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Tiergestützte Intervention im Bereich der Autismus-Therapie
Vorgelegt von: Deséreé Woschinski
Abgabetermin: 27.Juni 2016
Erstprüfer: Prof. Dr. phil. Roland Haenselt
Zweitprüfer: Prof. Dr. Werner Freigang
urn:nbn:de:gbv:519:-thesis2016-0386-4
,,Die Sprache der Tiere ist begrenzt, aber was sie damit zum Ausdruck bringen
ist wichtig und nützlich.“ (Leonardo Da Vinci1)
Abb.1
1 Hegedusch
Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung .................................................................................................... 4 2. Einführung Autismus ................................................................................... 5
2.1. Begriffsklärung Autismus ................................................................ 6
2.2 Symptome ......................................................................................... 6
2.3. Ursachen des Autismus .................................................................. 9 3. Einführung in die Mensch- Tier- Beziehung .......................................... 9
3.1. Die Biophilie-Hypothese ....................................................................... 11
3.2. Die Du Evidenz ................................................................................... 12
3.3. Ableitung aus der Bindungstheorie ..................................................... 12
3.4. Spiegelneuronen ................................................................................. 14 4. Tiergestützte Intervention oder Therapie .................................................. 14
4.1. Animal- Assisted- Activities (AAA) ....................................................... 14
4.2. Animal- Assisted- Therapie (AAT) ....................................................... 15
4.3. Tiergestützte Pädagogik ..................................................................... 15 5. Welche Tiere können in der tiergestützten Intervention eingesetzt werden? 15
5.1. Katzen ................................................................................................. 16
5.2. Kaninchen, Meerschweinchen und Hamster ....................................... 16
5.3. Fische ................................................................................................. 17
5.4. Pferde und Esel .................................................................................. 17
5.5. Hunde ................................................................................................ 18 6. Grundlagen der Tiergestützten Intervention .............................................. 19
6.1. Anforderungen an das begleitende Tier .............................................. 19
6.2. Anforderungen an den Menschen ....................................................... 21
6.3. Hygieneaspekt .................................................................................... 21 7. Wirkung von Tieren auf Menschen ............................................................ 22
7.1. Nicht kognitive Wirkungen ................................................................... 22
7.2. Wirkung auf das Sozialverhalten ..................................................... 23
7.3. Wirkung auf die Seele ...................................................................... 24
7.4. Wirkung auf den Körper ................................................................... 24 8. Einfluss von Tieren auf Entwicklung im frühkindlichem Alter ..................... 25
8.1. Sozialverhalten ................................................................................... 25
8.2. Emotionalität ....................................................................................... 27
8.3. Einfluss auf die Entwicklung des Lernens ........................................... 28
8.4. Verbale und Nonverbale Kommunikation ............................................ 29
8.5. Körperliche Entwicklung ...................................................................... 30 9. Bedürfnisse autistischer Menschen .......................................................... 31 10. Therapiemöglichkeiten der Autismus- Spektrum- Störung ..................... 32 11. Hund in der Therapie mit autistischen Kindern ....................................... 33 12. Resümee und Reflexion ......................................................................... 34 Quellenverzeichnis ............................................................................................... Abbildungsverzeichnis .........................................................................................
S e i t e | 4
1. Einleitung In vielen Ländern ist es bereits Gang und Gebe, dass Tiere in die Therapie
miteinbezogen werden. Die gesundheitsfördernden und positiven Wirkungen,
die Tiere auf den Menschen haben, werden in Ländern wie der Schweiz,
Österreich und Amerika kaum noch hinterfragt. In Deutschland geht die
Forschung und Praxis zwar Hand in Hand, doch die nötige Ernsthaftigkeit bleibt
bislang aus. So gibt es keine einheitlichen Ausbildungen für Sozialarbeiter,
Pädagogen oder Therapeuten in diesem Bereich. Auch in den Medien wird nur
vereinzelt von tiergestützter Arbeit berichtet, was den Prozess des Initiierens
unheimlich erschwert. Dies liegt vermutlich daran, dass kaum messbare Effekte
nachgewiesen werden konnten und der Begriff der tiergestützten Arbeit sehr
inflationär benutzt wird. Gerade Krankenhäuser, Pflegeheime oder Schulen
würden von dieser Art von Zusammentreffen profitieren. In der tiergestützten
Arbeit mit Klienten geht es nicht lediglich darum, dem Klienten die ,,Leine in die
Hand zu drücken“ oder ihn ,,mal eben auf das Pferd zu setzen“. In diesem
Bereich ist ein professionelles Handeln zwangläufig notwendig und bedarf klare
Richtlinien und Ziele.
