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Dr. med. Robert Bittner
Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie
Universitätsklinikum Frankfurt, Goethe-Universität
robert.bittner@kgu.de
2. Angehörigentagung 2014
in Frankfurt
04.12.2014
Schizophrene Psychosen als Störung
der Informationsverarbeitung im
Gehirn
Die Pathophysiologie schizophrener
Psychosen
nach Andreasen, Arch Gen Psych 1999
Gestörte Hirnentwicklung
Gestörteneuronale Konnektivität
und Kommunikation
KognitiveDefizite
Klinische Symptome
Schizophrene Psychosen sind
Störungen der Informationsverarbeitung
Die Symptome der Schizophrenie:
Positiv- und Negativsymptome
Positivsymptome Negativsymptome
Halluzinationen
Ich-Erlebnisstörungen
Wahnsymptome
Formale Denkstörungen
Apathie
Alogie (Sprachverarmung)
Anhedonie
verflachte oder inadäquate
Affekte
Diagnostische Kriterien schizophrener
Erkrankungen nach ICD-10Mindestens 1 Symptom über einen Zeitdauer von 1 Monat:
Gedankenlautwerden,
Gedankeneingebung, Gedankenentzug,
Gedankenausbreitung
Kontrollwahn, Beeinflussungswahn,
Wahnwahrnehmungen
Kommentierende oder dialogisierende
Stimmen
Anhaltender kulturell unangemessener,
bizarrer, völlig unrealistischer Wahn
Mindestens 2 Symptome über einen Zeitdauer von 1 Monat:
Anhaltende Halluzinationen jeder
Sinnesmodalität, täglich, mindestens
über einen Monat
Neologismen, Gedankenabreißen,
Zerfahrenheit, Danebenreden
Katatone Symptome (Erregung,
Haltungsstereotypie, Mutismus,
Stupor)
Negativ-Symptome: Apathie,
Sprachverarmung, verflachte oder
inadäquate Affekte
Positiv- und Negativsymptomatik im
Krankheitsverlauf einer schizophrenen Psychose
keine
krankhaften
Auffälligkeiten Vorphase akute Psychose
postpsychotische
Depressionen
wieder
gesund / stabil
(anhaltende
Symptome) Warnsignale
akute Krankheits-
symptome anhaltende Symptome
(anhaltende
Symptome)
PositivsymptomeErregungszustände
Blockierung des Denkens
Stimmen hören
körperliche Anspannung
Verfolgungsideen
Misstrauen
grundlose Nervosität
Schlafstörungen
unbestimmte Angst
Unsicherheit
Konzentrationsprobleme
Niedergeschlagenheit
Lebensangst
Energielosigkeit
schwere Depression
schwerste Verzweiflung
Negativsymptome
normales Befinden
Epidemiologie und psychosoziale
Folgen
30 - 40% stationär behandelter psychisch Kranker
Response Akut-/Langzeittherapie ca. 70%
Therapie-Noncompliance < 50%
Suizidrate ca. 5%
45 - 80% undiagnostizierte somatische Begleiterkrankungen
Mortalitätsrate erhöht, Lebenserwartung um 12 – 15 Jahre reduziertca. 2.5% öffentlicher Gesundheitskosten
ca. 14% der Nichtsesshaften (in Großstädten)
Dauerhafte Behinderungen ca. 10%
Teilzeit-/Nichtbeschäftigung > 80%
Verlauf und Prognose
Günstige prognostische Faktoren:
Dauer der unbehandelten Psychose
weibliches Geschlecht
stabile Partnerschaft
akute Erstmanifestation
gute prämorbide soziale Anpassung
gute Compliance
kein Drogenkonsum
Die Pathophysiologie schizophrener
Psychosen
nach Andreasen, Arch Gen Psych 1999
Gestörte Hirnentwicklung
Gestörteneuronale Konnektivität
und Kommunikation
KognitiveDefizite
Klinische Symptome
Schizophrene Psychosen sind
Störungen der Informationsverarbeitung
Dopamin und die Entstehung
psychotischer Symptome• Die dopaminerge Neurotransmission in
mesolimbischen Arealen, insbesondere im
ventralen Striatum spielt eine entscheidende
Rolle für probabilistische Lernvorgänge.
