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Brandenburgischer Kunstpreis der Märkischen Oderzeitung in Kooperation mit der Stiftung Schloss Neuhardenberg Ausstellung vom 28. Juni bis 24. Juli 2011, Schloss Neuhardenberg
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der M Ä R K I SC H E N O DE R Z E I T U NG
in Kooperation mit der ST I F T U N G SC H L O S S N E U H A R DE N B E R G
Kunstpreis Brandenburgischer
2011
der M Ä R K I SC H E N O DE R Z E I T U N G
in Kooperation mit der ST I F T U N G SC H L O S S N E U H A R DE N B E RG
Kunstpreis Brandenburgischer
2011
3
eines der jüngeren Bücher Günter de Bruyns heißt schlicht Abseits.
De Bruyn beschreibt darin seine Annäherung an eine verborgene
Landschaft, einen Landstrich, der abseits aller großen Entwick
lungen lag. Dieser Gegend hat de Bruyn mit seinem Buch eine Ge
schichte gegeben und zugleich eine Liebeserklärung gemacht.
Brandenburg ist für zunehmend mehr Zeitgenossen auch so eine
Liebe, die ihre Geheimnisse nicht sofort preisgibt. Hinter dem
Augenfälligen, dem Liebreiz der Natur oder dem Wasserreichtum
verbirgt sich manches, das sich nicht auf den ersten Blick offen
bart. Dazu gehört das Kunstleben. Es ist vielfältig und lebendig. Im
vermeintlichen Abseits entsteht Kunst, die ins Weite, Große wirkt.
Dafür gibt es Beispiele genug. Die ›Provinz‹ ist also weder kunst
noch kulturarm, sondern sie ist eher eine KreativWerkstatt. Sie
gehört zu Brandenburg wie die kulturellen Zeugnisse vergangener
Zeiten oder unsere moderne Industrie dazugehören. Brandenburg
näher zu kommen heißt, die vielen Facetten zu sehen, die unser
Land ausmachen, sie zu entdecken!
Das vielgestaltige künstlerische Schaffen im Land verdient, einer
größeren Öffentlichkeit bekannt gemacht zu werden. Wie umfas
send das Kunstschaffen hierzulande ist, zeigt die Ausstellung mit
den vielen von der Jury ausgewählten Kunstwerken. Deshalb gibt
es den Brandenburgischen Kunstpreis, der in diesem Jahr bereits zum
siebten Mal verliehen wird. Der Märkischen Oderzeitung und der
Stiftung Schloss Neuhardenberg danke ich herzlich für ihr großes
Engagement, das ich gerne durch die Übernahme der Schirmherr
schaft und die Verleihung eines Ehrenpreises unterstütze. Die Ver
leihung der Preise ist nicht zuletzt eine öffentliche Annäherung an
die Künstlerinnen und Künstler unseres Landes und ein Ausdruck
des Respekts und des Dankes für eine Arbeit, ohne die Brandenburg
ärmer wäre. Hans Scheuerecker aus Cottbus, Franziska Uhl, die in
Polen lebt und arbeitet, und Bettina Steinborn aus Oranienburg
sind die diesjährigen Preisträger in den Kategorien Malerei, Graphik
und Kleinplastik. Der Ehrenpreis wurde der Bildhauerin, Graphike
rin und Malerin Sabina Grzimek zuerkannt.
Ich wünsche dieser Ausstellung viele Besucherinnen und Besu
cher und allen Künstlerinnen und Künstlern, auch denen, deren Ar
beiten 2011 keine Berücksichtigung fanden, Mut für das kommende
Jahr. Das öffentliche Interesse bleibt bestehen!
I H R M A T T H I A S P L A T Z E C K
Sehr geehrte Besucherinnen und Besucher,sehr geehrte Leserinnen und Leser,verehrte Künstlerinnen und Künstler,
3
eines der jüngeren Bücher Günter de Bruyns heißt schlicht Abseits.