Da die Kommunikation den Hauptbestandteil der humanitären Verständigung
ausmacht und das Deuten von Gesichtsausdrücken und Gefühlen, einen
Großteil ausmacht, stellt sich die Frage: Was ist, wenn dieses aus ungeklärten
Gründen nicht gegeben ist? Menschen mit Autismus ist es in vielen Fällen nicht
möglich emotionale Bindungen mit Menschen einzugehen. Es fällt ihnen
teilweise schwer Blickkontakt aufzunehmen, sich sowohl mit Worten, als auch
mit Gestik auszudrücken und körperliche Nähe zuzulassen. Laut Pädagogen,
Forschern und Therapeuten können Tiere Barrieren abbauen und Türen zum
Inneren der Menschen öffnen. Sie geben uns ohne Sprache die Möglichkeit in
Kontakt mit anderen Menschen zu treten. Die lange Domestikation von Tieren
macht es besonders leicht ihre Gesichtsausdrücke zu interpretieren. Wäre es
also nicht möglich Tiere als Mittler und Eisbrecher für autistische Menschen zu
nutzen und sogar förderlich? Die folgende Arbeit gibt einen Einblick in die
tiergestützte Interventionen im Bereich der der Autismustherapie. In diesen
Kapiteln zu diesem Thema werden die unterschiedlichen Arten der
tiergestützten Arbeit aufgeführt, was aus hygienischer Sicht zu beachten ist,
und die Anforderungen an Tier und Halter. Doch ganz zu Beginn werden
S e i t e | 5 grundlegende Dinge geklärt wie der Haustiergedanke überhaupt entstand und
Hypothesen aufgestellt aus welchen Gründen Tiere so faszinierend auf
Menschen wirken. Des Weiteren wird erläutert welche Tiere zur tiergestützten
Arbeit eingesetzt werden und welche Interaktionen es in dieser Form der
Intervention gibt. Um sich der Fragestellung annähern zu können ist es
notwendig zu klären, wie sich Tiere auf den Menschen auswirken. Da Autismus
bereits in der frühkindlichen Entwicklung zu erkennen ist, stellt sich die Frage,
ob Tiere auf diese Einfluss nehmen können und haben Autisten überhaupt die
gleichen Bedürfnisse wie andere Menschen?
2. Einführung Autismus Autismus ist ein bisher noch sehr unerforschtes Gebiet, jedoch brachte die Zeit
neue Erkenntnisse, um Menschen mit Autismus besser verstehen zu können.
Wird ein Mensch zum Thema Autismus befragt, geben die meisten
verschiedensten Antworten: geistige Behinderung…, reden nicht…, rasten
aus…, wiederholen immer alles…sind extrem intelligent…, reagieren nicht,
wenn sie angesprochen werden…, schauen einem nicht in die Augen. So
vereinfacht und unterschiedlich die Eindrucksweisen sind, so vielfältig sind auch
die Erscheinungsformen von Autismus. Mit der Zeit verbesserte sich die
Diagnostik in diesem Bereich, dennoch sorgt sie bei Eltern und Fachleuten für
Verwirrung.2 Die Störung des Autismus geht mit der Problematik der Diagnose,
seit Beginn der Entdeckung einher. In der Anfangszeit setzten Therapeuten
ungern alles auf eine Karte. >>Autismus<< wurde in den wenigsten Fällen
diagnostiziert. Seit Jahren entwickelt sich die Methodik dahingehend, die
Symptome des Autismus zu zählen. 3
Um autistische Störungen diagnostizieren zu können, ist es zu empfehlen
Kinder in ihrem sozialen Umfeld zu beobachten, da leichte Formen, oft schwer
erkennbar sind und im Umgang mit anderen Kindern deutlich werden. Selbst
die Beobachtungen der Eltern können irreführend sein, da sie ihr Augenmerk
auf andere Dinge legen und das Verhalten ihres Kindes nicht immer sachlich
beurteilen können. 4 Trotz des Facettenreichtums und der schwerwiegenden
Einschränkungen, die Kinder, Jugendliche, Erwachsene und ihr betroffenes
2 Vgl. Aarons S. 41 3 Vgl. ebenda S.42 4 Vgl Aarons S.43
S e i t e | 6 Umfeld haben können, sind Fachleute noch immer zu wenig ausgebildet und
informiert. 5
In den 70er Jahren glaubten Forscher, dass ausschließlich durch pädagogische
Förderung, Barrieren in der Kommunikation durchbrochen werden könnten.
Dies sollte ein ungehindertes Heranwachsen ermöglichen. Jahrzehnte später
stellte sich jenes als gutgläubiger Irrtum heraus. Ebenso wurde der Intelligenz
der Personen, die von autistischen Störungen betroffen waren, kaum
Beachtung geschenkt. In weiterer Irrtum in diesem Bereich, denn nicht nur
erwachsene Menschen mit autistischen Störungen erbringen herausragende
Leistungen, sondern auch autistische Kinder, sind in Bereichen wie Zeichnen,
Musizieren und mathematischem oder kalendarischem Gedächtnis, vielen
Menschen weit voraus. 6
2.1. Begriffsklärung Autismus Aufgrund der Vielzahl von Symptomen spricht man von autistischen Störungen,
doch was sind nun autistische Störungen?