• Ein Anstieg der Feuerrate dopaminerger
Neurone ist ein genauer Indikator für die
Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer
Belohnung oder eines anderen mit einem
Stimulus verknüpften Stimulus oder Ereignis.
• Dopamin signalisiert dementsprechend auch
ein Abweichen von einem erwarteten Stimulus
/ Ereignis („prediction error“).
Fletcher & Frith Nat Rev Neurosci 2009
Die Entstehung der Positivsymptome
Schleichender stadienhafterVerlauf:
Halluzinationen als veränderte und verstärkte Wahrnehmung innerer Empfindungen, Erinnerungen
Stimmenhören etc.
Wahnvorstellung als kognitiver Verarbeitungsprozess der veränderten Aufmerksamkeit
individuell Schafft „Erleichterung“
Veränderte „Salienz“ ->
geschärftes Bewusstsein unspezifische Unruhe
Die Pathophysiologie schizophrener
Psychosen
nach Andreasen, Arch Gen Psych 1999
Gestörte Hirnentwicklung
Gestörteneuronale Konnektivität
und Kommunikation
KognitiveDefizite
Klinische Symptome
Schizophrene Psychosen sind
Störungen der Informationsverarbeitung
Kognitive Störungen bei schizophrenen
Patienten Menschen mit Psychosen leiden im
Alltag oft unter einer Vielzahl von Beeinträchtigungen des Wahrnehmens, Denkens, Sprechens und Handelns, sogenannten Basisstörungen.
Basisstörungen führen z.B. zu Problemen bei der Konzentration, bei der Kommunikation mit anderen Menschen, beim Treffen von Entscheidungen.
Auch sehr einfache Tätigkeiten des Alltags, z.B. Körperpflege, Ankleiden, können deswegen für die Betroffenen zu einem Problem werden.
Bilder et al., Am J Psychiatry 2000
Störungen der Informationsverarbeitung:
Basisstörungen
Menschen mit Psychosen leiden im Alltag oft unter einer
Vielzahl von Beeinträchtigungen des Wahrnehmens,
Denkens, Sprechens und Handelns, sogenannten
Basisstörungen.
Basisstörungen führen z.B. zu Problemen bei der
Konzentration, bei der Kommunikation mit anderen
Menschen, beim Treffen von Entscheidungen.
Auch sehr einfache Tätigkeiten des Alltags, z.B. Körperpflege
und Ankleiden, können deswegen für die Betroffenen zu
einem Problem werden.
Störungen der Informationsverarbeitung:
Basisstörungen
Basisstörungen bestehen auch außerhalb von akuten
Krankheitsphasen. Es gibt Ähnlichkeiten und
Überschneidungen mit Negativsymptomen.
Sie bedeuten für die Betroffenen eine tagtägliche
Einschränkung.
Sie können zu großen Problemen und Konflikten in der
Familie, im Freundeskreis und am Arbeitsplatz führen.
Beispiele für Basisstörungen I:
Denken
Es verwirrt mich, daß zu viele Gedanken gleichzeitig in
meinem Kopf sind.
Es kostet mich ständig Anstrengung, die Gedanken zu
ordnen.
Es kommt mir vor, als ob ich meine Gedanken nicht mehr auf
etwas ganz Bestimmtes konzentrieren kann.
Wenn ich konzentriert denken will, lenken mich ständig
unpassende Worte ab, die mir in den Sinn kommen.
Zeitweilig ist mein Gehirn wie leergefegt.
Beispiele für Basisstörungen II:
Gedächtnis
In meinem Gedächtnis sind große Lücken, vieles von dem,
was ich wußte, ist einfach verschwunden.
Öfters weiß ich nicht, was soeben um mich herum
vorgegangen ist.
Wenn ich mir etwas vorstellen möchte, bekomme ich
Einzelheiten nicht zusammen.