De Bruyn beschreibt darin seine Annäherung an eine verborgene
Landschaft, einen Landstrich, der abseits aller großen Entwick
lungen lag. Dieser Gegend hat de Bruyn mit seinem Buch eine Ge
schichte gegeben und zugleich eine Liebeserklärung gemacht.
Brandenburg ist für zunehmend mehr Zeitgenossen auch so eine
Liebe, die ihre Geheimnisse nicht sofort preisgibt. Hinter dem
Augenfälligen, dem Liebreiz der Natur oder dem Wasserreichtum
verbirgt sich manches, das sich nicht auf den ersten Blick offen
bart. Dazu gehört das Kunstleben. Es ist vielfältig und lebendig. Im
vermeintlichen Abseits entsteht Kunst, die ins Weite, Große wirkt.
Dafür gibt es Beispiele genug. Die ›Provinz‹ ist also weder kunst
noch kulturarm, sondern sie ist eher eine KreativWerkstatt. Sie
gehört zu Brandenburg wie die kulturellen Zeugnisse vergangener
Zeiten oder unsere moderne Industrie dazugehören. Brandenburg
näher zu kommen heißt, die vielen Facetten zu sehen, die unser
Land ausmachen, sie zu entdecken!
Das vielgestaltige künstlerische Schaffen im Land verdient, einer
größeren Öffentlichkeit bekannt gemacht zu werden. Wie umfas
send das Kunstschaffen hierzulande ist, zeigt die Ausstellung mit
den vielen von der Jury ausgewählten Kunstwerken. Deshalb gibt
es den Brandenburgischen Kunstpreis, der in diesem Jahr bereits zum
siebten Mal verliehen wird. Der Märkischen Oderzeitung und der
Stiftung Schloss Neuhardenberg danke ich herzlich für ihr großes
Engagement, das ich gerne durch die Übernahme der Schirmherr
schaft und die Verleihung eines Ehrenpreises unterstütze. Die Ver
leihung der Preise ist nicht zuletzt eine öffentliche Annäherung an
die Künstlerinnen und Künstler unseres Landes und ein Ausdruck
des Respekts und des Dankes für eine Arbeit, ohne die Brandenburg
ärmer wäre. Hans Scheuerecker aus Cottbus, Franziska Uhl, die in
Polen lebt und arbeitet, und Bettina Steinborn aus Oranienburg
sind die diesjährigen Preisträger in den Kategorien Malerei, Graphik
und Kleinplastik. Der Ehrenpreis wurde der Bildhauerin, Graphike
rin und Malerin Sabina Grzimek zuerkannt.
Ich wünsche dieser Ausstellung viele Besucherinnen und Besu
cher und allen Künstlerinnen und Künstlern, auch denen, deren Ar
beiten 2011 keine Berücksichtigung fanden, Mut für das kommende
Jahr. Das öffentliche Interesse bleibt bestehen!
I H R M A T T H I A S P L A T Z E C K
Sehr geehrte Besucherinnen und Besucher,sehr geehrte Leserinnen und Leser,verehrte Künstlerinnen und Künstler,
4
Bernhard Heisig und Werner Stötzer, beide im Rahmen des Bran-
denburgischen Kunstpreises mit dem Ehrenspreis des Ministerpräsi
denten ausgezeichnet, der eine 2008, der andere 2010, haben diese
Welt verlassen.
Dieser Katalog soll daher neben der berechtigten Belobigung der
Preisträgerinnen und Preisträgern dieses Jahres auch der Erinne
rung und dem Gedenken an diese beiden herausragenden Künst
lerpersönlichkeiten gewidmet sein. Wie nur wenige haben diese
beiden, jeder auf seine ganz eigene Art und Weise, die Selbtsverge
wisserung einer Gesellschaft befördert und vertieft.
Durch beider Werk und Person verliefen die Risse einer wirren
Zeit, an die sich zu erinnern und der sich zu stellen, uns immer
gleichgültiger wird.
