View
0
Download
0
Category
Preview:
Citation preview
144 : Musik als Lebensgefühl
Die Entwicklung des Hip-Hop
Unterhaltungsmusik für ein jugendliches Publikum ist in aller Regel Tanz-
musik. Mit der fortschreitenden Technisierung wurde es möglich, zu auf
Tonträgern konservierter Musik zu tanzen. Ende der 60er Jahre entstanden
so die ersten Diskotheken, für die man Musik zum Tanzen, nicht zum Hinhö-
ren brauchte: Disco.
»Disco sounded as if it were constructed by robots or computers, not crea-ted by human beings.« CD IV/20 Maurice K. Jones (Journalist)
Disco wurde in der Black Community als »weiße« Musik abgelehnt, da sie
keine Möglichkeit zu individueller Ausgestaltung bot. Mit ihrem vor allem
in den Bassläufen ausgeprägten Rhythmus war sie aber ideal als Basis für
darüber improvisierte Texte: Rap.
In den Sound Systems Jamaikas hatte sich mit dem Reggae das Toasting
entwickelt, ein aus der afrikanischen Erzählkultur stammendes Sprechen
über klingender Musik, um das Publikum zu unterhalten und beim Tanzen
anzuheizen. Die Sound Systems waren mobile Diskotheken mit DeeJay,
Roadies, Technikern und Ordnern. Sie reisten von einer Tanzveranstaltung
zur anderen, wobei sie sich gegenseitig Konkurrenz machten. Daraus entwi-
ckelten sich Battles, in denen sich die DeeJays gegenseitig musikalisch und
mit Toasting und teils beleidigendem Sprachwitz (snaps) zu übertrumpfen
versuchten, indem sie in ihren Texten (rhymes) mit ihren Fähigkeiten prahl-
ten (boasting) und die anderen heruntermachten (disrespect). Als Ausweis
für die Beherrschung des Equipment durch den Deejay galt dabei das Dub-
bing, die Betonung des Groove von Bass und Schlagzeug durch das Überein-
andermischen mehrerer Aufnahmen. CD IV/21
Im Hip-Hop wurde der DJ zum Plattenkünstler, während der MC das Rappen
übernahm. Als einer der ersten Rapper gilt der auch als Graffiti-Künstler
bekannt gewordene Jamaikaner Kool Herc, der Mitte der 70er Jahre von
Kingston in die New Yorker Bronx zog.
»Cool Herk seldom played an entire song. He knew which part of the re-cord sent his audience into a franzy. It was usually a 30 second »break« section in which the drums, bass, and rhythm guitar stripped the beat to ist barest essence. Herc used two turntables to accomplish this feat. This technique became known as »beats« or »Break-beats.«
Christian »Chako« Habekost (Musik-Performer und Kabarettist)
Der akzentuierte Beat der Breaks inspirierte Tänzer zu akrobatischen Einla-
gen, Breakdance. Dafür war locker sitzende Kleidung erforderlich, die genü-
gend Bewegungsspielraum ließ, sowie bequemes Schuhwerk: Baggy Pants,
weite Hemden und Sneaker wurden zum Standard-Equipment der Hip-Hop-
Kultur.
Die Entstehung des Techno
Nahezu parallel zur Entwicklung des Hip-Hop vollzog sich die des Techno.
Die Geburtsstätten dieser vom Rhythmus bestimmten, elektronisch pro-
duzierten Tanzmusik waren Clubs und Diskotheken, aber auch so genannte
Raves, Tanzveranstaltungen, die auf die Be-Ins der 60er Jahre zurückgehen.
Oft wurde dort Funk aufgelegt, eine basslastige Tanzmusik mit schwerer Be-
tonung der »1«, kurzen Einwürfen einer scharf klingenden Gitarre und sou-
ligem (Gruppen)gesang, daneben aber auch europäischer Electro-Funk von
Gruppen wie Kraftwerk. ( CD IV/24 ) Letztere wurden in Detroit von dem
Radio-DJ Electrifyin’ Mojo häufig gespielt.