Ich stelle öfter fest, daß ich kurzfristig nicht mehr weiß, was
ich soeben tat oder sagte.
Beispiele für Basisstörungen III:
Sprache
Es fällt mir richtig schwer, längere Sätze zustande zu bringen.
Beim Sprechen ist oftmals das Wort weg, das ich gerade
aussprechen wollte.
Mit dem Sprechen klappt es nicht mehr so gut, die Worte
kommen mir nicht schnell genug in den Sinn.
Wenn jemand mit mir spricht, höre ich zwar die Worte,
erfasse aber oft den Sinn nicht richtig.
Oft lese ich über die Zeile hinweg und erkenne einfach den
Sinn nicht.
Beispiele für Basisstörungen IV:
Reizüberflutung
Ganz normale Nebengeräusche, die ich früher nicht beachtet habe, lenken mich jetzt übermäßig ab.
Manchmal läuft alles wie ein Film an mir vorbei, als ob meine Augen nichts mehr festhalten könnten.
Ich kann Geräusche oft nicht auseinanderhalten und höre alles wie durcheinander gemischt, obwohl ich nicht an Schwerhörigkeit leide.
Ich bin viel zu wach, alles was vorgeht, beachte ich, auch wenn ich das gar nicht möchte.
Häufig ist es mir schon zu viel, wenn um mich herum hantiert oder gesprochen wird und ich muß mich zurückziehen, damit ich mein Gleichgewicht wiederfinde.
Beispiele für Basisstörungen V:
Automatismenverlust
Auch bei ganz gewöhnlichen Tätigkeiten bin ich unerklärlich
unsicher, ob ich es auch richtig mache.
Mein Tagesablauf gerät oft durcheinander, weil ich meine
Gewohnheiten vergessen habe.
Oft beginne ich mit einer Tätigkeit und merke dann, daß ich
gar nicht mehr weiß, was ich eigentlich damit wollte.
Oft schaffe ich auch solche Kleinigkeiten wie Waschen,
Anziehen und Aufräumen nur mit Mühe, weil ich mir ständig
überlegen muß, was kommt jetzt und was kommt dann.
Beispiele für Basisstörungen VI:
Motorik & Verlust der Kontrolle
Mitunter spüre ich die Bewegung meiner Glieder nicht
richtig.
Wenn ich z.B. einen Arm heben will, kommt es vor, daß ich
stattdessen eine andere Bewegung mache oder gar nichts tun
kann.
Ich merke oft, daß ich mich anders verhalte, als ich es
möchte, ich kann das nicht mehr genügend bestimmen.
Manchmal bin ich kurzfristig wie starr und kann nicht
reagieren, obwohl ich es möchte.
Die Schizophrenie als
DyskonnektionssyndromAbnormal
Brain Development
Disruption in Neuronal Connectivity
and Communication
Impairment in
Cognitive Processes
Clinical Symptoms
nach Andreasen, Arch Gen Psych 1999
Enkodieren AbrufenHalten
Das visuelle Arbeitsgedächtnis
Visual cortex
DLPFC
FEFIPS
VLPFC
Goldman-Rakic, Biol Psychiatry 1999
Störung der Enkodierung in das
Arbeitsgedächtnis (EEG)
ERP (P100)
Haenschel, Bittner, Härtling et al., Arch Gen Psych 2007
Störung der Enkodierung in das
Arbeitsgedächtnis (fMRT)
left VLPFC (1)
left extrastriate visual
cortex (7)
left VLPFC (3)
x p < 0.1 * p < 0.05 ** p < 0.01p = 0.05, corrected
Bittner et al., eingereicht
Störungen hochfrequenter neuronaler
Oszillationen und Arbeitsgedächtnis
Haenschel, Bittner, Waltz et al., J Neurosci 2009
Störungen neuronaler Oszillationen bei der
SchizophrenieAbnormal
Brain Development
Disruption in Neuronal Connectivity
and Communication
Impairment in
Cognitive Processes
Clinical Symptoms
nach Andreasen, Arch Gen Psych 1999nach Varela et al., Nat Rev Neurosci 2001
Störungen neuronaler Oszillationen bei der
