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Operative Anatomie: Bauchraum, Retroperitonealraum, Darm
S. Guzmána* und P. AlkenbaSantiago de Chile, ChilebUrologische Klinik, Universitätsklinikum Mannheim, Mannheim, Deutschland
1 Bauchraum
Der Bauchraum wird durch das Mesocolon transversum und das Colon transversum in Oberbauch undUnterbauch geteilt (Abb. 1).
Im Unterbauch liegt das große Netz (Omentum majus) frei und mobil €uber dem ebenfalls mobilenD€unndarm und dem Kolonrahmen (Abb. 2 und 3). Nach vorangegangenen Laparotomien könnenOmentum, D€unndarm und mobile Abschnitte des Kolons untereinander und an sämtlichen Stellen desAbdomens fixiert sein, von der vorderen Bauchwand bis zu jedem beliebigen Ort auf dem Retroperito-neum.
Das Omentum majus geht von der großen Magenkurvatur aus und wird in dem Abschnitt bis zumColon transversum als Lig. gastrocolicum bezeichnet (Abb. 4a). Es besteht aus einem vorderen undeinem hinteren Blatt, zwischen denen ein häufig nur teilweise ausgebildeter freier Raum, der Recessusinferior der Bursa omentalis liegt (Abb. 4b). Das hintere Blatt ist dem Colon transversum avaskulärangeheftet. Das Lösen dieser Verbindungen zum Colon transversum öffnet die Bursa omentalis und denZugang zummittleren Retroperitoneummit Truncus coeliacus, Pankreas, Nebenniere und oberen Nieren-pol links (Abb. 5a, b).
Urologisch wichtig wird die vaskuläre Versorgung des Omentum majus (Abb. 4a), wenn es zurAbdeckung kritischer Operationsgebiete benutzt wird (retroperitoneale Anastomosen, Morbus Ormond,Fisteln im kleinen Becken): Es wird von den Vasa gastroomentales sinistra und dextra versorgt, die mitden Rami omentales ein vaskuläres Netzwerk mit Kollateralen bilden, die aber inkonstant ausgebildetsind. Mobilisiert und gestielt wird das Omentum – losgelöst vom Colon transversum – an den kräftigerenVasa gastroomentales dextra (Abb. 6).
2 Retroperitonealraum und Darm
Der urologisch am häufigsten interessierende Retroperitonealraum (Abb. 7) ist von ventral her gesehen in3 Bereichen nicht von den Bauchorganen direkt abgedeckt und dort durch einfache Inzisionen zugäng-lich:
1. vom inneren Leistenring rechts nach kranial lateral des Colon ascendens und der rechten Niere bis €uberden rechten Nierenoberpol, das Ligamentum hepatorenale bis an und €uber die V. cava;
2. vom inneren Leistenring links nach kranial lateral des Colon descendens und der linken Niere bis in dieNähe der linken Nierenmitte bis zum Ligamentum phrenocolicum;
3. unter dem angehobenen D€unndarmkonvolut vom inneren Leistenring rechts nach kranial medial desColon ascendens €uber V. cava und Aorta bis hoch zur Plica duodenojejunalis.
*E-Mail: sguzman@clc.cl
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Über die dargestellten Bereiche ist in der Mehrzahl der urologischen Eingriffe im Retroperitonealraumein guter Zugang möglich.
Bei der retroperitonealen Lymphadenektomie (RPLA), Nebennierenprozessen oder Tumorthromben inder V. cava kann es erforderlich sein, den Zugang in den Retroperitonealraum des Oberbauchs zuerweitern. Die Wege gehen dann durch die Bursa omentalis oder €uber die Leberkuppe.
Der am weitesten kranial gelegene Retroperitonealbereich ist der Abschnitt zwischen Leber undZwerchfell, durch den die V. cava superior in den Thoraxraum zieht. Sie ist dort, wo die Leberveneneinm€unden, in die Leber eingebettet, aber selten ganz von Lebergewebe umgeben. Werden die bindege-webigen Verbindungen zwischen Leberkuppe und Zwerchfell – das Lig. triangulare dextrum, das Lig.coronarium und ggf. auch das kleinere Lig. triangulare sinistrum durchtrennt, wird die V. cava mit den€ublicherweise 3 Lebervenen frei zugängig (Abb. 8a, b).
