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GOETHE -
EIN BEISPIEL EXISTENTIELLEN LEBENS
UND
PHÄNOMENOLOGISCHEN DENKENS
Abschlussarbeit für die fachspezifische Ausbildung in Existenzanalyse
und Logotherapie
August 2000
Eingereicht von Dr. med. Edda Csejtei
bei
Dr. med. Dr. phil. Alfried Längle
Dr. phil. Helene Drexler
Zusammenfassung
Die Übereinstimmung zwischen dem Menschenbild der Existenzanalyse und dem
Gedankengut Goethes wird an Hand seiner Autobiographie und Teilen seiner lyrischen und
dramatischen Werke aufgezeigt. Der rote Faden sind die Grundmotivationen, von denen
Goethe nichts gewusst hat, die er aber mit poetischer Intuition erspürt hat.
Berücksichtigt wurden die Autobiographie „Dichtung und Wahrheit“, Briefe und
Tagebucheintragungen und die Werke Faust, Egmont, Wilhelm Meister und Teile der Lyrik.
Schlüsselwörter : Existenzanalyse, Grundmotivationen, Goethes Dichtung
Summary
The correspondence between the existential concept view of man and Goethe´s thoughts is
pointed out by his autobiography, examples of his lyrical and dramatical works. The line
follows the fundamental motivations which Goethe identified with poetic intuition, -
although he did not actually know about them.
Taken to consideration have been his autobiography “Dichtung und Wahrheit”, letters and
journal entries, his works “Faust”, “Egmont”, “Wilhelm Meister” and excerpts from his lyric.
Key Words : Existential Analysis, fundamental motivations, Goethes poetry
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Goethe - ein Beispiel existentiellen Lebens und phänomenologischen Denkens
Gliederung :
1. Vorwort
2. Einleitung
3. Definitionen
4. Existentielles in Goethes Leben und sein Ausdruck in der Dichtung
5. Diskussion
6. Nachwort
7. Zeittafel
8. Literaturliste
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1. Vorwort
Mit dieser Abschlussarbeit möchte ich weder eine neue Goethe-Biographie noch eine theoretische
Abhandlung über die Existenzanalyse schreiben, - zum einen fühle ich mich nicht befugt, für das andere
gibt es kompetentere psychotherapeutische Kollegen. Ich möchte mit diesem Thema eigentlich nur etwas
von meiner Begeisterung für beide Themen zum Ausdruck bringen: für den genialen Menschen und
Dichter Goethe und für das humanistische Menschenbild, das der Existenzanalyse zugrunde liegt, - und für die
großartige Übereinstimmung zwischen beiden!
2. Einleitung :
Gleich zu Beginn der Ausbildung, fiel mir zweierlei auf: Frankl zitiert gern Goethe, und Goethe sagt vieles so,
als ob er Phänomenologe reinsten Wassers gewesen sei. Das konnte Zufall durch Auswahl der passenden Zitate
sein, wobei sofort Frankls Lieblingszitat, das in jedem seiner Werke vorkommt, ins Auge springt:
"Wenn wir die Menschen so nehmen, wie sie sind, dann machen wir sie schlechter; wenn wir sie behandeln, als
wären sie, was sie sein sollten, so bringen wir sie dahin, wohin sie zu bringen sind." (W M Lj VIII, S 605)
- aber das kann eben auch Wesensverwandtschaft sein, Übereinstimmung im Menschenbild beim Dichter und
beim Psychotherapeuten. Und so fing ich an, den seit der Schulzeit vernachlässigten "Faust" wieder zu lesen und
-angeregt auch durch das Goethe-Gedenkjahr - mich mit der Person des Dichters zu beschäftigen.
Es ist vieles über Goethes Werke, ihre Entstehung und Deutung verfasst worden. Aber bei solch einer
Themenstellung sollte man eben auch phänomenologisch vorgehen und all diese "Vorerfahrungen" einklammern,
d.h. den Text ohne Sekundär-Erläuterungen auf sich wirken lassen, nur unter Einbeziehung des Eindrucks, den
die gerade gelesene Biographie dieses lebensvollen Menschen macht, und viel mehr noch des poetischen
Ausdrucks des Erlebten.
Das Menschenbild, bzw. die Persönlichkeitstheorie der Existenzanalyse baut ihre philosophischen Wurzeln auf
einer phänomenologischen Zugangsweise auf. Phänomenologisch heißt, dass der Betrachter bei dieser
Zugangsweise von den real und sinnlich erfahrbaren Lebenssituationen ausgeht. Der Betrachter versteht und
interpretiert die Welt ganzheitlich durch die unmittelbaren und vorurteilslosen Sinneseindrücke, die für alle
anhand von Alltagserfahrungen nachvollziehbar sind; und seine Beschreibungen führen beim zuhörenden
Betrachter zu einem „Ja, - so ist es auch!“ – Erlebnis. ( Seiffert, 1991, S 144)
Phänomenologische Aussagen beruhen stets auf den persönlichen Lebenserfahrungen des Sprechers, und der
Leser (Zuhörer) überprüft die Richtigkeit des Ausgesagten an seiner eigenen Lebenserfahrung, eben jenem „Ja,
so ist es auch!“.
Je lebenserfahrener, authentischer, klardenkender und gefühlssicherer ein Betrachter ist, desto stimmiger und
zutreffender werden seine Aussagen sein, - und Goethe hatte diese Gaben offenbar in reichem Maße, noch dazu
mit der einmaligen Fähigkeit, seine Gedanken in poetische Form zu gießen.
Sein Zugang zum Wesen des Menschen ist sicherlich primär nicht ein wissenschaftlicher, nicht ein
philosophisch-theoretischer, sondern seine Betrachtungsweise ist ein Beispiel einer durch Erspüren und Erfahren
erfassten Wahrheit des menschlichen Wesens und Verhaltens, einer Wahrheit, die letztlich in ihrer Ganzheit sich
mit den philosophisch gewonnenen Erkenntnissen und Schlüssen deckt.
Ein paar grundlegende Begriffe gibt es in der Existenzanalyse dennoch, deren Definition vorher aufgezeigt
werden soll:
3.Definitionen
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1. Existenzanalytisch :
sagt etwas über die Betrachtungen der Bedingungen aus, unter denen eine Person existieren, d.h. ein ganzheitlich
gespürtes "Ja" zum Leben finden kann, ein "Ja" sowohl zur Rationalität als auch zur Emotionalität. Existentiell
ist mein Leben, wenn ich mit eigener innerer Zustimmung zu meinem Handeln leben kann. Die existentielle
Grundhaltung besteht darin, sich von der jeweiligen Lebenssituation , in der man steht, befragen zu lassen und
seine Antwort an der Einmaligkeit der Situation und an der eigenen individuellen Einmaligkeit zu orientieren.
Diese Haltung setzt eine innere Resonanzfähigkeit voraus, eben jenen „Willen zum Sinn“, den Frankl als ein
Wahrnehmungsorgan im Noetischen darstellte. (Längle 1988, S 11/12)
2. Logotherapeutisch :
sagt etwas über das Gerichtetsein auf die Welt hin aus, die Art, wie die Person in die Welt hineinagiert, ohne
dabei die Verbindung zu sich selbst zu verlieren. „Menschsein“ umfasst drei Ebenen, die somatische, die
psychische und die noetische (geistige) Dimension. Die spezifisch menschliche Triebfeder, die "primäre
Motivationskraft", ist der Wille zum Sinn. (Längle ebd., S 14)
3. Grundmotivation :
Gesamtheit jener Kräfte und Beweggründe, die den Menschen zu seinem Handeln bewegen. Sie entstehen im
Menschen als Spannung zwischen dem inneren Pol in Form von Bedürfnissen, Wünschen, Plänen, Zielen und
Visionen, und dem äußeren Pol, den Anforderungen, Vorgaben und den historischen und biographischen
Lebensbedingungen. Aber nicht Befriedigung von Bedürfnissen und Trieben, sondern die Erreichung von
spezifisch menschlichen Zielen, die zum Leben notwendig sind und für die es sich auch lohnt zu leben, sind
damit gemeint.
In der persönlichen Entwicklung eines jeden Menschen sind die Grundmotivationen aufeinander aufbauende
Schritte, Stufen auf dem Weg zwischen Zeugung, Geburt, Reifung der individuellen Persönlichkeit und ihrem
authentischen Handeln. Erst wenn gewährleistet ist, dass mein Dasein bejaht, ich als Person wertgeschätzt und
ich in meiner Einmaligkeit akzeptiert werde, kann ich mich über meinen alltäglichen Horizont hinaus größeren
Zusammenhängen einfügen, mich Aufgaben hingeben und Ziele ins Auge fassen, die mich aus dem beschränkten
Alltag des Brotverdienens und des Konsumierens hinaustragen.
Die Grundmotivationen suchen die Beantwortung der Fragen nach der Sicherheit, dem Lebenswert und dem
Selbstwert der Person zu geben. Das Menschenbild, das dieser anthropologischen Sichtweise zu Grunde liegt, ist
ein anderes als die Psychoanalyse geprägt hat (Homöostase - Modell, Ausgleich von Triebspannung), es stellt ein
Spannungsmodell dar, d.h. das Ziel ist nicht völliger Ausgleich der Spannung, sondern ein stetiger Aufbau neuer
Spannungsfelder, ein ständiges Streben nach zielgerichteter Bewegung. Die immer wieder gestellten Fragen sind
bei dieser Dynamik: "Kann ich (so) leben? Ist es gut, dass ich lebe, mag ich (so) leben? Darf ich so sein, wie ich
bin ?
Wofür lebe ich?“ Die positive Beantwortung der Fragen führt zur Akzeptanz der Bedingungen und Fakten (1.
Grundmotivation, der „Seinsgrund“), zur Zuwendung zu Werten (2. Grundmotivation, der „Grundwert“), zur
Achtung der Person (3. Grundmotivation, der „Selbstwert“). (Längle, 1999, S 22-24 u. 2000, S 9)
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4. "Primäre Emotion" :
Das spontan aufkommende Gefühl und der dazugehörige Impuls zu Gedanken und Situationen, mit dem die
Grundqualität ( gut oder nicht gut ?) der Situation phänomenologisch erfasst wird; das Gefühl kann außer mit
der vorliegenden Situation auch mit der Vergangenheit der Person zu tun haben, dann müssten vor dem Handeln
mit Hilfe des Gewissens und den kognitiven Vorerfahrungen Wertbezüge hergestellt werden. Die primären
Emotionen sind sozusagen die Rohstoffe des Lebens. ( Längle 1991, S 44 ff)
Existentielles in Goethes Leben und sein Ausdruck in der Dichtung
Die Grundfragen der Existenz in Goethes Leben
Bei der ersten Grundmotivation geht es darum, überhaupt da sein zu können, Halt im Leben zu finden,
Vertrauen darauf zu erwerben, dass der Boden des Lebens, der Seinsgrund, trägt. Kann die Frage nach dem
Dasein-Können nicht positiv beantwortet werden, so entsteht Angst. (Längle 1996)
Hat der behütete, in materiellem Wohlstand aufgewachsene Goethe jemals Grund gehabt, an dieser Frage zu
zweifeln ?
In "Dichtung und Wahrheit" (DW I, S 15) erinnert er sich an Erziehungsmaßnahmen seines Vaters, die ihm und
seiner Schwester abgewöhnen sollten, nachts, wenn sie Angst hatten, bei den Mägden Zuflucht zu suchen:
"..so stellte sich, in umgewandtem Schlafrock und also für uns verkleidet genug, der Vater in den Weg und
schreckte uns in unsere Ruhestätte zurück. ....Wie soll derjenige die Furcht loswerden, den man zwischen ein
doppeltes Furchtbare einklemmt ?"