Cybotron, eine Gruppe junger europabegeisterter schwarzer Musiker
entwickelte daraus Detroit-Techno. Nach eigenen Angaben klang er »like George Clinton and Kraftwerk stuck in an elevator with nothing but a sequencer to keep them occupied. [. . . ] ›Flashlight‹ was the first record I heard where maybe 75 per cent of the production was electronic – the bassline was electronic, and it was mostly synthesizers«. CD IV/23
Juan Atkins, Cybotron
Als Urheber des House gilt DJ Frankie Knuckles, der in der Diskothek
»Warehouse« in Chicago auflegte. Doch hatten auch vorher schon DJs Tracks
ineinander gemischt, damit man länger zum gleichen Groove tanzen konn-
te. Walter Gibbons, ein New Yorker DJ, verstärkte den Groove noch da-
durch, dass er einen Schlagzeuger live mitspielen ließ.
Wesentlich beeinflusst wurde die Entwicklung durch den Münchner Pro-
duzenten Giorgio Moroder, der mit einer 17-Minuten-Fassung des von
Donna Summer gesungenen Disco-Hits Love to love you baby den Mega-
mix einführte; als Vereinfachung komplizierter und daher schwer tanzbarer
Funk-Rhythmen ließ er die Bass Drum auf allen vier Zählzeiten spielen (four
to the floor), wofür er er eine Drum Machine verwendete. CD IV/22
Heute ist Techno Oberbegriff für verschiedenartige elektronisch erzeugte
Musik von Jungle, Drum’n’Bass und Goa bis zu Trance und vielen ande-
ren mit unzähligen Unterkategorien. Den meisten gemeinsam ist ein gera-
der Beat mit »four to the floor« durchgespielter Bass Drum und der Hi-Hat
auf dem Offbeat sowie häufig viertaktigem Schema bei einem Tempo ab
120 bpm (beats per minute).
In Techno-Songs werden musikalische Elemente und Instrumente zu- und
weggeschaltet, sodass durch Schichtungen unterschiedlicher Rhythmen
und Klänge ein steter Wechsel von Spannung und Entspannung entsteht.
Veränderungen der synthetischen Klänge werden durch Filtermodulationen
der verwendeten analogen Synthesizer erzeugt. Die Sprache hat keine be-
sondere Bedeutung: Meistens werden nur wenige Sätze hereingerufen,
manchmal aber auch Melodien gesungen. In aller Regel produzieren Einzel-
personen Technosongs, im Gegensatz zu Hip-Hop-DJs sind ihre Namen aber
oft unbekannt.
»American rap music relied on
the strong beat of hard funk and
›Jamaican‹ toasting relied on the
beat from the Jamaican rhythms.
In both styles the rapper or toaster
spoke their lines in time with the
rhythm taken from the records [. . . ]
There were boast raps, insult raps,
news raps, message raps, nonsense
raps and party raps.« Christian »Chako« Habekost
Impulse : : :
: Bringen Sie Klangbeispiele mit
in den Unterricht und stellen Sie
sie vor.
: Stellen Sie Rap-Merkmale zusam-
men. > DVD 123
: Präsentieren Sie DJing, MCing,
Graffiti, Beatboxing und Break-
dancing sowie unterschiedliche
Hip-Hop-Stile.
Kraftwerk
»Raven, das ist der härteste Sport,
den du dir aussuchen kannst.«
DJ Sven Väth
»Techno klingt immer gleich. Egal
ob es bei VIVA, MTV oder sonstwo
läuft. Jedesmal dieses nervige
Bum-Bum-Piep-Piep . . . äähhh,
langweilig.«
aus einem Beitrag im »Metalthread«
»Für jemanden, der nicht in der
Szene steckt, klingt Techno immer
gleich.«
DJ Slideout in einem Interview bei www.techno4ever.net
Impulse : : :
: Nennen Sie Elemente von »Flash-
light«, George Clintons Band
Parliament (1978), und »Trans
Europe Express«, Kraftwerk (1978),
die sich in Afrika Bambaatas
»Planet Rock« (1982) widerspiegeln.
CD IV/23–25
: Bringen Sie einen Techno-Song
mit in den Unterricht, in dem das
Zu- und Wegschalten einzelner Ele-
mente deutlich wird. > CDR/123
: Stellen Sie unterschiedliche Techno-
Stücke vor. Produzieren Sie selbst
ein Stück (> S. 346).
»Rap is what you talk, hip-hop is
what you live«. DJ KRC One
Wendepunkte der Rockmusik : 145
Recommended