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5/17/2018 Hafner 2009 Schnidejoch as 32 2009 - slidepdf.com
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19 d o s s i e r
R i a s s u t o
Grazie alla collaborazione del Musée valaisan de
la vigne et du vin è stato possibile raggiungere
importanti risultati nella ricerca pluridisciplinare sulle
origini della viticoltura in territorio vallesano. Si è
così atta strada una nuova visione del Vallese. Gli
elementi che attestano la presenza di viticoltura in
epoca preistorica richiedono naturalmente ancora
delle verifche. E’ tuttavia ondata l’ipotesi attuale
che indica i valichi dell’alto Vallese, più che la stessa
regione lemanica o la valle del Rodano, quale più
antica linea di penetrazione della viticoltura in Val- lese. L’epoca romana, con l’istallazione d’efcaci
circuiti commerciali, ha senz’altro relegato la produ-
zione locale a qualche vigneto. A partire dal II sec.
d.C. si è tuttavia sviluppata una vera viticoltura «alla
romana», verosimilmente nelle stesse aree in cui più
tardi foriranno i vigneti medievali. |
Le Musée valaisan de la vigne et du vin (MVVV)
au cœur même du vignoble dans deux espaces m
riches en histoire reliés par un sentier didactique
au fl des saisons les travaux de la vigne. Outre ses
de conservation, le MVVV développe de nombreux p
recherches scientifques et de médiation culturelle
écoles.
Salgesch: exposition permanente «La vigne et l
de l’Homme»; exposition temporaire «Et le tonne
jusqu’au 30 novembre 2009.
Sierre: ouverture du nouveau musée le 12 se
2009. Exposition temporaire «Histoire de la vig
vin en Valais», jusqu’au 30 novembre 2010.Ouverture: avril à novembre ma-di 14-17h.
Tél. 027 456 35 25 et 027 456 45 25.
www.museevalaisanduvin.ch
www.histoireduvin.ch
Das Walliser Reb- und Weinmuseum (MVVV)
sich im Zentrum des Weinanbaugebiets. Zwei ges
trächtige Museen sind durch einen Entdeckungs
im Rebberg miteinander verbunden, der die Rebar
den vier Jahreszeiten erläutert. Neben der Konse
ördert das MVVV die wissenschatliche Forschung
Kulturvermittlung ür Schulen.
Salgesch: Dauerausstellung über den Rebbau. TeAusstellung «Von Fässern und Fässchen». Bis 30.
ber 2009.
Siders: Erönung des neuen Museums am 12. Se
2009. Temporäre Ausstellung «Geschichte des Wei
und des Weins im Wallis». Bis 30. November 2010
Önungszeiten: April bis November, Di-So 14-17h
Tel. 027 456 35 25 und 027 456 45 25
www.museevalaisanduvin.ch
www.histoireduvin.ch
B i b l i o g r a p h i e
Ph. Curdy, Les Celtes et le vin. Tasses en bois du Ve siècle avant
J.-C., in: A.-D. Zuerey (dir.), Quand le bois sert à boire, Salgesch,
2005, p. 9-12.
Histoire du Valais, 4 tomes, Société d’Histoire du Valais romand,
Sion, 2002.
Histoire de la vigne et du vin en Valais, des origines à nos jours,
Gollion/Salgesch, 2009.
G. Kaenel, Boire et manger à la fn de La Tène en Suisse occiden-
tale, Archéologie suisse 8.1985.3, p. 150-159.
O. Paccolat, Etablissements ruraux du Valais romain: état de la
question, Bulletin d’études préhistoriques et archéologiques alpi-
nes XV, 2004, p. 283-292.
R. Pohanka, Eiserne Agrargeräte der römischen Kaiserzeit
in Österreich, Studien zur römischen Agrartechnologie in Rätien,
Noricum und Pannonien, British Archaeological Research, Oxord,
1986.
M. Welten, Vegetationsgeschichtliche Untersuchungen in den west-
lichen Schweizer Alpen: Bern-Wallis, Denkschriten der Schweizeris-
chen Naturorschenden Gesellschat 95, Basel, 1982.