Wenn Eduard Beaucamp in seinem Nachruf auf Bernhard Heisig
im Juni 2011 schreibt, er sei »unlösbar in die Widersprüche seiner
Epoche und seines Weltbilds verstrickt« gewesen, so mag dies, auf
ganz andere Weise, auch für Werner Stötzer gelten. »Das alte Goya
Dilemma von lustvoller Verwicklung und erschreckter Abwehr
kehrte stetig bei ihm wieder«, summiert Beuacamp.
So gesehen ragen beider Denken und Werk wie aus einer anderen
Epoche in unsere Gegenwart hinein, die immer weniger die ihre zu
sein schien.
Statt weiterer Vorreden mag ein Brief Johann Wolfgang von
Goethes an seinen Altersfreund Karl Friedrich Zelter – sie beide
Zeitgenossen von Francisco de Goya – den Epochenschnitt sichtbar
machen, der in Wort und Wahrnehmung sich kaum anders darstellt
als der, den die Gesellschaft heute zu konstatieren hat.
»[…] alles aber mein Teuerster, ist jetzt ultra, alles transzendiert
unaufhaltsam, im Denken wie im Tun. Niemand kennt sich mehr,
niemand begreift das Element worin er schwebt und wirkt, niemand
den Stoff den er bearbeitet. Von reiner Einfalt kann die Rede nicht
sein; einfältiges Zeug gibt es genug.
Junge Leute werden viel zu früh aufgeregt und dann im Zeit
strudel fortgerissen; Reichtum und Schnelligkeit ist was die Welt
bewundert und wornach jeder strebt; Eisenbahnen, Schnellposten,
Dampfschiffe und alle mögliche Fazilitäten der Kommunikation
sind es worauf die gebildete Welt ausgeht, sich zu überbieten, zu
überbilden und dadurch in der Mittelmäßigkeit zu verharren. Und
das ist ja das Resultat der Allgemeinheit, daß eine mittlere Kultur
gemein werden, dahin streben die Bibelgesellschaften, die Lanka
sterische Lehrmethode, und was nicht alles.
Eigentlich ist es das Jahrhundert für die fähigen Köpfe, für leicht
fassende praktische Menschen, die, mit einer gewissen Gewandt
heit ausgestattet, ihre Superiorität über die Menge fühlen, wenn
sie gleich selbst nicht zum höchsten begabt sind. Laß uns soviel
als möglich an der Gesinnung halten in der wir herankamen, wir
werden, mit vielleicht noch wenigen, die letzten sein einer Epoche,
die sobald nicht wieder kehrt.
Und so allem Guten und echten empfohlen!
treu beharrlich
Goethe«
Johann Wolfgang von Goethe an Karl Friedrich Zelter, Weimar, 6. Juni 1825, in:
Johann Wolfgang von Goethe, Sämtliche Werke nach Epochen seines Schaffens
(= Münchner Ausgabe), Band 20.1 : Briefwechsel zwischen Goethe und Zelter in den
Jahren 1799 bis 1832, herausgegeben von HansGünter Ottenberg und Edith Zehm
in Zusammenarbeit mit Anita Golz, Jürgen Gruß, Wolfgang Ritschel und Sabine
Schäfer, München: Hanser 1991, S. 851 f.
Statt eines VorwortsB E R N D K A U F F M A N N
5
»Was passiert im Betrachter im Angesicht der Kunst?«, so lautete
das Motto einer kürzlich stattgefundenen Diskussion, und wieder
blieb die Frage im Raum: Kann man in der Weise über Kunst über
haupt reden, ohne sich in Allgemeinplätzen zu verlieren? Gibt es
›den‹ Betrachter? Bleibt jede Form von Umgang mit Kunst nicht
ganz individuell? So unterschiedlich Kunst entsteht, so verschie
den sind die Reaktionen des Publikums darauf. Fest steht nur, daß
Kunst keine Geschmackssache ist und keineswegs aus dem Zufall
heraus entsteht, auch wenn wir spontan mitunter fragen möchten:
»Und das also ist Kunst?« Wir kennen das aus den Debatten, die
immer wieder neu im Umfeld des Brandenburgischen Kunstpreises
geführt werden.