Geht man lediglich von der Sprache aus, kann ,,Autismus“ von den
griechischen Wörtern autos, welches ,,selbst“ bedeutet und ismos= Zustand,
abgeleitet werden.
Bleuler, ein Schweizer Psychiater aus dem 19.Jahrhundert beschrieb Autismus
mit dem Rückzug in die eigene Welt, ähnlich wie bei dem Störungsbild der
Schizophrenie. 1943 und 1944 beschrieben Kanner, Psychiater für Kinder und
Asperger, Kinderarzt, zwei unterschiedliche Formen des Autismus. Die
Syndrome gelten nach dem ICD- 10 und dem DSM IV als tiefergreifende
Entwicklungsstörung.7
2.2 Symptome Im frühkindlichen Autismus, fallen drei Verhaltensweisen sehr auf:
- Das starke Zurückziehen in die eigene Welt,
- Viele Wiederholungen, Angst davor Routinen zu verändern und
- Auffälligkeiten in der Sprache.
5 Vgl ebenda S.46 ff. 6 Vgl ebenda S.42f. 7 Vgl. ebenda S. 18
S e i t e | 7 Nach Aarons und Gittens haben autistische Kinder keine außergewöhnlichen
Traumata während der Geburt erlebt. Die Majorität der Eltern spricht von einem
unproblematischen Start in das Leben. Selbst beim Sitzen, Krabbeln und
Gehen entstehen kaum Auffälligkeiten. Aufgrund des Wissenstandes mancher
Eltern über das Heranwachsen von Kindern, bleiben Beobachtungen kleinster
Veränderungen aus. 8
Andere Eltern konnten folgende Beobachtungen im kommunikativen Sinne ihrer
Babys machen:
- Baby macht nicht durch Handbewegung deutlich, dass es auf den Arm
genommen werden möchte
- Babys werden als ,,sehr lieb“ bezeichnet, weil sie nicht weinen
- Babys beobachten Schatten, Bewegung der Blätter und Sonnenstrahlen
- Babys schreien ununterbrochen, lassen sich durch nichts beruhigen
Kinder und Kleinkinder mit Autismus entwickeln ein ausgiebiges Interesse für
elektrische Geräte. So können diese häufig sehr früh Fernseher und
Videogeräte bedienen. Diese Begeisterung wird von Eltern oft als Fixierung
beschrieben. Normal entwickelte Kinder wissen, zu welcher Art sie gehören. Sie
beginnen ab einem bestimmten Zeitraum, die Welt um sich herum zu verstehen
und zu differenzieren. Sie haben ein Verständnis dafür, dass sie Menschen sind
und binden sich verstärkt an ihre Mutter und ihren Vater. Kindern mit
autistischen Störungen scheint dieses Verständnis völlig zu fehlen
beziehungsweise scheint es eingeschränkt zu sein. Eltern von Kindern mit
Autismus beobachten, dass ihnen Menschen gleichgültig sind, sowohl Fremde
als auch Nahestehende. 9
Die Sprache ist im kommunikativen Sinne gestört, jedoch lernen andere Kinder
sehr schnell. Dies zeigt sich in Selbstgesprächen oder in spontanem,
unpassendem Reden. Die Attribute ihrer Persönlichkeit verändern sich kaum
und auch die Intelligenz ist durchschnittlich, bis sehr hoch.
Allgemein können die Beeinträchtigungen in drei Übergruppen eingeteilt
werden:
- Beeinträchtigungen in sozialen Interaktionen,
- Beeinträchtigungen in der Kommunikation und
8 Vgl. Aaron S.51ff. 9 Vgl. ebenda S.53
S e i t e | 8
- Beeinträchtigungen in der Ausübung von Aktivitäten und Interessen.
Beginnend mit den Beeinträchtigungen in der sozialen Interaktion fällt auf, dass
es autistischen Kinder schwer fällt Mimik und Gestik im richtigen Moment
einzusetzen, zudem können diese oft den Gesichtsausdruck des Gegenübers
nicht erkennen. Des Weiteren erwidern sie kaum den Blickkontakt zu anderen
Menschen, sie können nicht mit Kindern in ihrem Alter kommunizieren, da ihr
Verhalten oft nicht dem ihres Alters entspricht, es scheint als würde jegliches
Interesse an Mitmenschen verloren gegangen sein, um Dinge zu bekommen,
beispielsweise ein Glas Wasser, werden die Gliedmaßen öfter als Werkzeug
benutzt und sie zeigen kein Interesse daran, mit Gleichaltrigen zu spielen. Bis
zum ersten Lebensjahr fehlt oft eine Angstreaktion auf fremde Menschen, sie
werden nicht gern auf den Arm genommen und sie verfolgen es nicht, wenn
eine Bezugsperson den Raum verlässt. 10
Autistischen Kindern fällt es oft schwer auf sozialer Ebene zu kommunizieren,
so fällt beispielsweise auf, dass Autisten Wörter oft wiederholen, geradezu
mechanisch. Autistische Menschen verleihen ihrer Sprache oft keine Melodie,
ebenfalls fehlt ein Sinn für den kreativen und spontanen Umgang mit Wörtern.
