streetmag 3

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www.street-mag.de / www.streem-magazine.de streetmag (heißt jetzt STREEM) ist ein urban art & street magazine und dient als Plattform für Künstler aller Genres. Das Magazin wird von obdach- oder mittellosen Mitmenschen vertrieben, die das Magazin gratis und somit den kompletten Verkaufserlös erhalten. Den Preis bestimmen die Käufer (empfohlen 1,50 Euro), der dem Straßenverkäufer zu 100% zu Gute kommt. Verbreitunsgebiet: Berlin Auflage: 20.000 Ex.

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JÉRôME BOATENG � 8

P.M. – hAll Of fAME� 22

R.V.M. AlIAS ROBBY ROB 27

A u s g a b e �#3��������J u n i / J u l i �2011� �[ www.street-mag.de ]streetmag� — � d a s � S t r a ß e n - K u n s t - M a g a z i n

M i t � d a b e i

3.STREETMAG

beatsteaksbeatsteaks

Den Preis machst Du !

[ e m p f o h l e n ]

1,50

� �6

STREETMAGABhOl STATIONEN

[ www.mitherz.org ][ �Wärmestube�und�

Obdachlosenwohnung:� Sprengelstraße�46�� 13353�Berlin��/��Wedding ][ �Abholung:� täglich�� 17�—�19�Uhr ][ �Haltestelle:� S/U-Bhf�Wedding ]

W ä r m e � m i t � H e r z� �S t i f t u n g

[ Adresse:�� Wühlischstraße�42� �� 10245�Berlin��/��Friedrichshain ][ �Abholung:� Montag�—�Freitag� 9�—�20�Uhr ][ �Haltestelle:� U1�Warschauer�Straße�/�� S9�Warschauer�Straße�/�Tram�M13 ]�

A W O�K I E Z � C A F E�

[ Adresse:�� Wittstocker�Straße�7� 10553�Berlin��/��Moabit ][ �Abholung:� Sonntag�—�Donnerstag� 13�—�17�Uhr� Freitag�� �9�—�13�Uhr� Sonnabend� geschlossen ][ �Haltestelle:� S-Bhf�Beusselstraße ]�

W a r m e r�O t t o

[ Adresse:�� Lausitzer�Platz�8a� �� 10997�Berlin��/��Kreuzberg ][ �Abholung

�����und�Frühstück:� Montag�+�Donnerstag� 10�—�12:30�Uhr ][ �Haltestelle:� U1,�15�Görlitzer�Bahnhof ]�

« K i r c h e n - C a f é »E m m a u s - Ö l b e r g

[ www.vistaberlin.de ][ Geschäftsstelle:�� Cuvrystraße�1��� 10997�Berlin��/��Kreuzberg ][ �Abholung:� Montag�—�Donnerstag�� 10�—�17�Uhr�� Freitag�� 10�—�16�Uhr ]

M i s f i t / D r o g e n - � u n d�S u c h t b e r a t u n g

danke!�streetmag bedankt�sich�herzlich��beim�berliner fenster�[ www.berliner-fenster.de ]�für�die�Unter-stützung�der�3.�streetmag benefit-party!

I n h a l t

streetmag�ist�ein�Straßen-Kunst-Magazin� mit� 100%� sozialem� Hintergrund.� �Dieses� Magazin� dient� als� Plattform� für� junge� Berliner�Künst�ler�aller�Genres,� informiert�über�die�Schicksale� jun-ger�Menschen,�die�auf�der�Straße�gelandet�sind�und�wird�durch� Interviews� zahlreicher� prominenter� Musiker� und�Schauspieler�unterstützt.� �In�dieser�Ausgabe:�Die�beatsteaks,�Robert�Viktor�Minich�alias�robby rob�und�Jérôme�Boateng!� �streetmag�wird�durch�Einnahmen�aus�Charity-Veranstaltungen,�Werbeaktionen�und�-anzeigen�finanziert.�Es�bietet�im�Gegensatz�zu�ande-ren�Straßenmagazinen�keine�Notunterkünfte,�kostenlose�Verpflegung,�soziale�oder�rechtliche�Beratung�und�Betreu-ung.�Deshalb�kann�es�an�die�in�Berlin�lebenden�obdach-�und�mittellosen�Mitmenschen�kostenlos�zum�Vertrieb�verteilt�werden.�Die�streetmag-Verkäufer�bestimmen�selbst�den�Preis� (empfohlener� Verkaufspreis� 1,50� Euro)� und� erhalten� 100%�ihres�Verkaufserlöses.� �Vielen�Dank�für�Ihren�Beitrag,�den�Sie�durch�den�Kauf�dieses�Magazins�geleistet�haben!

du �bist�ein�Berliner�Künstler,�Autor,�Fotograf,�Illus-trator,� Filmemacher,� Modedesigner� oder� Journalist� und�möchtest� Deine� Texte,� Artikel,� Berichte,� Kurzgeschich-ten,�Gedichte,�Fotostrecken�usw.�veröffentlichen�oder�auf�anstehende�Ausstellungen�oder�besondere�Events�aufmerk-sam�machen?� �Dann�schicke�Deinen�Beitrag�einfach�an:�info@street-mag.de

«Straße»� ist� nicht� nur� eine� romantische�Metapher� aus� italienischen�Gangsterfilmen�mit� Familienehre� und��Kodex�oder�irgendein�Ghettogebaren�aus�amerikanischen�HipHop-Videos�—�Straße�ist�das�ultimative�gesell-schaftliche�Netzwerk�und�steuert�das�gesamte�soziale�Miteinander� innerhalb�von�städtischen�Gemeinden!�Sie�ist�im�Grunde�unsere�reelle�Matrix�—�unser�FACEBOOK�zum�Anfassen!�Und�gerade�in�diesen�Zeiten,�wo�sich�jeder�Zweite�hinter�seinem�iPhone,�FACEBOOK,�Handy�oder�Netbook�versteckt�und�soziale�Kontakte�vermehrt�nur�noch�online�stattfinden,�sollte�man�die�Augen�öffnen�und�sich�mal�wieder�in�seinem�Kiez�umschauen,�um�vielleicht�festzustellen:�Nanu,�wo�ist�eigentlich�der�Tante�Emma�Laden�aus�meiner�Kindheit�und�was�passiert�hier�wirklich�um�mich�herum!?�(Meist�nicht�mehr�als�genormtes�Einkaufen�in�den�Arcaden)� �streetmag-Berlin�fordert�je-den�Bürger�der�Bundeshauptstadt�direkt�auf,�am�journalistischen�Leben�aktiv�teilzunehmen�und�mit�Beiträ-gen�wie�Reportagen,�Fotostrecken�oder�Zeichnungen�indirekter�Zeitzeuge�unserer�Stadt�zu�werden:�«Sei�Berlin»�ist�nur�ein�Schlagwort�von�vielen,�welches�wir�täglich�im�Nahverkehr�auf�Plakaten�oder�Bildschirmen�sehen�dürfen.�Dieses�von�der�Senatsverwaltung�ausgerufene�«SeiBerlin»�gefällt�mir�und�mit�Sicherheit�auch�den�Touristen�und�Neuankömmlingen�Berlins.�Nur:�was� ist�Berlin�wirklich,�was�war�es�und�wo�trägt�uns��unsere�Geschichte�hin:�globalisiertes�Europa,�Mauerfall,�West�&�Ost,�Gastarbeiter,�alliierte�Mächte,�Nazi-deutschland,�Pogrome�und�Vertreibung,�die�Hohenzollern,�Askanier�und�Preußen,�Hugenotten�oder�Sor-ben?� �Berlin�ist�Geschichte.�Und�auch�wenn�es�in�den�neuen�Szenebezirken�immer�schwerer�wird,�keinen�Schwaben,�Hessen�oder�Bayern�anzutreffen:�das�unverwechselbare�Berliner�Original-Prädikat�«be-sonders�wertvoll»�kommt�spätestens�jetzt�direkt�aus�Spandau�(für�alle�Nicht-Berliner:�der�älteste�Stadtbezirk�Berlins,�sogar�älter�als�die�Stadt�

Berlin�selbst).� �In�diesem�Sinne,�wir�freuen�uns�auf�eure�Beiträge!� A l e k s a n d a r � V i d o j k o v i c

EIN GESIchT uNSERER STRASSE X 4

BEATSTEAkS Interview 6

MITTERNAchTSSPORT Verein 8

DANONE Graffiti 11

VISIBlE wAll Interview 12

EDwIN cASTANEDA Fotografie 14

DORO PETERSEN Illustration 16

lIlITh lOcO Gedicht 18

uRBERlIN Street�Couture� 19

TEPPIchTRAuME Graffiti�Contest 19

VOM fAINzTEN Comic 20

PETER MISSING Hall�of�Fame 22

ASTRONAuT Lukas�Vogelsang 24

NEuES VON DER cOuch Christine�Krokauer�� 25

kOMPlExE Marija�Stojanovic� 26

ROBBY ROB alias�Robert�Viktor�Minich� 27

VISTA Organisation 28

IMPRESSuM 30

EDITORIAl OffENTlIchER AufRuf — VOlkSREPORTER GESuchT

EIN GESIchT uNSERER STRASSE:

BERlINS ERSTER u-BAhN-RAPPER

der verdient schon genug geld —�wir�müssen�ihm�nichts�geben.�Er�würde�es�ja�sonst�nicht�machen.»,�so�der�Kommentar�eines�Fahrgastes�während�der�Performance�des�U-Bahn-Rap-pers�X.�Das�dachten�sich�wohl�die�meisten�Passagiere�des�Abteils,�denn�die�Ausbeute�ist�mau.�«Naja,�heute�ist�nicht�so�ein�good�day,�anyway�the�show�must� go� on.� Immerhin� one�Euro� ist� super� für� diese�Coffee� at� the��next�station.�I�tell�you�this�is�the�best�coffee�in�diese�Gegend!�Und�ick�ken-ne�mir�aus,�was�das�betrifft!»,�erklärt��X�und�begibt�sich�ins�nächste�Abteil.�Kurze�Konzentration,� ein� kurzes�Checken� der� Fahrgäste� und� los� gehts.�

�«Ick�rappe�über�das�Leben,�aber�hauptsächlich�über�diese�cra-zy�Typen,�die� ick�vor�mir� in�die�Bahn�sehe!�Ich�provoziere�gerne�Leute�oder�spreche�mit�Absicht�die�people�an,�die�grummelig�schauen�oder�stelle�eine�Frage�zu�die�Gäste,�über�die�sie�vielleicht�noch�den�ganzen�Tag�nach-denken.»� �Schade�ist�nur,�dass�viele�der�Menschen�seine�Mes-sage�offenbar�überhaupt�nicht�wahrnehmen�oder�vielleicht�einfach�keine�Lust�auf�Nachdenken�haben.�Vielleicht�hören�sie�auch�deshalb�nicht�hin,�weil�sie�Angst�haben,�dann�in�der�Schuld�zu�stehen,�ihm�etwas�dafür�geben�zu�müssen.�Dann�lieber�erst�gar�nicht�beachten�und�‹sauber›�aus�der�Sache�rauskommen.� �Der� gebürtige�Amerikaner� sieht� das� genauso,�aber�dennoch�trifft�er�hin�und�wieder�Menschen,�die�anders�sind,�berichtet�

er.�Menschen,�die�gerne�einen�Euro�für�gute�Unterhaltung�übrig�haben�und�dankbar�sind�für�den�einen�oder�anderen�tiefen�Gedanken,�den�ihnen�X�mit�auf�die�Fahrt�gibt.�«Du�musst�die�Leute�ein�Zweifel�mitgeben»,�findet�X,�«denn�nur�wenn�du�gibst�die�Menschen�einen�Zweifel,�sie�können�wählen���—�die,�die�gleich�den�Zweifel�annehmen,�lass�die�einfach�weiterlaufen,�aber�die,�die�weiter�zuhören�und�weiterdenken,�die�verstehen�wirklich�die�Mes-sage.�This�is�a�good�day».� �An�solchen�‹good�days›�hat�X�auch�immer�ein�paar�überschüssige�Cent�für�seine�Kollegen�am�Kotti�übrig.�«Die-se�armen�Kerle�haben�es�schwerer�als�ick.�Diese�Typen�sitzen�den�ganzen�Tag�an�dieselbe�Fleck�und�warten,�bis�good�people�vorbeikommen�an�sie.�Ich�kann�directly�zu�die�Menschen�gehen�und�sie�ansprechen,�this�is�klar�ein�Vorteil.»,� erzählt� er�mit� einem� freundlichen�Lächeln.� �X�rappt�sich�seit�2005�durch�die�Berliner�U-Bahnen.�Eigentlich�ist�er�wegen�der�Liebe�nach�Deutschland�gekommen,�aber�wie�das�Leben�so�spielt:�«Es�hat� leider�nicht�geklappt»,�erklärt�X.�Er� ist�ein� ‹Straßenmensch›,� sagt�er.�«Live�goes�on�…�Die�Liebe�zu�die�Frau�ist�weg,�aber�die�Liebe�zu�die�Stadt�ist�geblieben.� Ick�mache�das,�was� ick�mache.�Every�day� is�different�und��du�musst�selbst�schauen,�wie�du�das�Beste�aus�jeden�Tag�rausholst.»