Die erste Reaktion, wenn wir ein Kunstwerk sehen, ist eine
emotionale – wir sind getroffen, berührt, fühlen uns begeistert,
irritiert, beglückt, traurig, in Aufruhr oder zur Ruhe gebracht. Ein
Bild scheint uns bisweilen unmittelbar mit hineinzunehmen in
das Erscheinende, eine Plastik spricht uns an – bis hin zu der von
dem Dichter Rainer Maria Rilke getroffenen Aussage: »Denn da
ist keine Stelle, die dich nicht sieht. Du mußt dein Leben ändern.«
Oftmals begegnen wir auch Kunst, die uns – in dem Bemühen,
unser Empfinden quasi zu objektivieren – zu Erklärungen greifen
läßt, die historische Zusammenhänge aufzeigen, die theoretisieren,
auf Hintergründe der Entstehung, auf biographische Details des
Künstlers hinweisen oder Stilrichtungen einordnen.
All diese Herausforderungen helfen aber nicht, das eigentliche
und starke Moment des Gefühls – das Gefallen oder Mißfallen –
ein zuholen oder gar zu ersetzen. Das Reden über Kunst kann nie
mals an die Stelle des unmittelbaren sinnlichen Eindrucks treten.
Und dennoch, angesichts eines Kunstwerks, das uns trifft, einnimmt
oder irritiert, sind wir immer auch durch es selbst her ausgefordert,
zu verstehen: das uns Gegenüberstehende, die Wirkungsweise der
Kunst, das über das Werk Hinausweisende – und nicht zuletzt
Reden wir über Kunst
uns selbst. Ein solches Nachdenken mit und angesichts der Kunst
bedeutet schließlich ein Weiterdenken.
Das heißt, Kunst ist uns also nicht nur zum Genuß gegeben,
sie stellt immer auch einen Anspruch an uns. Diesem Anspruch
stellen wir uns, wenn wir den Aufforderungscharakter der Kunst
ernst nehmen und ihm in angemessener, nicht zuletzt respektvoller
Weise zu entsprechen suchen.
Mit diesen Fragen und Feststellungen habe ich, so könnte man
meinen, auch Probleme benannt, vor denen eine Jury steht, die eine
Auswahl aus einer Vielzahl von Arbeiten zu treffen hat. Das gilt erst
Recht, wenn diese Auswahl in einer Auszeichnung gipfelt. Das war
auch beim Brandenburgischen Kunstpreis 2011 nicht anders, zumal
dieser Jahrgang mit 235 eingereichten Werken der ertragreichste
seit 2004 ist – und das keineswegs nur im quantitativen Sinne.
Zu danken ist auch diesmal allen Künstlerinnen und Künstlern,
die sich seit Jahren herausgefordert fühlen, sich auf das für sie oft
sehr aufwändige Procedere der Bewerbung einzulassen, das Hof
fen, Warten und manchmal auch die Enttäuschung hinzunehmen
und im Brandenburgischen Kunstpreis der Märkischen Oderzeitung
in Kooperation mit der Stiftung Schloss Neuhardenberg immer
wieder die Chance sehen, auf die in diesem Land gewachsene und
wachsende Kunsttradition hinzuweisen, sie zu bewahren und zu
befördern.
