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12 ZÜRICH UND REGION Montag, 17. September 2012 ! Nr. 216Neuö Zürcör Zäitung

KULINARISCHES.. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .

Gulasch und Co. im «St. Gotthard»urs. ! Das Zürcher Hotel St. Gotthardsteckt mitten in ungarischen Wochen, inKooperation mit dem berühmten Buda-pester Lokal Gundel. Zum Programmgehört ein Buffet (Fr. 60.– pro Person)mit Live-Musik im Lobby-Bistro, nochbis 22. 9. täglich um 18 h. Unser Besuchergab eine kleine, aber recht feine Aus-wahl, wobei unser ungarischer Begleiterfesthielt, in seiner Heimat könne mannoch besser essen (Tel. 044 227 77 01).

Cohibas und andere Kubanerurs. ! Zur «Noche Cubana» lädt dieeinst totgesagte und reanimierte Zür-cher Tina-Bar am 25. 9., 18–20 h. Ver-sprochen wird für Fr. 60.– pro Kopfkubanische Lebensfreude mit Rhyth-men, Drinks, Häppchen und «Live-Zigarren-Rollen» (Tel. 044 250 76 80).

«Wehe dem Tier oder der Pflanze»Die Reisebriefe des Zürcher Botanikers Hans Schinz aus Deutsch-Südwestafrika

Wie konnte Zürich Ende des19. Jahrhunderts zu einem derführenden Zentren der afrikani-schen Botanik werden? Die kürz-lich veröffentlichten Reisebriefedes Botanikers Hans Schinzgeben Aufschluss über ein StückZürcher Kolonialgeschichte.

Jonathan Pärli

«Wehe dem Thier oder der Pflanze, diein meine Nähe kommen, sie sind ver-loren.» So beschrieb der junge Botani-ker Hans Schinz im November 1884 sei-ner Mutter in Zürich den Sammeleifer,der ihn umtrieb, seit er im Gross-Nama-qualand, einer Region im heutigen Na-mibia, angekommen war. Der namibi-sche Historiker Dag Henrichsen hat dieReisebriefe, die Schinz aus Deutsch-Südwestafrika schrieb, ediert und kürz-lich als Buch herausgegeben. Die afrika-nische Korrespondenz des späteren Di-rektors des BotanischenGartens Zürichund einflussreichen Professors zeigt be-sonders das Mit- und Nebeneinandervon Wissenschaft und Kolonialismus,auch in der Schweiz.

«Neue Botanik» in BerlinSchinz, 1858 in eine Zürcher Patrizier-familie geboren, lässt sich am Polytech-nikum zum Fachlehrer in Naturwissen-schaften ausbilden und promoviert 1883an der Universität in Botanik. Währenddie botanische Lehre und Forschung ander Universität Zürich zu dieser Zeit alsveraltet gilt, ist Berlin neben Paris undLondon eines der europäische Zentrender «Neuen Botanik», die mehr sein willals gemeine Kräuterkunde. In Berlin,wo Schinz nach seiner Promovierungweiterstudiert, knüpft er über die Uni-

versität entscheidende Kontakte: Durchden berühmten Afrika-Forscher GeorgSchweinefurth, der am Berliner Botani-schen Garten tätig ist, lernt er den Bre-mer Kolonial-Unternehmer Adolf Lü-deritz kennen. Kurz darauf bricht der26-jährige Zürcher Doktor 1884 alseiner von drei Wissenschaftern der «Lü-deritz-Expedition» zu einer Schifffahrtauf, die ihn nach Kapstadt führt.

Ursprünglich soll Schinz in Lüderitz’Auftrag die lokale Pflanzenwelt und vor

allem deren kommerzielle Verwertbar-keit erforschen. Bald aber löst er sichvon der Expedition, die nicht recht vor-wärtskommt. Darauf unternimmt er sei-ne eigene, aus dem Familienerbe finan-zierte Forschungsreise. Diese führt ihnzunächst ins Gross-Namaqualand, wo erneben Pflanzen und Tieren auch Men-schen, die «Einheimischen», in denBlick und vor die Linse zu nehmen be-ginnt. In seinem Tagebuch notiert erunter anderem, wie ethnografische Ge-genstände zu sammeln und wie Men-schen zu typisieren und zu vermessen