Crédit des illustrations
Bureau TERA, J. Dresselaers (fg. 1);
A. Henzen (fg. 2)
Collection MVVV (fg. 3)
MVVV: J. Margelisch et J.-C. Warmbrodt
(encadré p. 4), R. Hoer (fg. 9-11, 13-16,
encadrés p. 10, 13 et 19)
Médiathèque Valais, Martigny (fg. 4)
Olivier Mermod (fg. 6)
ORA VS, B. de Peyer (fg. 7)
MCAH, Lausanne, D. et S. Fibbi-Aeppli
(fg. 8)
Bureau ARIA, Lucia Wick (fg. 5)
MCA, Heinz Preisig (fg. 12)
Remerciements
Wir danken Alessandra Antonini ür die
deutsche Übersetzung.
Publié avec le soutien des Musées can-
tonaux du Valais
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as. 32 . 2009 . 3 20 L e n k - S c h n i d e j o c h
b e r n e r a l p e n
Lenk-Schnidejoc – ArchäologiezwischenGletschern undGipfeln_ Albert Hafner
Im Herbst 2003 fanden Bergwan
derer am Schnidejoch, einem
2756 m hohen Pass in den Berne
Alpen, mehrere archäologische
Objekte in der Umgebung eines
kleinen Eisfeldes. Über 300 Fund
öffnen seither den Blick auf 6000
Jahre Geschichte des ältesten
Verkehrswegs der Alpen.
Als Ursula und Ruedi Leuenberger aus Thun am
17. September 2003 von der Wildhornhütte des
Schweizerischen Alpenclubs (SAC) zum Schnide-
joch aubrachen, ahnten sie wohl kaum, dass sie
eine der interessantesten archäologischen Fundstel-
len der Schweiz entdecken würden. Nach etwa ein-
einhalb Stunden Austieg hatten sie ein Zwischenziel
ihrer Bergtour erreicht. Das Schnidejoch war damals
noch ein unmarkierter Bergpad an der brüchigen
Westanke des Schnidehorns. Wenig unterhalb des
Jochs, wo sich normalerweise ein überwältigender
Blick au die Walliser 4000er önet, erweckte
Gegenstand aus Birkenrinde ihre Aumerksam
Das Material erschien seltsam und die besond
Form bewog sie, das Objekt mitzunehmen.
Nur zwei Tage später überquerte eine deuts
Wandergruppe aus Wiesbaden das Schnidejo
Bereundete Ärzte hatten die Nacht in der Wildh
hütte verbracht. Beim Eiseld nördlich des Jo
anden Hartmut Korthals und Bernhard Wolters
nen Peilbogen aus Holz und mehrere Fragme
von bearbeiteten Hölzern.
Abb. 1
Das Schnidejoch (2756 m ü.M.) inder vorderen Bildmitte, überragt vom
Wildhorn (3246 m ü.M.), dem höchsten
Gipel der westlichen Berner Alpen.
Le Schnidejoch (2756 m) au centre de
l’image, surplombé par le Wildhorn
(3246 m), le plus haut sommet des
Alpes bernoises occidentales.
Lo Schnidejoch (2756 m slm) in
primo piano al centro dell’immagine,
sovrastato dal Wildhorn (3246 m slm),
la cima più alta delle Alpi bernesi
occidentali.
1
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21 b e r n e r a l p e n
Möglich, aber wenig wahrscheinlich ist, dass
schon rüher Objekte aus dem Eis zum Vorscheinkamen. Das Schlüsselereignis war vermutlich der
extrem warme Sommer von 2003. Er ist noch
gut in Erinnerung, denn er brachte die Gletscher
in den Alpen zum schmelzen wie noch nie. Das
kleine Eiseld am nördlichen Schattenhang des
Schnidejochs war besonders betroen und verlor
in diesem Sommer vermutlich mehr als die Häl-
te seiner Masse. In der achen, leicht geneigten
Mulde machte sich dies augenällig an einem
markanten Flächenrückgang bemerkbar. In den
Jahren 2004 und 2005 setzte sich dieser Prozessort, so dass mit dem kompletten Abschmelzen
des Eiseldes gerechnet werden musste. Prak-
tisch alle ragilen Objekte aus organischem Mate-
rial wurden in diesen beiden Jahren entlang des
zurückweichenden Eisrands geunden. Die Som-
mer 2006-2008 waren jedoch entgegen allen Er-
wartungen nicht mehr warm genug und das bis
dahin verbliebene Eis ist seither stabil. Vor dem
Hintergrund einer ständig ortschreitenden globa-
len Klimaerwärmung dürte dieses lokale Phäno-
men allerdings nicht von grosser Dauer sein. Esist also auch in Zukunt noch mit weiteren Funden
vom Schnidejoch zu rechnen.