5 s t r e e t m a g �#3���

«

BEATSTEAkS

So ganz am Rande hat man ja als aufmerksamer Berliner anhand vereinzelter Plakate mitbekommen, dass ihr ein neues Album herausgebracht habt. Welche Resonanz habt ihr denn bisher darauf bekommen? 1(lacht)�Ja,�ick�hab�mich�selber�auch�gewundert,�dass�wir�ein�Album�rausge-bracht�haben,�weil�ick�hab�davon�auch�ganz�lang�nichts�mitbekommen�,-)�Nee,� die�Reaktionen�waren� bisher,� also� ohne� Scheiß,� durchweg� positiv.�Also�egal,�was�man�jetzt�meint,�ob�es�jetzt�in�der�Zeitung�ist�oder�Reakti-onen�von�Leuten,�die�man�bei�diversen�Autogrammstunden�hört.�Ick�war�letztens�mit�meiner�Tochter�einkaufen�und�da�meinte�dann�ein�so�Typ�nur:�«He,�richtig�geiles�Album!»�und�lief�weiter.�Also�bis�jetzt�scheinen�wir�alles�richtig�gemacht�zu�haben.�Irgendwie�funktioniert’s.

Das scheint uns auch so. Auf Eurer facebook-Seite sind auch nur positive Kommentare zu finden. 2Ja,�es�gibt�auch�mal�ganz�selten�was�Negatives.�Da�war�zum�Beispiel�ein�Mädchen�aus�Saarbrücken,�die�sich�darüber�ausgelassen�hat,�dass�wir�alle�mit�Rock�überhaupt�nichts�mehr�zu�tun�hätten,�weil�wir�ja�Väter�und�ver-geben�sind,�und�dann�is�man�ja�auch�überhaupt�nich�mehr�real.�Man�is�ja�nur�real,�wenn�man�wahrscheinlich�wild�rumhurt�und�alles,�was�bei�drei�nich�auf�dem�Baum�ist,�…�naja,�du�weeßt�schon.��Ja,�aber�das�war�jetzt�nur�eine.�

Naja, wahrscheinlich war die Dame einfach nur traurig, dass ihr alle schon vergeben seid. 3(lacht)�Ja,�vielleicht�hatte�sie�Liebeskummer.�Ja,�das�kann�sein.�Aber�dann�kann�sie�doch�auch�direkt�zu�uns�kommen.�Da�haben�wir�doch�Verständnis,�da�kann�man�doch�mit�ihr�reden,�mal�den�Abend�mit�ihr�verbringen,�sie�ein�bisschen�trösten,�den�Schmerz�versuchen�zu�nehmen�oder�so�,-)

Na, das ist ja schön, dass ihr so lieb zu euren Fans seid ,-) Einige eurer neuen Songs sind vereinzelt etwas «Ska»-lastig. Ist das so, dass ihr schon beim Schreiben darauf achtet, dass die Lieder auch festival- und bühnentauglich sind? 4Ob�das�festivaltauglich�ist,�das�ist�nicht�der�erste�Gedanke,�den�man�dabei�hat.�Wir�denken�natürlich�daran,�ob�die�Songs� live� reproduzierbar� sind.�Wir�haben�bei�der�Platte�auch�angefangen,�Sachen�richtig�zu�produzieren,�also�einzeln�alles�einzuspielen�—�Schlagzeug,�dann�Bass,�dann�Gitarre�und�so�weiter�—�also�alles�so�zu�schichten.�Wir�haben�irgendwann�gemerkt,�das�kriegt�man�live�gar�nich�so�hin�und�sind�dann�noch�mal�in�den�Proberaum�und�haben�halt� einfach�die�Songs�noch�mal�ganz�normal� live�eingespielt.�Dass�jetzt,�ich�sag�ma,�eine�reinrassige�Ska-Nummer�und�eine�Nummer�mit���’ner�Offbeat-Gitarre�dabei�rausgekommen�ist,�ist�wahrscheinlich�dem�Fakt�geschuldet,�dass�wir�alten�Roots�Reggae�und�alten�Ska�aus�den�60ern�oder�vielleicht�noch�älter�halt�übertrieben�gut�finden�und�doll�feiern�und�auch�selber�ganz�viel�von�dem�Zeug�gehört�haben.�Das�hat� sich�dann�einfach�so’n�bisschen�auch�auf�die�Musik�übertragen.� �Also�man�denkt�jetzt�nicht�wirklich�an�die�Festivals,�ob�die�Leute� jetzt�alle�abgehen�und�springen,�das�wär�dann�auch�zu�viel�Berechnung,�aber�ich�glaub,�so’n�biss-chen�hat�man�immer�im�Hinterkopf,�dass�die�Songs�für�uns�live�funktionie-ren.

?!

� E-Bass,�beatsteaks

[ www.beatsteaks.com ]

T o r s t e n�S c h o l z

Wenn die Songs für euch funktionieren, funktionieren sie ja auch fürs Publikum. 5Ja,�das�ist�so’n�bisschen�das�Geheimnis,�denk�ich�ma.�Ja,�weil�ick�wunder�mich�manchmal,�warum�das�alles�so�funktioniert.�Am�Ende�sind�es�aber�immer�die�Sachen,�die�wir�alle�fünf�total�super�finden,�die�nach�außen�hin�gut�ankommen.�Dann�is�da�wahrscheinlich�irgendwat�Richtiges�dran.

Wie lange habt ihr an dem Album gearbeitet? 6Also,�wir�hatten�’ne�Bandpause,�die�fing�2008�an.�Wir�hatten�in�der�Wuhl-heide�unser�letztes�Konzert�und�danach�war�die�Pause.�Die�Pause�war�ei-gentlich,�obwohl�sie�nach�außen�fast�zweieinhalb�Jahre�ging,�nur�drei�bis�vier�Wochen� lang.�Also� ’ne� richtige�Pause,�danach�hat�halt� so� jeder� sein�Ding�gemacht,�ein�paar�haben�persönliche�Sachen�zu�bewältigen�gehabt,�ein�paar�haben�gleich�wieder�angefangen,�Demos�zu�schreiben.� Ich�zum�Beispiel�hab�Bass-Unterricht� genommen,�dann�haben�wir�unseren�Büro-kram�gemacht�und�die�Sachen,�die�da�in�Berlin�so�liegengeblieben�sind�über�Jahre.�So�richtig�ums�neue�Album�gekümmert�haben�wir�uns�dann�eigent-lich�so�ein�Jahr�lang,�kann�man�sagen.

Wie anstrengend ist so eine Tour mit den ganzen Presseterminen usw.? Hat man da noch Spaß dabei oder ist das alles eigentlich mehr Stress für Euch? 7�Nee,�das�ist�alles�total�okay�bei�der�Tour.�Also�wenn�da�jetzt�irgendjemand�anfängt�zu�jammern,�dass�das�anstrengend�ist,�dem�sollte�man�gleich�den�Arsch�versohlen.�Wir� sind�hier�mit� drei�Bussen�unterwegs,� ’ner�Riesen-crew,�wir�haben�Catering,�Freunde�von�uns,�wir�kochen�jeden�Tag�—�wir�werden�von�Tag�zu�Tag�fetter�—�wir�schlafen�in�Hotels,�also�da�gibts�Leute,�muss�ich�euch�ja�nicht�sagen,�den�gehts�tausend�Mal�beschissener.�Also�wer�sich�hier�aufregt�über�drei,�vier�Interviews�am�Tag�oder�mal� ’n�Foto�ma-chen�oder�zum�Radio�fahren,�weils�Leute�gibt,�die�sich�für�einen�interes-sieren�—�na�Hallo!�Also�da�bin�ick�weit�davon�entfernt,�mich�darüber�aufzu-regen�oder�das�blöd�zu�finden.�Ich�kann�solche�Leute�nur�verachtenswert�von�‹unten›�herab�angucken,�die�über�Pressearbeit�abgehen.�Also�ich�merk�schon,�dass�es�mehr�geworden�ist�jetzt�durch�die�Nummer�eins,�aber�letzt-endlich��—�ich�mein,�wie�geil,�dass�jemand�oder�ihr�jetzt�mit�mir�reden�wollt,�weil�ich�in�dieser�Band�spiele.�Also�die�Leute�würden�doch�sonst�’nen�Teu-fel�tun,�als�mit�mir�zu�reden.

Wir hätten auch so mit dir gesprochen ,-) 8(lacht)�Ja,�ihr�seid�da�eine�rühmliche�Ausnahme!�Nee,�ihr�wisst�schon,�was�ich�meine.� Ich�sehe�diese�ganze�Pressearbeit�als�Kompliment,�deswegen�kann�man�das�nich�blöd�finden.

Das freut uns! Ihr dürft also eure Freunde mit auf Tour nehmen? Macht ihr dann so eure eigene Party oder wie kann man sich das vorstellen? 9Naja,�nee,�das� ist�mehr�so� im�Laufe�der�Zeit�entstanden.�Also,�die�Cate-ringfirma,�die�wir�haben,�ist�halt�von�’ner�guten�Freundin,�die�seit�mehre-ren�Jahren�dieses�Cateringunternehmen�in�Berlin�hat�und�jetzt�für�uns�mal�kocht.�Auch�die�Crew,�also�die�direkte�Crew�—�die�Backliner,�der�Licht-�und�der�Soundmann�usw.�das� sind�halt� alles�Leute,� die� schon� seit�Ewig-keiten�mit�uns�mitfahren.�Und�das�sind�dann�natürlich�Freunde.�Mit�denen�steht�man�dann�abends�gerne�mal�vorm�Bus�und�trinkt�’n�Bier,�aber�so�rich-tig�feiern�—�da�muss�ich�euch�leider�enttäuschen,�das�passiert�nich�so�wirk-lich.

Also doch schon alt geworden und keine richtigen Rocker mehr? 10(lacht)�Also�dieses�«Sex,�Drugs�&�Rock’n’Roll»�erfüllen�wir�echt�nur�teil-weise.� Wir� haben� zwar� alle� unfassbar� viel� Sex,� aber� mit� Drogen� und�Rock’n’Roll�hat�das,�glob�ick,�nich�so�viel�zu�tun.

Kann man diesen unfassbar vielen Sex auch auf beat tv sehen? 11Nee,� das� is� zu� schmutzig� dafür!� � Nee,� ick� finde,� eine� Band�sollte� auch� immer� sowas� also� nicht� ‹Geheimnisvolles›� haben,� aber� auch�nich�alles�von�sich�preisgeben.�Ick�selber�bin�ja�auch�Fan�von�Bands�und�ick�find�dat�immer�besser,�wenn�man�nich�alles�weiß�und�sich�so’n�paar�Sachen�auch�selber�überlegen�muss.�Muss�man�aufpassen,�dass�man�die�Leute�auch�nich�langweilt�mit�«ach�ja,�guckt�ma,�wir�machen�dies�und�das»,�das�is�dann�nich�so�gut.