F R A N K M A N G E L S D O R F
6
Behutsamkeit und Ausdruckskraft. Zum Schaffen von Sabina Grzimek
F R I T Z J A C O B I
Sabina Grzimek
7
Begegnungen mit Kunstwerken können sehr gegenwärtig bleiben,
auch wenn sie schon Jahre zurückliegen. So entsinne ich mich noch
sehr deutlich an die Betrachtung des lebensgroßen, zwischen 1968
und 1973 entstandenen Torso einer Lehrerin von Sabina Grzimek bei
der Ausstellung ihrer Werke 1979 im Dresdner LeonhardiMueum,
wo er vor dem Haus aufgestellt war: Diese herbe, vitale Frauenfigur
hatte mit ihren radikalen Vereinfachungen eine sehr robuste Aus
strahlung, die aber zugleich auch eine seltsam gebrochene Feinner
vigkeit vermittelte. Gerade weil jede vordergründige Schönlinigkeit
fehlte, wurde der Leib als Ganzes zum Ausdrucksträger des Sinn
lichen und Sinnhaften.
Diese Wertigkeiten, die das weitere Werk der Bildhauerin, Ma
lerin und Zeichnerin Sabina Grzimek entscheidend prägen sollten,
waren seinerzeit schon deutlich auszumachen und bestimmen ihre
Arbeit bis heute. Denn die Phasen ihres Schaffens gleiten ineinan
der, es gibt eigentlich auf den ersten Blick kaum gravierende Un
terschiede, die auf bestimmte Abschnitte verweisen würden – wie
ein großes Netzwerk ranken sich die Arbeiten um die Künstlerin,
die Jahre und die vorüberziehenden Erlebnisse, die sich verändert
haben und doch auch immer wieder neu in verwandelter Form im
Blickbereich der gestaltenden Hände auftauchen.
Für die 1942 in Rom geborene Künstlerin stand seit ihrem Stu
dium an der Kunsthochschule BerlinWeißensee und ihrer Mei
sterschülerzeit bei Fritz Cremer an der Berliner Akademie der
Künste das Ringen um die Gestaltung des lebendigen Gegenübers
im Zentrum ihrer künstlerischen Intention. So bedeutete für die
im Nachkriegsberlin aufgewachsene Sabina Grzimek die persön
liche Begegnung mit der deutschitalienischen Bildhauerin Jenny
MucchiWiegmann sehr viel. Denn in der Frau des Malers Gabriele
Mucchi verkörperte sich jene Bildhauertradition von Wilhelm
Lehmbruck, Marino Marini bis hin zu Alberto Giacometti und
Germaine Richier, die sich einem ausgesprochen sensitiven und
zugleich ausdrucksbetonten existenziellen Realismus verschrieben
hatte, der die inneren Wesenskräfte des Kreatürlichen in drama
tisch erfüllte Gestaltgefüge verwandelte – Lebenssignale mithin,
die aus dem Empfinden der Gefährdung heraus erwachsen waren.
Diese Haltung bestimmte fortan auch die Arbeit der Berliner
Künstlerin. Bald schon fand ihre ganz elementar ausgerichtete, aus
drucksstarke und dennoch zurückhaltend bleibende Formensprache
eine größere Resonanz bei Galeristen, Ausstellungsorganisatoren
und Museen, die Werke von Sabina Grzimek in ihre Sammlungen
aufnahmen. So erwarb beispielsweise die Nationalgalerie Berlin
(Ost) seit 1976 Skulpturen wie das Mädchen aus der Marienburger
Straße von 1973/74, ihr beeindruckendes Selbstbildnis von 1973/74,
die überlebensgroße Figur Mutter und Kind, ein zwischen 1976 und
1981 entstandenes Hauptwerk, oder die Variation eines Kopfes iv
von 1982/83 für ihren Bestand und richtete ihr als wiederverein
te Nationalgalerie 1992 eine umfassende Retrospektive aus. Eine
Vielzahl von Ausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen – auch
vor 1989 schon im gesamten Deutschland – begleiten ihre künst
lerische Biographie ebenso wie eine ganze Reihe von Aufträgen
für urbane Standorte – die Gestaltung der 2010 im Nationalen
Centrum für Tumorerkrankungen aufgestellten Figur der Mildred
Scheel ist das jüngste Beispiel für ein solches öffentliches Wirken.