In der Erinnerung, die er als Zweiundsechzigjähriger aufschreibt, kann er den Vater kritisieren, aber als Kind
war ihm dies unmöglich, denn der Vater war ein dominierender, autoritärer und pedantischer Familienvorstand,
dem man sich unterzuordnen hatte. Von der Mutter erhielten sie wenigstens Belohnungen ("süße Pfirschen")
,wenn sie ihre Furcht überwanden und im eigenen Schlafgemach blieben.
Ein anderes Ereignis erschütterte den sechsjährigen Knaben tief : Als 1755 die Nachricht vom verheerenden
Erdbeben von Lissabon in Frankfurt vernommen wird
". . . war der Knabe nicht wenig betroffen. Gott, der Schöpfer und Erhalter Himmels und der Erden, den ihm die
Erklärung des ersten Glaubensartikels so weise und gnädig vorstellte, hatte sich, indem er die Gerechten mit den
Ungerechten gleichem Verderben preisgab, keinesfalls väterlich erwiesen."( DW I, S 30)
Der Eindruck eines "zornigen Gottes" verstärkte sich, als im folgenden Sommer ein Hagelwetter an einer Seite
des Elternhauses die Fensterscheiben zerstörte und in den Räumen großen Schaden anrichtete, das Gesinde dabei
in Panik ausbrach und die Kinder damit ansteckte. ( DW I, S 32 )
In dieser Phase seiner Kindheit wurzelt wohl auch Goethes Umgangsweise mit allem, was mit dem Tod
zusammenhängt. Denn er war als Erwachsener bei seinen Freundinnen und Freunden dafür bekannt, dass er
allem, was mit Tod und Sterben zu tun hatte, auswich, dass er sogar die Worte "Sterben" und "Tod" ungern
aussprach und eher Umschreibungen vorzog.
Von den vier weiteren Kindern, die nach ihm und seiner Schwester geboren wurden, blieb keines am Leben. Er
erinnert sich lediglich an zwei : einen Bruder, "still und eigensinnig", der an den Pocken starb und an ein
Mädchen, " sehr schön und angenehm, die aber auch verschwand." ( DW I, S 38 ) Wenn man versucht, sich in
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dieses sensible, aufgeweckte Kind hinein zu versetzten, kann man sich vorstellen: wenn keine Trauerarbeit
möglich ist, weil niemand darüber spricht, bleibt nur mehr das Verdrängen, und zwar rigoros und vollständig!
Solch unwiederbringliche Verluste sind unbegreifbar, daher Entsetzen einflößend und die Angst wird deshalb
"tot" -geschwiegen. Goethes langjährige und wichtigste geistige Freundin, Charlotte von Stein, wusste dies: sie
gab kurz vor ihrem Tod (sie starb 1827) Anweisungen, ihren Leichenzug nicht an Goethes Haus vorbei, sondern
auf Umwegen zum Friedhof zu leiten! Den Tod seines Sohnes August im fernen Rom (1830 ) durfte niemand,
auch nicht seine engsten Freunde erwähnen, - und er selbst tat es auch nur indirekt, indem er seinen Freund, den
Kanzler Müller wissen ließ:
"Ich muss erst suchen, eine neue Lebensbasis zu gewinnen, mich wieder zu sammeln, eh ich den Anblick dritter
Personen ertragen kann." ( KG, S 246)
Als er sich aber "gesammelt" hatte, veränderte er seine Gewohnheiten und von da an durften seine Enkel immer
in seinem Arbeitszimmer spielen, auch wenn er diktierte.
Ein guter Freund seines Sohnes, der Dichter und Schauspieler Karl von Holtei, glaubte sich über das Tabu
hinwegsetzen zu können und fing über den Verstorbenen zu reden an: Goethe ging nicht darauf ein, entließ ihn
ziemlich abrupt - und lud ihn nie mehr ein!
Trotzdem ist dem Dichter der Zusammenhang von Verlusten und seine Gewohnheit, alle Trauergefühle zu
verdrängen, sehr wohl bewusst; so hat er 1795 nach dem Tod eines seiner Kinder - nur der älteste blieb am
Leben, drei weitere starben kurz nach der Geburt, man vermutet, an einer Blutgruppen-Unverträglichkeit - ( S
D, S 185 ) an Schiller geschrieben:
„Man weiß in solchen Fällen nicht, ob man besser tut, sich dem Schmerz natürlich zu überlassen, oder sich
durch die Beihülfen, die uns die Kultur anbietet, zusammen zu nehmen. Entschließt man sich zu dem letzten, wie
ich es immer tue, so ist man dadurch nur für einen Augenblick gebessert, und ich habe bemerkt, daß die Natur
durch andere Krisen immer wieder ihr Recht behauptet.“
Als unerbittlicher Selbstbeobachter und Seelenkenner, bekennt er vor sich selbst und den Lesern in seiner
Autobiographie, dass er nach dem Erhalt der Nachricht vom Tod seines Sohnes, sich zunächst beherrscht und
verbissen in die Arbeit an „Dichtung und Wahrheit“ vergraben, sich also nicht dem „natürlichen Schmerz“
überlassen habe, aber:
„Soweit nun bracht ich´ s in vierzehn Tagen und es möchte wohl kein Zweifel sein, daß der unterdrückte
Schmerz und eine so gewaltsame Geistesanstrengung jene Explosion, wozu sich der Körper disponiert finden
mochte, dürften verursacht haben. Plötzlich, nachdem keine entschiedene Andeutung noch irgend ein drohendes
Symptom vorausging, riss ein Gefäß in der Lunge und der Blutauswurf war so stark, daß das Schlimmste zu
erwarten war.“ ( F N, S 95)
Goethe brachte seine zum Teil lebensbedrohlichen Krankheiten selbst immer wieder mit lebensgeschichtlichen
Ereignissen in Zusammenhang und deutete sie selbst als psychosomatisch, - und er fand auch ein Heilungsmittel
für sich, nämlich die Dichtkunst!
Wie hat nun Goethe diese Angst vor Verlusten, diesen Schauer vor dem Tod in der Dichtung dargestellt?
Als Mephisto äußert er sich sarkastisch über seine Abscheu, diesem Zyniker kann er sie ja in den Mund legen:
"Am meisten lieb ich mir die vollen, frischen Wangen, für einen Leichnam bin ich nicht zu Haus." und "Da dank´
ich Euch, denn mit den Toten hab´ ich mich niemals gern befangen."( F I, S 92 u. 100)
Faust selbst, als er nach dem Verlust Gretchens in der erschütternden Kerkerszene schon wünscht "O wär ich nie
geboren!" ( F I, S 142), bekommt nach einem heilsamen, ohnmachtähnlichen Schlaf wieder das Gefühl zurück,
dass ihn die Erde trägt: " Du , Erde, warst auch diese Nacht beständig und atmest neu erquickt zu meinen Füßen
....". ( F II, S 147) – ein wahrhaft poetischer Ausdruck für das Sicherheitsgefühl der 1. Grundmotivation!
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Wenn Goethe auch eine tiefe Scheu vor dem Tod hat, so ist sein Vertrauen zum "kleinen Bruder", dem Schlaf,
ein umso größeres: der Dichter beginnt häufig Szenen, die einen Neubeginn nach schrecklichen Erlebnissen
darstellen, mit dem schlafenden Protagonisten: nicht nur nach der Kerkerszene, auch im zweiten Akt von Faust
II, nachdem Faust den Frevel begangen hat, die durch Zauber herbeigerufene Helena für sich zu begehren und er
in einer Explosion zu Boden sinkt, - erwacht er nach einem ohnmachtähnlichen Schlaf in seinem Studierzimmer.
Auch die Figuren Egmont und Orest schöpfen in konfliktreichen Situationen neue Kräfte aus Schlaf. In Egmonts
Kerkerszene, als er zu ahnen beginnt, dass er sich in Lebensgefahr begeben hat, verlässt ihn zum ersten Mal der
Mut, der ihn sonst in allen Schlachten begleitet und auch im Waffenlärm hat vertrauensvoll schlafen lassen. Das
waren gewohnte, für ihn abschätzbare Gefahren, die er mit Unerschrockenheit und Todesverachtung für den
höheren Zweck - das Vaterland - auf sich genommen hat. Aber diese Ungewissheit des Verrats oder des Mordes -
die zieht ihm den Boden unter den Füßen weg, die höhlt ihn aus, die raubt ihm den Schlaf:
" Alter Freund! immer getreuer Schlaf! fliehst du mich wie die übrigen Freunde? . . . Mitten unter Waffen auf
der Woge des Lebens ruht ich leicht atmend in deinen Armen. Wenn Stürme durch Zweige und Blätter sausten,
sich Ast und Wipfel knirrend bewegten, blieb innerst doch der Kern des Herzens ungeregt.. . . Warum denn jetzt,
der du so oft gewalt´ge Sorgen gleich Seifenblasen dir vom Haupte weggewiesen, warum vermagst du nicht die
Ahnung zu verscheuchen, die tausendfach in dir sich auf und nieder treibt? "
Aber er wäre nicht Egmont, die starke, realitätsbezogene, mit der Gewissheit einer tragenden Welt lebende
Person, wenn er es nicht schaffte, sich selbst Mut zuzusprechen, in einen letzten, labenden Schlaf zu sinken und
letztlich seinen Mördern mit Gelassenheit entgegen zu treten! (Egmont,5. Aufzug, S. 71 und 87)
In seiner Leipziger Studienzeit, in der er sich weniger dem vom Vater gewünschten Studium der Rechte
widmete, sondern demjenigen " worin ich die größte Zufriedenheit meines Lebens finden sollte " ( DW II, S 302
), nämlich den schönen Künsten und hier besonders der Kunst der klassischen Antike, empfand er große Freude,
Erleichterung, ja Begeisterung bei der Erkenntnis, dass nicht nur die in der deutschen Kunst übliche realistische
Darstellung des Todes möglich ist:
". . . den Tod in deutschen Bildwerken und Gedichten nur unter der Unform eines klappernden Gerippes . . .zu
vergegenwärtigen wußte. Am meisten entzückte uns die Schönheit jenes Gedankens, daß die Alten den Tod als
Bruder des Schlafes anerkannt und beide zum Verwechseln gleich gebildet haben." (DW II, S 303)
- Einem solch schönen und entschärften Tod kann auch Goethe ins Antlitz schauen!
Und der Mensch Goethe litt offenbar zu keiner Zeit unter Schlafstörungen, in einigen Briefen hebt er seine
Fähigkeit, nach anstrengenden, ja „ quälenden Tagen in einen natürlichen Schlaf zu fallen, und am anderen
Morgen wieder frisch und froh auf den Füßen zu stehen." ( F N, S 123) hervor. Und an Charlotte von Stein, seine
Muse und ihm geistig tief verbundene Freundin, schrieb er einmal:
" Ich habe nur zwei Götter, Dich und den Schlaf. Ihr heilet alles an mir, was zu heilen ist.“ (Brief am 15.3.1785)
So hat Goethe durch seine Fähigkeit, sich dem „kleinen Tod“, dem Schlaf, anzuvertrauen, eine versöhnliche
Einstellung zu seiner Grundangst, der Angst vor dem Tod (Längle 1996, S 7), gefunden und ein Leben lang
praktiziert. Allerdings musste er sich Menschen, die ihn zu eindringlich auf seine Verluste hin ansprachen,
fernhalten, einer solchen direkten Konfrontation hätten seine Abwehrstrategien nicht standgehalten und die
Gefahr des Überflutens wäre zu groß gewesen.