Heute liegen über 300 Funde von beiden Seiten
der Passhöhe vor, die auch die Kantonsgrenze
zwischen den Kantonen Wallis und Bern bildet.
Die Erhaltungsbedingungen ür Objekte aus orga-
nischem Material (Holz, Rinde, Leder, P
sern), die nur im Eis eine dauerhate ChErhaltung haben, sind au der nördliche
tenseite (Kanton Bern) deutlich besser al
intensiv besonnten Südseite (Kanton W
überwiegende Zahl der Funde stammt
von der Nordseite des Passes.
Archäologische Funde aus dem Eis
Im gesamten Alpengebiet sind nur drei Fun
mit prähistorischem Fundmaterial aus demkannt. Die mit Abstand bekannteste Fund
sicher der Mann aus dem Eis vom Tise
3283 m ü.M.) in den Südtiroler Alpen («
sorgt auch ast 20 Jahre nach seiner spek
Entdeckung noch ür Schlagzeilen und ver
ein eigenes Museum in Bozen (I). Die be
deren Fundorte liegen in den Berner Al
ben dem schon genannten Schnidejoch
der 2690 m ü.M. hohe Lötschenpass zu
Das breite und ache Plateau au der Pas
heute nicht mehr von Eis bedeckt. Diesder ersten Hälte des 20. Jahrhunderts n
ders gewesen sein, denn der Berner Ma
Nyeler entdeckte dort zwischen 1934 u
mehrere Peilbogen. Da sie von seinen H
dem Pickel aus dem Eis geholt wurden, h
ür sehr alt. Die Bogen wurden erst 1989 u
Abb. 2
Ursula Leuenberger aus Thun andim September 2003 das Oberteil des
Bogenutterals und löste damit die
archäologischen Untersuchungen am
Schnidejoch aus.
En septembre 2003, Ursula Leuen-
berger de Thun trouva la partie supé-
rieure du ourreau de l’arc, donnant
lieu ainsi aux investigations archéolo-
giques au col du Schnidejoch.
Ursula Leuenberger di Thun rinvenne
nel settembre del 2003 la parte supe-
riore della custodia dell’arco, dando
così avvio alle esplorazioni archeolo-
giche sul valico dello Schnidejoch.
Abb. 3
Ebenalls im September 2003 und
nur zwei Tage später überquerte eine
deutsche Wandergruppe das Schni-
dejoch. Etwas unterhalb des Jochs
anden Hartmut Korthals und Bernhard
Wolters den neolithischen Bogen
und Peilragmente. Die Meldung der
Schnidejochunde in der ARD-
Tagesschau vom November 2005
veranlasste die Finder Kontakt mit dem
Archäologischen Dienst des Kantons
Bern (ADB) auzunehmen, dem die
Funde darauhin übergeben wurden.
En septembre 2003 toujours, trois
jours plus tard, un groupe de
promeneurs allemands traversait
le Schnidejoch. Juste sous le col,
Hartmut Korthals et Bernhard Wolters
trouvèrent l’arc néolithique et les
ragments de èche. L’annonce des
trouvailles du Schnidejoch au journal
télévisé de la ARD en novembre 2005
incita les découvreurs à prendre
contact avec le Service archéologi-
que du canton de Berne et à restituer
les trouvailles.
Sempre nel settembre del 2003, solo
due giorni più tardi, una comitiva di
escursionisti tedeschi attraversava
lo Schnidejoch. Poco sotto la boc-
chetta, Hartmut Korthals e Bernhard
Wolters trovarono l’arco neolitico
e rammenti di reccia. La notizia
dei rinvenimenti dello Schnidejoch,
trasmessa dall’emittente ARD nel no-
vembre del 2005, motivò gli scopritori
a prendere contatto con il Servizio
archeologico del Canton Berna e a
consegnare gli oggetti.2
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as. 32 . 2009 . 3 22 L e n k - S c h n i d e j o c h
nach seinem Tod in seinem Atelier in Kippel VS
wiedergeunden. Eine C14-Datierung zeigte, dass
sie aus der rühen Bronzezeit stammen und in dieZeit um 2000-1800 v.Chr. datieren. Au dem Pass
wurden auch römische Münzen und mittelalterliche
Armbrustbolzen geunden.