Ehrungen durch Preise wie etwa den 1983 ihr verliehenen Käthe
KollwitzPreis der Akademie der Künste zu Berlin (Ost), um nur
diesen einen zu nennen, waren Ausdruck einer Anerkennung ihrer
Arbeit. Der Grund für diese Wertschätzung liegt in der Qualität
ihrer Werke begründet, die immer wieder aus der Behutsamkeit
ihrer Formungen und der Wahrhaftigkeit ihrer Anschauungen
resultiert.
Der Bildhauer Werner Stötzer, dieser expressive Meister der
Steinskulptur, schrieb 1975 über die Zeichnungen Sabina Grzimeks
im WinckelmannMuseum Stendal sehr treffend, was auch ihre
ehrenpreiS deS miniSterpräSidenten deS LandeS brandenburG
8
1974/1976, Bronze, 51 x 44 cm
Sabina Grzimek Doppelportrait 9 Gruppe Sabina Grzimek
1980, Aquarell, Bleistift, 42 x 29,5 cm
8
1974/1976, Bronze, 51 x 44 cm
Sabina Grzimek Doppelportrait 9 Gruppe Sabina Grzimek
1980, Aquarell, Bleistift, 42 x 29,5 cm
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Skulpturen und Gemälde charakterisiert: »Vorsichtig arbeitend,
Vorsicht im Sinne von Sicherung einer bildhauerischen Idee, kon
trolliert sie mit ihren Zeichnungen beständig die Figur. […] Da
bei entstehen Spuren, sie liegen spröde auf Figur und Porträt und
schaffen statt Abbildhaftem Zeichenhaftes. Mit sicherem Instinkt
gelingt es ihr, bestimmte Arbeitszustände zu erhalten. Das erzeugt
eine Offenheit, die andauert.« Spuren künden von Bewegung, bezie
hen sich auf Vorausgegangenes, sind Zeichen eines Gewesenen und
pflanzen so unwillkürlich Melancholie und Neugier in unser Emp
finden. Spuren können zum Innehalten bewegen, aber sie können
auch unbeachtet bleiben; sie sind kein Ziel, sondern ein Weg, der
immer mit einer Art Geheimnis verbunden bleibt. Die Künstlerin
Sabina Grzimek übernimmt dabei so etwas wie eine Doppelrolle.
Sie legt die Spuren aus und verweist auf etwas, was sich ihr in den
Blick, in den Sinn, in die Hand gelegt hat, aber zugleich ist sie dieje
nige, die dieser heraufbeschworenen Botschaft unablässig nachfolgt
mit immer neuen Spuren. Sie überläßt uns ihre Gestaltfindungen
– mit all den Möglichkeiten des eigenen Erschließens.
Schaut man auf ihre Arbeiten, so stellt sich immer wieder der
Eindruck ein, als ob man einem sichtbar gewordenen ›Dahinter‹
nachgehen könne. Denn ihre Werke erscheinen feingliedrig, gefähr
det, immer etwas aufgeregt, suchend – wie Windstöße, die plötz
lich da sind, die in irgendetwas hineinwehen, um kurz darauf wieder
der Stille den Platz zu überlassen. Sie wirken wie ein Impuls, eine
Vergegenständlichung von Energien, die stets mit innerer Bedeu
tung aufgeladen sind, ohne sich voll zu erklären; es stellt sich das
Gefühl des Zeitweiligen ein, so als sei etwas kurzzeitig ins Sicht
bare geschoben worden, um sich dann wieder zurückzunehmen,
abzulassen, sich selbst genügend.
»Wie ein Wesen ohne Kopf, greife ich mit Händen und Augen,
um die Bilder der Schönheit für meine Seele – Stück für Stück – zu
halten«, sagte sie einmal. Das sind Worte, die ungewohnt klingen,
die Schwere in sich tragen und die den Weg zu dem öffnen, was
Sabina Grzimek in ihrem künstlerischen Schaffen bis in die Gegen
wart hinein bewegt. Wenn man ein anderes Wort von ihr hinzufügt,
so wird deutlich, in welcher Richtung ihre Intention zu verstehen
ist: »Es geht mir nicht um Schönheit, ich gehe von der Wahrheit
aus, vom Begreifen.«
Dr. Fritz Jacobi ist Kunsthistoriker und lebt in Berlin.
