View
4
Download
1
Category
Preview:
DESCRIPTION
Bandulet, Bruno - Der Goldexperte packt aus
Citation preview
www.ef-magazin.de I 31Oktober 2007 I Nr. 76
Bruno Bandulet
Der Goldexperte packt aus
Ein Metall fr viele Krisen
von Kristof Berking
Foto (Bandulet) von Studio Haneke
Es gibt viele Fenster, durch die man die Menschheitsge-
schichte betrachten kann. Ein sehr erhellender Aspekt ist
zum Beispiel die Entwicklung der Energiegewinnung und
der Verfgungsgewalt ber Energieressourcen. Fr unser
Zeitalter ganz besonders aufschlussreich ist die Geschichte
der Geld- und Finanzordnung, sie bildet den Subtext zur
Geschichte des 20. Jahrhunderts. Einen besonders effekti-
ven Zugang zur Whrungsgeschichte wiederum liefert die
Geschichte des Goldes. So ist es kein Zufall, dass der von
dem wohl renommiertesten deutschen Goldexperten, Dr.
Bruno Bandulet, seit drei Jahrzehnten herausgegebene Fi-
nanzdienst Gold & Money Intelligence (G&M) gleich-
zeitig einer der besten Hintergrunddienste zu geopolitischen
Fragen ist. Auch Bandulets neuestes Buch, Das geheime
Wissen der Goldanleger, bietet mehr als der Titel verspricht.
Die Goldanleger-Perspektive ist ein Fenster hinter die Ku-
lissen des Weltgeschehens.
Was macht Gold so politisch? Es ist aus natrlichen
Grnden das ultimative Geld, das Geld, das sich der Markt
aussuchen wrde. Es ist damit auch der rgste Konkurrent
des politischen Geldes, also des ungedeckten Papiergeldes.
Papiergeld aber regiert die Welt. Die gigantische Verschul-
dung der Staaten etwa, mit der die groen Kriege und Wahl-
versprechen finanziert werden, sind nur unter den Bedin-
gungen des Papiergeldmonopols mglich, ebenso die von
Mal zu Mal grer werdenden Finanzblasen, deren Platzen
nicht nur die unmittelbar betroffenen Mrkte oder Lnder
erschttert. Der Goldpreis ist ein Politikum, weil er je-
denfalls potentiell wie ein Fieberthermometer ber das
allgemeine Vertrauen in das herrschende Geldregime Aus-
kunft gibt.
In den letzten Jahren sind zahlreiche Bcher erschienen,
die sich mit dem unheilvollen Einfluss beschftigen, den
das Weltfinanzsystem seit Aufgabe des alten Goldstandards
am Vorabend des Ersten Weltkriegs auf das Weltgesche-
hen nimmt. Wertvolles Insiderwissen und eine reiche Zita-
tensammlung lieferte zum Beispiel der 2005 verstorbene
Schweizer Privatbankier und Gold Bug so nennt man
auf Englisch entschiedene Goldbefrworter Ferdinand
Lips mit seinem Buch Die Gold-Verschwrung. Leider
strotzt dieses Buch von Wiederholungen. Lips htte besser
daran getan, seine lesenswerten Mitteilungen von einem ge-
bten Autor aufschreiben zu lassen. Ganz anders Bandulet.
Als ehemaliges Mitglied der Chefredaktionen der Welt
und der Zeitschrift Quick ist er offenbar durch eine gute
Schreibschule gegangen. Bandulets politischen Hintergrund-
dienst, Deutschlandbrief, den er seit 1995 zustzlich zu
G&M ebenfalls monatlich herausgibt, liest man sich, noch
am Briefkasten stehend, in einem Zug durch.
In seinem neuen Buch es ist nach 1979 und 1984 sein
drittes zum Thema Gold unterscheidet Bandulet zwei
Goldkriege. Der eine, von 1968 bis 1980, beginnt mit
Amerikas Bruch des Dollar-Gold-Einlseversprechens. Der
zweite, von 1996 bis 2001, fllt bereits ins Internetzeitalter,
so dass wohl jeder aufmerksame Beobachter des monet-
ren Sektors schon von dem Vorwurf der Goldpreismani-
pulation etwa durch die Goldleihgeschfte der Zentralban-
ken gehrt hat. Doch wie ist es berhaupt zu dem Antago-
nismus, genauer gesagt, der negativen Korrelation von
Dollar und Gold gekommen? In seiner stringenten und fak-
tenreichen Darstellung muss Bandulet bis zur Verschw-
rung von Jekyll Island zurckgehen. Im Gegensatz zu
manch anderem bankenunabhngigen Goldexperten oder
Finanzdienst-Herausgeber zeichnen sich Bandulets Analy-
sen stets durch eine nchterne Zurckhaltung gegenber den
unter Systemkritikern beliebten Verschwrungsspekulatio-
nen aus. Doch wo eine Verschwrung nachweisbar ist, scheut
er sich auch nicht, sie als solche zu benennen. Und das kon-
spirative Treffen fhrender Wall-Street-Bankiers auf Jekyll
Island, auf dem die Grndung des Federal Reserve Sy-
stems vorbereitet und damit ein fiat-money-System institu-
tionalisiert wurde, darf getrost als Verschwrung bezeich-
net werden.