Unter dem Peritoneum liegt eine d€unne Faszie, die den gesamten Retroperitonealraum, auch den nichtprimär zugänglichen, inklusive der großen Gefäße und Gefäßabgänge €uberzieht. In Höhe der Nieren istsie als Fascia praerenalis das vordere der beiden Blätter der Fascia renalis (Gerota-Faszie), deren zweites,hinteres Blatt die kräftigere Fascia retrorenalis ist (Abb. 9).
Dieser, den Retroperitonealraum bedeckenden Faszie, liegt ventralwärts eine zweite Faszie gegen€uber(nicht dargestellt in Abb. 9), die das Fettgewebe von lateral rechts unter dem Colon ascendens bis zurRadix mesenterii bedeckt. Der Darm kann deshalb in einem präformierten Spaltraum vom Retroperito-
4. SW 15. V. brachiocephalica (anonyma) sinistra6. Aorta ascendens7. A. pulmonalis sinistra8. Ventriculus dexter9. Atrium sinistrum10. Aorta descendens11. Aorta abdominalis12. Truncus coeliacus13. A. mesenterica superior14. V. renalis sinistra15. A. iliaca communis (sinistra)16. V. lienalis17. Pancreas (Corpus)18. Gaster: a) Fundus b) Antrum19. Duodenum20. Hepar (Lobus sinister)21. Jejunum22. Vesica urinaria23. Rectum24. Vagina25. M. erector spinae26. M. rectus abdominis
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Abb. 1 a Sagittalschnitt durch Abdomen und Becken in der Medianebene, b CT Sagittalschnitt durch den Rumpf in derMedianebene. (Aus Zilles und Tillmann 2010)
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nealraum abgehoben werden (Cattell-Manöver) (Abb. 10a). Auch Duodenum und Pankreas sind soteilweise intraperitonealisierbar (Kocher-Manöver), so wie es ansatzweise f€ur den Zugang zur V. cavabei der rechtsseitigen Nephrektomie nötig wird (Abb. 10b, c). Auch linksseitig ist eine ähnliche Mobi-lisation des Kolons möglich (Abb. 10d).
So kann das gesamte Darmkonvolut von der retroperitonealen Unterlage gelöst werden, bis es nur noch5 Fixpunkte hat:
– intestinal: kaudal das Rektosigmoid, kranial den Übergang vom Duodenum zum Pylorus;– vaskulär: median die Arteria mesenterica inferior, mediokranial den Truncus coeliacus und rechts
kranial das Ligamentum hepatoduodenale mit V. portae, A. hepatica propria und Ductus choledochus.
Ligamentum teres hepatis
Ligamentum falciforme hepatis
Fundus vesicae biliaris = felleae
Ligamentum gastrocolicum
Vasa gastroomentalia = gastroepiploica
Rami omentales
Caecum
Vasa epigastrica inferiora
Ileum
Linea arcuata
Umbilicus
Lobus sinister hepatis
Pars pylorica
Corpus
Curvatura major
Colon transversum
Gaster =Ventriculus
Omentum majus
Colon descendens
Jejunum
Plica umbilicalis lateralis = epigastrica
Plica umbilicalis medialis
Plica umbilicalis mediana
Abb. 2 Baucheingeweide. (Aus Tillmann 2005)
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Die ausgiebige rechtsseitige Mobilisation ist auch dadurch möglich, dass die Gefäßversorgung dergenannten Organe von einer Zentralregion, dem Truncus coeliacus bzw. der A. mesenterica superiorausgeht (Kap. ▶Operative Anatomie: Gefäße, Lymphsystem, Nerven).
Alles ist entwicklungsgeschichtlich einfach verständlich (Abb. 11); die Darmabschnitte vom distalenDuodenum bis zum distalen Drittel des Colon transversum entstehen aus dem Mitteldarm. Die weiterdistalen Darmabschnitte werden aus dem Enddarm gebildet mit der k€urzeren, tiefer abgehendenA. mesenterica inferior, die die identische Mobilisation auf der linken Seite begrenzt, weil sie auch Sigmaund oberes Rektum versorgt.