Pronomen werden vertauscht und wenn sie über sich selbst sprechen,
verwenden sie Ihren eigenen Namen und reden nicht selten in der dritten
Person von sich. Laut Studien beherrschen knapp vierzig Prozent von Kindern
mit Autismus, gar keine Sprache und sind auch nicht gewillt diese zu entwickeln
oder diesen Nachteil durch andere Kommunikationsformen auszugleichen.
Wiederrum andere Kinder mit autistischen Störungen, reden ununterbrochen,
jedoch ohne eine Reaktion zu erwarten und oft ohne Zusammenhang. Im Alter
eines Säuglings, geben sie kaum Laute von sich und schreien selten. Später im
Kleinkindalter dann, verlernen sie Wörter, die sie vorher schon sprechen
konnten.11
Im Bereich der Aktivitäten und Interessen macht sich bemerkbar, dass Autisten
die gleichen Bewegungen immer und immer wieder wiederholen, immer auf die
gleiche Art und Weise. Zum Beispiel wedeln sie starr mit den Händen oder
wippen mit dem ganzen Körper auf und ab. Spielzeug wird nicht im
herkömmlichen Sinne verwendet, oft verlieren sie sich im Detail oder reihen die
Dinge immer und immer wieder auf. Auch der Geschmacks- und Geruchssinn
sind sehr empfindlich, gerade im Kleinkindalter, kann es passieren, dass ein 10 Vgl. Wilker S. 23 ff. 11 Vgl. Richmann S.9
S e i t e | 9 Kind lediglich aufgrund des Geschmacks, das Nahrungsmittel, welches ihm
gereicht wird, ablehnt.
2.3. Ursachen des Autismus Eine der präsentesten Fragen überhaupt im Bereich der Autismusforschung:
Welche Ursachen liegen Autismus zu Grunde? Wird mit der reinen Anatomie
des Menschen begonnen, so bleibt die Suche vergebens. Es lassen sich weder
Veränderungen an den Organen nachweisen, noch das zentrale Nervensystem
ist verändert, insofern sich dies beurteilen lässt, da bei einigen Betroffenen
weitere Behinderungen ein her gehen. Selbst die Anatomie des Hirns und die
Struktur des Gewebes zeigen keine eindeutigen Merkmale einer Anomalität.
3. Einführung in die Mensch- Tier- Beziehung Um die Mensch- Tier- Beziehung genauer betrachten zu können ist es
unabdingbar, sich den Verlauf von Kultur und Gesellschaft der Menschheit
näher anzuschauen. Bereits während der Entstehung vieler Kulturen wird
deutlich, dass Tiere dem Menschen überlegen zu sein scheinen. Schon in der
vorgeschichtlichen Zeit hatten die Götter und Dämonen die Gestalten von
Tieren, dies prägte die nachfolgenden Hochkulturen. Die bis heute
existierenden Naturvölker achten noch immer darauf, dass Lebewesen nicht
verletzt werden. Im besonderen Maße kann hier der Janismus genannt werden.
Im 5. und 6. Jahrhundert vor Christus galt es hier als schlimmster Regelverstoß,
ein Tier zu töten oder zu verletzen. Des Weiteren gibt es beispielsweise den
Hinduismus oder den Buddhismus, welche Lebewesen als gleich- oder
höherwertig anerkennen. Naturvölker betrachten Tiere oft als Vermittler
zwischen Götter und Menschen, da sie beide Sprachen beherrschen. Mit
voranschreiten der Zeit, wurden Tiere als Opfer genutzt. Menschen zeigten ihre
Überlegenheit, indem sie Tiere opferten. Auch das Weiß der Knochen hatte
einen hohen Stellenwert. In manchen Kulturen gelten Stoßzähne von
Nashörnern bis heute als potenzsteigernd. Auch als Raumdekoration sind Tiere
noch heute beliebt, um die Rangordnung von Tier und Mensch zu
verdeutlichen.
Mit Entstehung des Gottesglaubens, wurde die Funktion der Tiere als Bote und
Vermittler abgeschafft. Die Menschen hielten es nun nicht mehr für nötig, da nur
S e i t e | 10 noch ein Gott über die Menschheit wacht, somit wurde das friedliche
Zusammenspiel zwischen Mensch und Tier getrübt. Mit Beginn der
Christianisierung und Einführung des Judentums, bekam der Mensch nicht nur
die Herrschaft über die Tiere, sondern ab diesem Zeitpunkt wurden Tiere zu
materiellem Eigentum gemacht, Sie sollten den Menschen dienen und nutzen,
sowohl als Fleischlieferant als auch als Arbeitsmittel oder Handelsware. 12
In der Antike wehrten sich vereinzelt Religionen gegen den Verzehr von Tieren,
da sie glaubten, dass Ahnen in ihnen wiedergeboren sein könnten.
Abb.2 Pyramidenmodell nach Aristoteles
Aristoteles nahm an, dass Menschen ein Gemisch aus Göttern und Tieren sind.