In Situationen des Haltverlustes besinnt er sich auch gern auf die haltgebende Wirkung von Beziehungen: das
enge Zusammensein mit den vaterlos gewordenen Enkeln, die immer um ihn sein durften. Auch die Heirat mit
Christiane Vulpius, die er nach sechzehn Jahren des Zusammenlebens vollzog, war eine Folge der Besinnung auf
die Tragfähigkeit dieser Beziehung: der offizielle Anlass zur Eheschließung, so ist die Meinung der Goethe –
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Forscher, war ein Vorfall während der französischen Besatzung und Einquartierung in Weimar während der
napoleonischen Kriege, bei dem Christiane ihn durch ihr mutiges und kluges Verhalten vor Plünderung oder
Schlimmerem gerettet haben soll. ( PB, S 91 und SD, S 327 ) Als Gegenleistung gab er ihr die soziale Sicherheit
und gesellschaftliche Anerkennung der offiziell angetrauten Gattin.
Bei der zweiten Grundmotivation geht es darum, den Wert des Dasein, den Grundwert, zu spüren, sodass die
Person nicht nur sagen kann "Ja, ich kann leben !", sondern auch "Es ist gut, dass ich lebe !" (Längle 1999, S 24-
27, Längle 1991, S 33 ff)
Die beste Gewähr, diesen Eigenwert des Lebens zu erfahren, ist eine warme Beziehung zu den Eltern, das
Gefühl, angenommen zu sein und Zuwendung zu erhalten. Aber auch andere erlebte Werte spielen eine Rolle, so
der Umgang mit der Natur, mit der Kunst, mit allem, was für die Person einen Wert darstellt. Er wäre nicht
Goethe, würde er nicht seine Eltern und seine Beziehung zu ihnen in prägnanteste Form gießen: in einem
bekannten Vers der "Zahmen Xenien" drückt er sowohl deren Wesenart, als auch seine eigene aus (Ged, S
1106):
" Vom Vater hab´ ich die Statur,
Des Lebens ernstes Führen,
Vom Mütterchen die Frohnatur
Und Lust zu fabulieren.
Urahnherr war der Schönsten hold,
Das spukt so hin und wieder;
Urahnfrau liebte Schmuck und Gold,
Das zuckt wohl durch die Glieder.
Sind nun die Elemente nicht
Aus dem Komplex zu trennen,
Was ist denn an dem ganzen Wicht
Original zu nennen ? "
Nun, - original ist wohl an dem "Wicht" zu nennen, dass nur er die Zusammenhänge so scharf durchschauen und
so prägnant ausdrücken konnte!
Die beiden von den Eltern ererbten Seiten, die ernste Pflichtausübung und das lustvolle Spiel mit Worten,
wurden von der Familie konsequent gefördert: als wohlsituierter Bürgersohn erhielt er Unterricht in den
klassischen Sprachen Latein (das er als achtjähriger beherrschte wie ein Primaner) und Griechisch, er lernte
Französisch, Englisch, Italienisch, interessehalber Hebräisch; seine religiöse Erziehung war intensiv, streng
lutherisch, aber auch die Naturwissenschaften kamen nicht zu kurz. Und auch seine poetische Begabung trat früh
zutage, er verfertigte zu allen möglichen Anlässen Gedichte und gereimte Wünsche. Allerdings kamen ihm wohl
seine außerordentliche Intelligenz und sein Wissensdrang zugute, wer weiß, ob sein Vater ihn sonst so zwanglos
unterrichtet hätte? Als Goethe nämlich das Elternhaus zum Studium in Leipzig verließ, war seine Schwester das
Bildungsopfer des Vaters, und bei ihr, die nicht so leicht und gerne lernte, wurde die Bildung zum Drill, -
ohne dass der Vater es gewahr wurde. Goethe bemerkte dies sogleich, als er vom dreijährigen Aufenthalt in
Leipzig nach Hause zurück kam:
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" . . . so hatte sie ihre Härte gegen den Vater gewendet, dem sie nicht verzieh, daß er ihr diese drei Jahre lang so
manche unschuldige Freude verhindert oder vergällt, ..Sie tat alles, was er befahl oder anordnete, aber auf die
unlieblichste Weise von der Welt.. . .Aus Liebe oder Gefälligkeit bequemte sie sich zu nichts, .. " ( DW II, S 323 )
Goethe selbst ist diesem Drill offenbar durch seine außerordentliche Intelligenz zuvorgekommen! Nur einmal hat
er an dem vom Vater geforderten Lernpensum, bzw. dem Zeitplan etwas auszusetzen, als er nach durchgemachter
Pockenerkrankung sich noch geschwächt fühlte. (Siehe unten Seite 13)
Goethes Kindheit war reich an warmen Beziehungen, nicht nur seine Eltern, auch seine Großeltern gaben ihm
das Gefühl der Wertschätzung, so beschreibt er die Atmosphäre im großelterlichen Haus mütterlicherseits:
"Überhaupt erinnere ich mich keines Zustandes, der so wie dieser das Gefühl eines unverbrüchlichen Friedens
und einer ewigen Dauer gegeben hätte." ( DW I, S 40)
Und über eine Tante mütterlicherseits sagt er: "Auch in ihrem Hause war um sie her alles bewegt, lebenslustig
und munter, und wir Kinder sind ihr manche frohe Stunde schuldig geworden." ( DW I, S 42)
Sogar Familienfremde brachten dem Knaben Goethe fühlbare Wertschätzung entgegen. So gab es im
Bekanntenkreis der Familie einen gelehrten, durch familiäres Unglück misanthropisch gewordenen Mann, der
den 14-Jährigen gerne einlud und ihn in "Welt- und Staatsverhältnissen" unterwies. Goethe erinnert sich:
" Auf diesen so braven als unglücklichen Mann wirkte meine Gegenwart sehr günstig: indem er sich mit mir
unterhielt . . .,schien er selbst sich erleichtert und erheitert zu fühlen. Die wenigen alten Freunde, die sich noch
um ihn versammelten, gebrauchten mich daher oft, wenn sie seinen verdrießlichen Sinn zu mildern und ihn zu
irgendeiner Zerstreuung zu bereden wünschten." (DW I, S 153)
Aber das Leben des jungen Bürgersohnes war nicht nur an menschlicher Wertschätzung reich, er selbst war ein
offener, stets an seiner Umgebung interessierter, mit allen Sinnen betrachtender Mensch. So beschreibt er zum
Beispiel die Aussicht aus dem zweiten Stock seines Vaterhauses mit besonderer Wärme:
"Dort war, wie ich heranwuchs, mein liebster, zwar nicht trauriger, aber doch sehnsüchtiger Aufenthalt. Über
Gärten hinaus, über Stadtmauern und Wälle sah man in eine schöne fruchtbare Ebene. Dort lernte ich
Sommerszeit gewöhnlich meine Lektionen, wartete die Gewitter ab, und konnte mich an der untergehenden
Sonne nicht satt genug sehen. Da ich aber zu gleicher Zeit die Nachbarn in ihren Gärten wandeln und ihre
Blumen besorgen, die Kinder spielen und die Gesellschaft sich ergötzen sah: so erregte dies frühzeitig in mir ein
Gefühl der Einsamkeit und einer daraus entspringenden Sehnsucht, das . . . seinen Einfluss gar bald und in der
Folge noch deutlicher zeigte." ( DW I, S 15 )
Er war aber nicht so behütet, dass er nicht auch mit Neid und Aggressionen und anderen negativen Einflüssen in
Berührung gekommen wäre: als sein Vaterhaus umgebaut wurde und vorübergehend keine Räumlichkeiten für
Privatunterricht zur Verfügung standen, musste er eine öffentliche Schule besuchen und sich mit verbalen und
auch körperlichen Angriffen der Kameraden auseinandersetzen. Er versuchte "gegen jene, die uns mit rohem
Mutwillen anzufechten ein Vergnügen fanden . . . sich abzuhärten, um die unvermeidlichen Übel entweder zu
ertragen oder ihnen entgegen zu wirken." (DW I, S 65)
Und spricht er nicht von der Notwendigkeit, Kindern einen Grundwert zu vermitteln, sie empfinden zu lassen,
dass es gut ist, dass es sie gibt, wenn er die damaligen Gepflogenheiten von Waisenhäusern kritisiert?:
"Dorthin, durch einen Brunnen und schöne Linden gezierten Gemeinplatz, trieb man zu Pfingsten die
Schafherden, und zu gleicher Zeit ließ man die armen, verbleichten Waisenkinder aus ihren Mauern ins Freie:
denn man sollte erst später auf den Gedanken geraten, daß man solche verlassenen Kreaturen, die sich einst
durch die Welt durchzuhelfen genötigt sind, früh mit der Welt in Verbindung zu bringen, anstatt sie auf eine
traurige Weise zu hegen und sie lieber gleich zum Dienen und Dulden gewöhnen müsse und man alle Ursache
habe, sie von Kindesbeinen an sowohl physisch als auch moralisch zu kräftigen." ( DW I; S 28)
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Von der sicheren Basis eines guten Grundwertes aus kann eine Person Beziehungen knüpfen, kann in die Welt
hinaus agieren und das, was sie dort staunend mit den Sinnen erfährt, an sich heranlassen und erleben. Das klingt
selbstverständlich, ist es aber nicht, - denn Menschen mit schwachem Grundwert müssen unbewusst ständig
darauf achten, dass ihnen niemand zu nahe kommt, ihre Grenzen überschreitet, sie in Besitz nimmt. Und
andrerseits, wenn sie sich von Beziehungen fernhalten, sind sie unglücklich und einsam, können sich selbst keine
Wärme geben, erleben Einsamkeit und Stille nicht als fruchtbar, sondern als deprimierend. Solch ein Kind der
Traurigkeit war Goethe nicht! Wo er hinkam, lernte er interessante und sympathische Menschen kennen, knüpfte
Freundschaften - und verliebte sich. Und von diesen Beziehungen hat er unvergleichliche Dokumente
hinterlassen: Gedichte, - so lange die Beziehungen noch lebendig-, Romane oder auch Dramen, wenn sie beendet
waren.
Immer findet er die passende Ausdrucksform für seine Empfindungen, immer stimmen Form und Inhalt so
überein, dass es der Leser spürt:"Ja, so ist es! Er drückt genau das aus, was ich auch fühle aber nicht so vollendet
sagen kann!"
Als Beispiel seien hier drei Kurzgedichte (Ged, S 90, S 92, S 185) gewählt, die ersten beiden jedes für sich eine
Momentaufnahme der Beziehung zu Friederike Brion, die er während seiner Straßburger Studentenzeit verehrte,
das dritte nach der Lösung der Verlobung mit Lili Schönemann entstanden, jedes für sich sozusagen die
Darstellung einer "primären Emotion":
Ob ich dich liebe, weiß ich nicht. .
Seh´ ich nur einmal dein Gesicht,
Seh´ dir ins Auge nur einmal,
Frei wird mein Herz von aller Qual.
Gott weiß, wie mir so wohl geschicht !
Ob ich dich liebe, weiß ich nicht.
Da wird die Überraschung über dieses neue, unbekannte Gefühl der keimenden Zuneigung beschrieben und der
Zweifel daran wird mit einem humorvollen Augenzwinkern ad absurdum geführt.
Jetzt fühlt der Engel, wie ich fühle,
Ihr Herz gewann ich mir beim Spiele,
Und sie ist nun von Herzen mein.
Du gabst mir, Schicksal, diese Freude,
Nun laß auch morgen sein wie heute
Und lehr´ mich, ihrer würdig sein.
Hier ist nun Gewissheit eingekehrt, Freude über den Gleichklang der Seelen, aber auch Ernst um die Bewahrung
dieses Wertes.
Trocknet nicht, trocknet nicht,
Tränen der heiligen Liebe !
Ach, den halbtrocknen Augen schon
Wie öde, tot ist die Welt !
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Trocknet nicht, trocknet nicht,
Tränen der ewigen Liebe !
Und hier wird die Trauer um die verlorene Liebe empfunden, und - obwohl es schmerzt - doch als lebendiger
Zustand, ja als "heiliger" und "ewiger" Wert auf sich genommen und wertgeschätzt. Auch wenn er eine
Beziehung abbricht, bleibt ihm ihre Lebendigkeit in fühlbarer Erinnerung.
