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Regenwassermanagement für Hamburg KompetenzNetzwerk Abschlussbericht März 2010
KompetenzNetzwerk HAMBURG WASSER
Im KompetenzNetzwerk HAMBURG WASSER arbeiten mehr als 25 Unternehmen und Institutionen
zusammen, um mit Ihrem gebündelten Know-how Umwelt und Ressourcen schonende Lösungen für die
Wasser- und Energiewirtschaft zu entwickeln.
Die Rahmenbedingungen für die Bereitstellung urbaner Wasserver- und Abwasserentsorgungsdienstleistungen
verändern sich in zunehmendem Maße. Faktoren wie Klimawandel, demografische Entwicklung und
Verbraucherverhalten sowie aktuelle Entwicklungen im Bereich Energie führen zu veränderten
Randbedingungen für die nur langsam wandelbare städtische Wasserinfrastruktur. Vor diesem Hintergrund hat
es sich das KompetenzNetzwerk HAMBURG WASSER zur Aufgabe gemacht, Konzepte zur Anpassung
bestehender Infrastruktursysteme an neue Rahmenbedingungen zu entwickeln und zukunftsfähige
Technologien in Pilot- und Demonstrationsvorhaben einzusetzen.
Die verschiedenen Projekte des KompetenzNetzwerks lassen sich in folgenden Themenblöcken
zusammenfassen:
• Anpassung bestehender Infrastruktursysteme an sich wandelnde Rahmenbedingungen
• Energiemanagement: Energie aus vorhandenen Systemen
• Energie autarkes Gesamtsystem / HAMBURG WATER Cycle
• Technologietransfer in Entwicklungs- und Schwellenländer
Weitere Informationen finden Sie auf der Internetseite www.hamburgwasser.de
KompetenzNetzwerk HAMBURG WASSER
Regenwassermanagement für Hamburg
Abschlussberichte der Teilprojekte TP1 bis TP6
März 2010
VORWORT
Seit Jahren beschäftigen sich viele Institutionen in Hamburg mit Lösungsansätzen zum
zukunftsfähigen Umgang mit Regenwasser. Gesteigert wurde das Interesse für dieses
Thema durch die aktuelle Klimaforschung, die eine Veränderung des
Niederschlaggeschehens prognostiziert, in dessen Folge mit einer Änderung der
Belastungen für das Entwässerungssystem gerechnet werden kann. Zudem bewirkt die
zunehmende Flächenversiegelung in Hamburg eine Zunahme der Niederschlagsabflüsse,
welche stellenweise zu Überlastungen der Entwässerungssysteme führt.
Bereits 2006 wurde das Regenwassermanagement in dem EU-Projekt „Urban Water Cycle“
als bedeutendes Thema für die Metropole Hamburg herausgearbeitet und festgestellt, dass
auf diesem Gebiet mehr für eine sichere Zukunft getan werden muss. Vor diesem
Hintergrund wurde das Thema Regenwassermanagement schon bei der Gründung des
KompetenzNetzwerks HAMBURG WASSER am 03.04.2007 als Schwerpunkt aufgenommen
und mit einer Kooperationsvereinbarung von elf Institutionen zum Leben erweckt. Dem Motto
des KompetenzNetzwerks entsprechend wurde hier ganz bewusst eine konstruktive
Arbeitsatmosphäre auf lösungsorientierter Sachebene gesucht und gefunden.
Das vielschichtige Thema Regenwasser wurde in 6 Teilprojektgruppen bewegt. Die Arbeit
der verschiedenen Beteiligten erfolgte unendgeldlich und zumeist neben den Hauptaufgaben
bei Ihrem jeweiligen Arbeitgeber und erforderte daher besonderes Engagement. Gebündelt
wurde dieses Engagement in zahlreichen Arbeitstreffen der einzelnen Teilprojektgruppen.
Bei zusätzlich sechs Veranstaltungen trafen alle Partner des Regenwasser-Projektes
aufeinander, um sich gegenseitig auf den neuesten Stand zu bringen. Darüber hinaus wurde
bei einer Vielzahl von Veranstaltungen auch der Kontakt zur übrigen Fachwelt gesucht.
Mittlerweile haben die Partner des KompetenzNetzwerks so erfolgreich gearbeitet, dass in
der Stadt Hamburg das Projekt RISA (RegenInfraStrukturAnpassung) aufgelegt und mit
Finanzmitteln ausgestattet wurde. Die Phase der Projektinitiierung ist somit beendet und eine
Weiterführung des Themas Regenwasser im KompetenzNetzwerk HAMBURG WASSER
nicht länger erforderlich. Auf dem Abschlusstreffen am 15.07.2009 wurde daher das
KompetenzNetzwerk-Projekt Regenwassermanagement als erfolgreich beendet erklärt.
Wir freuen uns, dass das KompetenzNetzwerk HAMBURG WASSER helfen konnte, die
verschiedenen Interessen im Bereich Regenwasser zu bündeln und das Thema in Hamburg
zu verankern. Ich wünsche mir, dass die Ergebnisse des Projektes RISA helfen werden, die
negativen Auswirkungen des Klimawandels in Hamburg abzudämpfen und ein Umdenken
bei der Versiegelung von Flächen zu initiieren.
Dr. Kim Augustin
Leiter des KompetenzNetzwerks HAMBURG WASSER
INHALTSVERZEICHNIS
I
INHALTSVERZEICHNIS................................. .................................................... Seite:
EINLEITUNG...............................................................................................................1
1. Mitbenutzung von Flächen ........................... .....................................................7
1.1 Einleitung.....................................................................................................................................7 1.2 Ziele und Arbeitspakete...............................................................................................................7 1.3 Begriffsdefinition „Mitbenutzung“.................................................................................................8 1.4 Arbeitspakete ..............................................................................................................................8
1.4.1 Mitbenutzung von Flächen zur Regenwasserrückhaltung in Deutschland..........................8 1.4.2 Mitbenutzung von Flächen zur Regenwasserrückhaltung in den USA .............................11 1.4.3 Vorstellung des Regenwassermanagements im KompetenzNetzwerk HAMBURG
WASSER bei den Bezirksämtern in Hamburg...................................................................13 1.4.4 Workshop „Mitbenutzung von Flächen zur Regenwasserbewirtschaftung – Chancen
und Grenzen für Hamburg im Bestand und in der Planung“ .............................................14 1.4.5 Übersicht von realisierten Maßnahmen und möglichen Pilotprojekten in Hamburg..........16 1.4.6 Rechtliche Rahmenbedingungen.......................................................................................18 1.4.7 Fragenkatalog zur Vorprüfung potentieller Mitbenutzungsflächen ....................................19
1.5 Zusammenfassung und Ausblick ..............................................................................................22 1.6 Literatur .....................................................................................................................................23 Anhang 1 – Deutschlandweite Projektbeispiele.................................................................................25 Anhang 2 – Dokumentation des Workshops......................................................................................27 A2.1 Arbeitsgruppe 1 – Straßen ........................................................................................................29 A2.2 Arbeitsgruppe 2 – Park- und Grünflächen.................................................................................31 A2.3 Arbeitsgruppe 3 – Spiel- und Sportflächen ...............................................................................34 Anhang 3 – Arbeitspapier Mitbenutzung von Flächen .......................................................................39 A3.1 Einleitung...................................................................................................................................40 A3.2 Hintergrund................................................................................................................................40 A3.3 Fallgruppen................................................................................................................................41 A3.4 Rechtliche Rahmenbedingungen ..............................................................................................41 A3.5 Betrachtung der Fallgruppen.....................................................................................................45
2. Karten für die Regenwasserbewirtschaftung .......... ......................................51
2.1 Einleitung...................................................................................................................................51 2.2 Ziele und Arbeitspakete.............................................................................................................51 2.3 Einflussfaktoren.........................................................................................................................52
2.3.1 Boden.................................................................................................................................52 2.3.2 Geologie.............................................................................................................................56 2.3.3 Grundwasserflurabstand....................................................................................................60 2.3.4 Stauwasser ........................................................................................................................61 2.3.5 Hangneigung......................................................................................................................62 2.3.6 Wasserschutzgebiete.........................................................................................................63 2.3.7 Altlasten .............................................................................................................................64
2.4 Geoinformationssystem, GIS ....................................................................................................65 2.4.1 Verschneidung und Überlagerung mit den weiteren Einflussfaktoren...............................67 2.4.2 Anwendung der Karten ......................................................................................................70
INHALTSVERZEICHNIS
II
2.5 Verifizierung.............................................................................................................................. 70 2.5.1 Abgleich mit der Bewirtschaftungsartenkarte aus dem Projekt UWC............................... 70 2.5.2 Abgleich mit den angezeigten und genehmigten Anlagen zur Versickerung von
Niederschlagwasser.......................................................................................................... 73 2.5.3 Abgleich mit dem verminderten Gebührensatz ohne Regenwasseranteil ........................ 74 2.5.4 Ausblick: Verifizierung im Bestand.................................................................................... 75
2.6 Erstellung der Karte für ganz Hamburg .................................................................................... 75 2.6.1 Boden ................................................................................................................................ 75 2.6.2 Geologie ............................................................................................................................ 75 2.6.3 Grundwasserflurabstand ................................................................................................... 76 2.6.4 Hang- und Stauwasser...................................................................................................... 76 2.6.5 Hangneigung..................................................................................................................... 76 2.6.6 Altlasten............................................................................................................................. 77 2.6.7 Pflege und Aktualisierung ................................................................................................. 77
2.7 Fazit, Empfehlungen und Ausblick ........................................................................................... 78 2.7.1 Randbedingungen............................................................................................................. 78 2.7.2 Verifizierung ...................................................................................................................... 79 2.7.3 Anwendung ....................................................................................................................... 80 2.7.4 Ausblick ............................................................................................................................. 80
2.8 Literatur..................................................................................................................................... 81
3. Rechtliche Rahmenbedingungen....................... ............................................ 83
3.1 Ziele und Arbeitspakete............................................................................................................ 83 3.2 Rechtlicher Rahmen ................................................................................................................. 83 3.3 Wasserschutzgebietsverordnungen ......................................................................................... 84
3.3.1 Allgemeines....................................................................................................................... 85 3.3.2 Fachlicher Vorschlag zur Gleichstellung der Verordnungen............................................. 85
3.4 Verordnungen nach § 9 Abs. 4 HmbAbwG .............................................................................. 86 3.4.1 Möglichkeiten im Rahmen der existierenden rechtlichen Rahmenbedingungen (wenn
Sielbaubeitrag entrichtet wurde) ....................................................................................... 86 3.4.2 Prüfung der Rückerstattung der Sielbaubeiträge sowie möglicher
Kompensationszahlungen................................................................................................. 89 3.5 Wasser- und Bodenverbände................................................................................................... 89
3.5.1 Allgemeines....................................................................................................................... 89 3.5.2 Voraussetzungen für eine Gründung ................................................................................ 90 3.5.3 Gründungsinitiative/ Kosten der Gründung....................................................................... 91 3.5.4 Alternative Instrumente ..................................................................................................... 91
3.6 Weitere Vorschläge .................................................................................................................. 92 3.6.1 Zwangsabkopplung von Fehlanschlüssen ........................................................................ 92 3.6.2 Kontrollmöglichkeiten von Einleitbegrenzungen ............................................................... 92
3.7 Zusammenfassung und Ausblick.............................................................................................. 93 3.8 Literatur..................................................................................................................................... 93 Anhang – Ablaufverfahren zur Wasser- und Bodenverbandsgründung ........................................... 94
INHALTSVERZEICHNIS
III
4. Auswirkungen des Klimawandels ...................... ............................................97
4.1 Einleitung...................................................................................................................................97 4.2 Ziele und Arbeitspakete.............................................................................................................97 4.3 Daten und Modelle ....................................................................................................................97 4.4 Validierung und Disaggregation der REMO-Daten ...................................................................98
4.4.1 Validierung .........................................................................................................................98 4.4.2 Disaggregation.................................................................................................................100
4.5 Trendanalyse Niederschlag.....................................................................................................101 4.6 Trendanalyse Abfluss..............................................................................................................102
4.6.1 Trendanalyse Entlastung .................................................................................................103 4.6.2 Trendanalyse Überstau....................................................................................................103
4.7 Anstieg des Meeresspiegels ...................................................................................................103 4.8 Zusammenfassung und Ausblick ............................................................................................104 4.9 Literatur ...................................................................................................................................105
5. Handlungsschwerpunkte.............................. .................................................107
5.1 Ziele und Arbeitspakete...........................................................................................................107 5.2 Identifikation von Handlungsschwerpunkten...........................................................................107 5.3 Dokumentation und Bestandsaufnahme.................................................................................110 5.4 Lösungskonzept für Handlungsschwerpunkte ........................................................................113 5.5 Handlungsempfehlung ............................................................................................................117
5.5.1 Allgemeine Hinweise........................................................................................................117 5.5.2 Ergebnisse aus dem Pilotbezirk Wandsbek ....................................................................117
5.6 Optimierungspotential der entwickelten Systematik................................................................119 5.7 Zusammenfassung und Ausblick ............................................................................................119 5.8 Literatur ...................................................................................................................................120 Anhang – Datenblatt Handlungsschwerpunkt..................................................................................121 A1.1 Deckblatt zum Datenblatt ........................................................................................................121 A1.2 Gliederung des Datenblatts.....................................................................................................122
6. Öffentlichkeitsarbeit.............................. .........................................................123
6.1 Einleitung.................................................................................................................................123 6.2 Ziele und Arbeitspakete...........................................................................................................123 6.3 Erstellung der Broschüren.......................................................................................................123 6.4 Regenwasserbewirtschaftungsmaßnahmen in Hamburg .......................................................124 6.5 Wanderausstellung „Regenwasser zurück in die Natur“ .........................................................124 6.6 Vorträge zum Thema Regenwassermanagement ..................................................................124 6.7 Ausblick ...................................................................................................................................126 Anhang Regenwasserbewirtschaftungsmaßnahmen in Hamburg...............................................127 A1.1 Einleitung.................................................................................................................................129 A1.2 Vorgehensweise......................................................................................................................129 A1.3 Wirkungsweisen und Maßnahmen..........................................................................................129 A1.4 An der Abfrage beteiligte Personen und Institutionen.............................................................138
ANSPRECHPARTNER.................................... .......................................................139
IMPRESSUM...........................................................................................................139
INHALTSVERZEICHNIS
IV
ABBILDUNGSVERZEICHNIS.............................. ...............................................Seite:
Abbildung 0-1: Probleme, Ziele und Lösungen zum Umgang mit Regenwasser in Hamburg............. 2 Abbildung 1-1: Systematik zur Einordnung von Projekten der Mitbenutzung von Flächen ................. 9 Abbildung 2-1: Durchlässigkeitsbeiwert (kf-Wert) von Lockergesteinen und entwässerungs-
technisch relevanter Versickerungsbereich ............................................................... 52 Abbildung 2-2: Punktkarte der Versickerungsfähigkeit der Böden des Beispielgebiets (grün:
versickerungsfähig gem. DWA-A 138, rot: nicht versickerungsfähig; kl. Kreise: bis
80 cm Tiefe, mittlere Kreise bis 120 cm, große Kreise: bis 200 cm) ......................... 55 Abbildung 2-3: Geologische Karte 7038 im Maßstab: 1:5000 (Bildschirmdruck des
ArcView-Projekts) ...................................................................................................... 56 Abbildung 2-4: Abfrageergebnisse zur Mächtigkeit des versickerungsfähigen Untergrundes
(Bildschirmdruck des ArcView-Projekts).................................................................... 58 Abbildung 2-5: Abfrageergebnisse zur Mächtigkeit der versickerungsfähigen Tiefe
(Bildschirmdruck des ArcView-Projekts).................................................................... 59 Abbildung 2-6: Flurabstand zur Grundwasseroberfläche (Bildschirmdruck des ArcView-Projekts) .. 60 Abbildung 2-7: Flurabstand zur Grundwasserdruckfläche (Bildschirmdruck des
ArcView-Projekts) ...................................................................................................... 61 Abbildung 2-8: Karte des Grund- oder Stauwassereinflusses (weiß: kein Wassereinfluss; blau:
Einfluss oberhalb 0,4 m; türkis: Einfluss zw. 0,4 – 0,8 m; gelb: Einfluss zw. 0,8 –
1,2 m; orange: Einfluss zw. 1,2 – 1,6 m; rot: Einfluss unter 1,6 m) ........................... 62 Abbildung 2-9: Auszug der Versickerungspotentialkarte für das Pilotgebiet Marienthal
(Bildschirmdruck des ArcView-Projekts).................................................................... 67 Abbildung 2-10: Versickerungspotentialkarte mit Geländeneigung (Bildschirmdruck des
ArcView-Projekts) ...................................................................................................... 68 Abbildung 2-11: Versickerungspotentialkarte mit hohen Grundwasserständen und dem
Wasserschutzgebiet Billbrook/Billstedt, Zone III (Bildschirmdruck des
ArcView-Projekts) ...................................................................................................... 69 Abbildung 2-12: Bewirtschaftungsartenkarte im EZG Marienthal (links, Quelle: IPS, 2005) und
Karte der Baugrundübersicht (rechts, Quelle: GLA) .................................................. 71 Abbildung 2-13: Karte des Regenwasserbewirtschaftungspotenzials im EZG Marienthal (Quelle:
IPS, 2005) mit Bohrungsdaten (GLA) und angezeigten Versickerungsanlagen
(Bildschirmdruck des ArcView-Projekts).................................................................... 72 Abbildung 2-14: Beispiel für angezeigte Versickerungsanlage gem. Wasserbuch der BSU............... 73 Abbildung 2-15: Versickerungspotentialkarte mit angezeigten Versickerungsanlagen und
verminderter Gebühr (Bildschirmdruck des ArcView-Projekts) ................................. 74 Abbildung 4-1: Lage der Regenschreiber und der REMO-Gitterboxen über Hamburg,
exemplarisch für R008 dargestellt ............................................................................. 99 Abbildung 4-2: monatliche Niederschlagssummen über 25 a für REMO und HSE, gemittelt über
alle Regenschreiber ................................................................................................... 99 Abbildung 4-3: u- und w-Parameter für den R008, HSE und REMO............................................... 100 Abbildung 4-4: Bemessungsregen 2000 (Hamburg), 2100 (REMO) und KOSTRA-DWD 2000 ..... 102 Abbildung 5-1: Schematische Vorgehensweise zur Ermittlung von Handlungs-schwerpunkten..... 107 Abbildung 5-2: systematisches Vorgehen zur Lösung von Handlungsschwerpunkten ................... 115 Abbildung 5-3: Häufigkeitsverhältnis möglicher Maßnahmen zur Aufhebung / Lösung von
Handlungsschwerpunkten (Handlungsempfehlung) ................................................ 118 Abbildung 6-1: Übersichtskarte Hamburg – Standorte der recherchierten Projekte........................ 130
INHALTSVERZEICHNIS
V
TABELLENVERZEICHNIS ............................... ................................................. Seite:
Tabelle 0-1: Partner im Projekt „Regenwassermanagement für Hamburg“ im KHW.......................4 Tabelle 1-1: Übersicht der Fallbeispiele zur Mitbenutzung in den USA .........................................11 Tabelle 1-2: Beispielprojekte für die Mitbenutzung auf Straßen- und Wegeflächen ......................16 Tabelle 1-3: Beispielprojekte für die Mitbenutzung auf Grünflächen..............................................17 Tabelle 1-4: Mögliche Pilotflächen für Mitbenutzung auf Grünflächen...........................................17 Tabelle 2-1: Schätzwerte der gesättigten Wasserleitfähigkeit in Abhängigkeit der
Kornzusammensetzung und der Rohdichte, aus [1] ..................................................54 Tabelle 2-2: Klassifikation der Hangneigung ..................................................................................63 Tabelle 2-3: Wasserschutzgebiete in Hamburg..............................................................................63 Tabelle 2-4: Bemessung von Anlagen zur Versickerung in Anlehnung an DWA-A 138 [3] ...........65 Tabelle 2-5: Versickerungsmaßnahme in Abhängigkeit der Versickerungstiefe............................66 Tabelle 3-1: Ablaufverfahren zur Wasser- und Bodenverbandsgründung .....................................94 Tabelle 6-1: Projekte der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung in Hamburg (W =
Wohngebiet, MK = Kerngebiet, SO = Sondergebiet, GE = Gewerbegebiet) ...........132 Tabelle 6-2: B-Plan-Festsetzungen mit wasserwirtschaftlichem Bezug bei den Projekten der
dezentralen Regenwasserbewirtschaftung in Hamburg...........................................135
EINLEITUNG
1
EINLEITUNG
Das Hamburger Kanalnetz ist aktuell ausreichend dimensioniert, um einen hohen
Entwässerungskomfort zu gewährleisten. Zudem wurden in der Vergangenheit große
Aufwendungen in Gewässerschutzkonzepte durch den Bau zusätzlicher Speicherräume im
Mischkanalnetz unternommen (Gewässerschutzkonzepte für Elbe, Alster, Bille und weitere
Gewässer der Innenstadt).
Angesichts des zunehmenden „Flächenverbrauchs“ durch Neuerschließung und
Nachverdichtung, in dessen Folge sich durch vermehrte Flächenversiegelung auch der
Niederschlagsabfluss erhöht und der prognostizierten Zunahme der Niederschlagsmenge in
den Herbst-, Winter- und Frühjahrsmonaten als Folge des Klimawandels wird jedoch davon
ausgegangen, dass zukünftig mehr Niederschlagswasser in extremeren Auftretensformen
bewirtschaftet werden muss als bislang. Insbesondere bei Starkregen könnten dann die
Entwässerungssysteme zur Regenwasserableitung gebietsweise nicht mehr ausreichen und
überdies den Erfolg der durchgeführten Gewässerschutzkonzepte gefährden.
Aktuell entstehen in Hamburg jährlich ca. 300 ha neue Siedlungs- und Verkehrsflächen [1],
[2]. Im bundesweiten Durchschnitt beträgt dieser „Flächenverbrauch“ laut Umweltbundesamt
ca. 93 ha*a-1 [3]. Diese Werte machen deutlich, dass insbesondere in Hamburg ein
erheblicher Handlungsdruck besteht, Maßnahmen zu einer sinnvollen Bewirtschaftung von
Regenwasser durchzuführen, um auch zukünftig vor Überflutungen zu schützen, die
Gewässerbelastungen durch hydraulischen Stress und stoffliche Einträge nicht zu erhöhen
und einen möglichst naturnahen Wasserhaushalt auch in der Stadt herzustellen.
Das aktuelle Leitbild der freien und Hansestadt Hamburg „Wachsen mit Weitsicht“
unterstreicht mit seiner hintergründigen Aussage u. a. die Problematik des zunehmenden
„Flächenverbrauchs“ und der damit einhergehenden Flächenversiegelung.
In Abbildung 0-1 werden die niederschlagsbedingten Herausforderungen der (Siedlungs-)
Wasserwirtschaft zusammenfassend dargestellt und die diesbezüglich erklärten Ziele für
Hamburg aufgezeigt. Bei der Zielerreichung setzt Hamburg auf die Kombination aller
bewährten Regenwasserbewirtschaftungsmaßnahmen. Diese reichen von den
konventionellen, zentralen Systemen (Ableitung, ggf. zentrale Speicherung und Behandlung)
über dezentrale Maßnahmen (ortsnahe Speicherung, ggf. dezentrale Behandlung,
Versickerung, Verdunstung, teilweise Nutzung von Niederschlagswasser, u. a.) bis zu
betrieblichen Maßnahmen und Objektschutz. Hierin sollen zukünftig in Hamburg besonders
dezentrale Regenwasserbewirtschaftungsmaßnahmen einen höheren Stellenwert
einnehmen als bislang.
EINLEITUNG
2
Zie
leP
robl
emst
ellu
ng
Wachsen mit WeitsichtZunahme
Flächenversiegelung
KlimaänderungZunahme Regenintensitätund / oder Regenhäufigkeit
Zunahme Niederschlagsbildung und Niederschlagsabflus s
Überflutungsschutz, Gewässerschutz, naturnaher Wass erhaushalt
Lösu
ng RegenwasserbewirtschaftungAbleitung, Speicherung, Drosselung, Behandlung, Versickerung, Verdunstung,
Nutzung, betriebliche Maßnahmen und Objektschutz
Zie
leP
robl
emst
ellu
ng
Wachsen mit WeitsichtZunahme
Flächenversiegelung
KlimaänderungZunahme Regenintensitätund / oder Regenhäufigkeit
Zunahme Niederschlagsbildung und Niederschlagsabflus s
Überflutungsschutz, Gewässerschutz, naturnaher Wass erhaushalt
Lösu
ng RegenwasserbewirtschaftungAbleitung, Speicherung, Drosselung, Behandlung, Versickerung, Verdunstung,
Nutzung, betriebliche Maßnahmen und Objektschutz
Abbildung 0-1: Probleme, Ziele und Lösungen zum Umgang mit Regenwasser in Hamburg
Vor diesem Hintergrund wurde im Rahmen des KompetenzNetzwerks HAMBURG WASSER
im Juni 2007 das Projekt „Regenwassermanagement für Hamburg“ initiiert. Das Projekt zielte
darauf ab, einen Beitrag zur technischen und administrativen Grundlagenermittlung für die
„Regenwasserbewirtschaftung“ in Hamburg zu leisten und die verschiedenen Akteure
wasserwirtschaftlicher Belange aus den Behörden, Bezirken, HAMBURG WASSER und den
Universitäten zusammen zu bringen. Dabei wurden die folgenden 6 Teilprojekte (TP)
bearbeitet:
TP 1 – „Mitbenutzung von Flächen“:
Im Teilprojekt 1 (vgl. Kapitel 1) wurde eine Strategie zur Mitbenutzung von Flächen als
temporärer Zwischenspeicher für Regenwasser entwickelt. Die „Mitbenutzung“ von Flächen
bezieht sich auf eine geregelte Flutung ausgewählter Bereiche bei Starkregenereignissen,
um größere Schäden an anderer Stelle vermeiden zu können. So sollen z.B.
Handlungsschwerpunkte (vgl. TP 5) im Bestand, die sich aus bereits existierenden
Kanalüberflutungen ergeben, entschärft und die hydraulische Belastung von Fließgewässern
reduziert werden.
TP 2 – „Karten für die Regenwasserbewirtschaftung“:
Soll das Regenwasser nicht nur zwischengespeichert, sondern dem natürlichen
Wasserkreislauf zugeführt, also versickert werden, steht die Frage nach der Versickerungs-
fähigkeit bzw. dem Versickerungspotential des Untergrunds im Mittelpunkt. Diese
Fragestellung wurde im Teilprojekt 2 (vgl. Kapitel 2) behandelt. Zur Beantwortung dieser
Frage wurde im Rahmen des TP 2 eine für ganz Hamburg gültige Methodik zur Erstellung
einer Versickerungspotentialkarte anhand der geologischen und hydrogeologischen
Randbedingungen für das Pilotgebiet Wandsbek-Marienthal erarbeitet.
EINLEITUNG
3
TP 3 – „Rechtliche Rahmenbedingungen“:
Nicht nur das vorhandene Versickerungspotential, sondern auch die rechtlichen Rahmen-
bedingungen haben einen großen Einfluss auf die tatsächliche Umsetzung von
Versickerungsmaßnahmen. Ziel des Teilprojekt 3 (vgl. Kapitel 3) war es daher vor allem, die
bestehenden Regelungen und Vorschriften zur Versickerung zu überprüfen und ggf.
geeignete Anpassungsvorschläge zu erarbeiten, die eine verstärkte Umsetzung
Versickerungsanlagen unterstützen.
TP 4 – „Auswirkungen des Klimawandels auf das Kanalnetz und die Gewässer“:
Mit Blick auf die sich abzeichnenden Klimaänderungen stellt sich zunehmend die Frage,
welche potentiellen Auswirkungen der Klimawandel auf das zukünftige Niederschlags-
geschehen hat und inwieweit eine Anpassung der Grundlagen für die Bemessung der
Kanalisation sowie für die Auslegung der Gewässer erforderlich wird. Als Voraussetzung für
eine langfristige und nachhaltige Entwässerungsplanung wurden daher im Teilprojekt 4
(vgl. Kapitel 4) die Auswirkungen des Klimawandels auf das Hamburger Kanalsystem
untersucht. Dabei wurden erstmalig die zukünftigen Niederschlagsdaten des Klimamodells
REMO für die Niederschlag-Abfluss-Simulation im Kanalnetz verwendet.
TP 5 – „Handlungsschwerpunkte“:
Im Teilprojekt 5 (vgl. Kapitel 5) lag der Fokus auf der Identifikation und der Lösung von
Überflutungsschwerpunkten im Kanal- und Gewässernetz bei Starkregenereignissen. Diese
Überflutungsschwerpunkte werden als Handlungsschwerpunkte bezeichnet. Die entwickelte
Methodik zur Identifikation und Lösung von Handlungsschwerpunkten stellt auch im Hinblick
auf den Überflutungsnachweis nach DIN EN 752 und der damit verbundenen systematischen
Risikobewertung einen wichtigen Ansatz dar.
TP 6 – „Öffentlichkeitsarbeit“:
Die Ergebnisse und Erkenntnisse aus dem Projekt Regenwassermanagement für Hamburg
müssen kommuniziert und an die Bürger, Planer und Entscheidungsträger der Stadt weiter
gegeben werden. Daher befasste sich das Teilprojekt 6 (vgl. Kapitel 6) mit der
Öffentlichkeitsarbeit und der Sensibilisierung der Öffentlichkeit zum Thema Regenwasser-
management.
Die umfangreichen Arbeiten und Ergebnisse der einzelnen Teilprojekte sind in dem
vorliegenden Bericht dokumentiert. Gemeinsam erarbeitet wurden die Ergebnisse und
Berichte der Teilprojekte von den in Tabelle 0-1 aufgelisteten Projektpartnern:
EINLEITUNG
4
Tabelle 0-1: Partner im Projekt „Regenwassermanagement für Hamburg“ im KHW
Institution / Mitarbeiter Name Teilprojekt
Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt Amt für Umweltschutz Referat Gewässerschutz
Wolfgang Meier Dr. Michael Schröder
TP 2 - TP 6 TP 2
Geologisches Landesamt Dr. Renate Taugs Lothar Moosmann
TP 2 TP 2
Landesbetrieb Straßen, Brücken u. Gewässer Geschäftsbereich Gewässer und Hochwasserschutz
Dieter Ackermann Björn Ruge Käthe Fromm Jeff Marengwa
TP 1, 2, 5, 6 TP 1, 6 TP 1 TP 1
HafenCity Universität Hamburg Department Bauingenieurwesen Forschungsgruppe „Resource Efficiency in Architecture and Planning” (REAP)
Prof. Wolfgang Dickhaut Elke Kruse
TP 1, 6 TP 1, 6
Department Stadtplanung Institut für Stadt-, Regional- und Umweltplanung
Prof. Irene Peters, Ph.D. TP 1
Universität Hamburg Institut für Bodenkunde (ifb)
Dr. Alexander Gröngröft TP 2
EINLEITUNG
5
Tabelle 0-1: Partner im Projekt „Regenwassermanagement für Hamburg“ im KHW (Forts.)
Institution / Mitarbeiter Name Teilprojekt
FG Öffentliches Recht mit SP Umweltrecht ehemals Universität Hamburg Fakultät für Rechtswissenschaften
Prof. Silke-Ruth Laskowski TP 3
Leibniz Universität Hannover Institut für Wasserwirtschaft, Hydrologie und landwirtschaftlichen Wasserbau
Dr. Hans-Reinhard Verworn Dr. Stefan Krämer
TP 4 TP 4
Max-Planck-Institut für Meteorologie, Hamburg Dr. Daniela Jacob Dr. Holger Göttel
TP 4 TP 4
HAMBURG WASSER
Projektgruppe Regenwassermanagement Dr. Axel Waldhoff Wenke Schönfelder Gerrit Bischoff Juliane Ziegler
TP 1, 2, 5, 6 TP 1, 3, 6 TP 1, 4, 5 TP 2, 4, 6
Wasserwirtschaft Andreas Kuchenbecker TP 4
Zentrale Planung Kristina Lohse-Thiele Enno Jäger
TP 3 TP 3
Justitiariat Carsten Pohl TP 3
EINLEITUNG
6
Quellenangabe:
[1] FHH: Kursbuch Umwelt. Freie und Hansestadt Hamburg, Umweltbehörde (Hrsg.),
2001
[2] Statistikamt Nord (Hrsg.): Monitor Wachsende Stadt. Bericht und Anhang, 2007
[3] Umweltbundesamt: Hintergrundpapier. Flächenverbrauch, ein Umweltproblem mit
wirtschaftlichen Folgen. Berlin, 2004
TP1: MITBENUTZUNG VON FLÄCHEN
7
1. Mitbenutzung von Flächen
1.1 Einleitung
Um ungeplante Überflutungen sensibler und schützenswerter Bereiche und die daraus
resultierenden Schäden bzw. Gefahren zu vermeiden, muss ein Konzept aus verschiedenen
Maßnahmen zur Bewirtschaftung des Regenwassers entwickelt werden. Die Mitbenutzung
von Flächen zur Regenwasserbewirtschaftung stellt dabei einen Baustein dar, der im
Teilprojekt 1 untersucht wurde. Ziel ist es, eine Strategie für die Mitbenutzung von Flächen
zur temporären Zwischenspeicherung von Regenwasser für Hamburg zu entwickeln. Die
Mitbenutzung soll dabei vorzugsweise auf städtischen / öffentlichen Flächen erfolgen.
Die „Mitbenutzung“ von Flächen bezieht sich auf eine geregelte Flutung ausgewählter
Flächen bei Starkregenereignissen, um größere Schäden an anderer Stelle zu vermeiden
(Überflutungsschutz, siehe auch Kapitel 1.3 „Begriffsdefinition“). So können
Handlungsschwerpunkte (vgl. TP 5, Kapitel 5) im Bestand entschärft und / oder die
hydraulische Belastung von Fließgewässern reduziert werden. Bei Neuplanungen könnte die
Mitbenutzung eine Minimierung des Flächenbedarfs für die Regenwasserbewirtschaftung
bedeuten bzw. die Möglichkeit, diese Flächen mit weiteren Nutzungen zu belegen.
1.2 Ziele und Arbeitspakete
Aufbauend auf verschiedenen Fragestellungen wurden folgende Arbeitspakete für das
Teilprojekt 1 gemeinsam festgelegt und von den Projektpartnern bearbeitet:
Um aufzuzeigen, wie in anderen Bundesländern bzw. auf internationaler Ebene mit dem
Thema Mitbenutzung umgegangen wird, hat die HafenCity Universität Hamburg (HCU)
Recherchen und Analysen zu nationalen Projektbeispielen (Kapitel 1.4 mit Anhang 1) sowie
US-amerikanischen Projektbeispielen (Kapitel 1.4.2) durchgeführt. Darüber hinaus wurden
im Department Bauingenieurwesen der HCU zwei potentielle Flächen in Hamburg zur
Umsetzung einer Mitbenutzung untersucht.
Die notwendige Kontaktaufnahme und Einbindung Hamburger Behörden bei der Suche nach
vorhandenen Beispielen und möglichen Pilotflächen (Kapitel 1.4.5) wurde mit den
Bezirksämtern begonnen (Kapitel 1.4.3) und mit einem von der HCU und
HAMBURG WASSER organisierten Workshop (Kapitel 1.4.4 mit Anhang 2) fortgesetzt.
Dabei wurde in verschiedenen Arbeitsgruppen diskutiert, wie eine Umsetzung der
Mitbenutzung in Hamburg ermöglicht werden kann.
Fragestellungen, wie die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Mitbenutzung zu beurteilen
sind und wo Konflikte zu erwarten bzw. wie sie juristisch zu beurteilen sind, wurden in einem
Arbeitspapier des Rechtsamts der BSU in Zusammenarbeit mit dem LSBG
zusammengefasst (Kapitel 1.4.6 mit Anhang 3).
TP1: MITBENUTZUNG VON FLÄCHEN
8
Aufbauend auf den durchgeführten Recherchen und Untersuchungen wurde ein
vereinfachter Fragenkatalog zur Vorprüfung möglicher potentieller Mitbenutzungsflächen
(Kapitel 1.4.7) von HAMBURG WASSER erstellt.
1.3 Begriffsdefinition „Mitbenutzung“
Zu Beginn lautete der Titel des Teilprojektes 1 „Doppelnutzung“. Wie sich jedoch im weiteren
Arbeitsablauf herausstellte, suggeriert dieser Begriff eine höhere Nutzungsfrequenz, als die
für Hamburg angestrebte. Wichtig ist herauszustellen, dass es sich nicht um eine
gleichberechtigte Nutzung einer Fläche handelt, sondern lediglich um eine untergeordnete
wasserwirtschaftliche Nutzung im Ausnahmefall. Aus diesem Grund wurde sich schließlich
auf den Begriff „Mitbenutzung von Flächen“ verständigt und entsprechend die folgende
Definition erarbeitet:
Mitbenutze Flächen, wie beispielsweise Straßen, Parkplätze, Grünflächen, Sport- und
Spielflächen, unterliegen einer Hauptnutzung und werden im Starkregenfall zur temporären
Zwischenspeicherung und / oder zum Transport von Abflussspitzen für den Überflutungs-
und Gewässerschutz genutzt. Bei den hier genannten extremen Regen handelt es sich um
Ereignisse, die in der Regel seltener als alle fünf Jahre, für Straßen in der Regel seltener als
alle zehn Jahre auftreten. Die Mitbenutzung von Flächen ist daher nicht der Normalfall,
sondern die Ausnahme. Entsprechend des Gefahrenpotentials durch die Überflutung und der
Nutzungsintensität der mitzubenutzenden Flächen ist die Mitbenutzung im Einzelfall
abzuwägen.
Bei den im folgenden Kapitel vorgestellten Projektbeispielen beschränkt sich die
Einstauhöhe des Regenwassers in der Regel auf wenige Zentimeter. Zudem ist die
Entleerungszeit auf etwa 12, maximal 24 Stunden angesetzt, so dass innerhalb kürzester
Zeit die Hauptnutzung wieder uneingeschränkt erfolgen kann.
1.4 Arbeitspakete
1.4.1 Mitbenutzung von Flächen zur Regenwasserrückhaltung in Deutschland
Zum Einstieg in das Thema wurde an der HCU eine Bachelorarbeit zu „Möglichkeiten der
Doppelnutzung von Flächen im Regenwassermanagement“ vergeben. Aufgabe war es,
Beispiele zu recherchieren und eine einheitliche Begrifflichkeit / Systematik für die
Mitbenutzung zu entwickeln. Dies erschien dringend notwendig, da zum einen unter
Mitbenutzung ganz unterschiedliche Konstellationen verstanden werden und zum anderen
der Lerneffekt aus Fallbeispielen nur dann übertragbar ist, wenn es sich um vergleichbare
Konstellationen handelt.
In Abbildung 1-1 ist die Systematik zur Einordnung von Projekten der Mitbenutzung von
Flächen aufgeführt, auf die sich die Projektpartner im Arbeitsprozess verständigt haben. Sie
soll dazu dienen, Beispielprojekte eindeutig zuordnen und vergleichen zu können.
TP1: MITBENUTZUNG VON FLÄCHEN
9
Folgende Abfrage wird bei jedem Projekt durchgeführt:
1. Charakter der Mitbenutzung:
• Mitbenutzung zum Überflutungsschutz bei Starkregenereignissen oder
• Mitbenutzung im Rahmen eines Regenwassermanagements
2. Hauptnutzung der mitbenutzten Fläche
3. Bewirtschaftungsverantwortlichkeiten und Eigentumsverhältnisse der mitbenutzten
Fläche
4. Ursprung des anfallenden Regenwassers (Art der Fläche, von der das Regenwasser
abfließt)
5. Nutzung der Fläche, von der das Regenwasser abfließt und der potentielle
Verschmutzungsgrad dieser Fläche in Anlehnung an das DWA-Arbeitsblatt 138 [1]
6. Art der Bewirtschaftung des Regenwassers auf der mitbenutzten Fläche
Abbildung 1-1: Systematik zur Einordnung von Projekten der Mitbenutzung von Flächen
Über die Bachelorarbeit und darüber hinausgehende Recherchen, wie z.B. die Anfrage bei
den Hamburger Bezirken und bei Ingenieurbüros, wurden folgende Projektbeispiele in
Deutschland und insbesondere auch in Hamburg gefunden:
TP1: MITBENUTZUNG VON FLÄCHEN
10
• Notwasserwege Hochschulstadtteil Lübeck
• Meilskampsiedlung, Hamburg
• Auf dem Hohwart, Dortmund
• Zentrum für Nachhaltige Technologien, Berlin-Adlershof
• Bornstedter Feld, Potsdam
• Salem College, Überlingen
• Weiherfeld, Langenhagen
• Max Bahr, Hamburg
• Ackermannbogen, München
Zu den Projekten wurden systematisch Informationen gesammelt und in Datenblättern
zusammengefasst. Sie befinden sich im Anhang 1 – Deutschlandweite Projektbeispiele, der
als Download auf der Homepage der HCU bereitsteht.
