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FB ArchitekturGemeinschaftsorientierte
ProjektentwicklungProf. Brigitte Scholz
EARTHSHIP TEMPELHOF
DOKUMENTATION
UNIKAT ODER PROTOTYP FÜR DEN LÄNDLICHEN
RAUM?
Inhaltsverzeichnis2
02 Die Gemeinschaft Schloss Tempelhof5 - 6
01 Vorgehensweise: Fragestellung & Methodik3 - 4
03 Die Idee vom Earthship7 - 10
04 Das Earthship Tempelhof11 - 16
05 Die Gemeinde Kreßberg17 - 21
06 Die Experteninterviews22- 27
07 Die Umfrage28 - 42
08 Der Expertenworkshop: 5 Thesen43 - 49
09 Literatur + Impressum50
Studie im Auftrag der grund-stiftung am Schloss Tempelhof mit finanzieller Unterstützung der Software AG Stiftung.
www.schloss-tempelhof.de // www.grund-stiftung.org
Vorgehensweise: Fragestellung & Methodik01
Vorgehensweise: Fragestellung & Methodik4
Earthship Tempelhof - Unikat oder Prototyp für den ländlichen Raum?
Die Gemeinschaft Schloss Tempelhof hat im Herbst 2015 das erste Earthship in Deutschland gebaut. Die Idee des Earth-ship-Gründers Michael Reynolds ist, ein Gebäude aus natürlichen und recycelten Materialien zu errichten, das sich autark mit Wasser, Wärme und Strom versorgen kann. Er verfolgt damit einen Gedanken des ökologischen Bauens, der auf „low tech“ und Selbstversorgung setzt, so-wie weitgehend Selbstbau ermöglicht. Für Schloss Tempelhof ist das Earthship deshalb eine „soziale und ökologische Skulptur“, die als Reallabor für die Ge-meinschaftsbildung und das ökologische Bauen dient.
Die Alanus Hochschule begleitet die grund-stiftung am Schloss Tempelhof bei der Untersuchung, ob aus dem Experi-ment „Earthship Tempelhof“ ein Modell für den ländlichen Raum in Deutschland werden kann. Diese Studie wird von der
Abb. 1: Earthship Tempelhof
Software AG Stiftung finanziell unterstützt. Teil dieser Studie sind Experteninterviews, eine schriftliche Befragung sowie ein Ex-perten-Workshop. Die vorliegende Dokumentation fasst die Ergebnisse der Studie zusammen und leitet daraus fünf Thesen ab, welche Im-pulse das Experiment Earthship und die Gemeinschaft Schloss Tempelhof für die Entwicklung des ländlichen Raumes in Deutschland geben können.
Die Gemeinschaft Schloss Tempelhof02
6 Die Gemeinschaft Schloss Tempelhof
Das Dorf Tempelhof befindet sich in einer ländlich-hügeligen Landschaft in der Nähe von Schwäbisch Hall - zwischen Stuttgart und Nürnberg. Mittlerweile leben 97 Er-wachsene und 53 Kinder einen alternati-ven, partizipativen und gemeinschaftsori-entierten Lebensstil im Dorf Tempelhof.
Im Dezember 2010 erwarb die gemein-nützige Stiftung Schloss Tempelhof das Dorf Tempelhof. Die Stiftung vergab die Liegenschaft in Erbpacht an die Tempel-hof Genossenschaft und nun bietet die Lebensgemeinschaft dort Wohn- und Ar-beitsmöglichkeiten für 150 bis 300 Men-schen.
Die Nutzung der insgesamt 31 Hektar gro-ßen Fläche ist breit gefächert: es werden Schafe und Hühner gehalten, es gibt eine große Gärtnerei, eine eigene Käserei und Imkerei, eine Bäckerei, eine Großküche, eine Kantine, ein öffentliches Café, Werk-stätten, eine freie Schule, ein Seminar- und Gästehaus und natürlich die Wohnhäuser der Tempelhof Bewohner.
So wird das meiste, was die Bewohner im täglichen Gebrauch benötigen, selbst an- gebaut und hergestellt und sie sind wei-testgehend unabhängig von den Super-märkten der nächsten Stadt.
Die Gemeinschaft Schloss Tempelhof sieht sich selbst als Zukunftswerkstatt und lässt viel Freiraum für Experimente. Hier werden unter anderem neue Formen des Zusam- menlebens in einer nachhaltigen Gesell- schaft erforscht und erprobt.
Raum für das Wachsen der Gemeinschaft und Exprimente geben neue Baufelder, die den Gedanken an eine naturverbundene Lebensweise und den Wunsch nach in-tensivem gemeinschaftlichem Leben ver-wirklichen soll.
Abb. 2: Luftbild Schloss Tempelhof
Die Idee vom Earthship03
Die Idee vom Earthship8
Michael Reynolds, der Erfinder der Earth-ships, schloss 1969 sein Architektur-Stu-dium an der Universität in Cincinnati ab, wusste jedoch schon damals, dass er sich mit dem Beruf eines „normalen“ Architek-ten nicht anfreunden könnte.Also machte er sich selbst auf die Suche und entdeckte Taos, einen kleinen Ort in New Mexiko. Dort begann er, auf seine eigene Art und Weise und mit seinen ei-genen Prinzipien des ökologischen Bau-ens zu experimentieren. Er fing an, aus Dingen, die andere Menschen wegwerfen, etwas nützliches und brauchbares zu ent-wickeln. Und weil es sowieso zu viel Müll auf der Welt gibt, baute Reynolds dort in Taos sein erstes Haus aus Müll.
Er tüftelte seine Ideen immer weiter aus und entdeckte so den vorgeschalteten ge-wächshausartigen Wintergarten als haus-eigene Solaranlage, die mit Thermalmasse gefüllten Autoreifen als massive Wände und Wärmespeicher, lebendige Wasser-kreisläufe zur Verwendung von Brauch- und Trinkwasser und vieles mehr.
Reynolds hat drei grundlegende Ansprü-che an ein Gebäude:
„Du bist vollkommen unabhängig.Das Haus kümmert sich um dich.“
Es soll mit Hilfe von natürlichen und recycelten Materialien möglichst um-weltverträglich gebaut werden kön-nen.Das Haus soll allein durch natürliche Energiequellen versorgt werden und unabhängig von jeglichen Netzen sein.Es soll gemeinschaftlich und ohne spezielle Baukenntnisse realisierbar sein.
1.
2.
3.
Abb. 3: Michael Reynolds vor seinem Earthship in Taos, Mexiko
Die Idee vom Earthship 9
„Wenn wir ein Haus bauen, dann ist garantiert, dass es funktioniert.“
Earthships sind vollständig selbstversor-gend und können deshalb dezentral ge-baut und betrieben werden. So können sie das Überleben eines Menschen auf der Erde sichern, ebenso wie ein Raumschiff das Überleben im Weltall. Ihren außerge-wöhnlichen Namen verdanken sie dieser Analogie.Michael Reynolds Häuser sind wie Orga-nismen, die sich selbst mit Energie, Was-ser und Nahrung versorgen.
Die Form der Earthships wird von funkti-onalen Notwendigkeiten geprägt. Das Er-gebnis muss nicht besonders schön und elegant sein, es muss nur perfekt funk-tionieren. Reynolds nennt es dann „die Schönheit des Funktionalen“.Er hat keine besonders hohen Ansprüche an seine Earthships, sie sollen lediglich die sechs Bedürfnisse des Wohnens be-friedigen: Obdach, Abwasserversorgung, Strom, Wasser, Nahrung, Müllentsorgung.
Die Idee der Earthships entstand in der Wüste von Taos, an einem Ort, an dem es nur eine „moderne Indianersiedlung“ gab, doch mittlerweile stehen überall und in jeder Klimazone auf der Welt von ihm entwickelte, entworfene und gebaute Earth-ships. In den letzten Jahren hat Reynolds angefangen, all seine Ideen und Entwürfe in Schrift und Bild zu sammeln und der Öf-fentlichkeit zugänglich zu machen. Außer-dem gründete er die Earthship Biotecture Academy in Taos, die seit fast vier Jah-ren eine international gefragte Architek-tur-Ausbildung anbietet.http://earthship.com/academyAbb. 4: Earthship in New Mexico
Die Idee vom Earthship10
Fotos von Michael Reynolds Earthships, die über die ganze Welt verstreut sind, gibt es auf:
http://earthship.com
Abb. 5: Earthship Tempelhof
Das Earthship Tempelhof04
Das Earthship Tempelhof12
In Schloss Tempelhof gibt es ein Baufeld am Rand der jetzigen Siedlung, Tempel-feld genannt. Es bietet Platz für 20 bis 30 Menschen, auch Familien, die in Bauwa-gen und Jurten einen einfacheren, expe-rimentellen und ressourcenschonenden Lebenstil erproben möchten.Im Jahr 2015 „landete“ dann das erste deutsche Earthship inmitten des Tempel-felds. Das Earthship dient den Bauwagen und Jurten als Versorgungsgebäude. Auf 150 qm befinden sich dort die Sanitärräu-me, aber auch die Küche und ein gemein-samer Wohnraum für die Bewohner des Tempelfelds. Somit funktionieren die Bau-wägen und Jurten und das Earthship wie eine einzige Wohneinheit.Ende des Jahres 2015 startete der Bau des ersten Eartships in Deutschland. Ganz auf die klimatischen und territoria-len Bedingungen Deutschlands ausgelegt, haben Michael Reynolds und sein Team ein individuelles Earthship für die Gemein-schaft Tempelhof entworfen.Fünf hauptberufliche Earthship-Bauer und mehr als 50 Freiwillige aus 17 Ländern haben
auf der Baustelle angepackt.Der Selbstbau des Earthships erfüllt auch den Bildungsaspekt, der der Schloss Tem-pelhof Gemeinschaft so wichtig ist: Die Helfer lernen, wie ein Gebäude entsteht und können hinterher die Idee hinaus in die Welt tragen. Das Earthship hat viele neugierige und begeisterte Helfer angezo-gen, die nicht gekommen sind, um Geld zu verdienen, sondern um etwas zu lernen und zu bewirken.