Neben den wenigen prähistorischen Funden aus
alpinem Eis sind in den letzten Jahren auch Funde
aus der Neuzeit bekannt geworden. Für die Schweiz
sind zwei Gletscherleichen von historischem Inte-
resse, die mehrere hundert Jahre alt sind. Es handelt
sich um die zerstreuten Reste eines Mannes au
dem Theodulgletscher (Zermatt, VS) und einer Frau
vom Porchabellagletscher (Bergün, GR). Sie stam-
men aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Im Gegen-
satz zur Gletschermumie vom Tisenjoch, die nahezu
intakt aus dem Eis geborgen werden konnte, sind
die Körperteile dieser Gletscherleichen über Hun-
derte von Metern verteilt. Mitgeührte Gegenstände
und Reste der Kleidung waren in beiden Fällen über
nahezu 20 Jahre aus dem Eis ausgeapert.
In den Südtiroler Alpen, vor allem im Adamelloge-
biet beanden sich zahlreiche Kampstellungen des
1. Weltkriegs zwischen 1915 und 1918 in hoch-
alpinem Gelände. Teilweise wurden sie in verg
scherten Regionen bis au 3500 m ü.M. errich
Nachdem sie verlassen wurden versanken sieder Zeit im Eis. Die Klimaerwärmung ührt nun da
dass Baracken, Unterstände, Geschütze, pers
liche Ausrüstungen sowie Tagebücher und B
wieder vom Eis reigegeben werden. Im Aug
2004 wurden drei Soldaten der österreichis
ungarischen Armee geunden, die vermutlich
der Schlacht am Berg San Matteo am 3. S
tember 1918 erschossen worden waren. Ne
dem ethischen Problem, wie mit solchen Fun
umgegangen werden soll, stellt sich auch ein de
malpegerisches: zahlreiche Souvenirjäger wo
am lukrativen Geschät mit Militaria verdienen
plündern diese Fundstellen.
Zu den neuzeitlichen Funden aus dem Gletsc
eis der Alpen zählen auch die Wracks von F
zeugen. In den Berner Alpen stürzte im Nov
ber 1946 eine Dakota DC-3 der US Lutwae
den Gauligletscher und versank später in e
Gletscherspalte. Es ist damit zu rechnen, d
Teile der Maschine in den nächsten Jahren a
tauchen werden.
Abb. 4
Lenk/Ayent-Schnidejoch. Das Schni-
dejoch (2756 m ü.M.) liegt au der
Kammlinie zwischen dem Wildhorn(3246 m ü.M.) und dem Schnide-
horn (2937 m ü.M.). Der Übergang
verbindet das Simmental im Norden
mit dem Rhonetal im Süden. Im
Kartenausschnitt sind die beiden
beliebten Wanderziele Ifgsee und
Lac de Tzeusier sichtbar.
Lenk/Ayent-Schnidejoch. Le Schnide-
joch (2756 m) se trouve sur la ligne
de aîte entre le Wildhorn (3246 m) et
le Schnidehorn (2937 m). Le col relie
la vallée du Simmental, au nord, à la
vallée du Rhône, au sud. Sur l’extrait
de la carte se trouvent les deux lieux préérés des promeneurs: le lac
Ifgsee et le lac de Tzeusier.
Lenk/Ayent-Schnidejoch. Lo Schni-
dejoch (2756 m slm) si trova sul
crinale tra Wildhorn (3246 m slm) e
Schnidehorn (2937 slm). Il valico col-
lega il Simmental a nord con la Valle
del Rodano a sud. Il dettaglio della
carta mostra le due mete avorite
dagli escursionisti: i laghi Ifgsee e
Lac de Tzeusier.
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b e r n e r a l p e n23
Lenk-Schnidejoch – Funde aus 6000 Jahren
Die Datierung der Fundobjekte vom Schnide-
joch ist – mit Ausnahme einer bronzezeitl ichen
Nadel sowie je einer römischen Fibel und Münze
– typologisch nicht möglich. Hingegen bieten
die Funde aus organischem Material die Mög-
lichkeit ür Radiokarbondatierungen. Heute lie-
gen vom Schnidejoch insgesamt 59 C14-Daten
vor, davon sind 56 von archäologischen Arte-
akten und drei von tierischen Ausscheidungen
(Koprolithen). Letztere sind wichtige Inormati-
onsträger ür naturwissenschatliche Untersu-chungen, die beispielsweise Auschlüsse zum
Thema Transhumanz geben können. Die mei-
sten Datierungen wurden vom C14-Labor der
ETH Zürich durchgeührt, drei vom Labor der
Universität Poznan in Polen. Damit die Objekte
nicht durch grosse Probenmengen geschädigt
werden, kam in allen Fällen die AMS-Methode
zum Einsatz, die mit kleinsten Materialmengen
auskommt.