Im Rahmen einer Diplomarbeit im Department Bauingenieurwesen der HCU wurden zwei
potentielle Flächen in Hamburg zur Umsetzung einer Mitbenutzung untersucht. Dabei
handelt es sich um eine öffentliche Grün- und Parkfläche an der Ulzburger Straße sowie eine
Fläche auf dem Vattenfall-Betriebsgelände an der Bannwarthstraße, auf dem sich ein
privater Parkplatz und eine Grünfläche befinden. Es wurde untersucht, ob sich diese Flächen
aufgrund ihrer technischen und organisatorischen Randbedingungen für eine Mitbenutzung
eignen. Es handelt sich um zwei Flächen im Bereich der so genannten
Handlungsschwerpunkte im Pilotbezirk Wandsbek (vgl. TP 5, Kapitel 5).
Im Rahmen der Diplomarbeit wurde für einen Handlungsschwerpunkt versucht, einen Teil
des Abflusses bei Starkregen durch Mitbenutzung abzufangen. Dazu wurde eine
Überflutungsfläche im westlich der Ulzburger Straße gelegenen Park vorgeschlagen. Diese
nimmt bei Starkregen einen Teil des Abflusses auf. Das Wasser soll dadurch zurückgehalten
und zum größten Teil versickert werden. Ein wesentlicher Effekt auf den
Handlungsschwerpunkt kann mit dieser Maßnahme jedoch nicht erzielt werden. Dies liegt
insbesondere daran, dass das „im Starkregenfall abgekoppelte“ Einzugsgebiet vor der
Parkfläche im Vergleich zum gesamten Einzugsgebiet zu klein ist. Bei der zweiten
ausgewählten Fläche (Vattenfall-Betriebsgelände) waren die Randbedingungen so
ungünstig, dass eine Umsetzung nicht in Betracht gezogen wurde.
Außerdem sind diverse Fragestellungen, wie die rechtlichen Rahmenbedingungen oder die
Zuständigkeit für Reinigung und Betrieb solcher Flächen, nach wie vor ungeklärt.
Eine Schlussfolgerung aus der Diplomarbeit ist, dass keines der beiden Beispiele konkret
umsetzbar ist. Die Randbedingungen für die Mitbenutzung sind zu ungünstig. Zwar könnte
mit einer Teilabkopplung bzw. dem Rückhalt von Niederschlagswasser im Starkregenfall ein
TP1: MITBENUTZUNG VON FLÄCHEN
11
Effekt für die Handlungsschwerpunkte erzielt werden, jedoch wäre dieser nicht so groß wie
erhofft.
Die Realisierung einer Mitbenutzung im Bestand wird grundsätzlich als schwierig
eingeschätzt. Ein Pilotprojekt zur Mitbenutzung sollte in Verbindung mit zukünftig geplanten
Neubau- oder Umbaumaßnahmen angeregt werden. Aufgrund der oben genannten
Unklarheiten und Schwierigkeiten bei der Suche nach potentiellen Pilotprojekten wurde ein
Workshop zur „Mitbenutzung von Flächen zur Regenwasserbewirtschaftung“ von
HAMBURG WASSER und der HCU im April 2009 organisiert. Die Ergebnisse des
Workshops sind in Kapitel 1.4.4 dokumentiert.
1.4.2 Mitbenutzung von Flächen zur Regenwasserrückhaltung in den USA
Für dieses Arbeitspaket wurden Behörden auf bundesstaatlicher, regionaler und kommunaler
Ebene, Experten in Forschung und Wissenschaft sowie einige Landschaftsplanungs-Büros
befragt. Es wurden 27 Fallbeispiele in sieben US Staaten identifiziert, die in Tabelle 1-1
zusammengefasst sind. Die Tabelle stellt keine vollständige Liste von Projekten der
Mitbenutzung in den USA dar.
Tabelle 1-1: Übersicht der Fallbeispiele zur Mitbenutzung in den USA
Staat Anzahl Städte
California (CA) 11 Los Angeles (4), San José (2), Palo Alto (2), Santa Clara (1), Redwood City (1), Sun Valley (1)
Connecticut (CT) 1 Enfield
Maryland (MD) 1 Fairland
Oklahoma (OK) 4 Tulsa (4)
Oregon (OR) 2 Portland (2)
Tennessee (TN) 6 Nashville (4), Murfreesboro (2)
Texas (TX) 2 Bastrop (1), Beaumont (1)
Zusammengefasst weisen die Beispiele folgende Charakteristika auf:
Von den 27 Anlagen sind 23 Grünflächen (städtische Grünanlagen, öffentliche und private
Sportfelder, überwiegend für Fußball und Baseball, oder Kombinationen von Sportfeldern
und Grünanlagen) und 4 Anlagen Parkplätze. Der Großteil der Anlagen wurde nachträglich
für eine Regenwasserrückhaltung umgerüstet; lediglich einige der Sportplätze wurden von
vornherein als Anlagen mit der Möglichkeit der Regenwasserrückhaltung geplant und
gebaut.
TP1: MITBENUTZUNG VON FLÄCHEN
12
Die meisten der im Rahmen der Recherche identifizierten Anlagen
• haben Einrichtungen wie Wehranlagen mit steuerbaren Abflussvorrichtungen, um das
Regenwasser gezielt leiten zu können
• stehen im Durchschnitt ein- oder mehrmals pro Jahr unter Wasser, und zwar für
mehrere Stunden oder vereinzelt sogar Tage
• nehmen Regenabflusswasser von benachbarten Lokalitäten auf. Die Tiefe der
temporär entstehenden „Wasserkörper“ reicht von wenigen cm bis vereinzelt zu
120 cm
• weisen geringe Unterhaltskosten auf. Dies betrifft in erster Linie die Mahd (im Falle von
Grünflächen) und die Reinigung nach Überflutung – hauptsächlich das Aufsammeln
von größeren Abfallteilen
• sind im Falle der Flutung nicht für den primären Zweck nutzbar (mit Ausnahme einiger
Parks, die erhöhte Wege haben und einiger Parkplätze)
• haben wenige 10.000 US $ in der Errichtung gekostet. Sie beziffern sich (nominell)
zwischen 5.000 US $ und 40.000 US $ (Errichtung zwischen ca. 1998 und 2004). Die
Kostenangaben sind jedoch mit Vorsicht zu behandeln. In vielen Fällen waren die
Zusatzkosten für die Möglichkeit der Regenwasserrückhaltung nicht eindeutig
ermittelbar.
In den USA ist ein zentrales Motiv für die Errichtung solcher Anlagen der Gewässerschutz –
der Schutz vor Erosion der Gewässer durch schnell abfließende Regenwassermengen
(„hydraulischer Stress“) aus Siedlungsgebieten. Die Verhinderung von Schäden an
Immobilien durch Überflutung ist ebenfalls ein wichtiges Anliegen.
In den meisten Fällen war die öffentliche Hand Initiator für den Bau der Anlagen. Zum Teil
legt das kommunale Regelwerk fest, dass neu bebaute Flächen keine zusätzlichen
Regenwasserabflüsse verursachen dürfen.
Die Erfahrungen mit den erstellten Anlagen sind überwiegend positiv. Diese Aussage ist
allerdings lediglich auf qualitative Einschätzungen der Interviewpartner gegründet. Negative
Erfahrungen beschränken sich auf Beschwerden, dass Sportfelder nach Überflutung schwer
zu bespielen sind, weil sie noch zu „matschig“ seien.
Weitere Informationen zu den einzelnen Projekten liegen bei der HCU vor.
TP1: MITBENUTZUNG VON FLÄCHEN
13
1.4.3 Vorstellung des Regenwassermanagements im KompetenzNetzwerk
HAMBURG WASSER bei den Bezirksämtern in Hamburg
Anfang 2008 wurde das Projekt Regenwassermanagement im KompetenzNetzwerk
HAMBURG WASSER den Bezirksämtern vorgestellt. In diesem Rahmen fand eine
schriftliche Abfrage bei den Bezirksämtern nach bekannten Flächen, die bereits für das
Regenwassermanagement mitgenutzt werden bzw. möglichen Flächen, die dafür geeignet
erscheinen, statt. Die benannten, vorhandenen und möglichen Flächen zur Mitbenutzung in
den einzelnen Bezirken sind in die Tabelle 1-2 bis Tabelle 1-4 in Kapitel 1.4.5 eingeflossen.
Weiterhin wurden die rechtlichen Rahmenbedingungen sowie Probleme aus Sicht der
Bezirksämter diskutiert.
Die Einschätzungen und Meinungen zum Thema Mitbenutzung von Flächen im
Starkregenfall waren sehr unterschiedlich. Während auf der einen Seite eine Mitbenutzung
nur in ausgewiesenen Überschwemmungsgebieten für möglich erachtet wurde, wurden auf
der anderen Seite eine ganze Reihe von theoretisch möglichen Mitbenutzungsflächen wie
z.B. Stadtplätze, Park- und Grünanlagen, einfache Fußballplätze („Bolzplätze“) oder auch
baulich angepasste Spielplätze und wenig genutzte Parkplätze genannt. Bei allen Flächen
zur Mitbenutzung sind zunächst die erforderlichen Rahmenbedingungen zu betrachten und
zu beurteilen. Negative Auswirkungen (wie z.B. Vernässung, Gefahr durch Glatteis o.ä.) sind
soweit möglich zu vermeiden. Betont wurde von allen Seiten der finanzielle Aufwand, den die
baulichen und betrieblichen Anpassungen von Flächen zur Mitbenutzung mit sich bringen
würden.
Straßen als Flächen zur Mitbenutzung wurden allgemein als kritisch beurteilt. Durch die
möglicherweise entstehende Einschränkung der Hauptnutzung wird mit Beschwerden bzw.
einer geringen Akzeptanz bei den Anliegern gerechnet. Außerdem wurde auf die Problematik
möglicher Schäden des Wegekörpers durch die zeitweilige Überflutung und den Einstau auf
der Oberfläche hingewiesen. In jedem Fall ist eine Schädigung des Eigentums Dritter (z.B.
durch Kellerüberflutung u. ä.) zu verhindern.
In Bezug auf die rechtlichen Rahmenbedingungen ergaben sich aus Sicht der Bezirksämter
zusammengefasst die folgenden Punkte, die der Klärung bzw. Anpassung bedürfen:
• Klärung der Zuständigkeiten bezüglich der Verkehrssicherungspflicht und Reinigung /
Betrieb der potentiellen Überflutungsflächen
• Klärung der Finanzierung von Regenwasserbewirtschaftungsmaßnahmen
• Stärkere Überprüfung der Einhaltung von wasserrechtlichen Auflagen (z.B.
Überschwemmungsgebietsverordnung, Gewässerschau, Einleitbegrenzung, Rückhalt)
� mehr Personal notwendig
• Anpassung der Gebührensatzung für Schmutz- und Regenwasser
• Anreize durch finanzielle Förderprogramme schaffen
TP1: MITBENUTZUNG VON FLÄCHEN
14
• Stärkeres Aufgreifen des Themas durch die Stadt- und Landschaftsplanung,
frühzeitiges Einbinden in zukünftige Bebauungspläne, Stärkung des
Regenwassermanagements im Baugesetzbuch (BauGB)
• Forderung einheitlicher Berechnungsgrundlagen für den Rückhalt von
Oberflächenwasser in der Erschließungsfläche � Einführung und Fortschreibung einer
„Globalrichtlinie“ für Hamburg durch die BSU
1.4.4 Workshop „Mitbenutzung von Flächen zur Regenwasserbewirtschaftung –
Chancen und Grenzen für Hamburg im Bestand und in der Planung“
Um die Diskussion zum Thema „Mitbenutzung“ mit Behördenvertretern Hamburgs anzuregen
und zu erörtern, welche Chancen aber auch Grenzen für die Umsetzung der Mitbenutzung in
Hamburg existieren, wurde gemeinsam von der HCU und HAMBURG WASSER ein
ganztägiger Workshop am 28. April 2009 durchgeführt. Vertreter von Hamburger Behörden
(BSU, LSBG, Bezirke, Schul- und Finanzbehörde), sowie von Ingenieurbüros,
HAMBURG WASSER, der HafenCity, der IBA und der HCU wurden dazu eingeladen. Die
Einladung wurde breit gestreut, um möglichst alle Fachbereiche und Disziplinen, die im
späteren Planungsprozess einbezogen werden müssen, an der Diskussion zu beteiligen.
Ziel der Veranstaltung war es, anhand von Beispielen, die in den letzten Jahren
deutschlandweit umgesetzt wurden, nach Umsetzungsmöglichkeiten einer Mitbenutzung zur
Entschärfung von Handlungsschwerpunkten in Hamburg zu suchen und mögliche
Pilotflächen zu finden.
Die Veranstaltung stieß auf großes Interesse in den angesprochenen Einrichtungen.
Insgesamt nahmen über 60 Teilnehmer an dem Workshop teil. Im ersten Teil der
Veranstaltung wurden die Gründe für die Mitbenutzung, die zu klärenden Fragestellungen
und fünf Projektbeispiele aus Deutschland und Hamburg vorgestellt. Anschließend wurde in
drei Arbeitsgruppen zu den Flächentypen „Straßen/Parkplätze“, „Grünflächen“ sowie „Spiel-
und Sportflächen“ an gemeinsamen Fragestellungen zu Chancen und Risiken der
Mitbenutzung und möglichen Lösungsansätzen gearbeitet. Im Anhang 2 – Dokumentation
des Workshops – ist ein ausführliches Protokoll zu den Ergebnissen der einzelnen
Arbeitsgruppen aufgeführt.
Die vorgestellten Fallbeispiele; „Notwasserwege Lübeck“, „Bornstedter Feld - Potsdam“,
„Weiherfeld - Langenhagen“, „Max Bahr - Hamburg“ und „Meilskampsiedlung - Hamburg“
sind im Anhang 1 – Deutschlandweite Projektbeispiele zusammengefasst. Die
Beispieldokumentation steht, wie bereits erwähnt, zum Download auf der Homepage der
HCU zur Verfügung. Eine Kurzbeschreibung für vier der vorgestellten Fallbeispiele findet
sich auch in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Garten und Landschaft [4].
In allen drei Arbeitsgruppen wurde sehr konstruktiv an den Fragestellungen gearbeitet.
Festzustellen war die Bereitschaft, Chancen und Risiken gleichermaßen offen
anzusprechen, aber auch über Wege zur Überwindung der Schwierigkeiten nachzudenken.
TP1: MITBENUTZUNG VON FLÄCHEN
15
Bestätigt hat sich die Einschätzung, dass die „Mitbenutzung“ sehr differenziert nach den
unterschiedlichen Flächentypen bzw. Nutzungsarten betrachtet und die Entscheidung und
konkrete Regelung immer im Einzelfall getroffen werden muss. Dies gilt sowohl für die
Häufigkeit, die Dauer und das Maß der Mitbenutzung als auch für den Unterschied zwischen
„Planung neuer Flächen“ und „Bestandssanierung“.
Folgende Chancen für die Mitbenutzung können zur Lösung der wasserwirtschaftlichen
Zukunftsaufgaben benannt werden, die zum Teil auch Chancen für andere Nutzungen
darstellen:
• Übergang von der vorhandenen unkontrollierten zu einer kontrollierten, planerisch-
konzeptionellen Mitbenutzung, dadurch Erhöhung des Überflutungsschutzes
• Abwehr von Schäden und Gefahren durch Überflutungen im Gewässersystem
(hydraulischer Stress)
• Synergien zur dauerhaften Sicherung und Finanzierung von Grünflächen durch die
wasserwirtschaftliche Mitbenutzung und der daraus resultierenden zusätzlichen
Begründung für den Erhalt der Grünflächen
• Flächeneinsparung durch Mitbenutzung
• Gestalterische Aufwertung von Flächen zur Regenwasserbewirtschaftung, Wasser als
„neues“ Erlebniselement auf den Flächen
Zusammenfassend lassen sich folgende Bedenken und Risiken der Mitbenutzung, aber auch
offene Fragen thematisieren:
• juristische Fragestellungen (Verkehrssicherungspflicht, Haftung, Trennung
„öffentliches“ und „privates“ Regenwasser in den aktuellen Gesetzestexten)
• fehlende Erfahrungen und Planungsleitlinien, z.B. im Hinblick auf Häufigkeit, Dauer und
Umfang der Mitbenutzung
• „zersplitterte“ Zuständigkeiten zwischen den Akteuren
• Finanzierung der Anlagen, Unterscheidung nach investiven und betrieblichen Kosten
sowie deren Verteilung auf die Akteure
• Qualität / stoffliche Belastung des Regenwassers
• Flächennutzungskonflikte / Akzeptanz durch die Nutzer
• Verkaufshemmnis mitbenutzter Flächen
• unklare Entwicklung: Von der seltenen Mitbenutzung zur häufigen Dauerlösung?
Auf dem Workshop wurden die bis dahin gesammelten Erkenntnisse zusammengefasst und
auf breiter Ebene diskutiert. Die wesentlichen Ergebnisse und die daraus resultierenden
Folgen sind in Kapitel 1.5 aufgeführt.
TP1: MITBENUTZUNG VON FLÄCHEN
16
1.4.5 Übersicht von realisierten Maßnahmen und möglichen Pilotprojekten in
Hamburg
Die folgenden Tabellen geben eine Übersicht der realisierten Maßnahmen (Beispielprojekte)
und möglichen Pilotflächen in Hamburg auf Basis der im Rahmen der Befragung der
Bezirksämter (vgl. Kapitel 1.4.3) und während des Workshops (vgl. Kapitel 1.4.4) benannten
und vorgestellten Flächen. Sie sind nach den Flächentypen Straßen- und Wegeflächen,
Grünflächen sowie Spiel- und Sportflächen geordnet. Allerdings konnten bisher nicht zu allen
Flächentypen realisierte bzw. potentielle Pilotflächen in Hamburg ermittelt werden.
Tabelle 1-2: Beispielprojekte für die Mitbenutzung auf Straßen- und Wegeflächen
Projektname Bezirk / Standort Kurzbeschreibung
Gewerbegebiet Höltigbaum
Hamburg Wandsbek / Rahlstedt
Entwässerung über Gräben mit Rückstauvolumen an der Straße, Erschließung von der Finanzbehörde
Gewerbe Hamburg Wandsbek
Speicherung des RW auf Parkplatz (Retention), gedrosselte Einleitung ins Siel
Bei der Lutherbuche (Bestand)
Hamburg Eimsbüttel / Lokstedt
Frei über die Straße ablaufendes Oberflächenwasser auch von anliegenden Grundstücken bis zum R-Siel Grandweg
Straße Siebenschön (Bestand)
Hamburg Eimsbüttel RW-Ableitung über die Straße
Baumarkt Max-Bahr Hamburg Eimsbüttel / Stellingen
Speicherung des RW auf Parkplatz, gedrosselte Einleitung ins Siel
Stuckestraße Hamburg Bergedorf
Oberflächenentwässerung von privaten und öffentlichen Flächen zusammen in Gräben
Straßen allgemein (Bestand) Hamburg
Rückhalt auf der Oberfläche (Pfützen), ungeplante Mitbenutzung zur Ableitung (Überflutung)
Mögliche Pilotflächen für eine Mitbenutzung von Straßen wurden nicht genannt. Bei den
aufgeführten Beispielprojekten zur Mitbenutzung von Straßen- und Wegeflächen ist zu
berücksichtigen, dass es sich insbesondere bei den mit Bestand gekennzeichneten Gebieten
nicht um eine geplante Mitbenutzung handelt, sondern die Mitbenutzung als Folge einer
aufgrund der städtebaulichen Entwicklung (Nachverdichtung etc.) unzureichenden oder nicht
vorhandenen Entwässerung erfolgt.
TP1: MITBENUTZUNG VON FLÄCHEN
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Tabelle 1-3: Beispielprojekte für die Mitbenutzung auf Grünflächen
Projektname Bezirk / Standort Kurzbeschreibung
Eppendorfer Park (Teich)
Hamburg Nord Entwässerung des Universitäts-Klinikums Eppendorf in einen Teich. Dieser dient als Retentionsraum vor der Einleitung in das Gewässer. Teich im Dauerstau (Abdichtung bis best. Wasserstand) / Randbereich wird mitbenutzt - dort auch Versickerung
B-Plan Harburg 66 / Neuland 22, Gewerbeerschließung „Schlachthofstraße“
Hamburg Harburg Oberflächenentwässerung mit Retention in Gräben und RRB, zusätzlich temporäre Mitbenutzung der A&E-Maßnahmenflächen für Rückstau bei Starkregen
Falkenbergsweg Harburg Überflutungsfläche wird als Bolzplatz mitbenutzt
B-Plan Marienthal 23 Hamburg Wandsbek
Grabenentwässerung, Teile der Grünfläche werden zur Ableitung mitgenutzt
Grootmoor, Am Damm (B-Plan Bramfeld 62 & 63)
Hamburg Wandsbek
Oberflächliche Ableitung in Gewässer (See), Mitbenutzung der Grünfläche zur Oberflächenentwässerung, Mitbenutzung der Spiel- und Bolzfläche im Starkregenfall
Fläche in Höhe der Straße Bekwisch
Hamburg Nord Wiese (Hundeauslauf) in öffentlicher Parkanlage. Südlich der U-Bahntrasse gibt es schon eine Renaturierung/Aufweitung. Diese könnte in südlicher Richtung fortgeführt werden
Tabelle 1-4: Mögliche Pilotflächen für Mitbenutzung auf Grünflächen
Projektname Bezirk / Standort Kurzbeschreibung
Renaturierung Jenischpark
Hamburg Altona / Klein Flottbek
Umsetzung der WRRL (noch in der Planungsphase) Planungsbüro: Planula, Planungsbüro für Naturschutz und Landschaftsökologie Landschaftsarchitekt: Dittloff + Paschburg
Straße „Wiesenhöfen“
Hamburg Wandsbek Wasser aus überflutungsgefährdetem Straßenbereich könnte über einen herzustellenden Abflussweg auf die Grünfläche eines Parks geleitet und dort versickert werden
Es wurden weder Beispielprojekte noch mögliche Pilotflächen für die Mitbenutzung auf Spiel-
und Sportflächen in Hamburg genannt. Beispiele außerhalb Hamburgs finden sich im
TP1: MITBENUTZUNG VON FLÄCHEN
18
Anhang 1 – Deutschlandweite Projektbeispiele, der zum Download auf der Homepage der
HCU bereit steht.
Folgende weitere potentielle Flächen im Bezirk Mitte, die bisher weder näher geprüft wurden
noch eingeordnet werden konnten, wurden benannt: an der Horner Rennbahn, am
Schleemer Bach zwischen der A 24 und dem Friedhof Öjendorf, am Havighorster Graben,
ein Rückhaltebecken an der A 1 unterhalb Steinfurths Diek, sowie am Mühlenteich /
Schleemer Bach.
Um für Hamburg ein Pilotprojekt zur gezielten und geplanten Mitbenutzung im Starkregenfall
initiieren zu können, kann möglicherweise eine der oben genannten Flächen geeignet sein.
Um zukünftig eine erste Abschätzung zur Eignung dieser Flächen durchzuführen, wurde ein
Fragenkatalog zur Vorprüfung zusammengestellt. Dieser findet sich in Kapitel 1.4.7.
1.4.6 Rechtliche Rahmenbedingungen
Einen wesentlichen Punkt zur Umsetzung der Mitbenutzung von Flächen stellen die
rechtlichen Rahmenbedingungen dar. Aus diesem Grund wurde vom Rechtsamt der BSU
zusammen mit dem LSBG ein Arbeitspapier verfasst, das auf die wesentlichen
Fragestellungen eingeht. Diese sind insbesondere:
• Unterhalts- und Folgepflicht,
• Verkehrssicherungspflicht und
• Bauplanungs- und Bauordnungsrecht.
Für eine bessere Bearbeitung und klare Gliederung der Problemstellungen wurden die
Flächen nach ihren verschiedenen Hauptnutzungen in folgende Fallgruppen eingeteilt:
• Trennung nach Eigentumsverhältnissen (private, öffentliche Fläche)
• Trennung nach Hauptnutzungen (Parkplatz- und Straßenflächen, Grünflächen, Spiel-
und Sportplatzflächen etc.)
Um die rechtlichen Rahmenbedingungen besser darstellen zu können, werden diese mit
Hilfe der Fallgruppen erläutert. Außerdem werden die technischen Voraussetzungen für eine
Mitbenutzung erläutert und ggf. Vorschläge zu technischen und organisatorischen Lösungen
gegeben. Die Ergebnisse zu den rechtlichen Rahmenbedingungen finden sich im Anhang 3
– Arbeitspapier Mitbenutzung von Flächen.
TP1: MITBENUTZUNG VON FLÄCHEN
19
1.4.7 Fragenkatalog zur Vorprüfung potentieller Mitbenutzungsflächen
Wie eine erste Ausarbeitung zur Untersuchung von potentiellen Mitbenutzungsflächen
ergeben hat, müssen die Problemstellung und die potentielle Fläche zuvor weitestgehend
auf ihre Randbedingungen geprüft werden. Hierzu wurden die grundlegenden Fragen
zusammengestellt. Im Rahmen der Vorprüfung sind ausschließende und hindernde
Umstände zu untersuchen und zu beurteilen. Hinderungsgründe schließen Kriterien ein, die
einen negativen Einfluss auf die Umsetzung der Mitbenutzung haben, aber durch technische
/ gestalterische / organisatorische Maßnahmen gelöst werden können.
Es soll mit der Vorprüfung geklärt werden, ob der Aufwand zur Umsetzung einer
Mitbenutzung im Vergleich zu konventionellen Regenwasserbewirtschaftungsmaßnahmen
angemessen ist. Dazu müssen bestimme Randbedingungen und ein Anreiz zur Umsetzung
der Mitbenutzung vorhanden sein.
Der wesentliche Anreiz im Bestand sind wiederkehrende Überflutungen. Beispiele für
bekannte Problempunke sind die im Teilprojekt 5 identifizierten Handlungsschwerpunkte. Die
Mitbenutzung kann hier eine (Teil-) Lösung der Überflutungsproblematik darstellen.
Ein Anreiz für private Eigentümer eine Mitbenutzung umzusetzen, kann eine
Einleitbegrenzung darstellen (Hamburgisches Abwassergesetz (HmbAbwG) § 7). Darf der
Eigentümer die auf seinem Grundstück anfallenden Niederschlagsmengen nicht vollständig
in das Kanalnetz einleiten, muss das Differenzvolumen zwischengespeichert, versickert und /
oder gedrosselt abgeleitet werden.
Werden durch eine Mitbenutzung von Flächen die selteneren Regenereignisse abgepuffert,
können die Anlagen zur Zwischenspeicherung u. U. kleiner gestaltet werden (Platzbedarf /
Kosten), siehe Beispiel Max Bahr Hamburg in Anhang 1 – Deutschlandweite Projektbeispiele
als Download auf der Homepage der HCU.
Die gesammelten und umgesetzten Beispiele haben die Mitbenutzung bereits in der
Planungsphase berücksichtigt. Die Erfahrungen zeigen, dass eine möglichst frühzeitige
Einbindung der Mitbenutzung bei der Festlegung des Entwässerungssystems sowie bei der
Aufstellung von Bebauungsplänen die Chancen einer erfolgreichen Umsetzung stark
erhöhen.
Bei bekannten Überflutungspunkten sollte eine Suche nach potentiellen Flächen in der
Umgebung, d.h. im hydraulisch angeschlossenen und wirksamen Bereich durchgeführt
werden. Diesbezüglich sollen durch die Mitbenutzung folgende Probleme bzw.
Problembereiche entschärft werden:
• zu hohe Wasserstände in Sielnetz und Entwässerungsgräben,
• ungeregelte Entwässerung / neues Entwässerungssystem notwendig,
• lokale Tiefpunkte mit hohem Zufluss an Oberflächenwasser bei Starkregen,
• Grundstücke, für die eine Einleitbegrenzung ausgesprochen wurde.
TP1: MITBENUTZUNG VON FLÄCHEN
20
Die potentiell mitbenutzten Flächen können sowohl im öffentlichen als auch im privaten
Bereich liegen. Bei einer intensiven Hauptnutzung ist es sinnvoll, nur kleine Teilflächen für
die Mitbenutzung vorzusehen.
Eine oberflächige Ableitung des Niederschlagswassers begünstigt die Randbedingungen für
die Realisierung einer Mitbenutzung. Ohne den Einsatz zusätzlicher technischer
Einrichtungen (Pumpe, Hebevorrichtung, etc.) kann Niederschlagswasser aus dem
Kanalnetz jedoch nur bei Ein- bzw. Überstau einer Mitbenutzungsfläche zugeführt werden.
Dies ist bei den definierten Problempunkten (Handlungsschwerpunkte) gemäß Kapitel 5
oftmals der Fall, da es sich hier um Überflutungsprobleme handelt.
Zur hydraulischen Situation sollten folgende Punkte geklärt werden (ohne Reihenfolge):
• Wird das Problem bereits durch andere (bauliche) Maßnahmen gelöst (z.B. durch
hydraulische Kanalsanierung)?
• Lage des Problempunktes (hydraulische Verknüpfung / Geländeneigung / Bebauung).
Klärung, ob ein Fließweg (möglichst im Freigefälle) zur potentiell mitbenutzten Fläche
möglich ist.
• Aufwandsabschätzung zur Umgestaltung des betroffenen Einzugsgebiets.
• Stoffliche Belastung / Verschmutzungsgrad des aus Kanalüberstau / Kanalüberflutung
stammenden Wassers (ggf. ist eine Regenwasserbehandlung erforderlich).
• Abschätzung der Wassermengen / des Überstauvolumens nach Einzugsgebiet und
Vergleich mit realisierbarem Volumen in der Fläche zur Retention und / oder
anschließender Versickerung
• Ist ein Überlauf in „tieferes / freies“ Entwässerungssystem möglich? Sind Anlagen wie
Pumpen (Hebeanlagen) oder ähnliches notwendig?
Weiterhin sollten mindestens die folgenden Punkte im Rahmen einer Vorprüfung potentieller
Flächen für die Mitbenutzung geprüft werden (ohne Reihenfolge):
• Eigentumsverhältnisse (öffentlich / privat)
• Gebietsnutzung und -entwicklung in der Zukunft
• Zuständigkeiten für die Instandhaltung und Pflege der Fläche
• Lage in Schutzgebieten (Wasserschutz, Naturschutz, u.a.)
• Vorhandensein von Altlasten, Kampfmitteln
• Besondere Schutzwürdigkeit (Bepflanzung, Befestigung, sonstige Objekte)
• Topographie
• Beschaffenheit des Untergrundes (Bodenart, Versickerungsfähigkeit)
• Grundwasserflurabstand und Gefahr von Staunässe
TP1: MITBENUTZUNG VON FLÄCHEN
21
Neben den genannten, zu prüfenden Randbedingungen unterliegt die Mitbenutzung immer
Nutzungskonflikten, welche einen Hinderungsgrund darstellen können. Durch geeignete
Maßnahmen oder Kompromisslösungen gilt es hier Nutzungskonflikte zu entschärfen.
Diesbezüglich sollten folgende Fragen geklärt werden (ohne Reihenfolge):
• Wie lang / intensiv ist die Einschränkung der Hauptnutzung (Nutzungsintensität /-
frequenz)? Können die Ausmaße der Einschränkungen den Erfordernissen der
jeweiligen Hauptnutzungsart angepasst werden?
• Ist in der Öffentlichkeit eine ablehnende Haltung zu erwarten (Akzeptanz)? Kann diese
geändert werden?
• Gibt es eine Gefährdung (Rückstau, Vernässung) benachbarter Flächen und Objekte?
Kann diese mit vertretbaren Mitteln verhindert werden?
• Ist ein (teilweiser) Flächenerwerb erforderlich?
• Besteht auch für private Eigentümer ein Anreiz zur Umsetzung einer Mitbenutzung bei
der Herstellung, Instandhaltung und Pflege (finanziell, vorhandene
Einleitmengenbegrenzung, u.a.)?
Weitere Hinweise zur allgemeinen Verwendung, Art und Herkunft von Grundlagendaten für
eine Ersteinschätzung möglicher Flächen für die Regenwasserbewirtschaftung und damit
übertragbar auch für die Mitbenutzung von Flächen gibt das DWA-Arbeitsblatt 138, Tabelle 4
[1]. Allgemeine Informationen zu Planungsabläufen finden sich im DWA-Merkblatt 176,
Anhang A [2].
Im Anschluss an die Voruntersuchung ist zwangsläufig die Verhältnismäßigkeit zwischen
dem Nutzen und dem erforderlichen Aufwand zu prüfen. Dadurch soll verhindert werden,
dass das gewählte Projekt aufgrund ungünstiger oder unwirtschaftlicher Randbedingungen
scheitert.
Nutzen und Aufwand können dabei wie folgt ausgedrückt werden:
• Nutzen = anhand der Abfrage geschätzter Effekt der Maßnahme z.B. in Bezug auf die
Größen Zwischenspeicher (Volumen) und Entwässerungssicherheit bei
Starkregenereignissen mit unterschiedlichen Jährlichkeiten (z.B. orientiert an den
Überflutungsnachweis gemäß DIN EN 752 [3])
• Aufwand = finanzieller Aufwand für die Planung, die Herstellung und den Betrieb sowie
organisatorischer Aufwand (Akzeptanzbildung, Zuständigkeitsregelung, Kostenteilung,
u.a.).
TP1: MITBENUTZUNG VON FLÄCHEN
22
1.5 Zusammenfassung und Ausblick
Im Teilprojekt 1 wurde das Thema Mitbenutzung diskutiert und für Hamburg eine Definition
der Mitbenutzung vorgeschlagen. Zudem wurden Empfehlungen für das weitere Vorgehen
erarbeitet.
Bei der Recherche nach Beispielprojekten hat sich ergeben, dass es bundesweit einige
wenige gute Beispiele gibt, die systematisch die „Mitbenutzung“ in das Konzept der
Regenwasserbewirtschaftung eingebunden haben. Die zusammengestellten Fallbeispiele
zeigen auf, wie die bei der Umsetzung der Mitbenutzung auftretenden Probleme im Einzelfall
überwunden werden konnten. Die Hamburger Initiative zur systematischen Bearbeitung
dieser Thematik erscheint in dem Zuge einzigartig in Deutschland, wobei die Notwendigkeit
hierzu von Fachleuten bundesweit bestätigt wird.
Während der Projektbearbeitung hat sich die Einschätzung bestätigt, dass die
„Mitbenutzung“ sehr differenziert nach den unterschiedlichen Flächentypen bzw.
Nutzungsarten betrachtet und die Entscheidung und konkrete Regelung immer im Einzelfall
getroffen werden muss. Dies gilt sowohl für die Häufigkeit, die Dauer und das Maß der
Mitbenutzung, als auch für die Unterscheidung zwischen der „Planung neuer Flächen“ und
der „Bestandssanierung“.
Ein Kostenvergleich von konventionellen und dezentralen Regenwasserbewirtschaftungs-
maßnahmen (wie einer Mitbenutzung) wurde bislang nicht durchgeführt. Dies ist jedoch
notwendig, um beurteilen zu können, ob die Umsetzung von Mitbenutzungsmaßnahmen
wirtschaftlich sinnvoll ist.
Zudem ist die weitergehende Bearbeitung der auf dem Workshop (Kapitel 1.4.4) unter
„Bedenken und Risiken“ zusammengetragenen Aspekte erforderlich:
• Entwicklung von Finanzierungsmöglichkeiten für Mitbenutzungsprojekte (z.B.
gemeinsamer Fond)
• Entwicklung von Planungsleitlinien
• Klärung von Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten
• Informationskampagne zur Aufklärung der beteiligten Akteure über neue
wasserwirtschaftliche Herausforderungen
• Ggf. Änderungen gesetzlicher Regelungen (z.B. HH-Wegegesetz, HH-Wassergesetz)
Im Rahmen des durchgeführten Workshops wurde von den Teilnehmern vereinbart,
gemeinsam an dem Thema Mitbenutzung von Flächen in Hamburg weiterzuarbeiten. Wichtig
ist hierbei die zeitnahe gemeinsame Umsetzung eines Pilotprojektes mit Vorzeigecharakter
unter Einbindung aller beteiligten Institutionen.
TP1: MITBENUTZUNG VON FLÄCHEN
23
1.6 Literatur
[1] DWA (Hrsg.): DWA-Arbeitsblatt 138 - Planung, Bau und Betrieb von Anlagen zur
Versickerung von Niederschlagswasser. Hennef, April 2005
[2] ATV-DVWK (Hrsg.): ATV-DVWK Merkblatt 176 - Hinweise und Beispiele zur
konstruktiven Gestaltung und Ausrüstung von Bauwerken der zentralen
Regenwasserbehandlung und –rückhaltung. Hennef, Februar 2001
[3] DIN EN 752: Entwässerungssysteme außerhalb von Gebäuden; Deutsche Fassung
EN 752:2008, Januar 2008
[4] Dickhaut, W., Kruse, E. und Waldhoff, A.: Mehr Platz für Regenwasser. Garten +
Landschaft, 12/2009
24
TP1: ANHANG 1
25
Anhang 1 – Deutschlandweite Projektbeispiele
Deutschlandweite Projektbeispiele
Beitrag zum Teilprojekt 1
„Mitbenutzung von Flächen in der Regenwasserbewirtschaftung“
im Gesamtprojekt Regenwassermanagement des
KompetenzNetzwerks HAMBURG WASSER
von der
HafenCity Universität Hamburg
Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Dickhaut
Dipl.-Ing. Elke Kruse
Download unter:
http://www.reap.hcu-hamburg.de/htdoc/forschung_publikation_de.html
26
TP1: ANHANG 2
27
Anhang 2 – Dokumentation des Workshops
Dokumentation des Workshops zum Thema:
„Mitbenutzung von Flächen zur Regenwasserbewirtscha ftung -
Chancen und Grenzen für Hamburg im Bestand und in der Planung“
durchgeführt am 28. April 2009
Beitrag zum Teilprojekt 1
„Mitbenutzung von Flächen in der Regenwasserbewirtschaftung“
im Gesamtprojekt Regenwassermanagement des
KompetenzNetzwerks HAMBURG WASSER
von der
HafenCity Universität Hamburg
und
HAMBURG WASSER
TP1: ANHANG 2
28
Impressum:
Dokumentation des Workshops zum Thema
„Mitbenutzung von Flächen in der Regenwasserbewirtschaftung“
Vorbereitung + Durchführung: HafenCity Universität Hamburg (HCU),
Forschungsgruppe REAP
Hebebrandstraße 1, 22297 Hamburg
und
HAMBURG WASSER
GE03 Projektgruppe Regenwassermanagement
Banksstraße 4-6, 20097 Hamburg
Datum des Workshops: 28. April 2008
Erscheinungsdatum: März 2010
TP1: ANHANG 2
29
A2.1 Arbeitsgruppe 1 – Straßen
Moderation: Wenke Schönfelder, HAMBURG WASSER
Referent: Jörn Garbers, Entsorgungsbetriebe Lübeck
Protokoll: Juliane Ziegler, HAMBURG WASSER
Allgemein
In der Arbeitsgruppe wurde sich zunächst auf folgende Eckpunkte zur Definition bzw. zum
gemeinsamen Verständnis von der „Mitbenutzung von Straßen“ geeinigt:
Bei der Mitbenutzung von Straßen ist primär die Straße als Transportweg (vgl.
Notwasserwege in Lübeck) zu verstehen. Die Mitbenutzung ist dabei nicht die Regel,
sondern der Extremfall. Gültige Bemessungskriterien für die Kanalisation und
Straßenentwässerungsanlagen werden durch eine Mitbenutzung der Straße nicht berührt.
Essentiell ist, dass jede Mitbenutzung im Einklang mit der Hauptnutzung stehen muss.
Wo werden von den Teilnehmern die Chancen der Mitbe nutzung gesehen?
Da es bereits heute bei Starkregenereignissen an einigen Punkten zu einer (unkontrollierten)
Mitbenutzung kommt, wird von der Gruppe die Chance darin gesehen, von einer
unkontrollierten zu einer kontrollierten Ableitung zu kommen, indem der Abfluss auf der
Oberfläche analysiert und der Straßenkörper gezielt für die Ableitung von Überstaumengen
ausgebildet wird.
Wie könnte eine Mitbenutzung von Straßen technisch aussehen?
Für die Möglichkeiten einer Mitbenutzung von Straßen müssen die verschiedenen
Straßentypen (Kategorien) unterschiedlich bewertet werden. Für die Mitbenutzung sollten
nicht ausschließlich die Fahrbahn, sondern insbesondere auch die Seitenräume
(einschließlich der Grünräume, Gräben), also der gesamte Raum zwischen den
Straßenbegrenzungslinien, betrachtet werden.
Im Einzelfall ist auch eine temporäre Speicherung (bzw. Einstau) auf der Straße denkbar;
dies allerdings eher als Zukunftsvision.