„Der Bau ist eine Art Workshop, eine vorübergehende Gemeinschaft.“
Abb. 6: Tempelfeld
Das Earthship Tempelhof 13
Bauweise
-
Höhe baulicherAnlagen
FÜLLSCHEMA DER NUTZUNGSSCHABLONE
ZEICHENERKLÄRUNG
Grundflächenzahl
Art der baulichenNutzung
-
MD Dorfgebiet (§ 5 BauNVO)
SO Sondergebiet (§ 11 BauNVO)
0,6 Grundflächenzahl GRZ (§ 19 BauNVO)
Baugrenze
Verkehrsflächen (Fahrbahn)(§ 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB)
Öffentliche Grünfläche, Verkehrsgrün (§ 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB)
Private Grünfläche (§ 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB)
Wasserflächen (§ 9 Abs. 1 Nr. 16 BauGB)
Grenze des räumlichen Geltungsbereiches (§ 9 Abs. 7 BauGB)
P Private Parkierungsflächen (§ 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB)
Überbaubare / Nichtüberbaubare Grundstücksfläche
Bindung für die Erhaltung von Bäumen und Sträuchern (§ 9 Abs. 1 Nr. 25b BauGB)
Kulturdenkmal (§ 9 Abs. 6 BauGB) D
Anpflanzung von Bäumen und Sträuchern (§ 9 Abs. 1 Nr. 25a BauGB)
oberirdisch
unterirdischFührung von Ver- und Ensorgungsleitungen (§ 9 Abs. 1 Nr. 13 BauGB)
Gehrecht (GR), Fahrrecht (FR), Leitungsrecht (LR) (§ 9 Abs. 1 Nr. 21 BauGB)LR
o Offene Bauweise (§ 22 Abs. 1 BauNVO)
a Abweichende Bauweise (§ 22 Abs. 1 BauNVO)
Bodenschutzwald (§ 9 Abs. 1 Nr. 18b BauGB)
M Flächen oder Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft (§ 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB)
Flächenhaftes Pflanzgebot ( § 9 Abs. 1 Nr. 25a BauGB)PfG
Flächenhafte Bindung für die Erhaltung von Bäumen und Sträuchern(§ 9 Abs. 1 Nr. 25 b BauGB)
GH Gebäudehöhe in m
FD Flachdach
Abgrenzung unterschiedlicher Festsetzungen (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB)
Artenschutz (§ 44 BNatschG) A1
BEBAUUNGSPLAN"TEMPELHOF"IN TEMPELHOF
FÜR AUSLEGUNGSBESCHLUSS AM 16.12.2013
1:1.000
AUFGESTELLT
Kreßberg, den ...............
........................................Fischer (Bürgermeister)
Aufstellungsbeschluss
Ortsübliche Bekanntmachung
Auslegungsbeschluss
Ortsübliche Bekanntmachung
Öffentliche Auslegung
Satzungsbeschluss
Genehmigung Landratsamt Schwäbisch Hall AZ ..........
Ortsübliche Bekanntmachung/Inkrafttreten
Landratsamt Schwäbisch Hall, Fachbereich Kreisplanung
AUSGEFERTIGT
(§ 2 Abs. 1 BauGB)
(§ 2 Abs. 1 BauGB)
(§ 3 Abs. 2 BauGB)
(§ 3 Abs. 2 BauGB)
(§ 10 Abs. 1 BauGB)
(§ 10 Abs. 1 BauGB)
(§ 10 Abs. 3 BauGB)
am
am
am
am
bis
am
am
vom
...............
...............
...............
...............
...............
...............
24.08.2012
30.01.2012
am
Fuhrmann
LANDKREIS SCHWÄBISCH HALLGEMEINDE KRESSBERG6024
VERFAHRENSVERMERKE
Entwurf gefertigt am ...............
Kreßberg, den ...............
........................................Fischer (Bürgermeister)
DEZERNAT 3 BAU- UND UMWE TAMTI LM Ü N Z S T R A S S E 1 I Z I M M E R 3 507 L4 25 3 S C HW Ä B I H A LS C HFON 0791/755-7248 I FAX 0791/755-7599
FACHBER IE CH
KREISPLANUNGL LSCHWÄBI HA LSCHANDRATSAMT
..........
P
NN
NN
NN
NN
NN
NN
NN
Whs
Whs
Whs
Whs
Whs
Whs
Whs
Heim
Heim
Heim
Heim
Heim
Heim
Btrg
Btrg
Wkst
Lagg
Gar
Gar
Gar
Gar
Gar
Gar
Gar
Gar
Gar
Ust
Schr
Schu
Schu
Schu
Schu
Stall
Stall
Wirtg
Wirtg
Wirtg
Wirtg
Wirtg
Wirtg
Wirtg
Wirtg
Wirtg Wirtg
Wirtg
Wirtg
2
5
6
4
1
4
3
7
3/4
3/1
3/2
3/3
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9
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6
1/1
1/2
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1052
1053
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1057
1058
10801084
1085
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1090
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1105
1105/11106
1107
1107/1
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1115/2
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1122
1123
1124
1125
1126
1126/1
1127
1130
1131
1132
1133
1135
1137
1141
1142
1144
1145
Hangenbach
1127
Wa 2
GV
GV
GV
GV
Wa 2
Wa
2215
723
1050
1051
1063
1067
Tempelfeld
Rappetshalde
Mittleres Feld
Rotbach
Vorderes Feld
Haugental
Brühl
0,50
0,50
Leitung Telekom
Leitung RiesWasserVersorgung
7,50 7,50
LR
Leitu
ng E
nBW
OD
R
2,50
2,50
LR
LRLR
Pfg
Pfg
M
M
M
M
M
M
M
M2
M1
M1
M
M
M3
M3
M4
M4
A2
A2
A2 A2
A2A2
A2A1
A1
A1
A1
A3
A2
0,5
-
MD 6
o
GH 13,00GH FD 11,00
-
0,6
-
MD 4
o
GH 11,00
-
0,5
-
MD 8
o
GH 11,00
-
0,5
-
MD 9
o
GH 11,00
-
0,6
-
MD 5
o
GH 13,00GH FD 11,00
-
0,6
-
MD 3
a
GH 13,00GH FD 11,00
-0,6
-
MD 1
a
GH 13,00GH FD 11,00
-
0,6
-
MD 7
a
GH 13,00GH FD 11,00
-
0,6
-
MD 2
o
GH 13,00GH FD 11,00
-
0,15
-
SO 1Naturerfahrung
o
GH 7,50
-
0,15
-
SO 1Naturerfahrung
o
GH 7,50
-0,15
-
SO 2Naturerfahrung
o
GH 15,00
-
wird vo
rauss
ichtlic
h verl
egt
D
D
D
Aussichts-turm
D
max. Höhe von 20,0 m
D
30 m Waldabstand
10 m
Gew
ässe
rrand
streif
en
10 m
Gew
ässe
rrand
streif
en
10 m Gewässerrandstreifen
5,00 1,25
5,50 1,25
5,00
12,00
Abb.7: BebauungsplanTempelhof
Das Tempelfeld mit dem Earthship ist der erste experimentelle Neubau des Dorfes.
Das Sondergebiet „Naturerfahrung“ im Norden bietet Platz für weitere Experimente wie Pfahl-, Weiden- oder Erdhäuser.
Tempelfeld &Earthship
Das Earthship Tempelhof14Änderung | Bemerkung Datum Ix.