In der Biographie klingt die Beschreibung des Gemütszustandes bevor es zur Trennung von Friederike kam so:
(Goethe beschreibt Fahrten und Wanderungen in die Umgebung von Straßburg )
" Solchen Zerstreuungen und Heiterkeiten gab ich mich um so lieber und zwar bis zur Trunkenheit hin, als mich
mein leidenschaftliches Verhältnis zu Friedriken nunmehr zu ängstigen anfing. . . Wenngleich die Gegenwart
Friedrikens mich ängstigte, so wusste ich doch nichts Angenehmeres, als abwesend an sie zu denken und mich
mit ihr zu unterhalten . . .Die Abwesenheit machte mich frei." ( DW III, S 474)
Eine andere Beziehung, die zu Charlotte Buff in Wetzlar, die mit seinem Freund Kestner verlobt und daher für
ihn unerreichbar war, löste er dichterisch auf andere Weise, nämlich mit dem Roman "Die Leiden des jungen
Werthers". Nicht nur seine unglückliche Liebe, sondern auch eine ähnliche Affäre, wegen der sich ein junger
Mann in seinem Bekanntenkreis erschossen hatte, bildeten den Stoff zu seinem Werk, und Goethe beschreibt die
Entstehung so:
"Jerusalems Tod, der durch die unglückliche Neigung zu der Gattin eines Freundes verursacht ward, schüttelte
mich aus dem Traum, und weil ich nicht bloß mit Beschaulichkeit das, was ihm und mir begegnete, betrachtete,
sondern das Ähnliche, was mir im Augenblicke selbst widerfuhr, mich in leidenschaftliche Bewegung setzte, so
konnte es nicht fehlen, daß ich jener Produktion, die ich eben unternahm, alle die Glut einhauchte, welche keine
Unterscheidung zwischen dem Dichterischen und dem Wirklichen zuläßt. Ich hatte mich äußerlich völlig isoliert,
ja die Besuche meiner Freunde verbeten, und so legte ich auch innerlich alles beiseite, was nicht unmittelbar
hierher gehörte." ( DW III, S 559)
Goethe schrieb den "Werther" innerhalb von vier Wochen nieder. Als er das geheftete Manuskript seinen
Freunden zu lesen gab, war die Wirkung gewaltig, was den Dichter wiederum erstaunte, denn:
"Sie waren gerade in einer der meinen entgegengesetzten Stimmung, denn ich hatte mich durch diese
Komposition, mehr als durch jede andere, aus einem stürmischen Elemente gerettet, auf dem ich durch eigne und
fremde Schuld, durch zufällige und gewählte Lebensweise, durch Vorsatz und Übereilung, durch Hartnäckigkeit
und Nachgeben, auf die gewaltsamste Art hin und wider getrieben worden. Ich fühlte mich wie nach einer
Generalbeichte . . .Ich fühlte mich dadurch erleichtert und aufgeklärt, die Wirklichkeit in Poesie verwandelt zu
haben,. . ."( DW III, S 559)
Seine Leser meinten verwirrt, man müsse Poesie in Wirklichkeit verwandeln und es ist bekannt, dass der Roman
nach seinem Erscheinen eine Selbstmordwelle auslöste. Für Goethe selbst war es aber ein kathartischer Prozess
und es wird ihm auch zum ersten Mal deutlich, dass Dichtung für ihn heilsam ist, dass er sich durch Umsetzten
seiner Gefühlsverstrickungen in Poesie ein Ventil schaffen kann.
Im Laufe seines Lebens gibt es immer wieder Phasen, in denen er sich aus dem geschäftigen Alltagsleben
zurückzieht, sozusagen flüchtet, um wieder zu sich selbst zu finden, wieder Beziehung zu seinen innersten
Gefühlen und Überzeugungen aufzunehmen, und das Resultat sind dichterische Werke, z.B. "Egmont", während
er auf den Abgesandten des Herzogs von Weimar wartete, der sich um Tage verspätete , die " Römischen
Elegien" kurz nach der Italienreise, die "Alterslyrik", als er sich nach dem Tod seines Dienstherrn und Gönners
Herzog Karl August, auf die Dornburg zurückzog, um dem Menschenandrang in Weimar zu entgehen. Aber
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Goethe, vor allem der alte Goethe, war auch fähig, trotz seiner vielfältigen Pflichten immer noch Zeit zu lesen
und zu schreiben zu finden. Schließlich war er nicht nur Staatsminister für Verwaltung und Finanzen, sondern
auch Leiter der Wegebauverwaltung und Wasserbaukommission, der Feuerverhütung und zuständig für die
Wiederbelebung der Silber- und Kupferbergwerke in Ilmenau, als Kriegskommissar im Bayerischen
Erbfolgekrieg war er für die ca. 500 Soldaten des Fürstentums verantwortlich, und seine Tätigkeit als
Theaterleiter, seine naturwissenschaftlichen Forschungen und seine damit zusammenhängende Sammlertätigkeit,
alle diese Aufgaben erfüllte er konsequent und pflichtbewusst. Und nebenbei hatten er und seine Frau einen
unaufhörlichen Besucherstrom aus aller Welt zu empfangen und zu bewirten, was der sehr alte Goethe manchmal
nur mehr oder weniger geduldig über sich ergehen ließ.
All das war ihm nur durch einen genau geplanten Tagesablauf möglich, und weil er sich auf die gerade
ausgeführte Tätigkeit immer völlig gesammelt konzentrieren konnte. Riemer, der Hauslehrer seines Sohnes,
beschrieb diese Fähigkeit so:
"Da er nun nie zu lange bei einer Sache aushielt noch über Gebühr sich anstrengen mußte, so ermüdete sein
Geist niemals, und jedes Neue fand ihn wiederum frisch und rein." (Riemer, Mitteilungen über Goethe, ET,S
40)
Es gab aber noch einen anderen Grund für seine vielfältigen Tätigkeiten: er empfand es als sittliche Prüfung,
seine Aufgaben zu bewältigen.
„Der Druck der Geschäfte ist sehr schön der Seele; wenn sie entladen ist, spielt sie freier und genießt des
Lebens. Elender ist nichts als der behagliche Mensch ohne Arbeit, das Schönste der Gaben wird ihm ekel."
(Tagebücher.13. Januar 1779)
Und inmitten all dieser Geschäftigkeit findet er immer wieder Möglichkeiten, ganz bei sich zu sein, in sich
hineinzuhorchen und zu fühlen, und diese intimen Momente dichterisch auszudrücken. So entstehen
während dieser von Tagesgeschäften ausgefüllten Zeit die bekannten Verse (Ged S 236):
Über allen Gipfeln
Ist Ruh,
In allen Wipfeln
Spürest du
Kaum einen Hauch;
Die Vögelein schweigen im Walde.
Warte nur, balde
Ruhest du auch.
Die kritzelte er in die Bretterwand eines Jagdhauses, als er in seiner Funktion als Leiter des Ilmenauer
Bergwerks wegen mineralogischer Forschung in den Bergen rund um die Mine unterwegs war!
Nachdem Goethe sich in seinen Ämtern bewährt hatte, wurde er in den Adelsstand erhoben - in den sechs Jahren,
die er in Weimar zugebracht hatte ein wahrhaft rascher Aufstieg! Aber offenbar spürte er damals auch langsam,
dass er durch sein Aufgehen im Staatsdienst seine ureigensten Interessen vernachlässigte, - und so bat er um
"unbestimmten Urlaub" und brach fluchtartig von Karlsbad nach Italien auf, so wie er schon Straßburg, Wetzlar
und Frankfurt ohne wirklichen Abschied verlassen hatte. Immer wenn es galt, seine ganz persönlichen Werte,
seine dichterische Verwirklichung zum Leben zu bringen und vor dem Alltagstreiben zu schützen, dann ergriff er
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die Flucht, und er nahm in Kauf, dass er liebe Menschen vor den Kopf stieß, so wie im Falle der Italienreise Frau
von Stein:
"Den 3. September früh drei Uhr stahl ich mich aus dem Karlsbad weg, man hätte mich sonst nicht fortgelassen.
Man merkte wohl, daß ich fort wollte. Ich ließ mich aber nicht hindern, denn es war Zeit." ( Tagebücher.3.
September 1786 )
Alle Voraussetzungen, die der Ausbildung eines guten Grundwertes förderlich sind, hat Goethe sicher in
reichem Maße gehabt, vor allem die Ruhe eines gutsituierten bürgerlichen Hauses, in dem er nicht nur
intellektuell vom Vater, sondern auch durch die Mutter und andere Verwandte und Freunde von warmer
Zuwendung umgeben war. Vieles erwarb er sich in dieser Ruhe dann selbst, vor allem Sinneseindrücke aus der
Natur und den Umgang mit Menschen ließ er auf sich wirken und konnte sie in poetischem Gewand
wiedergeben.
In seinen Beziehungen konnte er viel Nähe entstehen lassen, sie waren geprägt von manchmal enthusiastischer
Lebendigkeit der Gefühle, aber mehrmals in seinem Leben kommen auch schwer durchschaubare Abbrüche
solcher Beziehungen vor: in Leipzig mit Käthchen Schönkopf, in Straßburg mit Friederike Brion, in Wetzlar mit
Charlotte Buff, in Frankfurt mit Lili Schönemann. Waren es bei Käthchen noch pubertäre Gefühlsverwirrungen,
bei Charlotte ein Konflikt mit den Anstandsregeln, so ging es bei Friederike und Lili doch um ganz
innerpersönliche Konflikte: einem Widerstreit zwischen dem Angezogensein von der geliebten Frau (und eine
Erfüllung dieser Beziehungen war damals in diesen Kreisen nur als Eheschließung denkbar) und seinem
ureigensten Drang zu einer Weiterentwicklung und Reifung seiner Authentizität als Dichter. Goethe mag es
selbst gar nicht so deutlich gewusst haben, aber er hat es gefühlt, dass eine bürgerliche Ehe in Straßburg oder
Frankfurt der Entwicklung seiner noch unbestimmten, nur erahnten, ruhelosen Ziele ein Ende gesetzt hätte. Er
musste erst die vielen in ihm schlummernden Fähigkeiten erproben, und dazu kam ihm die damalige Einladung
des Herzogs August nach Weimar recht, - der konnte ihm einen weitgesteckten Rahmen zur Erprobung bieten.