seien. Für Letzteres spielt der Foto-apparat eine wichtige Rolle. Neben denMissionsstationen, die er besucht, undder Landschaft, die er durchreist, foto-grafiert Schinz vor allem auch die loka-len Bevölkerungen – «physiognomischeAufnahmen», wie er sie im Tagebuchnennt. Das imperiale Auftreten wirddem umtriebigen Wissenschafter inOlukonda beinahe zumVerhängnis: Zu-nächst macht er sich heimlich an einemToten zu schaffen, um das Skelett seinerSammlung einzuverleiben. Kurz daraufschlägt er Stücke einer heiligen Stätteaus Stein ab, um eine Probe mitzuneh-men. Der Ärger, den er damit auf sichzieht, lässt ihn die Region fluchtartigverlassen. «Man muss eben alles sam-meln», rechtfertigt er sich nach gelunge-ner Flucht gegenüber seiner Mutter.

Im Februar 1887 kehrt Hans Schinznach Zürich zurück. Im Gepäck hat erfünfzig Kisten, unzählige Pflanzenpro-ben und die Überzeugung, zwei Völker,die Ondonga und die Herero, anhandeiniger Gegenstände «vollständig ge-sammelt» zu haben. Über den Ertragseiner Reise kündigt er seiner Mutterschon im März 1886 an, dass er wederGold noch Edelsteine nach Hause brin-ge. Ganz der Wissenschafter, lässt er siewissen: «Für mich sind meine Sammlun-gen und Notizen mehr wert als jene.»

Ein Schädel ergötzt die NZZDie NZZ, die dem Heimkehrer am4. Mai 1887 einen langen Artikel wid-met, sieht im Schädel aus Olukonda«eines der werthvollsten Stücke seinerSammlung». Die Rettung des «CorpusDelicti» trotz höchster Gefahr beein-druckt die Zeitung: «Der Energie, demMuthe und der Ausdauer unseren jun-gen Landsmannes» zolle man «hoheBewunderung». Die NZZ befürchtet,die Ausbeute des helvetischen Afrika-reisenden werde «zum grossen Theilenach Berlin wandern». Bis auf die dreimitgebrachten Schädel materialisiertsich diese Erwartung nicht: DieSchinzschen Schätze bleiben in derSchweiz, wo sie dessen wissenschaft-liche Karriere befeuern: 1893 wirdSchinz, inzwischen habilitiert, zum Di-rektor des Botanischen Gartens er-nannt; zwei Jahre später ernennt ihn dieUniversität Zürich zum Professor fürSystematische Botanik.

Mit Schinz, schreibt Henrichsen,reihte sich Zürich in der afrikanischenBotanik in das erste Glied – neben dieeuropäischen Kolonial-Metropolen Pa-ris, London und Berlin.

Dag Henrichsen (Hg.): Hans Schinz. Bruchstücke. For-schungsreisen in Deutsch-Südwestafrika. Verlag BaslerAfrika-Bibliografien 2012. 183 S., Fr. 25.–.

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Nationales Archiv in Windhoek erhält 40 Fotosjap. ! Die Leitung des Völkerkunde-museums der Universität Zürich hatletzte Woche am Rande einer Museums-Konferenz in Windhoek dem Namibi-schen Nationalarchiv 40 digitale Kopienvon Fotografien übergeben, die HansSchinz von 1884 bis 1886 in der damali-gen Kolonie Deutsch-Südwestafrika ge-macht hatte. Die meisten der Fotogra-fien blieben unpubliziert und kamen erstim Zug der Recherchen für die derzei-tige Ausstellung des Völkerkundemuse-ums zuHans Schinz und dessen Sammel-praxis zum Vorschein. Neben dem Völ-kerkundemuseum haben auch dasStaatsarchiv Aargau sowie das Histori-sche und Völkerkunde-Museum St. Gal-

len Originale von Schinz. Die Übergabeder Kopien ist im Sinn der Ethik-Richt-linien des International Council of Mu-seums. Diese sehen vor, dassMuseenmitden Herkunfts-Gesellschaften ihrer Ob-jekte kooperieren. Die Diskussion umdie Rückgabe von Kulturgütern undmenschlichen Überresten ist in den letz-ten Jahren verstärkt geführt worden:Letztes Jahr übergab die Berliner Cha-rite fünf Schädel von Stammesangehöri-gen der Herero und Nama, die bei anti-kolonialen Aufständen getötet wordenwaren, an die namibische Regierung.