Es geht also darum, dass die Fans ein bisschen näher an euch dran sind und nicht, dass euer komplettes Leben dokumentiert wird. Wer hatte denn die Idee mit beat tv? 12Ja,�also�dass�das�so�mit�dem�beat tv�entstanden� ist,� ist�schon�so�auf�un-serem�Mist�gewachsen�mit�den�Jungs�vom�beat tv.�Das�sind�vier�Typen,�die�seit�über�zehn�Jahren�für�mtv�und�andere�Fernsehsender�Sachen�ma-chen,�also�handwerklich�total�am�Start�sind�und�glücklicherweise�zum�Teil�auch�befreundet�mit�uns�sind�und�die�der�Sache�mal�endlich�ein�professio-nelles�Gesicht�gegeben�haben.�Wir�wollten�halt�nich�wieder,�wie�bei�den�letzten�Platten,�mit� ’ner�Handycam�draufhalten�und�dann�so�halbprofessio-nell� immer�ein�paar�Filmchen�ins�Netz�stellen�und�dachten�uns,�nee,�das�kann�man� ja�auch�richtig�machen.� Ja,�und�die� Jungs�vom�beat tv-Team�haben�mittlerweile�auch�richtig�Ideen�und�bringen�sich�da�mit�ein�und�dann�kann�man�so�als�Band�sagen:�«Nee,�will�ick�nich,�schneid�das�ma�raus,�ick�will�nich,�dass�man�mich�da�nackt�sieht»�oder�sowas.� �Was�auch�witzig�is,�einen�von�den�Jungs�kenn�ick�schon�seit�fünfzehn�Jahren.�Der�hat�früher�mal�bei�einer�Hardcore�Band�gespielt,�bei�shortage,�und�ick�hatte�damals�ma�so�’ne�Radiosendung,�so�’nen�Kanal,�und�da�haben�wir�den�ein-geladen�und�jetzt,�fünfzehn�Jahre�später,�steht�der�mit�der�Kamera�vor�mir�und�filmt�mich.� Ja,�das� is�halt� sauangenehm�mit�den� Jungs�von�beat tv,�weil�wir�alle�auf�derselben�Wellenlänge�sind.

Ihr seid ziemlich sozial engagiert und macht auch viele Charity-Aktionen wie junge helden, nimm zwei und so weiter. Wie wichtig ist euch soziale Verantwortung als Band? 13Also,�dass�man�soziale�Verantwortung�hat,�da�bin�ick�immer�ganz�vorsich-tig.�Da�bewegt�man�sich�immer�auf��’nem�Level,�wo�ick�eigentlich�nich�hin-gehöre.�Wenn�jetzt�zum�Beispiel�Herbert�Grönemeyer�von�’ner�sozialen�Verantwortung�spricht,�dann�kann�ick�das�eher�verstehen,�weil�dem�hören�ja�Leute�zu.�Ick�bin�ja�nur�so’n�Typ�von�’ner�Band.�Aber�Fakt�ist�halt,�man�hat�’ne�Außenwirkung�und�man�bricht�sich�ja�nun�echt�keinen�Zacken�aus�der�Krone,�wenn�man�ma�bei�so�’ner�Aktion�mitmacht.�Is�zwar�zeitlich�lei-der�nich�alles�möglich,�aber�nimm zwei�is�zum�Beispiel�ne�Aktion:�ein�Fo-to�machen� dauert� fünf�Minuten,� zehn�Minuten,� keine�Ahnung,� also� da�bricht�man�sich�echt�keinen�Zacken�aus�der�Krone,�das�zu�unterstützen�oder�zum�Beispiel,�wenn�jetzt�auf�Tour�oxfam�vorbeikommen,�die�sich�ja�gegen�Armut�in�der�Welt�aussprechen�und�auch�diverse�Aktionen�starten,�naja�dann�kriegen�die�halt�ne�Ecke� in�der�riesigen�Halle,�können�sich�da�ihren�Stand�aufbauen�und�die�Betreuerin�des�Standes�kann�dann�auch�’nen�Kaffee�bei�uns�beim�Catering� trinken�oder� ’n�Brot�essen,�da�bricht�man�sich�och�keinen�Zacken�aus�der�Krone.� �Ich�finde�halt,�wenn�man�sich�so’n�paar�Sachen�rauspickt,�kann�man�das�doch�jetzt�echt�mal�lo-cker�machen�und�dann�macht�man�das�halt.� �Bei�den�Straßen-zeitungs-Verkäufern�is�das�ähnlich�—�man�kann�zwar�nich�jedem�’nen�Euro�in�die�Hand�drücken,�aber�ick�denk�mir�halt,�auch�wenn�ick�jetzt�kein�Mil-lionär�bin,�aber�ick�hab�immer,�auch�damals�als�Student,�mehr�Geld�als�ein�Obdachloser.�Auch�wenn�das�bloß�ma�nur�’n�Euro�im�Portemonnaie�war,�hab�ick�ihm�das�gegeben�und�hab�früher�immer�gesagt�«Wenn�ick�ma�dasteh�und�dir�geht’s�ma�besser,�dann�hilfste�mir�och�einfach.»

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MITTERNAchTSSPORT

8 s t r e e t m a g �#3������

unter dem �Motto�«Meine�Stadt!�Mein�Verein!��Mein�Projekt!»�holt�seit�nunmehr�vier�Jahren�der�mitternachtssport�im�Berliner�Bezirk�Spandau�mit�dem�nächtlichen�sportpädagogischen�An-gebot� an� jedem�einzelnen�Wochenende,�Freitag�&�Samstag,� in�der�Zeit�von�21�bis�3�Uhr�Hunderte�(Spandauer)�Jugendliche�zu�einer�ungewöhnlichen�und�gefährlichen�Zeit�von�der�Straße�und�bietet�ihnen�an��inzwischen�vier�(!)� Standorten� bzw.� Sporthallen� eine� friedliche� und� sinnvolle,� aber� vor�allem�auch�gewaltpräventive�Freizeitgestaltung�an.�Das�Projekt�mitter-nachtssport� schließt�daher�die�Lücke�der� fehlenden�Freizeitangebote�für�Jugendliche�zur�besagten�Zeit,�vorbeugend�gegen�Gewaltbereitschaft�und�Straffälligkeit.� �Mit�seinen�an�den�Bedürfnissen�der�Teil-nehmer� im�Alter�von�14�bis�27�Jahren�ausgerichteten�Sportarten� (Fußball,�

Basketball,� Selbstverteidigung/Kampfsport,� Streetdance� etc.)� bietet� der� mitter-nachts sport�eine�regelmäßige,�kontinuierliche�und�attraktive�Alternati-ve�zu�den�üblichen,�oftmals�nicht�unproblematischen�sonstigen�Wochen-endaktivitäten�zu�später�Stunde.� �Nicht�zuletzt�wegen�seines�anerkannten�sozialen�Stellenwertes,�vor�allem�hinsichtlich�der�Gewaltprä-vention,�hat�sich�der�mitternachts sport�als�oft�kopiertes�und�modifi-ziertes�Erfolgsmodell�in�der�Jugendarbeit�etabliert.�Durch�Selbst�regulation�innerhalb�der�Sportgruppe�und�die�Beachtung�vereinfachter�Regeln�der�jeweiligen�Sportart�wird�allen�Beteiligten�deutlich,�wie�wichtig�es�ist,�sich�an� Absprachen� zu� halten,� fair� miteinander� umzugehen� und� andere� mit��ihren� individuellen�Fähigkeiten� zu� akzeptieren.�Beim�Fußball�wird� z.B.�gänzlich�auf�einen�Schiedsrichter�verzichtet.�Es�gelten�stets�die�goldenen�Regeln� des� sozialen� Zusammenlebens:� Respekt!� Toleranz!� Fairplay!�

�Der�Erfolg�des�mitternachts sports�liegt�u.a.�im�Charak-ter�eines�‹offenen›�Angebots.�Bei�den�Jugendlichen�geht�es�dabei�in�erster�Linie�um�Spaß�ohne�Leistungsdruck,�bei�den�Organisatoren�um�die�Fort-führung� bzw.� Unterstützung� der� offenen� und� sozialen� Jugendarbeit.�

� Die� große� Besonderheit� des� Spandauer� Projektes� liegt� vor�allem�in�der�Verschmelzung�des�Mediums�Sport�mit�der�intensiven�sozial-pädagogischen�Jugendarbeit.�Der�mitternachts sport spandau�gilt�in�seiner�Form�als�federführend�und�wegweisend�für�alle�ähnlich�geprägten�sportpädagogischen�Angebote�in�der�gesamten�Berliner�Jugendsozialarbeit.�Das�Projekt�wird�vom�im�September�2010�gegründeten�Verein�«Mitter-nachts�Sport� e.V.� —�Verein� für� interkulturelle� Jugendsozialarbeit� Berlin»�umgesetzt.�Der�Verein�entstand�sozusagen�aus�der�praktischen�Projektar-beit�he�raus�und�war�das�Ergebnis�der�erfolgreichen�Umsetzung,�aber�auch�eine�Ant�wort�auf�die�passive�bezirkliche�Jugendpolitik,�die�sich�zwecks�Pro-jektfinanzierung� im� letzten� Jahr� nicht� positionieren� konnte� und� wollte.��Für�die�Vereinsgründung�suchte�der�Projektinitiator�und�Diplom-Sozialpä-dagoge�Ismail�Öner�(33)�ein�Zugpferd,�um�dem�Verein�und�seiner�erfolgrei-chen,�aber�öffentlich�zu�dieser�Zeit�stiefmütterlich�behandelten�und�finan-ziell�nicht�geförderten�Projektarbeit�ein�Gesicht�zu�verleihen.�Ein�Gesicht,�mit�welchem�sich�vornehmlich�die�Migrantenjugendlichen,�die�stark�auf�das�Projekt�ansprechen�(80%�der�Besucher),�sehr�wohl�identifizieren�konnten.

VOM GEwAlT-PRAVENTIONS-PROJEkT zuM VEREIN — EINE BERlINER ERfOlGS- GESchIchTE

[ Die�Website�ist�derzeit�noch�im�Aufbau ][ Spendenkonto:�� Kto:�600�005�43�41� � BLZ:�100�500�00� � Berliner�Sparkasse� Stichwort:� MitternachtsSport�Spandau� Ansprechpartner:� Ismail�Öner� � Tel:�0178–449�66�14� � i.oener@yahoo.de� Hauptstandort:� Sporthalle�der�Bertolt-Brecht-Oberschule� � Wilhelmstraße�10� � 13595�Berlin ]

M i t t e r n a c h t s S p o r tS p a n d a u

VOM GEwAlT-PRAVENTIONS-PROJEkT zuM VEREIN — EINE BERlINER ERfOlGS- GESchIchTE

gesucht! gefunden! �Das�Gesicht� trägt�den�Namen�Boateng,�Vorname:� Jérôme,�Beruf:�Fuß-ballstar�aus�Berlin�mit�Wurzeln�in�Ghana,�er�gehört�zum�Stammpersonal�der�deutschen�Fußballnationalmannschaft�und�war�WM-Teilnehmer!�Den�Kontakt� zu� dem�Nationalspieler� vermittelte� seine� Spandauer� Lebensge-fährtin�Sherin�Senler,�welche�Öner�aus�seiner�pädagogischen�Tätigkeit�in�der�Spandauer� Jugendfreizeiteinrichtung�SportJugendClub�wildwuchs�kannte.�Als�Jugendliche�ging�sie�hier�häufig�ein�und�aus.�Am�ersten�gemein-samen�Treffen�konnte�Öner�Boateng�schnell�von�der�Idee�und�dem�Projekt�mitternachts sport�begeistern.�Boateng�war�sofort�bereit,�die�Schirm-herrschaft�für�das� inzwischen�berlin-,�aber�auch�deutschlandweit�renom-mierte�Projekt�zu�übernehmen�und�einen�gemeinsamen�Verein�für�junge�Menschen�zu�gründen.�Ein�Gesicht�war�gefunden,�welches�mehr�als�nur�maßgeschneidert�ist:�jung,�männlich,�Migrant!

sensationelle erfolge �Das�Projekt�mitternachts sport spandau� hat� im�März� 2010�den�be-zirklich� hochangesehenen� Spandauer� Integrationspreis� für� seine� Arbeit�und�Bemühungen� in�diesem�gesellschaftlich�relevanten�Bereich�erhalten.�Im�Dezember�2010�kürte�der�Deutsche�Fußball�Bund�(DFB)�bzw.�die�Deut-sche�Fußball�Liga�samt�der�Bundesliga-Stiftung�den�spandauer�mitter-nachts sport�zum�besten�Jugendprojekt�Berlins.�Der�Erfolg�spiegelt�sich�auch�in�Zahlen:�in�den�letzten�vier�Jahren�wurden�an�ca.�235�(!)�Veranstal-tungstagen�etwa�25.000�Jugendliche�(!)�erreicht.