Auf der Basis des Grundwertes, dem Gefühl, dass es gut ist, dass es mich gibt, entsteht eine weitere
Voraussetzung für ein sinnerfülltes Leben: die Annahme des eigenen Soseins, der Selbstwert. Er entsteht in dem
Raum, den man in der Wertschätzung durch andere für sich eingerichtet hat, und in dem man seine Eigenart
entfalten kann; der Selbstwert wird immer wieder durch die Erfahrung gestärkt, dass das gut ist, wofür ich lebe,
was ich tue und wie ich es tue. Einem Akt der Selbsteinschätzung folgt die Selbstannahme auf dem Boden der
Stimmigkeit, und diese ist wiederum der Maßstab für die Authentizität, dem Gefühl der widerspruchsfreien
Entscheidung. (Längle 1999,S 27)
Wie sah es nun mit Goethes Selbstwert im Laufe seines Lebens aus? Als Kind und Jugendlicher litt er offenbar,
trotz der Wertschätzung, die ihm seine Umwelt entgegenbrachte, an Selbstzweifeln. Seine intellektuellen
Leistungen, die ihm ja leicht fielen, wurden in den vom Vater bestimmten Bahnen vollzogen; auch seine
Dichtungen wurden gelobt, ihr Inhalt und ihre Form waren zwar von der kognitiv-distanzierten Rokoko-Manier
bestimmt, aber immerhin fielen sie schon durch Einfallsreichtum auf. Schon hierbei war sich der Knabe Goethe
aber nicht sicher, ob er mehr als Durchschnittliches zustande brachte:
"Wir Knaben hatten eine sonntägliche Zusammenkunft, wo jeder von ihm selbst verfertigte Verse produzieren
sollte. Und hier begegnete mir etwas Wunderbares, was mich sehr lang in Unruh setzte. Meine Gedichte, wie sie
auch sein mochten, mußte ich immer für die besseren halten. Allein ich merkte bald, daß meine Mitbewerber,
welche sehr lahme Dinge vorbrachten, in dem gleichen Falle waren und sich nicht weniger dünkten; . . .Da ich
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nun solchen Irrtum und Wahnsinn offenbar vor mir sah, fiel es mir eines Tages aufs Herz, ob ich mich vielleicht
selbst in dem Falle befände, ob nicht jene Gedichte wirklich besser seien als die meinigen, . . . Dies beunruhigte
mich sehr und lange Zeit: denn es war mir durchaus unmöglich, ein äußeres Kennzeichen der Wahrheit zu
finden" ( DW I, S 35)
Auch Bemerkungen über sein Äußeres verunsicherten ihn: als er nach der durchgemachten Pockenerkrankung
endlich genesen und seine Haut zwar nicht narbig, aber doch noch fleckig war,
"rief eine Tante, die früher Abgötterei mit mir getrieben hatte, aus: Pfui Teufel! Vetter, wie garstig ist Er
geworden! Dann erzählte sie mir umständlich, wie sie sich sonst an mir ergetzt, welches Aufsehen sie erregt,
wenn sie mich umhergetragen; und so erfuhr ich frühzeitig, daß uns die Menschen für das Vergnügen, das wir
ihnen gewährt haben, sehr oft empfindlich büßen lassen." ( DW I, S 38) Der Vater, „der sich einen gewissen
Erziehungs- und Unterrichtskalender gemacht zu haben schien, wollte jedes Versäumnis unmittelbar wieder
einbringen und belegte den Genesenden mit doppelten Lektionen, welche zu leisten mir zwar nicht schwer, aber
insofern beschwerlich fiel, als es meine innere Entwicklung, die eine entschiedene Richtung genommen hatte,
aufhielt und gewissermaßen zurückdrängte." (ebd.)
Noch empfindlicher fühlte sich der 16-jährige Goethe in seinen Vorstellungen vom schöngeistigen
Studium in Leipzig enttäuscht. Seinen Neigungen nach wäre er nach Göttingen gegangen und hätte sich den
Altertumswissenschaften gewidmet (was er dann 30 Jahre später mit seiner Italienreise tat), aber dem Willen des
Vaters entsprechend hörte er rechtswissenschaftliche Vorlesungen, die ihn nicht sonderlich interessierten und
andere schöngeistige Kollegs, die ihn aber nicht fesselten. Immerhin hatte er in kurzer Zeit einen großen
Freundeskreis, in dem er aber erfahren musste, dass seine Kleidung als "wie aus einer fremden Welt
hereingeschneit aussehe", und
- als er das durch Anschaffung neuer Garderobe geändert hatte -, dass er wegen seines Frankfurter Dialekts, den
er als " öfters derb, doch, wenn man auf den Zweck des Ausdrucks sieht, immer gehörig" (DW II, S 241) fand,
von seinen Freunden einen Verweis erhielt.
„ . . .alles dies sollte ich missen; ich fühlte mich in meinem Innersten paralysiert und wußte kaum mehr, wie ich
mich über die gemeinsten Dinge zu äußern hatte. Daneben hörte ich, man solle reden, wie man schreibt, und
schreiben, wie man spricht; da mir Reden und Schreiben ein für allemal zweierlei Dinge schienen, von denen
jedes wohl seine eignen Rechte behaupten möchte! " ( DW II, S 244 )
Dann verliebte er sich auch noch mit dem Ungestüm seiner Jugend in die Tochter seiner Wirtsleute, quälte sie
und sich aber durch "unbegründete und abgeschmackte Eifersüchteleien", sodass es zum Bruch kam. Goethe
fühlte sein Wesen " vielfach zerstreut und zerstückelt" und er litt darunter, - aber er erfuhr zum erstenmal, dass es
eine Befreiung für ihn gab, indem er seine Verwirrungen poetisch gestaltete! Er schrieb das erste vollendete
Schauspiel "Die Laune des Verliebten", und wie ihn diese Tätigkeit befreite, beschreibt er in der Autobiographie
so:
"Und so begann diejenige Richtung, von der ich mein ganzes Leben nicht abweichen konnte, nämlich dasjenige,
was mich erfreute oder quälte, oder sonst beschäftigte, in ein Bild, ein Gedicht zu verwandeln und darüber mit
mir selbst abzuschließen, um sowohl meine Begriffe von äußern Dingen zu berichtigen, als mich im Innern
deshalb zu beruhigen. Die Gabe hierzu war wohl niemand nötiger als mir, den seine Natur immerfort aus einem
Extreme in das andere warf." (DW II, S 271 )
Ganz half ihm aber die Dichtung nicht aus dem Zustand der Zerrissenheit. Er erkrankte am Ende seiner drei
Studienjahre schwer, erlitt einen "Blutsturz", den man meist als tuberkulöse Lungenblutung deutet, aber ebenso
wahrscheinlich ist eine Ulkusblutung ( FN, S 29), da er schon vorher Beschwerden beschrieben hat:
"Durch eine unglückliche Diät verdarb ich mir die Kräfte der Verdauung; das schwere Merseburger Bier
verdüsterte mein Gehirn, der Kaffee paralysierte meine Eingeweide." (DW II, S 316)
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Das Faszinierende an diesem Einbruch der Gesundheit ist, dass Goethe selbst es psychosomatisch deutet und in
der Biographie freimütig darlegt:
" Schwankte ich vorher zwischen den Extremen ausgelassener Lustigkeit und melancholischem Unbehagen, so
war die Zeit der Genesung angenehm und erfreulich, wenn sie auch langsam und kümmerlich vonstatten ging,
und da bei mir sich die Natur geholfen, so schien ich auch nunmehr ein anderer Mensch geworden zu sein: denn
ich hatte eine größere Heiterkeit des Geistes gewonnen, als ich in mir lange nicht gekannt, ich war froh, mein
Inneres frei zu fühlen, wenn mich gleich äußerlich ein langwieriges Leiden bedrohte."
( DW II, S 317)
In den nächsten Jahren, der Genesungszeit zu Hause in Frankfurt, der Studienzeit in Straßburg, dem
Zwischenspiel in Frankfurt, als er mehr oder weniger nebenbei eine Rechtsanwaltskanzlei führte (der Vater half
ihm gern aus), dem kurzen Aufenthalt in Wetzlar (bei Gericht), bis zur Abreise nach Weimar, in diesen acht
Jahren war Goethe auf der Suche nach sich selbst, und erst in Weimar trat zutage, welche Lebensweise er für sich
als die richtige empfand: einerseits der tätige, pflichtbewusste, in Tagesaufgaben aufgehende Mensch zu sein,
andrerseits der empfindsame Poet, der mit allen Sinnen in die Umwelt und Mitmenschen hineinspürt, - und auch
der Suchende, der den höheren Zusammenhang zwischen allem Lebendigen finden will. Und dort bekennt er sich
nun auch zu seinem tätigen Lebensstil und weiß sich von anderen, die Lebenszeit vergeuden, abzugrenzen:
" Denn ich bin unbarmherzig, unduldsam gegen alle, die auf ihrem Wege schlendern oder irren und doch für
Boten und Reisende gehalten werden wollen. Mit Scherz und Spott treib ichs so lang, bis sie ihr Leben ändern
oder sich von mir scheiden . . .Da, auf dem Punkte der Wirkung meines Wesens, fühl ich die Gesundheit meiner
Natur und ihre Ausbreitung; meine Füße sind nur krank in engen Schuhen, und ich sehe nichts, wenn man mich
vor eine Mauer stellt." ( Ital. Reise, 481)
Dass er trotz seines Ernstes viel Komödiantisches an sich hatte, war bekannt: er liebte es, sich zu verkleiden und
inkognito zu erscheinen. Am besten erzählt dies eine Anekdote aus seiner Zeit:
" Der Dichter Gleim war während des Siebenjährigen Krieges durch seine `Kriegslieder eines preußischen
Grenadiers´ berühmt geworden. Er war eines Abends zu einer Gesellschaft am herzoglichen Hof eingeladen und
es hieß, Goethe komme später auch. Gleim hatte den Göttinger Musenalmanach mitgebracht, eine damals
beliebte literarische Zeitung, und las daraus vor. Während einer kleinen Pause erbot sich ein junger Mann im
Jagdanzug, sich mit dem Vorlesen abzuwechseln. Anfangs ging es ganz leidlich, aber dann war es, als ob den
Vorleser der Satan des Übermuts beim Schopf nähme. Er las Gedichte vor, die gar nicht im Almanach standen,
er wich in alle nur möglichen Tonarten und Weisen aus, er versetzte allen Anwesenden irgend etwas !`Das ist
entweder Goethe oder der Teufel!´rief Wieland aus, der gegenüber am Tische saß. `Beides´, gab dieser zur
Antwort; `er hat heute wieder einmal den Teufel im Leibe!´" ( Der Zeitspiegel, Deutsche Anekdoten, S 179)
Und noch der greise Goethe liebte es, beim Empfang der Gäste seine Kleidung zu variieren: von ganz feierlicher
Hofrobe mit Ordenssternen - vor allem, wenn ihm die Gäste eher lästig waren - , bis zum bequemen Schlafrock,
wenn es wirkliche Gespräche gab, die den alten Herrn interessierten (KG, S 218)
Wie hat Goethe nun in seinen Werken sein Wissen um den Selbstwert ausgedrückt? Je nach Art und Charakter
des Protagonisten zeigen sie einen Teil seines eigenen Wesens, so ist sein Faust auch ein rastlos tätiger Mensch,
der nach immer höherer Erkenntnis strebt, zum Schluss aber seine eigentliche Bestimmung in sinnvoller, für die
Allgemeinheit gewinnbringender Tätigkeit erkennt:
"Ja! Diesem Sinne bin ich ganz ergeben,
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Das ist der Weisheit letzter Schluß :
Nur der verdient sich Freiheit wie das Leben,
Der täglich sie erobern muß !
Und so verbringt, umrungen von Gefahr,
Hier Kindheit, Mann und Greis sein tüchtig Jahr.
Solch ein Gewimmel möcht ich sehn,
Auf freiem Grund mit freiem Volke stehn !
Zum Augenblicke dürft ich sagen :
Verweile doch, du bist so schön !"
( F II, 5, S 341 )
Und Mephisto, der nun seine Wette um Fausts Seele gewonnen glaubt, als dieser, - schuldbeladen durch sein
maßloses Streben -, im Moment des höchsten Glücks stirbt, wird enttäuscht:
" Wer immer strebend sich bemüht, den können wir erlösen." ( F II, 5, S 351 ) Faust´ s Seele ist dem Teufel
entgangen!
Eine andere Figur, die diesen tätigen Menschen verkörpert, ist Wilhelm Meister, der nach vielen Irrwegen zu
seiner eigentlichen Bestimmung findet und dem ein väterlicher Freund schreibt:
" Fahrt fort in unmittelbarer Betrachtung der Pflicht des Tages und prüft dabei die Reinheit eures Herzens und
die Sicherheit eures Geistes." ( WM Wj III,13, S 362)
Und ist der Ausspruch, der in den "Maximen" steht, nicht eine andere Beschreibung von Frankls "schöpferischen
Werten", und daher auch von ihm zitiert? (Frankl 1992, S 289)
"Wie kann man sich selbst kennen lernen? Durch Betrachten niemals, wohl aber durch Handeln. Versuche,
deine Pflicht zu tun, und du weißt gleich, was an dir ist. - Was aber ist deine Pflicht? Die Forderung des Tages."