Erfahrungen aus Lübeck:
In Lübeck werden Notwasserwege für die Ableitung von Überstaumengen in Neuplanungen
berücksichtigt und in B-Plänen festgeschrieben (siehe Beispiel Hochschulstadtteil); im
Bestand wird punktuell durch Begehung vor Ort untersucht, wohin Überstaumengen fließen
TP1: ANHANG 2
30
und, wenn sinnvoll und möglich, Anpassungen der Fließwege vorgenommen, z.B. indem
Hochborde entfernt, Wege erniedrigt und natürliche Wasserwege gestaltet werden.
Warum wurde die Mitbenutzung von Straßen aus Sicht der Teilnehmer bisher kaum in
Hamburg umgesetzt? Welche Bedenken bzw. Risiken wer den dabei gesehen?
Folgende Gründe wurden innerhalb der Arbeitsgruppe genannt:
• Es bestehen Bedenken bezüglich
- der Verkehrssicherungspflicht,
- der Anliegerrechte (Drittschäden), sowie
- abgabenrechtlicher Konflikte.
• Die Konfliktbereitschaft für „neue Lösungen“ bei den Beteiligten ist begrenzt, da sie
hierbei möglicherweise rechtliche Prozesse und Schadensersatzforderungen riskieren.
• Flächen in B-Plänen und im Straßenraum sind begrenzt, daher kommt es vermehrt zu
Flächenkonflikten (Wasserwirtschaft für Rückhaltung versus andere Nutzungen).
• Das Thema der Entwässerung ist bei den zuständigen Planungsstellen (BSU, Bezirke,
Ingenieurbüros) nicht stark genug im Bewusstsein.
• Sinnvolle Lösungen einer Mitbenutzung von Straßen können öffentliche und private
Flächen mit einbeziehen sowie wasser- und abwasserwirtschaftliche Anlagen
umfassen. Hierbei ist ein wesentlicher Konfliktpunkt die Frage der Zuständigkeiten und
der Kostentragung (für investive sowie betriebliche Maßnahmen).
Was müsste aus Sicht der Teilnehmer getan werden, u m eine Umsetzung zu
erreichen?
Folgende Ideen für Möglichkeiten einer Unterstützung bzw. Förderung von Mitbenutzung
wurden diskutiert:
• Eine wesentliche Voraussetzung für eine Umsetzung ist die Bewusstseinsbildung und
die Festlegung der Wertigkeiten bestimmter Nutzungen (politische Leitbildentwicklung).
• Außerdem muss eine frühzeitige Einbringung der Mitbenutzung in die Planung
sichergestellt sein (in der B-Planaufstellung und in der Straßenplanung).
Möglicherweise müssen Planungsansätze angepasst werden.
• Jeder möglichen „Straßen-Mitbenutzung“ muss eine intensive Einzelfallprüfung
vorausgehen unter Berücksichtigung der Verkehrssicherung, der Anliegerrechte und
möglicher abgabenrechtlicher Konflikte.
• Der Verkehr bzw. die Anlieger sollten auf eine Mitbenutzung hingewiesen bzw.
vorbereitet werden (z.B. mit Beschilderung).
TP1: ANHANG 2
31
• Derzeit wird das Hamburger Wegegesetz novelliert; wenn möglich sollte in diesem
Zuge die Bedeutung der Entwässerung der Straßen hervorgehoben werden (und ggf.
die Nutzung als Notwasserwege bzw. temporären Speicherraum).
• Es wird vorgeschlagen, einen Fond einzurichten, der von den Beteiligten (BSU, HW)
gespeist und von einem „Schiedsgericht“ verwaltet wird (BSU, HW, Dritter
Unabhängiger), um aus gesamtwasserwirtschaftlicher Sicht sinnvolle Projekte
umsetzen zu können, die derzeit an einer „Zuständigkeitszersplitterung“ und damit
einhergehend fehlenden finanziellen Mitteln scheitern.
A2.2 Arbeitsgruppe 2 – Park- und Grünflächen
Moderation: Gerrit Bischoff, HAMBURG WASSER
Referenten: Winfried Richard, bgmr Landschaftsarchitekten
Stefan Reese, Klütz & Collegen
Protokoll: Axel Waldhoff, HAMBURG WASSER
Allgemein
Von den Teilnehmern werden insgesamt die Chancen zur Umsetzung von Mitbenutzungen
bei Neuplanungen als groß angesehen, vor allem im Bereich von Ausgleichsmaßnahmen für
Neubebauungen. Für den Bestand werden vermutlich nur Ausnahmefälle in Frage kommen.
Unter der Annahme, dass es in Zukunft vermehrt zu Überflutungsproblemen bei den
vorhandenen Entwässerungssystemen kommt, könnte die Mitbenutzung langfristig
unumgänglich werden.
Wichtig bei jeder Mitbenutzung von Grünflächen ist es, einen Landschaftsarchitekten sowie
alle betroffenen Akteure frühzeitig mit in den Planungsprozess einzubinden und die Belange
des Natur- und Landschaftsschutzes mit zu berücksichtigen.
Wo werden von den Teilnehmern die Chancen der Mitbe nutzung gesehen?
Die Chancen der Mitbenutzung von Grünflächen werden von den Teilnehmern bei folgenden
Punkten gesehen:
Für die Neuplanung:
• Durch eine Mitbenutzung ist eine gestalterische Aufwertung von Flächen, die für das
Regenwassermanagement genutzt werden, möglich und damit eine Aufwertung des
Wohnumfeldes. Dies kann die Akzeptanz durch die Anwohner und Nutzer steigern.
TP1: ANHANG 2
32
• In neuen Wohngebieten kann in einzelnen Fällen beispielsweise durch eine gezielte
Mitbenutzung einer Grünfläche als kurzfristiger Zwischenspeicher der Bau eines
Regenrückhaltebeckens vermieden werden. Damit können beim Bau von
Entwässerungssystemen Kosten eingespart werden. Außerdem kann - angesichts des
Mangels an Flächen im städtischen Raum - die Mitbenutzung als untergeordnete
Nutzung in Kombination mit der Hauptnutzung u. U. eine Möglichkeit zur
Flächeneinsparung sein.
Im Bestand:
• Einzelne Handlungsschwerpunkte - dies sind Standorte in Hamburg, bei denen es
häufig zu Überflutungen von Straßen und Kellern kommt – können durch eine
geregelte schadlose Ableitung des Regenwassers auf Grünflächen entschärft werden.
Durch diese Art des Überflutungsschutzes können Gefahren (z.B. Verkehrssicherheit)
und Schäden (z.B. Überflutung von Kellern) vermieden werden.
• Wenn im Bestand keine leistungsfähige Vorflut bei Starkregenereignissen gegeben ist,
kann durch die Mitbenutzung von Grünflächen Rückhalteraum zum Schutz der Vorflut
(z.B. Gewässer) bereit gestellt und damit zum Gewässerschutz beigetragen werden.
Warum wurde die Mitbenutzung auf Grünflächen aus Si cht der Teilnehmer bisher
kaum in Hamburg umgesetzt? Welche Bedenken bzw. Ris iken werden dabei gesehen?
Folgende Gründe wurden innerhalb der Arbeitsgruppe genannt, die sich vor allem auf
bestehende Grünflächen beziehen:
• Sowohl als Hinderungsgrund als auch als Chance wird die Intensität der Nutzung von
Grünflächen gesehen:
Starke Nutzungsintensität = Risiko
Geringe Nutzungsintensität = Chance
• In Hamburg besteht ein hoher Nutzungsdruck auf Grünflächen, zum Teil liegt bereits
eine „Übernutzung“ vor. Viele Institutionen der Stadt haben ein Interesse, vorhandene
bzw. in Neuplanungen vorgesehene Grünflächen für ihre Zwecke zu nutzen. Daher
sind die potentiellen Grünflächen, die für eine Mitbenutzung in Frage kommen, sehr
begrenzt.
• Die Mitbenutzung von Grünflächen als wasserwirtschaftliche Flächen erschwert bzw.
verhindert eine spätere Veräußerung der Flächen. Dies kann positiv zum
Bestandsschutz dieser Grünanlagen beitragen; wenn eine Veräußerung gewünscht ist,
stellt die Mitbenutzung allerdings ein Hindernis dar.
• Wenn dem Bürger unklar ist, wozu die Mitbenutzung dient und wie sie funktioniert
(Häufigkeit und Dauer der Mitbenutzung) kann aufgrund mangelnder Akzeptanz in der
Bevölkerung eine Umsetzung von Projekten zur Mitbenutzung schwierig sein. Als
Beispiel für mangelnde Akzeptanz sind die Alsterwiesen genannt worden.
TP1: ANHANG 2
33
• Es bestehen Bedenken bezüglich der Gestaltung / Ausbildung der Mitbenutzung in
Grünanlagen, vor allem im Bestand. Diese könnte ggf. negative Auswirkungen auf die
Attraktivität einer Grünanlage haben.
• Eine Gefahr wird darin gesehen, dass die Häufigkeit der Mitbenutzung infolge des
Klimawandels zunimmt. So könnte eine an sich seltene Mitbenutzung mit den Jahren
immer häufiger auftreten und so zur Dauerlösung werden.
• Bei Maßnahmen im Bestand kann die bauliche Umsetzung einer Mitbenutzung
aufgrund schwieriger Randbedingungen sehr kostenintensiv sein.
• Falls Pumpenanlagen für den Wassertransport notwendig sind, können auch die
Unterhaltungskosten für die mitbenutzten Grünflächen relativ hoch werden.
• Die für die Unterhaltung zusätzlich erforderlichen finanziellen Mitteln müssen den
zuständigen Bereichen (Grünflächenamt, Wasserwirtschaft, Bezirk,…) zur Verfügung
gestellt werden.
Was müsste aus Sicht der Teilnehmer getan werden, u m eine Umsetzung zu
erreichen?
Folgende Ideen für Möglichkeiten einer Unterstützung bzw. Förderung der Mitbenutzung
wurden diskutiert:
• Konzentration der Zuständigkeiten in der Wasserwirtschaft: Aus Sicht der an der
Wasserwirtschaft Beteiligten führt die Verteilung der Zuständigkeiten für die
verschiedenen Elemente des Entwässerungssystems zu Erschwernissen. Eine
Konzentration der Wasserwirtschaft auf weniger Institutionen wird diesbezüglich als
Erleichterung bei der Umsetzung angesehen, um den Austausch mit den weiteren
Zuständigkeiten in der FHH (wie in diesem Fall für Grünflächen) zu vereinfachen.
• Eine Klärung der Zuständigkeiten muss sowohl für Planung, Bau und Betrieb als auch
für die Finanzierung erfolgen, um so die Umsetzung der Mitbenutzung auf Grünflächen
zu erleichtern.
• Erstellung einer umfassenden Bedarfsanalyse, um zukünftig geeignete Flächen finden
zu können. Wo bestehen die Probleme und wo befinden sich dazu potentielle Flächen
zur Mitbenutzung? Dazu sollte eine Karte mit den Problempunkten erstellt und an die
entsprechenden Institutionen zur Prüfung weitergegeben werden.
• Es werden variable Jährlichkeiten für die Mitbenutzung in Abhängigkeit des
Flächentyps und der Nutzungsintensität der Fläche vorgeschlagen. Beispielsweise
unterliegen die Grünflächen im innerstädtischen Bereich einer höheren Sensibilität und
Nutzung als Grünflächen in Außen- oder Randbereichen.
• Informationskampagne zur Aufklärung der beteiligten Akteure in der politischen
Entscheidungsebene und in der Bevölkerung: Beispielsweise sollte das Potential zum
TP1: ANHANG 2
34
„Auffangen“ von Niederschlagswasser und so die Vermeidung von Gefahren und
Schäden dem Bürger deutlich gemacht werden.
• Es wird als sinnvoll erachtet, ein Pilotprojekt zur Mitbenutzung mit Vorzeigecharakter
umzusetzen. Durch ein solches Projekt können folgende Erfahrung gesammelt werden:
Planung, Betrieb, Umgang mit Nutzungskonflikten und Beurteilung der Kosteneffizienz
(auf Basis von Kostenvergleichsrechnungen).
A2.3 Arbeitsgruppe 3 – Spiel- und Sportflächen
Moderation: Elke Kruse, HafenCity Universität Hamburg
Referenten: Thomas Ostermeyer, Gruppe Freiraumplanung
Protokoll: Henning Schonlau, HAMBURG WASSER
Allgemein
Die Teilnehmer der Arbeitsgruppe waren sich einig, dass das Thema Regenwasser bzw.
Oberflächenentwässerung bereits auf der Ebene der Bauleitplanung betrachtet werden
muss, um es sinnvoll in die weitere Planung integrieren zu können. Dies geschieht bereits
oftmals in Hamburg. Es besteht jedoch eine Konkurrenz zwischen den Flächen für das
Regenwassermanagement und den Grünflächen bzw. Spiel- und Sportflächen, so dass die
Planung oft zu deren Lasten geht. Dabei behindern formale Hürden kreative Lösungen, um
diesem Konflikt zu entgehen.
Spiel- und Sportflächen werden bei der Erarbeitung eines Entwässerungskonzeptes in der
Regel nicht berücksichtigt, da keine Erfahrungswerte vorliegen. Von daher wäre aus Sicht
der Teilnehmer eine Pilotfläche sehr sinnvoll, um wichtige Erfahrungen sowohl für den
Planungsprozess, als auch für den Betrieb und die Pflege der Flächen sammeln zu können.
Wo werden von den Teilnehmern die Chancen der Mitbe nutzung gesehen?
Die Chancen der Mitbenutzung von Spiel- und Sportflächen werden von den Teilnehmern bei
folgenden Punkten gesehen:
• Aus ökonomischen Gesichtspunkten kann eine Mitbenutzung von Spiel- und
Sportflächen sinnvoll sein: Bei Neuplanungen kann so der Flächenverbrauch für das
Regenwassermanagement reduziert bzw. können Flächen für das
Regenwassermanagement mit einer weiteren Nutzung belegt werden, wie es bei dem
Projektbeispiel Weiherfeld aufgezeigt wurde. Hier werden die Flächen für das
Regenwassermanagement als informelle Spielflächen mitbenutzt. Im Bestand können
durch die Mitbenutzung von Spiel- und Sportflächen Problempunkte entschärft,
Schäden eingedämmt und damit Kosten reduziert werden.
TP1: ANHANG 2
35
• Es stehen nicht bei jedem Projektgebiet genügend Flächen für das dezentrale
Regenwassermanagement zur Verfügung, so dass Behörden und Planer an neuen
Möglichkeiten interessiert sind, wie in diesen Fällen damit umgegangen werden kann.
Die Mitbenutzung von Spiel- und Sportflächen könnte dabei ein wichtiger Baustein
sein.
• Durch die Mitbenutzung von Spiel- und Sportflächen können großzügige Anlagen
ermöglicht und dauerhaft gesichert werden. Es kann zur Finanzierung der Grünflächen
bzw. Spiel- und Sportflächen beitragen.
• Bei den Hamburger Schulen ist die Einleitbeschränkung des Regenwassers in das
öffentliche Kanalnetz oftmals ein Problem. Die Mitbenutzung von Spiel- und
Sportflächen auf dem Schulhof könnte hier ein Lösungsansatz sein, um auf große
unterirdische Rückhaltebecken verzichten zu können, die eine sehr teure Variante
darstellen.
• Wasser wird als Bereicherung des Spiels gesehen und sollte ein Alltagserlebnis für
Kinder sein, dass verstärkt bei der Planung insbesondere von Spielflächen einbezogen
werden sollte. Dann sind der Gefahrenschutz für die Kinder und die Akzeptanz durch
die Eltern größer.
Wie könnte eine Mitbenutzung von Spiel- und Sportfl ächen technisch aussehen?
Bei der Mitbenutzung von Spiel- und Sportflächen sollten folgende Voraussetzungen geklärt
sein bzw. beachtet werden:
• Festlegung von definierten Einstauhöhen als Planungsgrundlage, bis zu denen ein
Einstau von Spiel- und Sportflächen für Kinder unbedenklich ist.
• Es sollte nur ein kurzer Einstau eingeplant werden, um eine schnelle Bespielbarkeit der
Flächen nach Regenereignissen gewährleisten und die Nutzungseinschränkung auf ein
Minimum reduzieren zu können.
• Das plötzliche Einleiten von Regenwasser auf die mitbenutzte Fläche muss vermieden
werden.
• Im Vorfeld Festlegung vertraglicher Regelungen zum Umgang mit privatem und
öffentlichem Regenwasser und Definition von Übergabestellen (Wegerecht für
Wasser).
• Versickerung des Regenwassers sollte vor verzögerter Ableitung aus ökologischen
Gründen erfolgen.
• Die Technik und einwandfreie Umsetzung ist sehr wichtig für die Akzeptanz durch die
Nutzer und Anwohner.
• In der Planung muss das gestörte Bodengefüge im gesamten Projektgebiet während
des Bauablaufs berücksichtigt werden.
TP1: ANHANG 2
36
• Eine technische Nachrüstung sollte langfristig möglich sein, falls eine verstärkte
Zunahme von Starkregenereignissen erfolgen sollte.
Technische Umsetzung
• Sportflächen: flächendeckender Einstau von wenigen cm Höhe
• Spielflächen: höherer Einstau in kleinen und definierten Randbereichen, vgl. Projekt
Max Bahr (hier Parkplatzfläche). Spielflächen könnten durch Geländemodellierung so
gestaltet werden, dass erhöhte und einstaufreie Bereichen für die Spielgeräte zum
Schutz vor Beschädigungen und tiefer gelegte Bereiche zur Aufnahme des
Regenwassers ausgebildet werden. Diese könnten ggf. als Pflanzflächen gestaltet
werden.
• Einplanung einer Fließstrecke für das Regenwasser zur Säuberung bzw. zum
Absetzen von Schwebstoffen (Vermeidung von Schlammansammlung auf der
mitbenutzten Fläche)
• Einbau einer Drainage für Spielplätze wie bei Fußballplätzen
Warum wurde die Mitbenutzung von Spiel- und Sportfl ächen aus Sicht der Teilnehmer
bisher kaum in Hamburg umgesetzt? Welche Bedenken b zw. Risiken werden dabei
gesehen?
Es bestehen Bedenken in den folgenden Bereichen:
• juristische Fragestellungen (Verkehrssicherungspflicht, Haftung)
• fehlende Planungsgrundlagen, auf die sich bezogen werden kann (zulässige
Einstauhöhen etc.)
• Planung und Betrieb der Flächen: unklare Zuständigkeiten innerhalb der Bezirke /
Behörden
• Finanzierung wird haushaltstechnisch als problematisch eingeschätzt
• Stoffliche Belastung / Qualität des Regenwassers, das auf die Flächen geleitet werden
soll, ist oftmals unbekannt
Aufgrund fehlender Auflagen wurde die Mitbenutzung bisher kaum umgesetzt. Wenn die
Auflagen vorhanden wären, würden diese auch erfüllt werden. Zudem schrecken erschwerte
Randbedingungen in Bezug auf Zuständigkeiten, Finanzierung und Eigentumsverhältnisse
(im Bestand) vor einer Umsetzung ab.
Insgesamt haben die Teilnehmer die Mitbenutzung von Spiel- und Sportflächen positiv
beurteilt und können sich eine Umsetzung generell vorstellen. Spielplätze sind für Kinder ab
6 Jahren freigegeben und von daher wird die Gefährdung der Kinder hier nicht so kritisch
gesehen und das Regenwasser als Bereicherung des Spiels empfunden.
TP1: ANHANG 2
37
Was müsste aus Sicht der Teilnehmer getan werden, u m eine Umsetzung zu
erreichen?
Folgende Punkte müssten im Vorfeld geklärt werden, um eine Umsetzung zu ermöglichen
bzw. zu erleichtern:
• Haftungsfragen und rechtliche Rahmenbedingungen
• Klärung von Zuständigkeiten und Kompetenzen
• Regelung der Kostenübernahme für die Planung, den Bau und den Betrieb
• ggf. Neuregelung zum Umgang mit privatem und öffentlichem Regenwasser; mögliche
Kostenbeteiligung durch Private, falls das Regenwasser von privaten Flächen stammt.
Organisation: Planung / Bau
Die Zuständigkeit sollte insgesamt bei der Behörde liegen, die für die Hauptnutzung
verantwortlich ist, in Kooperation mit dem Tiefbauamt bzw. dem Entwässerungsplaner.
• Spielflächen: federführend ist der Bereich Stadtgrün der Bezirksämter in Koordination
mit dem Tiefbau bzw. dem Entwässerungsplaner
• Sportflächen: federführend ist das Sportamt bzw. die Schule in Koordination mit dem
Tiefbau bzw. dem Entwässerungsplaner.
Organisation: Betrieb / Unterhaltung / Pflege
Verantwortlich wäre die zuständige Behörde für die Hauptnutzung (Stadtgrün bzw. Sportamt
/ Schulamt). Für die Unterhaltung sollten Gelder zum Beispiel von der Stadtentwässerung
bzw. dem Bereich Wasserwirtschaft bereitgestellt werden. Dies könnte über eine pauschale
Summe x pro Jahr und m² Fläche bzw. m³ Rückhalteraum erfolgen.
38
TP1: ANHANG 3
39
Anhang 3 – Arbeitspapier Mitbenutzung von Flächen
Arbeitspapier Mitbenutzung von Flächen
Darstellung von realistischen Möglichkeiten einschließlich einer
rechtlichen Betrachtung
Erstellt durch das Rechtsamt der BSU
Ansprechpartner: Frau Mahro, Herr Mainusch
Stand: 08.07.2009
TP1: ANHANG 3
40
A3.1 Einleitung
Es ist aus wasserwirtschaftlicher Sicht sinnvoll, vorhandene Flächen als
Zwischenspeicherraum für extreme Niederschlagsereignisse mitzubenutzen. Im Rahmen
dieses Arbeitspapiers sollen die Möglichkeiten der Mitbenutzung von Flächen und deren
rechtliche Rahmenbedingungen aufgezeigt werden. Insbesondere sind Konfliktsituationen,
die bedingt durch die Mitbenutzung auftreten, zu identifizieren und rechtlich zu verorten. Zu
diesem Zweck werden im Folgenden verschiedene Fallgruppen der Mitbenutzung von
Flächen definiert und näher betrachtet. Das Konzept der einzelnen Fallgruppe wird jeweils
erläutert. Es werden die rechtlichen Rahmenbedingungen benannt und konkrete rechtliche
Fragestellungen abgeleitet.
Grundlegend für das Verständnis ist die Definition der Mitbenutzung. Das Teilprojekt 1,
Mitbenutzung des KompetenzNetzwerks HAMBURG WASSER hat diese Definition im
Kapitel 1.3 festgelegt.
A3.2 Hintergrund
Beschreibung des Konzepts:
Um in urbanen Bereichen der Stadt Hamburg Schäden durch Starkregen zu reduzieren, wird
eine Mitbenutzung von Flächen angedacht, um dort Regenwasser temporär zu speichern.
Eine Möglichkeit hierzu wäre das Auffangen des Regenwassers auf öffentlichen Flächen wie
z. B. Grün- und Parkanlagen. Deren Hauptnutzung wäre ggf. temporär beeinträchtigt, aber
mit einem hohen Grünflächenanteil weist Hamburg ein hohes Potential für
Regenwasserretention auf. Um das Regenwasser von einem überflutungsgefährdeten
Bereich zu einer mitzubenutzenden Fläche zu leiten, müssen ggf. auch Straßen- und
Wegeflächen mitbenutzt werden.
Durch die Mitbenutzung vorhandener oder zukünftiger Flächen könnte es möglich sein, eine
sinnvolle Ergänzung zu konventionellen Kanalbaumaßnahmen (Durchmesservergrößerung)
zu schaffen. Durch die Mitbenutzung von Flächen wird ein erhöhter Überflutungsschutz
sensibler Bereiche auch bei Starkregenereignissen, die nicht mehr vom
Entwässerungssystem aufgenommen werden können, erreicht.
Durch eine Kappung der Abflussspitze könnte darüber hinaus die hydraulische Belastung im
Gewässer reduziert werden. Somit kann gleichzeitig ein Beitrag zum Gewässerschutz
geleistet werden.
TP1: ANHANG 3
41
A3.3 Fallgruppen
Flächen in öffentlicher Hand
• Öffentliche Grün- und Erholungsanlagen (inkl. Waldflächen, Sport- und Spielplätze)
• Öffentliche Wege (insbesondere Straßen und Parkplätze)
Private Flächen
• Private Parkplätze, Straßen und Wege
• Private Teiche
• Private Grünflächen, Spiel- und Sportflächen
A3.4 Rechtliche Rahmenbedingungen
Die rechtlichen Einschätzungen in dieser Ausarbeitung wurden von den im Rechtsamt der
BSU mit Wasser- und Abwasserrecht befassten Kolleg/inn/en abgegeben. Die davon
erfassten bzw. betroffenen Rechtsmaterien befinden sich zu einem nicht unerheblichen Teil
in der Zuständigkeit anderer Stellen innerhalb der BSU oder anderer Fachbehörden. Aus
diesem Grund kann eine abschließende Abstimmung nicht durchgeführt werden. Die
Ausführungen stehen deshalb unter entsprechendem Vorbehalt.
Unabhängig von Vorstehendem ist es unerlässlich, jeden Einzelfall sehr sorgfältig zu
betrachten und auch rechtlich zu würdigen. Die darauf zu treffenden
Einzelfallentscheidungen liegen zumeist in der Zuständigkeit des jeweiligen Bezirksamtes.
Dem soll und kann hier in keiner Weise vorgegriffen werden.
Während die rechtliche und technische Ermöglichung einer Mitbenutzung bei der
Neuplanung einer Nutzung vergleichsweise unproblematisch sein dürfte, ist im Bestand mit
Schwierigkeiten zu rechnen, weil hier die bestehende (und für die Umgebung und die
Nutzenden gewohnte) Situation entsprechend den neuen Bedarfen in der Regel angepasst
werden muss.
I. Allgemeine Vorbemerkungen
Bei der Niederschlagswasserentsorgung auch über Mitbenutzung handelt es sich um
Abwasserbeseitigung, vgl. § 18 a WHG i. V. mit § 2 Hamburgisches Abwassergesetz
(HmbAbwG). Auf dem Gebiet der FHH obliegt die Aufgabe der Abwasserbeseitigung der
Hamburger Stadtentwässerung.
Gemäß § 8 (1) HmbAbwG haben Grundstücke, die der Sielanschlusspflicht nach
§ 6 HmbAbwG unterliegen, das Recht auf einen Sielanschluss. Das ist immer der Fall, wenn
TP1: ANHANG 3
42
das zu entwässernde Grundstück an einen Weg grenzt bzw. zu diesem seine Belegenheit
hat, in dem ein zur Aufnahme von Abwasser bestimmtes und geeignetes Siel liegt.
In der DIN-Norm EN DIN 752 / DWA-A 118 sind die Versagenshäufigkeiten von Kanalnetzen
definiert (Entwässerungskomfort).
Das Abwasser- bzw. Baurecht unterscheidet zwischen privaten
Grundstücksentwässerungsanlagen in Gebäuden und auf den Grundstücken und den
öffentlichen Abwasseranlagen der Hamburger Stadtentwässerung (HSE), die in aller Regel
in öffentlichem Grund bzw. auf städtischen Grundstücken liegen.
Nach geltendem Recht gibt es folgende Möglichkeiten, der Überlastung von Sielen zu
begegnen:
• So kann die Einleitmenge von Niederschlagswasser gemäß § 7 (1) Satz 3 HmbAbwG
unter bestimmten Voraussetzungen begrenzt werden, wenn die zu entwässernde
bebaute bzw. befestigte Fläche größer als 650 m² ist.
• Gemäß § 9 (3) HmbAbwG kann die Einleitung von Niederschlagswasser in ein Regen-
oder Mischwassersiel untersagt werden zu Gunsten einer Einleitung in ein
oberirdisches Gewässer, einer Versickerung auf dem Grundstück oder im Untergrund
einer öffentlichen Grünfläche. Dies allerdings nur, wenn sich dadurch keine
Abwassermissstände ergeben und solange noch kein Sielbaubeitrag entrichtet worden
ist. Entsprechendes kann der Senat gemäß § 9 (4) HmbAbwG durch
Rechtsverordnung auch gebietsweise anordnen.
• Gemäß § 9a HmbAbwG entfallen Anschlusspflicht und Benutzungszwang für
Niederschlagswasser, wenn dieses unter Beachtung der wasserrechtlichen
Bestimmungen versickert bzw. in ein oberirdisches Gewässer eingeleitet wird.
• Gemäß § 15 (2) Satz 2 Sielabgabengesetz i. V. mit § 1 (2) Verordnung über die Höhe
der Sielbenutzungsgebühr gilt ein verminderter Gebührensatz für Grundstücke, die
nicht an einem mit einem Regen- oder Mischwassersiel besielten Weg liegen oder
nicht in ein solches Siel entwässern.
Weiterhin ist auch immer das Gesetz zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung
(SOG) in die Betrachtung mit einzubeziehen.
Ferner gilt, dass der Grundrechtsschutz (insbes. der Bestandsschutz, Art. 14 GG) die
Maßnahmen auf privaten Grundstücken grundsätzlich auf Freiwilligkeit beschränkt.
Allerdings wäre ggf. zu prüfen, ob die Regelungen der §§ 70 und 71 des Hamburgischen
Wassergesetzes Anwendung finden können. Danach besteht unter engen Voraussetzungen
und gegen Entschädigung die Möglichkeit zur Duldungsverpflichtung von
Grundstückseigentümern, falls die Verlegung von "Anlagen zur Wasserversorgung,
Abwasserableitung, Bewässerung oder Entwässerung durch fremde Grundstücke“ oder eine
Mitbenutzung von Anlagen erforderlich ist.
TP1: ANHANG 3
43
II. Besondere Rechtsfragen für alle Fallgruppen
Für die Mitbenutzung der Flächen in allen Fallgruppen sind außerdem folgende weitere
rechtliche Bedingungen zu beachten, die in jedem Einzelfall zu überprüfen und zu bewerten
sind:
• Unterhaltungs- und Folgepflicht:
Die mitbenutzten Flächen müssen laufend – möglicherweise auch mit spezifischen,
mitbenutzungsbezogenen Anforderungen - unterhalten werden. Darüber hinaus gibt es aber
auch im konkreten Mitbenutzungsfall Folgen, deren unverzügliche Beseitigung
sicherzustellen ist. Dies kann die bloße Verschmutzung (z.B. durch Treibsel, Sedimente u.
ä.) aber auch die Beschädigung von der Hauptnutzung dienenden Anlagen sein (z.B.
Spielgeräte, Beete u. ä.). Sowohl die spezifischen Unterhaltungs- als auch die Folge- bzw.
Folgebeseitigungspflichten für den Fall eines Mitbenutzungsereignisses sind verbindlich zu
regeln. Dies muss so geschehen, dass die Hauptnutzung so wenig wie möglich
beeinträchtigt wird und ihr auch sonst keine Nachteile entstehen. Je nach konkretem
Einzelfall sind diese Regelungen in öffentlich-rechtliche Zulassungen aufzunehmen oder als
öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Verträge abzuschließen.
Da die Flächen in ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung erhalten bleiben, ist hinsichtlich
eines Anteils einer Mitbenutzung sowohl Zuständigkeit wie Kostentragung im Einzelfall zu
klären und verbindlich zu regeln.
• Verkehrssicherungspflicht:
Der Charme der Mitbenutzung liegt gerade darin, sonst völlig anderen Zwecken dienende
Flächen bei seltenen, extremen Starkregenereignissen kurzzeitig für die Wasserrückhaltung
zu nutzen, bevor das Wasser dann zeitverzögert abgeleitet wird. In diesem Fall wird die
Anlage aber buchstäblich ganz oder teilweise eine Andere. Da solche Ereignisse sich selten
lange vorher ankündigen und auch meist lokal nicht vorhergesagt werden können, ist der
konkrete Mitbenutzungsfall kaum „planbar“. Für die Benutzer gilt das naturgemäß in weit
größerem Ausmaß. Hinzu kann ein „Überraschungseffekt“ in der Form kommen, dass die
gewohnheitsmäßigen Nutzer nicht damit rechnen, dass etwa ein Spielplatz relativ schnell –
wenn auch nur wenige Zentimeter - mit Wasser überflutet werden kann. Hierdurch erhält die
ohnehin für zugängliche Flächen bestehende Verkehrssicherungspflicht ein ganz
besonderes Gewicht. Für Gartenteiche, Rückhaltebecken u. ä. bestehende Maßstäbe und
Erfahrungen sind hier kaum brauchbar, da es sich dort um ständige Einrichtungen handelt
und man sich deshalb auch auf die Gefahren einstellen kann.
Grundsätzlich gilt, dass jeder, der Gefahrenquellen schafft, die notwendigen bzw.
erforderlichen Vorkehrungen zu treffen hat, um absehbare Gefahren von Dritten
abzuwenden. Sind potentiell Kinder oder aber auch Menschen mit eingeschränkten
Fähigkeiten betroffen, sind gesteigerte Sicherheitsmaßstäbe anzulegen. Prinzipiell dürfen
auch in den – zumeist unvorhergesehen eintretenden Mitbenutzungsfällen – keine für die
Benutzer unbeherrschbare Gefahrensituationen entstehen. Die gebotenen Maßnahmen
hängen sehr von der Konstellation des Einzelfalles ab. Jedenfalls ist durch eine geeignete
TP1: ANHANG 3
44
Beschilderung auf die eingeschränkte Hauptnutzung und eventuelle konkrete Gefahren (wie
z.B. Vereisung) hinzuweisen. Zusätzlich ist den Anforderungen an die
Verkehrssicherungspflicht bei den baulichen Maßnahmen zur Einrichtung der
Mitbenutzungsfunktion von Flächen Rechnung zu tragen. Daneben sind erforderlichenfalls
organisatorische Vorkehrungen vorzusehen, um Gefahren auszuschließen.
Auch Abgrenzung, Inhalt und Wahrnehmung der Verkehrssicherungspflicht sind im Einzelfall
verbindlich zu regeln.
• Gewässerschutz
Soweit das Niederschlagswasser auf der mitbenutzten Fläche versickert, ist der
Gewässerschutz zu beachten: Versickerungen, d.h. die Einleitung von Niederschlagswasser
in das Grundwasser und Einleitungen von Niederschlagswasser in Gewässer bedürfen der
wasserrechtlichen Erlaubnis gemäß § 7 WHG. Dies ist nicht der Fall, wenn die Versickerung
der Verordnung über die erlaubnisfreie Versickerung von Niederschlagswasser auf
Wohngrundstücken unterfällt bzw. die Einleitung Gemeingebrauch gemäß § 9 WHG darstellt.
• Bauplanungs- und Bauordnungsrecht:
Soll eine in einem bestehenden Bebauungsplan für bestimmte Zwecke ausgewiesene Fläche
(z. B. öffentliche Grünfläche) der Mitbenutzung zugeführt werden, stellt sich unabhängig vom
einschlägigen Fachrecht die Frage nach der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit. Wegen
des gegenüber der Hauptnutzung nur sehr untergeordneten Umfangs der Mitbenutzung (nur
wenige Stunden seltener als alle fünf bzw. zehn Jahre, siehe auch Begriffsdefinition, Kapitel
1.3) dürfte diese keine eigene städtebauliche Relevanz in dem Sinne haben, dass es einer
Bebauungsplanänderung bedürfte.
Wird ein Bebauungsplan neu aufgestellt und ist die Mitbenutzung bereits konkret
beabsichtigt, bietet es sich aus Gründen der Rechtssicherheit an, die jeweilige Fläche
zusätzlich zur Festsetzung der Hauptnutzung mit einer mitbenutzungsbezogenen
„unverbindlichen Vormerkung“ zu kennzeichnen oder ggf. mit der zusätzlichen Festsetzung
„Fläche mit wasserrechtlichen Regelungen“ zu versehen.
Bedarf es für die Mitbenutzung bauordnungsrechtlich zu genehmigender Maßnahmen (z.B.
Abgrabungen), ist die erforderliche Baugenehmigung einzuholen.
• Fachrecht:
Die für die jeweilige Fachgruppe einschlägigen Fachgesetze enthalten über das Vorstehende
hinaus spezifische Regelungen zur Zweckbestimmung, der Zulassung von Abweichungen
und damit verbundenen Anforderungen. Darauf wird im Kontext der jeweiligen Fallgruppe
eingegangen.
III. Notabflusswege / Transportwege
Ein weiteres Element der Mitbenutzung stellen die so genannten Notabflusswege dar. In
diesen wird das „überschüssige“ Regenwasser über Straßen, Wege, Grünflächen oder sogar
TP1: ANHANG 3
45
private Flächen geleitet und zu weiteren Mitbenutzungsflächen transportiert. Faktisch gibt es
dadurch auch noch zusätzlich einen gewissen Zwischenspeicherungseffekt. In der Regel
dürfte es sich bei den Notabflusswegen um Abwasseranlagen handeln. Wegen der
besonderen wasserrechtlichen Zulassungsbedürftigkeit (Plangenehmigung bzw.
Planfeststellung) muss im Einzelfall ausgeschlossen werden, dass es sich nicht um ein
Gewässer handelt, was zumindest theoretisch möglich wäre.
Hinsichtlich des Bauplanungsrechts gilt das oben zur Mitbenutzung Ausgeführte. Hier wäre
zusätzlich zu prüfen, ob im konkreten Fall die Festsetzung eines Leitungsrechtes
vorgesehen werden kann.
A3.5 Betrachtung der Fallgruppen
I. Öffentliche Flächen
1. Öffentliche Grün- und Erholungsanlagen (inkl. Wa ldflächen, Sport und Spielplätze)
a) Konzept der Mitbenutzung
Das „überschüssige“ Regenwasser wird über Notabflusswege (z. B. offene Gräben, Siele
oder Pflasterrinnen) kontrolliert auf Grün- und Erholungsanlagen geleitet und dort kurzzeitig
zwischengespeichert. Nach dem Starkregenereignis wird das Wasser verzögert in das Siel /
Gewässer eingeleitet oder vor Ort versickert.
b) Technische Voraussetzungen
Die Grün– und Erholungsanlage muss so umgestaltet werden, dass das Wasser dort
gefahrlos zwischengespeichert werden kann. Wichtige Wegeverbindungen und empfindliche
Spiel- bzw. Sportgeräte sollten aus Sicherheitsgründen entsprechend angepasst und bspw.
erhöht ausgebildet werden.
Notabflusswege, die das Oberflächenwasser zur Fläche hinleiten, müssen hergestellt
werden. Um das Wasser nach dem Starkregenereignis wieder ins Siel oder ins Gewässer zu
leiten, sind die dafür notwendigen Entwässerungsanlagen herzurichten. Abhängig vom
Verschmutzungsgrad des Oberflächenwassers, des anstehenden Bodens und den zu
erwartenden höchsten mittleren Grundwasserspiegel, ist auch eine Versickerung des
Regenwassers möglich.
c) Nutzungskonflikte
• Ertrinkungsgefahr für Kinder
• Eingeschränkte Hauptnutzung
• Verunreinigung und / oder Schädigung der Anpflanzungen und Spielgeräte
• Eindringen des verschmutzen Oberflächenwassers ins Grundwasser
• Einleiten des verschmutzen Oberflächenwassers in Oberflächengewässer
d) Vorschläge zur Konfliktbewältigung
TP1: ANHANG 3
46
• Mit dem Einsetzen von Wasserkunst kann das Regenwasser für Wasserspiele genutzt
werden (Akzeptanz der Bevölkerung)
• Vorreinigung des Oberflächenwassers (Versickerung)
• Flächensicherung im B-Plan festlegen
• wenig genutzte Teilbereiche von Grünflächen bzw. Spiel- und Sportflächen mitnutzen
• Schädigung von Spiel- und Sportgeräten durch das Wasser so weit wie möglich
ausschließen
e) Rechtliche Betrachtung
• Grünanlagenrecht:
Das Gesetz über Grün- und Erholungsanlagen regelt zusammen mit der darauf
beruhenden Verordnung zum Schutz der öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen die
zulässigen Nutzungen. Ergänzt bzw. konkretisiert wird dies durch konkrete
Anordnungen für die jeweilige Anlage (§ 3 Abs. 2 des Gesetzes). Dem
Grünanlagenrecht unterfallen nicht nur Grünanlagen in engerem Sinn, sondern auch
Sport- und Spielplätze. Dem Zweck der Anlagen, der Gesundheit und Erholung der
Bevölkerung zu dienen, entspricht die Mitbenutzung ersichtlich nicht. Umgekehrt ist
aber auch ein ausdrückliches gesetzliches Verbot einer Mitbenutzung nicht ersichtlich.
Die Zulassung der Mitbenutzung bedarf deshalb im Einzelfall einer Erlaubnis gemäß
§ 4 Absatz 2 des Gesetzes, in der dann die notwendigen Folgeregelungen (s. o.) zu
treffen sind. Eine Änderung der Rechtsvorschriften dürfte für die Zulassung der
Mitbenutzung im Einzelfall nicht notwendig sein.
• Waldrecht:
Für Waldflächen sind einschlägig das Landeswaldgesetz sowie das
Bundeswaldgesetz. Soweit ersichtlich, sind dort keine Ausnahme von der Schutz- und
Zweckbestimmung des Waldes vorgesehen. Ggf. muss im Einzelfall geklärt werden, ob
eine Mitbenutzung unter den konkreten tatsächlichen Umständen als „waldverträglich“
hingenommen werden kann.