zahlreiche perspektiven �Das� Projekt� mitternachts sport spandau� ist� inzwischen� ein� unver-zichtbarer� Teil� der� bezirklichen� und� der� Berliner� Jugendsozialarbeit� ge-worden.�Der�Verein�verfolgt�mit� seinem� interkulturellen�Ansatz� jedoch�ebenso� das� Ziel,� aus� dem� Angebot� des� mitternachtssports� heraus�weitere�wichtige�gesellschaftlich�relevante�Themen�wie�Integration,�Mig-ration,�Rassismus,�Diskriminierung,�Zivilcourage,� Suchtprävention� etc.�aufzugreifen�und�gemeinsam�mit�den�Jugendlichen�neue�weitere�und�inter-essante�Projekte�zu�initiieren.� �Das�zweite�große�Projekt�des�Vereins�ist�im�Februar�dieses�Jahres�angelaufen�und�trägt�den�Namen�«Setz’�auf�Dich�selbst!»;�ein�Projekt�bzw.�eine�Kampagne�zur�Bekämpfung�und�Prävention�von�Glücksspielsucht�bei�Jugendlichen.� �Mit�dem�Spandauer�Manuel� Schmiebach,� Bundesliga-Shootingstar� der� abgelaufe-nen�Saison�von�hannover 96,�steht�seit�Anfang�Mai�ein�weiterer�promi-nenter�Mitstreiter�dem�Projekt�und�dem�Verein�bei.�Weitere�Fußballpro-fis� aus� dem� Umfeld� Boatengs� und� Schmiedebachs� werden� mit� großer�Wahrscheinlichkeit�folgen.� �Mit�hertha bsc�wird�in�diesem�Jahr�noch�ein�Kooperationsvertrag�in�die�Wege�geleitet�und�mit�der�Bun-desliga-Stiftung�und�der�DFL�bzw.�dem�DFB�stehen�dem�Spandauer�Pro-jekt�weitere�starke�Partner�zur�Seite.� �Wenn�auch�das�Projekt�mitternachtsport spandau�nach�langem�Kampf�derzeit�und�bis�Ende�2014�aus�dem�Stadtentwicklungsprogramm��aktionsraum plus�finanzi-ell� gefördert� wird,� sind�weitere� angemessene� Finanzierungsgrundlagen�unabdingbar,�um�das�Projekt�und�die�weiteren�Pläne�der�Vereinsarbeit�um-zusetzen,�auszubauen�und�zu�verstetigen.�Um�den�mitternachtssport�und�weitere�Hilfsangebote�bedürftigen�und�gesellschaftlich�teils�stark�aus-gegrenzten� jungen�Menschen�weiter�zu�offerieren,�bittet�der�Verein�um�persönliche�sowie�finanzielle�Unterstützung.�

jérôme boateng und ismail öner

f.c. lIVERPOOl VS. MANchESTER cITY

Jérôme Boateng hatte 20 Jugendliche des mitter nachts­sport e.v. im April nach liverpool einge laden, um haut-nah bei dem Spiel manchester city gegen liverpool dabeisein zu können!

Zwanzig Spandauer (Migranten & Atzen) gemeinsam als gelade -ne VIP-Gäste im Liverpooler Anfield Stadion zum Spiel ge-gen manchester city — das nenne ich Integration! Wie kommts?

Jérôme�Boateng,�Nationalspieler�und�derzeit�bei�manchester city�unter�Vertrag,� zahlte� die� Reise� plus� Unterkunft� im� Epstein-Haus� (hier� wurden��

die�Beatles�erfunden)�für�eine�Jugend-Gruppe�seines�mitternachtssport e.v.�Korrekte�Nummer,�finden�auch�die�Jungs.�Treffpunkt�Bahnhof�Span-dau,� nach� Schönefeld� zum� Flughafen,� ein� Tag� Liverpool� und� zurück!�

�Ankunft�=�Umdenken:�Zuerst�nach�rechts�schauen!�Englische�Straßen�—�hier�kann�man�überfahren�werden,�wenn�man�nicht� aufpasst!�Und�das�Englisch�ist�nicht�das�Englisch�aus�meiner�Schulzeit,�das�Pfund,�schräge� alte�Taxen!�Direkte�Fahrt� zum�Hotel� in� die�Anfield�Street,� das�Spiel� beginnt� zeitnah.� �Die� Straßen� sind�kaputt,� die�Häuser�wirken�am�Stadion�wie�Baracken,�viele�Fenster�sind�mit�Holzlatten�und�Brettern�zugezogen.�Es�herrscht�eine�unbehagliche�Atmosphäre�direkt�in�der�Fußsperrballzone�—�soziale�Armut�ist�hier�direkt�sichtbar�und�im�Stadi-on�ums�Eck�werden�Millionen�mit�Fußball�erwirtschaftet!�Strom-Oberlei-tungen�an�den�Straßen,�man�kann�die�Spannung�des�Stroms�direkt�hören.�Echt� Zweiter-Weltkrieg-Stimmung.� Selbst� das� Beatles-Haus� ist� eine� Ju-gendherberge�mit�Feldbetten�und�Pub,�das�heißt,�im�Brian�Samuel�Epstein�Hostel�finden�sich�alte�Säufer�und�Fußballfanatiker�gepaart�mit�alternden�Tresenfrauen.� � Uns� wird� geraten,� nichts� Blaues� zu� tragen!�Überall� ist�Polizei�mit� großen�Hüten� auf�Pferden!�rot�wird� direkt� von�blau� getrennt.� Die� Stimmung� im� Stadion� ist� sensationell:� alle� singen,��keine�Zäune,�statt�dessen�direkte�Sicht�aufs�Feld,�das�ist�wahre�Fankultur�und� echte� Liebe� zum� Fußball.� Diese� Inselmenschen� und� der� englische�Fußball� sind� echt� eine� andere�Nummer.� �rot� schlägt� heute�blau.� 3:0�Halbzeitstand,� auch� Endstand:�Alle� drei� Tore�waren� für� uns�Spandauer�direkt�hinter�dem�Tor�zu�sehen.�Besser�gehts�nicht!�Leider�sind�wir�im�falschen�Fanblock.�Die�Mannschaft�von�Boateng�verliert.�Uns�juckt�es�nicht�—�wir�machen�unsere�Party�direkt�hinter�dem�Tor�mit�den�betrun-kenen�und�zu�Recht�wütenden�City�Fans�mit�ihren�skurril�zerbeulten�Vi-sagen,�Piraten,�würde�man�meinen.�Die�Edin�Dzeko-Family�ist�auch�dabei.�Yugo-Connection�everywhere.� �Nach�dem�Spiel� ist�klassisch�vor�dem�Spiel,�aber�etwas�Richtiges�zu�essen�gibt�es�in�Liverpool�anschei-nend�echt�nicht.� �Gesucht�und�gelaufen�wurde�ohne�Ende,�also�

wie� gewohnt� auf� zum� kurdischen� ‹Nevroz›-Dönerladen� —� irgendwie� ist�überall�ein�bisschen�Spandau!� �Ein�Tag�Jetset�&�wieder�zurück!�Danke,�Jérôme�Boateng�&�Ismail�Öner.� �P.S.�Die�Bullerei�war�natürlich�Thema.�Aber�das�ist�eine�andere�Story.�Peace,�der�Yugo-Aleks!�

20 SPANDAuER VS. lIVERPOOl ThE REDS

bericht

einer

reise

Vielen�Dank�an�die�Sponsoren:

[ www.geniusartcorp.de� ]

Keiner�behauptet,�es�sei�okay,�fremdes�Eigentum�zu�beschmieren,�dies�je-doch�mit�einem�‹Schwerstverbrechen›�gleichzusetzten,�ist�es�genauso�we-nig.�1994�wurde�die�Anti-Graffiti-SOKO�namens�GIB�ins�Leben�gerufen.�1995�war�Jörg�Schönbohm�der�Meinung,�‹Graffiti›�vernichten�zu�können,�indem�er�allen�Kindern�und�Jugendlichen�in�Berlin�die�legalen�Sprühwände�entzog,�dabei�hätte� er�doch�wissen�müssen,�dass�man�auf�diese�Art� erst�recht�Kriminalität�und�Jugendgewalt�schürt.�Wohin�sollen�die�Kinder�denn�gehen,�wenn�sie�nicht�einmal�mehr�an�ihren�Jugendheimen�sprühen�dürfen,�wo�dies�immer�als�legal�galt�und�wo�sie�nun�als�Straftäter�gesehen�werden?�

�Meiner�Meinung�nach�wusste�Herr�Schönbohm�ganz�genau,�was�er�tat:�Die�Jugendkriminalität�( Jugend-�und�Ausländerkriminalität)�in�Berlin�in�die�Höhe�schießen�zu�lassen,�um�sicherzugehen,�dass�sich�seine�Karriere�auch�so�entwickelt,�wie�er�sie�für�sich�geplant�hatte,��nämlich�1996�Innen-senator�Berlins�und�schließlich� 1999�Innenminister�des�Landes�Branden-burg�zu�werden�.�And�the�story�goes�on�…�Seitdem�wurde�keine�Kreativi-tät�und�Kultur�im�Bereich�moderne�Kunst�(GRAFFITI)�gefördert,�sondern�stattdessen�wurden�Tausende� von�minderjährigen�Kindern� und� Jugend-lichen�zu�Kleinkriminellen�degradiert.� �Graffiti gibt es auf der ganzen Welt und selbst unsere besten Politiker sprühten bereits Parolen an die Wände!!!� �Kinder�aus�weniger�reichen�Gegenden�der�Welt�werden�durch�Kreativität�nicht�kriminell,�sondern�entkriminalisiert,�was�jedoch�nun�in�eine�komplett�falsche�Richtung�läuft.�Durch�die�immens�hohen� Strafen,� die� für� Graffiti-Malerei� angesetzt� wurden,� wurde� ledig�-lich�eine�noch�größere�Kluft�zwischen�Arm�und�Reich�geschaffen.�Wäh-rend�Kinder�reicher�Eltern�‹freigekauft›�werden�können,�hat�der�Rest�ein�Leben� lang�mit�den�Zahlungen�zu�kämpfen.�Dabei� ist� es�doch�Sinn�und�Zweck�einer�kreativen�Beschäftigung,�zu�lernen,�selbst�etwas�zu�erschaf-fen�und�anerkannt�zu�werden.�Und�zwar�ohne�Gesellschaftszwänge�oder�sich�mit�Geld�definieren�zu�müssen,�und�ohne�dass�es�eine�Rolle�spielt,�wel-che�Voraussetzungen�einem�das�eigene�Zuhause�mit�auf�den�Weg�geben�kann.� In� der�Kunst� respektieren� sich� reiche� und� arme�Kinder� aufgrund��ihrer� Fähigkeiten,� und� nicht� anhand� materieller� Statussymbole,� denn��niemand� kann� sich� seine� Ideen� kaufen.�Man� hat� sie� oder� hat� sie� nicht.�

�Dies alles ist ‹Kultur›. Moderne Kunst, ob man sie versteht oder nicht, ist da und wird immer da bleiben.� �Man�sollte�sich�genau�überlegen,�wieviel�uns�unsere�Kinder�wert� sind.�Meine�Meinung:�Förderung�statt�ein�Gesetz�einzuführen,�welches�Kinder�schlimmer�daste-hen� lässt�als�Kinderschänder!�Schließlich�kommt�die�Polizei�nicht�gleich�angefahren,�wenn�jemand�anruft,�weil�sich�ein�Mann�verdächtig�auf�einem�Spielplatz�verhält,� aber�wird�ein�kleiner� Junge�mit�Rucksack�beim�Rum-schleichen�gesehen,�wird�ihm�gleich�das�SEK�(Sondereinsatzkommando)�an�die�Fersen�gehaftet�und�unser�super�Antigraffiti-Helikopter�kommt�auch�noch�zum�Einsatz!�Nur�weil�Kinder�und� Jugendliche�nicht� ihre�eigene�Lobby�bilden� können??!!� � Die� Politiker� sollten� sich� ernsthafte� Ge-danken�machen.�Jeder�weiß,�dass�es�ärgerlich�ist,�eine�beschmierte�Haus-wand�jeden�Monat�zu�reinigen,�aber�dafür�wurde�die�‹Anti-Graffiti-Paste›�erfunden.�Chemie�zu�unterstützen�ist�zwar�scheiße,�jedoch�in�diesem�Fall�ein� wirksamer� Schutz,� weil� Sprayer� diese�Wände� meiden.� �Anstatt�Leben�zu�zerstören,�sollte�man�es�fördern!�Die�wirkliche�Gefahr�geht�nicht�von�Kindern�und�Jugendlichen�aus.�Talentwettbewerbe�anstatt�Gerichtshilfe!�Hinter�den�Statistiken�stehen�junge�Leben,�die�unsere�Zu-kunft�sind,�ob�die�Gesellschaft�das�will�oder�nicht.�Man�kann�nicht�etwas�«ausrotten»,�was�ein�Teil�unserer�Kultur� ist.�Wenn�man�sich�unsere�Stra-ßen�genauer�anschaut,�kann�man�sehen,�dass�aus�Protest�eher�noch�mehr�beschmiert�wurde!� �Rettet unsere Kultur – gebt die Wände frei (peace 2 Stöbele :-) )!!!� �Nur�so�kriegt�man�die�Kinder,�die�un-ser�Erbe�sind,�von�der�Straße�und�in�die�offizielle�‹Gesellschaft›.�

RETTET uNSERE kulTuR — GEBT DIE wANDE fREI !!!