Um dieses zu verdeutlichen, erschuf er ein Pyramidenmodell. Wo Pflanzen tief
mit der Erde verwurzelt sind, können Tiere nicht nur Empfindungen
wahrnehmen, sie erinnern sich auch daran (Stufe2). Menschen hingegen
können weit darüber hinaus, um sich Gott zu nähern. Dies zeigt, dass auch
Aristoteles die Entwicklung der Tiere prägte, denn laut dem Pyramidenmodell
von Aristoteles, stehen Tiere unter dem Menschen und legitimieren die
Unterwerfung ihrer. Diese Annahme zieht sich bis weit in die Geschichte der
Menschheit und prägte das Gedankengut der nachfolgenden Menschen. 13
Durch den Philosophen Jean- Jacques Rousseau bekam die Ethik Einzug in die
Gedanken und dem Verhalten der Menschen gegenüber den Tieren. Er legte
die ersten Grundsteine für den heutigen Tierschutz. Dem Fühlen wurde immer 12 Vgl. Otterstedt S16 ff. 13Vgl. Otterstedt S21.f.
S e i t e | 11 mehr Bedeutung beigemessen und auch, dass Tiere einfühlsame und sensible
Wesen sind nahm Einzug in die Geschichte der Menschheit. Sie wurden nun
als Statussymbole und als Haustiere gehalten. Sie wurden zu Partnern der
Menschen. 14
Abb. 3 Tiere in deutschen Haushalten
Heute leben, wie man der Abbildung entnehmen kann, 22 Millionen Haustiere
mit Menschen zusammen.
3.1. Die Biophilie-Hypothese ,,Biophilie“ setzt sich aus den griechischen
Wörtern ,,bio“ und ,,philie“ zusammen. ,,Bio“ bedeutet laut dem Duden ,,das
Leben betreffend“ und ,,philie“: ,,Vorliebe oder Neigung“. vgl Duden
Dementsprechend kann davon ausgegangen werden, dass die Biophilie, eine
gewissen Liebe zur Natur voraussetzt. Da Menschen sich seit Beginn ihrer
Existenz gemeinsam mit Tieren entwickeln, reicht die Biophilie- Hypothese am
weitesten in die Geschichte zurück. Der Verhaltensbiologe und Soziologe,
Edward O. Wilson, behauptet, dass aufgrund der gemeinsamen,
jahrhundertlangen Evolution, ein Band entstand, welches Zusammengehörigkeit
schafft. Dieses Band umschließt Natur und die sich darin befindenden
Lebewesen. Mit der Biophilie wird nicht der bloße Trieb zur Verbundenheit mit
der Natur beschrieben, sondern ein gesamtes Regelwerk, welches bei jedem
14 Vgl. ebd. S.25 ff.
S e i t e | 12 Menschen individuell ist. Von Wilson und Kellert konnte nachgewiesen werden,
dass Menschen sich zu der Natur instinktiv hingezogen fühlten, ganz gleich ob
belebt oder unbelebt. 15
3.2. Die Du Evidenz Die Du-Evidenz drückt aus, dass zwischen Menschen und höheren Tieren eine
Beziehung möglich ist. Diese Bindung kann ausschließlich einseitig sein,
wichtig ist, dass der Partner ,,Du“ adressiert ist. So wird ein Tier als Freund
gesehen und ihm werden menschliche Eigenschaften zugeschrieben. Allein die
Namensgebung gibt dem Tier eine Einzigartigkeit, die ihn von seinen
Artgenossen abhebt. Der neu gewonnene Freund wird zum Familienmitglied, er
hat Rechte und Bedürfnisse, wie andere Mitglieder der Familie. Ein weiteres
Merkmal ist die Bestattung, da Menschen Angehörige nicht im Müll entsorgen,
werden auch die Tiere begraben, hierfür gibt es heutzutage bereits
Tierfriedhöfe. Die Kind-Tier- Bindung ist oftmals stärker als die von
Erwachsenen und Tieren. Das liegt wohl dem zu Grunde, dass Kinder mit
Beginn ihres Heranwachsens, zu allererst das ,,Du“ erkennen und später sich
selbst wahrnehmen. Karl Bühler bezog sich bei der Du-Evidenz 1922 lediglich
auf das Zwischenmenschliche. Die Du-Evidenz beschreibt er als Fähigkeit
eines jeden Menschen, den Gegenüber beziehungsweise das Gegenüber
als ,,Du“ zu erkennen.16
Brockmann definiert die Du-Evidenz über das Erkennen von Ähnlichkeit und
sagt, dass der Aufbau einer solchen Mensch-Tier-Beziehung sehr emotional ist.