Im Prinzip wird nach Lösen vom Retroperitonealraum, Durchtrennung der Ligamenta hepatocolicumund phrenocolicum und Ablösen des Omentum vom Colon transversum der Zustand wie in Abb. 11
Falte des Ureter
Flexura duodenojejunalis
Recessus duodenalis inferior
Plica duodenalis inferior
Mesenterium
und Mesoappendix = Mesenteriolum
Appendix vermiformis
Falte der A. iliaca communis
Falte des Ductus deferens
Omentum majus
Colon transversum
Plica duodenalis superior
Recessus paraduodenalis
Recessus duodenalis superior
Vorwölbung der linken Niere
Plica paraduodenalis
Colon descendens
Radix mesenterii
Mesocolon sigmoideum
Colon sigmoideum
Falte der Vasa testicularia
Recessus intersigmoideus
Vesica urinaria und Plica umbilicalis mediana
Ileum
Caecum
Jejunum
Abb. 3 Baucheingeweide mit hochgeschlagenem Omentum und seitlich verlagertem D€unndarm. (Aus Tillmann 2005)
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A. gastrica sinistra
Truncus coeliacus
A. splenica = lienalis
A. hepatica communis
V. portae hepatis
A. gastrica dextra
A. gastroduodenalis
V. gastroomentalis dextra
A. gastroomentalis dextra
Colon ascendens
Colon transversum
Omentum majus
Rami gastrici
Rami omentales
Pancreas und Duodenum
Gaster
Aa. gastricae breves
A. und V. gastroomentalis sinistra
Ligamentum phrenicocolicum
Ligamentum gastrocolicum
Splen = Lien und Ligamentum gastrosplenicum = gastrolienale
Ligamentum falciforme hepatis (res.) und Ligamentum teres hepatis (res.)
A. hepatica propria
Ligamentum hepatoduodenale des Omentum minus
Pars superior des Duodenum
A. und V. gastroomentalis dextra
Flexura coli dextra
Rami omentales
Bursa omentalis
Ligamentum hepatogastricumdes Omentum minus
Gaster = Ventriculus
Ligamentum gastrocolicum
Dorsales Blatt des Omentum majus
Ventrales Blatt des Omentum majus
Colon transversum
Recessus inferior der Bursa omentalis
Mesocolon transversumRecessus inferior der Bursa omentalis
A. und V. splenica = lienalis
Pancreas
a
b
Abb. 4 a Magen, Duodenum, Omentum, Kolon und Arterien aus dem Truncus coeliacus zu Magen und Omentum.b Sagittalschnitt durch den mittleren Bereich der Bursa omentalis und die angrenzenden Organe. (Aus Tillmann 2005)
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Lebervenena
b
Duodenum
a. und v. mesenterica superior
Pankreas
Ligamentumphrenicosplenicum= phrenicolienale– Schnittrand –
Flexura duodenojejunalis
M. suspensorius duodeni undLigamentum suspensorium duodeni = Treitz’scher Muskelund Treitz’sches Band
Pars horizontalis = inferior duodeni
A. und V. splenica = lienalis
V. portae hepatis
Ligamentum hepatoduodenale res. A. gastrica sinistra in der Plica gastropancreatica
A. hepatica propria A. hepatica communis
Ductus hepaticuscommunis
A. pancreatico-duodenalis superior
A. pancreatico-duodenalis inferior
A. und V. mesen-terica superior
A. gastroduodenalis
Ligamentum hepatoduodenale
(res.)
Ductus cysticus
Abb. 5 a Peritoneum parietale (grau), Anheftungsstellen der Bauchorgane (weiß). b Dorsale Oberbauchorgane („Dr€usen-bauch“). (b aus Tillmann 2005)
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Abb. 6 Omentum majus nach Ablösung von der großen Magenkurvatur
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Recessus splenicus = lienalis der Bursa omentalis
Recessus superior der Bursa omentalis
Pars ascendens duodeni
A. und V. testicularis
Recessus intersigmoideus
Rectum
Mesenterium des Colon sigmoideum
Sulci = Recessus paracolici
Anheftungsfeld des Colon descendens
Mesocolon transversum
Ligamentum phrenicocolicum
Ren sinister
Flexura duodenojejunalis
Vv. hepaticae
V. cava inferior
Ligamentum hepatorenale
Foramen epiploicum= omentale,Winslow’sches Foramen
Pylorus
Anheftungsfeld des Caecum
Ureter
Ligamentum hepatoduodenale
Pars descendens duodeni und Caput pancreatis
Anheftungsfeld des Colon ascendens
Radix mesenterii
Lig. triangulare dextrum Lig. coronarium hepatis Lig. triangulare sinistrum
Abb. 7 Peritoneum parietale (beige-braun) und die Anheftungsareale der Abdominalorgane (hellgrau)
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V. cava inferiorArea nuda = Pars affixaV. portae hepatis
Lig. triangularesinistrum.