Als lender of last resort ist es ein wesentlicher Da-
seinsgrund des FED und anderer Zentralbanksysteme, den
Banken aus der Patsche zu helfen, wenn sie es mit der Kre-
ditgeldschpfung zu arg getrieben haben und ein Banken-
run droht. Zentralbanken sind daher in erster Linie Diener
der Banken, gleichzeitig aber auch der Politiker, die von
den Banken mehr Geld geliehen bekommen wollen, als reales
Kapital (etwa Gold) und einklagbare Zahlungsversprechen
(etwa Handelswechsel) vorhanden sind, und die sich daher
bei der Einrumung der Konzessionen nicht lange haben
bitten lassen mssen. Wie sich diese zu unserer heutigen Geld-
32 I eigentmlich frei Nr. 76 I Oktober 2007
und Finanzordnung erstarkten Privilegien, die im Grunde
das Straf- und Privatrecht fr Geldproduzenten partiell auer
Kraft setzen, herausgemendelt haben, das schildert ausfhr-
lich Edward Griffin in seinem Buch Die Kreatur von Je-
kyll Island. Es ist 2006 mit dem reierischen Untertitel
Das schrecklichste Ungeheuer, das die internationale Hoch-
finanz je schuf auch auf Deutsch erschienen und wird von
Bandulet mit leichter Distance zur Lektre empfohlen.
Geldsystemkritiker sind stets in der Gefahr, sich bei ih-
ren Prognosen von ideologischen Wunschvorstellungen lei-
ten zu lassen; der Crash steht immer gerade kurz bevor,
und der Dollar kann nur noch abstrzen. Die Anlegerper-
spektive zwingt indes zum Realismus. Bandulet sttzt seine
Urteile auf solide, volkswirtschaftlich fundierte Analysen,
etwa der Zahlungsbilanzen, der Schicksalsbcher der Staa-
ten. So erklrt er, unter welchen Bedingungen der Druck
auf den Dollar irgendwann auch eine Zeitlang noch einmal
nachlassen knnte. Bei Preiskorrekturen am Goldmarkt, die
trotz des aufsteigenden Astes, auf dem sich Gold seit 2001
befindet, immer wieder unvermeidlich sind, waren Bandu-
lets Leser in den vergangenen Jahren stets vorgewarnt. Die-
se Resistenz gegen irreales Wunschdenken bedeutet indes
nicht, dass Bandulet dem herrschenden Finanzkapitalis-
mus, wie er ihn tituliert, keine eigenen Vorstellungen ent-
gegenzusetzen htte. Was fr einer Geldordnung seine per-
snlichen Sympathien gehren wrden, ist zwar nicht Ge-
genstand des neuen Buches, aber die positiv zitierten oder
ins Literaturverzeichnis aufgenommenen Autoren weisen
die Richtung: Roland Baader, Peter Bernholz, Reinhard
Deutsch, Wolfram Engels, Thorsten Polleit, Murray Roth-
bard.
Auch beim Thema Euro wei er, von seinem persnli-
chen Engagement zu abstrahieren. Immerhin hatte er Mitte
der 90er Jahre politisch aktiv gegen die europaweite Gleich-
schaltung der Wirtschafts- und Whrungspolitik durch den
Maastricht-Vertrag gekmpft. Auch in seinen drei Bchern
ber die EU und ihre Kunstwhrung, Das Maastricht-
Dossier (1993), Was wird aus unserem Geld? (1997)
und Tatort Brssel (1999) lsst er keinen Zweifel daran,
was von der ganzen Veranstaltung zu halten ist. Dennoch
meint er, dass man sich, nachdem der Euro nun einmal da
ist, sein Scheitern nicht wirklich wnschen knne. Um so
schwerer wiegen seine Darlegungen zur technischen und
institutionellen Rckabwickelbarkeit des Euro-Systems, eine
Option, die man offenbar nicht als vollkommen unreali-
stisch ausschlieen darf. Bisher wisse man nur, dass der Euro
unter Schnwetterbedingungen funktioniert. Wenn es ganz
schlimm kommt, so Bandulet, bleibe auch immer noch
die Option, den Euro an das Gold zu binden. Die Noten-
banken des Euro-Systems knnten den Goldpreis bei ei-
nem realistischen Niveau von etwa 1.000 Dollar oder 850
Euro je Unze fixieren und sich verpflichten, das Metall zu
diesem Preis anzukaufen. Damit knnten sie ihre Dollar-
Reserven abbauen oder Euros gegen Gold emittieren.