Die ältesten Schnidejochunde datieren in die
Zeit um 4800-4300 v.Chr. Es handelt sich ummehrere Fragmente von Peilen und ein Tassen-
ragment aus Ulmenholz (Abb. 9). Insgesamt
liegen ün C14-Daten ür diesen Zeitabschnitt
im 5. Jahrtausend vor (das Tassenragment
wurde zwei Mal datiert). Das Schnidejoch dürte
damit der älteste archäologisch belegte Pass
der Alpen sein, vielleicht sogar der älteste in
allen Hochgebirgen weltweit. Dabei ist nicht
ausgeschlossen, dass noch ältere Funde zum
Vorschein kommen werden. Die ältesten neo-
lithischen Beunde in Sitten, das durch das Tal
der Liène (dem Zubringer zum Schnidejoch) gut
erreichbar ist, reichen nämlich bis in die Mitte
des 6. Jahrtausends zurück.
Ein Lederstück und ein weiteres Peilragment
sind etwa 700 bis 1300 Jahre jünger und datieren
in die Zeit zwischen 3600 und 3000 v.Chr. Sie zei-
gen, dass der Pass auch in der zweiten Hälte des
4. Jahrtausends v.Chr. begangen wurde.
Seit der ersten Veröentlichung der Schnide-
jochunde Ende 2005 haben vor allem die Funde
des 4. und 5. Jahrtausends ür neue
nisse gesorgt. Ins Zentrum des Interessedie Fundstelle 2008, nachdem die neue
veröentlicht wurden. Diese sind rund 1
1500 Jahre älter als «Ötzi», der bislang
ster neolithischer Fund aus hochalpinem
angesehen wurde.
Eine ganze Serie von Objekten, bele
etwa 20 C14-Daten, stammt aus dem Z
zwischen 2800 und 2600 v.Chr. Am S
joch wurde eine nahezu komplette Boge
stung geunden. Sie besteht aus einem
der Bogensehne, einem Bogenutteravollständigen Peilschäten (Abb. 8), so
teren, die nur als Fragmente erhalten s
zwei Peilspitzen. Diese Ausstattung
gänzt durch Fragmente von Schuhen un
ledernen Beinling, einer Art Leggins. Be
Abb. 5
Bergün-Porchabellagletscher (GR).
Skelettreste und Reste der Be-
kleidung einer im 17. Jahrhundertverunglückten Frau.
Bergün-glacier de Porchabella (GR).
Fragments de squelette et restes des
vêtements d’une emme morte sur le
glacier au 17 e siècle.
Bergün-Porchabellagletscher (GR).
Parti dello scheletro e dell’abbi-
gliamento di una donna perita sul
ghiacciaio nel XVII secolo.
Abb. 6
Die prähistorischen Lederunde vomSchnidejoch zählen zu den archäo-
logischen Highlights, die sich im Eis
erhalten haben.
Les objets préhistoriques en cuire
du Schnidejoch comptent parmis les
trouvailles archéologiques les plus
spectaculaires conservées dans la
glace.
Gli oggetti preistorici di cuoio dallo
Schnidejoch sono tra i più sensazio-
nali reperti archeologici conservatisi
nel ghiaccio.
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as. 32 . 2009 . 3 24 L e n k - S c h n i d e j o c h
In gewisser Hinsicht bestehen mit diesem T
komplex die besten Analogien zu der Situaam Tisenjoch, wo ja bekanntlich ein Men
gewaltsam zu Tode gebracht wurde. Allerdi
muss am Schnidejoch nicht unbedingt ein M
oder ein Totschlag vorliegen, es könnte a
ein Bergunall dahinterstecken. Bergtod du
Errieren und Entkrätung zählen selbst he
im Zeitalter von nahezu perekten Wettervorh
sagen und Gore-Tex-Ausrüstungen zu den e
häufgen Unallursachen in den Alpen. Es sch
deshalb nicht ausgeschlossen, dass hier die
chäologischen Belege eines tragischen Unavor nahezu 5000 Jahren vorliegen. Allerdin
der letzte Beweis, nämlich die Entdeckung e
Eismumie vom Schnidejoch ehlt noch im
und solange existiert «Schnidi» nur als Phant
der Medien.