a
b Lig. coronariumhepatis
Ligamentum venosum= Arantius’sches Band
Lobus caudatus
Ligamentum teres hepatis
Ligamentum falciforme
Fissura ligamenti teretis
Processus papillaris
A. hepatica propriaDuctus choledochus
Tuber omentale
Lobus hepatis sinister
Incisura ligamenti teretis
Ligamentum triangularedextrum
Ligamentum venae cavae
Processus caudatus
Ductus cysticus
Lobus hepatis dexter
Margo inferior
Vesica biliaris = fellea
Lobus quadratus
Abb. 8 a Exposition der retrohepatischen V. cava nach Lebermobilisation. (Aus Bachmann et al. 2005). bR€uckseite der Lebermit den Verbindungen zum Zwerchfell und der V. cava. (Aus Tillmann 2005)
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Peritoneum visceralePeritoneum parietaleFascia transversalisFascia renalis
Pancreas und V. splenica = lienalis
V. cava inferior undAorta abdominalis
Colon descendens
Ren sinister
Duodenum
M. psoas majorM. quadratuslumborum
Fascia transversalis
Capsula adiposa
Capsula fibrosa
Corpus adiposum pararenale M. latissimus dorsi
vorderes Blatt
hinteres Blatt
Hepar
Fascia renalis
Abb. 9 Querschnitt durch das Abdomen in Höhe des linken Nierenhilus (Aus Tillmann 2005)
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1 Duodenum 2 Pankreas 3 Niere 4 Ureter5 Iliacalgefäße 6 Colon transversum 7 Omentum
a b
c d
1 Milz 2 Niere 3 Ureter 4 Aorta 5 Iliacalgefäße6 Colon descendens 7 Omentum
Duodenum
Colonascendens
Caecum
Appendixvermiformis
Ileum
Colondescendens
ColonsigmoideumRektum
Pankreas
Ureter
Abb. 10 a Aufsicht auf den Retroperitonealraum nach rechtsseitiger Darmmobilisation (Catell-Manöver). b Zugang zumrechtsseitigen und mittleren Retroperitonealraum. c Organe im rechtsseitigen und mittleren Retroperitonealraum. d Aufsichtauf den Retroperitonealraum nach linksseitiger Darmmobilisation
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Abb. 11 Entwicklung der Positionen von Magen, Omentum, D€unn- und Dickdarm von der 6. Woche bis zur späten Fetal-periode
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praktisch wiederhergestellt. Diese Möglichkeit ist operationstechnisch von Bedeutung, weil so derZugang zum gesamten Retroperitonealraum frei wird, oder wenn größere Abschnitte des Colondescendens oder Sigma reseziert werden m€ussen, aber auch wenn einzelne Dickdarmabschnitte wiez. B. Zökum oder Transversum fernab von ihren urspr€unglichen anatomischen Standorten zur Harnab-leitung eingesetzt werden sollen.
3 Zusammenfassung
– Zugang zum Retroperitonealraum in 3 Bereichen, die nicht von den Bauchorganen direkt abgedecktsind: vom inneren Leistenring rechts nach kranial lateral von Colon ascendens und rechter Niere bis€uber rechten Nierenoberpol, Ligamentum hepatorenale bis an und €uber V. cava; vom inneren Leisten-ring links nach kranial lateral von Colon descendens und linker Niere bis Nähe der linken Nierenmittebis zum Ligamentum phrenocolicum; unter angehobenem D€unndarmkonvolut vom inneren Leisten-ring rechts nach kranial medial des Colon ascendens €uber V. cava und Aorta bis hoch zur Plicaduodenojejunalis.
– Darm: rechtsseitige Mobilisation (Cattell-Manöver).
Literatur
Bachmann A et al (2005) Tumor nephrectomy with vena cava thrombus. BJU Int 95(9):1373–1384Tillmann BN (2005) Atlas der Anatomie des Menschen, Springer, Berlin, Heidelberg, New YorkZilles K, Tillmann BN (2010) Anatomie. Springer, Berlin
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