BAUVORHABEN:
TempelhofExperimentelles Wohnen am Tempelhofmit einem Versorgungsgebäude(Earthship) und 14 Aufenthaltsräumen
BAUHERR:
Schloss Tempelhof e. G.Tempelhof 3,74594 Kreßberg
Telefon:07957-92 39 052eMail: roman.huber@schloss-tempelhof.de
PROJEKT - NR:B-1502Zeichnung:
GrundrissVersorgungsgebäude(Earthship)Plan NR:G-4-N1
MASSSTAB:1:100
DATEI:
ENTWURFSVERFASSER:
Dipl.Ing. Architekt Ralf MüllerHölderlinsallee 1522303 HamburgTel. 040/27877708arch42@baunetz.de
Z:\_02_Bauprojekte\B_1403_Tempelhof\04_Genehmigungsplanung\01_ArchiCAD\Tempelhof_0815_Genehmigung_Reynolds.pln
ALLE MASZE SIND AM BAU ZU PRÜFEN
Neubau:
Abbruch:
Bestand:
Massiv:
Holzbau:
Leichtbau:
Legende:
DATUM:17.08.2015
GEZEICHNET:
Dipl. Ing. Sara SerodioEarthship designed by Biotecture
Architekt Mike Reynolds
Stampflehmwand
Holzsklettbau
Glassteinwand
SCHL
OSS
TEM
PELH
OF
M1:100
A-1
99,0
6cm
3'- 3
"
99,0
6cm
3'- 3
"
83,82cm2'- 9"
99,06cm3'- 3"
106,68cm3'- 6"
160,02cm5'- 3"
106,68cm3'- 6"
106,68cm3'- 6"
106,68cm3'- 6"
83,82cm2'- 9"
106,68cm3'- 6"
106,68cm3'- 6"
86,36cm2'- 10"
81,28cm2'- 8"
63,50cm2'- 1"
106,68cm3'- 6"
83,82cm2'- 9"
106,68cm3'- 6"
43,18cm1'- 5"
43,18cm1'- 5"
83,82cm2'- 9"
21,006m68'- 11"
83,82cm2'- 9"
99,0
6cm
3'- 3
"
121,92cm4'- 0"
121,92cm4'- 0"
121,92cm4'- 0"
132,08cm4'- 4"
121,92cm4'- 0"
121,92cm4'- 0"
121,92cm4'- 0"
132,08cm4'- 4"
121,92cm4'- 0"
121,92cm4'- 0"
121,92cm4'- 0"
132,08cm4'- 4"
121,92cm4'- 0"
121,92cm4'- 0"
121,92cm4'- 0"
121,92cm4'- 0"
121,92cm4'- 0"
121,92cm4'- 0"
121,92cm4'- 0"
121,92cm4'- 0"
121,92cm4'- 0"
3,81cm1 1/2"
26,67cm10 1/2"
9"
2x8
wal
l
2x8
wal
l
2x8 wall
189,12cm6'- 6"
3,81cm1 1/2"
3,81cm1 1/2"
3,81cm1 1/2"
3,81cm1 1/2"
63,50cm2'- 1"
772,
16cm
45'-
4"
99,0
6cm
3'- 3
"
530,
86cm
17'-
5"
inside offraming
inside offraming
43,18cm1'- 5"
30,48cm1'- 0"
7,62cm3"
7,62cm3"
7,62cm3"
7,62cm3"
27,635m90'- 8"
3,81cm1 1/2"
30,48cm1'- 0"
30,48cm1'- 0"
30,48cm1'- 0"
3,81cm1 1/2"
3,81cm1 1/2"
3,81cm1 1/2"
3,81cm1 1/2"
26,67cm10 1/2"
Battery Box gravity operating vent
S-2S-2
S-3
S-3
gravity operating vent
e-gress windows e-gress windows e-gress windows
2
NF: 5,41 m2
3
NF: 17,83 m2
4
NF: 15,90 m2
5
NF: 60,96 m26
NF: 4,92 m2 198,56 m2RM
RMRM
±0,00 =460,40NN
Fenstertür Fenstertür Fenstertür
kontrollierte natürlicheLüftung
kontrollierte natürlicheLüftungZuluft
Abluft Abluft
Stampflehmwand mitSchalung ausStahlgürtelreifen
StahlbetonAussteifungspfeiler lt.Statik
F30 durch 2cmLehmputz
Perimeterdämmung anErdreich
Fensterhöhe2,54m
BRH=30cm
nicht tragendeLeichtbauwand
nicht tragendeGlasflaschenwand
Holzständer F30B
Medien:TW, Elektro, Nahwärme,LAN
99,0
6�m
3�� 3
�
99,0
6�m
3�� 3
�
99,0
6�m
3�� 3
�
99,0
6�m
3�� 3
�
Eing
ang
8
NF: 42,48 m2
1
NF: 6,94 m2 7
NF: 4,83 m2
N betonierte Aussteifung
permission not guaranteed -
Genehmigung nicht garantiert
Abb. 8: Grundriss Earthship
Das Earthship Tempelhof 15
Änderung | Bemerkung Datum Ix.
BAUVORHABEN:
TempelhofExperimentelles Wohnen am Tempelhofmit einem Versorgungsgebäude(Earthship) und 14 Aufenthaltsräumen
BAUHERR:
Schloss Tempelhof e. G.Tempelhof 3,74594 Kreßberg
Telefon:07957-92 39 052eMail: roman.huber@schloss-tempelhof.de
PROJEKT - NR:B-1502Zeichnung:
SchnitteVersorgungsgebäude(Earthship)Plan NR:G-5
MASSSTAB:1:100
DATEI:
ENTWURFSVERFASSER:
Dipl.Ing. Architekt Ralf MüllerHölderlinsallee 1522303 HamburgTel. 040/27877708arch42@baunetz.de
Z:\_02_Bauprojekte\B_1403_Tempelhof\04_Genehmigungsplanung\01_ArchiCAD\Tempelhof_0815_Genehmigung_Reynolds.pln
ALLE MASZE SIND AM BAU ZU PRÜFEN
Neubau:
Abbruch:
Bestand:
Massiv:
Holzbau:
Leichtbau:
Legende:
DATUM:17.08.2015
GEZEICHNET:
Dipl. Ing. Sara SerodioEarthship designed by Biotecture
Architekt Mike Reynolds
Stampflehmwand
Holzsklettbau
Glassteinwand
5,30m17- 5"
2,41m7- 11"
5,13m16'- 10"
40,64cm16"
1,93m6'- 4"
3,16
m10
- 4 1
/2"
2,61
m8'
- 7"
22,8
6cm
9"
40cm
15 3
/4"
11,4
3cm
4 1/
2"18
,41c
m7
1/4"
2,46
m8'
1"
2,13m x 2,54cm
7'- 0" x1"
4" perimeter Insulation R20
90% compacted fill
6mil vapor barrier
custom drip edge
CDX filler 4" poly-iso
EXISTING GRADE
propanel or equivalent
rebar pin coated with rust resistant paint
2 1/2" propanel screws1x4 perlins
12" poly-iso screw
30# felt
1x6 decking
EXISTING GRADE
M1:100
SCHL
OSS
TEM
PELH
OF
A-5
Section
Section 1
Section 2
Cross-section
±0,00
�2,72
�3,675kontrollierte natürlicheLüftung
Zuluft
Abluft
Stampflehmwand mitSchalung ausStahlgürtelreifen
betonierter Ringanker
F30 durch 2cmLehmputz
Perimeterdämmung anErdreich
BRH=30cm
sichtbareRundholzstämmeF30B
Holzständer F30B
Regenwasserzisterne
extensives GründachAbdichtungsbahn2 lagig �PSDampfsprerreRauhspundschalung
Böschungswinkel 1:1,5
BodenbelagEstrichAusgleichsperlite�PSAbdichtungsfoliegewachsener Boden
Dachneigung5,94�
Längsschnitt S2
�uerschnitt S3
permission not guaranteed -
Genehmigung nicht garantiert
Abb. 9: Schnitt Earthship
Das Earthship Tempelhof16
Mehr als tausend alte Autoreifen bilden die tragenden Wände und zugleich den thermischen Speicher des Earthships. Die Reifen werden mit dem Aushub der Baustelle gefüllt und verdichtet und so entstehen 200 kg schwere Bausteine, die Wärme optimal speichern und sie bei Käl-te an die Umgebung abgeben. Zusätzlich leitet die Glasfassade die Sonnenwärme direkt in die Räume im Inneren. Die Son-nenkollektoren auf dem Dach nutzen die Sonnenenergie für die Erwärmung des Wassers und eine Photovoltaikanlage auf dem Dach liefert Strom für den gesamten Wagenplatz.Das Earthship besitzt ein ausgeklügeltes Wassersystem, bei dem so viel Wasser wiederverwendet wird, wie nur möglich: Regenwasser landet in Zisternen, wird gefiltert und dient zum Duschen und Wa-schen, anschließend zum Bewässern der Pflanzen und für die Toiletten.Das Earthship hat nun zwei Jahre Zeit, um zu beweisen, dass auch jede seiner al-ternativen Methoden zur Haustechnik so funktioniert, wie man es sich vorgestellt hat.