Ein weiteres Kapitel handelt vom Gold der Deut-
schen. Wieviel ist ausgeliehen? Wieviel lagert in den USA?
Und was ist dran an der Behauptung, die Amerikaner be-
trachteten es als eine Art Pfand? Bandulets Nachforschun-
gen zu diesem brisanten Thema, das unmittelbar den Kern
der deutschen staatlichen Souvernitt berhrt, haben in den
vergangenen Jahren einiges Aufsehen erregt. Mit den Be-
sonderheiten deutscher Auenpolitik kennt er sich schon
lange aus; 1970 debtierte er als Buchautor mit einem wis-
senschaftlichen Werk ber die Auenpolitik Adenauers. Das
Vorwort dazu schrieb damals Franz Josef Strau, dem er
als Berater diente. Einen fulminanten Vortrag Bandulets ber
das flchtige Phnomen der Souvernitt Deutschlands und
ber die Chancen einer deutschen und europischen Au-
enpolitik kann man in der Januar-Ausgabe 2007 des
Deutschlandbriefs nachlesen.
Jahrzehntelange Erfahrungen sind in seinem neuen Buch
auch in den Kapiteln ber Finanz- und Edelmetallzyklen
und das Innenleben der Goldmrkte kondensiert. Mit die-
sem geheimen Wissen ist tatschlich in erster Linie der
Goldanleger angesprochen, und zwar der fortgeschrittene.
Der Anfnger lernt: Goldanlagen sind nicht nur Inflations-
schutz, Gold ist ein Metall fr viele Krisen. Die Mutter
aller Krisen aber ist die Schuldenfalle, womit es gegen
Ende des Buches wieder politisch wird. Kann Deutsch-
land pleite gehen?, fragt Bandulet und errtert die relevan-
ten Faktoren vom schrumpfenden Kapitalstock ber Pen-
sionsverpflichtungen bis zur demographischen Entwicklung.
Der Zeitpunkt, an dem eine Sanierung des Staatshaushaltes
noch mglich gewesen wre, sei wahrscheinlich bereits ber-
schritten, formuliert Bandulet vorsichtig, und verweist auf
historische Beispiele, bei denen noch hhere Staatsschulden
wieder abgebaut wurden, allerdings nur nach gewonnenen
Kriegen, bei fehlenden oder sehr viel geringeren Kosten
des Sozialstaats und ohne das Problem einer einbrechen-
den Geburtenrate. Mit anderen Worten: Die Schuldenfalle
muss irgendwann zuklappen. Und was kommt dann? Auch
hier beschrnkt sich Bandulet darauf, die denkbaren Vari-
anten durchzuspielen. Welche Art von Whrungsreform uns
schlielich blht, ist eine Frage der Krfteverteilung zum
Zeitpunkt x und lsst sich seriserweise nicht voraussagen.
Doch der Weg dorthin das prognostiziert auch Bandulet
Das Gold der Deutschen. Wieviel ist ausgeliehen? Wieviel lagert in
den USA? Und was ist dran an der Behauptung, die Amerikaner
betrachteten es als eine Art Pfand?
efFIZIENZ I ef-WIRTSCHAFT
www.ef-magazin.de I 33Oktober 2007 I Nr. 76
fhrt trotz temporrer deflationrer Risiken ber Inflati-
on; dies sei fr die Politiker der am wenigsten schmerzvolle
Weg. Wie selbstverstndlich geht Bandulet dabei von dem
richtigen, ursprnglichen Inflationsbegriff aus, schaut also
auf die Geldmengenausweitung. Die Preise seien immer
nur ein Symptom. Was, davon abgesehen, von den offiziell
vermeldeten Inflationsraten zu halten ist daran lsst er
keinen Zweifel. Die amerikanischen Angaben zur Entwick-
lung des allgemeinen Preisniveaus sind bekanntlich durch
immer neue, windige Berechnungsmethoden manipuliert.
Aber auch den offiziellen europischen Teuerungsraten, er-
lutert Bandulet, ist nicht zu trauen.
Eines kommt uns in seinem Gold-Buch zu kurz: das
Silber, das er als Industriemetall mehr oder weniger links
liegen lsst. Unter den Kritikern des derzeitigen Geldsystems
hat sich in den letzten Jahren jedoch auch ein Typus des
Silver Bugs herausgebildet. ef-Autor Reinhard Deutsch zum
Beispiel war einer. Diese Leute gehen davon aus, dass der
Silberpreis in den nchsten Jahren noch viel dramatischer
steigen wird als der Goldpreis. Ihre Argumente sind zu-
mindest diskussionswrdig. Die Erwartung dieser Silber-
anleger beruht unter anderem auf der Annahme einer Re-
monetisierung des Silbers, was in der Tat einen groen und
dauerhaften Nachfrageschub bedeuten wrde, so wie um-
gekehrt die Demonetisierung des Silbers am Ende des 19.