Die nächste Häuung von archäologischen F
den stammt aus der Frühen Bronzezeit. E
Gruppe von bisher 16 Objekten datiert in
Zeitspanne zwischen 2200 und 1600 v.C
und deckt damit sowohl die Phase der Älte
wie der Entwickelten Frühbronzezeit ab. Scrüher wurde vermutet, dass es zwischen
rühbronzezeitlichen Zentren der Westschw
das heisst der Region des unteren Thuners
und der Region um Sitten im Rhonetal inten
Kontakte gegeben haben muss. Diese Annah
beruhte darau, dass die Funde und Fundko
binationen aus Gräbern der beiden Regio
grosse Ähnlichkeiten auweisen und auch
Grabritus (Grabbau, Totenlage, Ausrichtu
weitgehend identisch ist. Dies ührte zur D
nition einer Rhonekultur der Frühen Bronzez
später auch zu einer Aare-Rhone-Gruppe
Rhonekultur, die sich gegen eine Saone-Ju
Gruppe mit anderem Grabritus absetzt. V
einzelte Passunde aus diesem Zeitabsch
– insbesondere die Bogenunde vom Lötsch
pass – waren schon seit den 1990er Jahren
kannt, so dass die Idee eines Austauschs ü
Saanental, Simmen- und Kandertal in Richt
Rhonetal (und umgekehrt) und über den Alp
nordhang hinweg auch eine zwar schwa
man diese Objekte zusammen, lässt sich darin
unschwer die Ausrüstung einer neolithischen
Person erkennen, die bewanet im Hochgebirge
unterwegs war. Es ist relativ unwahrscheinlich,
dass die lebensnotwendige Bekleidung und die
mindestens ebenso wichtige Bewanung ein-
ach so verloren gingen.
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b e r n e r a l p e n25
aber immerhin erkennbare archäologische Ba-
sis hatte. Die rühbronzezeitlichen Objekte vomSchnidejoch umassen neben einer typologisch
eindeutigen Bronzenadel wiederum vor allem
Objekte aus organischem Material. Von beson-
derem Interesse sind verschiedene Teile eines
Holzgeässes, von dem der Boden und Teile der
Wandung vorliegen. Weitere Funde sind wiede-
rum Lederstücke und die Reste eines weiteren
Schuhs, sowie geochtene Holzringe aus Ast-
material.
Die jüngsten Objekte stammen aus einem Zeit-
abschnitt, der augrund der relativen Ungenau-igkeit der C14-Datierungen iessend von der
Eisenzeit, in die römische Epoche und das Mit-
telalter übergeht. Mittels Daten belegt ist der
Zeitraum von etwa 200 v.Chr. bis 1000 n.Chr.
Das Fundmaterial umasst abgesehen von rö-
mischen Metallobjekten – eine Fibel (Abb. 10)
eine Münze und zahlreiche Schuhnägel – weni-
ge Lederstücke und Reste von Textilien. Jüngere
Funde sind bislang nicht bekannt. Dies dürte
nicht zuletzt mit dem Beginn der ab 1300 ein-
setzenden Kleinen Eiszeit zusammenhängen,die den Pass vermutlich ür mehr als 600 Jahre
nicht mehr begehbar machte.
Klimawandel und Archäologie
In den Alpen sind prähistorische Funde
Eis insgesamt als grosse Ausnahmen im
ologischen Fundniederschlag zu wert
einem weiteren Fortschreiten der glob
maerwärmung muss mit weiteren Fund
Typ Tisenjoch, Lötschenpass und Sch
gerechnet werden. Diese werden jedo
mutlich immer spektakuläre Sonderälle
Die zahlreichen sich zurückziehenden G
allen als Fundquellen weitgehend aus,
ihnen können sich archäologische Fundüber mehr als einige hundert Jahre e
Augrund der Fliessbewegung in Rich
werden Objekte im Eis verteilt und a
des Gletschers «ausgespuckt». Für di
tung von Arteakten über mehrere tause
re braucht es spezielle topographische
onen. Damit sich organisches Material
kann, kommen vermutlich nur nordex
eisgeüllte Mulden und Rinnen in Frage,
über 2500 m ü.M. befnden.
Im Gegensatz zum Fund vom Tisenjobislang als Einzelereignis anzusehen
tungsdelikt, vielleicht ein Mord in der S
Abb. 8
Lenk-Schnidejoch. Unmittelbar
neben dem Unterteil des Bogenut-
terals lag eine gedrehte Schnur austierischem Material, vermutlich ein
Abschnitt der Bogensehne.
Lenk-Schnidejoch. A proximité de la
partie inérieure du ourreau se trouvait
une corde en fbres animales tressées
correspondant vraisemblablement à
un segment de la corde de l’arc.