Das Earthship ist so autark, wie es die deutschen Baugesetze erlauben. Es könn-te komplett unabhängig von der Umge-bung sein, doch in Deutschland herrscht Anschlusszwang, deswegen muss das Abwasser in die Kanalisation abgeleitet werden. Die größten Herausforderungen waren aber die Vorplanung und Überset-zung der Skizzen. Denn was in der Wüste von New Mexico funktioniert, klappt nicht zwangsweise in Baden-Württemberg - oder ist gar nicht erst erlaubt. Reifen zum Beispiel sind in Deutschland gar kein aner-kannter Baustoff.
Abb. 10: Flur mit Pflanzenkläranlage
Abb. 11: Lehmwand mit „Glasbausteinen“
Die Gemeinde Kreßberg05
Die Gemeinde Kreßberg18
Kreßberg liegt im Osten des Landkreises Schwäbisch Hall an der Landesgrenze zwischen Baden-Württemberg und Bayern.Es setzt sich aus 33 Ortsteilen mit über 3.800 Einwohnern und einer Gemarkungsfläche von 4845 ha zusam men. Da die Gemeinde noch eher landwirtschaftlich geprägt ist, sind die Bodenpreise – sowohl in Wohn- als auch in Gewer begebieten – gemäßigt.
Stuttgart
Nürnberg
Crailsheim
6
6
81
817
7
BayernBaden-Württemberg
Abb. 12: Lageplan Gemeinde Kreßberg
Die Gemeinde Kreßberg 19
95 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15
Die Gemeinde Kreßberg hatte zur Mit-te des Jahres 2016 3953 Einwohner. Im Jahre 1995 lebten 3868 Menschen in der Gemeinde.
über 65
40 - 65
25 - 40
18 - 25
15 - 18
unter 15
Die Bevölkerung der Gemeinde Kreßberg war Ende des Jahres 2015 im Durch-schnitt 43,1 Jahre alt. 1995 lag das Durch-schnittsalter noch bei 37 Jahren.
Quelle: http://www.statistik.baden-wuerttemberg.de
Abb. 13: Bevölkerungsentwicklung von 1995 bis 2015
Abb. 14: Altersstrukturen in 2015
Gemeinschaft Schloss Tempelhof
Die Gemeinde Kreßberg20
NL
BE
LU
FR
CH
AT
CZ
PL
DK
Ulm
Bonn
Kiel
Köln
Mainz
Essen
Erfurt
Berlin
Kassel
Bremen
Potsdam
Rostock
Cottbus
Dresden
Leipzig
Hamburg
München
Mannheim
Schwerin
Halle/S.
Hannover
Chemnitz
Nürnberg
Magdeburg
Bielefeld
Wiesbaden
Stuttgart
Düsseldorf
Saarbrücken
Freiburg i.Br.
Dortmund
Frankfurt/M.
100 kmBBSR Bonn 2015©
Wachsende und schrumpfende Städte und Gemeinden in Deutschland
Datenbasis: Laufende Raumbeobachtung des BBSR
Geometrische Grundlage: BKG, Einheitsgemeinden und Gemeindeverbände, 31.12.2013
Bearbeitung: A. Milbert
- stark schrumpfend: 3 - 6 Indikatoren im untersten Quintil
- schrumpfend: 1 - 2 Indikatoren im untersten Quintil
- stabil: keine Indikatoren im untersten oder obersten Quintil
- wachsend: 1 - 2 Indikatoren im obersten Quintil
- stark wachsend: 3 - 6 Indikatoren im obersten Quintil
Klassifizierung nach der Häufigkeit der Entwicklungsindikatoren im
untersten (<20% aller Werte) und obersten (>20% aller Werte) Quintil
Landgemeinden
Kleine Kleinstädte
Größere Kleinstädte
Mittelstädte
Großstädte
Stadt- und Gemeindetyp
Lagesehr zentral
zentral
peripher
sehr peripher
Wachsende und schrumpfende Städte und Gemeinden
stark schrumpfend
schrumpfend
stabil
wachsend
stark wachsend
Relative, am bundesweiten Trend gemessene Wachstum/Schrumpfung:
Betrachtete Entwicklungsindikatoren:Bevölkerungsentwicklung 2008-2013
durchschnittlicher Wanderungssaldo der Jahre 2009-2013
Beschäftigtenentwicklung 2008-2013
Entwicklung der Arbeitslosenquote 2007/8-2012/13
Entwicklung der Gewerbesteuer 2007/8-2010/13
Entwicklung der Erwerbsfähigen 2008-2013
NL
BE
LU
FR
CH
AT
CZ
PL
DK
Ulm
Bonn
Kiel
Köln
Mainz
Essen
Erfurt
Berlin
Kassel
Bremen
Potsdam
Rostock
Cottbus
Dresden
Leipzig
Hamburg
München
Mannheim
Schwerin
Halle/S.
Hannover
Chemnitz
Nürnberg
Magdeburg
Bielefeld
Wiesbaden
Stuttgart
Düsseldorf
Saarbrücken
Freiburg i.Br.
Dortmund
Frankfurt/M.
100 kmBBSR Bonn 2015©
Wachsende und schrumpfende Städte und Gemeinden in Deutschland
Datenbasis: Laufende Raumbeobachtung des BBSR
Geometrische Grundlage: BKG, Einheitsgemeinden und Gemeindeverbände, 31.12.2013
Bearbeitung: A. Milbert
- stark schrumpfend: 3 - 6 Indikatoren im untersten Quintil
- schrumpfend: 1 - 2 Indikatoren im untersten Quintil
- stabil: keine Indikatoren im untersten oder obersten Quintil
- wachsend: 1 - 2 Indikatoren im obersten Quintil
- stark wachsend: 3 - 6 Indikatoren im obersten Quintil
Klassifizierung nach der Häufigkeit der Entwicklungsindikatoren im
untersten (<20% aller Werte) und obersten (>20% aller Werte) Quintil
Landgemeinden
Kleine Kleinstädte
Größere Kleinstädte
Mittelstädte
Großstädte
Stadt- und Gemeindetyp
Lagesehr zentral
zentral
peripher
sehr peripher
Wachsende und schrumpfende Städte und Gemeinden
stark schrumpfend
schrumpfend
stabil
wachsend
stark wachsend
Relative, am bundesweiten Trend gemessene Wachstum/Schrumpfung:
Betrachtete Entwicklungsindikatoren:Bevölkerungsentwicklung 2008-2013
durchschnittlicher Wanderungssaldo der Jahre 2009-2013
Beschäftigtenentwicklung 2008-2013
Entwicklung der Arbeitslosenquote 2007/8-2012/13
Entwicklung der Gewerbesteuer 2007/8-2010/13
Entwicklung der Erwerbsfähigen 2008-2013
NL
BE
LU
FR
CH
AT
CZ
PL
DK
Ulm
Bonn
Kiel
Köln
Mainz
Essen
Erfurt
Berlin
Kassel
Bremen
Potsdam
Rostock
Cottbus
Dresden
Leipzig
Hamburg
München
Mannheim
Schwerin
Halle/S.
Hannover
Chemnitz
Nürnberg
Magdeburg
Bielefeld
Wiesbaden
Stuttgart
Düsseldorf
Saarbrücken
Freiburg i.Br.
Dortmund
Frankfurt/M.
100 kmBBSR Bonn 2015©
Wachsende und schrumpfende Städte und Gemeinden in Deutschland
Datenbasis: Laufende Raumbeobachtung des BBSR
Geometrische Grundlage: BKG, Einheitsgemeinden und Gemeindeverbände, 31.12.2013
Bearbeitung: A. Milbert
- stark schrumpfend: 3 - 6 Indikatoren im untersten Quintil
- schrumpfend: 1 - 2 Indikatoren im untersten Quintil
- stabil: keine Indikatoren im untersten oder obersten Quintil
- wachsend: 1 - 2 Indikatoren im obersten Quintil
- stark wachsend: 3 - 6 Indikatoren im obersten Quintil
Klassifizierung nach der Häufigkeit der Entwicklungsindikatoren im
untersten (<20% aller Werte) und obersten (>20% aller Werte) Quintil
Landgemeinden
Kleine Kleinstädte
Größere Kleinstädte
Mittelstädte
Großstädte
Stadt- und Gemeindetyp
Lagesehr zentral
zentral
peripher
sehr peripher
Wachsende und schrumpfende Städte und Gemeinden
stark schrumpfend
schrumpfend
stabil
wachsend
stark wachsend
Relative, am bundesweiten Trend gemessene Wachstum/Schrumpfung:
Betrachtete Entwicklungsindikatoren:Bevölkerungsentwicklung 2008-2013
durchschnittlicher Wanderungssaldo der Jahre 2009-2013
Beschäftigtenentwicklung 2008-2013
Entwicklung der Arbeitslosenquote 2007/8-2012/13
Entwicklung der Gewerbesteuer 2007/8-2010/13
Entwicklung der Erwerbsfähigen 2008-2013
Abb. 15: Wachsende und schrumpfende Städte und Gemeinden in Deutschland
Kreßberg
Die Gemeinde Kreßberg 21
Abb. 16: Anzahl der unter 15 Jährigen von 1995 bis 2015
Abb. 17: Anzahl der über 65 Jährigen von 1995 bis 2015
Die Diagramme zeigen, dass in der Ge-meinde Kreßberg von Jahr zu Jahr immer weniger Kinder geboren werden. Dafür gibt es immer mehr ältere Menschen.