Aber auch Einstellungswerte in Franklschem Sinn, d.h. eine fast religiöse, demütige Haltung der Natur
gegenüber, eine staunende Wertschätzung allem Lebendigen, ja der ganzen Schöpfung gegenüber, findet sich in
Goetheschen Figuren. So beschäftigt sich in Goethes Altersroman " Wilhelm Meisters Wanderjahre" der
Naturwissenschaftler Montan mit der Erdoberfläche und ihrem Gestein, seine Haltung ist ebenfalls die eines
tätigen Menschen, der sogar an die therapeutische Wirkung der Aktivität glaubt:
" Seelenleiden, in die wir durch Unglück oder eigene Fehler geraten, sie zu heilen vermag der Verstand nichts,
die Vernunft wenig, die Zeit viel, entschlossene Tätigkeit hingegen alles." ( WM Wj II, S 256)
Und durch seine Beschäftigung mit der Gestalt des Gesteins findet er zu einer kontemplativen Haltung mit
großer innerer Ruhe, Naturnähe, ja Religiosität:
" Buchstaben mögen eine schöne Sache sein, und doch sind sie unzulänglich, die Töne auszudrücken; Töne
können wir nicht entbehren, und doch sind sie bei weitem nicht hinreichend, den eigentlichen Sinn verlauten zu
lassen; am Ende kleben wir am Buchstaben und am Ton und sind nicht besser dran, als wenn wir sie ganz
entbehrten; was wir mitteilen, was uns überliefert wird, ist immer nur das Gemeinste, der Mühe gar nicht wert. ..
Die Natur hat nur eine Schrift, und ich brauche mich nicht mit so vielen Kritzeleien herumzuschleppen." ( WM
Wj, I, S 33)
Diese Aussage ist aber auch widersprüchlich, denn ein Mensch, dem die Zeichen der Natur genügen, der alles
andere als „Kritzelei“ abtut und der sich einsiedlerisch aus der Gesellschaft zurückzieht, der grenzt sich auch aus
und geht der Welt verloren. Zusammen mit dem vorherigen Zitat, in dem das Tätigsein als beste Möglichkeit sich
von „Seelenleiden“ zu heilen gepriesen wird, lässt es ein wenig von Goethes narzißtischer Arroganz
durchscheinen, die ihm von manchen Kritikern zu Lebzeiten nachgesagt wurde. In Goethe wohnten ganz
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offensichtlich auch zwei Seelen, so wie in seiner Figur Faust. Beim Osterspaziergang vertraut dieser seinem
Schüler Wagner an, dass seine Seele zerrissen ist zwischen dem ganz profanen aus Büchern zu lernenden Wissen
und den höheren Erkenntnissen aus einem magischen Geisterreich:
Du bist dir nur des einen Triebs bewusst;
O lerne nie den andern kennen!
Zwei Seelen wohnen, ach! In meiner Brust,
Die eine will sich von der andern trennen;
Die eine hält in derber Liebeslust
Sich an die Welt mit klammernden Organen;
Die andre hebt gewaltsam sich vom Dust
Zu den Gefilden hoher Ahnen.
( F I, S 41)
Seinen rastlosen Tätigkeitsdrang, seine unermüdliche Pflichterfüllung kann er nicht ununterbrochen durchhalten,
er muss hin und wieder ausbrechen und auch seinem Freiheitsdrang zum Leben verhelfen. Sein Selbstwert hat
zwar eine starke Wurzel in der Wertschätzung, die ihm aus erfüllten Pflichten erwachsen (das hat ihm der Vater
durch seine Erziehung vermittelt), aber da ist noch die andere, die gefühlvolle, empathische, - die Wurzel des
Selbstwertes, die seine eigentliche Genialität ausmacht: die Fähigkeit Erlebtes und Erdachtes in Worte zu gießen
wie eben nur Goethe es konnte.
Goethes phänomenologische Sichtweise
Ohne Zweifel war Goethe ein sehr kontaktfreudiger Mensch, gleichgültig, wo er hinkam, in welcher Sprache
gesprochen wurde, von welchem Stand die Mitmenschen waren, - er konnte sich auf sie einstellen und mit ihnen
kommunizieren. Schon in seiner Vaterstadt Frankfurt bewegte er sich nicht nur in Intellektuellenkreisen, sondern
wurde vom Vater auf allerhand Botengänge geschickt:
„ Ich gelangte dadurch in alle Werkstätten, und da es mir angeboren war, mich in die Zustände anderer zu
finden, eine jede besondere Art des menschlichen Daseins zu fühlen und mit Gefallen daran teilzunehmen, so
brachte ich manche vergnügliche Stunde durch Anlaß solcher Aufträge zu, . . . Das Familienwesen eines jeden
Handwerks, das Gestalt und Farbe von der Beschäftigung erhielt, war gleichfalls der Gegenstand meiner stillen
Aufmerksamkeit, und so entwickelte, so bestärkte sich in mir das Gefühl der Gleichheit, wo nicht aller Menschen,
doch aller menschlichen Zustände, indem mir das nackte Dasein als die Hauptbedingung, das übrige alles aber
als gleichgültig und zufällig erschien.“ ( DW I, S 145/146 )
Überhaupt wurde durch die Lebendigkeit und Geschäftigkeit seiner Vaterstadt schon sehr früh seine Lust am
Betrachten und Beobachten geweckt, und das unvoreingenommene Auf-sich-Wirken-Lassen war ihm
offensichtlich von Kindheit an zu eigen. Er beschreibt seine „Promenaden“ so:
„ So war es eine von unseren liebsten Promenaden, die wir uns des Jahrs ein paar Mal zu verschaffen suchten,
inwendig auf dem Gange der Stadtmauer herumzuspazieren. Gärten, Höfe, Hintergebäude ziehen sich bis an den
Zwinger heran; man sieht mehreren tausend Menschen in ihre häuslichen, kleinen, abgeschlossenen, verborgene
Zustände. Eine gewisse Neigung zum Altertümlichen setzte sich bei dem Knaben fest, wobei noch eine andere
Lust, bloß menschliche Zustände in ihrer Mannigfaltigkeit und Natürlichkeit, ohne weitern Anspruch auf
Interesse und Schönheit zu erfassen, sich hervortat“ (DW I, S 20)
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Dieses unmittelbare Herangehen an die Erscheinungen des menschlichen Daseins drückt Goethe natürlich auch
poetisch aus. Er, der zeitlebens gerne als Wissenschaftler, und zwar als empirischer Naturwissenschaftler
Anerkennung gefunden hätte, - schließlich ist seine „Farbenlehre“ sein umfangreichstes Werk -, beschreibt im
„Vermächtnis“ doch eher eine phänomenologische Anschauungsart, die er an anderer Stelle, in einem Werk der
vergleichenden Anatomie „Tibia und Fibula“ als „lebendiges Beschauen“ erklärt:
„So müssen wir uns die Wissenschaft notwendig als Kunst denken, wenn wir nur irgendeine Art von Ganzheit
erwarten. . . Um aber einer solchen Forderung sich zu nähern, so müßte man keine der menschlichen Kräfte bei
wissenschaftlicher Tätigkeit ausschließen. Die Abgründe der Ahndung, ein sicheres Anschauen der Gegenwart,
mathematische Tiefe, physische Genauigkeit, Höhe der Vernunft, Schärfe des Verstandes, bewegliche,
sehnsuchtsvolle Phantasie, liebevolle Freude am Sinnlichen, nichts kann in der Wissenschaft entbehrt werden.“
Fast könnte man meinen, hier wird die therapeutische Einstellung eines Existenzanalytikers zu seinem Klienten
beschrieben! Aber es war die Auffassung eines an eine Gesamtschau gewöhnten Menschen, der immer alles in
einem war: Erfahrener Beobachter, kluger Analytiker, sachverständiger Gelehrter und poetischer Philosoph. Im
„Vermächtnis“ klingt dies so ( vierte Strophe) (Ged, S 1159):
Den Sinnen hast Du dann zu trauen,
Kein Falsches lassen sie Dich schauen,
Wenn Dein Verstand Dich wach erhält.
Mit frischem Blick bemerke freudig
Und wandle, sicher wie geschmeidig,
Durch Auen reich begabter Welt.
Das „Vermächtnis“ ist ein Alterswerk Goethes, das er 1829, als Achtzigjähriger nach dem Tod seines Gönners,
Großherzog Karl August, schrieb und das die Grundlage seiner weltanschaulichen Gesinnung darlegt, nämlich
die unmittelbare, sinnliche Erfahrung, die aber vor einer höheren Instanz, dem Gewissen, in einen größeren
Zusammenhang eingefügt wird:
Sofort nun wende dich nach innen:
Das Zentrum findest du da drinnen,
Woran kein Edler zweifeln mag.
Wirst keine Regel da vermissen:
Denn das selbständige Gewissen
Ist Sonne deinem Sittentag.
Genieße mäßig Füll und Segen;
Vernunft sei überall zugegen,
Wo Leben sich des Lebens freut.
Dann ist Vergangenheit beständig,
Das Künftige voraus lebendig,
Der Augenblick ist Ewigkeit.
Für die Prüfung dessen, was uns die Sinne an Erfahrung und Erkenntnis zukommen lassen, ist die Innenschau
bzw. das Horchen auf die Stimme des eigenen „Zentrums“ ausschlaggebend, kein wie immer gearteter Einfluss
von außen ist notwendig.
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Goethes Verständnis von Sinn
Die vierte Grundmotivation, der „Wille zum Sinn“, baut auf den Pfeilern der drei ersten Grundmotivationen
auf. Hat die Person die ersten drei Fragen „Kann ich da sein? Ist es gut, dass ich da bin? Darf ich so sein, wie ich
bin?“ positiv beantwortet, hat sie die Sachlage geklärt, die Wertigkeit der verschiedenen Möglichkeiten erfasst
und die für sie selbst wertvollste gefunden, so ergibt sich folgerichtig eine weitere Frage: „Und wozu bin ich jetzt
auf der Welt? Was soll werden? Was mache ich nun damit?“ ( Längle 1994 b, S 41)
Es geht jetzt nicht mehr nur um die Person, wie sie im Dasein steht und wie es ihr dabei geht, sondern darum,
was sie aus diesem Dasein macht, wie sie in die Welt hineinagiert. Frankl hat diesen Tatbestand als die
„existentielle Wende“ bezeichnet: nicht die Person hat Fragen nach dem Sinn ihrer Existenz zu stellen, sondern
die Welt stellt die Frage an die Person: „Welchen Sinn gibst Du Deinem Leben?“ (ÄS, S 96)
Um diese Frage beantworten zu können, muss die Person den Blick von sich lösen können, sinnvoll handeln,
Sinnvolles erleben können oder sich Unabänderlichem sinnvoll stellen können. Als die drei „Hauptstraßen zum
Sinn“ hat Frankl diese drei Wertekategorien benannt : schöpferische Werte, Erlebniswerte und
Einstellungswerte.
