AÜ wenn Personalgestellung nur vertragliche Nebenleistung;Maßstab: wirtschaftlicher Wert der Mietsache

• nicht gegeben bei nur untergeordneten Mietsachen

Bedienpersonal

• seit 1994 kein Monopol der BA mehr

• Vermittlung in neues, dauerhaftes Arbeitsverhältnis

• wirtschaftliche Verbindung mit Arbeitgeber

• keine rechtliche „Rückkehrmöglichkeit“ zum Vermittler

Arbeitsvermittlung

Grundsatz:Erlaubnispflicht (§ 1 AÜG)

• Angabepflicht im Überlassungsvertrag

• grundsätzlich nicht im Baugewerbe möglich

• falls keine Erlaubnis:

Entleiher wird Arbeitgeber + Ordnungswidrigkeit

Verleiher

Entleiher

Leiharbeitnehmer

Arbeitsvertrag

Verleihvertrag

tatsächliche Überlassung

Beteiligte und deren Rechtsbeziehungen

Verleiher verpflichtet sich zur zeitweisen Überlassung von Arbeitnehmern mit bestimmter Qualifikation gegen Entgelt

Verleiher Entleiher

Verleihvertrag

• Nachweis der Erlaubnis zur AÜ

• Schriftformerfordernis

• häufig: Vermittlungsprovision

Verleiher Entleiher

Verleihvertrag

„Normaler“ Arbeitsvertrag

Besonderheit: Verpflichtung zur Arbeitsleistung bei Dritten

Verleiher Leiharbeitnehmer

Arbeitsvertrag

Weitere Besonderheiten:

• Befristungen jetzt nach TzBfG möglich

• i.d.R. gleiche Entgelthöhe wie vergleichbare Arbeitnehmer des Entleiherbetriebes im Leihvorgang

Ausnahme: auf Arbeitsverhältnis anwendbarer Tarifvertrag regelt abweichende Vergütung

Entleiher Leiharbeitnehmer

tatsächliche Überlassung

• bleibt Arbeitnehmer des Verleihers

• Direktionsrecht für Entleiher

• arbeitsrechtliche Fürsorgepflicht für Entleiher

• Anzeigepflicht bei Verhinderung/AU

• Haftung nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen

II. Gesetzliche Neuregelungen

Wesentliche Neuerungen:

1. Ausweitung der Erlaubnispflicht2. Verbot der Dauerleihe3. Konzernprivileg und Gelegenheitsüberlassung4. „Drehtürklausel“5. Rechte im Entleiherbetrieb6. Mindestlohn

1. Ausweitung der Erlaubnispflicht

keine Bedeutung der Gewerbsmäßigkeit mehr

Verleih im Rahmen der wirtschaftlichen Tätigkeit reicht aus fehlende Gewinnerzielungsabsicht oder nicht

auf Dauer angelegter Verleih bedeutungslos

1. Ausweitung der Erlaubnispflicht

„wirtschaftliche Tätigkeit“

• unabhängig von erwerbswirtschaftlichen Zwecken

• Teilnahme am Wirtschaftsverkehr reicht aus

• keine Gewinnerzielung mit AÜ erforderlich

Praktische Konsequenzen

• früher Erlaubnis einholen

• konzerninterne PSG benötigen auch bei Selbstkostenpreisüberlassung Erlaubnis(a.A. bislang BAG)

1. Ausweitung der Erlaubnispflicht

2. „Vorübergehende“ Überlassung

Wiedereinführung einer Zeitschranke

Zeiträume völlig unklar Rechtsfolgen völlig unklar Lösungsvorschlag:

Anlehnung an § 14 Abs. 1 TzBfG,a.A. bloßer Programmsatz

Praktische Konsequenzen

• Zustimmungsverweigerung durch BR denkbar, wenn Dauerleihe bei Einstellung erkennbar

• ansonsten völlig offen

• Dauerleihekonzepte sollten hinfällig sein

2. „Vorübergehende“ Überlassung

3. Konzernprivileg und Gelegenheitsüberlassung

§ 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG

zwischen Konzernunternehmen nach § 18 AktG wenn AN nicht zur Überlassung eingestellt

und beschäftigt

3. Konzernprivileg und Gelegenheitsüberlassung

§ 1 Abs. 3 Nr. 2a AÜG

zwischen beliebigen Arbeitgebern wenn nur „gelegentlich“ und wenn AN nicht zur Überlassung eingestellt

und beschäftigt

3. Konzernprivileg und Gelegenheitsüberlassung

Probleme:

• Wie oft ist „gelegentlich“?• im Raume stehende Europarechtswidrigkeit

Praktische Konsequenzen

• wenn europarechtswidrig besser Verzicht auf Anwendung

• ansonsten konzerninterne „Versendungen“ und Aushilfetatbestände möglich

3. Konzernprivileg und Gelegenheitsüberlassung

4. „Drehtürklausel“

keine Tarifabweichung vom Equal-Pay, falls Leih-AN bis 6 Monate zuvor bei Entleiher beschäftigt überflüssige Wiederholung bei

Versagungstatbeständen

Praktische Konsequenzen

• keine Kostenersparnis bei Auslagerung auf Leiharbeitsunternehmen mehr realistisch

4. „Drehtürklausel“

5. Rechte im Entleiherbetrieb

§ 13 a AÜG – Information über freie Arbeitsplätze

durch Entleiher für seinen Betrieb möglich durch allgemeine Bekanntgabe an

geeigneter Stelle keine Vorrangregelungen für Einstellung kein Einstellungsanspruch bußgeldbewehrt

5. Rechte im Entleiherbetrieb

§ 13 a AÜG – Information über freie Arbeitsplätze

Probleme:

• Alle Stellen oder nur qualifikationsgeeignete Stellen?• Medium der Bekanntgabe?• Nachweis falls Nachprüfung oder Anzeige?

5. Rechte im Entleiherbetrieb

§ 13 b AÜG – Zugang zu Gemeinschaftseinrichtungen und -diensten

gleiche Bedingungen wie Stammbelegschaft unterschiedliche Behandlung aus sachlichen

Gründen gerechtfertigt Beispiele: Kinderbetreuung, Kantine,

Beförderungsmittel

5. Rechte im Entleiherbetrieb

Problem:

Welche sachlichen Gründe rechtfertigen unterschiedliche Behandlung?

Praktische Konsequenzen

• Einrichtung eines „Informationssystems“ über freie Stellen

• u.U. erhöhte Kosten für Gleichbehandlung bei Gemeinschaftseinrichtungen

5. Rechte im Entleiherbetrieb

6. Mindestlohn in der Zeitarbeitsbranche

Allgemeinverbindlichkeitserklärung des TV Mindestarbeitsbedingungen in der Zeitarbeit

01.01.2012 – 31.10.2012:West: 7,89 EUROst: 7,01 EUR

ab 01.11.2012:West: 8,19 EUROst: 7,50 EUR

Praktische Konsequenzen

• Zeitarbeit in der unteren Lohngruppe verteuert sich für Zeitarbeitsunternehmen

• Kosten werden vermutlich für Entleiher steigen

5. Mindestlohn in der Zeitarbeitsbranche

III. Aktuelle Rechtsprechung

Austauschkündigung bei Umwandlung inLeiharbeitnehmerstellen

BAG Urt. v. 26.09.1996 - 2 AZR 200/96

Besetzung eines Arbeitsplatzes mit einem Leiharbeitnehmer als Sachgrund

BAG Urt. v. 17.1.2007 - 7 AZR 20/06

Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten bei Einsatzvon Leiharbeitnehmern

LAG Hamm Urt. v. 05.03.2007 11 Sa 1338/06

Aufnahme von Leiharbeitnehmern in Stellenpools

BAG Beschl. v. 23.01.2008 - 1 ABR 74/06

Betriebsrat

Betriebsbedingte Kündigung eines Leiharbeitnehmers nach Auftragswegfall

BAG Urt. v. 18.05.2006 - 2 AZR 412/05

Tarifunfähigkeit der CGZP –

BAG Beschl. v. 14.12.2010 – 1 ABR 19/10

Nichtgeltung von Ausschlussfristen des Entleiherbetriebs –

BAG Urt. v. 23.03.2011 – 5 AZR 7/10

Innerbetriebliche Stellungausschreibung –

BAG Beschl. v. 01.02.2011 – 1 ABR 79/09

Betriebsrat

Konsultationsverfahren nach § 81 SGB IX –

BAG Beschl. v. 23.06.2010 – 1 ABR 3/09

Betriebsrat

Auskunft über Person des Leiharbeitnehmers –

BAG Beschl. v. 09.03.2011 – 7 ABR 137/09

Betriebsrat

Übernahme von JAV-Mitgliedern bei Leiharbeit–

BAG Beschl. v. 17.02.2010 – 7 ABR 89/08

Betriebsrat

V. Ausblick

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