Quelle: http://www.statistik.baden-wuerttemberg.de
Die Experteninterviews06
Die Experteninterviews24
Am 29. / 30. August 2016 fanden in Schloss Tempelhof und der Gemeinde Kreßberg Interviews mit verschiedenen Experten statt, um die Idee des Projektes Earthship und die Besonderheiten bei der Realisierung zu beleuchten:
Bürgermeister Robert Fischer, Ge- meinde Kreßberg
Roman Huber, grund-stiftung am Schloss Tempelhof
Max Thulé, Earthship Tempelhof
Ralf Müller, Architekt Earthship Tempelhof und bauphysikalische Begleitung
Die Idee Earthship passt aus Sicht der Befragten gut zur Philosophie der Gemein-schaft Tempelhof als Gemeinschafts- und Bildungsprojekt: „einfach zu experimentie-ren und gemeinsam an etwas zu bauen“. Das Earthship mit der Wagenburg wird als Teil der Vielfalt von Tempelhof begrüßt und von den Befragten selbst als „soziales Ex-periment“ bezeichnet. Den Anstoß zum Bau des Earthship in Schloss Tempelhof gab Michael Reynolds selbst auf seiner „Lecture Tour“ in Freiburg: Ein Mitglied der Gemeinschaft Tempelhof war fasziniert von der Idee und dem Earth-ship-Macher selber und wollte das „Erd-schiff“ nach Tempelhof holen. In einer klei-nen Gruppe gelang die Überzeugung der ganzen Gemeinschaft, und nach Diskussi-onen über den richtigen Standort – für die Landwirtschaft, für das Bildungshaus oder für die Wagenburg – verständigte man sich schließlich darauf, das Earthship am Standort Tempelfeld zu bauen. Der Bebau-ungsplan weist hier ein Baufenster „Experi-mentelles Wohnen“ aus, das den baurechtli-chen Rahmen für die Realisierung gab.
Es ist sinnvoll, die Marke ‚Reynolds‘ nach Tempelhof zu bringen, weil das gut zu der ex-perimentellen Seite von
Tempelhof passt.
Die Experteninterviews 25
In ökologischer Hinsicht stellte das Ge-bäude die Gemeinschaft vor eine beson-dere Herausforderung: Die Idee „Bauen aus Müll“ passt nicht zu den funktionieren-den Recycling-Kreisläufen in Deutschland, so dass jeder Baustoff kritisch beleuchtet wurde. Aluminiumdosen, ein „typischer“ Baustoff in den USA, können bei uns dau-erhaft recycelt werden, deshalb wurden spezielle Ausschuss-Dosen als statische Verstärkung in die Rückwand eingebaut. Den Baustoff „Autoreifen“ diskutierte die Gemeinschaft lange, letztlich fand er auf-grund der statischen Qualität, einfachen Bauweise und noch ungeklärten Zweit-verwertung der Reifen seine Verwendung in der Rückwand. Bei weiteren Baustof-fen fand eine kritische Prüfung ihrer öko-logischen Qualität statt, zum Beispiel bei Schaumglasschotter als kapillarbrechen-de Schicht unter der Bodenplatte. Als Pilotprojekt und für das bauphysika-lische Monitoring enthält das Earthship zahlreiche Messeinrichtungen.
„Ich glaube, wir haben da mittlerweile eine Earthship-Maschine gebaut. Die Leute, die Earthships kennen, sind erstaunt, was man so alles da rein bauen kann.“ Durch die Messeinrichtungen wird der Bereich Energie (Photovoltaik mit Speicher), Be-haglichkeit (Raumtemperatur) und Was-sernutzung überwacht. Die Ergebnisse sollen es in Zukunft ermöglichen, das Ge-bäude autark zu betreiben. Das Thema „Thermische Behaglichkeit“ ist Thema der Masterarbeit von Ralf Müller an der Univer-sität Stuttgart, die im Frühjahr 2017 abge-schlossen werden soll.
Aus Abfall ein Haus bauen – bloß: was ist
bei uns Abfall?
Man kann Earthship so und so
sehen: Ein Haus aus Müll, das gar nix kostet, oder ein
Gebäude, bei dem wir versu-chen mit Recyclingmaterialien zu arbeiten und trotzdem so
viel Technologie einzubringen, damit es unseren
Ansprüchen genügt.
Obwohl die Themen der Haustechnik und Ökologie nicht im Fokus dieser Untersu-chung stehen, kamen die Gespräche im-mer wieder auf diesen Punkt zurück. Das zeigt das Offensichtliche: Ein Earthship ist immer ein bautechnisches Experiment in vielerlei Hinsicht, das für unser Klima und unsere planungs- und baurechtlichen Vor-schriften weiter optimiert und angepasst werden muss.
Die Experteninterviews26
In der Finanzierung gibt es zwei Beson-derheiten: Das Selber-Bauen mit Volun-teers und das erfolgreiche Crowdfunding. Die geplanten Investitionskosten lagen in Höhe von rund 300.000 EUR mit zusätzli-chen Kosten für die Erschließung des Tem-pelfeldes. Das erfolgreiche Crowd-Funding hatte dabei einen Anteil von 198.000 EUR. Die rund 50 Volunteers waren vier Wochen vor Ort und haben für freie Kost und Lo-gis den Rohbau erstellt. Die bunte Truppe hat mit viel Freude gearbeitet und gefeiert, was nach Sicht der Interviewpartner auch zu Spannungen in der Gemeinschaft ge-führt hat. Die Effektivität des Bauens mit den Volunteers durch die Experten hatte aus Expertensicht zwei Seiten: ohne die Volunteers wär der kraft- und zeitaufwän-dige Eigenbau nicht möglich gewesen, durch fehlende Vernetzung und Anleitung waren die Arbeiten teilweise wenig effizient - „Wenn ich mir mit weniger Leuten mehr Zeit nehmen würde, wäre es auch günsti-ger.“ Dieser Aspekt wird in der schriftlichen Befragung der Gemeinschaft noch einmal vertieft betrachtet.
In Bezug auf die Gemeinschaft machten die Experteninterviews deutlich, dass auf dem Tempelfeld mit Earthship eine eige-ne Gemeinschaft lebt, die die Vielfalt in Tempelhof bereichert. Am Tempelfeld wird eine alternative Form des Lebens in Bau-wagen mit einem Gemeinschaftsgebäude erprobt, ähnlich der in Skandinavien ent-wickelten Formen des CoHousings, aller-
dings nicht unter einem Dach, sondern unter freiem Himmel. Das ist der erste Baustein im Experi-mentierfeld „Experimentelles Wohnen“, dem weitere folgen sollen. Andere Expe-rimentierfelder liegen in der solidarischen Landwirtschaft, der freien Schule und Bil-dungsangeboten zur Gemeinschaftsent-wicklung.
Abb. 18: Volunteers beim Earthship-Bau
Die Experteninterviews 27
Das Gebäude dient als zentrales Versor-gungsgebäude mit Küche und Bad für 14 „Wohnzimmer“, die in einzelnen Wagen untergebracht sind. In einem Nachbarge-bäude ist die Heizzentrale, die über eine Versorgungseinheit alle Räume miteinan-der verbindet und mit Wärme versorgt. Ursprünglich war das Earthship auch als Gästehaus gedacht, eine Wohnnutzung ist aber aus brandschutztechnischen Grün-den nicht möglich.
Aus Sicht der Gemeinschaft am Tempel-feld ist das Gebäude neben all den bauli-chen und technischen Besonderheit auch ein Experimentierort für das soziale Mitei-nander: „Wie funktioniert es miteinander und wieviel Rückzug brauche ich und wo kann ich Rückzug schaffen – das ist inter-essant zu beobachten.“
Planungsrechtlich war das Earthship durch das Baufenster „experimentelles Bauen“ abgesichert. Schon bei der Auf-stellung des Bebauungsplans waren ex-perimentelle Bauten wie Erdhäuser an-gedacht. Für die Baugenehmigung hat die Gemeinschaft sehr frühzeitig einen „runden Tisch“ mit allen Beteiligten orga-nisiert um von Anfang an Probleme offen-zulegen und Lösungen zu finden. Ein sol-ches Gebäude „passt nicht in den Norm“, aber alle Beteiligten haben Spielräume im Baurecht gefunden und kreativ genutzt – das Earthship gilt als 1 Gebäude mit 14 dezentralen Schlafzimmern. Positiv für das Experimentieren war die Alleinlage ohne direkte Nachbarn. Außerdem musste das Gebäude an die zentrale Ver- und Entsor-gung der Gemeinde angeschlossen wer-den.