Lenk-Schnidejoch. Nei pressi della
parte ineriore della custodia di arco
giaceva una corda ottenuta da fbre
animali ritorte, probabilmente parte
della corda dell’arco stesso.
Abb. 7
Lenk, Schnidejoch. Frühbronzezeit-liches Holzgeäss, 1800-1600 v.Chr.
Oben: Boden in Fundlage. Unten: das
gleiche Objekt als «Sprengzeichnung»
mit weiteren dazugehörenden Stü-
cken. Zustand vor der Restaurierung.
Lenk-Schnidejoch. Récipient en bois
de l’âge du Bronze ancien, 1800-1600
av. J.-C. En haut: le ond in situ. En
bas: le même objet als «Sprengzeich-
nung» mit weiteren dazugehörenden
Stücken?. Etat de conservation avant
restauration.
Lenk, Schnidejoch. Recipiente ligneo
dell’età del Bronzo antico, 1800-1600a.C. In alto: il ondo in situ; in basso: lo
stesso oggetto ridotto in vari rammen-
ti als «Sprengzeichnung» mit weiteren
dazugehörenden Stücken???. Stato
prima del restauro.
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In klimagünstigen Zeiten mit weit zurückge
genen Gletschern war der Pass vermutlich
einach zu begehen wie heute. Die Schlüsstelle ür die Begehung befndet sich dabei n
im Bereich der Passhöhe. Kritisch ist vor al
eine Passage au der Berner Seite, die e
eine Wegstunde unterhalb davon liegt. H
bricht eine Felswand steil ab und bildet e
markante Stue. Überiesst der Wildhorng
scher diese Steilstue, so bildet sich augr
der Topographie eine Spalten- und Seraczo
Während relativ kühlen Perioden mit vorst
senden Gletschern muss der Weg zum Sc
dejoch aber zwangsläufg über diese Spalt
zone des Wildhorngletschers geührt haben,
Umstand der ihn geährlich und vielleicht so
völlig unpassierbar machte.
Mit Beginn der Kleinen Eiszeit ab 1300 gerät
Übergang vermutlich in vollständige Vergess
heit und wird erst durch die Klimaerwärmung
letzten Jahre wieder ür Bergwanderer begeh
In groben Zügen lässt sich damit eine Korrela
zwischen dem Fundanall in bestimmten Zeit
stern und Gletscherrückzugsphasen skizzie
Abb. 9
Lenk-Schnidejoch. Eine Tasse aus
Ulmenholz, datiert um 4500-4300
v.Chr. Zusammen mit Peilragmentenhandelt es sich um die zur Zeit ältesten
Objekte.
Lenk-Schnidejoch. Une tasse en bois
d’orme, datée de 4500-4300 av. J.-C.
Il s’agit d’un des plus anciens objets,
avec des ragments de èche.
Lenk-Schnidejoch. Una tazza di legno
d’olmo risalente al 4500-4300 a.C. Si
tratta di uno dei reperti più antichi,
assieme ai rammenti di reccia.
handelt es sich beim Schnidejoch sicher und
beim Lötschenpass mit grosser Wahrscheinlich-
keit um den archäologischen Niederschlag vonvielen Ereignissen im Laue der Zeit. Auch wenn
ür ein Zeitenster um 2800-2600 v.Chr. auäl-
lig viele Ausrüstungsgegenstände zu vermelden
sind, die au einen Unall schliessen lassen, so
handelt es sich doch bei den meisten der übrigen
Schnidejoch-Funde um Gegenstände, die bei
der Überquerung des Passes verloren gingen.
Am Lötschenpass ist eine Begehung in der Frü-
hen Bronzezeit (2200-1600 v.Chr.), während der
römischen Epoche und möglicherweise im 15.
Jahrhundert belegt. Der Lötschenpass konnte
auch noch während der Kleinen Eiszeit benutzt
werden. Er sollte sogar im 17. Jahrhundert mit
einer Strasse erschlossen werden. Die Archä-
ologie des Schnidejochs deckt mit den vorlie-
genden Radiokarbondaten die Zeitspanne von
4800 v.Chr. bis 1000 n. Chr. ab, also rund 6000
Jahre. Die Entdeckung dieser Fundstelle önete
innerhalb von wenigen Jahren den Blick au die
mehrere Jahrtausende umassende Verkehrsge-
schichte eines bis dahin unbekannten Passes.