• Naturschutzrecht:
Häufig unterliegen öffentliche Grünanlagen und Wälder zugleich
naturschutzrechtlichem Gebietsschutz (z.B. als Landschaftsschutz- oder
Naturschutzgebiete). Selbstverständlich sind in solchen Fällen die einschlägigen
naturschutzrechtlichen Bestimmungen zu beachten.
f) Beispiele
Beispiele können der separaten Ausarbeitung der HCU entnommen werden.
TP1: ANHANG 3
47
2. Öffentliche Straßen und Wege
a) Konzept der Mitbenutzung
Bei der Mitbenutzung von Straßen und Wegen wird die Straße bzw. der Weg primär als
Transportweg genutzt. Es ist auch möglich das Niederschlagswasser kurzfristig
oberflächennah auf dem Wegekörper zwischenzuspeichern.
Für die Mitbenutzung können auch die begleitenden Entwässerungsgräben mit betrachtet
werden. Außerdem wäre es auch möglich das Niederschlagswasser kurzfristig
oberflächennah zwischenzuspeichern.
b) Technische Voraussetzungen
Die Straßen und Wege müssen so ausgebildet werden, dass das Wasser auf der Oberfläche
abgeleitet bzw. zwischengespeichert werden kann. Dies kann durch spezielle Hochborde
und andere Abläufe, z. B. mit geringer Leistungsfähigkeit, ermöglicht werden. Für das
Ableiten nach dem Ereignis werden die vorh. Abläufe genutzt.
c) Nutzungskonflikte
• Eingeschränkte Hauptnutzung
• Anliegerrechte, es darf kein Wasser auf die privaten Grundstücke fließen
• Vereisungsgefahr bei niedrigen Temperaturen
• Beim Trennsystem darf kein Regenwasser, z. B: über die Schächte, in die
Schmutzwasserkanalisation eindringen
• Beschädigung von Elektro- und Telekommunikationsschächten im Straßen- oder
Wegekörper
• Rückstaugefahr für die anliegenden Grundstücke
d) Vorschläge zur Konfliktbewältigung
• Durch Beschilderung auf eine eingeschränkte Hauptnutzung hinweisen
• Schachtabdeckungen konstruktiv so ausbilden, das kein Regenwasser eindringen kann
• Zuständigkeit und Kostentragung der investiven sowie betrieblichen Maßnahmen
klären
• Schutz der angrenzenden Grundstücke
• Flächensicherung im B-Plan festlegen
e) Rechtliche Betrachtung
Bei der Mitbenutzung von Straßen sind die Bestimmungen des Hamburgischen
Wegegesetzes zu beachten. Dabei ist sicherlich zu berücksichtigen, dass Straße und Wege
per se eine gewisse Entwässerungsfunktion wahrnehmen. Geht die Nutzung für
Abwasserzwecke aber über das „übliche“ Maß hinaus, bedarf dies der besonderen
Zulassung.
TP1: ANHANG 3
48
Im Übrigen gelten die vorangestellten allgemeinen Ausführungen mit besonderem
Augenmerk auf der Verkehrssicherungspflicht.
f) Beispiele
Beispiele können der separaten Ausarbeitung der HCU entnommen werden.
II. Private Flächen
Eine Mitbenutzung von privaten Flächen bedarf der Einwilligung des jeweiligen Eigentümers.
Eine Durchbrechung des Bestandsschutzes ist angesichts der weiterhin bestehenden
„konservativen“ Lösungsmöglichkeiten kaum denkbar.
1. Private Stellplatzanlagen
a) Konzept der Mitbenutzung
Bei einer Überlastung des öffentlichen Regenwassersieles wird über Notabflusswege (z. B.
offene Gräben, Siele oder Pflasterrinnen) kontrolliert das private Oberflächenwasser auf
private Parkplätze geleitet und dort zwischengespeichert. Nach dem Starkregenereignis wird
das Wasser verzögert in das Siel / Gewässer eingeleitet.
b) Technische Voraussetzungen
Der Parkplatz muss so umgestaltet werden bzw. geplant werden, dass das
Oberflächenwasser dort zwischengespeichert werden kann. Die fußläufigen Wege sollten so
ausgebildet werden, dass diese auch während des Starkregenereignisses benutzt werden
können. Es sind Notabflusswege herzustellen, um das Wasser auf die Fläche bzw. zu den
entsprechenden Bereichen zu leiten. Für das zeitverzögerte Ableiten nach dem
Starkregenereignis sollten die Entwässerungsanlagen (Rinnen, Abläufe) des Parkplatzes
genutzt werden.
c) Nutzungskonflikte
• Eingeschränkte Hauptnutzung
• Vereisungsgefahr bei niedrigen Temperaturen
• Verunreinigung des Parkplatzes
d) Vorschläge zur Konfliktbewältigung
• Akzeptanz durch Öffentlichkeitsarbeit, bspw. seitens Hamburg Wasser oder der
Hamburger Behörden
• Durch finanzielle Anreize (für die Bereitstellung der Flächen zur Zwischenspeicherung)
e) Rechtliche Betrachtung
Für die Umsetzung bedarf es der Einhaltung der oben allgemein beschriebenen rechtlichen
Rahmenbedingungen (insbesondere des Abwasser- und Baurechts) und natürlich des
Einverständnisses der Eigentümer.
TP1: ANHANG 3
49
f) Beispiele können der separaten Ausarbeitung der HCU entnommen werden.
2. Private Teiche
a) Konzept der Mitbenutzung
Bei einer Überlastung des öffentlichen Regenwassersieles wird über Notabflussleitungen (z.
B. offene Gräben, Siele oder Pflasterrinnen) kontrolliert Oberflächenwasser in den Teich
geleitet. Die Ausdehnung des Teichs nimmt dabei zu und die angrenzenden Uferbereiche,
die normalerweise über dem Wasserspiegel liegen, werden dadurch vernässt und somit
mitbenutzt. Nach dem Starkregenereignis wird das Wasser verzögert in das öffentliche Siel
abgeben oder es verdunstet bzw. versickert.
b) Technische Voraussetzungen
Der Teich muss so umgestaltet werden, dass die Uferbereiche überschwemmt werden
können, so dass das Oberflächenwasser dort zwischengespeichert werden kann. Es sind
Notabflussleitungen herzustellen um das Wasser in den Teich zu leiten. Für das Ableiten des
Wassers nach dem Ereignis sind Entwässerungsanlagen herzustellen und an das öffentliche
Siel (Kanalnetz) anzuschließen. Der Teich sollte einen Überlauf besitzen, mit einem
Anschluss an das Sielnetz bzw. in ein Gewässer.
c) Nutzungskonflikte
• Durch zu stark verschmutztes Regenwasser kann es zu einer stofflichen
Überbelastung (Fischsterben) des Teiches kommen
• Keine Trennung der privaten und öffentlichen Oberflächenentwässerung
• Verunreinigung des Teiches
• Unterhaltung bzw. Reinigung des Teiches
d) Vorschläge zur Konfliktbewältigung
• Die Reinigungspflicht der Anlage nach einem Starkregenereignis in die Hand der
Eigentümer bzw. Anwohner legen und diese dafür entschädigen
• Finanzelle Anreize für die Bereitstellung des Retentionsvolumens schaffen
• Schriftliche Einverständniserklärung aufsetzen
e) Rechtliche Betrachtung
Für die Umsetzung bedarf es der Einhaltung der oben allgemein beschriebenen rechtlichen
Rahmenbedingungen (insbesondere des Abwasser- und Wasserrechts, ggf.
Ausbauzulassung) und natürlich ggf. des Einverständnisses der Eigentümer bei privaten
Teichen.
f) Beispiele können der separaten Ausarbeitung der HCU entnommen werden.
TP1: ANHANG 3
50
3. Private Sportplätze bzw. Sportflächen
a) Konzept der Mitbenutzung
Bei einer Überlastung des Regenwassersieles wird über Notabflusswege (z. B. offene
Gräben, Siele oder Pflasterrinnen) kontrolliert Oberflächenwasser auf die Sportplätze bzw.
Sportflächen geleitet und zwischengespeichert. Nach dem Starkregenereignis wird das
Wasser verzögert in das Siel / Gewässer eingeleitet oder es verdunstet bzw. versickert.
b) Technische Voraussetzungen
Der Sportplatz muss so umgestaltet werden, dass das Oberflächenwasser dort
zwischengespeichert werden kann. Notabflussleitungen für das Fluten des Sportplatzes
müssen hergestellt werden. Für das Ableiten nach dem Ereignis sollten im Idealfall die vorh.
Entwässerungselemente des Sportplatzes genutzt werden.
Je nach Beschaffenheit des Sportplatzes kann auch eine Versickerung des
Oberflächenwassers möglich sein.
c) Nutzungskonflikte
Eingeschränkte Nutzbarkeit des Sportplatzes und mögliche Verunreinigung des Sportplatzes
nach dem Ereignis.
d) Vorschläge zur Konfliktbewältigung
• Finanzielle Anreize für die Bereitstellung des Retentionsvolumens schaffen.
• Die Reinigungspflicht der Anlage nach einem Starkregenereignis in die Hand der
Eigentümer legen und diese dafür entschädigen.
e) Rechtliche Betrachtung
Für die Umsetzung bedarf es der Einhaltung der oben allgemein beschriebenen rechtlichen
Rahmenbedingungen (insbesondere des Abwasser- und Baurechts) und natürlich des
Einverständnisses der Eigentümer
f) Beispiele können der separaten Ausarbeitung der HCU entnommen werden.
TP2: KARTEN FÜR DIE REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG
51
2. Karten für die Regenwasserbewirtschaftung
2.1 Einleitung
Die dezentrale Versickerung von Regenwasser am Entstehungsort stellt eine wesentliche
und wirkungsvolle Komponente der Regenwasserbewirtschaftung dar, die verschiedenen
Einflussfaktoren und Randbedingungen unterliegt.
Für eine flächendeckende Potentialanalyse der Versickerung und zur Erstinformation für die
Planer von Versickerungsanlagen ist eine GIS-gestützte Analyse dieser Einflussfaktoren und
ihre Bereitstellung von großem Wert. Für verschiedene Städte wurden solche Analysen
bereits durchgeführt und z. T. als Karten veröffentlicht (z.B. Düsseldorf [13], Dortmund [14],
Basel [15], Aachen [16], Dresden [17], Emschergenossenschaft [18]).
Dieser Bericht basiert auf dem folgenden Bearbeitungsstand:
• Abbildungen und zugrunde liegende Datenbankabfrage: Juni 2008
• Aktualisierung der Datenbankanfrage: Juni 2009
2.2 Ziele und Arbeitspakete
Ziel dieses Teilprojektes ist die Entwicklung eines auf die Hamburger Verhältnisse
angepassten Konzeptes zur Erstellung von Karten für die Regenwasserbewirtschaftung
anhand eines Pilotgebietes in Hamburg, Wandsbek-Marienthal. Unter Berücksichtigung der
relevanten Einflussfaktoren sollen die GIS-gestützten Karten Hinweise über die
Möglichkeiten der Versickerung von Niederschlagswasser liefern. Die Arbeiten wurden mit
der Software ArcView 9.3 von ESRI durchgeführt.
Dazu müssen die jeweils für die Einflussfaktoren in Hamburg vorliegenden Daten und
Informationen evaluiert und im Hinblick auf die Versickerung von Niederschlagswasser
analysiert und aufbereitet werden.
Die Karten für die Regenwasserbewirtschaftung sollen vorrangig einer großräumlichen
Bewertung und der Erstinformation dienen. Die konkrete Auswahl und Dimensionierung einer
geeigneten Versickerungsart (z.B. Flächen-, Mulden-, Rigolen- oder Schachtversickerung)
kann für jeden Einzelfall nur unter Hinzuziehung weiterer standortspezifischer Informationen
(z.B. Flächenangebot und -nutzung) und anhand der Ergebnisse evtl. notwendiger in-situ
Untersuchungen erfolgen. Dabei ist ggf. eine Belastung des Niederschlagswassers z.B.
gemäß DWA-Regelwerk A 138 [6] zu berücksichtigen.
Die Vorgehensweise für das Pilotgebiet soll Erkenntnisse und eine Aufwandsabschätzung für
ein flächendeckendes Vorgehen in Hamburg liefern.
TP2: KARTEN FÜR DIE REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG
52
2.3 Einflussfaktoren
Die Karten für die Regenwasserbewirtschaftung konzentrieren sich auf die hydro-
geologischen Einflussfaktoren Boden, Geologie und Grundwasserflurabstand. Soweit Daten
vorliegen, wird auch der mögliche Einfluss von Hang- und Stauwasser berücksichtigt. Neben
diesen grundsätzlich maßgeblichen Randbedingungen müssen bei der Versickerung von
Niederschlagswasser die Hangneigung (Topographie) sowie die Wasserschutzgebiete und
mögliche Altlasten berücksichtigt werden.
2.3.1 Boden
Der Boden übt über die Bodenart (Korngrößenzusammensetzung der mineralischen
Bodensubstanz), die Lagerungsdichte, die Gefügeausbildung und weitere Eigenschaften
maßgeblichen Einfluss auf die örtliche Infiltrationsfähigkeit aus. Diese Bodeneigenschaften
variieren mit der Bodentiefe, ihre Bedeutung kann summarisch über den Parameter
“gesättigte Wasserleitfähigkeit“ (auch Durchlässigkeitsbeiwert oder kf-Wert) quantifiziert
werden. Der kf-Wert wird durch Laboruntersuchungen an ungestörten Proben bestimmt oder
aus in-situ durchgeführten Infiltrationsversuchen abgeleitet. Eine Schätzung des
Durchlässigkeitsbeiwerts aus den oben genannten Bodenmerkmalen ist ebenfalls möglich
(AG Boden [1], siehe Abbildung 2-1). Allerdings sind die aus statistischen Auswertungen
abgeleiteten Schätzwerte mit erheblichen Streuungen versehen [9].
Nach DWA-A 138 wird der entwässerungstechnisch relevante Versickerungsbereich
entsprechend Abbildung 2-1 zwischen kf = 1*10-3 m*s-1 und kf = 1*10-6 m*s-1 festgelegt.
Abbildung 2-1: Durchlässigkeitsbeiwert (kf-Wert) von Lockergesteinen und entwässerungs-
technisch relevanter Versickerungsbereich
TP2: KARTEN FÜR DIE REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG
53
Dies sind überwiegend Sande und Kiese mit geringem Schluff- bzw. Tonanteil. Liegt der
kf-Wert unter 1*10-6 m*s-1, ist die Versickerungsfähigkeit des Untergrundes deutlich
eingeschränkt. Dies trifft auf Schichten mit überwiegend hohem Schluff- und Tonanteil (z.B.
Geschiebelehm und Geschiebemergel) zu. Einen Übergangsbereich stellen die schluffigen
Sande bzw. sandigen Schluffe dar.
Im Vergleich der Schätzwerte der AG Boden gemäß Tabelle 2-1 mit den im DWA-A 138
genannten Anforderungen an die Durchlässigkeit des Bodens, ergibt sich ein ähnliches Bild
wie in Abbildung 2-1. Bei lockerer Lagerungsdichte sind nur die Tone aufgrund zu geringer
Wasserleitfähigkeit ungeeignet. Bei einer stärkeren Verdichtung, wie sie im städtischen
Bereich häufig der Fall ist, reduzieren sich die geeigneten Bodenarten auf die reinen Sande,
die schluffigen und lehmigen Sande sowie die sandigen Lehme.
TP2: KARTEN FÜR DIE REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG
54
Tabelle 2-1: Schätzwerte der gesättigten Wasserleitfähigkeit in Abhängigkeit der Kornzusammensetzung und der Rohdichte, aus [1]
Der versickerungsrelevante Bereich nach DWA-A 138 ist grau unterlegt (10-6 m*s-1 < kf-Wert < 10-3 m*s-1).
Ton (< 2 µm, %) Schluff (2-63 µm, %) Sand (63-2000 µm, %) Gesättigte Wasserleitfähigkeit (m/s) Bodenart Minimum Maximum Minimum Maximum Minimum Maximum bei ρt < 1,4 bei 1,4 ≤ ρt < 1,6 bei ρt ≥ 1,6 Ss 0 5 0 10 85 100 4,3E-05 3,9E-05 2,7E-05 Sl2 5 8 10 25 67 85 1,9E-05 1,1E-05 6,0E-06 Sl3 8 12 10 40 48 82 1,1E-05 7,5E-06 3,4E-06 Sl4 12 17 10 40 43 78 1,2E-05 4,9E-06 2,4E-06 Slu 8 17 40 50 33 52 6,9E-06 3,2E-06 1,5E-06 St2 5 17 0 10 73 95 2,1E-05 1,4E-05 7,9E-06 St3 17 25 0 15 60 83 1,3E-05 4,9E-06 2,8E-06 Su2 0 5 10 25 70 90 2,0E-05 1,5E-05 7,6E-06 Su3 0 8 25 40 52 75 1,0E-05 6,8E-06 3,6E-06 Su4 0 8 40 50 42 60 6,7E-06 4,4E-06 2,0E-06 Ls2 17 25 40 50 25 43 6,1E-06 2,7E-06 1,2E-06 Ls3 17 25 30 40 35 53 8,6E-06 2,7E-06 1,3E-06 Ls4 17 25 15 30 45 68 7,9E-06 4,2E-06 1,3E-06 Lt2 25 35 30 50 15 45 3,8E-06 1,5E-06 6,9E-07 Lt3 35 45 30 50 5 35 2,3E-06 8,1E-07 3,5E-07 Lts 25 45 15 30 25 60 3,6E-06 1,2E-06 8,1E-07 Lu 17 30 50 65 5 33 5,2E-06 1,9E-06 6,9E-07 Uu 0 8 80 100 0 20 3,7E-06 1,5E-06 2,3E-07 Uls 8 17 50 65 18 42 5,7E-06 2,3E-06 8,1E-07 Us 0 8 50 80 12 50 4,3E-06 2,5E-06 5,8E-07 Ut2 8 12 65 92 0 27 3,7E-06 1,4E-06 2,3E-07 Ut3 12 17 65 88 0 23 4,7E-06 1,4E-06 3,5E-07 Ut4 17 25 65 83 0 18 5,2E-06 1,5E-06 3,5E-07 Tt 65 100 0 33 0 35 4,6E-07 3,5E-07 2,3E-07 Tl 45 65 15 30 5 40 9,3E-07 6,9E-07 2,3E-07 Tu2 45 65 30 55 0 25 9,3E-07 3,5E-07 2,3E-07 Tu3 30 45 50 65 0 20 2,1E-06 1,0E-06 3,5E-07 Tu4 25 35 65 75 0 10 3,8E-06 1,4E-06 3,5E-07 Ts2 45 65 0 15 20 55 9,3E-07 5,8E-07 3,5E-07 Ts3 35 45 0 15 40 65 1,7E-06 1,3E-06 9,3E-07 Ts4 25 35 0 15 50 75 5,9E-06 4,4E-06 9,3E-07 fS, fSms, fSgs 0 5 0 10 85 100 4,7E-05 3,5E-05 2,3E-05 mS, mSfs, mSgs 0 5 0 10 85 100 7,8E-05 5,7E-05 2,9E-05 gS 0 5 0 10 85 100 2,4E-04 9,7E-05 3,9E-05
TP2: KARTEN FÜR DIE REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG
55
Durch die Einbeziehung der bodenkundlichen Schätzwerte in die vorhandenen Informationen
kann eine Karte erstellt werden, anhand derer für jeden Bohrpunkt ersichtlich ist, ob der
Boden – ohne Berücksichtigung ggf. vorhandener Grundwasserstände – für eine
Versickerung geeignet ist (vgl. Abbildung 2-2).
Abbildung 2-2: Punktkarte der Versickerungsfähigkeit der Böden des Beispielgebiets (grün: versickerungsfähig gem. DWA-A 138, rot: nicht versickerungsfähig; kl. Kreise: bis
80 cm Tiefe, mittlere Kreise bis 120 cm, große Kreise: bis 200 cm)
Die Informationen wurden getrennt für die Tiefenstufen 0 cm bis 80 cm, 0 cm bis 120 cm und
0 cm bis 200 cm ausgewertet, wobei in jede Gruppe nur die Profile eingingen, die auch bis
zur jeweiligen Tiefe gebohrt wurden. Die Abbildung 2-2 zeigt deutlich, dass im
überwiegenden Gebiet eine Versickerungsfähigkeit nach DWA-A 138 gegeben ist. Rund
80 % der Punkte weisen eine ausreichende Durchlässigkeit bis in 2 m Tiefe auf. Anhand des
Farbwechsels von grün auf rot bei einigen Positionen kann die Begrenzung der
Versickerungsfähigkeit mit der Tiefe erkannt werden. Die Verteilung der nicht-
versickerungsfähigen Punkte ist relativ gleichmäßig über das Projektgebiet, so dass trotz
örtlicher Konzentration immer wieder einzelne Punkte verminderter Versickerungsfähigkeit in
Teilflächen vorkommen, die ansonsten eine hinreichende Versickerungsfähigkeit aufweisen.
Anhand des Beispielgebietes kann gezeigt werden, dass die Bodeninformationen eine
wertvolle Planungshilfe darstellen, da diese zuverlässig wichtige Einflussfaktoren der
Versickerungsfähigkeit des Bodens wiedergeben und hinreichende Erfahrungen mit der
Umsetzung der Felddaten in Empfehlungen für die Planung bestehen. Da jedoch eine
flächendeckende Bodenkartierung für ganz Hamburg nicht vorliegt, lässt sich die für das
TP2: KARTEN FÜR DIE REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG
56
Beispielgebiet vorhandene Aussagekraft nicht ohne weiteres auf andere Teile der Stadt
übertragen.
2.3.2 Geologie
Geologische Karte
Zur Beurteilung der Versickerungsfähigkeit des Untergrundes gibt die Geologische Karte im
Maßstab 1:5000 (oder als Übersichtskarte im Maßstab 1:50.000) einen ersten Hinweis auf
die generelle Untergrundstruktur.
Abbildung 2-3: Geologische Karte 7038 im Maßstab: 1:5000 (Bildschirmdruck des
ArcView-Projekts)
Die Geologische Karte liegt, zusammengesetzt aus mehreren Einzelkarten, für gesamt
Hamburg vor und basiert auf ca. 250.000 Bohrungen. Die Bohrungsdaten werden im Archiv
des Geologischen Landesamtes (GLA) digital vorgehalten.
Die Geologische Karte beschreibt die geologischen Verhältnisse in 2,0 m Tiefe, d.h. der
Oberbodenbereich wird hier nicht weiter betrachtet. So zeigt diese Flächenkarte, ob in 2,0 m
Tiefe ein versickerungsfähiger Untergrund (z.B. Schmelzwassersand) vorhanden oder ob die
Versickerungsfähigkeit des Untergrundes durch bindige Ablagerungen (z.B. Geschiebelehm
bzw. Geschiebemergel) behindert ist.
TP2: KARTEN FÜR DIE REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG
57
Punktkarte des versickerungsfähigen Untergrundes
Eine wesentliche Voraussetzung für die Versickerung von Niederschlagswasser ist die
Durchlässigkeit des Untergrundes. Wie in Kapitel 2.3.1 bereits beschrieben, hängt die
Durchlässigkeit des Untergrunds überwiegend von der Korngröße, der Kornverteilung und
der Lagerungsdichte ab und wird durch den Durchlässigkeitsbeiwert (kf-Wert) ausgedrückt.
Für die weitere Bearbeitung wird über den entwässerungstechnisch relevanten
Versickerungsbereich (nach DWA-A 138 mit kf = 1*10-3 m*s-1 bis kf = 1*10-6 m*s-1) die
Versickerungsfähigkeit des Untergrundmaterials festgelegt. Daraus lässt sich wiederum eine
Punktekarte, basierend auf der Bohrungsdatenbank des GLA, ableiten. Jeder einzelne Punkt
der Fachkarte stellt eine archivierte Bohrung dar. Mit einer mehrstufigen Access-Abfrage
wird die Mächtigkeit der oberflächennahen Sande für jede einzelne Bohrung ermittelt. Die
Abfrage greift auf einzelne Datenfelder einer Oracle-Datenbank zu, die die gesamten
Bohrungsinformationen (Stamm- und Schichtdaten eines Schichtenverzeichnisses)
beinhaltet.
Bei der Access-Abfrage sind nachfolgende Schritte erforderlich:
• Eingrenzung des räumlichen Abfragebereiches (Stammdaten: DK5 oder Hoch- und
Rechtswert)
• Prüfung der Stammdaten (sind Hoch- und Rechtswert sowie Geländehöhe
vorhanden?)
• Abfrage der Schichtdaten der ausgewählten Bohrungen
• Definition der ersten stauenden Schicht als Begrenzung des versickerungsfähigen
Untergrundes. Die stauende Schicht wird über den Hauptmengenanteil (PETH: z.B.
Schluff und Ton) und die Genese (GEN: z.B. Geschiebelehm und Geschiebemergel)
definiert.
• Ausweisung der Bohrungen, die bis zur Endteufe der Bohrung einen durchgehenden
versickerungsfähigen Untergrund aufweisen. Die Aussage zur Versickerungsfähigkeit
wird hier durch die Endteufe der Bohrung limitiert.
TP2: KARTEN FÜR DIE REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG
58
Abbildung 2-4: Abfrageergebnisse zur Mächtigkeit des versickerungsfähigen Untergrundes
(Bildschirmdruck des ArcView-Projekts)
Die Abfrageergebnisse zur Mächtigkeit des versickerungsfähigen Untergrundes können mit
Hilfe eines Geographischen Informationssystems (ArcView / ArcGIS) in frei gewählten
Mächtigkeits- bzw. Tiefenstufen dargestellt werden.
Punktkarte der versickerungsfähigen Tiefen unter Be rücksichtigung des
Grundwasserniveaus
In dieser Fachkarte für die Regenwasserbewirtschaftung wird die tatsächlich zur Verfügung
stehende versickerungsfähige Tiefe als Punktkarte dargestellt. Die versickerungsfähige Tiefe
hängt vom Auftreten der ersten stauenden Schicht und vom Grundwasserstand ab. Als
Grundlage für die weitere Betrachtung werden die Punktkarte des versickerungsfähigen
Untergrundes sowie der Grundwassergleichenplan für den ersten Hauptgrundwasserleiter
herangezogen. Es wird der Grundwassergleichenplan des Nassjahres 1995 [4] verwendet,
der die höchsten Grundwasserstände dieses hydrologischen Jahres berücksichtigt. Bei der
Verschneidung der einzelnen Datenebenen sind die nachfolgenden Schritte erforderlich:
• Durch die topographische Verbindung (ArcView) der Datenebenen wird der zuvor
erzeugten Datentabelle (versickerungsfähiger Untergrund) ein Datenfeld mit dem
nächstgelegenen Grundwasserstand (Grundwassergleichenplan 1995) angefügt.
• Die Datentabelle wird mit dem nächstgelegenen Geländehöhenwert aus dem digitalen
Höhenmodell (hier 10 m-Raster) des Landesbetriebes für Geoinformation und
Vermessung (LGV) ergänzt.
TP2: KARTEN FÜR DIE REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG
59
• Prüfung der Daten auf negative Flurabstände und Abweichungen zwischen den
Geländehöhen (Erfassung rechnerischer Fehler: negative Flurabstände werden mit
einem Platzhalter-Wert versehen)
• Niveauabgleich zwischen der stauenden Schicht und dem entsprechenden
Grundwasserstand. Liegt die Stauschicht über dem Grundwasserstand, begrenzt die
Stauschicht die versickerungsfähige Tiefe. Liegt jedoch der Grundwasserstand über
der Stauschicht, begrenzt das Grundwasserniveau die versickerungsfähige Tiefe.
• Niveauabgleich zwischen Bohrungen, die einen durchgehend versickerungsfähigen
Boden bis zur Endteufe aufweisen und dem ermittelten Grundwasserstand. Liegt der
Grundwasserstand über der Endteufe der Bohrung, begrenzt das Grundwasser die
versickerungsfähige Tiefe. Liegt jedoch der Grundwasserstand unterhalb der Endteufe
der Bohrung, wird die versickerungsfähige Tiefe durch die Endteufe der Bohrung
limitiert.
Die Abfrageergebnisse zur Mächtigkeit der versickerungsfähigen Tiefe können auch hier mit
Hilfe eines Geographischen Informationssystems (ArcView / ArcGIS) in frei gewählten
Mächtigkeits- bzw. Tiefenstufen dargestellt werden.
Abbildung 2-5: Abfrageergebnisse zur Mächtigkeit der versickerungsfähigen Tiefe
(Bildschirmdruck des ArcView-Projekts)
Über das Info-Tool von ArcView ist es möglich, die Tabellendaten jeder einzelnen Bohrung
direkt abzufragen. Dies ermöglicht einen schnellen Zugriff auf die Detailinformationen jeder
Bohrung.
TP2: KARTEN FÜR DIE REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG
60
2.3.3 Grundwasserflurabstand
Die Differenz aus der Geländeoberfläche und der Grundwasseroberfläche bzw. –druckfläche
ist der Flurabstand. Für die Berechnung der verschiedenen Flurabstände wurden jeweils die
Geländehöhendaten (hier 50 m-Raster) des LGV als oberes Bezugsniveau verwendet.
Flurabstand zur Grundwasseroberfläche
Bei der Berechnung des Flurabstandes zur Grundwasseroberfläche [5] ist zu unterscheiden,
ob es sich im ersten Hauptgrundwasserleiter um gespanntes oder freies Grundwasser
handelt. Dazu wurde der Grundwassergleichenplan des Nassjahres 1995 [4] verwendet, der
die höchsten Grundwasserstände zwischen 1980 und 1999 repräsentiert. Gespannte
Verhältnisse liegen vor, wenn der erste Hauptgrundwasserleiter im geologischen Profil durch
eine wasserundurchlässige Deckschicht begrenzt wird und gleichzeitig die
Grundwasserdruckfläche im Niveau dieser Deckschicht liegt. Bei der Bearbeitung wurden
außerdem mehr als 6.000 Bohrungen mit Hilfe von Profiltypenkarten auf diesen Sachverhalt
hin untersucht. Lagen gespannte Verhältnisse vor, wurde der dem Bohrpunkt zugeordnete
Grundwasserstand auf die Basishöhe der Deckschicht herabgesetzt. Bei ungespannten
Verhältnissen liegt der Grundwasserstand unterhalb der Deckschicht oder es ist keine
Deckschicht vorhanden, folglich muss der Wasserstand nicht angepasst werden.
Abbildung 2-6: Flurabstand zur Grundwasseroberfläche (Bildschirmdruck des ArcView-
Projekts)
Die so erzeugte Flurabstandskarte der Grundwasseroberfläche (vgl. Abbildung 2-6) weist
klassifizierte Flächen des Flurabstandes aus.
TP2: KARTEN FÜR DIE REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG
61
Flurabstand zur Grundwasserdruckfläche
Bei der Berechnung des Flurabstandes zur Grundwasserdruckfläche findet keine
Unterscheidung zwischen gespanntem oder freiem Grundwasser statt. Die
Grundwasserdruckfläche wird durch den Grundwassergleichenplan des Nassjahres 1995 [4]
beschrieben.
Abbildung 2-7: Flurabstand zur Grundwasserdruckfläche (Bildschirmdruck des
ArcView-Projekts)
Die erzeugte Flurabstandskarte der Grundwasserdruckfläche [5] weist Isolinien des
Flurabstandes auf. Der Wertebereich für das Pilotgebiet Marienthal reicht von 0 m bis 11 m
(Äquidistanz = 1 m), wobei die Abstufungen 0,25 m und 0,5 m mitgeführt werden.
Talstrukturen treten deutlich mit geringen Flurabständen hervor. Besonders in diesen
Bereichen kann es zu negativen Flurabständen kommen, wenn einzelne kleine
Oberflächengewässer bei der Konstruktion des Grundwassergleichenplans nicht als
vorflutwirksam berücksichtigt wurden.
2.3.4 Stauwasser
Anhand von bodenkundlichen Untersuchungen wird ersichtlich, in welchem Maße der
örtliche Boden durch den Einfluss von Grund- oder Stauwasser geprägt wurde. Diese
Informationen sind wiederum für die Frage der Regenwasserversickerung von erheblicher
Bedeutung, da unabhängig von der Infiltrationsfähigkeit des Oberbodens wasserführende
Schichten in der Tiefe die Wasseraufnahmefähigkeit des Bodens stark begrenzen können.
Die Abbildung 2-8 zeigt die Intensität des Wassereinflusses. Im Pilotgebiet Marienthal gibt es
TP2: KARTEN FÜR DIE REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG
62
nur wenige Bereiche, in denen bereits oberbodennah Wasser festgestellt wurde (blaue und
türkise Kreise, z. B. südlich Rodigallee, südwestlich Horner Kreisel).
Abbildung 2-8: Karte des Grund- oder Stauwassereinflusses
(weiß: kein Wassereinfluss; blau: Einfluss oberhalb 0,4 m; türkis: Einfluss
zw. 0,4 – 0,8 m; gelb: Einfluss zw. 0,8 – 1,2 m; orange: Einfluss zw. 1,2 – 1,6
m; rot: Einfluss unter 1,6 m)
Die Informationen zum Stau- bzw. Hangwassereinfluss werden ebenfalls aus den Daten der
Stadtbodenkartierung (vgl. Kapitel 2.3.1) gewonnen und finden als Punktinformationen
Berücksichtigung in der Versickerungspotentialkarte für das Pilotgebiet Marienthal.
2.3.5 Hangneigung
Mit zunehmender Hangneigung ergeben sich Probleme für die dezentrale
Regenwasserbewirtschaftung. Die Hangneigung beeinflusst die Dimensionierung und den
Bauaufwand und damit die Wirtschaftlichkeit von Regenwasserbewirtschaftungsanlagen.
Darüber hinaus muss bei Hanglagen die Gefahr von Hangwasser im Unterliegerbereich und
von Hangrutschungen durch die Speicherung und / oder Versickerung von
Niederschlagswasser beachtet werden. In Anlehnung an die Arbeitskarte aus Dortmund [14]
kommt zur Berücksichtigung des Einflussfaktors Hangneigung die in Tabelle 2-2 angeführte
Klassifikation zur Anwendung.
TP2: KARTEN FÜR DIE REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG
63
Tabelle 2-2: Klassifikation der Hangneigung
Hangneigung Einfluss auf die Versickerungsmaßnahme
< 5 % keine Einschränkung
5 % – 7,5 % mittlerer Erstellungsaufwand, mögliche Gefahr von Quellwasser
7,5 % – 12 % hoher Erstellungsaufwand, Nutzbarkeit potentieller Bewirtschaftungsflächen reduziert, erhöhte Gefahr von Stau- und Hangwasser
> 12 % unwirtschaftlich, keine Standardlösung
Der Einfluss der Hangneigung ist im Einzelfall zu bewerten. Die klassifizierte und graphische
Darstellung in den Karten für die Regenwasserbewirtschaftung soll dazu einen ersten
Hinweis liefern. Die Grundlage für die Ermittlung dieses Einflussfaktors bildet ein digitales
Geländemodell (DGM), aus dem die Hangneigung berechnet und klassifiziert wird. Die
Datengrundlage für das DGM sind die digitalen Höhendaten des LGV Hamburg aus der
flugzeuggestützten Laserscanvermessung [10].
2.3.6 Wasserschutzgebiete
Als eine Schwerpunktaufgabe des vorbeugenden Grundwasserschutzes wurden seit 1990
durch den Senat fünf Wasserschutzgebiete (WSG) festgesetzt. Damit wurde die Vielzahl der
Hamburger Trinkwassergewinnungsgebiete unter besonderen Schutz gestellt, weil hier der
natürliche Schutz der genutzten Grundwasservorkommen durch die überlagernden Gestein-
Schichten nicht ausreicht.
Die Fläche der einzelnen Wasserschutzgebiete liegt zwischen 3 km² und 47 km². Insgesamt
wurden 88 km² (ca. 11 % der Hamburger Landesfläche) besonders geschützt. Für das
Wasserwerk Eidelstedt / Stellingen steht die Festsetzung des erforderlichen
Wasserschutzgebietes noch aus (vgl. Kapitel 3.3).
Tabelle 2-3: Wasserschutzgebiete in Hamburg
Wasserschutzgebiet seit Fläche in km²
Baursberg 1990 10
Süderelbmarsch / Harburger Berge 1994 47
Curslack / Altengamme 1998 24
Langenhorn / Glasshütte 2000 3
Billstedt 2001 4
TP2: KARTEN FÜR DIE REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG
64
Die Schutzgebiete gliedern sich in der Regel in die Schutzzonen I, II und III. Mit Inkrafttreten
der Schutzgebietsverordnung gelten in den jeweiligen Wasserschutzgebieten besondere
Nutzungsbeschränkungen und Verbote.
Gemäß Niederschlagswasserversickerungsverordnung [7] entfällt bei der Versickerung von
Niederschlagswasser von Wohngrundstücken und befestigten Flächen in Hamburg die
bisher nach dem Wasserhaushaltsgesetz notwendige wasserrechtliche Erlaubnis, sofern
nicht mehr als 250 m² befestigte Fläche an die Versickerungsanlage angeschlossen sind.
Eine Versickerung ist nur außerhalb der Zonen I und II von Wasserschutzgebieten sowie
außerhalb von Altlast- und Altlastverdachtsflächen möglich. Für die Versickerung von
Niederschlagswasser, das auf größeren Wohngrundstücken (> 250 m²) und Nicht-
Wohngrundstücken, insbesondere also auch auf gewerblichen Flächen anfällt, sind
wasserrechtliche Erlaubnisse und Ausnahmegenehmigungen gemäß der jeweils geltenden
Wasserschutzgebietsverordnung einzuholen (vgl. Kapitel 3.2). Je nach Flächennutzung sind
insbesondere Anforderungen an die Vorreinigung des Niederschlagswassers und an die
Versickerungsanlage einzuhalten.
2.3.7 Altlasten
Auf Grund von Jahrhunderte langer gewerblich-industrieller Nutzung sowie
Kriegseinwirkungen besteht in Hamburg auch heute noch vielfach der Verdacht, dass Boden
und Grundwasser mit Schadstoffen belastet sein können. Untersuchungen der
entsprechenden Altlastverdachtsflächen (AVF) umfassen ggf. eine Risikoabschätzung, die
Klärung von Haftungsfragen sowie das Entwickeln, Durchführen und Anordnen von
Sanierungsmaßnahmen. Maßgebend ist insbesondere das 1998 in Kraft getretene Bundes-
Bodenschutzgesetz (BBodSchG).
Seit Beginn des Flächensanierungsprogramms im Jahr 1979 sind inzwischen ca. 1.900 AVF
und 470 Altlasten untersucht worden, wovon sich noch ca. 20 % in der Bearbeitung befinden.
Bis zum Jahr 2010 soll die Bearbeitung von öffentlichen Altlastverdachtsflächen
abgeschlossen sein.
In der Abteilung Bodenschutz / Altlasten (BSU – U 2) werden Informationen über alle AVF in
einem Altlasthinweiskataster registriert, für die Hinweise auf Verunreinigungen vorliegen.
Diese Angaben zur Lage und Größe der Fläche, Schadstoffinventar, Klassifikation der
Fläche und evtl. bereits eingetretene Schäden etc. können aus datenschutzrechtlichen
Gründen bislang nicht in den Karten für die Regenwasserbewirtschaftung veröffentlicht
werden. Im Rahmen der Erkundung von Versickerungsmöglichkeiten von
Niederschlagswasser auf Grundstücken ist diesbezüglich daher generell eine Einzelabfrage
erforderlich.
TP2: KARTEN FÜR DIE REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG
65
2.4 Geoinformationssystem, GIS
In diesem Kapitel wird die Systematik der Verschneidung und Überlagerung der einzelnen
Einflussfaktoren zu einem Gesamtbild der für die Versickerung geeigneten Flächen
vorgestellt. Die Systematik orientiert sich im Wesentlichen an den methodischen Ansätzen
der in Kapitel 2.1 genannten Bewirtschaftungs- oder Versickerungskarten. Anders als
beispielsweise mit der Bewirtschaftungsartenkarte im Emscherraum soll mit der Hamburger
Karte keine detaillierte Auskunft über die mögliche Versickerungsart gegeben werden.
Vielmehr steht die generelle Frage nach der Möglichkeit der Versickerung im Mittelpunkt.