Schon der kurze Forschungsaufenthalt zeigte, dass die gesamte Gemeinschaft ein Wohn- und Lebensexperiment ist, in dem viele engagierte Denkende und Ma-chende neue Wege erproben. Wie im Gar-ten reichert sich der Boden mit Humus an, der neuen Ideen das Wachsen ermöglicht. Und auch das Wissen wird in der Gemein-schaft kultiviert und weiter gegeben.
Die Umfrage07
Die Umfrage30
Die Umfrage
Rücklauf:
97 Erwachsene - Rücklauf 34 Fragebogen entspricht 35 %
Befragungszeitraum:
12.09.16 - 30.09.16
1. Warum lebst Du in der Gemeinschaft Schloss Tempelhof?
Um Teil eines gemeinschaftlichen
„Wirs“ zu sein. Ich fühle mich hier wie in einer großen WG, wir sind alle miteinander, aber trotzdem kann man seinen
eigenen Interessen nachgehen.
Weil ich mal eine andere Form
des Lebens kennenlernen
wollte.
Die Umfrage 31
2. Lebst Du selbst im Earthship bzw. am Tempelfeld?
Mit einer kleineren Gruppe
in einer Gemeinschaft
leben
In stärkerem Bezug zur
Natur leben
Auf der Suche nach
neuen Lebens-formen
88% Nein 12% Ja
Wenn Ja, was ist Deine Motivation, auf dem Tempelfeld zu leben?
Die Umfrage32
trifft voll und ganz zu trifft zu weder noch trifft nicht zu trifft überhaupt nicht zu keine Angabe
3. Tempelfeld & Earthship als Experimentierfelder
(a) Das Tempelfeld hat als Wohnexperiment einen eigenen Wert.
(b) Das Earthship hat als Wohnexperiment einen eigenen Wert.
(c) Das Tempelfeld ist ein Modell für Men-schen, die eine enge Gemeinschaft inner-halb einer kleineren Gruppe suchen.
71% 53%44%
26%
21% 35%
3%
18%12%
3%5% 9%
Die Umfrage 33
(d) Das Earthship ist ein Modell für Men-schen, die eine enge Gemeinschaft inner-halb einer kleineren Gruppe suchen.
(e) Das Tempelfeld verändert die Gemein-schaft Tempelhof als Ganzes wenig.
(f) Das Earthship verändert die Gemein-schaft Tempelhof als Ganzes wenig.
3. Tempelfeld & Earthship als Experimentierfelder
29%
6%
15%
24%
35%
26%
11%
12%
9%
50%
32%
6%
12% 9%15% 3% 6%
Die Umfrage34
trifft voll und ganz zu trifft zu weder noch trifft nicht zu trifft überhaupt nicht zu keine Angabe
3. Tempelfeld & Earthship als Experimentierfelder
(g) Die Philosophie des Earthships - ein „Haus aus Müll“, das sich autark versorgt - passt zu den Werten der Gemeinschaft Tempelhof.
(h) Die mediale Aufmerksamkeit für Tempel-hof durch das Earthship ist eine Bereiche-rung für die Gemeinschaft.„Haus aus Müll“
stimmt nicht - das meiste
Baumaterial war neu und teuer.
Wir sind noch kein Ökodorf -
hoffentlich werden wir mal
eins.
12% 18%
50%
46%
9%
15%9%
3%6%
9%
14% 9%
Die Umfrage 35
4. Architektonisches Konzept
(a) Upcycling (Bauen mit Recycling-materialien) ist ein wichtiger Bestandteil in der Baukultur der Gemeinschaft Tempelhof.
(b) Das Thema „Autarkie“ (Selbstversor-gung mit Energie, Wasser, Lebensmittel u.a.) ist ein wichtiges Thema für Tempelhof.
(c) Die eigene Formensprache des Earth-ships empfinde ich als schön.
35%
18%18%
47% 44%
30%
15%
21%
38%
3%
12%12%
5%2%
Die Umfrage36
5. Selbstbau-Aktion: Hast du selbst am Earthship mitgebaut?
Ich habe für alle gekocht.
68% Nein 32% Ja
Die Umfrage 37
5. Selbstbau-Aktion: Wie schätzt Du das Selber-Bauen mit ehrenamtlichen Helfern (Volunteers) ein?
(a) Das Selber-Bauen mit ehrenamtlichen Helfern spart Geld.
(c) Hat sich der Aufwand des Selber-Bauens mit Volunteers gelohnt?
(b) Das Selber-Bauen mit ehrenamtlichen Helfern ist nervenaufzehrend und eine Zer-reißprobe für die Gemeinschaft.
6% 6% 6%
31%41%
44%
18%26% 21%
21%
21%
6%
15%
3%9% 3%
23%
Die Umfrage38
trifft voll und ganz zu trifft zu weder noch trifft nicht zu trifft überhaupt nicht zu keine Angabe
5. Selbstbau-Aktion: Wie schätzt Du das Selber-Bauen mit ehrenamtlichen Helfern (Volunteers) ein?
(d) Das Selber-Bauen mit ehrenamtlichen Helfern ist ein lohnenswertes Konzept für weitere Gebäude in Tempelhof.
(e) Das Prinzip des Selber-Bauens mit ehrenamtlichen Helfern ist ein Wert an sich und sollte als Baukultur weiter gepflegt werden.
Die ehrenamtlichen Helfer bringen
Begeisterung und Schwung mit - dafür
lohnt es sich allemal.
3%
29%29%
35%32%
15%12%
9%9%
6%18% 6%
Die Umfrage 39
5
8 8
2
11
31-40 41-50 51-60 61-70 Über 70
6. Persönliche Angaben
(a) Alter (b) Geschlecht
53% männlich
47% weiblich
Die Umfrage40
31
21
Hauptschul-abschluss
Mittlere Reife
Abitur
24
2
7
1
Ausbildung Studium Andere keineAngabe
(c) Schulabschluss (d) Berufsbildung
6. Persönliche Angaben
Die Umfrage 41
Auswertung der Umfrage
An der schriftlichen Umfrage haben sich 35 % der erwachsenen Tempelhoferin-nen und Tempelhofer beteiligt. Der Alters-schwerpunkt liegt zwischen 41 und 70 Jahren, Männer und Frauen sind nahezu gleich verteilt. Der überwiegende Anteil der Befragten hat Abitur und einen Hoch-schulabschluss.
Aus den Aussagen lassen sich Trends ab-leiten. Sie können aufgrund der Beteiligung nicht als repräsentativ gewertet werden. Die offene Frage, warum die Befragten in Schloss Tempelhof leben, beantwor-ten sie mit dem Wunsch nach Gemein-schaft. Fragt man nach der Motivation für das Wohnen auf dem Tempelfeld mit dem Earthship, so liegt sie in der kleinen Grup-pe, der Suche nach einer neuen Lebens-form und dem stärkeren Bezug zur Natur.
Die nächste Frage untersucht den Wert des Earthship als Experimentierfeld. Das Tempelfeld als ganzes und das Earthship werden getrennt abgefragt. Das Tempel-feld hat bei den Befragten einen hohen Stellenwert als Wohnexperiment und als Modell für eine enge Gemeinschaft, das Earthship schneidet weniger gut ab. Es wird der Wunsch nach einer Gemeinschaft in der großen Gemeinschaft deutlich, die baulich und sozial ablesbar ist. Dabei spielt das Earthship als Gebäude offensichtlich eine untergeordnete Rolle.
Die nächste Frage zielt auf das Verhältnis zwischen dem Tempelfeld und der Ge-meinschaft Schloss Tempelhof. Gut 60 % der Befragten verneinen, dass das Tem-pelfeld die Gemeinschaft wenig verändert. Im Umkehrschluss hat es also eine große Bedeutung als Experimentierfeld für die Gemeinschaft Schloss Tempelhof.
Ob die Philosophie des Earthship, ein „Haus aus Müll“, das sich autark versorgt, zu den Werten der Gemeinschaft Tempel-hof passt, bejahen 62 % der Befragten. Und auch die mediale Aufmerksamkeit durch das Earthship wird überwiegend positiv gesehen.