5/17/2018 Hafner 2009 Schnidejoch as 32 2009 - slidepdf.com
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b e r n e r a l p e n27
Diese Hypothese muss sicher noch im Detail aus-
gearbeitet werden. Trotzdem zeichnet sich schon
jetzt ab, dass die Fundstelle Schnidejoch nicht
nur archäologische Bedeutung auweist, sondern
auch ür die Klimageschichte der letzten 6000
Jahre eine wichtige Rolle spielt.
R é s u m é
Au Schnidejoch (2756 m), un col des Alpes ber- noises occidentales, de nombreuses trouvailles
préhistoriques, romaines et moyenâgeuses urent
découvertes entre 2003 et 2008. La canicule
de 2003 provoqua un réchauement important
d’une petite langue glaciaire qui recouvrait les
objets. Les investigations archéologiques urent
organisées suite aux découvertes de plusieurs
promeneurs. Les objets les plus remarquables
sont en matériaux organiques comme le bois,
l’écorce de bouleau et le cuire. La réquentati-
on du col est confrmée entre 4500 av. J.-C. et
1000 apr. J.-C. par de nombreuses datations 14C.
Le Schnidejoch est ainsi la voie de communica-
tion la plus ancienne attestée archéologiquement.
Les diérentes périodes chronologiques identi-
fées mettent en évidence un lien entre l’accès
au col et les mouvements de descente du glacier.
Le passage entre les vallées du Simmental et
du Rhône par le Schnidejoch n’était vraisem-
blablement pratiquable que durant des périodes
climatiques avorables. |
R i a s s u t o
Sullo Schnidejoch (2756 m slm), un va
Alpi bernesi occidentali, urono rinven
2003 e il 2008 numerosi reperti d’epoca
rica, romana e medievale. Nell’estate pa
mente calda del 2003 avvenne lo scio
defnitivo di una piccola lingua di ghiacc
ancora celava tali oggetti. Le indagini a
giche presero avvio grazie a una serie d
lazioni da parte di escursionisti. Di pa
interesse sono soprattutto gli oggetti in
deperibili, quali il legno, la corteccia di il cuoio. Il valico del passo è attestato d
rose datazioni 14C del periodo tra il 450
il 1000 d.C. La via dello Schnidejoch è c
antico itinerario delle Alpi attestato arc
camente. Le asi attestate rivelano un n
l’accesso al passo e i momenti d’avan
ghiacciaio. Il passaggio tra Simmenta
del Rodano era verosimilmente transita
in periodi di clima avorevole. |
Abbildungsnachweise
Arch. Dienst Kt. BE (Abb. 1-14, 16-17)
Dank
Publiziert mit Unterstützung des Archäo-
logischen Dienstes des Kantons Bern.
B i b l i o g r a p h i e
P.J. Suter, A. Hafner, K. Glauser, Prähistorische und frü
liche Funde aus dem Eis der wiederentdeckte Pas
Schnidejoch. as.28.2005.4, 16-23.
Am 21. und 22. August 2008 veranstaltete das O
Centre or Climate Change Research (OCCR) und de
logische Dienst des Kantons Bern an der Universität
Symposium «Archaeology and Holocene Climate Chan
Schnidejoch and comparable sites in the Alps, Scandi
North America».
Links zum Programm des Symposiums, zu Berichten in Pr
und zu Radiosendungen sind unter http://www.oeschg
ch/events/conerences/schnidejoch/ zu fnden.
Interessantes zum Thema Klimawandel und Gletsch
der Beitrag des Geographischen Instituts zum 175-
Jubiläum der Universität Bern: www.klimaguide.ch
10
Abb. 10
Lenk, Schnidejoch. Verlust bei derPassquerung? Römische Fibel.
Lenk, Schnidejoch. Perdue lors du
passage du col? Une fbule romaine.
Lenk, Schnidejoch. Andata persa
durante il valico del passo? Fibula
romana.
5/17/2018 Hafner 2009 Schnidejoch as 32 2009 - slidepdf.com
http://slidepdf.com/reader/full/hafner-2009-schnidejoch-as-32-2009 10/10
as. 32 . 2009 . 3 28 S e m i o n e ( T I ) d a n )
Castello di Serravalle Indagine archeologica nel Ticino medieval
_Silvana Bez
In valle di Blenio la ricerca archeologica sistematica delle possenti rovine di Serravalle
portato a risultati significativi, segnando una tappa importante per la storia medievale de
regione e la conoscenza dei suoi caste
t i c i n o m e d i e v a l e
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