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VISIBlE wAll

13.8.1961 — 9.11.1989 Die� Mauer� als� Symbol� der� fried-lichen�deutschen�Revolution.� �Die�Bedeutung�der�Mauer�als�Symbol�dafür,�dass�es�möglich�ist,�eine�totalitäre�Trennung�auch�friedlich�zu�überwinden�—�als�zeitloses�Symbol�des�Freiheitswillens�—�wird�in�der�ganzen�Welt�verstanden.�Viele�Gäste�Berlins�machen�sich�tagtäglich�auf�die�Suche�nach�den�wenigen�verbliebenen�Relikten�der�betonhaften�Über-reste�des�‹eisernen�Vorhangs›�zwischen�den�Blöcken�des�Kalten�Krieges.�

�Für�die�Menschen�in�heutigen�Konfliktregionen�der�Erde�ist�und�bleibt�die�Berliner�Mauer�ein�Hoffnungszeichen:�Was�den�Deutschen�1989� friedlich� gelang,� kann� überall� gelingen.� Kein� Regime� dieser� Erde�kann�auf�Dauer�gegen�den�freien�Willen�seiner�Bürger�bestehen.� �visible wall� vertreibt� in�Zusammenarbeit�mit� führenden�Mauerkünst-lern�ausgewählte�Exemplare�der�originalen�Berliner�Mauer�für�Sammlung-en�und� Institutionen.�Ein�Konvolut�von�originalen�T-�und�L-Elemen�ten�steht�Dank�der�langjährigen�kuratorischen�Arbeit�der�luxpopart-group�auch�heute�noch�der�Öffentlichkeit� zur�Verfügung.� �Aktu��ell�arbeiten�ausgewählte�Künstler�wie�z.�B.�Thierry�Noir,�James�Rizzi,�Alban�Seyboth,�Kiddy�Citny�und�Jakob�Wagner�an�den�Mauerstücken.�Ab�Au�gust�können�die�Mauer-Werke�von�visible wall� bei� der� großen�Eröffnung�des�Freedom�Parks�an�der�Uferpromenade�des�Nhow�Hotels�(Stralauer�Allee�

3.�10245�Berlin)�bewundert�werden!12 s t r e e t m a g �#3�����

Interview mit Patrice Lux von der luxpopart­group

Die Berliner Mauer als Leinwand für Künstler – wann fing das an, dass die Mauer bemalt wurde? 1Die�Berliner�Mauer�war�zu�Westberliner�Zeiten�das�größte�Display�wo�sich�kreative�Köpfe�zum�Ausdruck�bringen�konnten�bzw.�als�die�Berliner�Mauer�noch�intakt�war,�war�sie�nicht�so�beachtet,�aber�dennoch�gab�es�Ver-einigungen�von�jungen�Leuten,�die�der�Mauer�zugesetzt�haben�—�in�dem�Fall�mit�Farbe.�Vor�allem,�als�die�Graffiti-Welle�aus�Amerika�kam�und�die�Leute�inspiriert�wurden,�große�Bilder�zu�malen,�fing�das�an.�Mit�«große�Bilder»�meine� ich�200–300�Meter�Bilder.�Einer�der�ersten�Künstler�war�Keith�Haring,�der�nach�Berlin�kam,�um�als�New�Yorker�PopArt�Künstler�die�Mauer�mit�seinem�«Freiheitswillen»�zu�gestalten.�Nach�dem�Fall�der�Mauer�ging�das�Interesse�an�der�Mauer�verloren.�Aber�nicht�für�uns,�da�wir�mit�der�Mauer�gelebt�und�gearbeitet�haben.�Wir�haben�uns�dann�unsere�Mauerstücke�gesichert.

Wie habt ihr das angestellt? So ein Mauerstück kann man ja schließlich nicht mit einem Auto hin und herfahren. 2Ein�Mauerstück�wiegt�etwa�2,8�Tonnen.�Das�geht�nur�mit�Schwertrans-porten,�also�auch�wenn�wir�verkaufte�Mauerstücke�zu�den�Käufern�brin-gen.�Wir�haben�uns�damals�an�eine�Baufirma�gewandt,�die�für�die�Bebau-ung�des�Potsdamer�Platzes�zuständig�war,�und�im�Zuge�dessen�sehr�viele�Mauerstücke�zur�Selbstverwendung�gebunkert�hatte.�Wir�sind�über�Jahre�hinweg� an� diesen� Mauerstücken� drangeblieben.� Die� Verwendung� der�Mauerstücke�für�die�Baufirma�war,�Baustoff-Boxen�zu�stützen.�Man�muss�sich�riesige�Boxen�vorstellen,�gestützt�von�Berliner�Mauerstücken.�Und�diese�Mauerstücke�haben�wir�dann�gekauft�und�sie�zu�uns�transportieren�lassen.

Wer kauft so ein bemaltes Berliner Mauerstück? 3Da�ist�hauptsächlich�ein�öffentliches�Interesse�dahinter.�Es�gibt�auch�hin�und�wieder�Privatsammler,�die�sich�ein�Mauerstück�leisten.�Wir�vergeben�manchmal�Mauerstücke�für�wohltätige�Zwecke,�die�werden�dann�verstei-gert�und�der�Erlös�kommt�verschiedenen�Stiftungen�zugute.�Die�Mauer�ist�ein�historisches�Mahnmal,�das�darf�man�nicht�vergessen.�Insofern�verkau-fen�wir�History.

[ www.visiblewall.com ][ �Für�alle�die�sich�ein�Mauerstück�in�Originalgröße�

nicht�leisten�können,�gibt�es�Miniaturmodelle�(1:25)�

aus�rosenthal-Porzellan ]

V i s i b l eW a l l

?!

E d w i n�C a s t a n e d a

�[ www.facebook.com/skafdesignz ]�edwin castaneda Künst-ler�name� skaf,� aufgewachsen� in� Staaken,� Berlin-Spandau� (einem� der�

kriminel�lsten� Stadtteile�Berlins).� � «Ich�bin� 1991� in�Berlin� geboren.�Zu�meiner�Nationalität:�also�meine�Mutter�ist�Türkin�und�mein�Vater�kommt� aus� Peru,� ich� selber� habe� zur� Zeit� einen� Staatenlosenpass.�

� Ich� fotografiere� seit� knapp� 1–2� Jahren,� seitdem�mein�Vater�mir�eine�Spiegel�reflexkamera�geschenkt�hat.�Eine�bestimmte�Richtung�oder� so�habe� ich�beim�Fotografieren�nicht,� ich� fotografier� alles�Mög-liche,�was�mir�vor�die�Kamera�kommt�wenn�ich�unterwegs�bin�…»

doro petersen studierte� in� Berlin,�Bilbao� und� Barcelona� und� wohnt� und� arbeitet� in� Berlin-Wedding.� Auf�ih�ren�Wegen� sammelt� sie� die� verschiedensten� Fundstücke,� die� sie� zu�farbenfrohen�Collagen�und�Scherenschnitten�verarbeitet.� Ihre�Lieb�lings-straße�in�Berlin�ist�die�Manteuffelstraße.

D o r o�P e t e r s e n

�[ www.doropetersen.com ]�

F r a n z iM a r t i n

��Streetart�IST�

ÜBER�das�LEBEN��

kUNSt�gibt�ES�überall� �für�streetart�ist�der�EINtritt�FREI.�

SIE�DOKUMENTiert

während�WIR�UNS�durch�die�STADT�beWEGEn

SIE�schließt�JEDEN�mit�EIN

STREETart�IST�ROMAntisch

in�jedem�KÜNSTLER�ein�TRÄUMEr�der�ZWEILFELt

dass�das�das�das�das�das�das�LEBEN�ist�

SIE�verMUTen

ES�gibt�mEHR

SIE�nehmen�sICH�die�FREIheit�SPUREN�zu�hinterlassen

LEBENszeichen�

bLEIBen�sie�in�den�KÖPFEn�sICH�SELBST�überlassen�� ���

��BERLIN�IST�unter�deinen�füssen�unendlICH��

die�STADT�PULSiert� �unUNTERbrochen�

an�JEder�ecke�kann�dICH�allES�erwARTen�

häuser,�bahnhöfe,�müllcontainer,�haltestellen��

SIE�stehen�SCHWEIGENd�

bis�der�zahn�der�ZEIT�sie�knackt�

wir�ATMEn�

ES�IST�UNS�unmöglICH�zu�schweigen�

WIR�LIEBEn�

das�LEBEn�

ES�IST�von�NATUR�aus� �kreativ�

STREETART�hat�kEINe�fESten�regeln�

was�haften�bLEIBt�ob�im�GEIST�oder�an�den�WÄNDEn�

IST�herausRAGEND�

von�JEDEM�für�JEDEN�

EINe�provokation�

eine�INSPIRATIOn�

SIE�IST�das�was�DU�in�ihr�siehst�

EIN�wholeTRAIN�auf�sEINem�WEG�lässt�mEINen�GEIST�die�STADT�schmecken�

verEINzelte�LEUCHTENDe�TAGe�

auf�die�NATUR�bLEIBt�verlass�

sie�erBLÜHt�

im�FRÜHling�IST�ES�LEICHTer�

über�schlagzeilen�hinwegzusehen� ��zuversICHtlich�zu�bLEIBen�

unter�FREIem�HIMMEL�zu�schlafen�

kann�JETZT�wieder�SPASS�machen�

L i l i t h � L o c o

STREETART

19 s t r e e t m a g �#3������

uRBERlIN

urberlin�ist�urban�(urbn).urberlin�ist�kunst�zum�tragen.urberlin�ist�Stadt�auf�der�Haut.

Exklusive�Designs�von�Berliner�Künstlern,�deren�Kunst�sich�auch�außer-halb�ihrer�Ateliermauern�manifestiert.�Diese�Kunst�in�all� ihren�Facetten�tragbar�zu�machen,� ist�die�Idee�von�urberlin.� �Es�entsteht�limitierte� Street� Couture,� die� Kunst� Berlins,� gebannt� auf� hochwertige�Produkte.�Made�in�Berlin.� �urberlin�ist�Leinwand�und�Me-dium� zugleich� und� deren� Träger�werden� zu� Botschaftern� dieser� Kunst.�

�«urbn�Art»�ist�kreativer�Ausdruck�im�öffentlichen�Raum�und�darüber�hinaus.� �urberlin�bietet�diesen�Künsten�eine�neue�Plattform� und� ist� somit� Label� und� Agentur� in� einem:� � für�Künstler�sowie�für�Style-Orientierte,�die�hier�Außergewöhnliches�finden�und�gleichzeitig�Gutes�tun�können.�Denn�langfristig�soll�die�Geburtsstätte�der�Urban�Art,�die�Straße,�von�dem�Gewinn�ebenso�profitieren,�wie�die�Marke� selbst.�urberlin�will� von� zukünftigen�Erlösen� pro� verkauftem�Artikel� soziale� Projekte� in� Berlin� unterstützen.� � In� diesem�Sinne�heißt�«Kunst�tragen»�auch�Farbe�bekennen.

teppichträume� lädt� alle� Künstler� ohne� Rücksicht� auf� die� Kunstform�zum�offenen�Graffiti�Contest�ein!�( Jeder�angemeldete�Teilnehmer�erhält�gegen�eine�

kleine� Kostenpauschale� seinen� persönlichen� Teppichtraum!)� � Sinn� des�Contests�ist�es,�eine�Plattform�zu�errichten,�die�eine�Win-Win-Situation�schafft.� Die� Künstler�werden� an� den�Verkäufen� der� Teppiche� beteiligt.�Die� Teppiche� werden� in� verschiedenen� Galerien� und� ausgewählten� Ge-schäften�ausgestellt.� �Die�Teppichkunstwerke�können�online�bewertet�werden.