Jahrhunderts, als man sich fr einen reinen Goldstandard
entschied, einen erheblichen Preiseinbruch des Silbers zur
Folge hatte.
Gerade wenn man nicht an die eine groe Verschw-
rung glaubt, einen Masterplan, der von einer obersten In-
stanz des Finanzklerus verfolgt wird, der alles unter Kon-
trolle hat, sondern richtigerweise annimmt, dass unser fehl-
gewebtes Geldsystem ein mehr schlecht als recht koordi-
niertes Produkt verschiedenster Akteure und Interessen ist,
gerade dann darf oder muss man damit rechnen, dass die
Weltfinanzordnung schlicht auer Kontrolle gert, wenn das
Ende der Fahnenstange erreicht ist. In diesem Fall aber grei-
fen die Menschen zum ultimativen Geld: zu Gold und
eben auch zu Silber. Gold ist das Geld der Knige, Silber
das Geld der tglichen Geschfte. Bandulet selbst weist
darauf hin, dass Silber in der Psychologie vor allem der
amerikanischen Investoren seine frheren monetren Eigen-
schaften nicht ganz verloren hat. Man schaue sich in diesem
Zusammenhang nur einmal die Website Silverstockreport
des Amerikaners Jason Hommel an, der seinen Newsletter
an ber 40.000 Abonnenten verschickt. Als in diesem Som-
mer die Hypothekenkreditblase platzte, mussten jeden-
falls in Deutschland die Hndler den Verkauf gngiger
Silbermnzen fr ein paar Wochen einstellen, wegen welt-
weit extrem hoher Nachfrage an Bullion-Silber-Produkten
der kanadischen, amerikanischen und australischen Mint und
den damit verbundenen Produktionsengpssen, wie es auf
der Website von argentarius.de hie. Und hat nicht auch
China eher eine Silber- denn eine Goldtradition?
Wenn sich durch eine Wiederentdeckung auch des Sil-
bers als ehrliches Tausch- und Wertaufbewahrungsmittel die
Silber-Gold-Ratio zugunsten des Silbers radikal verbessert
heute kauft eine Unze Gold 55 Unzen Silber, zur Zeit des
Bimetallismus lag das Verhltnis bei eins zu 15 , dann
relativiert sich auch der Nachteil des schlechteren Gewicht-
Wert-Verhltnisses des Silbers. Vor allem aber knnte es sich
noch einmal als groer Vorteil erweisen, dass Silber als In-
dustriemetall weniger politisch belastet ist. Denn ber dem
politischen Metall Gold schwebt immer das Damokles-
schwert eines Verbots. Es bedarf keiner groen Phantasie
sich vorzustellen, womit eine staatliche und internationale
Reglementierung des Goldverkehrs, wenn sie denn von den
Herren des Papiergeldes fr notwendig erachtet wird, be-
grndet wrde: Mit Gold werde der Terrorismus finan-
ziert, wird es dann heien. Vielleicht hat Bandulet gute Ar-
gumente gegen oder auch fr die Silberremonetisierungs-
these, aber die wrden wir eben gerne einmal von ihm h-
ren. Zum Schluss seines neuen Buches landet Bandulet mit
Ausfhrungen zu Amerikas militrischem Keynesianismus
und Europas Abhngigkeit vom Schicksal des Dollars wie-
der beim groen Weltgeschehen. Das Ende aller Sicher-
heit, lautet die Melodie, und Gold ist der Refrain. Das
Geheimnis der Lssigkeit, mit der Bandulet in seinen Publi-
kationen das groe Bild zeichnet und die Dinge beim Na-
men nennt, ist seine vllige Unabhngigkeit. Keiner Institu-
tion verpflichtet, operiert er stets allein und nur im eigenen
Auftrag. Promotion fr Minengesellschaften etwa hat er nie
gemacht. Nach ber 30 Jahren investigativem Wirtschafts-
journalismus schpft Bruno Bandulet, der dieser Tage 65
Jahre alt wird, aus dem Vollen. Seine Analysen sind, wie es
von dem Mineralwasser aus der Werbung heit, durch
einen tiefen Stein gegangen.
Internet:
www.bandulet.de
Literatur:
Bruno Bandulet: Das geheime Wissen der Goldanleger
erhltlich ber Capitalista: 19,90 Euro. Best.-Nr.: 39385
16522.
efFIZIENZ I ef-WIRTSCHAFT
Recommended