(ÄS, S 81 ff)
Und an diesem Punkt stimmen Frankl und Goethe in ihrer positiven Hinwendung zu allem, was das Leben
auferlegt, vollkommen überein, - und diese Übereinstimmung kulminiert in dem Goethewort, das Frankl in der
„Ärztlichen Seelsorge“ zitiert:
„Es gibt keine Lage, die man nicht veredeln könnte entweder durch leisten oder dulden.“ (ÄS, S 151 und Frankl
1993, S 81)
Für Goethe wie für die Existenzanalyse ( Längle, 1994 a) gibt es eine zweifache Bedeutung von Sinn, einmal die
in jeder Handlung vollzogene Sinngebung, den existentiellen Sinn, aber auch den Sinn in ontologischer
Bedeutung, d.h. einen übergeordneten Sinn, der alles menschliche Handeln und Sein in einen größeren Rahmen
stellt. Goethe war nicht religiös in christlich – dogmatischem Sinn, sein Gott war weder Christus noch Allah,
aber seine Welt war von einer großen Idee durchdrungen, die alles in einen sinnvollen, von tiefer Gesetzlichkeit
erfüllten Zusammenhang wob. Und er war überzeugt, dass die Menschen diese sinnvollen Zusammenhänge in
sich fühlen können und die Gesetze befolgen wollen, - zwar : „Es irrt der Mensch, solang er strebt“, - aber :
„Ein guter Mensch, in seinem dunklen Drange, ist sich des rechten Weges wohl bewusst.“ (F I, S 17)
Wenn der existentielle Sinn auf die Gegebenheiten des Tages Bezug nimmt, auf das, was uns hier und heute
angeht, so bezieht sich der ontologische Sinn auf eine Meta-Ebene und fragt, was „das alles“ überhaupt soll!
Goethe nennt es „ die Idee“, und weil zu seiner Weltanschauung das Bild eines tätigen Schöpfers gehört,
verwendet er auch gerne, besonders im Alter, den Begriff „Entelechie“, den er selbst definiert als „ein Wesen,
das immer in Funktion ist“ (Maximen und Reflexionen). Über die Idee der Entelechie als das Lebendige, das
sein Ziel in sich selbst trägt, das sich selbst Ziel ist und sich dabei in höhere Zusammenhänge einfügt, hat Goethe
mit seinem Sekretär und Vertrauten der letzten Lebensjahre, Eckermann, öfter gesprochen, - am knappsten
formuliert aber hat er sie wieder in Form eines Gedichtes hinterlassen, das in den „Zahmen Xenien IV“ steht und
zu den Altersgedichten gehört (Ged S 1104):
Wenn im Unendlichen dasselbe
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Sich wiederholend ewig fließt,
Das tausendfältige Gewölbe
Sich kräftig ineinander schließt,
Strömt Lebenslust aus allen Dingen,
Dem kleinsten wie dem größten Stern,
Und alles Drängen, alles Ringen
Ist ewige Ruh in Gott dem Herrn.
Dass der Mensch überhaupt fähig ist, diese Zusammenhänge zu erahnen, zu erfassen und darzustellen, ist nur
deshalb möglich, weil er selbst ein Abbild des Universums ist, weil er selbst, neben Organen zum Spiegeln und
Begreifen der Welt, auch eine geistige Dimension hat. Seiner „Farbenlehre“ setzt Goethe eine Einführung voran,
die diese Betrachtungsweise erläutert ( PB, S 95):
„ . . . erinnern wir uns der alten ionischen Schule, welche mit so großer Bedeutsamkeit immer wiederholte: nur
von Gleichem werde Gleiches erkannt, wie auch der Worte eines alten Mystikers, die wir in deutschen Reimen
ausdrücken möchten:
Wär´ nicht das Auge sonnenhaft,
Wie könnten wir das Licht erblicken?
Lebt´ nicht in uns des Gottes eigne Kraft,
Wie könnt´ uns Göttliches entzücken?“
Über das rein mit den Sinnen Erfahrbare und Erlebbare hinaus ist für Goethe, vor allem den alternden Goethe,
diese sittliche Idee, der Sinn, hinter allem Lebendigen ein notwendiges Gesetz. Damit stimmt er mit dem
philosophischen Idealismus Kants überein, dessen Werk er auch gekannt hat, - wie er auch die Werke anderer
zeitgenössischer Philosophen (Fichte, Schelling, Hegel) gelesen hat. Der berühmte Kant´sche Satz der „Kritik
der praktischen Vernunft“: „Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit immer neuer und zunehmender Bewunderung
und Ehrfurcht, der bestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir“ ist eine Aussage ganz im Sinne
Goethes, sie könnte in dieser prägnanten Formulierung durchaus von ihm sein. Nicht von ungefähr kommt im
Altersroman „Wilhelm Meisters Wanderjahre“ eine große sinnbildhafte Szene vor, in der Wilhelm Meister
nachts die Plattform einer Sternwarte betritt und überwältigt ist vom Sternenhimmel über sich. Zunächst ist er
fast vernichtet, weil er sich wie ein Nichts fühlt, dann aber sagt er sich, dass ein Wesen, das in sich den
Widerschein des Absoluten fühlt, nicht sinnlos sein kann:
„ Darfst du dich in der Mitte dieser ewig lebendigen Ordnung auch nur denken, sobald sich nicht gleichfalls in
dir ein beharrlich Bewegtes, um einen reinen Mittelpunkt kreisend, hervortut?“ ( WM LJ, 8, S 118)
Auch hier wird nicht im eigentlichen Sinn Religiöses ausgesprochen, sondern ein dem Menschen innewohnendes
höheres sittliches Gesetz. Goethes Auffassung von Religion ist vergleichbar der Aussage, die Frankl in der
„Ärztlichen Seelsorge“ macht: (S 273)
„ . . .im Zusammenhang mit Logotherapie meint Logos Geist und, darüber hinaus, Sinn. Insofern, als wir
Menschsein definieren können als Verantwortlichsein, ist der Mensch für die Erfüllung seines Sinnes
verantwortlich. Im Gegensatz zur Frage nach dem Wofür muß aber in der Psychotherapie die Frage nach dem
Wovor unseres Verantwortlichseins offengelassen werden. Die Entscheidung muss dem Patienten überlassen
bleiben, wie er sein Verantwortlichsein interpretiert, als Verantwortlichsein vor der Gesellschaft, vor der
Menschheit, vor dem Gewissen oder überhaupt nicht vor etwas, sondern vor jemandem, vor der Gottheit“
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Hier drängt sich förmlich der berühmte Faust-Monolog ins Gedächtnis, in dem sich der zwar umfassend gelehrte
aber in seinem Wissensdurst unbefriedigte Denker durch die Übersetzung des Neuen Testaments Erkenntnis
erhofft, ( F I, S 21):
„Daß ich erkenne, was die Welt
Im Innersten zusammenhält.“
( F I, S 44): Geschrieben steht, Im Anfang war das Wort !
Hier stock ich schon ! Wer hilft mir weiter fort ?
Ich kann das Wort so hoch unmöglich schätzen,
Ich muß es anders übersetzen,
Wenn ich vom Geiste recht erleuchtet bin.
Geschrieben steht : Im Anfang war der Sinn.
Bedenke wohl die erste Zeile,
Daß deine Feder sich nicht übereile !
Ist es der Sinn, der alles wirkt und schafft ?
Es sollte stehn : Im Anfang war die Kraft !
Doch auch indem ich dieses niederschreibe,
schon warnt mich was, dass ich dabei nicht bleibe.
Mir hilft der Geist ! auf einmal seh ich Rat
Und schreibe getrost : Im Anfang war die Tat !
Mit dieser Übersetzung hat Faust (Goethe) die für seine Person einzig richtige getroffen. Nur deshalb, weil
Faust am Ende seines Lebens, nach vielen Verirrungen und auch nachdem er Schuld auf sich geladen hat,
letztlich schöpferisch wertvolle Taten vollbringt, also sinnvoll handelt, kann er erlöst und seine Seele vor der
Verdammnis gerettet werden. Für Faust war ohne Zweifel die kraftvolle, gemeinnützige Tat, der schöpferische
Wert, der Weg zur Erfüllung, deshalb bleibt er bei seiner Übersetzung nicht beim Sinn stehen. Für ihn entsteht ja
erst durch die Tat Sinnvolles.
Auch für Goethe war ohne Zweifel der schöpferische Wert die wichtigste „Hauptstraße zum Sinn“. Er, der von
seiner Natur aus ein unruhiger, leicht beeindruckbarer und entflammbarer Geist war – und er war sich dessen
bewusst -, er hat es zeitlebens vermocht, seine persönlichen Schicksalswendungen, seine menschlichen, sozialen,
politischen, naturwissenschaftlichen und künstlerischen Erfahrungen so zu reflektieren und in dichterische
Form zu gießen, dass daraus unvergängliche Werke geschaffen wurden. Die Erlebniswerte, all das, was ihm aus
der Welt und in Beziehungen nahe ging, wurden bei Goethe sozusagen in schöpferische Werte umgesetzt und
damit allen zugänglich gemacht.
Dass er aber trotzdem kein unnahbares Monument - als das man ihn zum Teil schon zu Lebzeiten betrachtet
hat, und kein unbegreifliches Genie - wie man ihn später eher aus Unverständnis als aus Ehrfurcht gesehen hat,
sein wollte, das zeigen seine vielen selbstironischen Aussagen und Verse, wie z.B. folgender ( Zahme Xenien
IV):
Ich neide nichts, ich laß es gehen
Und kann mich immer manchem gleich erhalten;
Zahnreihen aber, junge, neidlos anzusehen,
Das ist die größte Prüfung mein, des Alten.
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Hier spricht ein liebenswerter, selbstdistanzierter Poet, der außer in metaphysischen Gedankengebäuden auch in
vier einfachen Zeilen die drei Dimensionen des Frankl´ schen Menschenbildes, Körper, Seele und Geist,
darstellt: Der altgewordene Körper verursacht der sonst neidlosen Seele ungewohnte negative Gefühle, aber der
zeitlose Geist besteht diese Prüfung und setzt sich durch Selbsttranszendenz - nämlich Poesie - darüber hinweg.
Dies mögen unwichtige Gelegenheitsverse gewesen sein, - Goethe musste für viele seiner Besuche in deren
Stammbücher schreiben -, aber sie lassen ihn auch augenzwinkernd nah erscheinen, sodass hinter dem genialen
Dichterfürsten auch der mit körperlichen Gebrechen behaftete alte Herr sichtbar wird.
6. Diskussion:
Was mit dem Bemerken der häufigen und passenden Goethe – Zitate während der Ausbildung begann, ist
durch das Lesen einiger Werke Goethes und seiner Biographie bestätigt worden: die Übereinstimmung des
Menschenbildes, das der einfühlsame Menschendarsteller auf seine phänomenologische Weise entwirft und
auf seine poetische Weise ausdrückt mit den Grundzügen der existenzanalytischen Auffassung der „Person“.
Mit Goethe selbst haben sich schon immer Psychotherapeuten auseinandergesetzt und haben Episoden seines
Lebens oder einzelne Charakterzüge als Beispiele ihrer Theorie zu erklären versucht. Freud meinte über
Goethe:
„Goethe hätte nicht, wie so viele unserer Zeitgenossen die Psychoanalyse unfreundlichen Sinnes abgelehnt“,
und Alfred Adler sagte über ihn: „Ein ganz Grosser, der wie in einem Brennpunkt alle Empfindungen der
Menschenseele in sich vereinigte“.(C E, S 15 und 45) Die Verhaltenstherapeuten führen sein Vorgehen gegen
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seine Höhenangst in Straßburg (er stieg immer wieder auf den Turm des Münsters, „bis der Eindruck mir
ganz gleichgültig ward“ (DW II, S 358) als Beispiel einer Konfrontationstherapie an, und sein Theaterstück
„Lila“ schildert die Heilung einer Wahnkranken durch „eine psychische Kur“, welche als Beispiel für ein
Psychodrama gelten kann. ( CE, S 100 und 105 ff)
Diese Beispiele sind aber immer nur herausgenommene Episoden aus Goethes Leben, die fortlaufende
Entwicklung seiner Person wird aber eher verständlich, wenn man nach den existenzanalytischen
Grundmotivationen vorgeht, wie in dieser Arbeit.
