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Theaterarbeit heute – Schauspielmusik
David Roesner
Zum Begriff• Was ist „Schauspielmusik“?
• Rahmenmusik/integrierte Musik
• Inzidenzmusik (≠ Incidental Music)
• Bühnenmusik
• Theatermusik, Schauspielmusik
• Sound design
Historie• „Musik ist seit der griechischen Antike integraler Bestandteil der
abendländischen Theaterpraxis“ (Altenburg / Jensen 1998, 1035)
• Antike: untrennbare Verschmelzung von Musik, Bewegung, Sprache
• Mittelalter: Ouvertüren, Zwischenaktsmusiken, Lieder, liturgische Gesänge
• Shakespeare-Zeit: Lieder, Chöre, Tänze, Signale, oft mit dramaturgischer Funktion
• 18 Jahrhundert. Musik im Zeichen des Wandels des Theaters zur bürgerlich-moralischen Institution, Forderung nach werkspezifischer Musik, theoretische Beschäftigung mit ihrer Wirkung (Lessing, Scheibe)
• Im 19. Jahrhundert erfährt die Schauspielmusik eine weitere Blüte und „Nobilitierung“ durch bekannte Komponisten wie Beethoven (Musik zu Goethes Egmont, 1809), Mendelssohn (Musik zu Shakespeares Sommernachtstraum, 1826/43), oder Grieg (Musik zu Ibsens Peer Gynt, 1876).
20. Jahrhundert
• Wichtige Veränderungen: Kompositionen sind zunehmen für die Inszenierung, nicht mehr für das Stück
• Die Parallele zur Entwicklung der Filmmusik führt zu vielen wechselseitigen Beeinflussungen.
• Musik interpretiert, kommentiert, aber auch: untermalt, stützt, verdeckt.
• Im Theater galt allerdings lange, dass die Musik tendenziell nachgeordnet war, nicht unähnlich der Praxis in der Filmmusik
• Funktionen von Filmmusik (nach Pauli 1993):
• syntaktische
• persuasive
• hermeneutische
Musik zu Serie „24“ von Sean Callery – Ausschnitt aus dem Feature zur 5. Staffel (ab 2’26“)
Neueste Entwicklungen• Digitalisierung hat die Produktionsmittel stark verändert
• Musik kann zunehmend „live“ sein, selbst wenn sie vorproduziert ist (-> Ableton Live, 3mins)
• Schauspielmusiker*innen sind oft früher und konzeptionell stärker involviert
• Musiker*innen stehen nicht selten auf der Bühne
• Statt einen „Hausmusiker“ zu beschäftigen, haben viele Regisseur*innen eine/n festen musikalischen Partner*in
• Dennoch: Theatermusiker*innen sind immer noch schlechter bezahlt als z.B. Bühnenbilder*innen, werden in der Kritik kaum erwähnt und in der Wissenschaft wenig beachtet.
• Auch die Broschüre des Deutschen Bühnenvereins, die 52 Berufsbilder am Theater auflistet, erwähnt keinen Schauspielmusiker!
(Siehe auch: Roesner 2015)
Wie sieht das Berufsbild aus?• Ausbildungswege • Fertigkeiten
• musikalisch
• technisch • dramaturgisch • pädagogisch
• Arbeitsweisen und Stadien in der Arbeit
Drei unterschiedliche Beispiele
Nübling/Wittershagen: Three Kingdoms
Beier/Gollasch: Das Werk / Der Bus / Der Sturz
Bürk/Sienknecht: Effie Briest allerdings mit anderem Text und auch anderer Melodie
Beispiele aus eigenen Arbeiten
Messer in Hennen. R: Titus Georgi, Thalia Theater Hamburg 2000
„Mühle“
Elektronik vs. Stimme
Monteverdi -> Ligeti
Der Meteoritenlöffel, R: Titus Georgi, Thalia Theater Halle 2000
Albtraum
Bad
Koffer
Tilly Nobody. Bella Merlin / Miles Anderson, Davis (CA), 2010
Ganzes Video: https://www.youtube.com/watch?v=h-uIytwtnaI
PrinzipienEigene Vorgehensweisen und Prinzipien (subjektiv!)
• Materialbegrenzung: v.a.: Instrumentation (Vorsicht mit starken kulturellen Assoziationen!), Tonvorrat, Rhythmik
• Eigenheit der musikalischen Dramaturgie und Handschrift bewahren
• Wer spielt und wann? (live/aufgenommen? Musiker/musikalische Laien)
• Flexibel bleiben, aber auch auf musikalische „Stimmigkeit“ achten
• Timing, Klangquelle und Lautstärke von Musikeinsätzen sind enorm wichtig
• No fade outs!
Quellen (Auswahl)• Altenburg, Detlef and Jensen, Lorenz (1998). "Schauspielmusik".
In: Finscher L (Hg.) Die Musik in Geschichte und Gegenwart, 2. Ausgabe, Bd. 8. Kassel: Bärenreiter, 1035-1049.
• Auslander, Philip (2006). "Musical Personae". TDR: The Drama Review Volume 50, Number 1 (T 189): 100-119.
• Barker, Paul (2002). "Music and Composition". In: Bicat T and Baldwin C (Herzliche Grüße,.) Devised and Collaborative Theatre: A Practical Guide. Ramsbury, Marlborough: The Crowood Press, 75-87.
• Bayerdörfer, Hans-Peter. (2002) Stimmen - Klänge - Töne. Synergien im szenischen Spiel. Tübingen: Gunter Narr.
• Brown, Ross (2010). Sound: A Reader in Theatre Practice. Basingtoke: Palgrave.
Quellen (Auswahl)
• Kaye, Deena/LeBrecht, James (1992). Sound and Music for the Theatre. New York: Back Stage Books.
• Pauli, Hansjörg (1993) “Funktionen von Filmmusik”. In: Helga de la Motte-Haber (Hg.), Film und Musik. Mainz: Schott, 8–17.
• Radecke, Thomas (2007). Theatermusik – Musiktheater. Shakespeare-Dramen auf deutschen Bühnen um 1800. Sinzig: Studio Verlag.
• Roesner, David, “No more ‘unheard melodies’ – Zwölf Thesen zur Schauspielmusik im zeitgenössischen Theater“, etum – E-Journal for Theatre and Media, 2/2 (2015), S. 11-30.
• Rost, Katharina (2016). Sounds that matter – Dynamiken des Hörens in Theater und Performance. Bielefeld: transcript.
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