TEPPIchTRAuME[ www.teppichtreaume.webnode.com ]

w e i t e r e�I n f o r m a t i o n e n

[ www.urberlin.de ]

20 s t r e e t m a g �#3������

fortsetzung folgt ...�[ www.vom-fainztn.de ]�

PETER MISSING

22 s t r e e t m a g �#3������

Peter (Künstler, Poet, Musiker und Aktivist) wurde in der Bronx in New York City geboren.� �Sein Zeichen, ein umgedrehtes Martiniglas mit drei durchgestrichenen Linien, bedeutet: «party’s over» (die Party ist

vorbei), war überall in der Lower East Side zu sehen, oft zusammen mit Slogans gegen Hausbesitzer, Gentrifizierung, Polizeibrutalität, Unter-nehmen und für die Umwelt. Das Symbol wurde eigentlich für die 1980 von Missing gegründete Band drunk driving entworfen und sym-bolisiert inzwischen den Verfall unseres Planeten mit der Aufforderung, endlich etwas Neues zu beginnen. Es ist Zeit für eine Veränderung!

�1984,�während�er�in�Hamburg�lebte,�gründete�Peter�Missing�die� einflussreiche� Underground� Industrial-Band� missing foundation�und�brachte�sie�1985�mit�neuen�Mitgliedern�in�die�USA.�Der�Band�haben�über�die�Jahre�20�Mitglieder�angehört.�Der�Name�stammt�von�der�ostdeut-schen�Polizeieinheit,�deren�Aufgabe�es�war,�Menschen�aufzuspüren,�die�nach�Westdeutschland�fliehen�wollten.�Bei�seinen�Auftritten�zündete�sich�Missing�als�Teil�der�Performance�manchmal�selbst�an.�Die�Band�veröffent-lichte�fünf�Alben�mit�Restless�Records�in�L.A.,�darunter�your house is mine,�welches�1988�von�der�New�York�Times�zum�Rockalbum�der�Woche�ernannt�wurde.� �Peter�malt�bereits�seit�30�Jahren.�Seine�Werke�wurden�in�über�30�Museen�in�den�USA�und�Europa�ausgestellt,�darunter�The�Museum�of�Modern�Art,�The�Whitney�Museum�of�American�Art,�The�Getty�Institute�und�dem�Stadtmuseum�Berlin.�Momentan�verkauft�er�seine�Gemälde�in�seiner�Galerie�Conto�Gallery�im�Kunsthaus�Tacheles�in�Berlin.� �Peter�arbeitete�viele�Jahre�beim�Film�als�Bühnenbild-ausstatter�für�das�RTL-Fernsehen,�Studio�Hamburg.�Missing�lebt�derzeit�in� Berlin,�wo� er� sich� hauptsächlich� auf� die�Malerei� und� die� Produktion�elektronischer�Musik�konzentriert.�Peter�unterrichtet�Kunst�und�ist�sehr�engagiert�in�Kunstgemeinschaften,�egal,�wo�er�sich�gerade�aufhält.� �Aktuelle�Werke�sind�erhältlich�in�der�Galerie�im�Kunsthaus�Tacheles.

[ www.Kunsthaus-Tacheles.de ][ Oranienburger�Straße�54–56a� Berlin–Mitte ]

K u n s t h a u sT a c h e l e s

P e t e r�M i s s i n g�

[ www.petermissing.de ]�[ www.humanityrecords.de ]

F r a n z iM a r t i n

ART�MUST�BE�REDEFINED�/�IN�ORDER�TO�STAY�ALIVE�/

OUR�LANDSCAPES�HAVE�BECOME�TOO�TYPICAL�/

IN�LINE�WITH�THE�PAST

BACK�TO�THE�BEGINNING�TO�TRIBALISM

THE�SIRENS�BLARE�INTO�EACH�OTHER

LISTENING�TO�A�PAINTING

CIVILIZATION�BEFORE�EVERYTHING�WAS�GIVEN�A�LABEL

MATERIAL�OBJECTS�DON’T�CHANGE�ENOUGH

THEY�CONVINCE�OR�CONDITION�THE�VIEWER

TO�SEE�SHAPES�IN�ONE�LIGHT

EVEN�A�SQUARE�GUITAR�WOULD�BE�MORE�INTERESTING

� �

�� TAKE�AN�OBJECT

�� CLOSE�DOWN�YOUR�THEORIES�

�� BLOCK�OUT�ANY�CONCEPTION�

�� YOU�HAVE�OF�THE�WORLD

NOW�—�RESTRUCTURE�/�RECREATE

RIP�PARTS�AWAY�/�BURN�DIFFERENT�SECTIONS

INVISION�THE�SOUND�/�FROM�ZEN�TO�A�FRAME�

LOOK�DEEPER�INSIDE�/�THE�MEANING

IT’S�MADE�TO�FOOL�THE�EYE�/�DISTORTED�IN�IMAGE�

A�NONFUNCTIONAL�BEAUTY

A�DISFUNCTIONAL�PAINTBRUSH

PLAYING�WITH�THE�MIND

TERRORISM�OF�THE�SUBCONSCIOUS

IN�A�FIELD�OF�UNKNOWN�TERRITORY

ALWAYS�PROVOKING�ANOTHER�THOUGHT�PATTERN

RUBBER�INNERTUBES�TURNING�THE�MOOD�

INTO�A�METAL�SURFACE

AIR�AND�LIGHT�ANGLED�FOR�A�NEW�FOCUS

LIKE�SOMEONE�COMING�BY�AND�TURNING�THE�CAMERALENS�/

WITH�ALL�ELEMENTS�MINIMAL�/

TO�AVOID�CONFUSION�/�SPIRIT�OF�EXPRESSION�/

DRIVEN�TO�THE�POINT.��

b y � P e t e r � M i s s i n g

INTRODucTION

ASTRONAuTes� ihm.�Der�Astronaut�hat� etwas� in� ihm�verändert.�Er� ist� ihm�unter�die�Haut� gefahren� wie� diese� Insekten� in� den� schlechten� Science-Fiction-�Filmen,�die�er� früher�hin�und�wieder� im�Kino�gesehen�hat.� Immer�dann,�wenn�er�eigentlich�in�der�Schule�sein�sollte.�Lehrer�oder�Aliens.�Am�Ende�ist� der�Unterschied� ohnehin� nicht� groß.� Und�was� hätte� ihm� die� Schule�schon�beibringen�sollen,�das�er�nicht�auch�im�dunklen�Kinosaal�hätte�lernen�können.�Was�nütze�ihm�Dezimalrechnung,�hat�er�immer�gesagt,�wenn�die�grünen�Besucher,�Gesichter�voller�Tentakel,�auf�die�Erde�kommen,�um�die�Menschheit�zu�fressen.�M.�jedenfalls�wird�vorbereitet�sein.�Er�hat�genau�hingeschaut,� kennt� ihre� Schwachstellen.�Er�wird� ihnen�mit� einem� alten�Düsenjäger�einfach�direkt�in�den�Lichtstrahl�fliegen,�das�Mutterschiff�zu-rück�ins�All�schicken.�Mit�einem�Gruß�wie�eine�Punchline.�Hasta�la�vista.�Irgendwas�arniemäßiges�halt.�Ohnehin:�Arnie,�geiler�Typ,�findet�M.�Da-rüber�gibt�es�nicht�viel.� Jetzt,�da�Chuck�Norris�ein�Wiedergeborener� ist,�eigentlich�nur�noch�Bruce�Willis.�Das�ist�der�letzte�Actionheld.�Natürlich�auch�wegen�stirb langsam,�blutverschmiert�im�Tanktop,�das�hatte�was.�Mehr�aber�noch�wegen�dieser�einen�Szene�in�armageddon,�als�er�allein�auf�dem�Asteroiden�zurückbleibt,�um�den�zukünftigen�Mann�seiner�Toch-ter�zu�retten.�Das�ist�wahres�Heldentum.�stirb langsam�als�Mondlandung.�Kein�Wunder� also,� dass� es� ein�Astronaut� sein�musste,� der� ihn� aus� dem�Gleichgewicht�gebracht�hat.�Astronauten�hatten�es�M.�eben�schon�damals�

schuld an allem� ist�der�Astro-naut.�M.�steht�am�Potsdamer�Platz,�direkt�neben�der�grünen�Ampel,�die�hier�nicht�den�Verkehr�regelt,�dafür�aber�den�historischen�Bezug,�und�be-obachtet� die�Touristen,� die� an� ihm�vorbeiziehen,� die�Anzüge�und�Früh-lingskleider� mit� großen�Warenhaustüten� in� frisch� manikürten� Händen,�Menschen,�in�deren�unmittelbarer�Umgebung�die�Luft�so�klar�ist�wie�sonst�nur�über�einem�frisch�eingegossenen�Glas�Mineralwasser,�säuberlich�und�bedacht� dekolletierte� Ibizabräune.�Kaffeehauslächeln.�Kein�Ort� könnte�ihm�fremder�sein.�Er�blinzelt�in�die�Sonne�oder�vielmehr�in�die�kaleidosko-pische�Reflexion�einer�Sonne�in�den�Fenstern�der�Bürogebäude.�Kein�Ort,�an�dem�er�sich�kleiner�fühlen�könnte.�M.�greift�in�seine�Hosentasche,�seine�Finger� umklammern� ein� Stück�Kreide,� langsam� gleiten� sie� über� die� un-ebene�Oberfläche,�tasten�nach�den�winzigen�Kerben,�wie�um�sich�daran�festzuhalten.�M.�sucht�Halt.�Er�wird�hektisch.�Panik.�Ich�habe�hier�nichts�verloren,� denkt� er� und� seine�Finger� schließen� sich� enger�um�die�Kreide,�weiß�wie�ein�Tag�am�Meer,�sie�liegt�wie�eine�Waffe�in�seiner�Faust.�Keine�Schusswaffe,�eher�ein�Dolch.�Auch�du,�mein�Sohn.�Ein�Schweißtropfen�rinnt�ihm�über�die�Stirn,�M.�zittert,�der�Schweißtropfen�zerplatzt�mit�dem�Geräusch� einer�Wasserbombe� auf� dem�Asphalt.� � Schuld� an�allem�ist�der�Astronaut.�Je�länger�M.�darüber�nachdenkt,�desto�klarer�wird�

angetan.� �Damals.�Das�sagt�M.�immer.�Dabei�ist�damals�noch�gar�nicht�so�lange�her.�Es�gibt�Dinge,�an�die�sich�M.�erinnern�kann,�die�lie-gen�länger�zurück�als�das�Ereignis,�mit�dem�sein�Heute�begann.�Als�sein�Vater,�Alkoholiker,�Schichtarbeiter�am�Band,�einfach�ging.�Tür�auf,�Tür�zu.�Kein�Wort.�Er�ließ�M.�und�die�Mutter�zurück,�sie�weinte�und�mit�jeder�Träne�zerfloss�auch�ein�Stück�von�ihr,�bis�sie�irgendwann�nur�noch�auf�der�Couch�kauerte,�mit�dem�Fernsehgerät�als�Fenster�zur�Welt,�ohne�auf�die�Bilder�zu�achten.�Arbeitslos.�Kein�Geld�im�Haus.�Ihren�Sohn�erkannte�sie�nicht�wieder�und�wenn�er�ihr�zu�nahe�kam,�sah�sie�den�Vater�in�ihm.�An�einem�Nachmittag�um�kurz�nach�vier�schloss�auch�M.�die�Tür�hinter�sich�und�ging.�Seitdem�also�Straße.�Das�volle�Programm.� �Wenn�er�seine�Geschichte�erzählt,�irgendjemandem,�der�es�wissen�will,�nicken�die�Leute�nur�kurz�und�gehen�dann�weiter.�Seine�Geschichte,�er�selbst�ist�ein�Klischee.�M.�ein�Stereotyp,�eine�Figur�wie�aus�dem�Fernsehen.�Vormittags-programm.�Die�Ausreißer,�wie�man�das�eben�kennt.�Eine�Geschichte,�zu�oft�erzählt,�um�noch�Mitleid�zu�erzeugen.�Irgendwie�Schema�Christiane�F.,�doch�das�Leben�schert�sich�einen�Scheißdreck�um�wissenschaftliche�Kate-gorisierungen.�Das�hat�M.�gelernt.� �Irgendwann�war�er�einfach�Teil�des�Straßenzirkus’�Berlins,�nur�ein�weiterer�Statist�im�Elendstheater�der�Hauptstadt,�in�einem�Stück,�das�jeden�Tag�von�neuem�aufgeführt�wird.�

L u k a s�V o g e l s a n g

Mit�Gauklern� und� greisen�Klarinettenspielern,�Handlesern,� Jongleuren,�Geschichtenerzählern.��M.�gelang�es,�die�Straße�anzunehmen,�er�lernte�ihre�Regeln.�Er�aß,�wenn�er�essen�konnte,�lachte,�wenn�es�etwas�zu�lachen�gab�und�schlief,�wenn�er�schlafen�musste.�Es�war�ein�Leben,�so�normal,�wie�ein�Leben�jenseits�der�Norm�sein�kann.�Doch�das�Schicksal�zuckt�immer�dann,�wenn�man�es�am�wenigsten�erwartet.� �In�einer�Nacht,�zu�kalt�für�eine�erfolgreiche�Suche�nach�Schlaf,�strich�M.�durch�die�Straßen,�folgte,�ohne�wirklich�zu�wissen�warum,�den�Gleisen�der�U1.�Er�ließ�sich�treiben,�seine�Gedanken�folgten�mit�etwa�zwei�Schritten�Abstand.�Am�Schlesischen�Tor�trat�er�in�eine�Nacht�ohne�Dunkelheit.�Als�er�endlich�anhielt,�stand�er�vor�einer�Brandmauer,�einer�jener�klaffenden�Zahnlücken,�die�der�Krieg��in�das�Lächeln�der�Stadt�geschlagen�hatte.�Und�dort,�wo�sonst�nur�kahler�Stein�gewesen�wäre,�schwebte,�scheinbar�schwerelos,�ein�gigantischer�As-tronaut.�M.�legte�den�Kopf�in�den�Nacken,�er�konnte�sich�kaum�bewegen,�und�hätte� in�dieser�Sekunde� jemand�neben� ihm�gestanden,�er�hätte�auch�nicht�sprechen�können.�Der�Astronaut�war�ein�Besucher�aus�einer�anderen�Welt,�aus�der�Realität�gefallen.�Aber�das�war�nicht�alles.� �Was�M.�an�diesem�Bild�wirklich�berührte,�seinen�inneren�Kern�punktierte,�war�die�einkalkulierte�Illusion:�Der�Astronaut�griff�mit�der�rechten�Hand�am�Ende�eines�sehnsüchtig�ausgestreckten�Arms�nach�einer�Fahne,�die�es�eigent-lich�gar�nicht�gab.�Sie�war�kein�Teil�des�Gemalten.�Mehr�noch:�Wäre�es�Tag�gewesen,�der�Griff�des�Astronauten�wäre�ins�Leere�gegangen.�Denn�die�Flagge,�die�aus�dem�einzelnen�Astronauten�eine�Mondlandung�machte,�war�schließlich�nur�der�Schatten�einer�Flagge,�die�etwas�weiter�weg�und�viel� kleiner,� vor� einem� Autohaus� von� einem� Scheinwerfer� angestrahlt��wurde.� �Jemand�musste�also�in�einer�Nacht�wie�dieser�hier�vor-beigekommen�sein�und�den�Schatten�entdeckt�haben,�den�Schatten�einer�Flagge�ohne�Bestimmung,�die�erst�durch�das�Zusammenspiel�von�Dunkel-heit�und�Flutlicht�entstehen�konnte.�Überdimensionale�Schattenspiele.�M.�hatte�nie�viel�von�Museen�gehalten�und�er�war�noch�zu�klein�gewesen,�um�sich�an�Christo�und�den�Reichstag�zu�erinnern,�aber�instinktiv�spürte�er,�dass�der�Astronaut�etwas�Besonderes�war.�Etwas,�das�seine�Wirklichkeit�veränderte.�Weil�die�Straße,�der�Ort�seiner�inneren�Unruhe,�eine�Heimat,�in�der�er�nie�ankommen�würde,�ständig�aufgebracht,�tosend,�plötzlich�mehr�

wIE wuRDE M.

EINS MIT DER STRASSE [ lucas.vogelsang@tagesspiegel.de ]

25 s t r e e t m a g �#3������

Neues�Spiel,�neues�Glück.�Dieses�Mal�war�Mr.�Superman�als�Ers-tes� dran.�Und�kaum�zur�Tür� drin,� platzte� er� auch� schon�heraus:�«Ich�treff�mich�nachher�mit�Megan!»,�zeitgleich�(sonst�macht�er� alles�

exakt� hintereinander,� bislang� lehnte� er� Multitasking� ab)� griff� er� nach� der�Glaskaraffe.�«Ich�hab�sie�nämlich�nach�meiner� letzten�Stunde�zu-fällig�im�Café�getroffen,�da�saß�sie�vor�dem�vierten�Latte�Macchia-to� und�war� voll� nervös!� Koffeinschock!�Wir� haben� den� ganzen�Abend�gequatscht�und�weißt�du�was?�Megan�zieht�bei�mir�ein,�weil�Nelson�weg� ist� und� ich�Platz� hab� und� sie� steht� demnächst� sonst��auf�der�Straße�und�…»�Hab� ich� richtig� gehört?�Mr.�Oberschwul�lässt�Megan,�Mrs.�Rührmichjanichtanduarsch,�bei�sich�einziehen?�Megan,�die�auf�alle�Konventionen�pfeift,�logiert�dann�in�der�Nobel-ratzwohnung�mit�Designermöbeln�und�kompletter�Schickimicki-küche,� unbenutzt?� �Er� schwätzt� schon�weiter:� «Weißt� du,� die�Frau� braucht� ja�mal� ’ne� positive�Unterstützung� und� da� sie� auch��ihren�Job�verloren�hat,�hast�du�das�gewusst�(nee,�natürlich�nicht,�Megan�

redet�über�solche�Dinge�wenig),�also,�ich�hab�sie�bei�mir�untergebracht�und�da�braucht�sie�kein�Fahrgeld,�sie�fährt�dann�frühs�mit�mir�und�ich�hab�ihr�auch�ein�paar�Klamotten�von�meiner�Schwester�besorgt,�die� ist� dicker� geworden�und�Megan�nur� so’n�Strich� in� der�Land-schaft,�hast�du�gemerkt,�dass� sie�kaum�was� isst?»� «Ja!»� «Ja?�Und�warum�hast�du�sie�nicht�in�die�Klinik�eingewiesen,�die�ist�viel�zu�dünn!»�Oha!�Weil�Megan�dünn,�aber�längst�nicht�magersüchtig�ist�und�wir�bereits� über�Magersucht� geredet�haben?�Megan� ist� null��gefährdet.�Umpf,�Mr.�Superman�ist�schon�fünf�Sätze�weiter�und�ich�höre�nur�noch�«…�habe�beschlossen,�Megans�Mutter�mal�zum��Essen�einzuladen,�die� sollten�sich�aussprechen!»� Jetzt� ist�es�aber�gut.� Ich� räuspere� mich.� Er� muss� was� trinken.� � «Also,� Mutter��Teresa�…»�fange�ich�an.�«Was,�geht’s�noch?�Ich�reiß�mir�den�Arsch�auf� für�die�Kleine�und�du�nennst�mich�deshalb�Mutter�Teresa?!»��Er�schäumt,�interessant.�Er�ist�sonst�sehr�diszipliniert�und�huldigt��einer� sehr� gepflegten�Wortwahl.� Innerlich� grinse� ich.� Die� zwei�therapieren�sich�sehr�gut.� �«Also,�Superman,�wir�reden�hier�über�dich.�Megan�ist�nach�dir�dran.�Und�meine�Frage�ist:�Wie�geht�es�dir�nach�Nelsons�Auszug?»� �«Jaja,�jetzt�frag�schon�lieber:�Wie�fühlt�sich� das� für�mich� an� und� diesen�Therascheiß?� Ich� sags� dir� –� be-schissen!�Beschissen!�Aber�das�ist�ja�jetzt�wurscht,�weil�ich�mich�um�Megan�kümmern�muss�…»� �«Warum�musst�du�dich�um�Megan�kümmern?�Wer�hat�das�angeordnet?»� �«Das�liegt�auf�der�Hand!�Die�braucht�Hilfe!»� �«Ach.�Hat�sie�dich�darum�gebeten?»� �«Nicht�so�direkt!»� Ich� setze�meine�Lieblingsvariante�von�«hmmm»�ein…�

NEuES VON DER cOuch #3 C h r i s t i n e� �

K r o k a u e r[ www.seelengarten-krokauer.de�� ]

war� als�Asphalt� und�Stein,� zersplittertes�Glas.�Plötzlich�war�die�Straße�Kunst.�Der�Astronaut�gab� ihr�eine�ungewohnte�Tiefe,�er�veränderte� sie.�Und�mit�ihr�auch�M.,�der�ja�längst�Teil�der�Straße�war.�Ein�lebendiger�Pflas-terstein.� �Seine�Augen�waren�weit�geöffnet,�sein�Blick�ein�an-derer,�noch�in�derselben�Nacht�entdeckte�er�andere�Mauern�und�Hauswän-de,� die� im�Zeitraffer� an� ihm�vorbeizogen.�Ein� urbanes�Daumenkino,� in�dem�sich�M.�und�seine�Gedanken,�mittlerweile�wieder�neben�ihm,�verlo-ren.�M.�konnte�nicht�mehr�schlafen.�Er�begann�zu�sammeln.�Er�wollte�sie�alle�haben,�alle�Mauern,�alle�Figuren,�das�ganze�Mosaik�großstädtischen�Schabernacks� in� seinem� Gedächtnis� speichern.� Und� je� mehr� er� suchte,��desto�mehr�fand�er.�Sie�waren�überall,�er�begegnete�ihnen�in�zwielichtigen�Tunneln,� im� Dornröschenschlaf� hinter� Hecken.� M.� entwickelte� einen��Blick,�dem�des�Predators�nicht�unähnlich.�Nur,�dass�er�statt�auf�Wärme��auf�far�bige�Abnormitäten�reagierte.�M.�starrte�in�die�shining-Fratze�Jack��Nicholsons.�Sie�quoll�aus�einem�Hauseingang.�Er�lief�mit�Strichmännchen�um�den�Block,�spielte�alleine�Verstecken� in�Ecken,� in�denen�Legosteine�durch� die� Fassade� brachen,� kletterte� in� unbewohnte�Keller� und� starrte�dort�auf�von�Unsichtbaren�hinterlassenen�Weißraum�für�Notizen.�Er�lehn-te�sich�erschöpft�an�eine�Mauer,�die�der�Eingang�in�ein�Aha-Video�hätte�sein� können.�M.� fand�mit�wütenden�Haikus� bekritzelte�Fotoautomaten�und� einen� Stuhl� ohne� Sitzfläche,� auf� dessen� Lehne� jemand� mit� Kreide�«Setz�Dich�doch»� geschmiert� hatte.�Er� setzte� sich�nicht.� �M.��lief�durch�die�Stadt�und�vergaß,�dass�er�vergessen�wollte.�Er�fuhr�mit�der�U-Bahn,�das�Gesicht�ganz�nahe�an�der�Scheibe�und�einmal,�als�er�einen�Ko-bold� über� das�Gleisbett� huschen� sah,� zog� er� die�Notbremse� und� sprang�hinterher.� �Er�war�nie�näher�bei�sich.�Doch�dann,�drei�Tage�ist�es�jetzt�her,�hielt�er�plötzlich�an.�Etwas�war�anders.�M.�spürte�eine�große�Leere,�die�einherging�mit�einer�unbestimmten�Traurigkeit.�Eine�Epipha-nie,�würden�Leute�sagen,�die�Cordsakkos�tragen.�Aber�M.�sagte�nicht�Epi-phanie.�Das�Leben�schert�sich�einen�Dreck�um�wissenschaftliche�Begriff-lichkeiten.�M.�hatte�verstanden.�Er�hatte�genug�gesehen,�um�verstehen�zu�können.�Es�würde�nichts�bringen,�immer�weiter�zu�rennen,�der�Kunst�der�Straße�hinterher.�Das�würde�immer�oberflächlich�bleiben.�M.�musste�selbst�eines�jener�Muster�werden,�die�erst�aus�einem�bestimmten�Blickwinkel�zu�erkennen�sind.�Er�wollte,�dass�die�Menschen�über�ihn�stolperten,�wie�er�zuvor� über� die� Hinterlassenschaften� der� unsichtbaren� Künstler.� �Zuerst�wollte�sich�M.�in�den�Farben�der�Straße�anmalen.�Kopfsteinplaster-Camouflage,�doch�er�konnte�sich�die�Farben�nicht�leisten.�Dann�überlegte�er,�ob�er�sich�mit�Zement�einreiben�sollte,�doch�schnell�fiel�ihm�ein�anderer�Film�aus�den�Tagen�ohne�Schule�ein.�Ein�alter�james bond,�in�dem�Men-schen�mit�Goldfarbe�bestrichen�wurden,�bis�sie�erstickten,�weil�die�Haut�nicht�mehr�atmen�konnte.�Keine�gute�Idee�also,�das�mit�dem�Zement.� �Gestern�dann,�wieder�in�der�U1,�fand�er�das�Stück�weißer�Straßenmalkrei-de,�eines,�wie�man�es�vom�Spielplatz�kennt.�Himmel�und�Hölle.�Kinder�mussten�es�versehentlich�vergessen�haben.�M.�wusste�nun,�was�er�tun�wür-de,�er�steckte�die�Kreide�in�seine�Hosentasche,�legte�sich�in�den�Görlitzer�Park�und�schlief,�das�erste�Mal�seit�Wochen,�bis�das�erste�Licht�des�Tages�ihn�weckte.�Dann�stand�M.�auf�und�lief�in�Richtung�Potsdamer�Platz,�wo�er�nun�noch� immer�unbeweglich� steht,�die�Augen� starr� auf�dem�kleinen�dunklen�Fleck,�den�der�Schweißtropfen�auf�dem�Asphalt�hinterlassen�hat.�

�M.�holt�die�Faust,�in�der�die�Kreide�ruht,�aus�der�Tasche�und�kniet�sich�auf�den�von�der�Sonne�warmen�Boden.�Langsam�zeichnet�er�den�Umriss�eines�menschlichen�Körpers�auf�den�Stein.�M.�zögert�dabei�nicht.�Das�Bild,�die�Proportionen�hat�er�klar�vor�seinem�geistigen�Auge.�Kopf,�Arme,�Rumpf,�Beine.�Er� steht� auf,� schaut� auf�die�Linien�wie� aus� einem�Kriminalfilm,� wenn� hinter� Flatterband� nur� noch� eine� eindimensionale��Topographie�des�Unaussprechlichen�geblieben�ist.�Er�zieht�seine�Jacke�aus,�die�Schuhe,�die�Hose�und�legt�sich,�peinlich�genau�auf�jede�Bewegung�ach-tend,� in� die� vorgezeichnete� Position.� �Die� ersten�Touristen�kommen,� in� den� Fenstern� der� Bürogebäude� tausend� kleine� Sonnen.�M.�liegt�zwischen�den�Kreidelinien,�er�sieht,�wie�sich�die�ersten�Beinpaare�auf�ihn�zu�bewegen.�Er�ist�jetzt�eins�mit�der�Straße.�Die�Beine�kommen�näher,�sie�sind�so�nah,�er�kann�die�Marken�der�Schuhe�erkennen.�M.�denkt�an�den�Astronauten,�nur�ein�kleiner�Schritt.�Er�schließt�die�Augen.

26 s t r e e t m a g �#3������

kOMPlExEM a r i j aS t o j a n o v i c

mand�auf�der�Welt�ernsthaft�verletzen�können,�denn�wenn�wir�unseren�«wunden� Punkt»� bereinigen,� sind� wir� auch� nicht� mehr� angreifbar.�Wir�können�lediglich�über�das�ungenutzte�Potential�des�anderen,�der�uns�wich-tig�ist,�traurig�oder�enttäuscht�sein,�aber�niemals�über�uns�selbst,�solange�wir� uns� selbst� treu�bleiben.� �Die�meisten�Menschen�denken,�Minderwertigkeitskomplexe� hätten� etwas� damit� zu� tun,� den� Anforde-rungen�der�Außenwelt�nicht�gerecht�zu�werden�und� sich�daher� «minder-wertiger»�als�andere�zu�fühlen.�Das�stimmt�jedoch�nicht.�Der�Mensch�ist�ein�egozentriertes�Wesen.�Alles� im�Leben�dreht�sich� im�Grunde�nur�um�einen� selbst.�Deswegen� ist� jeder�Anspruch,�zu�dem�wir�hineifern,�nicht�von�außen�aufoktroyiert,�sondern�von�uns�selbst�errichtet.�Einen�Minder-wertigkeitskomplex�haben�bedeutet�also�lediglich,�seinem�eigenen�perfek-tionistischen�Selbstbild�nicht�gerecht�zu�werden�und�von�sich� selbst�ent-täuscht�zu�sein.� �Die�Frage�ist:�Wenn�unser�Denken�sowieso�die�meiste�Zeit�um�selbst�kreist,�wieso�besinnen�wir�uns�in�solchen�Punk-ten�nicht�ebenfalls�auf�uns,�anstatt�die�Gründe�für�unsere�Unzufriedenheit�bei�anderen�zu�suchen?� �Wer�ehrlich�zu�sich�selbst�ist�und�an-fängt,�seinen�Komplex�zu�durchleuchten,�wird�schnell�feststellen,�dass�die�meisten�Komplexe�ihren�Ursprung�in�der�Kindheit�haben.�Somit�sind�die�meisten� noch� so� bösartig� ausfallenden�Reaktionen,� die�wir� bei� anderen�oder�uns�selbst�beobachten,�lediglich�etwas�Unverarbeitetes�aus�der�Kind-heit�–�und�kann�denn� irgendjemand�einem�Kind�böse� sein?� �Wahrscheinlich�ist�das�das�Prinzip�von�«Güte»�und�«Gutmütigkeit».�Somit�ist�jeder�gutmütige�Mensch,�bei�dem�der�Anschein�geweckt�werden�könnte,�er� ließe� sich� ausnutzen,� lediglich� jemand� mit� einem� gesunden� Selbstbe-wusstsein.� �Egal,�was�hinter�wahrer�Gutmütigkeit�steckt,�ich�finde,�wir� sollten� uns� stets� dessen� bewusst� sein,� dass� die� aus� unserer� ir-dischen�Denkweise�entstandenen�Scheuklappen,�die�wir�uns�zu�unserem�Pseudoselbstschutz�auferlegt�haben,� lediglich�zum�allmählichen�Ausster-ben�dieser�Tugend�beitragen.

EIN AuSzuG AuS:

SchOckMuSchOlA bücher ohne verlag

das leben� ist� so� simpel�und�wir�Menschen�ma-chen� ein� Riesen-Chaos� daraus,� nur� weil� jeder� Angst� davor� hat,� als� der�Schwächere�oder�Verletzte�dazustehen.�Dabei�kann�man�doch�weder�ver-letzt�noch�ausgenutzt�werden,�solange�man�sich�seines�eigenen�Wertes�be-wusst�ist.� �Es�ist�wirklich�schade,�wie�oft�wir�es�vorziehen,�uns�wegen�des�Verhaltens�anderer�gedemütigt�und�schwach�zu�fühlen,�anstatt�diese�primitive�Denkweise�abzulegen�und�uns�dem�Leben�und�seinen�Her-ausforderungen�zu�stellen.�Die�Frage,�die�wir�uns� in�solchen�Momenten�nämlich�immer�stellen�sollten,�ist,�ob�dieses�«Fehlverhalten»,�über�das�wir�uns�so�aufregen,�tatsächlich�am�anderen�liegt�oder�ob�wir�uns�nicht�schon�vorher�schlecht�gefühlt�haben�und�die�negative�Entladung,�die�wir�am�Ge-genüber� auslassen,�nicht� eventuell� nur�das�Ventil� für�die�Aggression� ist,�die� uns� selbst� gilt.�Wenn�wir� uns� nicht� ständig� angegriffen� fühlen� und��die�Zeit� lieber�dafür�nutzen�würden,�die�Dinge�universell�zu�betrachten,�würde� uns� schnell� bewusst�werden,�was� die�möglichen�Gründe� für� das�Verhalten� anderer� ist� und� feststellen,� dass� ihre�Negativität� in�Endeffekt�auch�nur�ihnen�selbst�zugeteilt�ist.� �Wenn�wir�unseren�eigenen�Komplex�erkennen,�werden�wir�auch�in�der�Lage�sein,�den�Komplex�des�anderen� zu� sehen� und� schließlich� zu� begreifen.� � Jedes�Mal,�wenn�wir�uns�verletzt�fühlen�oder�uns�über�das�vermeintlich�gemeine�Ver-halten,�das�uns�andere�entgegenbringen,�aufregen,�passiert�das�nur�aus�der�eigenen�Unsicherheit�heraus,�denn�die�große�Schwester�des�Komplexes�ist�die�«Vertuschung».�Der�Komplex�möchte�unter�allen�Umständen�unerkannt�bleiben�und�nutzt�daher�jede�sich�bietende�Emotion,�um�von�der�eigenen�Unsicherheit�abzulenken.�Den�Komplex�mit�Schuldzuweisungen�anderen�gegenüber�zu�bekämpfen,�ist�lediglich�eine�Kompensation�und�macht�den�Komplex�nur�größer�(und�das�Problem�letztlich�komplizierter).�Die�einzige�Mög-lichkeit,�sich�dem�zu�entziehen,�ist�also,�entweder�seinen�Komplex�offen�darzulegen�oder�sich�auf�den�eigenen�Selbstwert�zu�konzentrieren.� �Wenn�wir� uns� unseres� eigenen� Selbstwerts� bewusst� sind,�wird� uns� nie-

ROBBY ROB

Ich�beuge�natürlich�vor�und�unterstütze�deswegen�Projekte�wie�street-mag,�weil� ich�merke:� die�Ungerechtigkeit� in� unserer�Stadt� kann�nur� be-kämpft�werden,�wenn�man� handelt!!!� Ich� persönlich� unterstütze� immer�nur�das,�was�meiner�Meinung�nach�funktioniert�und�das�hier�funktioniert:�helfen,�wenn�man�die�Möglichkeit�besitzt!� �Du�kannst�dich�da-rüber�beklagen,�den�ganzen�Tag�in�facebook�zu�chatten�und�abends�haste�die�Rückenschmerzen�vom�Rumsitzen.�Du�könntest� aber� auch�mal� zwi-schendurch�aufstehen,�z.B.�deiner�Nachbarin�beim�Einkaufen�helfen,�mal�deine�Fenster�putzen�oder�vielleicht�mal�lächeln.�Weil:�«Es�ist�nett,�wichtig�zu�sein,�aber�wichtiger,�nett�zu�sein!»�[ wolfgang hans neuss ]� �Als� Schauspieler� verdiene� ich�manchmal� gut,� aber�manchmal,� wenn� ich�nichts� verdiene,� dann� merke� ichs:� «Haste� wat,� biste� wat,� haste� nüscht,�weeßte,�watte�bist!»� �Was�ist�mit�denen,�die�nichts�haben�und�denken,�sie�seien�nichts?�–�Sind�sie�nichts,�weil�sie�nichts�haben�oder�weil�sie�denken,�nichts�zu�sein?� �Oder�weil�wir�sie�so�sehen?�…�Den-ken�Sie�mal�drüber�nach,�wa�…�

Mit�vorzüglicher�Hochachtung!�R o b e r t � V i k t o r � M i n i c h

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Robert Viktor Minich, Schauspieler jugoslawischer Abstammung, in Berlin-Neukölln 1967 geboren. Unter dem Pseudonym robby rob war er 1992 der herr der spiele in GamesWorld auf Sat.1. 2008 grün -dete er mit Aleksandar Vidojkovic den Berliner Kunstverein genius­artcorp e.v. (GAC) mit Sitz in Spandau. Er bezeichnet sich selbst als «Berliner Legende!»

a l i a s�R o b e r t � V i k t o r � M i n i c h

VORBEuGEN IST BESSER

AlS RuckEN SchMERz

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