Die Gleichheit besteht in Dingen wie: Gestik und Mimik, Gefühle, Bedürfnisse
nach Zuwendung, Nähe, soziale Kontakte und Bewegung. So bedarf die
Kommunikation zwischen Tier und Mensch keine verbale Sprache. Viele Tiere
werden vermenschlicht und bieten somit zahlreiche Möglichkeiten sich mit
ihnen zu identifizieren. 17
3.3. Ableitung aus der Bindungstheorie Andrea Beetz versuchte Schlüsse für die Mensch-Tier-Beziehung aus der
Bindungstheorie zu ziehen. Die Bindungstheorie geht nach Bowlby und
15 Vgl. Otterstedt S.4 ff. 16 Vgl. Vernooij S.7f. 17 Vgl. Vernooij S.8
S e i t e | 13 Ainsworth davon aus, dass alle Erfahrungen, die man als Kleinkind und Kind
macht, auch Auswirkungen auf unsere Persönlichkeit und unsere Entwicklung
haben und dem Menschen das Bedürfnis nach einer starken, emotionalen
Bindung zu Grunde liegt. Diese Auswirkungen und Erfahrungen wiederum,
beeinflussen unser Verhalten, wenn wir Bindungen eingehen. Es gibt vier
verschieden Bindungstypen:
- Bindungsunsichere Kinder
- Bindungsvermeidende Kinder
- Bindungsambivalente Kinder
- Bindungsdesorientierte Kinder.
Aus diesen Bindungstypen können sich die folgenden vier Bindungsmodelle
ausbilden:
- Ein sicheres Bindungsmodell
- Ein unsicher- vermeidendes Bindungsmodell
- Ein unsicher- ambivalentes Bindungsmodell
- Ein desorientiertes Bindungsmodell.
Wird die Bindungstheorie, nach Bowlby und Ainsworth, herangezogen und auf
die Mensch-Tier Beziehung übertragen, geht man davon aus, dass Tiere ein
Objekt darstellen, mit dem eine Bindung eingegangen werden kann und dass
es in der Kindheit bereits eventuelle positive Erfahrungen mit Tieren gab, die
später auf die zukünftigen Bindungen übertragen werden können. Diese
Erkenntnisse weisen ungenutzte Reservoirs auf.
So könnten die Bindungsmuster von Kindern mit Hilfe von Tieren geformt und
beeinflusst werden. So weisen Studien von Endenburg auf, dass Menschen, die
mit Tieren aufwuchsen, ein sichereres Verhalten aufweisen als Erwachsene, die
ohne tierischen Kontakt heranwuchsen. Die Ableitung der Bindungstheorie in
Bezug auf die Mensch-Tier Beziehung, dient eher der Ergänzung, der Du-
Evidenz und der Biophillie- Hypothese, da sie an Vorhandenes anknüpft und
ergänzt.18
18 Vgl. Vernooij S.10 ff.
S e i t e | 14 3.4. Spiegelneuronen Die Spiegelneuronen dienen, sowie die Ableitung der Bindungstheorie eher der
Ergänzung, zur Du- Evidenz und der Biophilie- Hypothese, da sie ein recht
unerforschtes Gebiet sind. Spiegelneuronen sind Nervenzellen, die in unserem
Körper, die gleichen Impulse auslösen, die wir bei unserem Gegenüber
beobachten und wahrnehmen. So könnte dies eine Erklärung sein für: ,,Lachen
ist ansteckend.“, da wir das Lachen des Gegenübers wahrnehmen und dies die
gleichen Impulse in unserem Großhirn auslöst. 19
4. Tiergestützte Intervention oder Therapie Eine Intervention ist kurz gesagt, ein Eingreifen in das Geschehen. Führt man
diese Intervention mit einem Tier, beispielsweise mit einem Hund durch, ist
diese Intervention tiergestützt, genauer gesagt hundgestützt. Das Tier fungiert
hierbei als Co-Pädagoge. Die tiergestützte Intervention nahm in der Siebziger
Jahren ihren Ursprung. Eine Gruppe von Menschen in den USA, die die
Mensch-Tier-Beziehung erforschten, stellten zum ersten Mal
Rahmenbedingungen zum Arbeiten mit Tieren im sozialen Kontext auf. 20
Unter tiergestützter Therapie versteht man alle Maßnahmen, bei denen durch
den gezielten Einsatz eines Tieres positive Auswirkungen auf das Erleben und
Verhalten von Menschen erzielt werden sollen. Das gilt für körperliche wie für
seelische Erkrankungen. In Deutschland gibt es derzeit keine konkreter
Anforderungen an das Mensch- Tier- Team für die tiergestützte Arbeit. 21
Solange Tiere in therapeutische Handlungen einbezogen werden, kann man
also von tiergestützter Therapie sprechen. Wichtig bei der Arbeit mit Tieren ist,
dass die Tiere vorbereitet oder im Idealfall sogar ausgebildet wurden.
Ziel dieser Therapie ist die Heilung oder Verbesserung des psychischen oder
physischen Zustandes des Klienten. Im Wesentlichen gibt es hierzu folgende
Methoden:
4.1. Animal- Assisted- Activities (AAA) AAA ist ein Besuchsprogramm in dem Besitzer mit ihren Tieren für eine gewisse
Zeit in soziale Einrichtungen gehen. Beispiele wären Heime für betreutes
19 Vgl ebd. S.12 20 Vgl. Kirchpfening S.11 21 Vgl.ebenda S. 14
S e i t e | 15 Wohnen, S.O.S. Kinderdörfer, behinderten Werkstätten oder auch Kinderheime.