Die Umfrage42
Der nächste Fragenkomplex beschäftigt sich mit den architektonischen Beson-derheiten des Earthship. Ist das Bauen mit Recyclingmaterial ein wichtiger Be-standteil der Baukultur in Tempelhof? Die Frage wird überwiegend verneint, was al-lerdings auch daran liegen könnte, dass der verwendete Begriff „Upcycling“ miss-verständlich ist. Autarkie in verschiedenen Lebensbereichen hingegen wird mit 82 % bejaht, und auch die Formensprache des Earthship wird von 62 % der Befragten als schön empfundenAbschließend werden Fragen zur Selbst-bauaktion gestellt. Von den Befragten ha-ben ein Drittel selbst am Earthship mitge-baut. Der Aussage, dass das Bauen mit ehrenamtlichen Helfern Geld spart, stim-men nur 32 % der Befragten zu. Größer
fällt die Zustimmung dafür aus, dass es eine Zerreißprobe für die Gemeinschaft und nervenaufreibend war – fast die Hälfte der Befragten teilen diese Einschätzung. Im Gegenzug wird der Aufwand von der Hälfte der Befragten als lohnenswert ein-geschätzt. Allerdings gibt es mit 23 % ei-nen hohen Anteil, der diesen Punkt nicht einschätzen kann. Das Selber-Bauen mit ehrenamtlichen Hel-fern schätzen nur 32 % der Befragten als lohnendes Konzept für die Gemeinschaft Schloss Tempelhof ein. Unabhängig von Tempelhof messen sie aber dem Prinzip des Selbst-Bauens mit ehrenamtlichen Helfern einen Wert an sich zu, der als ein Stück Baukultur weiter gepflegt werden sollte.
Der Expertenworkshop: 5 Thesen08
Der Expertenworkshop: 5 Thesen44
Der Experten-Workshop am 21. Oktober 2016 in Schloss Tempelhof beschäftigte sich zentral mit der Frage, welche Rolle das Experiment Earthship für die Entwick-lung des ländlichen Raumes in Deutsch-land spielen kann. Teilgenommen haben „Earthship-Macher“ und Fachleute aus verschiedenen Bereichen:
Roman Huber, grund-stiftung am Schloss Tempelhof, Projektleiter Earthship
Jonas Doerfler, Architekt / Stadt-planer, Siedlungsplanung Tempel-hof
Max Thulé, Bauleiter Earthship ab Rohbau, Bewohner & Mobiles Wohnen
Ralf Müller, Architekt, Bauantrag und bauphysikalische Begleitung Earthship
Prof. Dipl.-Ing. Kerstin Gothe, Fachgebiet Regionalplanung und Bauen im Ländlichen Raum, KIT Karlsruher Institut für Technologie
Prof. Swen Geiss, Lehrgebiet Ar-chitektur und Ressourcen, Alanus Hochschule
Hubert Wiedemann, Leiter Bau- und Umweltamt, Landratsamt Schwäbisch Hall
Andreas Rebmann, Projektleiter Software AG Stiftung
Moderation:Prof. Brigitte Scholz, Lehrgebiet Gemeinschaftsorientierte Projekt-entwicklung, Alanus Hochschule
Abb. 19: Expertenworkshop in Schloss Tempelhof
Der Expertenworkshop: 5 Thesen 45
Grundlage der Diskussion waren die Er-gebnisse der Erkundung mit Expertenin-terviews und schriftlicher Umfrage sowie fünf Thesen, was das Modell Earthship in Deutschland leisten kann. Im Ergebnis des Workshops konnten die Thesen weiterent-wickelt werden und bilden das Fazit dieser Arbeit.
01 Neue Pioniere: Instrumente intelli-gent nutzen
Die ländlichen Räume bieten Pionie-ren Möglichkeitsräume, die in vertrau-ensvoller Zusammenarbeit mit der Ge-meinde ausgeschöpft werden können. Die Pioniere bringen neues Wissen in den ländlichen Raum. Seine Attrakti-vität steigt, wenn den regulativen In-strumenten anregende, inspirierende Werkzeuge beiseite gestellt werden.
Seit einigen Jahren wird in Deutschland über den Begriff der gleichwertigen Le-bensverhältnisse diskutiert. Während es
auf der einen Seite um Daseinsvorsorge und Zugang zur Infrastruktur geht, wer-den auf der anderen Seite die Chancen des ländlichen Raumes als neuem Mög-lichkeitsraum gesehen: Niedrige Grund-stücks- und Immobilienpreise bieten Platz für Experimente im sozialen und baulichen Sinn. Und eine Deregulierung in bestimm-ten Bereichen oder besondere Anreize, so die Diskussion, könnte gerade in periphe-ren Räumen eine neue Entwicklung stimu-lieren. Im Workshop wird diskutiert, wie die Ge-meinschaft Schloss Tempelhof und das Earthship mit bestehenden Regeln umge-hen und welchen Wert sie dem Gedanken einer Deregulierung zuweisen. Schnell wird deutlich, dass es Gemeinschaft und Ge-meinde nicht um Deregulierung, sondern um das intelligente Nutzen der bestehen-den Instrumente geht. Die Gemeinschaft hat einen Bebauungsplan auf den Weg ge-bracht, der großzügig neue Erweiterungs-flächen vorsieht, damit das Dorf wachsen kann. Das Tempelfeld mit Earthship war
auf dieser Grundlage im Dorfgebiet ge-nehmigungsfähig. Im Norden des eigent-lichen Dorfes liegt das Sondergebiet „Na-turerfahrung“, das weitere Möglichkeiten für experimentelle Bauten wie Erdhäuser bietet. Diese vorausschauende Planung ist sicherlich dem Fachwissen der Tempelho-fer zu verdanken, und der vertrauensvollen Zusammenarbeit mit der Gemeinde. Die Experten diskutieren die großzügigen neuen Bauflächen kontrovers: Einerseits werden dadurch die Entwicklungsmög-lichkeiten für Tempelhof gesichert, ande-rerseits wird Außenentwicklung gefördert. Die Neuausweisung von Flächen im ländli-chen Raum kann eine Gefahr für die Dorf-zentren sein, die zunehmend ihre Funktion als Mitte verlieren und veröden. In Tem-pelhof hingegen stärkt die Gemeinschaft, deren Zuzug in der Einwohnerentwicklung der Gemeinde deutlich auffällt, auch die Infrastruktur der umliegenden Orte und will die eigene Infrastruktur durch das Wach-sen bis auf 300 Menschen ausbauen und auslasten.
Der Expertenworkshop: 5 Thesen46
Das Earthship als eigentlich autark ge-dachtes Gebäude ist in Tempelhof an die Wasserver- und -entsorgung angeschlos-sen. Aus Sicht der Gemeinde wichtig, um Umweltstandards einzuhalten; aus Sicht der Gemeinschaft eine gute Basis, bis ein wirklich autarkes Gebäude konzipiert wer-den kann. Auch hier werden Rahmenbe-dingungen nicht infrage gestellt, sondern produktiv genutzt. Wie zum Beispiel auch bei der Einrichtung einer freien Schule, der weitere Experimente für den Bereich Kin-derbetreuung und Pflege folgen sollen. Eine Idee wird von allen Experten begrüßt: den regulativen Instrumenten verstärkt anregende, inspirierende Instrumente zur Seite zu stellen. Das können unterstüt-zende Strukturen wie die Agenturen einer Regionale oder Internationalen Bauaus-stellung sein. Oder Partnerschaften zwi-schen Hochschulen und ländlichen Räu-men oder… hier gilt es, weitere Ideen zu entwickeln.
02 Rahmen setzen: Lernende Organi-sationen
Eine stabile Organisation ist ein wich-tiger Rahmen für Lernprozesse und als Basis für eine vertrauensvolle Zusam-menarbeit mit Partnern. Dieser Rahmen schafft eine Verbindlichkeit nach innen zwischen den Mitgliedern der Gemein-schaft und nach außen. Er engt also nicht ein, sondern ermöglicht Experi-mente.
Die Gemeinschaft Schloss Tempelhof ist ein Wohn- und Lebensexperiment, in dem viele engagiert Denkende und Machende neue Wege erproben. Das Earthship auf dem Tempelhof ist nur eines davon. Die Gemeinschaft als ganzes gibt dem länd-lichen Raum neue Impulse – in der Lern- und Bildungsarbeit, in der Landwirtschaft und in der gesellschaftlichen und wirt-schaftlichen Entwicklung. Diese „Labore“ sind wertvoll für die Gesellschaft. Die Tempelhofer als Pioniere haben sich
für ihre Experimente zwei verbindliche Rahmenwerke geschaffen: den oben beschriebenen Bebauungsplan und die rechtliche Struktur der Gemeinschaft mit Stiftung, Genossenschaft und Verein. Die kontinuierliche Arbeit der Gemeinschaft in der Gemeinde Kreßberg hat die Vertrau-ensbasis für das Experiment Earthship gelegt: Die Gemeinde wusste, dass die Gemeinschaft ein verlässlicher Partner ist und auch ungewöhnliche Projekte stem-men kann. Nur mit diesem Wissen konnte der Raum für Experimente geöffnet werden. Alle Ex-perten waren sich einig, dass ohne einen verlässlichen Rahmen Experimente aus dem Ruder laufen können, die Gefahr für unkontrollierbaren Wildwuchs entsteht. Durch verbindliche Satzungen – sei es für das Zusammenleben der Gemeinschaft oder die bauliche Entwicklung - gibt es einen Kontrollmechanismus, der auch für notwendig erachtet wird. Die Experten betonen den Wert einer ler-nenden Organisation, die Wissen aufbauen,
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weiter entwickeln und weitergeben kann. Die Gemeinschaft Tempelhof ist Teil des Global Ecovillage Network Europe (GEN), eines Netzwerkes zwischen intentionalen Gemeinschaften und Ökodörfern für eine nachhaltige Entwicklung. Der gesamte Bau des Earthship mit Bauantrag ist auf der Internetseite dokumentiert und steht als open source anderen Projekten zur Verfügung. Auch im laufenden Seminar-betrieb in Schloss Tempelhof wird Wissen regelmäßig weitergegeben. Und aus der Erfahrung mit dem Earthship in Tempelhof wird derzeit ein neues Projekt in Mecklen-burg-Vorpommern aufgebaut.
