Pendeln berdenAtlantik - univie.ac.at · 2017. 10. 18. · Josemi Carmona und Javier Colina geben...

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  • JOSEMI CARMONA& JAVIER COLINA:LATIN JAZZ MEETS

    FLAMENCO

    > Großer Sendesaal – 19:30 Uhr – Eintritt: EUR 27,–Kartenbüro: (01) 501 70-377

    INFOS UND ONLINE-TICKETS:radiokulturhaus.ORF.at

    MO 23.10.17

    Josemi Carmona und Javier Colinageben im Großen Sendesaal

    ihr gemeisames Österreich-Debüt

    ORF RADIOKULTURHAUS

    ORF. WIE WIR.

    Argentinierstraße 30a, 1040 Wien

    ©Anya

    Bartels-Suermondt

    36 WISSEN & INNOVATION SAMSTAG, 14. OKTOBER 2017

    Ameisenköniginwird zurTotengräberinBei Infektionsgefahr wird dietote Gefährtin entsorgt.

    Der Lebenszyklus einer Königinim Ameisenstaat ist fast aus-schließlich der Fortpflanzung –also der Eiablage – gewidmet.Nun haben Forscher am Insti-tute of Science and Technology(IST) Austria in Klosterneuburgein zusätzliches Verhalten ent-deckt: Eine Ameisenkönigin, diemit einer zweiten Königin ineiner winzigen Kammer denAufbau eines Staates vorberei-tet, wird dann aktiv, wenn diePartnerin stirbt. Dann entferntsie deren toten Körper.

    Die überlebende Königinbeißt und zerkleinert den Kör-per der toten Königin, dannvergräbt sie die Reste. Die Ent-fernung toter Ameisen fällt üb-licherweise in die Tätigkeit derArbeiterameisen. In diesemFall, bei dem die beiden Köni-ginnen ja allein in der Kammerwaren, entsorgt aber die über-lebende Königin die andere,um sich vor einer Ansteckungzu schützen.

    „Das ist eine wichtige Infek-tionsvorbeugung der Königin“,sagt Christopher Bull, derzeitPostdoc an der Royal HollowayUniversity of London, der mitIST Austria-Professorin SylviaCremer die Spezies der Schwar-zen Gartenameisen über einenlängeren Zeitraum beobachtethat. Die Studie wurde in derOpen-Access-Zeitschrift „BMCEvolutionary Biology“ veröf-fentlicht.

    Eine Königin infiziertDie ISTA-Forscher belegen ihreThese mit Prozentzahlen. Beiden beobachteten Ameisengründen 18 Prozent der Köni-ginnen gemeinsam eine Kolo-nie. In der Studie wurde be-wusst eine Königin mit einemPilzerreger infiziert. Stirbt diese,dann zerlegten 74 Prozent derüberlebenden Königinnen dieTote, 67 Prozent begruben auchdie einzelnen Teile.

    Die Gruppe der Evolutions-biologin Sylvia Cremer widmetsich der evolutionären Immu-nologie von Ameisengesell-schaften. Das Team erforschtseit 2010 die individuelle undkollektive Krankheitsabwehrvon Ameisen. (ewi)

    Pendeln über den AtlantikGeschichte. Habsburger, Polen, Nazis und Sowjets regierten im 20. JahrhundertOstgalizien. Die Menschen migrierten nach Kanada, manche nur vorübergehend.

    VON RONALD POSCH

    O stgalizische Dörfer stehenstellvertretend für dasZeitalter der Extreme, das20. Jahrhundert: Bis 1918 war dieRegion hauptsächlich von Ruthe-nern (Ukrainern) bewohnt undTeil des Habsburgerreiches. Wäh-rend des Ersten Weltkriegs kämpf-ten hier die Armeen Österreich-Ungarns gegen Russland. In derZwischenkriegszeit war es Schau-platz des Polnisch-UkrainischenBürgerkriegs. Das Gebiet wurde zu„Ost-Kleinpolen“. 1939, nach demHitler-Stalin Pakt, verleibte es sichdie Sowjetunion als „UkrainischeSowjetrepublik“ ein. Ab 1941 be-setzte es Hitlers NS-Staat, bevor esab 1944 wieder sowjetisch wurde,was es durch den gesamten KaltenKrieges hindurch blieb. Seit 1991bildete die Region den westlichs-ten Teil der unabhängigen Ukrai-ne. Die unruhigen Zeiten führtenzu zahlreichen Migrationswellen.

    Matthias Kaltenbrunner, Assis-tent am Institut für OsteuropäischeGeschichte an der UniversitätWien, ging der Migrationsbewe-gung aus Ostgalizien im 20. Jahr-hundert genauer nach. In seinerkürzlich erschienenen Monografie„Das global vernetzte Dorf. Eine

    Migrationsgeschichte“ (Campus-Verlag) beleuchtete er Ostgalizienanhand von sechs repräsentativenDörfern: „Bei der Dorfebene wirdGlobalgeschichte auf die Mikro-ebene heruntergebrochen undgroße Narrative verständlicher undnachvollziehbar“, sagt er.

    Kaltenbrunner analysierte einbreites Quellenspektrum: Briefe,Erinnerungsberichte, Nekrologe,Tagebücher, zahlreiche Interviewsund Dokumente in ukrainischenund kanadischen Archiven. Mehr-fach bereiste er „seine“ sechs Dör-fer und interviewte die Bewohner.