Ausstellung in St. Marien, Beeskow, 1998 Collage ii 1980/1982, Bronze, 24 x 37,5 x 12 cm
Maskiert hanS SCheuereCker
2010, Acryl auf Leinwand, 170 x 130 cm
preiS für maLerei
Malerei, Graphik, Bildhauerei, photoGraphik, kunst aM Bau, aktionskunst; leBt und arBeitet in CottBus 1951 in Römhild/
Thüringen geboren 1967–1969 Ausbildung zum Elektromonteur in Eisenhüttenstadt 1971 Umzug nach Cottbus 1971–1973 Praktikant im
Malsaal des Staatstheaters Cottbus 1973–1979 Bühnentechniker, Schlosser und Tischler im Staatstheater Cottbus; Gelegenheitsarbeiten
1975 Ablehnung der Studiumsbewerbung an der Hochschule für Bildende Künste Dresden; Autodidakt 1978/1979 Ablehnung der Kandidatur
im Verband Bildender Künstlerinnen und Künstler der ddr (vbk-ddr) in Cottbus 1979 Aufnahme in den vbk über den Zentralvorstand
1979 freischaffend in Cottbus 1982–1986 Lehrauftrag an der Hochschule für Bildende Künste Dresden 1984 Beginn aktionistischer Arbeiten
u. a. mit Harriet, Momo 1989 Zusammenarbeit mit der Rock/PunkGruppe Sandow 1996 plastische Arbeiten und baugebundene Kunst
2000 Gestaltung des RathausFoyers Cottbus 2003 Dokumentarfilm Träumer im Paradies über Hans Scheuerecker von Donald Saischowa,
ausgestrahlt vom rbb 2003–2007 Rückzug aus der Öffentlichkeit preise und stipendien 1992 Erster Kunstpreis des Landes Branden
burg 1995 Stipendium für Rio de Janeiro/Brasilien ausstellunGen seit 1972 zahlreiche Einzelausstellungen und Ausstellungsbeteili
gungen im In und Ausland saMMlunGen (auswahl) Beeskow, Burg; Berlin, Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Staatliche Museen zu
Berlin; Cottbus, Brandenburgische Kunstsammlungen; Dresden, Staatliche Kunstsammlungen; Frankfurt/Main, Deutsche Bank; Frankfurt
(Oder), Museum Junge Kunst; Schwerin, Staatliches Museum; Rio de Janeiro/Brasilien, Museum of Modern Art
Maskiert hanS SCheuereCker
2010, Acryl auf Leinwand, 170 x 130 cm
preiS für maLerei
Malerei, Graphik, Bildhauerei, photoGraphik, kunst aM Bau, aktionskunst; leBt und arBeitet in CottBus 1951 in Römhild/
Thüringen geboren 1967–1969 Ausbildung zum Elektromonteur in Eisenhüttenstadt 1971 Umzug nach Cottbus 1971–1973 Praktikant im
Malsaal des Staatstheaters Cottbus 1973–1979 Bühnentechniker, Schlosser und Tischler im Staatstheater Cottbus; Gelegenheitsarbeiten
1975 Ablehnung der Studiumsbewerbung an der Hochschule für Bildende Künste Dresden; Autodidakt 1978/1979 Ablehnung der Kandidatur
im Verband Bildender Künstlerinnen und Künstler der ddr (vbk-ddr) in Cottbus 1979 Aufnahme in den vbk über den Zentralvorstand
1979 freischaffend in Cottbus 1982–1986 Lehrauftrag an der Hochschule für Bildende Künste Dresden 1984 Beginn aktionistischer Arbeiten
u. a. mit Harriet, Momo 1989 Zusammenarbeit mit der Rock/PunkGruppe Sandow 1996 plastische Arbeiten und baugebundene Kunst