Aus diesem Grund wird der Begriff „Versickerungspotentialkarte“ für Hamburg eingeführt. Die
konkrete Form der letztendlich gewählten Versickerungsart ist von zahlreichen weiteren
Randbedingungen abhängig, die im Rahmen dieser Karte nicht umfassend berücksichtigt
werden können und sollen (z.B. Flächennutzung und –Verfügbarkeit, Versiegelungsgrad,
etc.). Die in der Punktkarte der versickerungsfähigen Tiefe (vgl. Kapitel 2.3.2) enthaltenen
nicht eindeutigen Bohrungsdaten werden entsprechend einer erarbeiteten Systematik
aufbereitet. Dieser Aufbereitung liegt die Annahme zugrunde, dass der
Grundwasserflurabstand ≥ 3,0 m kein beschränkendes Kriterium für die Versickerung von
Niederschlagswasser darstellt:
Tabelle 2-4: Bemessung von Anlagen zur Versickerung in Anlehnung an DWA-A 138 [3]
Versickerungsmaßnahme Bauliche Anforderungen
Summe der Schichten
GW-Flurabstand
Flurabstand gesamt
Flächenversickerung > 1,0 m > 1,0 m
Muldenversickerung
- Einstauhöhe < 0,3 m
- Oberboden > 0,1 m 0,5 m > 1,0 m > 1,5 m
Mulden-Rigolen-Element und Mulden-Rigolen-System
- Einstauhöhe < 0,3 m
- Oberboden > 0,1 m
- Sandschicht > 0,1 m
- Rigole ca. 0,5 m 1,0 m > 1,0 m > 2,0 m
frostsicher 1,5 m > 1,0 m > 2,5 m
Versickerungsschacht
- Sickerschacht > 1,0 m
- Filterschicht 0,5 m 1,5 m > 1,0 m > 2,5 m
TP2: KARTEN FÜR DIE REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG
66
Aufbauend auf der überarbeiteten Punktekarte werden die vorhandenen Punktinformationen
mit ArcView in die Fläche übertragen.
Erstellung der Flächenwerte
ArcView bietet über das Tool „3D Analyst“ die Möglichkeit, aus Punktdaten Flächendaten zu
erstellen. Hierzu wird in einem Zwischenschritt ein TIN (triangulated irregular network) mit
den Werten des Feldes „VersTiefe“ berechnet, aus dem im nächsten Schritt ein Raster
gebildet wird. Da die „VersTiefe“ in einigen Fällen der Endteufe der Bohrung entspricht und
diese über 50 m betragen kann, wird die „VersTiefe“ auf 15 m begrenzt, um starke Sprünge
der Versickerungstiefe zwischen den einzelnen Bohrpunkten zu vermeiden. Die Wahl des
Grenzwertes von 15 m orientiert sich frei an der Häufigkeitsverteilung der Bohrtiefen.
Klassifizierung der Flächenwerte
Anhand der Tabelle 2-4 wird die folgende dreistufige Einteilung der Versickerungstiefe und
der daraus resultierenden Versickerungsmaßnahmen bzw. das daraus resultierende
Versickerungspotential abgeleitet:
Tabelle 2-5: Versickerungsmaßnahme in Abhängigkeit der Versickerungstiefe
Versickerungstiefe Versickerungsmaßnahme
<= 1,0 m keine Versickerung möglich
<= 2,0 m Flächen- oder Muldenversickerung
> 2,0 m keine Einschränkungen*
*gilt nicht für die Schachtversickerung
Da die endgültige Wahl des Versickerungssystems stark von weiteren Einflussfaktoren, wie
z.B. die Flächenverfügbarkeit auf dem betrachteten Grundstück, abhängig ist, beschränken
sich die in der Karte gegebenen Empfehlungen auf die unter Beachtung der
hydrogeologischen Randbedingungen möglichen Versickerungsarten bzw. Einschränkungen.
In Abbildung 2-9 werden die aus den Punktdaten interpolierten Polygonflächen, die
entsprechend der Tabelle 2-5 klassifiziert sind, dargestellt. Die Versickerungspotentialkarte
ist hier bereits um die Bereiche mit hohen Grundwasserständen (Flurabstand ≤ 1,0 m)
ergänzt (vgl. auch Folgekapitel).
TP2: KARTEN FÜR DIE REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG
67
Abbildung 2-9: Auszug der Versickerungspotentialkarte für das Pilotgebiet Marienthal
(Bildschirmdruck des ArcView-Projekts)
2.4.1 Verschneidung und Überlagerung mit den weiteren Einflussfaktoren
Im Rahmen der vorliegenden Studie wird keine Verschneidung der hydrogeologischen
Randbedingungen mit den weiteren Einflussfaktoren wie Stauwasser oder Hangneigung
durchgeführt. Dies hat den wesentlichen Vorteil, dass die beschränkenden Faktoren direkt
identifiziert werden können und nicht in einer allgemeinen Tabelle verloren gehen.
Stauwasser
Die Grundlage der Informationen zum Stauwassereinfluss bilden 1.231 Bohrungen der
Stadtbodenkartierung, 45 Profildaten aus der Kartierung der Parkflächen und die Auswertung
von 37 Musterprofilen der Bodenschätzung, die in drei Datenbanken bei der BSU, Abteilung
Bodenschutz vorliegen. Insgesamt sind somit für das Projektgebiet 1.313 Punktinformationen
zum Stauwassereinfluss vorhanden.
Die Einbindung dieser Informationen erfolgt lediglich als Punktinformation, da die
Datendichte für eine Interpolation in die Fläche nicht ausreichend ist.
Hangneigung
Die Gelände- oder Hangneigung wird aus dem Digitalen Geländemodell des Projektgebiets
mit Hilfe des Spatial Analyst Tools „Slope“ in ArcView berechnet und entsprechend der
Tabelle 2 klassifiziert.
TP2: KARTEN FÜR DIE REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG
68
Abbildung 2-10: Versickerungspotentialkarte mit Geländeneigung (Bildschirmdruck des
ArcView-Projekts)
Sowohl das digitale Geländemodell als auch die Hangneigung werden dem ArcView-Projekt
als Shape hinzugefügt und können bei Bedarf ein- und ausgeblendet werden. Die
Geländeneigung spielt hinsichtlich des Versickerungspotentials im Pilotgebiet keine große
Rolle. Große Geländeneigungen (> 10 %) treten hauptsächlich an Straßen- und
Bahndämmen sowie am Gewässerrand auf (vgl. Abbildung 2-10).
Wasserschutzgebiete (WSG)
Das Projektgebiet liegt im Süd-Osten innerhalb der Zone III des Wasserschutzgebietes
Billbrook / Billstedt (vgl. Abbildung 2-11), die keinen Einfluss auf das Versickerungspotential
hat. Die Versickerung ist lediglich in den Zonen I und II nicht gestattet, für die Zone III ist hier
unter bestimmten Randbedingungen eine wasserrechtliche Erlaubnis erforderlich
(vgl. Kapitel 2.3.6 und Kapitel 3.2).
Grundsätzlich ist sowohl die Verschneidung als auch die einfache Überlagerung der
Versickerungskarte mit den Wasserschutzgebieten, Zone I und II möglich. Bei der
Verschneidung wird zunächst der entsprechende Bereich für das Projektgebiet aus dem
WSG-Layer für ganz Hamburg ausgeschnitten (Reduzierung des Datenumfangs) und
anschließend mit dem Analysis Tool „Union“ mit dem „Versickerunsgpotentiallayer“ vereinigt.
Über ein eingefügtes Feld erfolgt die Abfrage, ob das Polygon in der WSG-Zone I oder II
liegt. Ist dies der Fall, so wird die Versickerungstiefe gleich Null gesetzt. Andernfalls bleibt sie
erhalten (entspricht WSG-Zone III).
TP2: KARTEN FÜR DIE REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG
69
Altlasten
Eine flächenhafte Berücksichtigung möglicher Altlasten oder Altlastverdachtsflächen ist
bislang aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht möglich (vgl. Kapitel 2.3.7).
Bereiche mit hohen Grundwasserständen
Zusätzlich zu der bereits durchgeführten Verschneidung der Bohrungsdaten mit den
Grundwasserflurabständen (aus dem Grundwassergleichenplan) werden Gebiete mit hohen
Grundwasserständen separat über einen eigenen Shape (Basis: Flurabstand Druckfläche,
GLA) ausgewiesen (vgl. Abbildung 2-11). Hierfür wird die Karte des Flurabstands zur
Grundwasserdruckfläche auf die Bereiche reduziert, in denen der Flurabstand ≤ 1,0 m
beträgt.
Abbildung 2-11: Versickerungspotentialkarte mit hohen Grundwasserständen und dem
Wasserschutzgebiet Billbrook/Billstedt, Zone III (Bildschirmdruck des
ArcView-Projekts)
Durch die zusätzliche Ausweisung der Bereiche mit hohen Grundwasserständen wird für den
Fachplaner direkt ersichtlich, weshalb in dem betroffenen Bereich eine Bewirtschaftung
(Versickerung) nicht möglich ist.
TP2: KARTEN FÜR DIE REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG
70
2.4.2 Anwendung der Karten
Die erstellte Versickerungspotentialkarte für das Pilotgebiet Marienthal im Bezirk Wandsbek
ermöglicht eine gute Einschätzung der natürlichen Versickerungsmöglichkeit in hoher
Auflösung. Durch die Anzeige der verwendeten Bohrpunkte kann die zugrunde liegende
Datendichte für jeden Bereich unmittelbar abgelesen und damit auch eine Einschätzung der
aus der Interpolation resultierenden Unsicherheiten vorgenommen werden.
Die Versickerungspotentialkarte stellt die Grundlage für die Erarbeitung von großräumigen
Konzepten zur dezentralen naturnahen Regenwasserbewirtschaftung in Hamburg dar. In
Einzelfällen, d.h. bei einer ausreichenden Bohrungsdichte können auch kleinräumige
Empfehlungen und Detailplanungen anhand der Karte vorgenommen werden. Die Karte
ersetzt jedoch nicht die für eine Dimensionierung von Versickerungsanlagen erforderlichen
in-situ Untersuchungen zur Beurteilung der Versickerungsfähigkeit des Bodens vor Ort. Die
in der Karte gegebenen Empfehlungen zur Wahl des Bewirtschaftungssystems basieren auf
der aus den Bohrungsdaten ermittelten und interpolierten versickerungsfähigen Tiefe des
Untergrunds. Die Flächenverfügbarkeit und das eventuell erforderliche Speichervolumen
sind Randbedingungen, die in der Karte nicht berücksichtigt werden. Entscheidend ist auch
der tatsächlich vorhandene kf-Wert des Untergrundes. Die Karte gibt hier einen Hinweis auf
die wahrscheinliche Bandbreite (1*10-3 m*s-1 ≤ kf ≤ 1*10-6 m*s-1)
Bei der Wahl des Versickerungssystems ist in jedem Fall neben den hydrogeologischen
Randbedingungen auch die Belastung des Niederschlagswassers z.B. gemäß
DWA-Regelwerk A 138 zu berücksichtigen.
2.5 Verifizierung
Zur Verifizierung der erstellten Versickerungspotentialkarte stehen verschiedene
Möglichkeiten zur Verfügung, die nachfolgend kurz erläutert werden.
2.5.1 Abgleich mit der Bewirtschaftungsartenkarte aus dem Projekt UWC
Die Bewirtschaftungsartenkarte der Ingenieurgesellschaft Prof. Dr. Sieker mbH (IPS) ist im
Rahmen des EU-Projektes Urban Water Cycle (UWC) unter anderem für das Pilotgebiet
Marienthal erstellt worden. Grundlage ist hier in erster Linie die Geologische Übersichtskarte
(Baugrundübersicht) im Maßstab 1:50.000, anhand derer die möglichen
Bewirtschaftungsarten bestimmt werden (vgl. Abbildung 2-12). Eine detaillierte
Vorgehensbeschreibung liegt nicht vor. Der Grundwassereinfluss wird lediglich durch die
Ausweisung einiger Gebiete mit hohen Grundwasserständen (Flurabstand < 1,0 m)
berücksichtigt. In der Karte sind diese Bereiche als blau schraffierte Flächen dargestellt
(vgl. Abbildung 2-12). Die von IPS verwendeten Flurabstände mit unbekannter Quelle
stimmen nicht mit den Daten des aktuellen Projektes überein.
TP2: KARTEN FÜR DIE REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG
71
Abbildung 2-12: Bewirtschaftungsartenkarte im EZG Marienthal (links, Quelle: IPS, 2005) und
Karte der Baugrundübersicht (rechts, Quelle: GLA)
Die Bewirtschaftungsartenkarte der IPS weist nahezu für das gesamte Projektgebiet die
Bewirtschaftungsarten „Versickerungsmulden“ (dunkelgrüne Fläche) bzw. „Mulden-Rigolen-
Elemente“ (hellgrüne Flächen) auf. Lediglich im Bereich der Wandse wird die
Bewirtschaftung aufgrund der Bodenverhältnisse (Torf / Moor / Mudde) ausgeschlossen.
Die Verifizierung der neuen Versickerungspotentialkarte des KHW erfolgt hier anhand eines
optischen Vergleichs der beiden Kartenwerke (IPS – KHW). Zusätzlich wird die IPS-Karte
anhand einer Überlagerung mit den Bohrpunkten und den angezeigten
Versickerungsanlagen (vgl. Abbildung 2-13) verifiziert und bezüglich ihrer Aussagekraft
beurteilt.
Im Vergleich mit der IPS-Karte erlauben die Bohrungsdaten eine differenziertere und
detailliertere Beurteilung der geologischen Situation in Bezug auf die Versickerungsfähigkeit
(vgl. Abbildung 2-13). Da die IPS-Karte sich wie beschrieben lediglich an der Baugrundkarte
orientiert, erfolgt die Ausweisung der möglichen Bewirtschaftungsarten relativ
flächenunscharf. Eine Berücksichtigung möglicher Linsen oder Inhomogenitäten erfolgt nicht.
Durch die Einbeziehung der Flurabstände aus dem Grundwassergleichenplan im Rahmen
des TP 2 entsteht ein zusätzlicher Informationsgewinn im Vergleich zur IPS-Karte.
Abweichungen zwischen der IPS-Karte und den Bohrungen treten insbesondere im Bereich
der Wandse auf (vgl. Abbildung 2-13). Während die IPS-Karte hier keine
Bewirtschaftungsmöglichkeiten sieht, weisen die Bohrpunkte im westlichen Bereich zum Teil
versickerungsfähige Tiefen von über 2,0 m auf. In weiten Teilen des Projektgebietes
kommen beide Kartenwerke jedoch zu ähnlichen Aussagen, lediglich die räumliche
Auflösung ist bei Verwendung der Bohrungsdaten höher.
TP2: KARTEN FÜR DIE REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG
72
Abbildung 2-13: Karte des Regenwasserbewirtschaftungspotenzials im EZG Marienthal
(Quelle: IPS, 2005) mit Bohrungsdaten (GLA) und angezeigten
Versickerungsanlagen (Bildschirmdruck des ArcView-Projekts)
Im so genannten „Wasserbuch“ der BSU werden die angezeigten Anlagen zur Versickerung
von Niederschlagswasser (vgl. Kapitel 2.3.6) geführt. Neben den Koordinaten- und
Adressangaben sind zum Teil auch Informationen zu der Art der Versickerungsanlage in der
Auflistung des Wasserbuchs enthalten. Im Projektgebiet der IPS-Karte liegen 21 der
angezeigten Versickerungsanlagen. Wie der Abbildung 2-13 zu entnehmen ist, stimmen die
angezeigten Versickerungsanlagen gut mit der Versickerungsaussage der IPS-Karte
überein, allerdings liegen 3 Anlagen in einem Bereich mit geringem Flurabstand. Da nur in
wenigen Fällen Informationen zur Art der genehmigten Versickerungsanlage (hier: 3 Mal
Sickerrohrstrang) vorhanden sind, ist ein Abgleich mit der in der IPS-Karte gegebenen
Empfehlung zur Bewirtschaftungsart nicht möglich.
TP2: KARTEN FÜR DIE REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG
73
2.5.2 Abgleich mit den angezeigten und genehmigten Anlagen zur Versickerung
von Niederschlagwasser
In der Abbildung 2-13 sind die angezeigten Anlagen zur Versickerung (rote Kreise) aus dem
Wasserbuch der BSU für das Projektgebiet der erstellten Versickerungspotentialkarte
abgebildet. Grundsätzlich weisen die angezeigten Versickerungsanlagen (46 Stück) eine
gute Übereinstimmung mit der Versickerungspotentialkarte auf. Lediglich 4 Anlagen befinden
sich in einem Bereich, der in der Karte als nicht geeignet für die Versickerung ausgewiesen
wird (vgl. Abbildung 2-13). Ein Beispiel dieser Anlagen ist nachfolgend in der Abbildung 2-14
exemplarisch angeführt:
Abbildung 2-14: Beispiel für angezeigte Versickerungsanlage gem. Wasserbuch der BSU
Die angezeigte Versickerungsanlage liegt entsprechend der Versickerungspotentialkarte im
Grenzbereich zwischen versickerungsfähigen und als nicht versickerungsfähig eingestuftem
Untergrund. Die Bohrungsdaten unterhalb der angezeigten Anlage weisen eine sehr geringe
versickerungsfähige Tiefe des Bodens auf, während die Bohrung links direkt neben der
Anlage rund 0,4 m über dem gesetzten Grenzwert von min. 1,0 m liegt. Es wird deutlich,
dass die letztendliche Vor-Ort-Untersuchung nicht durch ein Kartenwerk ersetzt werden
kann.
Die überwiegende gute Übereinstimmung mit den angezeigten Anlagen macht aber auch
deutlich, dass mit der Versickerungspotentialkarte ein sehr guter erster Überblick über ein
bestimmtes Gebiet gegeben werden kann. Durch die Verschneidung und Verbindung einer
Vielzahl von Daten in einem Dokument können je nach Daten- und Bohrungsdichte im
bestimmten Gebiet zum Teil sehr differenzierte Aussagen zum Versickerungspotential
getroffen werden.
Eine weitere Verifizierungsmöglichkeit der erstellten Versickerungspotentialkarte mit den
Daten des Wasserbuchs besteht über den Abgleich der eingetragenen
Versickerungsanlagen mit den in der Karte gegebenen Empfehlungen zur Versickerungsart.
Für das Projektgebiet liegen jedoch nur 8 Einträge mit einem Hinweis auf die Art der
Versickerungsanlage (4 Sickerschächte, 4 Sickerrohrstränge) vor. Die 4 Sickerschächte
liegen alle in Gebieten, die in der Versickerungspotentialkarte die Einstufung „keine
TP2: KARTEN FÜR DIE REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG
74
Einschränkung“ aufweisen. Einer der 4 Sickerrohrstränge liegt in einem Bereich, der laut
Karte als nicht versickerungsfähig eingestuft wird.
In anderen Gebieten Hamburgs, für die eventuell detaillierte Angaben zu den angezeigten
Versickerungsanlagen vorliegen, kann dieser Abgleich deutlich an Aussagekraft gewinnen.
Bei der Kartenerstellung für ganz Hamburg (vgl. Kapitel 2.6) sollte dieses Vorgehen
berücksichtigt werden.
2.5.3 Abgleich mit dem verminderten Gebührensatz ohne Regenwasseranteil
Der Abgleich mit den Daten zur verminderten Gebühr (1.478 Datensätze) von
HAMBURG WASSER ist weniger aufschlussreich, da es sich hier vielfach um Grundstücke
handelt, die nicht an ein Regensiel, sondern einen Entwässerungsgraben angeschlossen
sind und dadurch die verminderte Gebühr zahlen. Die Daten können daher keine generellen
Hinweise auf das Vorhandensein von Anlagen zur Niederschlagsversickerung liefern.
Abbildung 2-15: Versickerungspotentialkarte mit angezeigten Versickerungsanlagen und
verminderter Gebühr (Bildschirmdruck des ArcView-Projekts)
Insgesamt liegen hier rund 240 Grundstücke im nicht versickerungsfähigen Bereich, wobei
dies keine Rückschlüsse auf die Qualität der Karte erlaubt. In einigen Fällen gibt es
Übereinstimmungen mit den angezeigten Versickerungsanlagen.
TP2: KARTEN FÜR DIE REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG
75
2.5.4 Ausblick: Verifizierung im Bestand
Neben der durchgeführten Verifizierung mit vorhandenen Daten wird ein Praxistest vor Ort
für sinnvoll und erforderlich erachtet. Die angezeigten Anlagen zur
Niederschlagsversickerung aus dem Wasserbuch der BSU sollten begutachtet, mit der
Versickerungspotentialkarte verglichen und rückgekoppelt werden.
Dieses Vorgehen sollte für das Projektgebiet zunächst für die Bereiche durchgeführt werden,
in denen es zu Abweichungen zwischen den angezeigten Anlagen und der Karte kommt.
Die Rückkopplung zwischen Versickerungspotentialkarte und tatsächlicher Anlage ist zu
dokumentieren, um ein mögliches Verbesserungspotential ableiten zu können.
2.6 Erstellung der Karte für ganz Hamburg
Das hier entwickelte und vorgestellte Verfahren ist grundsätzlich für ganz Hamburg
anwendbar. Die Aussagekraft der Versickerungspotentialkarte für ganz Hamburg wird
aufgrund der unterschiedlichen Datendichte für einzelne Bereiche Hamburgs variieren.
Durch die direkte Anzeige der Bohrungsdaten als Punktinformation ist jedoch sofort
ersichtlich, wie hoch die Datendichte der wesentlichen Eingangsgröße ist. Unsicherheiten
der Karte sind schnell erkennbar und durch die Zoom-Möglichkeiten in ArcView / ArcGIS wird
vermieden, eine falsche Genauigkeit vorzugeben.
2.6.1 Boden
Anhand des Beispielgebietes kann gezeigt werden, dass die Bodeninformationen eine
wertvolle Planungshilfe für die Frage der Versickerungsfähigkeit darstellen. Da jedoch eine
flächendeckende Bodenkartierung nicht vorliegt (diese wurde nur für einige ausgewählte
Flächen in Hamburg durchgeführt) lässt sich die für das Beispielgebiet vorhandene
Aussagekraft nicht auf andere Teile der Stadt übertragen.
2.6.2 Geologie
Für das Pilotgebiet lässt sich die geologische Situation anhand der Bohrungsdaten gut
wiedergeben. Jedoch sind je nach Region besondere hydrogeologische Randbedingungen
und Einschränkungen zu beachten. Dies gilt insbesondere für die Bereiche der
Aufhöhungsflächen in der Marsch und im Hafenbereich. Hier ist eine detaillierte Prüfung der
Bohrungsdaten erforderlich, da nicht alle Bohrungen direkt verwendet werden können.
Die Bohrungsdaten des GLA liegen in hoher Dichte für weite Teile Hamburgs vor (ca.
250.000 Bohrpunkte), so dass hier kein beschränkendes Kriterium für eine Ausweitung der
Karte für ganz Hamburg vorliegt.
TP2: KARTEN FÜR DIE REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG
76
2.6.3 Grundwasserflurabstand
Der Flurabstand zur Grundwasseroberfläche zeigt für Hamburg in den Bereichen der Geest
und der Marsch sehr unterschiedliche Prägungsmerkmale. So wird die Geest durch die
feststehenden Größen der Nichtleiter und der Fließgewässer strukturiert. Für den Bereich
der Harburger Berge mit freiem Grundwasser werden die Geländestrukturen zum prägenden
Element. Im Marschbereich mit gespanntem Grundwasser zeichnen sich neben den
unterschiedlich mächtigen Klei- und Torflagen deutlich die Aufhöhungsflächen in der
Flurabstandkarte ab.
Die Flurabstandskarte der Grundwasserdruckfläche [5] gibt die Oberflächenstrukturen wie
z.B. die Harburger Berge, Spülfelder und Deponien für ganz Hamburg wieder. Talstrukturen
treten deutlich mit geringen Flurabständen hervor. Besonders in diesen Bereichen kann es
zu negativen Flurabständen kommen, wenn einzelne kleine Oberflächengewässer aufgrund
fehlender Daten bei der Konstruktion des Grundwassergleichenplans nicht als vorflutwirksam
berücksichtigt werden können. Die erzeugte Flurabstandskarte für ganz Hamburg weist
Isolinien zwischen 0 m und 80 m auf.
Die Karten zum Grundwasserflurabstand des GLA liegen ebenfalls für ganz Hamburg vor, so
dass hier kein beschränkendes Kriterium für eine Ausweitung der Karte für ganz Hamburg
vorliegt.
2.6.4 Hang- und Stauwasser
Aussagen für ganz Hamburg zum Stau- und Hangwassereinfluss sind nicht möglich, da kein
flächendeckendes Stauwassermessnetz für Hamburg besteht. Es liegen lediglich vereinzelte
Messstellen vor, so dass die vorhandenen Informationen zum Stau- und Hangwassereinfluss
meist aus den bodenkundlichen Untersuchungen resultieren. Diese Daten liegen ebenfalls
nicht flächendeckend vor, sondern beschränken sich auf fünf relativ kleine Gebiete und
enthalten insgesamt 3.279 Bodenprofile.
2.6.5 Hangneigung
Für das Pilotgebiet spielt die Hangneigung in Bezug auf die Versickerungsfähigkeit nur eine
untergeordnete Rolle, so dass hier das DGM 25 ausreichend wäre. Für Teilgebiete
Hamburgs (z.B. Blankenese, Harburger Berge) trifft dies sicherlich nicht zu. Hier ist der
Einfluss der Hangneigung gesondert zu berücksichtigen und das DGM 10 zu verwenden,
welches im Rahmen der Bearbeitung des Pilotgebiets zur Verfügung gestellt wurde.
Das digitale Geländemodell liegt in der 10 m-Auflösung für ganz Hamburg vor und kann für
die Erstellung der Karten verwendet werden. Gegebenenfalls sind einzelne Gebiete mit
einem höher aufgelösten Modell abzubilden. Ein beschränkendes Kriterium für eine
Ausweitung der Karte für ganz Hamburg liegt hiermit nicht vor.
TP2: KARTEN FÜR DIE REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG
77
2.6.6 Altlasten
Die flächenhafte Darstellung der Altlasten- bzw. Altlastverdachtsflächen für ganz Hamburg ist
aus datenschutzrechtlichen Gründen zurzeit nicht möglich. Im Rahmen der Erkundung von
Versickerungsmöglichkeiten von Niederschlagswasser auf Grundstücken ist diesbezüglich
generell eine Einzelabfrage erforderlich.
2.6.7 Pflege und Aktualisierung
Die Versickerungspotentialkarte ist als eigenständiges ArcView-Projekt zu betrachten, es
bestehen also keine ständigen Verbindungen zu den Daten- oder Geoservern bei der BSU.
Daten aus anderen Datenbanken wie z.B. aus der Bohrungsdatenbank werden als
Access-Abfrage-Tabelle eingefügt und sind somit losgelöst von vorhandenen Strukturen bei
der BSU oder bei HW zu betrachten.
Aufgrund der Realisierung der Versickerungspotentialkarte mit ArcView ist auf der anderen
Seite jedoch eine problemlose Einbindung in andere (bestehende) Projekte möglich. So ließe
sich die Versickerungspotentialkarte mit dem Liegenschaftsauskunftssystem bei HW
verknüpfen oder das Grundwassermessnetz der BSU in die Versickerungspotentialkarte
einblenden / einbinden.
Mit den Tools ArcPublisher und ArcReader (kostenlos) können die Karten auch derart
veröffentlicht werden, dass sie an Dritte weitergegeben werden können. Mit ArcPublisher
veröffentlichte Karten können nicht verändert werden, sie sind in etwa mit einem
pdf-Dokument zu vergleichen.
Die Aktualisierung der Versickerungspotentialkarte sollte wenn möglich in Anlehnung an die
Aktualisierung der zugrunde liegenden Kartenwerke (Grundwassergleichenplan,
Bohrungsdatenbank des GLA) erfolgen. Der verwendete Grundwassergleichenplan des
Nassjahres 1995 stellt den höchsten Grundwasserstand im Zeitraum 1980 bis 1999 dar. Ein
Abgleich mit den Grundwasserständen des Nassjahres 2008 wird zeigen, ob die
Aktualisierung des Grundwassergleichenplans erforderlich ist. Sie erfolgt also nur bei Bedarf.
Die Aktualisierung der zugrunde liegenden Bohrungsdatenbankabfrage sollte ebenfalls nach
Bedarf erfolgen. Folgende Fragestellungen sollten dabei berücksichtigt werden:
• Bereiche im Stadtbereich mit vielen neuen Bohrungen?
• Bereiche ohne neue Bohrungen?
Die grundsätzliche Organisation der Pflege und Aktualisierung sind nach der
Kartenerstellung für ganz Hamburg zu organisieren und dafür geeignete Strukturen sind zu
schaffen. Eine Einteilung der Karte z.B. nach Bezirken oder kleinteiliger erscheint sinnvoll,
um die zu bearbeitenden Datenmengen zu begrenzen und die Handhabbarkeit zu erhöhen.
Die genauen Strukturen sowie der Datenaufbau der Versickerungspotentialkarte für ganz
Hamburg sind noch zu klären.
TP2: KARTEN FÜR DIE REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG
78
2.7 Fazit, Empfehlungen und Ausblick
2.7.1 Randbedingungen
Die für die Fragestellung erforderlichen geologischen Daten sind ein wesentliches Kernstück
der Versickerungspotentialkarte. Die Bohrungsdaten, die in hoher Dichte für ganz Hamburg
vorliegen (ca. 250.000 Bohrpunkte) erfordern eine sorgfältige Prüfung. Grundsätzlich ist eine
Plausibilitätskontrolle für die folgenden Punkte durchzuführen:
• Wasserbohrung?
• Rechts- und Hochwert vorhanden? Doppelte Bohrungen?
• Alter der Bohrung insbesondere im Hafenbereich beachten (vor / nach Aufhöhung)!
• Abgleich der Höhenlage der Bohrungsdaten mit der Geländehöhe des DGM 10 (für das
Pilotgebiet ist die max. Höhendifferenz auf 2,0 m gesetzt worden)
Im Rahmen einer erweiterten Access-Abfrage der Bohrungsdatenbank des GLA für ganz
Hamburg wurde festgestellt, dass bei Begrenzung der Abweichung zwischen dem
Geländehöhenwert des DGM und der Datentabelle auf ∆h = 2 m rund 4 % der Bohrungen
ausgeschlossen werden müssen. Es konnte keine Häufung in der Altersstruktur der
Bohrungen oder in der Fläche, z.B. Geest oder Marsch, festgestellt werden. Die Ergebnisse
für das Pilotgebiet Marienthal liegen in ähnlichen Größenordnungen, so dass hier eine gute
Repräsentativität des Projektgebiets für ganz Hamburg gegeben ist.
Mit der erweiterten Abfrage werden künftig zusätzliche Stammdaten aus der
Bohrungsdatenbank mitgeführt wie z.B. Angaben zu der Art der Koordinatenzuweisung, dem
Bohrungsdatum und dem (sofern ermittelten) Grundwasserstand. Hierdurch gewinnen die
Bohrungsdaten an Informationsgehalt und können weitere Hinweise bei Unplausibilitäten
liefern. Die Problematik der doppelten Bohrungen, d.h. mehrere Bohrungen liegen auf dem
gleichen Koordinatenpaar, wird mit der aktualisierten Datenbankabfrage ebenfalls gelöst,
indem diese über eine weitere Abfrage direkt herausgefiltert und nicht in die Tabelle
übernommen werden.
Die vorhandenen Informationen zum Stau- und Hangwassereinfluss aus den
bodenkundlichen Untersuchungen (Stadtbodenkartierung für 3 Bereiche) sollen in jedem Fall
als Punktinformationen in die Versickerungspotentialkarte für Hamburg eingebunden werden.
Eine gut umzusetzende Möglichkeit zur Verbesserung der Datenbasis zum
Stauwassereinfluss wird in der Einbindung von externen Bodengutachten in die vorliegenden
Datenbanken bei BSU U2 und der entsprechenden Auswertung gesehen. Die vorhandenen
Datenbanken bei U2 müssten entsprechend angepasst werden.
Im Rahmen der Optimierung des Grundwassermessnetzes der BSU, die seit 2003 erfolgt,
sind etliche Messstellen ermittelt worden, die zu einem Sondermessnetz „Stauwasser“
zusammengefasst werden könnten. Ein solches Messnetz bzw. die daraus resultierenden
TP2: KARTEN FÜR DIE REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG
79
Informationen würden eine sinnvolle Ergänzung und Vervollständigung der
Versickerungspotentialkarte darstellen. Zudem sind diese Informationen insbesondere für die
Bauleitplanung von großem Interesse. Eine abschließende Entscheidung hierüber ist noch
nicht gefallen. Aufgrund des hohen Kosten- und Zeitbedarfs ist der Aufbau und der Betrieb
eines solchen Messnetzes für ganz Hamburg jedoch als schwierig zu beurteilen.
Chancen für die Verbesserung der Datengrundlage zum Stauwassereinfluss liegen auch in
der Kooperation zwischen der BSU und der Universität Hamburg im Rahmen von Studien-,
Master- und Forschungsarbeiten (z.B. KLIMZUG-Nord, CliSAP). Denkbar ist z.B. die
Entwicklung einer Methodik zur Ableitung des Stauwassereinfluss aus Profiltypenkarten in
Kombination mit Messungen für ausgewählte Pilotgebiete, um den Einfluss der
Stauwasserproblematik auf die Regenwasserbewirtschaftung in Hamburg quantifizieren zu
können. Dabei sollte angestrebt werden, die Erkenntnisse über die Bedeutung des
Stauwassereinflusses mit einem N-A-Modell zu verknüpfen. Es ist zu erwarten, dass zu
einem besseren Verständnis der Stauwasservorgänge noch mehrere aufeinander
aufbauende Untersuchungen notwendig sind. Um die unterschiedlichen Aktivitäten zu
koordinieren, sollte ein amtübergreifendes Koordinationsgremium eingesetzt werden.
Bei der Verschneidung interpolierter Grundwasserstände mit der Morphologie von
Gewässern können rechnerisch negative Flurabstände entstehen. Diese Fehler traten im
Pilotgebiet insbesondere im Bereich des Deepenhorngrabens auf. Zur Klärung negativer
Flurabstände im Bereich von Gewässern sollte die hydraulische Anbindung dieser
Gewässerabschnitte überprüft werden. Eine Möglichkeit stellt die Einbindung von
Niederschlags-Abfluss-Modellen (N-A-Modelle) und der vorhandenen Spiegellinienmodelle
zur Klärung der Vorflutfrage bei der Erstellung des Grundwassergleichenplans dar.
Die Hangneigung kann in Abhängigkeit von der Flächennutzung in Hamburg ganz
unterschiedlichen Einfluss auf die Versickerungsfähigkeit aufweisen. Aus diesem Grunde ist
die Eignung des relativ groben DGM 25 für einzelne Bereiche mit höherer Hangneigung zu
prüfen und ggf. ist hier der Einsatz höher aufgelöster Modelle erforderlich. Für die Erstellung
der Versickerungspotentialkarte für ganz Hamburg wird die Verwendung des DGM 10
empfohlen.
Um Altlasten- und Altlastverdachtsflächen bei der Planung von Versickerungsanlagen
frühzeitig zu berücksichtigen, wäre es wünschenswert, eine pauschalisierte Datenebene der
Ausschlussflächen in das Informationssystem einbinden zu können.
2.7.2 Verifizierung
Eine Möglichkeit zur verbesserten Verifizierung der Versickerungspotentialkarte besteht in
der detaillierten Erfassung der Versickerungsanlagen im Wasserbuch der BSU (Eintrag über
die Art der angezeigten / genehmigten Versickerungsanlage). Hierfür sollte eine
entsprechende Anpassung des Wasserbuchs bzw. eine genauere Eintragung erfolgen. Für
die Verifizierung der Versickerungspotentialkarten sollte das Wasserbuch mindestens die
folgenden Angaben enthalten:
TP2: KARTEN FÜR DIE REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG
80
• Adresse bzw. Koordinaten (Rechts- und Hochwert)
• Art der Versickerungsanlage (evtl. als Drop-Down-Menü mit definierter Auswahl:
Mulde, Mulde-Rigole, Schacht, usw.)
• Abmessungen der Versickerungsanlage
• Angeschlossene Fläche (optional)
• Datum der Inbetriebnahme
Die Eignung der HW-Informationen über die verminderte Gebühr zur Verifizierung sollte für
weitere Gebiete geprüft werden.
2.7.3 Anwendung
Zum jetzigen Zeitpunkt ist die Karte als Arbeitswerkzeug für den Fachanwender in den
Hamburger Behörden, Bezirksämtern und behördennahen Einrichtungen gedacht und
geeignet. Sie ist ohne spezifisches Fachwissen zur Interpretation der Randbedingungen und
Einflussfaktoren nicht direkt lesbar und daher noch nicht für die Öffentlichkeit geeignet.
Die Bereitstellung der Versickerungspotentialkarte über das Internet für die breite
Öffentlichkeit bedürfte einer weiteren umfangreichen Bearbeitung und Pauschalisierung (vgl.
z.B. www.emscher-regen.de), die die Entwicklung einer geeigneten Benutzeroberfläche und
Benutzeranleitung sowie die Anpassung der Maßstäbe und Legende umfasst.
Ein wichtiger Aspekt bei der Erstellung der Versickerungspotentialkarte für ganz Hamburg ist
die Datenhaltung, -organisation, -pflege und -aktualisierung. Hierfür müssen die
entsprechenden Strukturen zum Teil noch geschaffen werden.
2.7.4 Ausblick
Die Versickerungspotentialkarte für ganz Hamburg ist aktuell im Rahmen des Projektes RISA
(RegenInfraStrukturAnpassung, ein Gemeinschaftsprojekt mit drei Jahren Laufzeit bis 2012
von BSU und HAMBURG WASSER) erstellt worden und steht seit Anfang Dezember 2009
bei der BSU zur Verfügung.
TP2: KARTEN FÜR DIE REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG
81
2.8 Literatur
[1] AG Boden (2005): Bodenkundliche Kartieranleitung. 5. Auflage, Hannover
[2] Becker, M., Wessels, K. (2007): Das Bewirtschaftungsinformationssystem Regenwasser. KA –
Abwasser, Abfall 2007 (54) Nr. 6
[3] Becker, M., Raasch, U., Spengler, B. (2002): Das neue Arbeitsblatt ATV-DVWK-A 138 und
seine qualitativen Anforderungen – Auswirkungen auf die Praxis. KA 2002 (XX) Nr. 6
[4] BSU (2008): Auswertung von Grundwasserstandsdaten und digitale Kartenerstellung von
Grundwassergleichenplänen für extreme Grundwasserstände im 1. Hauptgrundwasserleiter.
Gutachten für BSU – U1, erstellt durch M. Schmelling.
[5] BSU (2009): Digitale Erstellung von Flurabstandskarten für extreme Grundwasserstände im 1.
Hauptgrundwasserleiter. Gutachten für BSU – U1, erstellt durch BWS GmbH.
[6] DWA (2005): Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V.
Arbeitsblatt A 138 - Planung, Bau und Betrieb von Anlagen zur Versickerung von
Niederschlagswasser. Hennef, April 2005
[7] FHH (2003): Verordnung über die erlaubnisfreie Versickerung von Niederschlagswasser auf
Wohngrundstücken (Niederschlagswasserversickerungsverordnung) vom 23. Dez. 2003
(HmbGVBl. S. 347, 351)
[8] Kaiser, M. (1998): Die Dortmunder Arbeitskarte zum Regenwassermanagement. Ein
Instrument zur systematischen Nutzbarmachung vorliegender Daten und zur Integration der
naturnahen Regenwasserbewirtschaftung in den städtischen Planungsprozess. Zeitschrift für
Kulturtechnik und Landentwicklung 39, 255-260, 1998
[9] Krahmer, U. et al. (1995): Ermittlung bodenphysikalischer Kennwerte in Abhängigkeit von
Bodenart, Lagerungsdichte und Humusgehalt. Z. Pflanzenernähr. Bodenk. 158: S. 323 – 331.
[10] LGV (2001): 3D-Laserscandaten im 10 m-Raster
[11] Sieker, F. (1997): Möglichkeiten einer naturnahen Regenwasserbewirtschaftung in
Siedlungsgebieten, untersucht und demonstriert am Beispiel der Städte Dortmund und
Zwickau. Schriftenreihe für Stadtentwässerung und Gewässerschutz. Hannover, 1997
[12] Statistikamt Nord (2007): Monitor Wachsende Stadt. Bericht 2007
[13] Umweltamt Landeshauptstadt Düsseldorf: Niederschlagswasserbeseitigungskonzept der
Landeshauptstadt Düsseldorf. Stand Juni 2005
[14] Universität Dortmund, Fakultät Raumplanung, Fachgebiet Landschaftsökologie und
Landschaftsplanung (1999): Arbeitskarte zum dezentralen Regenwassermanagement in
Dortmund. Erläuterungsbericht.
[15] http://www.aue.bs.ch/fachbereiche/gewaesser/grundwasser/versickerung-von-
sauberwasser.htm
[16] http://www.nbconsulting.de/dokumente/article_uta2000.htm
[17] http://www.dresden.de/de/08/03/01/04/c_0395.php
[18] http://www.emscher-regen.de/
82
TP3: RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN
83
3. Rechtliche Rahmenbedingungen
3.1 Ziele und Arbeitspakete
Ziel dieses Teilprojektes ist die Überprüfung des rechtlichen Rahmens in Hamburg
dahingehend, ob es Möglichkeiten der Verbesserung gibt, die Regenwasserbewirtschaftung
in Hamburg voranzubringen. Nach einer Überprüfung des rechtlichen Rahmens sollen
konkrete Ansätze zur Ausnutzung und Anpassung von Rahmenbedingungen veranlasst
werden.