Die Ausstellung «Man muss eben alles sammeln» istbis am 3. März 2013 im Völkerkundemuseum zu sehen.

LUNCH

Burgfrieden

UrsBühler !Bis vor kurzemgehörte die«Jägerburg» im Langstrassenquartier zudenTrutzburgenwider denTrend, uralteQuartierbeizen aufzuwerten. Nun istder unscheinbaren Puppe ein prächtigerSchmetterling entschlüpft: An der De-cke prangen Stuckaturen wie frisch ge-backen, Wände erstrahlen in Ochsen-blutrot, der vormals verdeckte Buchen-boden ist freigelegt, und eine schlichte,luftige Möblierung trägt zur überausfreundlichen Wirkung des Raumes bei.

Die Verwandlung, die sich am ur-sprünglichen Erscheinungsbild orien-tiert, verantworten Markus und DanielaSegmüller: Die Wirtsleute des edlen«Carlton» an der Bahnhofstrasse, dieauch das «James Joyce Pub» sowie den«Adlisberg» betreiben und ihre Fühlerzur entstehenden Europaallee ausstre-cken, erweitern ihr kleinesReich nun umeine Festung im Kreis 4. Sie waren vomneuenBesitzer des über hundertjährigenEckhauses beim Helvetiaplatz angefragtworden, nachdemdie vorherige Pächter-schaft Konkurs gegangenwar, undmuss-ten sich innert dreier Tage entscheiden.

Nach der Renovation haben sie dasLokal diesenMonat wiedereröffnet, wo-bei ein kurzfristiger Führungswechselfür Unruhe sorgte. Bei unserem Besucham Freitag ist noch die eine oder andereImprovisation wahrnehmbar, der Ge-samteindruck unter Gastgeberin DorisKuntz aber tadellos. Von den Mittags-menus gefällt das perfekt glasig gebra-tene Filet vom Zander aus dem Boden-see mit aromatischen Tomaten, Olivenund Kapern, feinen Bratkartoffeln undSpinat (Fr. 21.50 mit Suppe/Salat). Deraus dem «Carlton» dislozierte Küchen-chef Keven Mattle setzt auf Gutbürger-liches, wobei auf der Karte hausgemach-te Pizokel (Fr. 29.–), aber auch kleineSpeisen wie eine «Zürcher Weisswein-suppe» (Fr. 11.–) ins Auge springen. Dastut auch die ansprechende Weinaus-wahl, die nach Rebsorten geordnet ist.

Die Abende können mangels schall-dämpfender Elemente laut werden, wasSegmüller gemäss seiner Aussage be-wusst in Kauf nimmt: «Das soll einKom-munikationslokal sein.» Nun ja, so kannman’s auch formulieren. Des einenFreud ist des anderen Leid, auch ander-weitig: Die sogenannt Randständigen,die laut unseremGewährsmann aus demQuartier hier vorher verkehrten, dürf-ten den neuen «Burgfrieden» als faulempfinden, da sie ein Refugium verlie-ren. Immerhin: Ein Schild beimEingangheisst willkommen «Aussersihler undPlatzhirsche, Chreis-Cheibler und cooliType, Büezer und grossi Tier, Gschäftli-macher und fuuli Sieche». Dürften sichdamit nicht eigentlich fast alle angespro-chen fühlen?Wir taten es auf jeden Fall.

Jägerburg, Molkenstrasse 20, 8004 Zürich, Tel.043 322 04 34. Sa-Mittag und So geschlossen.