03 Experimente wagen: Spielräume nutzen
Für Experimente ist es notwendig, ge-setzliche Standards zu hinterfragen und fortzuschreiben. Die vorhandenen Spielräume sollten im Zusammenspiel der Beteiligten aktiv genutzt werden. Zusätzlich ist ein Experimentierzu-schuss als Startkapital aus privaten oder öffentlichen Mitteln erforderlich. Die Frage, welche Spielräume das deut-sche Baurecht hat, führt schnell zu einem Zwischenergebnis: wenig. Für das Earth-ship musste ein Sondergenehmigung für Baustoffe wie Autoreifen erfolgen, die laut Landesbauordnung nicht als Bauprodukt anerkannt sind. Angesprochen wird die Ex-perimentierklausel im Land Baden-Württem-berg, die den Kommunen eine Ausnahme von landesrechtlichen Standards ermögliche. Die Experten regen an, Baustandards zu überdenken und Spielräume zu schaffen. Für ein Earthship in Deutschland ist die
Weiterentwicklung des bautechnischen Konzeptes erforderlich. Neue Baustoffe sollten geprüft und dabei auch Anpas-sungsmöglichkeiten an regionale Beson-derheiten berücksichtigt werden. Das „global model Earthship“ geht davon aus, dass mit überall verbreiteten Materialien gebaut wird, unter anderem Abfall wie Aludosen oder Autoreifen. In Deutsch-land sind diese Stoffe überwiegend in ei-nen Recycling-Kreislauf eingebunden und auch deshalb als Baustoff weniger gut ge-eignet. Die Marke Earthship hat durch ihren Be-kanntheitsgrad selbst neue Spielräume eröffnet: Von den Gesamtkosten in Höhe von rund 382.500 Euro wurden ungefähr 198.000 Euro als Spenden eingeworben, davon die Hälfte aus der Gemeinschaft Tempelhof selbst. Das zeigt, dass eine prominente Idee neue Kräfte aktivieren kann, die ein Prototyp braucht.
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04 Earthship 2.0: Energie- und Gemein-schaftszentrale
Das Earthship Tempelhof ist eine Wei-terentwicklung des „global model“ hin zu einem Siedlungsmodell. Dies ist ein erfolgversprechender Ansatz für klei-ne Siedlungen im ländlichen Raum, die autark leben möchten. Es verdient ein besonderes Prädikat.
Das Earthship auf Tempelhof ist das Zentrum einer eigenen Gemeinschaft. Es dreht damit das Prinzip der ursprünglichen Idee des „Erd-schiffes“ um: Es ist nicht mehr Zufluchtsort für eine Familie, sondern Versorgungsschiff für viele Familienmitglieder, die in eigenen mobilen Einheiten wohnen. Ihnen dient es als Energiezentrale und Ort der Gemein-schaft. Die Kombination einer zentralen Versor-gungsstation mit mobilen Wohneinheiten ist für die Gemeinschaft ein Experiment, wie viel Nähe und Distanz ihre Mitglieder wünschen und auf Dauer brauchen. Dar-
aus soll – ganz im Sinne der lernenden Or-ganisation – ein nächstes Earthship kon-zipiert werden, vielleicht zweigeschossig und wirklich autark. Die Experten regen an, die Weiterentwick-lung mit Formen des ländlichen Bauens in Bezug auf Material und Prozess zu kop-peln. Das heißt zum einen, lokal- bzw. re-gionaltypische Materialien und Bauweisen einzusetzen und zum anderen mit lokalen Handwerkern zusammen zu arbeiten. Das bedeutet, das „global model“ zu verlassen und einen eigenen Weg zu suchen, viel-leicht unter dem neuen Namen „Social Tempelship“. Dieser Weg wird durchaus kritisch disku-tiert: Die Strahlkraft der „Marke Earthship“ kann verloren gehen, auch wenn es für solche Weiterentwicklungen die von Rey-nolds entwickelte Marke „ Earthship inspi-red“ gibt.
05 Bauen als soziale Skulptur: Gemein-schaft schafft Werte
Das Bauen mit ehrenamtlichen Helfern erzeugt Energie für die Mitbauenden und im Falle des Earthship ein große mediale Aufmerksamkeit, die wieder-um viele Spenden aktiviert hat. Nur das Bauen als Event kann solche Kraft ent-falten. Es sollte als Prinzip gerade im ländlichen Raum weiter genutzt wer-den, um Menschen durch Menschen zu unterstützen.
Das gemeinsame Bauen mit ehrenamtli-chen Helfern wird in der Umfrage von der Gemeinschaft als Wert an sich begrüßt und zugestimmt, dass es als Baukultur weiter gepflegt werden sollte. Es greift die alte Tradition der Nachbarschaftshilfe auf dem Dorf auf, erweitert aber den Kreis der Nachbarn auf Initiativen, die ähnliche Wer-te vertreten. So haben die „Volunteers“ am Bau des Earthship im Rahmen ihrer Ausbildung bei „Earthship Biotecture“ mit-
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gewirkt. Es bildet sich ein neues Kapital durch die Einbindung der Menschen, das „social capital“. Und das Bauen mit ehren-amtlichen Helfern hat eine weitere positive Wirkung: Die Gemeinschaft wächst bereits beim Bauen zusammen, indem sie die eh-renamtlichen Helfer unterstützt. In der Diskussion merken die Experten an, dass eine Differenzierung erforderlich ist: Was ist in Selbstbau möglich? Wozu brau-che ich Handwerker? Außerdem sollte auf ein angemessenes Verhältnis zwischen Profis und Helfern geachtet werden, um effektiv arbeiten zu können, was beim Earthship teilweise nicht der Fall gewesen sei. Als gelungenes Beispiel nennen die Experten den freiwilligen Arbeitseinsatz der Garten- und Landschaftsbauer für die Anlage des Gartens in Schloss Tempelhof. In Baden-Württemberg gibt es bereits seit zehn Jahren die Einrichtung des „Bau-teams“: Architekt, Fachplaner und Hand-werker setzen sich gemeinsam an einen Tisch und besprechen das Projekt von der Planung bis zur Ausführung. Dieses
Vorgehen gibt Kosten- und Planungssi-cherheit und hilft, Abläufe zu optimieren. Auf der anderen Seite widerspricht es den Vorschriften für die Vergabe öffentlicher Aufträge, weil diese erst zu einem relativ späten Zeitpunkt im Projekt ausgeschrie-ben werden. Die Experten sehen große Chancen im Modell „Bauteam“ und regen an, diese Verzahnung stärker zu nutzen.
Abb. 20: Earthshipbegehung
Literatur + Impressum50
Alanus Hochschule für Kunst und GesellschaftFachbereich ArchitekturIPA Institut für ProzessarchitekturLehrgebiet Gemeinschaftsorientierte ProjektentwicklungProf. Brigitte Scholz, cand. arch. Lisa KüpperVillestr. 3, 53347 Alfter
Tel. +49 (0)2222 9321-1404brigitte.scholz@alanus.eduwww.alanus.edu
Layout: Lisa Küpper
Stand: Dezember 2016
Marboe, Isabella (2015): Ein Earthship will in Deutschland landen. In: architektur.aktuell, 08/2015
Petschel, Shanti Eberhard (2015): Earthship-Biotecture. Lebensfördernde Archi-tektur der Zukunft. In: raum&zeit, 2015, Ausga-be 193
WeltN24 GmbH (2016): Schaap, Fritz (2015): Michael Reynolds. Der Mann, der Häuser aus Abfall baut. Online: https://www.welt.de/repor-tage/article139474648/Der-Mann-der-Haeuser-aus-Abfall-baut.html, letzter Zugriff 24.08.2016
Fotos: Patrick Tombola, Lisa KüpperGrafiken: Lisa Küpper
Literatur Impressum
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