    Selber Breitengrad wie WienDie Dörfer Rusiv, Beleluja, Ustja,Tulova, Prutivka und Stececevastehen stellvertretend für die Er-eignisse eines ganzen Jahrhun-derts. Geografisch liegen sie etwasieben bis acht Kilometer von der10.000 Einwohner zählenden Be-zirkshauptstadt Snjatyn entfernt.Auf demselben Breitengrad, aberrund 1000 Kilometer westlich vonSnjatyn, liegt Wien.

    Ereignisreiche Geschichte aufengem Raum eröffnet für Histori-ker spannende Forschungsfelder.Für die dort lebende Bevölkerungbleiben in extremen Zeiten dreiMöglichkeiten: erstens Ausharren,

    zweitens vorübergehende Migra-tion und drittens permanente Mi-gration. In den sechs Dörfern ent-schieden sich viele ob der ökono-misch schwierigen Verhältnisse,ab den 1890er-Jahren für die Mi-gration. Die Ostgalizier wanderten,anders als bislang oftmals ange-nommen, nicht in ihre damaligeHauptstadt nach Wien aus: „Esging beinahe ausschließlich nachKanada“, sagt Kaltenbrunner, „undhier nur in die BergbaugebieteAlbertas oder nach Ontario.“ DieDorfbewohner zog es in die peri-pheren Dörfer Nordamerikas.

    Das sollte für Jahrzehnte sobleiben. Viele migrierten dauer-haft. Kaltenbrunner fand aber auchBeispiele für „flexible Arbeiter“, dieje nach ökonomischer Lage hin-und herzogen. Menschen, diewährend des Ersten Weltkrieges inAlbertas Bergwerken arbeiteten, inder Zwischenkriegszeit nach Ost-galizien zurückgingen, im Drei- bisFünfjahresrhythmus pendelten,und erst 1939 permanent auswan-derten. Jedenfalls blieben die Emi-granten stets ihrer Heimat verbun-den. Sie sandten Briefe, Pakete undGeld – oder remigrierten. Zensurendieser globalen Netzwerke warendie Weltwirtschaftskrise ab 1929,weil Kanada danach seine Grenzen

    schloss, und der Zweite Weltkrieg.Die Sowjetunion ließ keine Migra-tion und kaum bis keine Kommu-nikation zu.

    Kopftücher als FundamentErst nach Stalins Tod wurden wie-der rege Pakete versandt. Das wur-de zum ökonomischen Faktor:„Mir erzählte ein Bewohner, dasser sein Haus auf kanadischenKopftüchern gebaut hat“, sagt Kal-tenbrunner. Gemeint ist, dass ihmder Verkauf von Textilien, die ihmseine Familie aus Kanada sandte,ermöglichte, sein Haus zu bauen.Wenig verwunderlich, bedenktman, dass ein Kopftuch aus Ka-nada rund 100 Rubel, also mehr alsder monatliche Durchschnittslohnin der Sowjetunion, wert war. Ver-kauften die Dorfbewohner Kopftü-cher und sonstige Textilien, konn-ten sie sich Häuser und Autos kau-fen, oder ihre Kinder in gute, weitentfernte Schulen schicken.

    M. KaltenbrunnerDas global vernetzteDorfCampus-Verlag,601 Seiten45 Euro

    NACHRICHTEN

    Schweine geben Wissenan Jungtiere weiterDa Schweine sehr gesellig Tieresind, hatte man schon bisher ver-mutet, dass sie auch über ein ge-wisses soziales Lernvermögen ver-fügen. Wiener Forscher haben nungezeigt, dass sich die Jungen derneuseeländischen Kune-Kune-Schweine rasch und nachhaltigVerhalten von Verwandten ab-schauen. Diese ließen einen Teilder Ferkel dabei zuschauen, wieihre Mutter oder Tante eine Schie-betür öffnete, hinter der sich eineFutterkiste befand. Die Tür konntemit dem Rüssel an drei Positionengeschoben werden. Die Forscherbeobachteten, dass diesen Ferkeldie Aufgabe leichter fiel als jenen,die nicht zugesehen hatten. Zudemmerkten sich die Tiere die Strategie.

    Aus Afrika stammendesUsutu-Virus ist zurückInfektionen des Menschen mitdem Usutu-Virus könnten häufigersein als bisher angenommen. Dasaus Afrika stammende Virus wurde

    2001 erstmals in Österreich alsVerursacher des Amselsterbensnachgewiesen. Bis 2005 fielen ihmin Ostösterreich viele Amseln, aberauch andere Singvögel zum Opfer,dann gab es zehn Jahre lang keineMeldungen. Im Vorjahr wurdennun zwei und heuer bereits sech-zehn Fälle diagnostiziert. Außer-dem wiesen Forscher den Erregerin sieben humanen Blutspendennach. Wildvögel, aber auch Stech-mücken übertragen ihn. DerMensch zeigt allerdings kaumSymptome, gelegentlich bekommter Fieber oder Hautausschläge.

    Wenig Wege, um Sterbenvon Arten zu verhindernWeil sich das Klima ändert, versu-chen sich Tier- und Pflanzenartenanzupassen, indem sie abwandernbzw. ihre Verbreitungsgebiete än-dern. Die intensive Bewirtschaf-tung durch den Menschen lässtdas aber immer weniger zu. Dahersei vor allem das regionale Arten-sterben auch mit beträchtlichemAufwand kaum zu verhindern,zeigten Wiener Forscher nun.

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