Die Ziele dabei sind unbestimmt und richten sich nicht auf die Behandlung
eines Klienten. Immer häufiger wird auch von Tiergestützten Fördermaßnahmen
gesprochen, die auch von ehrenamtlichen oder privaten Personen durchgeführt
werden können. 22 In erster Linie soll sich das Allgemeinbefinden verbessern. In
diesem Zusammenhang ist es nicht Notwendig, dass professionell ausgebildete
Personen die Aktivitäten durchführen. Durchführende können auch
ehrenamtliche Mitarbeiter oder Laien sein, jedoch ist die Vorbereitung des
Tieres notwendig, da ein unvorbereitetes Tier ein hohes Gefahrenpotenzial
birgt. 23
4.2. Animal- Assisted- Therapie (AAT) Im Gegensatz zur Animal- Assisted- Actvities wird die AAT von Therapeuten,
Ärzten, Sozialpädagogen oder Sozialarbeitern durchgeführt. Wichtig ist hierbei
die spezielle Ausbildung des Fachpersonals. Der Verlauf der Therapie wird
überwacht, dokumentiert und es werden im Vorfeld Ziele definiert. Die Ziele
richten sich nach dem Befund des Patienten und werden mit anderen
Behandelnden abgesprochen.
4.3. Tiergestützte Pädagogik Bei dieser Methode beauftragen Schulen oder soziale Träger die jeweiligen
Personen. Aus diesen Gründen steht oft nicht ein Klient, sondern eine Gruppe
von Klienten im Mittelpunkt. Voraussetzung für den Auftrag ist keine Krankheit
oder Diagnose. Im Vordergrund rücken pädagogische Maßnahmen wie
Freizeitgestaltung, Vermittlung von Wissen oder Förderung des
Verantwortungsbewusstseins, Selbstwert- oder Gemeinschaftsgefühls.24
5. Welche Tiere können in der tiergestützten Intervention eingesetzt werden? Im Allgemeinen kann davon ausgegangen werden, dass sich alle Tiere, die
22 vgl. Wendt S. 21 23 vgl. Kirchpfening S.11 24 vgl. Wesenberg S.131
S e i t e | 16 auch als Haustiere gehalten werden können und dürfen, auch in der
Intervention eingesetzt werden können, da sie bereits seit Jahrhunderten
domestiziert werden. Wildtiere hingegen sind unberechenbar und ein weitaus
größeres Risiko als Tiere die an den Menschen gewöhnt wurden.
Selbstverständlich hängt die ausgewählte Tierart auch von der Form und Art der
Zielsetzung ab und wo die Intervention durchgeführt werden soll. Soll das
Setting in Räumlichkeiten, wie beispielsweise einem Krankenhaus stattfinden,
sind Pferde, Lamas oder Alpakas eher die ungünstige Variante, da zum Einen
die Tiere die Dimensionen des vorhandenen Platzes sprengen und zum
anderen die Hygieneaspekte beachtet werden müssen. Da es bei einigen
Tierarten schwierig beziehungsweise nicht möglich ist, ihnen das Koten
außerhalb von Räumlichkeiten beizubringen. Für stationäre Einrichtungen
empfehlen sich auch Fische oder kleine Säugetiere wie Mäuse, Hamster oder
Kaninchen, da sie keine direkte Bezugsperson benötigen. 25
5.1. Katzen Im Gegensatz zu Hunden, sind Katzen ideale Stationstiere, da sie einen
andauernden Rückzugsort bevorzugen. Die Lebenserwartung liegt bei ca. 16
Jahren und die Anschaffungskosten variieren je nach Rasse. Mit Futter,
Katzenstreu und Impfungen liegen Katzen weit unter dem Budget, welches man
monatlich für einen Hund aufbringen muss. Dinge wie Kratzgelegenheiten,
Rückzugsorte und Schlafplätze können von den Heimbewohnern selbst gebaut
werden und bieten somit gleichzeitig Beschäftigung. 26
5.2. Kaninchen, Meerschweinchen und Hamster Kaninchen, Meerschweinchen und Hamster sind ebenfalls beliebte Stationstiere
und auch die günstigere Alternative. Kaninchen haben eine Lebenserwartung
von ca. 9 Jahren. Meerschweinchen leben ca. 4 bis 8 Jahre und Hamster
hingegen nur 2-3 Jahre. Da Meerschweinchen und Kaninchen sehr soziale
Tiere sind, ist eine Einzelhaltung nicht Artgerecht, gewöhnt man sie von Beginn
an, an den Umgang mit dem Menschen, können sie Streicheleinheiten
durchaus genießen. Anders als beim Hamster, für ihn ist diese Situation sehr
stressig und kann zum vorzeitigen Tode führen. Da Hamster nachtaktiv sind, 25 Vgl. Prothmann S 98 26 Vgl.ebenda S.99