Folgende Arbeitspakete hat die Arbeitsgruppe im Rahmen dieses Teilprojektes festgelegt
und bearbeitet:
• Untersuchung der Vorgaben zur Niederschlagsentwässerung in den Wasserschutz-
gebieten und ggf. deren Anpassung, um die Niederschlagswasserbewirtschaftung in
diesen Gebieten zu vereinfachen (vgl. Kapitel 3.3).
• Prüfung der Möglichkeit, durch Verordnung Gebiete festzulegen, in denen eine
Einleitung in das Sielnetz (Kanalnetz) untersagt und die Versickerung festgelegt wird
(vgl. Kapitel 3.4).
• Prüfung der Möglichkeit, in neuen Bebauungsgebieten einen Wasser- und
Bodenverband zu gründen, der die Aufgaben der Oberflächenentwässerung und der
Regenwasserbewirtschaftung wahrnimmt (vgl. Kapitel 3.5).
• Weitere Anpassungsvorschläge formulieren (vgl. Kapitel 3.6).
3.2 Rechtlicher Rahmen
Vor rund 20 Jahren hat der Hamburger Senat in seinem Umweltpolitischen Aktionsprogramm
von 1984 unter anderem Handlungsgrundsätze für den Umgang mit Regenwasser
verabschiedet. Demnach soll das anfallende Regenwasser primär an Ort und Stelle
versickert und wenn dies nicht möglich ist, über eine offene Oberflächenentwässerung
abgeleitet werden. Nur wenn diese beiden Möglichkeiten nicht oder nur teilweise umsetzbar
sind, sollen geschlossene Systeme (i.d.R. Regenwassersiele, Straßenentwässerungs-
leitungen) realisiert werden. Untermauert wird das Versickerungsgebot des Senats in
Hamburg durch die folgenden rechtlichen Rahmenbedingungen:
Das Abwasser angeschlossener Grundstücke ist über die nach § 7 Hamburgisches
Abwassergesetz (HmbAbwG, [1]) genehmigten Anschlüsse in die öffentlichen
Abwasseranlagen einzuleiten (Benutzungspflicht, § 9 Abs. 1 Satz 1 HmbAbwG). Wenn die
Einleitung in ein oberirdisches Gewässer, die Versickerung auf eigenem Grundstück oder
einer öffentlichen Grünanlage bzw. die Regenwassernutzung möglich ist, kann das Einleiten
von Niederschlagswasser in ein (Regen- oder Misch-) Siel untersagt werden, wenn sich
dadurch keine Abwassermissstände ergeben und für die Möglichkeit, das
TP3: RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN
84
Niederschlagswasser in die öffentlichen Abwasseranlagen einzuleiten, noch kein
Sielbaubeitrag entrichtet worden ist (§ 9 Abs. 3 HmbAbwG).
Der Hamburger Senat kann durch Rechtsverordnung Gebiete festsetzen, in denen das
Einleiten von Niederschlagswasser in das Regenwasser- oder Mischwassersiel allgemein
untersagt ist (§ 9 Abs. 4 Satz 1 HmbAbwG). Bisher ist von dieser Möglichkeit noch kein
Gebrauch gemacht worden.
Seit 2001 entfällt die Anschlusspflicht und der Benutzungszwang für Niederschlagswasser,
wenn dieses unter Beachtung der wasserrechtlichen Bestimmungen versickert oder in ein
oberirdisches Gewässer eingeleitet wird (§ 9a HmbAbwG). Nach § 32a Hamburgisches
Wassergesetz (HwaG, [2]) in Verbindung mit der Verordnung über die erlaubnisfreie
Versickerung von Niederschlagswasser auf Wohngrundstücken kann Niederschlagswasser
auf Wohngrundstücken ohne eine wasserrechtliche Erlaubnis versickert werden, wenn die an
die Entwässerungsanlage angeschlossenen oder anzuschließenden befestigten und
bebauten Flächen nicht größer als 250 m² sind. Es besteht jedoch nach § 32b HWaG eine
Anzeigepflicht und die technischen Anforderungen der Verordnung sind einzuhalten.
Für betriebliches Niederschlagswasser besteht die Möglichkeit einer Befreiung vom
Anschluss- und Benutzungszwang, wenn es in ein oberirdisches oder ein tideoffenes
Gewässer eingeleitet wird (§ 10 Abs. 1 HmbAbwG). Darüber hinaus muss betriebliches
Niederschlagswasser trotz gegebenem Anschluss- und Benutzungszwang nicht in das
öffentliche Siel eingeleitet werden, wenn es gesammelt und verwendet werden kann, ohne
Abwassermissstände zu verursachen (§ 10 Abs. 2 HmbAbwG).
Die Einleitung von Abwasser von Nicht-Wohngrundstücken und Wohngrundstücken mit einer
befestigen, angeschlossenen Fläche > 250 m2 in öffentliche Abwasseranlagen ist
genehmigungsbedürftig. In den Nebenbestimmungen zu der Genehmigung besteht die
Möglichkeit, Anforderungen über Art und Maß der Benutzung der öffentlichen
Abwasseranlagen festzulegen (§ 11a HmbAbwG). Die Einleitungsmenge von Niederschlags-
wasser kann begrenzt werden, wenn die angeschlossenen bebauten oder befestigten
Flächen eines Grundstücks 650 m² überschreiten und die Leistungsfähigkeit der Siele bzw.
der als Vorflut dienenden Gewässer begrenzt ist (vgl. § 7 Abs. 1 HmbAbwG).
3.3 Wasserschutzgebietsverordnungen
Als eine Schwerpunktaufgabe des vorbeugenden Grundwasserschutzes wurden seit 1990
durch den Senat fünf Wasserschutzgebiete (WSG) festgesetzt. Damit wurden sieben
Trinkwassergewinnungsgebiete der Hamburger Wasserwerke GmbH unter besonderen
Schutz gestellt, weil hier der natürliche Schutz der genutzten Grundwasservorkommen durch
die überlagernden Gesteinschichten nicht ausreicht. Die Fläche der einzelnen WSG liegt
zwischen 3 km² und 47 km². Insgesamt wurden 88 km² (ca. 11 % der Hamburger
Landesfläche) besonders geschützt. Für das Wasserwerk Stellingen steht die Festsetzung
des erforderlichen WSG noch aus.
TP3: RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN
85
3.3.1 Allgemeines
Die Schutzgebiete gliedern sich in der Regel in die Schutzzonen I, II und III. Mit Inkrafttreten
der Schutzgebietsverordnung gelten in den jeweiligen WSG besondere
Nutzungsbeschränkungen und Verbote. Zur Frage der Versickerung von
Niederschlagswasser von Wohngrundstücken und befestigten Flächen in Hamburg entfällt
gemäß Niederschlagswasserversickerungsverordnung die bisher nach dem WHG
notwendige wasserrechtliche Erlaubnis, sofern nicht mehr als 250 m² befestigte Fläche an
die Versickerungsanlage angeschlossen sind, die Versickerung außerhalb der Zonen I und II
von WSG sowie außerhalb von Altlast- und Altlastverdachtsflächen erfolgt und bestimmte
Anforderungen an die schadlose Versickerung eingehalten werden.
In drei von fünf Verordnungen der festgesetzten WSG Hamburgs gibt es derzeit noch
Restriktionen bezüglich der Versickerung von gesammeltem Niederschlagswasser von
Dachflächen auch für die Zone III. In den Verordnungen der WSG Baursberg,
Süderelbmarsch / Harburger Berge und Curslack / Altengamme gilt für die Zone III:
„…gesammeltes Niederschlagswasser von Dachflächen, das nicht vom Grundstück in das
Regen- oder Mischwassersiel eingeleitet werden kann, soll flächenhaft über die belebte
Bodenzone versickert oder in ein Oberflächengewässer eingeleitet werden….“
Zwar gilt dies
„…nicht für Wohngrundstücke, sofern das anfallende Niederschlagswasser gemäß § 32a
HWaG in der jeweils geltenden Fassung versickert oder die Versickerung oder Verrieselung
des Niederschlagswassers mit Hilfe von Anlagen erfolgt, für die vor dem 1. September 1993
eine wasserrechtliche Erlaubnis oder eine Baugenehmigung erteilt wurde oder wenn für die
Entwässerung des Niederschlagswassers vor diesem Datum gemäß § 10 Absatz 2 des
Hamburgischen Abwassergesetzes vom 21. Februar 1984 (HmbGVBl. S. 45), geändert am
22. Dezember 1992 (HmbGVBl. S. 305), eine Befreiung von der Anschlusspflicht erteilt
wurde oder wenn das Niederschlagswasser auf dem Grundstück versickert wird und sich
dadurch keine Missstände ergeben..“,
dennoch wird der Ableitung über ein Siel grundsätzlich der Vorzug gegeben.
In den Verordnungen der WSG Langenhorn / Glashütte und Billstedt werden bezüglich der
Ableitung von Niederschlagswasser keine Einschränkungen gemacht.
3.3.2 Fachlicher Vorschlag zur Gleichstellung der Verordnungen
Derzeit läuft die Festsetzung des sechsten und vorläufig letzten WSG Eidelstedt / Stellingen.
Nach der Festsetzung (voraussichtlich in 2010) werden alle anderen Verordnungen
aktualisiert. Dabei würde dann die Einschränkung in Zone III, dass das Dachflächenwasser
nur dann versickert oder in ein Oberflächengewässer eingeleitet werden darf, wenn es nicht
in das Regen- oder Mischwassersiel eingeleitet werden kann, entfallen.
TP3: RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN
86
3.4 Verordnungen nach § 9 Abs. 4 HmbAbwG
Wie in der Einleitung ausgeführt (vgl. Kapitel 3.2), gibt es nach dem Hamburger
Abwassergesetz die Möglichkeit, durch Verordnungen Gebiete festzulegen, in denen eine
Einleitung in das Siel untersagt und die Versickerung festgelegt wird (§ 9 Abs. 4 HmbAbwG).
Bislang wurde von dieser Möglichkeit kein Gebrauch gemacht. Im Rahmen der
Teilprojektbearbeitung wurde zunächst rechtlich geprüft, ob die Ausweisung möglich ist und
welche Folgen eine Ausweisung hätte. Die Frage, ob eine solche Gebietsausweisung nach
§ 9 Abs. 4 HmbAbwG überhaupt technisch bzw. politisch möglich und gewollt ist, wird erst
einmal zurückgestellt.
3.4.1 Möglichkeiten im Rahmen der existierenden rechtlichen
Rahmenbedingungen (wenn Sielbaubeitrag entrichtet wurde)
Nach der derzeit geltenden Regelung des § 9 Abs. 4 S. 1 i. V. m. § 9 Abs. 3 HmbAbwG sind
Untersagungen durch Verordnung in Gebieten, in denen die Betreffenden den Sielbaubeitrag
bereits entrichtet haben – also in bereits erschlossenen Gebieten – nicht möglich. Dies gilt
nach § 9 Abs. 3 HmbAbwG auch für Untersagungsanordnungen im Einzelfall.
Im Folgenden wird ein Vorschlag dargelegt, wie das HmbAbwG geändert werden müsste,
wenn eine Gebietsausweisung auch Auswirkungen in bereits erschlossenen Gebieten haben
sollte.
Vorschlag für Gesetzesänderung des HmbAbwG
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Hamburgischen Abwassergesetzes (HmbAbwG)
vom …….
§ 9 Absatz 3 erhält folgende Fassung:
(3) Das Einleiten von Niederschlagswasser in das Regenwassersiel oder in das
Mischwassersiel kann untersagt werden, wenn
1. eine Einleitung unmittelbar in ein oberirdisches Gewässer, das unter den Geltungsbereich
des Hamburgischen Wassergesetzes fällt, möglich ist oder
2. es auf dem anschlusspflichtigen Grundstück selbst in den Untergrund versickern kann
oder
3. es auf einer öffentlichen Grünfläche in den Untergrund versickern kann,
ohne dass sich dadurch Abwassermissstände ergeben oder gegen wasserrechtliche
Bestimmungen verstoßen wird.
§ 9 Absatz 4 Satz 3 erhält folgende Fassung:
In diesen Fällen kann von Amts wegen oder auf Antrag die Untersagung von Einleitungen in
die öffentlichen Abwasseranlagen nach Absatz 3 im Einzelfall aufgehoben werden, wenn
TP3: RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN
87
erkennbar ist, dass sonst Abwassermissstände oder ein Verstoß gegen wasserrechtliche
Bestimmungen zu befürchten sind.
Hinter § 9 Absatz 4 wird folgender neuer Absatz 5 eingefügt:
(5) Werden nach Absatz 3 oder aufgrund einer Rechtsverordnung nach Absatz 4 Satz 1
Einleitungen in die öffentlichen Abwasseranlagen gegenüber solchen Personen untersagt,
die bereits für die Möglichkeit, das Niederschlagswasser in die öffentliche Abwasseranlage
einzuleiten, einen Sielbaubeitrag entrichtet haben, so darf die Untersagung nicht vor dem
#### (Datum einfügen: Übergangsfrist 3 Jahre) erfolgen. Wird in diesen Fällen die
Genehmigung nach §§ 7, 11a Abs. 1 S. 3 widerrufen, so sind die Betroffenen auf Antrag für
den Vermögensnachteil zu entschädigen, den sie dadurch erleiden, dass sie auf den
Bestand der Genehmigung vertraut haben, soweit das Vertrauen schutzwürdig ist. Die
Antragsfrist beträgt ein Jahr und beginnt mit der Bekanntgabe des Widerrufs. Für
Streitigkeiten über die Entschädigung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.
Der bisherige § 9 Absatz 5 wird Absatz 6.
Begründung
• Zu 1. (§ 9 Abs. 3 )
Der eingefügte Zusatz „oder gegen wasserrechtliche Bestimmungen verstoßen wird“ dient
lediglich der Klarstellung und betont die umwelt- und ressourcenschützende Ausrichtung von
§ 9 Abs. 3.
• Zu 2. (§ 9 Abs. 4 S. 3 )
Der neu gefasste Abs. 4 S. 3 ermöglicht nun in Einzelfällen auch dann
Einleitungsuntersagungen, wenn ein Sielbaubeitrag bereits entrichtet wurde. Er steht in
Zusammenhang mit dem neu eingefügten Abs. 5.
• Zu 3. (§ 9 Abs. 5 neu)
§ 9 Abs. 5 dient der planvollen Abkehr von der herkömmlichen sielgebundenen
Niederschlagswasserentwässerung zwecks Umsetzung eines neuen
Entwässerungskonzepts aus ökologischen und ökonomischen Gründen. Dies zielt auf eine
Veränderung der sielgebundenen Niederschlagsentsorgung aus Gründen des vorsorgenden
Schutzes der Grundwasserressourcen sowie der gemeinwohlverträglichen Finanzierung der
öffentlichen Abwasserentsorgung ab.
Die Regelung nimmt Bezug auf Absatz 3, der Einleitungsuntersagungen in Einzelfällen
ermöglicht, sowie auf Absatz 4, wonach die Einleitung von Niederschlagswasser für
bestimmte Gebiete aufgrund einer Rechtsverordnung des Senats untersagt werden kann.
Infolge des geänderten Absatzes 3 (Streichung des Erfordernisses noch nicht entrichteter
Sielbaubeiträge) sind nun sowohl nach Absatz 3 als auch nach Absatz 4 Untersagungen
TP3: RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN
88
auch in den Fällen möglich, in denen bereits ein Sielbaubeitrag im Sinne von § 1 Abs. 1
Sielabgabengesetz entrichtet worden ist.
Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Hamburg (OVG Hamburg, Urteil
vom 29.04.2004 – 2 Bf 359/00 –, zitiert nach JURIS <<Aufhebung eines öffentlichen Siels>>)
sind die mit der aus wirtschaftlichen Gründen erforderlichen Umstellung eines
Entwässerungssystems verbundenen Kosten – u. U. auch weitere Folgemaßnahmen auf den
Grundstücken – grundsätzlich von den Grundstücksinhaberinnen und Grundstücksinhabern
zu tragen. Dies ergibt sich z.B. aus § 4 Abs. 1 S. 4 HmbAbwG, der generell die Änderung
des Entwässerungssystems aus technischen und wirtschaftlichen Gründen zulässt, aus § 9
Abs. 1 S. 3 HmbAbwG, der behördliche Anordnungen zu Anschlussänderungen im Bereich
des Trennsielsystems ermöglicht, und aus § 16 Abs. 1 HmbAbwG, der die
Grundstücksinhaberinnen und Grundstücksinhaber auf entsprechende Anordnung
verpflichtet, in diesen Fällen den Grundstücksanschluss jeweils auf eigene Kosten
umzurüsten und an die Veränderung anzupassen. Die damit typischerweise verbundenen
Kosten sieht der Gesetzgeber als zumutbar an (OVG Hamburg, Urteil vom 29.04.2004 – 2 Bf
359/00 – Rn. 45, 54).
Das OVG Hamburg hebt in der Entscheidung die Bedeutung des Ziels der
„umweltunschädlichen Abwasserbeseitigung“ und die Etablierung einer „qualitativ besseren
Entwässerungsmöglichkeit“ für die Systemänderung hervor (OVG Hamburg, a. a. O., Rn.
52). Beide Zielsetzungen werden durch das neue Niederschlagswasserentwässerungs-
system verwirklicht. Die Kosten der Systemumstellung sind daher hier grundsätzlich von den
von der Umstellung Betroffenen zu tragen.
Dies schließt jedoch in Ausnahmefällen nicht aus, dass Einzelne von den mit der
Systemänderung verbundenen Umrüstungsmaßnahmen besonders schwer betroffen sind –
etwa dann, wenn sie erst vor kurzem den Sielbaubeitrag entrichtet haben. Aus Gründen der
Verhältnismäßigkeit wird daher in Bezug auf diejenigen, die bereits den Sielbaubeitrag
entrichtet haben, in Absatz 5 Satz 1 geregelt, dass ihnen gegenüber eine Untersagung
frühestens drei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes angeordnet werden darf. Insoweit wird
ihnen eine angemessene Übergangsfrist eingeräumt. Darüber hinaus regelt Satz 2 in
Anlehnung an § 49 Abs. 6 S. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG, [3]) einen innerhalb
Jahresfrist zu beantragenden Entschädigungsanspruch für einen u. U. eintretenden
Vertrauensschaden.
Die mit Abs. 5 verbundene Ungleichbehandlung zwischen denjenigen, die
Niederschlagswasser durch das Siel entsorgen dürfen bzw. müssen und denjenigen, denen
die Sielentwässerung untersagt ist, ist angesichts der planvollen Umsetzung des ökologisch
und ökonomisch gebotenen Regenwasserkonzepts sachlich gerechtfertigt und im Übrigen
verhältnismäßig.
TP3: RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN
89
3.4.2 Prüfung der Rückerstattung der Sielbaubeiträge sowie möglicher
Kompensationszahlungen
Nach der Rechtsprechung des OVG Hamburg (OVG Hamburg, Urteil vom 29.04.2004 – 2 Bf
359/00 – Rn. 45, 54) sind die mit einer Systemänderung der Abwasserentsorgung verbunden
Kosten – u. U. auch Folgekosten – von den Betroffenen grundsätzlich selbst zu tragen. Als
Systemänderung wurde bislang vor allem der Übergang vom Gefälle- zum Drucksystem
bzw. vom Misch- zum Trennsystem betrachtet (vgl. OVG Hamburg, a. a. O; OVG Hamburg,
Urt. v. 8.3.1994 – Bf VI 31/93 –). Die Rechtsprechung lässt sich aber auf das neue, vom Siel
abgekoppelte Niederschlagsentwässerungssystem nach Maßgabe des o. g. § 9 Abs. 3 bis
Abs. 5 HmbAbwG-Entwurf, übertragen.
Eine Rückerstattung dürfte allenfalls dann in Betracht kommen, wenn der mit dem Beitrag
erstrebte Vorteil noch nicht ausgeglichen ist – etwa dann, wenn der Sielbaubeitrag erst kurze
Zeit vor der Einleitungsuntersagung entrichtet wurde und nun Kosten für die Etablierung des
neuen Niederschlagsentwässerungssystems anfallen (Verbot der Doppelbelastung,
Äquivalenzprinzip i. V. m. Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG, [5])).
Im Übrigen könnte erwogen werden – unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG vom 08.02.2006, 8 BN 3/05, zitiert nach JURIS) –,
bei der künftigen Gestaltung der Abwassergebühren einen bereits geleisteten
Abgabenbeitrag entsprechend zu berücksichtigen (geringere Belastung durch
Benutzungsgebühren) – so dass infolgedessen „eine Rückzahlung (der Beitragsleistung)
nicht zwingend“ wäre (BVerwG, a. a. O, Rn. 22 unter Hinweis auf BVerwG v . 16.09.1981, 8
C 48.81, JURIS).
3.5 Wasser- und Bodenverbände
Die offene Oberflächenentwässerung über Gräben und Mulden o. ä. ist in vielen B-Plänen
Diskussionsthema. Grundsätzlich ist diese einer geschlossenen Entwässerung über
Regensiele vorzuziehen. Diskussionspunkt ist immer wieder die Frage, wer diese offene
Oberflächenentwässerung betreibt und bezahlt sowie das Thema der Flächenkonkurrenz.
Es soll in diesem Arbeitspaket untersucht werden, ob es möglich ist, einen Wasser- und
Bodenverband mit dem Zweck, die Oberflächenentwässerung zu übernehmen, zu gründen.
3.5.1 Allgemeines
Wasser- und Bodenverbände können auf Grundlage des Wasserverbandsgesetzes (WVG
[4], Bundesgesetz) gegründet werden. Vor dem Inkrafttreten des Wasserverbandsgesetzes
im Jahr 1991 galt die Wasserverbandsverordnung von 1937. Wasser- und Bodenverbände
sind öffentlich-rechtliche Selbstverwaltungskörperschaften, die hoheitlich und in
Selbstverwaltung per Satzung festgelegte Aufgaben (§ 2 WVG) wahrnehmen. Vorteil der
öffentlich-rechtlichen Struktur ist, dass der Verband bei unterlassenen
Unterhaltungsmaßnahmen gegenüber Grundstückseigentümern mit Mitteln des
TP3: RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN
90
Verwaltungszwangs vorgehen kann (vgl. § 37 HaWG). Ist ein Wasser- und Bodenverband
gegründet, kann der Staat nur noch die Rechtsaufsicht ausüben (Vorgaben nur zur
Einhaltung der Gesetze, nicht aber zu fachlich Gewünschtem). Spätestens wenn der
Erschließende (oder die FHH) keine Einfluss sichernde Mehrheit mehr hat, also wenn ein
Großteil der Flächen verkauft ist, entscheidet der Verband im Rahmen der Gesetze völlig
autonom, wie er seine Verbandsaufgabe "Entwässerung des Verbandsgebietes" erfüllt. Es
besteht dann die Neigung oder sogar die Pflicht, einfachere und damit kostengünstigere
Wege zu suchen; dem kann dann staatlicherseits kaum etwas entgegen gesetzt werden.
In Hamburg sind die meisten der knapp 30 Wasser- und Bodenverbände landwirtschaftlich
geprägt und übernehmen Aufgaben der Be- und Entwässerung und / oder der
Deichverteidigung. Die einzigen Wasser- und Bodenverbände, die in größerem Umfang auch
Siedlungen im Verbandsgebiet haben, sind Nettelnburg (Zwangsgründung 80iger Jahre),
Wilhelmsburger Osten und Boberg-Heidhorst.
3.5.2 Voraussetzungen für eine Gründung
Die Vorraussetzungen für die Gründung eines Wasser- und Bodenverbandes sind vielfältig
und werden nachfolgend aufgelistet. Die nachfolgend genannten Informationen basieren auf
einem Erfahrungsaustausch von HAMBURG WASSER mit dem Rechtsamt der BSU Ende
2007.
• Technisch-hydraulisch abgeschlossenes Gebiet (klare Zuordnung der Nutznießer und
ggf. Benachteiligten).
• Eine Gründung muss von den potentiellen Mitgliedern des mehrheitlich gewollten
Verbandes initiiert werden. Die Initiatoren müssen die Kosten der Antragstellung tragen
und damit auch das Kostenrisiko, sollte die Verbandsgründung scheitern (wie z.B.
2006 in Curslack).
• Eine erfolgreiche Gründung ist aussichtsreicher, wenn nur wenige Grundeigentümer
existieren, da eine Gründung dann relativ reibungsfrei verlaufen kann; für einen
wirtschaftlichen Betrieb ist aber ein (späteres) Potenzial im Verbandsgebiet von ca.
300 - 500 Mitgliedern (Grundeigentümern) notwendig.
• Realistische Kostenkalkulation für die wirtschaftliche Führung des Verbandes und
gerechte, angemessene Maßstäbe für Beitragssätze für unterschiedliche Fallgruppen
(Erfahrungs-Richtwert 20 - 40 € pro Einfamilienhaus und Jahr).
• Es muss deutlich herausgestellt werden, dass die Aufgaben besser durch einen
Verband zu erbringen sind, als durch die Behörden.
In Boberg-Heidhorst beispielsweise geht es um die Wahrnehmung ganz "gewöhnlicher"
Verbandsarbeit mit tradierten Entwässerungseinrichtungen, die überwiegend auf den
Privatgrundstücken belegen sind, und damit einer Vielzahl von Unterhaltungspflichtigen für
nur kleine Gewässerabschnitte (das macht die autonome Regelung vor Ort sinnvoll:
Eigenverantwortliche Überprüfung der Pflichterfüllung Einzelner zum Nutzen aller ohne
TP3: RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN
91
Behörde). Geht es jedoch ganz oder zumindest überwiegend um Anlagen im "öffentlichem
Raum" zudem mit besonderen betrieblichen Anforderungen, die durch eine zentrale Stelle
betrieben werden können, ist zu fragen, warum dies nicht (klassischerweise) von der
Wasserwirtschaft umgesetzt werden sollte (wie auch sonst ggf. vorfinanziert über die private
Erschließung). "Kein Geld" ist dabei kein oder nur ein sehr schlechtes Argument. Ein
Wasser- und Bodenverband kann dann auch als Marketinginstrument für die Attraktivität
einer Siedlung genutzt werden (vgl. Boberg-Heidhorst).
Ein Verfahrensablaufschema für eine Verbandsgründung ist als Anlage beigefügt.
Technisch aufwändige Lösungen, die einen professionellen Betrieb erfordern, können in der
Regel nicht durch Anwohner in Eigenverantwortung betrieben werden, da die in Hamburg für
die beabsichtigten Aufgaben vorgesehenen und möglichen Verbandsgrößen (und damit das
potentielle Haushaltsvolumen) nur eine ehrenamtliche - kaum fachlich versierte -
Verbandsarbeit zulassen. Für solche Anlagen muss ein anderes Betriebsmodell als der
Wasser- und Bodenverband gefunden werden.
3.5.3 Gründungsinitiative/ Kosten der Gründung
Eine Zwangsgründung von Amts wegen (nach § 10 WVG) ist kaum möglich und auch nicht
gewünscht.
Eine Gründungsinitiative muss von Grundeigentümern als potentielle Mitglieder ausgehen.
Das Rechtsamt der BSU (Amt R) als Aufsichtsbehörde muss einer Gründung zustimmen; die
zuvor genannten Punkte sind als Voraussetzungen für eine Gründung bindend zu
berücksichtigen. Das Gründungsverfahren wird vom Rechtsamt betrieben.
3.5.4 Alternative Instrumente
An Stelle von Wasser- und Bodenverbänden sind auch die folgenden Instrumente denkbar,
um die Aufgaben der Oberflächenentwässerung sicherzustellen:
• städtebaulicher Vertrag / Erschließungsvertrag:
Herstellung und Übertragung an die üblichen nach Wasserrecht Pflichtigen, bei
gemeinschaftlichen Anlagen entsprechende zivilrechtliche Konstruktion (siehe folgende
3 Punkte mit entsprechender grundbuchrechtlicher Absicherung).
• Privatrechtlicher Vertrag zwischen Parteien (insbesondere sinnvoll, wenn keine
Gemeinschaftseinrichtungen).
• Verein, BGB-Gemeinschaft oder BGB-Gesellschaft (z.B. Poldergemeinschaften,
Meiendorfer "Entwässerungsverein"):
Insbesondere sinnvoll, wenn der Betrieb von Gemeinschaftseinrichtungen notwendig
ist. Anders als ein Wasser- und Bodenverband ohne jegliche hoheitliche Befugnis und
Zwangsmitgliedschaft. Die Wahrnehmung der Gemeinschaftsaufgabe sollte ggf.
finanziell durch entsprechende Grunddienstbarkeit o. ä. abgesichert werden.
TP3: RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN
92
• z.B. gemeinsame Stellplätze: diese Gemeinschaften (vgl. vorherigen Punkt) sind für
überschaubare Anlagen sinnvoll (mit entsprechender grundbuchrechtlicher
Absicherung).
3.6 Weitere Vorschläge
3.6.1 Zwangsabkopplung von Fehlanschlüssen
Es ist davon auszugehen, dass es in Gebieten mit einer minimalen öffentlichen
Oberflächenentwässerung (u.a. gering dimensionierte Grabenverrohrungen oder
Sickerschächte) diverse Fehlanschlüsse, d.h. Niederschlagswassereinleitungen in das
Schmutzsielnetz gibt. HAMBURG WASSER ist nicht verpflichtet diese zu dulden, auch wenn
diese seit vielen Jahren bestehen oder die öffentliche Oberflächenentwässerung
unzureichend ist. In § 9 Abs. 1 Satz 2 HmbAbwG wird formuliert, dass im Trennsystem
Schmutzwasser in das Schmutzwassersiel (S-Siel) und Regenwasser in das
Regenwassersiel (RW-Siel) einzuleiten ist. Ist kein RW-Siel vorhanden, muss das
Regenwasser versickert, in ein Gewässer eingeleitet oder gesammelt und verwendet
werden. Zuständige Behörde für die Untersagung von Einleitungen ist aber nicht
HAMBURG WASSER, sondern die BSU.
Die negativen Folgen der Fehlanschlüsse liegen in erster Linie in einer potentiellen
hydraulischen Überlastung des Schmutzwassernetzes. In Bereichen von SW-Pumpwerken
mit Notentlastungen kann es dadurch zu erhöhten Überläufen in die umliegenden Gewässer
kommen. Durch eine gezielte Nebelung der SW-Siele in solchen Gebieten können die
Fehlanschlüsse zum überwiegenden Teil ermittelt werden.
3.6.2 Kontrollmöglichkeiten von Einleitbegrenzungen
Bei Anschlüssen an Misch- oder Regenwassersiele werden (in größerem Umfang seit ca.
5 - 8 Jahren) häufig Einleitmengenbegrenzungen von HAMBURG WASSER ausgesprochen.
Es gibt zurzeit jedoch keinerlei Mechanismen, um zu kontrollieren, ob diese Begrenzungen
eingehalten werden. Der Aufwand zur Ermittlung dieser Begrenzungen ist zurzeit ebenfalls
nur mit erheblichem Arbeitsaufwand zu gewährleisten. Wünschenswert wäre daher eine
entsprechende Information zu den ausgesprochenen Einleitbegrenzungen in einer
geeigneten Datenbank, z.B. im Sielkataster bei HAMBURG WASSER, damit bei ggf.
auftretenden Entwässerungsproblemen diese Anschlüsse im betroffenen Einzugsgebiet
gezielt überprüft werden können.
TP3: RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN
93
3.7 Zusammenfassung und Ausblick
Sobald die Wasserschutzgebiets-Verordnung für Stellingen festgesetzt ist, sollen die
Verordnungen bzgl. der Niederschlagswasserbeseitigung vereinheitlicht werden. Hierzu wird
dieser Bericht an das Rechtsamt der BSU verteilt.
Es konnte gezeigt werden, dass es rechtlich möglich ist, Gebiete nach § 9 Abs. 4 HmbAbwG
auszuweisen unter der Voraussetzung, dass der rechtliche Rahmen entsprechend Kapitel
3.4 geändert wird. Es ist jedoch unklar, ob es in Hamburg überhaupt zusammenhängende
Gebiete gibt, in denen eine sichere Aussage darüber zu treffen ist, dass eine Versickerung
auf allen Grundstücken möglich ist. Hinzu kommt, dass es auch aus politischen Gründen
fraglich ist, ob angestrebt wird, ganze Gebiete „Zwangsabzukoppeln“. Erst mit Fertigstellung
der Versickerungspotentialkarte für ganz Hamburg ist eine entsprechende Prüfung der
Versickerung möglich. Im Anschluss wird ggf. das weitere Vorgehen abgewogen.
Nur in Ausnahmefällen wird es sinnvoll und möglich sein, einen Wasser- und Bodenverband
zu gründen, der Aufgaben der Oberflächenentwässerung übernimmt. In Gebieten, in denen
ein WuB-Verband für sinnvoll erachtet wird, sollten frühzeitig die notwendigen
Voraussetzungen für eine Gründung (vgl. Kapitel 3.5) überprüft werden. Zudem sollte vor
einer Gründung eine frühzeitige Abstimmung mit dem Rechtsamt der BSU vorgenommen
werden. Ein Verfahrensablaufschema für eine Verbandsgründung ist als Anlage beigefügt.
Die vorgeschlagenen Maßnahmen wie Zwangsabkopplung von Fehlanschlüssen und
Kontrollmöglichkeiten von Einleitbegrenzungen (vgl. Kapitel 3.6) sollen bei
HAMBURG WASSER geprüft und, wenn möglich, umgesetzt werden.
In dem neuen Projekt RISA - RegenInfraStrukturAnpassung werden die Themen
„institutionelle und rechtliche Rahmenbedingungen“ sowie „Umsetzung in der Verwaltung“
weiter untersucht.
3.8 Literatur
[1] Hamburgisches Abwassergesetz (HmbAbwG) in der Fassung vom 24. Juli 2001,
HmbGVBl. 2001, S. 258, zuletzt geändert durch Gesetz vom 12.09.2007, HmbGVBl.
2007, S. 284.
[2] Hamburgisches Wassergesetz (HWaG) in der Fassung vom 29. März 2005,
(HmbGVBl. S. 97).
[3] Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) vom 25. Mai 1976, BGBl. I S. 1253, zuletzt
geändert durch Art. 4a GG vom 17. Juli 2009, BGBl. I S. 2088, 2095.
[4] Wasserverbandsgesetzes (WVG) Vom 12. Februar 1991 (BGBl. I Seite 405, in der
Fassung der Bekanntmachung vom 23.5.2002.
[5] Grundgesetz (GG), in der Fassung von 23. Mai 1949, BGBl. I 1949, S. 1, zuletzt
geändert durch Art. 1 ÄndG vom 29. Juli 2009, BGBl. I S. 2248).
TP3: ANHANG
94
Anhang – Ablaufverfahren zur Wasser- und Bodenverbandsgründung
Tabelle 3-1: Ablaufverfahren zur Wasser- und Bodenverbandsgründung
Rechtsgrundlage Verfahrensschritt Anmerkungen
§ 11 Abs. 1 WVG Antrag eines oder mehrerer der festzustellenden Beteiligten bei der Aufsichtsbehörde
§ 11 Abs. 2 WVG Dem Antrag sind die Errichtungsunterlagen (Unterlagen, welche die Aufgaben, das Gebiet, den Umfang und das Unternehmen des Verbandes umschreiben) beizufügen.
Achtung!!! Werden die Unterlagen innerhalb der von der Aufsichtsbehörde gesetzten Frist nicht oder nur unvollständig vorgelegt oder sind sie ganz oder teilweise ungeeignet, kann die Aufsichtsbehörde den Antrag zurückweisen oder die Unterlagen, soweit erforderlich, selbst beschaffen und die Satzung selbst entwerfen (§ 11 Absatz 4 WVG)
§ 11 Abs. 2 WVG Plan für das Unternehmen einschließlich Kostenansch lag
• Beschreibung der Aufgabe(n) des Verbandes sowie Begründung, warum der Verband gegründet werden soll
• Beschreibung des Unternehmens des Verbandes (= die der Erfüllung seiner Aufgabe dienenden baulichen und sonstigen Anlagen, Arbeiten an Grundstücken, Ermittlungen und sonstige Maßnahmen) mittels „Erläuterungsbericht“
• Beschreibung des Verbandsgebietes (Plan, in dem das Unternehmen des Verbandes eingezeichnet und alle Grundstücke gekennzeichnet sind, die von dem Unternehmen des Verbandes einen Vorteil haben, bei denen die Vorteile durch das Unternehmen des Verbandes die Nachteile überwiegen bzw. von denen nachteilige Einwirkungen auf das Unternehmen des Verbandes ausgehen oder zu erwarten sind oder die durch die Errichtung des Verbandes mittelbar betroffen sind sowie textliche Darstellung [auch Zeitablauf])
• Darstellung der durch die Errichtung des Verbandes, Anschaffung und Unterhaltung des Unternehmens entstehenden Kosten
mögliche Aufgaben vgl. § 2 WVG
vgl. § 5 WVG
TP3: ANHANG
95
Rechtsgrundlage Verfahrensschritt Anmerkungen
§ 11 Abs. 2 WVG Darstellung der Zweckmäßigkeit und der Finanzierung des Unternehmens
• Nachweise / Gutachten, welche wasserwirtschaftlichen Auswirkungen die Errichtung des Verbandes hat
• Begründung, warum Errichtung des Verbandes zweckmäßig ist (ggf. Variantenvergleich) einschließlich Kosten-Nutzen-Relation
• Finanzierungskonzept (Beitragsmaßstab)
§ 11 Abs. 2 WVG
§ 11 Abs. 2 WVG
Satzungsentwurf
Verzeichnis derjenigen, die Beteiligte werden sollen (Namen, Anschriften) einschließlich Vorschlag für das Stimmenverhältnis (z.B. nach Flächenanteilen, Anzahl Wohnungen etc. [mit Begründung, warum das Stimmenverhältnis so ausfallen soll, und unter Darlegung der Tatsachen, die für die Verteilung des Stimmenverhältnisses maßgeblich waren [Katasterauszüge, Grundstücksgröße etc.])
• Personen, die aus der Durchführung der Verbandsaufgabe einen Vorteil haben oder zu erwarten haben
• Personen, von deren Anlagen oder Grundstücken nachteilige Einwirkungen auf das Verbandsunternehmen ausgehen oder zu erwarten sind
• Personen, die voraussichtlich Maßnahmen des Verbandes zu dulden haben
vgl. „Mustersatzung“, kann beim Rechtsamt angefordert werden
vgl. § 8 WVG
§ 11 Abs. 3 WVG Die Aufsichtsbehörde kann von dem Antragsteller die Beibringung weiterer Unterlagen fordern.
§ 12 WVG Vorarbeiten durch Beauftragte der Aufsichtsbehörde (Betreten von Grundstücken, Vermessungen, Boden- und Grundwasseruntersuchungen o.ä.)
ggf. mindestens zwei Wochen vorher bekannt geben, ggf. Entschädigung
§ 13 WVG Feststellung der Beteiligten sowie der auf jeden Beteiligten entfallenden Stimmenzahl (nach Vorteilen) durch die Aufsichtsbehörde
§§ 14, 15 WVG Öffentliche Bekanntmachung des Errichtungsvorhabens sowie Zeit und Ort der Auslegung der Errichtungsunterlagen
TP3: ANHANG
96
Rechtsgrundlage Verfahrensschritt Anmerkungen
Auslegung der Errichtungsunterlagen für die Dauer von mindestens einem Monat
Verhandlungstermine
• Beschluss der Beteiligten über die Errichtung des Verbandes sowie über den Plan und die Satzung
• Fertigung einer Niederschrift durch die Aufsichtsbehörde
• Abstimmung der Niederschrift mit den Beteiligten
Ladungsfrist mindestens 2 Wochen
§ 7 WVG Genehmigung der Errichtung des Verbandes sowie der Satzung durch die Aufsichtsbehörde
§ 7 WVG Öffentliche Bekanntmachung der Genehmigung sowie der Satzung Der Verband entsteht mit der öffentlichen Bekanntmachung der Satzung, sofern diese nicht einen späteren Zeitpunkt vorsieht.
§ 9 WVG Ggf. zwangsweise Heranziehung nicht einverstandener oder anderer Beteiligter zur Mitgliedschaft
§ 18 WVG Entscheidung der Aufsichtsbehörde über Anträge und Einwendungen von Beteiligten, die von der Mehrheit im Verhandlungstermin abgelehnt worden sind, auf schriftlichen Antrag (binnen eines Monats nach der öffentlichen Bekanntmachung der Satzung)
ggf. Änderung der Errichtungsunterlagen sowie Beschlussfassung der Verbandsmitglieder (§ 19 WVG)
§ 20 WVG Erste Berufung der Verbandsorgane durch die Aufsichtsbehörde
Kontakt: BSU Rechtsamt R 225
TP4: AUSWIRKUNGEN DES KLIMAWANDELS
97
4. Auswirkungen des Klimawandels
ANMERKUNG: Der vorliegende Bericht des Teilprojekts 4 „Mögliche hydraulische
Auswirkungen des Klimawandels auf das Hamburger Sielnetz und die Hamburger
Gewässer“ ist als ausführliche Version unter dem Titel: „Auswirkungen des Klimawandels auf
das Hamburger Kanalnetz“ zur Veröffentlichung bei der DWA KA – Korrespondenz
Abwasser eingereicht und wird voraussichtlich im II. Quartal 2010 erscheinen.