Nicht nur die Fauna und die Flora, auch die Menschen inspizierte Schinz während seiner Reise ganz genau. STAATSARCHIV AARGAU

Schinz, nach seiner Reise. STAATSARCHIV AARGAU

Aktion gegen Diebein und um S-Bahnenfsi. ! Die Kantonspolizei und die Trans-portpolizei der SBB haben in der Nachtauf Sonntag im Zürcher Hauptbahnhofund in S-Bahnen eine gezielte Aktiongegen Taschendiebstähle durchgeführt.Dabei wurden laut einer Mitteilungwährend mehrerer Stunden Personenkontrolliert, die scheinbar ziellos imBahnhof umherstreiften oder Züge be-stiegen und nach potenziellen OpfernAusschau hielten. Die Ermittler sahenmehrmals, wie Verdächtige sich schla-fenden oder betrunkenen Bahnpassa-gieren näherten, sich neben diese setz-ten und nach Beobachtern Ausschauhielten, um die Opfer im geeignetenMoment zu bestehlen zu versuchen.

Rund 15 Verdächtige wurden kon-trolliert. 10 Männer aus Algerien, Ma-rokko oder Tunesien im Alter zwischen18 und 44 Jahrenwurdenwegen dringen-den Tatverdachts festgenommen. 9 vonihnen sind Asylbewerber, einer hält sichillegal in der Schweiz auf, die meistensind einschlägig polizeilich bekannt. DiePolizisten stellten mögliches Diebesgutwie Mobiltelefone, Kosmetika und eineUmhängetasche sicher. Die Herkunftder Gegenstände wird nun abgeklärt.

Kundgebungmit wenig Reibungen«Marsch für s Läbe» in Zürich

fsi. ! Eine Kundgebung christlicher Ab-treibungsgegner in Zürich ist am Sams-tagnachmittag relativ reibungslos überdie Bühne gegangen. Zum «Marsch fürs Läbe 2012» aufgerufen hatten frei-kirchliche und konservative evangeli-sche und katholischeGruppen sowie dieEidgenössische Demokratische Union.Teilnehmende aus der ganzen Schweizund demAusland – etwa eine 50-köpfigeGruppe aus Polen – wollten laut einemCommunique an die Einführung derFristenlösung vor zehn Jahren und de-ren «zahlreiche Opfer» erinnern. Nacheiner Stunde mit Reden auf dem Müns-terhof zogen sie durch die Innenstadt.Vorne trug eine grössere Gruppe weisseKreuze und Kindersärge, und es warenSlogans zu lesen wie «Switzerland pro-tect children», «Läbe, Familie, Liebi».

Gegendemonstranten begleitetenden von Polizisten in Kampfmontur ab-geschirmten Zug mit lauten Parolen,Punk-Musik, Hupen, Sirenen und Trans-parenten mit Aufschriften wie «Aufklä-rung statt Verklärung». Da und dort kames zu kleinen Reibereien und Rempe-leien zwischen Angehörigen der beidenLager.Alles in allemaber verlief derAn-lass ruhig, die mit einem Grossaufgebotanwesende Polizei hatte die Lage imGriff. Im Vorjahr, als die Kundgebungauf dem weniger leicht abzuschirmen-den Helvetiaplatz abgehalten wordenwar, hatte sie die Teilnehmer mit Was-serwerfern und Tränengas gegen An-griffe Linksautonomer schützenmüssen.

Die Organisatoren schrieben amSamstagabend in einer Mitteilung vongegen 2000 Teilnehmern und erklärten,weitere Aktionen sowie einen «Marsch»im kommenden Jahr zu planen.

IN KÜRZE.. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .

Dieselöl in Zürichsee ausgelaufenurs. !AmSonntagmittag ist der Zürich-see zwischen dem Kibag-Hafen Bächund Pfäffikon (SZ) durch ausgelaufenesDieselöl stark verschmutzt worden.Einsatzkräfte waren am Abend nochmit dem Binden des Öls auf einer Flä-che vonmehrerenHektaren beschäftigt,wie die Kantonspolizei Schwyz mitteilt.Sie sucht Hinweise auf die unbekanntenVerursacher (Tel. 041 819 29 29).

E-Bike-Fahrer verletzt aufgefundenfsi. ! Passanten haben am Samstag frühum 3 Uhr in Höri einen schwer verletztauf der Strasse liegenden E-Bike-Fahrergefunden. Er hatte laut Polizeimeldungkeinen Helm getragen und blutete starkam Kopf. Zeugen werden gesucht.

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