SchizophrenieAbnormal
Brain Development
Disruption in Neuronal Connectivity
and Communication
Impairment in
Cognitive Processes
Clinical Symptoms
nach Andreasen, Arch Gen Psych 1999nach Varela et al., Nat Rev Neurosci 2001
Histophathologische Veränderungen
kortikaler GABAerger Interneurone
Lewis et al., Nat Rev Neurosci 2005
GAD67 :
glutamic acid decarboxylase
GAT1:
GABA transporter 1
PV:
parvalbumin
GABAA α2:
α2 subunit of the GABAA receptor
Metakognitives Training
Das Denken über das Denken
Situationsgemäße Auswahl von Entscheidungen
Eigene Entscheidungen und Meinungen kritisch überdenken
Art und Weise der Bewertung und Gewichtung von
Informationen
Umgang mit Wissen über eigene kognitive Einschränkungen
Ziele
Training metakognitiver Störungen bei Patienten mit
paranoider Schizophrenie
Beeinflussung Wahn-assoziierter kognitiver Denkstile
Prophylaxe
Praktische Umsetzung
Gruppentraining für 3-10 Patienten
leicht anwendbar (Manual, nahezu selbsterklärende PowerPoint-
Folien)
insg. 8 Module (Zyklus A und B)
Durchführung 2x/Woche
geeignet sowohl für ambulante als auch stationäre Patienten
flexibles Anspruchsniveau
Therapie- und Rehabilitationsziele
Therapiebasis ist ein möglichst weitgehende medikamentöse Symptomkontrolle (Positiv- und Negativsymptome.
Minimierung von antipsychotikaspezifischenNebenwirkungen, insbesondere von EPS, antpsychotikainduzierten Negativsymptomen, Sedierung und Gewichtszunahme.
Erreichen einer tragfähigen Krankheits- und Behandlungseinsicht.
weitgehende Integration in das Arbeitsleben .
soziale Stabilisierung unter Berücksichtigung des Grads der erkrankungsbedingten Behinderung .
Behandlungsangebote der Klinik für Psychiatrie,
Psychosomatik und Psychotherapie
Geschütze Akutstation (Station 93-4)
Offene Schizophrenie-Schwerpunktstation (Station 93-10) mit tagesklinischen Plätzen
Störungsübergreifende Tagesklinik (Station 93-11)
Psychiatrische Institutsambulanz Clozapinsprechstunde
Stations- und ambulanzübergreifendes gruppentherapeutisches Angebot Psychoedukationsgruppe Metakognitives Trainig (Integriertes psychologisches Therapieprogramm)
Informationsgruppe für Angehörige von Patienten mit schizophrenen Psychosen
Informationsgruppe für Angehörige von Menschen
mit einer schizophrenen Psychose
Das Angebot richtet sich an alle Angehörigen von Patienten mit einer schizophrenen oder schizoaffektiven Psychose.
Es spielt keine Rolle, ob sich die Patienten in unserer Behandlung befinden bzw. befunden haben oder nicht.
Die Teilnahme ist kostenlos.
Ein Einstieg ist innerhalb der ersten drei Sitzungen möglich.
Eine verpasste Sitzung kann bei Interesse in einem späteren Zyklus nachgeholt werden.
Zu jeder Sitzung erhalten die Teilnehmer ein Skript.
Informationsgruppe für Angehörige von Menschen
mit einer schizophrenen Psychose
Termin: Mittwochs von 19:00 Uhr bis 21:00 Uhr.
Ort: Raum A 208 im 2. Obergeschoß des Zentralgebäudes der Klinik für Psychiatrie (Haus 93)
Moderation: Herr Dr. med. Robert Bittner
E-Mail: robert.bittner@kgu.de
Telefon: (069) 6301 - 84713 / - 5152
Anmeldung: telefonisch oder per Email.
http://www.psychiatrie.uni-frankfurt.de/klinik/stationen/93-
10/angehoerige.html
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