4.1 Einleitung
HAMBURG WASSER betreibt ein Kanalnetz mit einer Gesamtlänge von über 5.400 km.
Jährlich werden über 60 Mio. € in die Sanierung und Erneuerung des Hamburger
Entwässerungsnetzes investiert. Mit Blick auf die sich abzeichnenden Klimaänderungen stellt
sich zunehmend die Frage, welche potenziellen Auswirkungen der Klimawandel auf die
zukünftigen Niederschlagsereignisse hat und inwieweit eine Anpassung der
Bemessungsgrundlagen für die Regen- und Mischwasserkanäle erforderlich wird.
4.2 Ziele und Arbeitspakete
Mit dem Ziel einer langfristigen und nachhaltigen Entwässerungsplanung hat
HAMBURG WASSER daher in Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für
Meteorologie Hamburg (MPI-M) und dem Institut für Wasserwirtschaft, Hydrologie und
landwirtschaftlichen Wasserbau der Leibniz Universität Hannover (LUH) die Auswirkungen
des Klimawandels auf das Hamburger Kanalsystem untersucht. Dabei wurden erstmalig für
eine Simulation des Abflussgeschehens im Hamburger Kanalnetz simulierte
Niederschlagsdaten des Klimamodells REMO verwendet.
Dazu fand in einem ersten Arbeitsschritt eine Validierung und Charakterisierung der
Niederschlagsdaten aus dem REMO-Validierungslaufs mit gemessenen Niederschlagsdaten
der Hamburger Stadtentwässerung statt. In einem zweiten Schritt wurde die Validierung
auch für die simulierten Niederschlagsdaten aus dem REMO-Kontrolllauf durchgeführt. Nach
der Disaggregation der simulierten Niederschlagsdaten des REMO-Klimarechenlaufs fand
abschließend die Trendermittlung auf der Niederschlags- und auf der Abflussseite statt.
4.3 Daten und Modelle
Die simulierten Niederschlagsdaten des MPI-M werden durch das dynamische, regionale
Klimamodell REMO erzeugt. REMO basiert auf dem numerischen Wettervorhersagemodell
des Deutschen Wetterdiensts DWD (Europa-Modell, EM) und verwendet als physikalische
Grundlage, Initialisierung und seitlichen Antrieb die Daten des gekoppelten Ozean-
Atmosphärenmodells ECHAM 5. REMO liefert die simulierten Klimadaten basierend auf drei
IPCC Szenarien (IPCC: Intergovernmental Panel on Climate Change) als Stundenwerte für
TP4: AUSWIRKUNGEN DES KLIMAWANDELS
98
das Modellgebiet Deutschland und den Alpenraum in einer hohen räumlichen Auflösung von
10 x 10 km (0,008°) für den Zeitraum von 1950 bis 2 100 [1].
Die Validierung der REMO-Daten wurde sowohl mit dem Kontroll- als auch mit dem
Validierungslauf durchgeführt [2]. Der Validierungslauf des Klimamodells nutzt als Antrieb
gemessene Treibhausgaskonzentrationen und ermöglicht einen Abgleich mit unabhängigen
Messwerten. Der anschließende Kontrolllauf für den Zeitraum 1950 bis 2000 wird wie der
Klimarechenlauf mit den Anfangs- und Randwerten des Globalmodells angetrieben [1] und
kann mit Messwerten oder den Ergebnissen des Validierungslaufs abgeglichen werden.
Die hier untersuchten MPI-Niederschlagsdaten des REMO-Modells sind unter Verwendung
des Szenarios A1B erzeugt worden. Die Szenarien-Familie A1 des IPCC legt ein schnelles
wirtschaftliches Wachstum, eine bis Mitte des 21. Jahrhunderts steigende Weltbevölkerung,
die anschließend abnimmt, sowie eine zügige Einführung neuer und effizienterer
Technologien zugrunde. Das Szenario A1B geht speziell von einer ausgeglichenen Nutzung
aller Energieträger (fossiler und nicht-fossiler Energiequellen) aus [1].
Grundsätzlich ist zu berücksichtigen, dass das Klimamodell REMO lediglich
Klimaprojektionen auf Grundlage möglicher Entwicklungen der Klimaantriebe liefert. Das
Modell stellt damit keine Vorhersage der zukünftigen Klima- und Niederschlagsentwicklung
für bestimmte Zeitpunkte dar, sondern ermöglicht lediglich eine statistische Auswertung über
längere Zeiträume.
Neben den REMO-Daten wurden im Hamburger Stadtgebiet gemessene
Niederschlagsdaten von 1976 bis 2000 sowie die Zeitreihe „HH00“ der Hamburger
Stadtentwässerung in die Untersuchung einbezogen. Die Zeitreihe „HH00“ ist aus den
Zeitreihen von sechs langjährigen Stationen lückenlos generiert worden und wird für die
Langzeitseriensimulation und als Grundlage für die Hamburger Bemessungsregen
verwendet.
4.4 Validierung und Disaggregation der REMO-Daten
Um zu prüfen, ob das tatsächliche Niederschlagsverhalten für den Raum Hamburg vom
Klimamodell REMO realistisch wiedergeben werden kann, wurden die simulierten REMO-
Niederschlagsdaten für den Zeitraum 1976 bis 2000 den gemessenen Niederschlagsdaten
an sieben ausgewählten Regenschreiber-Standorten von HAMBURG WASSER
gegenübergestellt.
4.4.1 Validierung
Hierzu wurden die gemessenen 5 min-Werte zunächst zu 1 h-Werten geblockt. Beim
Vergleich der Daten ist zu berücksichtigen, dass alle Größen aus den Klimasimulationen das
räumliche Mittel einer Gitterbox darstellen. Für den Vergleich mit punktuell gemessenen
Niederschlagsdaten bedeutet dies, dass eine Beobachtungsstation mit einem Mittelwert von
TP4: AUSWIRKUNGEN DES KLIMAWANDELS
99
mindestens vier REMO-Gitterboxen verglichen werden muss [1], da das Modell nicht
gitterpunktsgenau ist.
Abbildung 4-1: Lage der Regenschreiber und der REMO-Gitterboxen über Hamburg,
exemplarisch für R008 dargestellt
Die Validierung der REMO-Niederschlagsdaten erfolgte anhand einer vergleichenden
extremwertstatistischen Auswertung der partiellen Serien nach ATV-Arbeitsblatt 121 [3] und
anhand des Vergleichs von Jahres- und Monatssummen für das Gesamtjahr und das Winter-
bzw. Sommerhalbjahr, sowohl für jeden Regenschreiber als auch gemittelt über alle
Stationen.
0,0
20,0
40,0
60,0
80,0
100,0
JAN FEB MRZ APR MAI JUN JUL AUG SEP OKT NOV DEZ
Monat
Nie
ders
chla
gshö
he [m
m]
-20,0%
+0,0 %
+20,0 %
+40,0 %
+60,0 %
+80,0 %
+100,0 %
+120,0 %
+140,0 %
+160,0 %
+180,0 %
+200,0 %
+220,0 %
+240,0 %
+260,0 %
HSEREMOAbweichung [%]
Abbildung 4-2: monatliche Niederschlagssummen über 25 a für REMO und HSE, gemittelt
über alle Regenschreiber
Der Vergleich der jährlichen Niederschlagssummen in Abbildung 4-2 zeigt, dass die
simulierten REMO-Niederschlagsdaten generell höher als die gemessenen Werte ausfallen.
TP4: AUSWIRKUNGEN DES KLIMAWANDELS
100
Die Abweichungen treten dabei im Wesentlichen in den Sommermonaten auf. Die
Wintermonate weisen hingegen eine relativ gute Übereinstimmung auf. Einige
modellbedingte Ursachen werden in [1] erläutert.
Die extremwertstatistische Auswertung zeigte eine relativ gute Übereinstimmung zwischen
den gemessenen und simulierten Werten für den u-Parameter der Verteilungs-
funktion ln(T)w(D)u(D)(D)hN ⋅+= . Die Abweichungen lagen hier für alle Dauerstufen unter
20 %, vgl. Abbildung 4-3.
0
5
10
15
20
25
30
35
40
10 100 1000 10000
Dauerstufe [min], logarithmisch
u R008-HSE
u R008-REMO
w R008-HSE
w R008-REMO
w-Parameter aus Verteilungsfunktion
u-Parameter aus Verteilungsfunktion
REMO
REMO
HSE
HSE
60 240 480120 1080
Abbildung 4-3: u- und w-Parameter für den R008, HSE und REMO
Beim w-Parameter kam es bei Betrachtung des Gesamtjahres (ausschlaggebend war hier
das Sommerhalbjahr) zu deutlich höheren Abweichungen. Für die bemessungsrelevanten
Dauerstufen D ≤ 240 min stiegen diese auf bis zu 60 %. Das bedeutet, dass REMO deutlich
längere Ereignisse mit größeren Niederschlagshöhen simuliert als im Vergleichszeitraum
gemessen wurden.
Das Modell REMO stellt bislang lediglich Niederschlagsdaten mit einer zeitlichen Auflösung
von 1 h zur Verfügung. Damit kann der Bereich der für das Kanalnetz bemessungs-
relevanten kürzeren Dauerstufen nicht hinreichend abgedeckt werden. Daher wurden die
simulierten Stundenwerte in Zusammenarbeit mit der LUH zu 5 min-Werten disaggregiert.
4.4.2 Disaggregation
Das Verfahren der Disaggregation der Stundenwerte zu 5 min-Werten basiert auf dem
Kaskadenmodell von Güntner et al [4]. Dabei findet eine wiederholte Teilung der Werte in
zwei zeitlich gleichlange Teile statt. Auf eine detaillierte Beschreibung der Disaggregation
wird hier verzichtet und auf die in Kürze erscheinende Veröffentlichung in der DWA KA –
Korrespondenz Abwasser verwiesen.
Eine Überprüfung der Anwendbarkeit ergab, dass das Verfahren grundsätzlich für die
Disaggregation von Stunden- zu 5-Minutenwerten geeignet ist. Dabei kommt es allerdings
TP4: AUSWIRKUNGEN DES KLIMAWANDELS
101
zur regelmäßigen Unterschätzung der Extremwerte, die im Mittel zwischen 10 % und 25 %
liegt, bei der Dauerstufe D = 5 min deutlich darüber.
4.5 Trendanalyse Niederschlag
Klimamodelle stellen keine Vorhersage der zukünftigen Klima- und
Niederschlagsentwicklung dar. Sie ermöglichen aber eine statistische Auswertung über
längere Zeiträume. Somit können aus den Modelldaten Trends für die zukünftige
Entwicklung des Klimas abgeleitet werden. Für die Trendanalyse wurde der Mittelwert aus
den vier zentral über Hamburg liegenden REMO-Gitterboxen verwendet. Die so gemittelten
REMO-Stundenwerte wurden anschließend zu 5-min-Werten disaggregiert. In
unterschiedlichen Ansätzen wurden partielle Serien der 150 Jahre umfassenden REMO-
Zeitreihe gemäß [3] für die Dauerstufen D = 5 min bis 240 min statistisch analysiert. Dabei
wurden die Parameter u und w der Verteilungsfunktion auf Vorliegen eines Trends
untersucht. Auf eine genaue Beschreibung zum Vorgehen der einzelnen Ansätze wird hier
verzichtet und auf die geplante Veröffentlichung in der DWA KA – Korrespondenz Abwasser
verwiesen.
Im Rahmen der Untersuchung konnte schließlich für den u-Parameter ein Trend bestätigt
werden, für den w-Parameter hingegen nicht.
Die Abschätzung der Bemessungsregen für das Jahr 2100 erfolgte, indem die prozentualen
Zunahmen der u-Parameter auf die u-Parameter der Hamburger Bemessungsregen für das
Jahr 2000 aufgeschlagen wurden, während der w-Parameter unverändert blieb. Dies
bedeutet, dass die statistischen Regenhöhen einer Dauerstufe für alle Wiederkehrzeiten den
gleichen absoluten Zuwachs aufweisen, während der relative Zuwachs mit zunehmender
Wiederkehrzeit abnimmt. Die Bemessungsregen 2100 wurden anhand der oberen und
unteren Grenzen des KOSTRA-DWD 2000 [6] bewertet (Abbildung 4-4).
Der Bereich zwischen oberer und unterer Grenze der KOSTRA-Werte kann als statistischer
Unschärfebereich aufgefasst werden. Die Auswertungen ergaben eine deutliche Zunahme
des Bemessungsregens T = 1 a und eine geringfügige Zunahme des Bemessungsregens
T = 2 a über die KOSTRA-Obergrenze hinaus. Die Bemessungsregen T = 5 a und T = 10 a
lagen bereits innerhalb der KOSTRA-Grenzen. Während für die jährlichen
Niederschlagsereignisse bis zum Ende dieses Jahrhunderts eine Zunahme von rund 20 %
erwartet werden kann, ist die Zunahme von seltenen Starkniederschlägen als nicht
signifikant anzusehen.
TP4: AUSWIRKUNGEN DES KLIMAWANDELS
102
T = 1
0
5
10
15
20
25
30
0 30 60 90 120 150 180 210 240
Dauerstufe [min]
Nie
ders
chla
gsh
öhe
[mm
]
Kostra untere Grenze
Kostra obere Grenze
Bem.regen 2100
Bem.regen 2000
Zum VergleichBem.regen 2000; T=2
T = 2
0
5
10
15
20
25
30
35
40
0 30 60 90 120 150 180 210 240
Dauerstufe [min]
Nie
ders
chla
gsh
öhe
[mm
]
Kostra untere Grenze
Kostra obere Grenze
Bem.regen 2100
Bem.regen 2000
Zum VergleichBem.regen 2000; T=5
T = 5
0
5
10
15
20
25
30
35
40
45
0 30 60 90 120 150 180 210 240
Dauerstufe [min]
Nie
der
schl
agsh
öhe
[mm
]
Kostra untere Grenze
Kostra obere Grenze
Bem.regen 2100
Bem.regen 2000
Zum VergleichBem.regen 2000; T=10
T = 10
0
5
10
15
20
25
30
35
40
45
50
0 30 60 90 120 150 180 210 240
Dauerstufe [min]
Nie
ders
chla
gsh
öhe
[mm
]
Kostra untere Grenze
Kostra obere Grenze
Bem.regen 2100
Bem.regen 2000
Abbildung 4-4: Bemessungsregen 2000 (Hamburg), 2100 (REMO) und KOSTRA-
DWD 2000
Die Niederschlagshöhen der Dauerstufen D < 1 h wurden mittels Disaggregation synthetisch
erzeugt und sind deshalb kritisch zu betrachten. Für Dauerstufen D ≤ 30 min zeigte sich eine
Zunahme der Niederschlagshöhen über die KOSTRA-Obergrenzen hinaus. Aufgrund der
Unsicherheiten der Disaggregation soll dies nicht weiter bewertet sondern bei Vorliegen
neuer Klimamodellrechnungen mit höherer zeitlicher Auflösung erneut überprüft werden.
4.6 Trendanalyse Abfluss
Die Auswirkungen des Klimawandels auf das Abflussgeschehen des innerstädtischen
Mischkanalsystems (Länge ca. 840 km) wurden anhand der Niederschlag-Abfluss-Simulation
mit dem hydrodynamischen Kanalnetzmodell Hystem-Extran bestimmt. Dabei wurden die
Indikatoren „Überstau“ (Schachtüberstaumengen, Ereignisse) sowie „Entlastung“
(Mischwasserüberlaufmengen, Ereignisse) auf Vorliegen eines Trends untersucht. Zur
Validierung der REMO-Ergebnisse der Langzeitseriensimulation (LZS) wurde vorab eine
vergleichende LZS von 1971 bis 2000 mit der Zeitreihe „HH00“ durchgeführt.
Die Auswahl der für die LZS relevanten Niederschlagsereignisse beider Zeitreihen (REMO
und „HH00“) basierte auf den u- und w-Parametern bestimmter Dauerstufen der heutigen
Bemessungsregen für Hamburg. Insgesamt wurden aus der REMO-Zeitreihe von 1971 bis
2100 auf diese Weise 710 relevante Ereignisse selektiert. Für die statistische Bewertung der
jährlichen Entlastungsvolumina des gesamten REMO-Simulationslaufs wurden die
Ergebnisse der „HH00“ und der REMO-Simulation bis 2000 zunächst dem t-Test und
zusätzlich dem F-Test (Homogenitätsprüfung der Varianzen) unterzogen [5].
TP4: AUSWIRKUNGEN DES KLIMAWANDELS
103
4.6.1 Trendanalyse Entlastung
Rund 50 % der betrachteten Entlastungsbauwerke zeigten dabei eine statistische
Vergleichbarkeit der Simulationsergebnisse bezüglich jährlicher Überlaufmengen und
Überlaufereignisse. Zur Bewertung des Überlaufverhaltens des Hamburger Kanalnetzes
wurden jährliche Überlaufmengen und Überlaufereignisse dieser repräsentativen Überläufe
den drei Hamburger Hauptgewässern Alster, Bille und Elbe zugeordnet und für die Periode
1971 – 2100 auf ihre statistische Signifikanz eines positiven Trends untersucht. Verwendet
wurde hierfür das Testverfahren nach MANN-KENDALL für einen einseitigen Test [5]. Für
alle drei Gewässer konnten sowohl für die Überlaufereignisse als auch für die
Überlaufmengen hochsignifikante Trends zum Signifikanzniveau p > 99 % nachgewiesen
werden. Anschließend wurden die jährlichen Überlaufereignisse und Überlaufmengen für
jedes der drei Hauptgewässer von 1971 bis 2100 kumuliert. Der Trend für die
Überlaufmengen und Überlaufereignisse der einzelnen Gewässer wurde analog zur
Trendanalyse Niederschlag aus dem prozentualen Verhältnis der mittleren Steigungen für
die Zeitabschnitte 2000 bis 2032 und 2068 bis 2100 ermittelt. Für die Hamburger Gewässer
werden demnach Steigerungen der derzeitigen Überlaufmengen zwischen 40 % und 50 %
bis 2100 erwartet. Der Anstieg der Überlaufmengen korrelierte mit dem Anstieg der
Überlaufereignisse.
4.6.2 Trendanalyse Überstau
Für den Indikator „Überstau“ konnte keine statistische Vergleichbarkeit zwischen den
Ergebnissen der beiden LZS festgestellt werden, d.h. die Simulationsergebnisse der REMO-
LZS waren aufgrund der Disaggregation nicht repräsentativ und konnten daher nicht für eine
weitere Trendanalyse herangezogen werden. Allerdings konnten aus der Trendanalyse
Niederschlag Rückschlüsse auf das zukünftige Überstauverhalten geschlossen werden, da
ein nennenswerter Überstau im innerstädtischen Hamburger Mischkanalnetz erst bei
Starkregen mit Häufigkeiten T ≥ 5 a nachzuweisen ist. Aufgrund der Ergebnisse der
Trendanalyse Niederschlag wird somit keine signifikante klimabedingte Veränderung des
derzeitigen Überstauverhaltens erwartet.
4.7 Anstieg des Meeresspiegels
Durch den Anstieg des Meeresspiegels steigt nach Untersuchungen des
Forschungszentrums Geesthacht (GKSS) auch das mittlere Elbhochwasser um bis zu 80 cm
[7]. HAMBURG WASSER betreibt im tidebeeinflussten Bereich der Elbe bedeutende
Regenauslässe. Bei netzkritischen Niederschlagsereignissen und gleichzeitig eintretendem
Hochwasser kann das innerstädtische Mischkanalsystem dort nur über Pumpwerke entlastet
werden. HAMBURG WASSER wird diese aufgrund des ansteigenden Meeresspiegels und
damit zunehmenden Elbhochwasserständen zukünftig häufiger einsetzen müssen. Zudem
müssen die Hochwasserpumpen schrittweise an die zunehmenden Förderhöhen angepasst
TP4: AUSWIRKUNGEN DES KLIMAWANDELS
104
werden. Diesbezügliche, belastbare Quantifizierungen stehen noch aus und werden derzeit
in Zusammenarbeit mit dem GKSS untersucht.
4.8 Zusammenfassung und Ausblick
Die vorliegenden Untersuchungen erlauben eine erste Abschätzung der möglichen
hydraulischen Auswirkungen des Klimawandels auf das Hamburger Kanalnetz. Demnach
kann für die kommenden Jahrzehnte von einer signifikanten klimainduzierten Veränderung
des Abflussgeschehens ausgegangen werden, welche durch eine zunehmende
Versiegelung abflusswirksamer Flächen in der Metropole weiter verstärkt werden wird.
Aufgrund der dargestellten Unsicherheiten hinsichtlich der verwendeten Klimadaten sowie
der angewandten Disaggregation der Daten erscheint es dennoch vorerst nicht sinnvoll, den
möglichen Auswirkungen des Klimawandels mit pauschalen Bemessungszuschlägen zu
begegnen (siehe auch [8]). Hier sind weitergehende Untersuchungen auf Basis eines
verfeinerten Klimamodells mit höherer zeitlicher und räumlicher Auflösung erforderlich.
Dennoch erscheint es bereits heute sinnvoll, bei zukünftigen Erweiterungen bzw.
maßgeblichen Veränderungen des Kanalnetzes fallbezogen die potenziellen Auswirkungen
veränderter Niederschlagsintensitäten im Rahmen von Sensitivitätsuntersuchungen unter
Abwägung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses zu berücksichtigen. Grundsätzlich wird den
klimabedingten Veränderungen des Abflussgeschehens jedoch nicht primär mit einer
Erweiterung der Kanalkapazitäten zu begegnen sein, da diese mit erheblichen Kosten
verbunden sind und in innerstädtischen Gebieten bautechnisch oftmals schwer umzusetzen
sind.
Als Strategie zum Umgang mit dem Klimawandel wie auch der stetig zunehmenden
Flächenversiegelung in der Metropole müssen sich daher alle Anstrengungen auf eine
optimierte Bewirtschaftung der bestehenden Ableitungs- und Speicherkapazitäten sowie eine
langfristig ausgerichtete dezentrale Regenwasserbewirtschaftung und erforderlichenfalls
lokale Maßnahmen des Überflutungsschutzes konzentrieren.
TP4: AUSWIRKUNGEN DES KLIMAWANDELS
105
4.9 Literatur
[1] Umweltbundesamt (Hrsg.): Klimaauswirkungen und Anpassung in Deutschland – Phase 1: Erstellung regionaler Klimaszenarien für Deutschland. Climate Change 11/08, http://www.umweltdaten.de/publikationen/fpdf-l/3513.pdf
[2] G. Bischoff: Charakterisierung und Validierung von simulierten Niederschlagsdaten des Klimamodells REMO unter Hinzuziehung von Niederschlagsaufzeichnungen der Hamburger Stadtentwässerung, Diplomarbeit an der HCU, unveröffentlicht, 2007
[3] Arbeitsblatt ATV-A 121: Niederschlag – Starkregenauswertung nach Wiederkehrzeit und Dauer, Niederschlagsmessungen, Auswertung, Hennef, 1985
[4] Güntner, J. Olsson, A. Calver and B. Gannon: Cascade-based disaggregation of continuous rainfall time serie: the influence of climate. Hydrology & Earth System Sciences, 5(2), 145-164, 2001
[5] J. Hartung et al.: Statistik – Lehr- und Handbuch der angewandten Statistik. 14., un-wesentlich veränderte Auflage. R. Oldenbourg Verlag, München, 2005
[6] DWD (Hrsg.): KOSTRA-DWD-2000 Starkniederschlagshöhen für Deutschland (1951-2000), Offenbach am Main, 2002
[7] I. Grossmann, K. Worth, H. v. Storch: Localization of global climate change: Storm surge scenarios for Hamburg in 2030 and 2085, Die Küste, Heft 71, 2006
[8] DWA (Hrsg.): Prüfung der Überflutungssicherheit von Entwässerungssystemen, Arbeitsbericht der DWA-Arbeitsgruppe ES-2.5 „Anforderungen und Grundsätze der Entwässerungssicherheit“, KA 9/2008, S. 972-976
106
TP5: HANDLUNGSSCHWERPUNKTE
107
5. Handlungsschwerpunkte
5.1 Ziele und Arbeitspakete
In Hamburg kommt es infolge starker Regenereignisse zu lokalen Problemen durch Kanal-
oder Gewässerüberflutungen. Bereiche, in denen wiederkehrend Überflutungen auftreten
und daher ein Handlungsbedarf besteht, werden in diesem Zusammenhang als
Handlungsschwerpunkte bezeichnet. Die Überflutungsprobleme unterliegen je nach
Betroffenheit und Ursache in Hamburg verschiedenen Zuständigkeiten (Bezirk, LSBG oder
HAMBURG WASSER). In diesem Teilprojekt soll am Beispiel des Pilotbezirkes Wandsbek
eine übergreifende Systematik zur Identifikation solcher Handlungsschwerpunkte entwickelt
werden. Darauf aufbauend sollen Möglichkeiten zur Ursachenidentifikation erprobt und
Handlungsempfehlungen für die Lösung der Überflutungsprobleme in den betrachteten
Handlungsschwerpunkten des Pilotgebietes erarbeitet werden.
5.2 Identifikation von Handlungsschwerpunkten
Die Identifizierung von Handlungsschwerpunkten erfolgt über verschiedene Informations-
und Datenquellen der beteiligten Partner. In Abbildung 5-1 ist die Vorgehensweise
schematisch dargestellt.
Abbildung 5-1: Schematische Vorgehensweise zur Ermittlung von Handlungs-
schwerpunkten
TP5: HANDLUNGSSCHWERPUNKTE
108
Eine wesentliche Grundlage zur Identifikation von Handlungsschwerpunkten sind die
wasserbedingten Einsatzdaten der Hamburger Feuerwehr der Jahre 1999 bis 2006, die zum
Großteil nach Straßen- und Kellerüberflutungen differenziert werden. Diese Feuerwehrdaten
werden mit den Regendaten von HAMBURG WASSER abgeglichen. Einsätze an Tagen
ohne Regen werden ausselektiert.
Ebenso werden Einsätze bei Regenereignissen, deren Jährlichkeit über 10 Jahren
(Tn > 10 a) liegt, nicht in die Auswertung mit einbezogen, aber weiterhin zur Information mit
angezeigt. Die Wahl der Jährlichkeit erfolgt hier ergebnisorientiert anhand der Anforderungen
an die Entwässerungssicherheit aus Sicht des Netzbetreibers. Extremereignisse mit
größeren Jährlichkeiten werden bislang als nicht bemessungsrelevant eingestuft und
verursachen aus Sicht des Netzbetreibers keinen umgehenden Handlungsbedarf. Sie
werden daher nur als zusätzliche Information bei der Identifikation berücksichtigt. Somit
können auch Punkte identifiziert werden, die bei einer Abflusserhöhung durch z.B. weitere
angeschlossene Flächen oder eine mögliche Zunahme der Niederschlagsmenge als Folge
des Klimawandels zukünftig zu Handlungsschwerpunkten werden könnten. Des Weiteren
besteht so die Möglichkeit, die geschaffene Datenbasis in folgenden Untersuchungen für die
Risikobewertung und den Überflutungsnachweis nach DIN EN 752 [2] zu verwenden und
darüber hinaus auch potentielle Flächen für die Mitbenutzung bei größeren Jährlichkeiten im
Bereich der Handlungsschwerpunkte im Rahmen des Teilprojektes 1 vorprüfen zu können
(vgl. Kapitel 1).
Folgende Daten werden zusätzlich als Auswahlkriterien hinzugezogen:
• Rufbereitschaftseinsätze der Sielbezirke bei Netzüberlastung durch Starkregen aus
den Daten des Betriebsführungssystems (BFS)
• Bürgerbeschwerden, die bei Schadensersatzforderungen durch das Justitiariat von
HAMBURG WASSER registriert werden
• Hydraulische Schwachpunkte wie Schachtüberstau, ermittelt aus der hydraulischen
Analyse des Kanalnetzes, z.B. durch Niederschlag-Abfluss-Simulation
• Erfahrungswerte von Mitarbeiter/innen von HAMBURG WASSER, in dem
entsprechenden Bezirk und dem LSBG
Die Angaben aus den Feuerwehreinsätzen, der Rufbereitschaft der Sielbezirke und den
Bürgerbeschwerden werden hinsichtlich ihres zeitlichen und räumlichen Auftretens
miteinander verglichen und geprüft. Meldungen, die ortsbezogen nicht weiter als 50 m
voneinander entfernt liegen, werden zu einem Bereich zusammengefasst. Sind in diesen
Bereichen mehr als fünf zeitlich und Regenereignisbezogen unabhängige Meldungen
vorhanden, bilden diese einen vorläufigen Handlungsschwerpunkt, der anschließend in eine
GIS-basierte Karte eingetragen wird.
Wie bereits angeführt werden die Erfahrungen und Kenntnisse von Mitarbeiter/innen bei
HAMBURG WASSER ebenfalls berücksichtigt. Die erstellte digitale Karte der
Handlungsschwerpunkte wird dazu verschiedenen Abteilungen vorgelegt, die aufgrund ihrer
Erfahrungen und Ortskenntnisse Problempunkte bestätigen, neue hinzufügen (z.B.
TP5: HANDLUNGSSCHWERPUNKTE
109
hydraulische Schwachpunkte im Kanalnetz aus der Niederschlag-Abfluss-Simulation) und
zum Teil bereits Ursachen oder auch Lösungen benennen können.
Anschließend wird die Karte der Handlungsschwerpunkte mit Daten des LSBG und des
entsprechenden Bezirks ergänzt. Der LSBG hat, seinerzeit noch als Amt für
Wasserwirtschaft der Behörde für Bau und Verkehr, nach den Hochwasserereignissen des
Jahres 2002 eine umfangreiche Aufnahme der Schadenspunkte an den Hamburger
Gewässern durchgeführt. Diese basiert auf Meldungen der Bezirke, der Feuerwehr, von
Bürgern und auf eigenen Recherchen. Neben Hochwasserschäden durch
Binnenhochwasser, die durch die besondere Schwere der Ereignisse 2002 hervorgerufen
wurden, fanden sich in der Aufnahme auch Schadenspunkte wieder, die bereits im Vorfeld
durch häufigere Schäden bekannt waren. Diese sind in das Teilprojekt 5 als weitere
Handlungsschwerpunkte eingeflossen.
Darüber hinaus sammelt der LSBG kontinuierlich Meldungen von Schäden bei
Hochwasserereignissen. Hierzu wird nach jedem größeren Hochwasserereignis eine Abfrage
an die Bezirke nach aufgetretenen Überschwemmungen und möglichen Schäden
durchgeführt. Weiterhin werden Einzelmeldungen, z.B. von Bürgern, gesammelt. Diese
Sammlung liegt digital vor, ist jedoch nicht in einer Datenbank aufgearbeitet. Die Hamburger
Feuerwehr stellt dem LSBG ebenfalls Auflistungen über wasserbedingte Einsätze zur
Verfügung. Ähnlich dem Vorgehen bei HAMBURG WASSER werden durch Filterung dieser
Daten beim LSBG die durch Hochwasser hervorgerufenen Einsätze ermittelt. Durch die
Niederschlag-Abfluss-Simulation, insbesondere von hochwassergefährdeten Gewässern,
werden zudem hydraulische Schwachpunkte der betreffenden Gewässer identifiziert. Diese
Daten (Schadensmeldungen und wasserbedingte Feuerwehreinsätze beim LSBG) wurden
mit den Daten der Handlungsschwerpunkte von HAMBURG WASSER abgeglichen.
Speziell im Pilotbezirk Wandsbek wird in erster Linie auf die eingehenden Meldungen durch
die Bürger und die Feuerwehr reagiert. Hier steht das operative Handeln im Vordergrund,
vergleichbar mit den Rufbereitschaftseinsätzen in den Sielbezirken von
HAMBURG WASSER (s. o.). Weiterhin werden hydraulische Schwachpunkte im
Gewässersystem durch Erfahrungen aus der täglichen Praxis identifiziert. Die eingehenden
Meldungen werden, soweit schriftlich geäußert, in Akten über einen entsprechenden
Schriftverkehr gesammelt. Weiterhin besteht im Rahmen der Gewässerunterhaltung eine
Liste über die zu reinigenden Rechen, die zum Teil auch Handlungsschwerpunkten
zuzuordnen sind. Die genannten Daten werden bei der Verifizierung von
Handlungsschwerpunkten berücksichtigt.
Das Ergebnis aus der Zusammenführung aller in diesem Teilprojekt gesammelten
Informationen von LSBG, Bezirk und HAMBURG WASSER sind abgestimmte
Handlungsschwerpunkte, die in einer GIS-basierten Karte für den Bezirk Wandsbek
zusammengefasst wurden. Bei der Bearbeitung wurden die oben beschriebenen Methoden
entwickelt und optimiert.
Bezüglich der abgestimmten Handlungsschwerpunkte ist zu bemerken, dass in der
Gewässerplanung generell von anderen Jährlichkeiten (und Niederschlagsdauerstufen) als
TP5: HANDLUNGSSCHWERPUNKTE
110
bei der Bemessung und der Nachweisführung für das Kanalnetz ausgegangen wird.
Extremereignisse mit Jährlichkeiten Tn > 10 a, die bei der Identifikation durch
HAMBURG WASSER im Bereich des Kanalnetzes herausgefiltert werden (s. o.), finden an
den Gewässern Berücksichtigung. Dadurch entstehen i.d.R. zwei übergeordnete Typen von
Handlungsschwerpunkten, jeweils mit Relevanz für die Kanalnetzplanung oder die
Gewässerplanung.
5.3 Dokumentation und Bestandsaufnahme
Für die abgestimmten Handlungsschwerpunkte wird je ein Datenblatt zur Dokumentation der
Identifikation und der anschließenden Bestandsaufnahme zusammengestellt (vgl. Anhang –
Datenblatt Handlungsschwerpunkt ). Das Datenblatt enthält die folgenden Punkte:
• Daten der Feuerwehreinsätze mit Informationen zur örtlichen Lage
• Gebietsbeschreibung
• Bestandsaufnahme mit Gebietsanalyse
• Problembeschreibung
Die Fortschreibung des Datenblattes mit dem Stand der Bearbeitung und den jeweiligen
Ergebnissen ergibt eine umfassende Dokumentation jedes Handlungsschwerpunktes und
ermöglicht eine langfristige Kontrolle über den Erfolg eingeleiteter Maßnahmen.
Die Gebietsbeschreibung umfasst mindestens die folgenden Informationen:
• Luftbild
• Digitale Stadtgrundkarte (DSGK) mit Kanalnetz (HW und Fremdleitungen /
Verrohrungen)
• Digitales Geländemodell mit einem Überblick über die vorhandenen
Entwässerungssysteme, deren Alter sowie die Feuerwehreinsätze
Gegebenenfalls kommen weitere Pläne oder Karten, wie z.B. eine Karte mit der angezeigten
verminderten Abwassergebühr von HAMBURG WASSER hinzu.
Feuerwehreinsätze infolge eines Regenereignisses mit einer Jährlichkeit T > 10 a werden
der Vollständigkeit halber mit in das Datenblatt aufgenommen (vgl. Kapitel 5.2). Hinzu
kommen Hinweise und Bemerkungen aus der vorangegangenen Abstimmung der
Handlungsschwerpunkte.
Die weitere Bestandsaufnahme und die Suche nach der Problemursache stellen einen
iterativen Prozess, bestehend aus der Sichtung vorliegender Akten, Gespräche und
Ortsbesichtigungen, dar.
Die Bestandsaufnahme umfasst eine detaillierte Gebietsanalyse und dient als Grundlage für
die Ableitung von Handlungsempfehlungen. Besondere Bedeutung besitzt hierin die
Recherche nach bereits umgesetzten oder sich in Planung befindenden Baumaßnahmen,
TP5: HANDLUNGSSCHWERPUNKTE
111
die das Problem möglicherweise lösen oder bereits gelöst haben. Die Gebietsanalyse
umfasst die folgenden Punkte:
• Struktur des Gebietes (Bebauung, Siedlungsstruktur, Topografie)
• Erfassung vorhandener Entwässerungssysteme
• Historische Entwicklung (Systementwicklung)
• Aktuelle Baumaßnahmen und Planungen
• Funktion und Zusammenspiel der Entwässerungssysteme
• Zustand und Besonderheiten der Entwässerungssysteme Systeme
Die möglichen Informationsquellen für die Bestandsaufnahme sind nachfolgend aufgeführt.
Sobald mehrere Entwässerungssysteme betroffen sind, ist die Recherche entsprechend
auszuweiten (BSU, LSBG, Bezirke, HW), was eine gemeinsame Bearbeitung erforderlich
macht.
Informationsquellen bei HAMBURG WASSER:
• Straßenakten aus der Registratur, Bauzeichnungen
• Aktuelle Baumaßnahmen / Entwicklungen
• Hydraulische Stellungnahmen und Konzepte (z.B. Erschließungsmaßnahmen,
Optimierungsmaßnahmen, Instandsetzungen, Sanierungen, Erneuerungen, u. a.)
• Stand und Entwicklung der Sanierungsplanung
• Sachbearbeiterkenntnisse in Bezug auf detaillierte hydraulische Gegebenheiten
Informationsquellen beim LSBG:
• problembezogene Recherchen auf Basis geographischer Informationssysteme
• Liste der hochwassergefährdeten Gewässerabschnitte
• Stand und Entwicklung der Gewässerplanung
• Sachbearbeiterkenntnisse in Bezug auf detaillierte hydraulische Gegebenheiten
Informationsquellen beim Bezirk (hier Wandsbek):
• Straßen- und Gewässerakten aus der Registratur
• Flurkarten (im Maßstab 1 : 1000)
• Karte von Überschwemmungsgebieten (hier Alster und Wandse)
• Flurkarten und Luftbilder aus Geoinfo.online
TP5: HANDLUNGSSCHWERPUNKTE
112
• Unterlagen aus aktuellen Bauakten
• Bestandspläne (in geringem Umfang)
• Sachbearbeiterkenntnisse in Bezug auf detaillierte hydraulische Gegebenheiten
Die gesammelten Informationen über die Handlungsschwerpunkte dienen als Grundlage zur
gemeinsamen Ursachenidentifikation und zur Lösungsfindung. Die möglichen Ursachen
werden in der Problembeschreibung zusammengefasst. Mögliche Ursachen sind i.d.R. (oft in
Kombination):
• schadhafte Leitungen
• verstopfte Leitungen / Abflussbehinderung (z.B. Verwurzelung)
• keine geregelte Oberflächenentwässerung
• hohe Wasserstände als Resultat mehrerer Einflüsse
• lokale Tiefpunkte
• verstopfte Ein-, Durch-, oder Auslässe (durch Laub, Äste, Unrat, u. a.)
• Versagen von Pumpen, Absperreinrichtungen o. ä. (z.B. funktionsunfähige oder keine
Rückstausicherung)
• Unterdimensionierung des Entwässerungssystems (Nachweis durch Niederschlags-
Abfluss-Simulation)
Die Niederschlags-Abfluss-Simulationen des Kanal- und Gewässernetzes kann sowohl zur
Ursachenforschung als auch für die nachfolgende Untersuchung von Lösungsvarianten (vgl.
nachfolgendes Kapitel 5.4) genutzt werden.
Wenn das betreffende Entwässerungssystem bereits modelltechnisch aufbereitet ist wird die
Aktualität des Modells zu überprüft und ggf. angepasst (insbesondere die abflusswirksamen
Flächen). Liegt das Entwässerungssystem als Modell noch nicht vor, wird eine
Gebietsaufnahme erforderlich. Dabei wird besonders auf das Zusammenspiel der
verschiedenen Entwässerungssysteme (Kanal, Graben, Gewässer) geachtet.
Für die spätere Prüfung von Lösungsansätzen ist die hydraulische Berechnung in Szenarien
von Maßnahmenkombinationen unumgänglich. Dadurch wird festgestellt, welche Maßnahme
oder Maßnahmenkombination das Überflutungsproblem lösen kann.
TP5: HANDLUNGSSCHWERPUNKTE
113
5.4 Lösungskonzept für Handlungsschwerpunkte
Nach der Identifikation (Kapitel 5.2) und der Bestandsaufnahme (Kapitel 5.3) werden die
Lösungsansätze zur Vermeidung von Überflutungen an den Handlungsschwerpunkten
entwickelt. Das Lösungskonzept kann dabei ein oder mehrere Vorschläge umfassen, die
entweder als Alternativen oder in Kombination eine Lösung für den Handlungsschwerpunkt
darstellen. Hierbei werden grundsätzlich die folgenden übergeordneten Maßnahmengruppen
für die Lösung unterschieden:
• Kanalbau, Kanalbetrieb, Gewässerbau und Gewässerunterhaltung
• Dezentrale Regenwasserbewirtschaftung
• Schadlose Ableitung des Wassers an der Oberfläche (vgl. Kapitel 1) und Objektschutz
Diese Maßnahmengruppen bilden für die im letzten Abschnitt des Kapitels 5.3 genannten
Problemursachen folgende exemplarisch aufgeführte Lösungsansätze:
Bei schadhaften Leitungen (z.B. Verwurzelung), die einen akuten Handlungsbedarf
erfordern, müssen in der Regel Sofortmaßnahmen des Kanalbetriebes vorgenommen
werden. Andere Maßnahmen sind in diesen Fällen nur schwer umsetzbar, da sie eine
höhere Realisierungsdauer benötigen.