2000 Gestaltung des RathausFoyers Cottbus 2003 Dokumentarfilm Träumer im Paradies über Hans Scheuerecker von Donald Saischowa,
ausgestrahlt vom rbb 2003–2007 Rückzug aus der Öffentlichkeit preise und stipendien 1992 Erster Kunstpreis des Landes Branden
burg 1995 Stipendium für Rio de Janeiro/Brasilien ausstellunGen seit 1972 zahlreiche Einzelausstellungen und Ausstellungsbeteili
gungen im In und Ausland saMMlunGen (auswahl) Beeskow, Burg; Berlin, Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Staatliche Museen zu
Berlin; Cottbus, Brandenburgische Kunstsammlungen; Dresden, Staatliche Kunstsammlungen; Frankfurt/Main, Deutsche Bank; Frankfurt
(Oder), Museum Junge Kunst; Schwerin, Staatliches Museum; Rio de Janeiro/Brasilien, Museum of Modern Art
Impressum
Brandenburgischer Kunstpreis der Märkischen Oderzeitung
in Kooperation mit der Stiftung Schloss Neuhardenberg
Ausstellung vom 28. Juni bis 24. Juli 2011, Schloss Neuhardenberg
schirmherrschaft Matthias Platzeck, Ministerpräsident des Landes Brandenburg, Potsdam
veranstalter Märkische Oderzeitung, Stiftung Schloss Neuhardenberg GmbH
märKische oderzeitunG
chefredaKteur Frank Mangelsdorf
Märkisches Verlags- und Druckhaus GmbH & Co. KG
Kellenspring 6, d-15230 Frankfurt (Oder)
Telefon 0335 / 55 30 - 0, Fax 0335 / 55 3 - 538
info@moz.de | www.moz.de
stiftunG schloss neuhardenBerG GmBh
vorsitzender des aufsichtsrates und des Kuratoriums Heinrich Haasis
GeneralBevollmächtiGter und Geschäftsführer Bernd Kauffmann
Geschäftsführerin Petra Lienhop
Büro Kurfürstendamm 214, d-10719 Berlin
Telefon 030 / 889 290 - 0, Fax 030 / 889 290 - 20/ 21
info@schlossneuhardenberg.de | www.schlossneuhardenberg.de
jury des BrandenBurGischen KunstPreises
Frank Mangelsdorf, Frankfurt (Oder) (Vorsitzender)
Dr. Sibylle Badstübner-Groeger, Berlin
Joachim Böttcher, Stabeshöhe und Berlin
Dr. Wolfgang de Bruyn, Frankfurt (Oder)
Dr. Gerlinde Förster, Rangsdorf
Caroline Gille, Berlin / Neuhardenberg
Bernd Kauffmann, Berlin / Neuhardenberg
Peter Liebers, Frankfurt (Oder)
Maria Ossowski, Berlin
Prof. Dr. Brigitte Rieger-Jähner, Frankfurt (Oder)
wettBewerBsKoordination Peter Liebers, Frankfurt (Oder), Monika Tschirner, Frankfurt (Oder)
KataloG-, umschlaG- und PlaKatGestaltunG Tilmann Benninghaus, Berlin
redaKtion Caroline Gille, Berlin / Neuhardenberg, Peter Liebers, Frankfurt (Oder)
Photos Sören Stache, Frankfurt (Oder); Bernd Kuhnert, Berlin; Toma Babovic, Bremen; Jan Sasse und andere
drucK agit-druck, Berlin
BindunG Reinhart & Wasser, Berlin
ausstellunGsBau und -techniK Ben Jander, John Möller, BG 5 – Büro für Gestaltung, Berlin
ProduKtionsleitunG Caroline Gille, Berlin / Neuhardenberg
isBn 978-3-9812196-6-1
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