Von Goethe gibt es so viele autobiographische Schriften, Briefe, Tagebücher und Gesprächsprotokolle, dass
man behauptet hat, von kaum einer anderen Berühmtheit jemals eine ähnliche Fülle authentischer Zeugnisse
zu besitzen. (P B, S 7) Und trotzdem hatten schon die Zeitgenossen den Eindruck, dass sein Wesen eigentlich
nicht zu fassen sei, dass er ihnen immer wieder „entschlüpfe“! (P B, ebd.) Erst wenn man seine
Lebensstationen, wie er sie z.B. in „Dichtung und Wahrheit“ beschreibt, mit den zur jeweiligen Zeit
entstandenen Werken vergleicht, ihn sozusagen durch diese hindurch auch betrachtet, kann man ihn besser
erfassen und verstehen.
In der existenzanalytischen biographischen Arbeit mit Patienten wird im Prinzip die „Personale
Existenzanalyse“, PEA, angewendet, (Längle 1992, S 9 ff) und die lebensgeschichtlichen Stationen anhand
von konkreten Situationen, an die sich der Patient erinnert, erhellt, - so wie ein abgefallenes Blatt im Herbst
Auskunft über die Art des Herkunftbaumes gibt. (Längle ebd. S 11)
Und immer wieder werden die Ergebnisse der Erinnerungen mit dem Grundgerüst der Grundmotivationen in
Zusammenhang gebracht und als passende Steine in das Lebensmosaik eingefügt. Die Bestätigung der
Richtigkeit erhalten Therapeut und Betroffener durch das Gefühl der Stimmigkeit, jenem
phänomenologischen Grunderleben: „Ja, genau so war es und ist es eigentlich!“
Im dialogischen Vorgehen des Gesprächs ist diese Stimmigkeit immer direkt überprüfbar, aber wie steht es
nun mit biographischen Betrachtungen historischer Personen? Mit ihnen fehlt der direkte Dialog, sie können
keine Auskunft mehr über ihre primären Emotionen geben, ihr Schweigen ist kein Widerstand, sondern ein
Faktum!
Bei Goethe nun liegt die vielleicht einmalige Konstellation vor, dass jemand durch seine Autobiographie zwar
die lebensgeschichtlichen Fakten beschrieben hat, persönliche Gefühle oder gar Emotionen, die ihn oder
nahestehende Personen bloßstellen könnten, ausspart; aber er hat eben auch Werke verfasst, die diese intime
Sphäre des „Ich“ doch ausdrücken, und zwar authentisch und auf einmalige, ja geniale Weise.
Und die Existenzanalyse erweist sich hier als eine mögliche Zugangsweise , die manches erhellt, verständlich
macht und in einen größeren Zusammenhang rückt.
Goethes erschütterte 1. Grundmotivation erklärt seine Angst vor dem Tod, mit der er sich teilweise durch
sein Vertrauen in den Bruder Schlaf ausgesöhnt hat.
Goethes Grundwert war ein starker durch die vielfältige und warme Zuneigung, die er als Kind erfahren hat
und auch durch die mannigfaltigen Werte, mit denen er in Berührung kam.
Sein Selbstwert war aber unsicher, denn von Seiten des Vaters fehlte das Verständnis für das wahre Wesen
seines Sohnes, sonst hätte er ihn nicht zu Beschäftigungen gezwungen, die ihn eigentlich nicht interessierten.
Gegen die pedantischen Zwänge seines Vaters half Goethe aber seine hohe Intelligenz, die ihn auch
Unliebsames einigermaßen gut verkraften ließ. Er selbst verfuhr mit seinem eigenen Sohn wieder ähnlich
bestimmend, nur fehlte diesem die Genialität, und er zerbrach daran. (Er war zum Schluss alkoholabhängig. F
B, S 96 )
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Was ihn für die Existenzanalyse so faszinierend macht, ist aber seine Stärke auf der 4. Grundmotivation: nicht
nur sein Über - Ich, das er vom Vater als „des Lebens ernstes Führen“ als Pflichtbewusstsein eingepflanzt
bekommen hatte, war ihm Wegweiser, sondern vor allem auch das Streben nach Sinn, das zeitlebens ein
wichtiges Prinzip Goethes war. Und zu seiner häufig notwendigen Selbstheilung hatte er - gottlob – die
poetische Darstellung für sich entdeckt.
6. Nachwort
Diese Abschlussarbeit zu schreiben hat zwar Zeit gekostet, nämlich Zeit, um mich wieder in Goethes Werke zu
vertiefen, - was aber zum Teil als Urlaubslektüre leicht fiel, dann die Zeit, neben der Berufstätigkeit von der
Medizin in die Literatur einzutauchen und zu "gründeln". Es war für mich aber trotzdem ein sinn- und lustvolles
Unternehmen, denn es hat mir beim Lesen viel ( Wieder-)Entdeckerfreude und beim Schreiben schöpferische
Freude bereitet. Außerdem hoffe ich vielleicht zwei Ziele im Sinne von Erlebniswerten erreicht zu haben: Etwas
vom Menschenbild der Existenzanalyse und eine Andeutung vom Phänomen Goethe als Mensch und Dichter
dargestellt - und die Übereinstimmung von beiden verdeutlicht zu haben.
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7. Zeitlicher Überblick über Goethes Leben
Dieser Überblick erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern soll nur eine zeitliche
Zuordnung der erwähnten Werke zur Lebenssituation ermöglichen
1749 geboren am 28. August in Frankfurt
1755 Erdbeben zu Lissabon
1765 – 68 Studium in Leipzig
Bekanntschaft mit Käthchen Schönkopf
Die Laune des Verliebten
Erkrankung, Genesung in Frankfurt
1770 – 71 Studium in Straßburg
Promotion zum Lizentiaten der Rechte
Bekanntschaft mit Friederike Brion
Lyrik, z.B. „Ob ich Dich liebe ..“
1771 – 73 Tätigkeit als Advokat in Frankfurt, Rechtspraktikant in Wetzlar
Bekanntschaft mit Charlotte Buff
„Die Leiden des jungen Werthers“
Verlobung und Lösung der Verlobung mit Lili Schönemann
Lyrik, z.B. „Trocknet nicht ..“
Egmont
1776 Eintritt in den weimarischen Staatsdienst als „Geheimer Legationsrat“:
Oberbeaufsichtigung sämtlicher Bergwerksangelegenheiten, Theaterleitung,
Direktion des Wegebaus und der Kriegskommission
Naturwissenschaftliche Studien (Anatomie)
Bekanntschaft mit Charlotte von Stein
Iphigenie auf Tauris
1782 Adelsdiplom
1786 – 88 Italienische Reise
1788 Wieder in Weimar: Entbindung von allen Regierungsgeschäften
Oberleitung aller Anstalten der Kunst und Wissenschaften des Herzogtums
Beginn der Beziehung zu Christiane Vulpius
1789 Geburt des Sohnes August
1790 – 1805 Verschiedene Reisen (Harz, Venedig, Kriegsreisen, Schweiz)
Freundschaft mit Schiller
Leitung des Hoftheaters Weimar
Naturwissenschaftliche Studien, Oberaufsicht über die Institute der
Universität Jena
Balladen
1805 Tod Schillers
1806 Französische Besatzung in Weimar (Napoleonische Kriege)
1807 Heirat mit Christiane Vulpius
Faust I
1808 Aufenthalte in verschiedenen Badeorten
Farbenlehre
1816 Tod Christianes
1818 – 23 Aufenthalte in Karlsbad
Begegnung mit Ulrike von Levetzow
Schwere Erkrankung an Herzbeutelentzündung
„West – Östlicher Divan“, Zahme Xenien, Marienbader Elegie
Alterslyrik, „Dichtung und Wahrheit“ I - III
1827 Tod Charlotte von Steins
1828 Tod des Herzogs Karl August
Aufenthalt in Dornburg
Wilhelm Meisters Wanderjahre
Alterslyrik, z.B. „Vermächtnis“
1829 Tod des Sohnes August in Rom
„Blutsturz“
„Dichtung und Wahrheit“ IV
1830 Faust II
1832 22. März Tod nach einer Woche Krankheit
Literaturliste :
( in Klammern die beim Zitieren benützte Abkürzung)
1. Goethes Werke in 8 Bänden, Hrsg .Bernt von Heiseler
by Bertelsmann Reinhard Mohn AG, Gütersloh
Band 3:Faust,Eine Tragödie ( F I u. II)
Band 4: Die Leiden des jungen Werthers - Wilhelm Meisters Lehrjahre (WM
Lj)
Band 5:Wilhelm Meisters Wanderjahre ( WM Wj)
Band 6:Dichtung und Wahrheit, Teil 1-4 ( DW I-IV)
Band 7:Italienische Reise
2. Egmont - Ein Trauerspiel
Reclam -Verlag, Stuttgart, 1959
3. Wilhelm Meisters theatralische Sendung
dtv - Gesamtausgabe, Bd. 14, 1962
4. Goethe Gedichte, Sämtliche Gedichte in zeitlicher Folge ( Ged)
Herausgegeben von Heinz Nicolai
Insel Verlag, 1998
5. Peter Boerner: Johann Wolfgang von Goethe ( P B )
Rowohlt Monographie, Reinbek bei Hamburg,1999
6. Friedemann Bedürftig: Taschenlexikon Goethe ( F B )
Piper Verlag,1999
7. Christof T. Eschenröder: Goethe und die Psychotherapie
Deutsche Gesellschaft für Verhaltenstherapie e.V., dgvt-Velag Tübingen,1999 (C E)
8. Erich Trunz: Ein Tag aus Goethes Leben ( E T )
Beck´sche Reihe,Verlag C.H.Beck,München,1999
9. Sigrid Damm: Christiane und Goethe - eine Recherche ( S D )
Insel Verlag,1999.
10. Frank Nager: Goethe, der heilkundige Dichter ( F N )
Insel Taschenbuch, Insel Verlag,1994
11. Michael Lösch: Who´s who bei Goethe
Deutscher Taschenbuch Verlag, 1998
12. Klaus Günzel: „Viele Gäste wünsch ich heut mir zu meinem Tische !“ ( K G )
Goethes Besucher im Haus am Frauenplan
Verlag Hermann Böhlaus Nachfolger Weimar, 1999
13. Hans Hajek (Hrsg.): Der Zeitspiegel. Eine Sammlung deutscher Anekdoten.
Adam Kraft Verlag, 1943
14. Viktor Frankl: Der Mensch vor der Frage nach dem Sinn
Piper Verlag,München,1985
15. Viktor Frankl: Bemerkungen zur Pathologie des Zeitgeistes. Festschrift:
100 Jahre Universitätsklinik für Psychiatrie Innsbruck, 1993
In: Logotherapie und Existenzanalyse. Texte aus sechs Jahrzehnten
Verlag Quintessenz
16. Viktor Frankl: Das Leiden am sinnlosen Leben
Herder Spektrum, Freiburg Basel Wien, 1993
17. Viktor Frankl: Ärztliche Seelsorge (Ä S)
Fischer Taschenbuch Verlag, 1994
18. Alfried Längle (Hrsg.) 1988: Entscheidung zum Sein. Viktor E. Frankls Logotherapie in
der Praxis.
Piper Verl., München
19. Alfried Längle 1991: Wertbegegnung
Tagungsbericht Nr. 1 und 2 der GLE, Wien
20. Alfried Längle 1992: Biographie
Tagungsbericht Nr. 1
21. Alfried Längle 1994 a: Sinn-Glaube oder Sinn-Gespür? Zur Differenzierung von
ontologischem und existentiellen Sinn in der Logotherapie
Bulletin der Gesellschaft für Logotherapie und Existenzanalyse
Juni 1994, S 15
22. Alfried Längle 1994 b: Sinnvoll leben. Angewandte Existenzanalyse
Verlag Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten - Wien
23. Alfried Längle 1996: Der Mensch auf der Suche nach Halt
In: Existenzanalyse 2
24. Alfried Längle 1999: Was bewegt den Menschen?
Die existentielle Motivation der Person. In: Existenzanalyse 3
25. Alfried Längle 2000: Praxis der personalen Existenzanalyse.
Erweiterter Tagungsbericht 2/1993 der GLE, Wien
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