Bei geringeren Kanalschäden ohne sofortigen Handlungsbedarf kann das Lösungskonzept
hingegen aus der folgenden Maßnahmenkombination bestehen: Maßnahmen der
dezentralen Regenwasserbewirtschaftung (z. B. Abkopplung, Rückhalt) können zu einer
Reduzierung des (Spitzen-) Abflusses führen. Dadurch können bei einer anschließenden
baulichen / hydraulischen Kanalsanierung evtl. verminderte Kanalquerschnitte umgesetzt
werden. Die erforderlichen Flächen zur dezentralen RWB (Abkopplung, Versickerung, etc.)
sowie die entstehenden Kosten bzw. möglichen Kosteneinsparungen bei günstigen
Sanierungsverfahren sind für den Einzelfall zu ermitteln.
Informationen zu den „Auswirkungen von Abkopplungsmaßnahmen auf die
Kanalnetzhydraulik“ können dem Arbeitsbericht der DWA-Arbeitsgruppe ES-2.6 [1]
entnommen werden. Die Suche nach möglichen Flächen für die Retention, Abkopplung oder
in Ausnahmefällen auch die Mitbenutzung (vgl. Kapitel 1: Mitbenutzung von Flächen) erfolgt
mit Hilfe des Kartenmaterials und des Luftbilds aus dem Datenblatt erfolgen. Geeignet sind
Grün-, Park- oder Freiflächen und Teiche. Denkbar sind auch wenig genutzte
Verkehrsflächen oder Parkplätze. Hinzu kommen Freiflächen von größeren Einrichtungen
wie Schulen und ähnliche öffentliche Einrichtungen, zusammenhängenden Wohnanlagen
(Genossenschaften) oder auch Gewerbebetrieben.
Abflussbehinderungen durch verstopfte Ein-, Durch- und Auslässe sowie Rechen und
ähnliche Bauwerke, sind meist temporäre Probleme. Diese können durch eine
unzureichende Reinigung und Wartung, eine Ansammlung von Unrat oder auch
jahreszeitlich bedingte hohe Mengen an Laub und Ästen zustande kommen. Ein möglicher
Lösungsansatz besteht hier in der Optimierung von Wartung und Pflege. Ist dies mit
TP5: HANDLUNGSSCHWERPUNKTE
114
unverhältnismäßig hohem Aufwand verbunden, ist eine Verbesserung des Abflusses zu
ermöglichen (z.B. größere Einläufe, einfache Rechenanlagen, u. a.). Dadurch wird die
Wartung und Pflege nicht ersetzt, das Wartungsintervall kann jedoch u. U. verlängert
werden. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Bürger insbesondere im Herbst
hinsichtlich der möglichen Gefährdung durch mit Laub verstopfte Trummen zu sensibilisieren
und zur Eigeninitiative hinsichtlich der Reinigung und Entfernung von Laub zu motivieren.
Das Versagen von Pumpen, Absperreinrichtungen oder ähnlichem (z.B. auch bei
Baumaßnahmen) kann ebenfalls zu Überflutungen führen. Auch schadhafte oder nicht
vorhandene Rückstausicherungen können Feuerwehreinsätze oder Bürgerbeschwerden
verursachen. Diese technischen Einrichtungen sollten schnellstmöglich in Stand gesetzt
werden. Diese Problempunkte fallen jedoch nicht in die Kategorie der
Handlungsschwerpunkte.
Eine aktuelle Unterdimensionierung des Entwässerungssystems (Kanalnetz oder Gewässer)
kann zu Überflutungen führen. Einer der Hauptgründe hierfür ist die Nachverdichtung im
Bestand und die damit einhergehende Erhöhung der Abflüsse. Werden die gültigen
Bemessungskriterien nicht eingehalten, müssen kurz- bis mittelfristig Maßnahmen ergriffen
werden, die dem Missstand entgegen wirken. Dies sind überwiegend konventionelle
Maßnahmen wie Kanal- oder Gewässerbau, möglich sind jedoch auch Maßnahmen des
Objektschutzes.
Bei tolerierbaren Überflutungen ist eine langfristigere Planung möglich. Dies eröffnet auch für
Maßnahmen der dezentralen RWB (z.B. große Abkopplungsgebiete, Mitbenutzung von
Flächen) Möglichkeiten der Umsetzung. Bei anstehenden Baumaßnahmen im Umfeld des
Überflutungsbereichs (z.B. Straßenerneuerung, Kanalbau, Umgestaltung von Grundstücken,
etc.) sollte das aus der Handlungsschwerpunktbearbeitung hervorgegangene
Lösungskonzept umgesetzt werden. Dies setzt eine entsprechende Information aller
erforderlichen Stellen voraus.
Treten Überflutungen auf, die seitens des Kanalnetzes modelltechnisch bei Ausschluss
anderer Ursachen nicht nachgewiesen werden können, sind die tatsächlich und im Modell
berücksichtigten angeschlossenen Flächen zu überprüfen. Eine hydraulische Simulation mit
korrigierten Flächen zeigt dann unter Umständen die Ursache der Überflutungen. Sollte
beispielsweise die Vermutung bestehen, dass laut angezeigter verminderter
Abwassergebühr nicht angeschlossene Flächen dennoch angeschlossen sind, kann eine
Überprüfung der Anschlüsse durch Nebelung Aufschluss bringen. Die Lösung besteht dann
ggf. darin, unrechtmäßige Anschlüsse vom Kanalnetz zu trennen.
In Abbildung 5-2 sind die möglichen Überflutungsursachen und die mögliche Lösungen
schematisch gegenübergestellt. Die einzelnen Maßnahmen des Lösungskonzepts werden in
der Abbildung anhand der Farbgebung rot, gelb, grün den oben genannten übergeordneten
Maßnahmengruppen zugeordnet. Je nach Problemursache steht ein bestimmtes
Lösungsspektrum zur Verfügung. Dieses mögliche Lösungsspektrum kann der Abbildung
direkt entnommen werden und Eingang in die Handlungsempfehlung finden (vgl. Kapitel 5.5).
TP5: HANDLUNGSSCHWERPUNKTE
115
Kanalbau, Kanalbetrieb, Gewässerbau, Gewässerunterhaltung
dezentrale Regenwasserbewirtschaftung
schadlose oberflächige Ableitung und Objektschutz
Lösungsmöglichkeiten
Bestandsaufnahme
Erhebliche Schäden
Unterdimensionierunghohe
Wasserstände Einleitung in dasSystem behindert
lokaler Tiefpunkt
Technische Einrichtungen fehlen / defekt
Änderung des Entwässerungssystems
Sanierung
Umgestaltung der Oberflächenentwässerung
Regenwasserrückhalt & Abkopplung
Mitbenutzung umsetzen
Reinigung / Wartung verbessern
Hindernis Beseitigung
oberflächige Ableitung
Identifikation von Handlungsschwerpunkten
Auswertung & Handlungsempfehlung
Verwurzelung / Hindernisse
Überflutung durch: Probleme / Ursachen
Erneuerung
lokaler Tiefpunkt
Instandsetzung / Wartung verbessern Objekt
-schutz
Abbildung 5-2: systematisches Vorgehen zur Lösung von Handlungsschwerpunkten
TP5: HANDLUNGSSCHWERPUNKTE
116
Weitere Hinweise zur Erstellung von Lösungsansätzen :
Je nach Herkunft des Wassers sind unterschiedliche Lösungsansätze zu entwickeln.
Mischwasser kann beispielsweise (ohne vorangegangene Behandlung) nicht versickert
werden. Für Mischwassereinzugsgebiete ist daher, sofern möglich, die Abkopplung eines
möglichst großen Anteils an Regenwasser sinnvoll.
In einigen Fällen können die Änderung des Fließweges oder neue (kurze) Verbindungen im
Kanalnetz einen Beitrag zur Lösung des Problems darstellen. Diese können z.B. als Überlauf
bei hohen Wasserständen ausgeführt werden, um den normalen Abflussweg nicht zu
verändern. Dann kann bei Starkregen der Abfluss in ein paralleles System entlastet werden.
Dies führt allerdings nur in seltenen Fällen zu einer kompletten Lösung des Problems, stellt
aber zumindest eine Teillösung dar.
Für die Entwässerung von Parkanlagen oder ähnlichem, die am (Mischwasser-) Kanalnetz
angeschlossen sind, ist ein Umdenken notwendig. Gerade für diese Bereiche bietet sich eine
naturnahe Regenwasserbewirtschaftung an.
Der Einbau von tagwasserdichten Kanalschachtabdeckungen stellt nur punktuell für
ausgeprägte Geländetiefpunkte eine Lösung dar. Sie lösen das Problem oftmals nicht,
sondern verschieben es auf die nächst gelegenen offene Entwässerungsöffnung
(Schachtdeckel, Trummen, etc…).
Die Retention im Gewässerbereich wird bei sämtlichen Gewässerneubaumaßnahmen
vorgesehen, ebenso werden Kombinationen aus dezentraler Rückhaltung und Versickerung
angestrebt. Dabei wird das Versickerungspotential grundsätzlich geprüft, ist aber oftmals
aufgrund der Bodenverhältnisse als alleinige Lösung nicht ausreichend.
Der Gewässerausbau kommt in der Regel nur selten in Betracht, da häufig die erforderliche
Fläche für Vertiefungen oder Verbreiterungen der Gewässer nicht vorhanden ist.
Die Steuerung von Rückhaltebecken findet zum großen Teil über feste Drosselöffnungen
statt. Eine Überprüfung, ob z.B. eine Absenkung oder Erhöhung des Wasserspiegels zur
Verbesserung des Rückhaltevermögens möglich ist, muss in jedem Einzelfall geprüft
werden.
Ein weiterer Lösungsansatz bei kanalbedingten Handlungsschwerpunkten ist ggf. die
(dynamische) Speicherraumbewirtschaftung bzw. eine Optimierung der vorhandenen
Bewirtschaftung. Dieser Ansatz setzt allerdings eine umfassende konzeptionelle
Untersuchung des betreffenden Einzugsgebietes voraus und muss, wie auch die
Drosseländerung bei Rückhaltebecken, immer als Einzelfall geprüft werden.
TP5: HANDLUNGSSCHWERPUNKTE
117
5.5 Handlungsempfehlung
5.5.1 Allgemeine Hinweise
Nachdem durch die Identifikation und die Bestandsaufnahme die möglichen Lösungswege
aufgezeigt wurden, erfolgt eine Prüfung und Beurteilung der Lösungsansätze. Je nach
Umsetzungsaufwand wird festgelegt, ob es sich um kurz-, mittel-, oder langfristige
Maßnahmen handelt. Die Aufstellung eines groben Maßnahmen- und Kostenplans für die
Umsetzung der Maßnahmen ist sinnvoll. Abschließend wird eine Bewertung der
Lösungsvorschläge vorgenommen und das weitere Vorgehen festgelegt. Zur Kontrolle ist die
Angabe von Terminen zur Umsetzung zweckmäßig.
Besteht kein dringender Handlungsbedarf, wird das Datenblatt an die entsprechenden
Stellen gemäß nachfolgendem weitergeleitet, die dann bei Bedarf auf das Lösungskonzept
zurückgreifen.
Damit die Handlungsempfehlungen umgesetzt werden oder bei anstehenden Planungen
Berücksichtigung finden, müssen je nach Lösung / Entwässerungssystem verschiedene
Stellen informiert und die Handlungsempfehlungen bereit gestellt werden. Das für Wandsbek
erprobte Verfahren sollte auf ganz Hamburg ausgeweitet werden. Das heißt, dass die in den
weiteren Bezirken Hamburgs durch HAMBURG WASSER identifizierten vorläufigen
Handlungsschwerpunkte als Information weitergegeben werden sollten. Bei zukünftigen
Baumaßnahmen im Umfeld eines Handlungsschwerpunktes kann dann frühzeitig reagiert
und zur Lösung beigetragen werden. Die Informationen über die Handlungsschwerpunkte
sollten dabei möglichst allen Behörden und Verwaltungen in Hamburg, die grundlegend an
der wasserwirtschaftlichen Planung beteiligt sind, zur Verfügung stehen. Eine geeignete
Informationsverteilung innerhalb der Institutionen muss noch entsprechend organisiert und
aufgebaut werden.
5.5.2 Ergebnisse aus dem Pilotbezirk Wandsbek
In dem Pilotbezirk Wandsbek wurden mit der entwickelten Systematik 36
Handlungsscherpunkte identifiziert, abgestimmt und Empfehlungen für die Lösung dieser
Punkte ausgesprochen. Drei Handlungsschwerpunkte befinden sich aktuell noch in
Bearbeitung. In Abbildung 5-3 wird die sich ergebende Verteilung der übergeordneten
Maßnahmengruppen „Kanalbau, Kanalbetrieb, Gewässerbau, Gewässerunterhaltung“,
„dezentrale Regenwasserbewirtschaftung“ und „oberflächige Ableitung, Objektschutz“ für die
Lösung der 33 bearbeiteten Handlungsschwerpunkte dargestellt.
TP5: HANDLUNGSSCHWERPUNKTE
118
18
16
3
6
0
2
4
6
8
10
12
14
16
18
20
Kanalbau, Kanalbetrieb,Gewässerbau,
Gewässerunterhaltung
dezentraleRegenwasser-
bewirtschaftung
schadlose oberflächigeAbleitung, Objektschutz
kombinierteLösungsansätze
Anz
ahl [
-]
36 Handlungsschwerpunkte3 in Bearbeitung
Abbildung 5-3: Häufigkeitsverhältnis möglicher Maßnahmen zur Aufhebung / Lösung von
Handlungsschwerpunkten (Handlungsempfehlung)
Ungefähr die Hälfte aller Lösungsansätze oder Lösungskombinationen Maßnahmen der
dezentralen Regenwasserbewirtschaftung. Hierbei handelt es sich vorwiegend um die
Abkopplung / Entsiegelung von Flächen sowie die Retention von Niederschlagsabflüssen im
oberhalb liegenden Einzugsgebiet. Zusammenhängende Wohnanlagen (speziell
Wohnungsbaugenossenschaften), Schulen und größere Gewerbebetriebe sind für diese
Maßnahmen besonders geeignet. Die nahezu gleiche Anzahl konventioneller (Kanalbau,
Gewässerbau,…) und dezentraler Lösungsansätze verdeutlicht das hohe Potential der
dezentralen Regenwasserbewirtschaftung für die Lösung von Überflutungspunkten.
Restriktiv wirken sich für dezentrale Regenwasserbewirtschaftungsmaßnahmen oftmals
begrenzte Platzverhältnisse bei einigen Problempunkten aus. Weiterhin liegen einige der
untersuchten Punkte im Einzugsbereich großräumiger Kanalsanierungskonzepte, die in den
nächsten Jahren umgesetzt werden und damit die bestehenden Engpässe bereits auf
konventionelle Weise behoben werden.
Der Kanal- oder Gewässerbau umfasst nicht nur den Umbau und die Erweiterung, sondern
auch die Sanierung des Entwässerungssystems. Außerdem werden kleinere Maßnahmen,
wie die Änderung von Straßenentwässerungseinläufen oder ähnliche Bauwerke, ebenfalls
dieser Maßnahmengruppe zugeordnet Damit ergibt sich für viele Handlungsschwerpunkte
eine Lösung durch „konventionelle“ Baumaßnahmen.
Der Objektschutz bzw. die schadlose oberflächige Ableitung des Wassers kommt im Bezirk
Wandsbek eher selten als Lösung in Betracht. Der individuelle Objektschutz bietet sich
besonders bei Grundstücken mit Einfahrten zu Tiefgaragen oder mit gefährdeten
Kellerräumen an. Hier lässt sich mit kleineren Maßnahmen wie dem Einbau von Schwellen
TP5: HANDLUNGSSCHWERPUNKTE
119
auf der Zufahrt oder Absperrelementen vor Fenstern und Türen der erforderliche
Überflutungsschutz herstellen.
Für sechs Handlungsschwerpunkte werden kombinierte Lösungen aus den drei
Maßnahmengruppen empfohlen.
5.6 Optimierungspotential der entwickelten Systematik
Für die Identifikation der Handlungsschwerpunkte ist es hilfreich, wenn bei der
Dokumentation der Feuerwehreinsätze die Ursache und der genaue Ort (Straße, Keller,
Geschoss) der Überflutung angegeben werden. Diese Angaben würden eine schnelle
Beurteilung des Einsatzes hinsichtlich seiner Relevanz für den Handlungsschwerpunkt
ermöglichen. Allerdings bestehen diesbezüglich datenschutzrechtliche Bedenken, die bisher
nicht geklärt werden konnten.
Aufgrund der Verwendung unterschiedlicher Jährlichkeiten bei der Bemessung oder der
Nachweisrechnung für die unterschiedlichen Entwässerungssysteme werden
Handlungsschwerpunkte in Bezug auf das Kanalnetz oder das Gewässernetz voneinander
unterschieden. Dazu wird für die graphische Darstellung empfohlen,
Handlungsschwer-„Punkte“ wie bisher zu verwenden und zusätzlich die Daten aus der Karte
„Hochwassergefährdete Gewässerabschnitte“ des LSBG als „Linien- oder Polygonobjekte“
darzustellen.
Geometrie- und Sachdaten können dann in den jeweiligen Fachbereichen bei zukünftigen
Planungen einbezogen und die entsprechende(n) Stelle(n) informiert werden. Beispielsweise
kann bei Straßenplanungen (Umbau, Instandsetzung) eine entsprechende
entwässerungstechnische Lösung besser berücksichtigt werden. Oder es können bei der
Stadtplanung geeignete Flächen zum Rückhalt oder zum Transport von
Niederschlagswasser eingeplant werden. Ggf. liegt für den betroffenen
Handlungsschwerpunkt bereits eine Handlungsempfehlung vor und kann umgesetzt werden.
Nach Umsetzung der Maßnahmen muss eine Rückmeldung erfolgen, damit der jeweilige
Handlungsschwerpunkt als abgeschlossen dokumentiert werden kann.
Die bislang gewählte Jährlichkeit für die Identifizierung von Handlungsschwerpunkten
(Tn < 10 a) ist zukünftig mit den Anforderungen der DIN EN 752 [2] zum
Überflutungsnachweis abzugleichen. Darüber hinaus wird es erforderlich
Handlungsschwerpunkte nicht nur nach der auftretenden Jährlichkeit, sondern für die
Nachweisführung auch nach entsprechenden Regendauerstufen zu kategorisieren.
5.7 Zusammenfassung und Ausblick
Für den Pilotbezirk Wandsbek wurden mit der im Teilprojekt 5 entwickelten Systematik 36
Handlungsscherpunkte identifiziert, abgestimmt und bislang Empfehlungen für die Lösung
von 33 dieser Punkte ausgesprochen. Dabei weisen Maßnahmen der dezentralen
Regenwasserbewirtschaftung ein großes Potential für die Entwicklung von Lösungswegen
TP5: HANDLUNGSSCHWERPUNKTE
120
auf. Für den Bezirk Wandsbek wurden die Kontakte zwischen den Institutionen der
unterschiedlichen Entwässerungssysteme hergestellt. Nur die intensive Zusammenarbeit
ermöglicht die Bereitstellung der erforderlichen Datenbasis, die zur Ursachenidentifikation
und Lösung der Problempunkte nötig ist. Handlungsschwerpunkte, die mehrere
Entwässerungssysteme betreffen, können aufgrund der unterschiedlichen Zuständigkeiten
nur durch gemeinsames Vorgehen gelöst werden.
Ein monetärer Vergleich der Maßnahmenvarianten hat bislang noch nicht stattgefunden.
Kostenvergleichsrechnungen werden jedoch im weiteren Verfahren angestrebt. Dazu werden
aktuell Einheitspreise und Kostenrichtwerte (v. a. für Maßnahmen der dezentralen RWB)
erarbeitet, um zukünftig eine Kostenbewertung verschiedenster Varianten(-kombinationen)
vornehmen zu können.
Die entwickelte Vorgehensweise zur Identifikation, Bestandsaufnahme und Lösung von
Handlungsschwerpunkten ist auf die weiteren Bezirke Hamburgs übertragbar und ermöglicht
auch dort eine strukturierte Bearbeitung und Lösungsfindung. Gegenwärtig sind für die
weiteren Bezirke ca. 100 relevante Handlungsschwerpunkte aus den Daten der Feuerwehr,
den bei HAMBURG WASSER vorliegenden Meldungen aus dem Betriebsführungssystem
(BFS) und Beschwerden vorläufig identifiziert worden. Für die weitere Abstimmung haben
alle Bezirke Ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit erklärt und Ansprechpartner benannt.
Bevor eine weitere Abstimmung bei HAMBURG WASSER und mit den Bezirken sowie dem
LSBG stattfindet, sollten die aktuellen Feuerwehrdaten (2007 bis 2009) mit in die
Identifikation der Handlungsschwerpunkte einbezogen und die vorläufigen Karten
entsprechend aktualisiert werden. Ergänzend wird eine Liste mit den weiteren Daten und
einer Kurzbeschreibung zu den Handlungsschwerpunkten erstellt.
Eine Umsetzung von Maßnahmen zur Lösung von Handlungsschwerpunkten war im
Rahmen des Teilprojektes nicht vorgesehen. Dies ist langfristig anzustreben. Kleinere
Maßnahmen wie die Anordnung oder der Umbau von Trummen sowie die Verbesserung von
Wartung und Pflege sollten zeitnah umgesetzt werden. Dazu ist die Weitergabe der
Informationen über die Handlungsschwerpunkte mit deren Status (offen, in Bearbeitung,
gelöst) an die zuständigen Stellen erforderlich.
Die weitere Bearbeitung der Handlungsschwerpunkte sollte möglichst in das „Tagesgeschäft“
der zuständigen Institutionen (BSU, Bezirke, LSBG, HW) übernommen werden.
5.8 Literatur
[1] Böttcher, G., Fuchs, L., Haller, B., Huhn, V., Koehler, G, Königer, W., Neumann, W., Sartor, J.,
Sieker, F., Winter, J. (2002): Auswirkungen von Abkopplungsmaßnahmen auf die
Kanalnetzhydraulik. Arbeitsbericht der DWA-Arbeitsgruppe ES-2.6 „Hydrologie der
Stadtentwässerung“. KA 2002 (49) Nr. 4
[2] DIN EN 752: Entwässerungssysteme außerhalb von Gebäuden. Deutsche Fassung EN
752:2008, Januar 2008
TP5: ANHANG
121
Anhang – Datenblatt Handlungsschwerpunkt
A1.1 Deckblatt zum Datenblatt
TP5: ANHANG
122
A1.2 Gliederung des Datenblatts
1 Gebietsbeschreibung
2 Problembeschreibung
3 Bestandsaufnahme
3.1 Allgemeines
3.2 Hydraulische Situation
3.3 Ortsbegehung
3.4 Netzsimulation
3.5 Sonstiges
4 Lösungskonzept
4.1 Lösungsvorschläge
4.1.1 Konventioneller Sielbau, Renovierung, Sanierung
4.1.2 Dezentrale Regenwasserbewirtschaftung
4.1.3 Schadlose oberflächige Ableitung / Objektschutz
5 Fazit und Ausblick
6 Anlagen
Anlage 1: Luftbild
Anlage 2: DSGK und Sielkataster
Anlage 3: Digitales Geländemodell
Anlage 4: Sonstiges
TP6: ÖFFENTLICHKEITSARBEIT
123
6. Öffentlichkeitsarbeit
6.1 Einleitung
Neben der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU), dem Landesbetrieb Straßen,
Brücken und Gewässer (LSBG), den Bezirksämtern und HAMBURG WASSER spielen auch
die Bürger, Grundstückseigentümer und Bauherren sowie die Planer und Architekten bei der
Umsetzung der Regenwasserbewirtschaftung eine wesentliche Rolle.
Die Informationslage bezüglich der Wichtigkeit des Themas und der Besonderheiten in
Hamburg ist bei den genannten Zielgruppen unterschiedlich, so dass die Notwendigkeit einer
begleitenden Öffentlichkeitsarbeit im KHW erkannt wurde.
6.2 Ziele und Arbeitspakete
Um die Bürger der Stadt Hamburg zu sensibilisieren und über ihre Möglichkeiten eines
Beitrages zur Regenwasserbewirtschaftung zu informieren, wurden im Rahmen dieses
Teilprojektes umfangreiche Informationsmaterialien zusammengestellt und aufbereitet.
Folgende Arbeitspakete hat die Teilprojektgruppe definiert und bearbeitet:
• Erstellung von drei Broschüren:
- "Naturnahe dezentrale Regenwasserbewirtschaftung",
- “Wie schütze ich mein Haus vor Starkregenfolgen?"
- “Hochwasserschutz für die Hamburger Binnengewässer“, noch in Bearbeitung
• Zusammenstellung von Regenwasserbewirtschaftungsmaßnahmen in Hamburg
• Wanderausstellung zur Regenwasserbewirtschaftung
• Vorträge zum Thema Regenwassermanagement in Hamburg
6.3 Erstellung der Broschüren
Es wurden die Broschüren "Naturnahe dezentrale Regenwasserbewirtschaftung" und "Wie
schütze ich mein Haus vor Starkregenfolgen?" erarbeitet und herausgegeben. Die Broschüre
zur Entstehung von Binnenhochwasser und zum vorsorgenden Hochwasserschutz ist
inhaltlich vorbereitet und wird voraussichtlich 2010 veröffentlicht.
TP6: ÖFFENTLICHKEITSARBEIT
124
6.4 Regenwasserbewirtschaftungsmaßnahmen in Hamburg
Durch Interviews und Literaturrecherche sowie der Auswertung von Berichten und weiteren
Dokumenten wurden in Hamburg insgesamt 43 größere Maßnahmen zur dezentralen
Regenwasserbewirtschaftung identifiziert und kategorisiert. Diese sind im Anhang (vgl.
Anhang Regenwasserbewirtschaftungsmaßnahmen in Hamburg) zusammenfassend
dargestellt. Diese Zusammenstellung soll einen ersten Überblick über umgesetzte
Maßnahmen in Hamburg geben und einen Anhaltspunkt dafür bieten, Projekte zur
Regenwasserbewirtschaftung in Hamburg zu finden.
6.5 Wanderausstellung „Regenwasser zurück in die Natur“
Die Ausstellung „Regenwasser zurück in die Natur“, die im Rahmen des EU-Projektes
„Urban Water Cycle“ erstellt wurde, ist in fünf weiteren Bezirksämtern ausgestellt worden:
• Gesundheitsamt Harburg 28.04. bis 16.05.2008
• BZA Eimsbüttel 21.07. bis 01.08.2008
• Rathaus Altona 04.08. bis 29.08.2008
• BZA Bergedorf 01.09. bis 12.09.2008
• BZA Nord 20.10. bis 07.11.2008
In Wandsbek ist die Ausstellung bereits vom 05.09.2006 bis zum 06.10.2006 im Rahmen des
UWC-Projektes ausgestellt gewesen. Im April 2008 wurde die Ausstellung auch im Rahmen
der „Langen Nacht der Museen“ gezeigt.
Weiterhin war die Ausstellung am 24.-25.04.2009 auf der NABU-Veranstaltung „Lebendige
Alster“ zu sehen.
Zudem wurden bei allen Ausstellungen die beiden veröffentlichten Broschüren ausgelegt,
was insgesamt auf ein positives Feedback und reges Interesse stieß.
6.6 Vorträge zum Thema Regenwassermanagement
Es wurde mit einigen Ämtern der BSU sowie weiteren Institutionen in Hamburg Kontakt
aufgenommen und über das Regenwassermanagement und die Arbeiten im
KompetenzNetzwerk HAMBURG WASSER berichtet und diskutiert (z.B. Amt für Bauordnung
und Hochbau, Amt für Landesplanung, Behörde für Schule und Berufsbildung,
GWG-Gewerbe – Gesellschaft für Kommunal- und Gewerbeimmobilien mbH).
Mitarbeitern der Wasser- und Abwasserwerke St. Petersburg (Russland) am 28.05.2009, der
Tianjin Sewerage Management (China) am 19.09.2009 und von Waternet Amsterdam
(Niederlande) am 29./30.06.2009 wurden die Arbeiten und Ansätze des
Regenwassermanagements in Hamburg präsentiert und erläutert. Dieses Programm wurde
TP6: ÖFFENTLICHKEITSARBEIT
125
ebenfalls für ausländische Studentengruppen aus Melbourne (Australien) am 22.04.2009
und der TU Delft (Niederlande) am 07.05.2009 durchgeführt.
Außerdem wurden auf zahlreichen Veranstaltungen Vorträge zum Thema
Regenwassermanagement in Hamburg und zu den Arbeiten des KompetenzNetzwerks
HAMBURG WASSER präsentiert. Im Folgenden sind einige dieser Veranstaltungen
aufgezählt:
• „DWA-Regenwassertage“ in Schleswig, 03.06.2008
• „Australian-German Workshop on Sustainable Urban Water Management” in
Melbourne (Australien), 01.-04.04.2008
• Seminar „Hochwasserschutz- und dezentrale Regenwasserrückhaltung an kleinen
Fließgewässern in der Stadt“ der TU Dresden und der TU Hamburg Harburg in
Hamburg, 18./19.04.2008
• Seminar an der HafenCity Universität Hamburg: GIS im Regenwassermanagement bei
HAMBURG WASSER, 30.04.2008
• „Abwasserkolloquium der TU Hamburg Harburg“ in Hamburg, 18.09.2008
• Seminar zum Thema „Regenwasserbewirtschaftung in Hamburg“ für deutsch-polnische
Exkursion von Architektur- und Stadtplanungsstudenten an der HafenCity Universität in
Hamburg, 26.03.2009
• „Norddeutsche Tagung für Abwasserwirtschaft und Gewässerentwicklung (NTAG)“ in
Lübeck, 22./23.04.2009
• Workshop „Mitbenutzung von Flächen in der Regenwasserbewirtschaftung - Chancen
und Grenzen für Hamburg im Bestand und in der Planung“ von HAMBURG WASSER
und der HafenCity Universität in Hamburg, 28.04.2009
• CoR-Schülerprojektwoche zum Thema „Nachhaltigkeit“ in Hamburg, 04.-08.05.2009
• fbr-Fachtagung „Regenwasserbewirtschaftung – Versickerung, Nutzung, Rückhaltung“
in Frankfurt a.M., 07.05.2009
• Workshop „Kommunale Gemeinschaftsaufgabe Überflutungsschutz – KOMGUS“ in
Frankfurt a. M., 14.05.2009
• Seminar und Ausstellerforum zur Straßenabwasserreinigung der Behörde für
Stadtentwicklung und Umwelt in Hamburg, 18.06.2009
• International Urban Planning Congress “MORGEN / TOMORROW” in Amsterdam,
1./2.10.2009
TP6: ÖFFENTLICHKEITSARBEIT
126
6.7 Ausblick
Im Rahmen der Projekte KLIMZUG-Nord und SAWA werden von der HCU ausgewählte
Regenwasserbewirtschaftungsmaßnahmen in Hamburg aufbereitet (vgl. Kapitel 6.4).
Im Rahmen des Projektes RISA sollen die Arbeiten der Öffentlichkeitsarbeit fortgeführt und
ausgeweitet werden. Es ist u. a. auch geplant, in diesem Zusammenhang eine Internetseite
zum Thema „Regenwasser“ aufzubauen.
TP6: ANHANG
127
Anhang Regenwasserbewirtschaftungsmaßnahmen in Hamburg
Dezentrale Regenwasserbewirtschaftung
in der Freien und Hansestadt Hamburg
Recherche und Dokumentation realisierter Projekte
Beitrag zum Teilprojekt 6
„Öffentlichkeitsarbeit“
im Gesamtprojekt Regenwassermanagement des
KompetenzNetzwerks HAMBURG WASSER
von der
HafenCity Universität Hamburg
Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Dickhaut
Dipl.-Ing. Elke Kruse
Diplom Geoökologe Tobias Ernst
TP6: ANHANG
128
Impressum:
Dezentrale Regenwasserbewirtschaftung
in der Freien und Hansestadt Hamburg
Recherche und Dokumentation realisierter Projekte
Leitung und Bearbeitung: Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Dickhaut
HafenCity Universität Hamburg (HCU)
Forschungsgruppe REAP
Hebebrandstraße 1, 22297 Hamburg
Bearbeitung: Dipl.-Ing. Elke Kruse, HCU Diplom Geoökologe Tobias Ernst, HCU Recherche Yves Stammel und Sascha Neitzel, HCU
In Abstimmung mit: Dipl.-Ing. Wenke Schönfelder, HAMBURG WASSER
Projektgruppe Regenwassermanagement
Abfragezeitraum: September 2007 – Februar 2008
Erscheinungsdatum: März 2010
TP6: ANHANG
129
A1.1 Einleitung
Ziel der Bestandsaufnahme ist es, bisher umgesetzte Projekte zum dezentralen
Regenwassermanagement in Hamburg zu identifizieren, anhand der zur Anwendung
gekommenen Maßnahmen zu kategorisieren und so einen Grundstein für die weitere
Aufarbeitung im Rahmen von Forschungsprojekten wie SAWA (Strategical Alliance for
integrated Water Management Actions) und KLIMZUG-NORD (Entwicklung strategischer
Anpassungsansätze zum Klimawandel für die Metropolregion Hamburg) zu schaffen.
A1.2 Vorgehensweise
Von September 2007 bis Februar 2008 wurde durch Interviews mit Vertretern der BSU, von
HAMBURG WASSER, der Bezirksämter und ausgewählter Ingenieurbüros sowie durch
einen Abgleich mit dem Wasserbuch der BSU Projekte zur dezentralen
Regenwasserbewirtschaftung in Hamburg identifiziert. Für diesen Bericht wurden insgesamt
43 Projekte der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung in Hamburg ausgewählt.
Die Projekte wurden dahingehend analysiert, welche Maßnahmen zur dezentralen Regen-
wasserbewirtschaftung zum Einsatz gebracht wurden. Diese Maßnahmen wurden nach ihrer
Wirkungsweise in Bezug auf die Prozesse der Wasserbilanz kategorisiert. Den Prozessen
wurden Farben zugeordnet, die es erlauben, die primäre Wirkungsweise der Projekte schnell
visuell zu erfassen. Diese Farben kommen in der Kartenübersicht und den Tabellen zur
Anwendung.
A1.3 Wirkungsweisen und Maßnahmen
• Infiltration / Nutzung des Bodenwasserspeichers [ I ]
Maßnahmen: Minimierung der Versiegelung, Flächenversickerung, Versickerungsmulde,
Mulden-Rigolen-Element, Mulden-Rigolen-System, Rohr- / Rohr-Rigolenversickerung,
Versickerungsbecken, Versickerungsschacht
• Retention [ R ]
Maßnahmen: offene Wasserfläche (bspw. Teich), unterirdische Speicherkörper (bspw.
Zisterne)
• Verdunstung [ V ]
Maßnahme: Dachbegrünung
• Kontrollierter Oberflächenabfluss [ A ]
Maßnahme: Notabflusswege
TP6: ANHANG
130
Die Abbildung 6-1 zeigt die Lage der Projekte im Stadtgebiet. Die Nummern korrespondieren
mit den Angaben in den Tabellen 1 und 2 auf den folgenden Seiten.
Abbildung 6-1: Übersichtskarte Hamburg – Standorte der recherchierten Projekte
Die folgenden Informationen werden zu den Projekten gemäß Tabelle 6-1 gegeben:
• Name des Projekts
• Bezirk in dem das Projekt realisiert wurde
• Lage des Projekts (Adresse / umgebende Straßen)
• Name des Bebauungsplans / Baustufenplans, in dem das Projekt liegt
TP6: ANHANG
131
• bauliche Nutzung (Wohngebiet, Kerngebiet, Gewerbegebiet, Sondergebiet)
• eingesetzte Maßnahmen der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung
Die Sortierung der Tabelle 6-1 orientiert sich an den zur Anwendung gekommenen
Maßnahmen der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung.
Die Tabelle 6-2 gibt genauere Informationen darüber, ob es für die jeweiligen Projekte
wasserwirtschaftliche Festsetzungen in den Bebauungsplänen gibt. Wenn dies der Fall ist,
ist die Art der Festsetzungen in der Tabelle 6-2 näher beschrieben. Die Sortierung der
Tabelle 6-2 folgt der gleichen Logik wie in Tabelle 6-1.
Nach Abschluss der Recherche wurde für jedes Projekt ein Datenblatt erstellt, das
weitergehende Angaben enthält zu:
• Standort
• Datum der Fertigstellung
• Art der baulichen Nutzung
• abflusswirksame Fläche (falls bekannt)
• Lageplan
• Projektbeschreibung und - falls verfügbar - Informationen zu den Maßnahmen der
Regenwasserbewirtschaftung
• Pläne / Bilder
• Bauherr / Bauträger
• genehmigende Behörde
• Planung
• Bauleitung
• weiterführende Quellen.
Zudem wurde bei der Recherche abgefragt, ob nach der Umsetzung der Maßnahmen eine
Evaluation bezüglich siedlungswasserwirtschaftlich relevanter Kenngrößen beabsichtigt war
oder stattgefunden hat. Dies war für keines der hier vorgestellten Projekte der Fall.
Um den Umfang dieses Berichts überschaubar zu halten, wurden die Datenblätter nicht
beigefügt. Sie liegen jedoch in digitaler Form (pdf-Dateien) vor und können bei Interesse von
der HCU zur Verfügung gestellt werden.
TP6: ANHANG
132
Tabelle 6-1: Projekte der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung in Hamburg (W = Wohngebiet, MK = Kerngebiet, SO = Sondergebiet, GE =
Gewerbegebiet)
TP6: ANHANG
133
Tabelle 6-1: Projekte der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung in Hamburg (W = Wohngebiet, MK = Kerngebiet, SO = Sondergebiet, GE =
Gewerbegebiet), Fortsetzung
TP6: ANHANG
134
Tabelle 6-1: Projekte der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung in Hamburg (W = Wohngebiet, MK = Kerngebiet, SO = Sondergebiet, GE =
Gewerbegebiet), Fortsetzung
TP6: ANHANG
135
Tabelle 6-2: B-Plan-Festsetzungen mit wasserwirtschaftlichem Bezug bei den Projekten der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung in Hamburg
TP6: ANHANG
136
Tabelle 6-2: B-Plan-Festsetzungen mit wasserwirtschaftlichem Bezug bei den Projekten der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung in
Hamburg, Fortsetzung
TP6: ANHANG
137
Tabelle 6-2: B-Plan-Festsetzungen mit wasserwirtschaftlichem Bezug bei den Projekten der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung in
Hamburg, Fortsetzung
TP6: ANHANG
138
A1.4 An der Abfrage beteiligte Personen und Institutionen
Hier werden die Kontaktdaten der wichtigsten in die Erhebung einbezogenen Institutionen
und Personen aufgeführt:
• HafenCity Universität Hamburg, Prof. Heike Langenbach, Jochen Eckert (Department
Stadtplanung, SWITCH-Projekt)
• HAMBURG WASSER, Dipl.-Ing. Wenke Schönfelder
• Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) , Abteilung Gewässerschutz, Frau
Bulla, Dr. Mechthild Recke, Frau Scherlübbe-Hilbers
• Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG), Käthe Fromm, Mirela Danoiu
• Landesbetrieb Geoinformation und Vermessung
• Bezirksamt Hamburg-Nord
• Bezirksamt Hamburg-Mitte
• Bezirksamt Bergedorf
• Bezirksamt Altona
• Bezirksamt Wandsbek
• Bezirksamt Eimsbüttel
• Ingenieurgemeinschaft Klütz und Collegen GmbH, Dipl.-Ing. Buckhart Grube
• Landschaftsarchitekt BDLA, Dipl.-Ing. Dirk Matzen
• Melchior und Wittpohl, Dipl.Ing. Claudia Joite
• Masuch und Olbrisch, Dipl.-Ing. Michael Hohmann
• Ingenieurgesellschaft Prof. Dr. Sieker mbH , Dr.-Ing. Harald Sommer
ANSPRECHPARTNER - IMPRESSUM
139
ANSPRECHPARTNER
Stabsstelle Regenwassermanagement – GE03
HAMBURG WASSER
www.hamburgwasser.de
Dr. Axel Waldhoff
Tel.: 040 3498 54312
axel.waldhoff@hamburgwasser.de
Wenke Schönfelder
Tel. 040 3498 54314
wenke.schoenfelder@hamburgwasser.de
Juliane Ziegler
Tel.: 040 3498 54326
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Erschienen im März 2010
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