S e i t e | 17 lassen sie sich auch schwer von Klienten beobachten. Bei Meerschweinchen
und Kaninchen können die Bewohner in die Gestaltung der Gehege mit
einbezogen werden. Hier sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. 27
5.3. Fische Zierfische werden von Menschen mit Tierhaarallergien bevorzugt. Auch in
Einrichtungen wie Krankenhäusern oder Praxen kommen sie immer häufiger
zum Einsatz. Fische lenken die Aufmerksamkeit auf sich, da die
Unterwasserwelt und die beinhaltenden Tiere, eher selten gesehen werden und
auf viele Menschen geheimnisvoll wirken. Die ruhigen Bewegungen der
Pflanzen und das langsame Schwimmen der Fische, hat auf eine Vielzahl von
Patienten eine beruhigende Wirkung. Die Wartung der Aquarien hängt von der
Größe ab. So müssen größere Aquarien weniger gepflegt werden als kleine,
diese sind allerdings in der Anschaffung, wesentlich kostenintensiver. 28 Ein
Nachteil der Fischhaltung ist, dass sie nicht gestreichelt oder angefasst werden
können. Die einzige Ausnahme macht der japanische Farbkarpfen. Sie lassen
sich nach längerer Eingewöhnungszeit berühren und nehmen sogar Essen aus
den Fingern, jedoch werden sie sehr groß und brauchen dementsprechend viel
Platz. 29
5.4. Pferde und Esel Ein Pferd ist wohl das weitverbreitetste Lebewesen für die tiergestützte
Therapie. In den meisten Fällen leben diese Pferde jedoch auf Reiterhöfen oder
auf Höfen, die sich auf das heilpädagogische Reiten spezialisiert haben. Eine
Ausnahme in Deutschland macht das Klinikum in Augsburg. Pferde benötigen
ausreichend Platz und Artgenossen. Die Anschaffung und Haltung von Pferden
ist mit hohen Kosten verbunden und deshalb von den wenigsten Einrichtungen
tragbar. 30
Esel sind sehr ruhige und gelassene Tiere, sie sind nicht sehr leicht aus der
Fassung zu bringen und besonders einfühlsam zu Kindern. Im Gegensatz zu
Pferden, reagieren Esel kaum mit Fluchtverhalten. In Gefahrensituationen
27 Vgl Prothmann S.101 28 Vgl. ebenda S. 101 29 Vgl ebenda S.102 30 Vgl ebenda S.103
S e i t e | 18 bleiben sie stehen und ,,erstarren“. Weshalb sie des Öfteren als dickköpfig und
störrisch bezeichnet werden. Da sie als Last- oder Zugtiere gezüchtet wurden,
sind sie nicht als Reittiere geeignet aber beispielsweise auf Wanderungen oder
Spaziergängen können sie von der Gruppe geführt werden. Aufgrund
ihres ,,störrischen Verhaltens“ bieten Esel eine hervorragende Grundlage zur
Verbesserung der Kommunikation. 31
5.5. Hunde Aufgrund ihrer ausgezeichneten kommunikativen Art gegenüber Menschen,
sind Hunde sehr beliebte Begleittiere für Interventionen. Zum anderen sind
Hunde in sehr vielfältigen Bereichen einsetzbar, jedoch nicht in der dauerhaften
Haltung von Stationen. Hunde benötigen eine Bezugsperson an die sie sich
dauerhaft binden, alles andere wäre in diesem Fall nicht artgerecht, so könnte
eine Pflegeperson das Tier nach Feierabend mit nach Hause nehmen. 32Die
Lebenserwartung von Hunden ist sehr unterschiedlich. Große Hunde leben
teilweise nur 6 Jahre, wo hingegen kleine Hunde bereits weit aus über 20 Jahre
alt wurden. Die Kosten für einen Hund belaufen sich bereits bei der
Anschaffung von 100- 2000€. Hinzu kommen Haftpflichtversicherungen, Futter,
Tierarztkosten, Impfungen, Wurmkuren und Stunden bei Hundeschulen.
Dementsprechend sollte sich die Hundehaltung gut überlegt sein. Für die
Intervention sollte der Hund den sogenannten,, Grundgehorsam“ beherrschen.
Der Grundgehorsam beinhaltet Kommandos wie Sitz, Platz, Fuß, welche
bedingungslos durchgeführt werden, ebenso sollte das Abrufen sehr gut
funktionieren und die Leinenführigkeit ist ein Muss für jeden Begleithund. 33
Aufgrund der gemeinsamen Vergangenheit von Hunden und Menschen, hat
besonders diese Tierart eine hohe Anziehungskraft auf Kinder. Hunde
interagieren und motivieren Menschen mit ihnen in den Kontakt zu treten. Sie
stupsen beispielsweise ihre Nase an die Hand des Menschen, weil sie gelernt
haben, dass sie daraufhin gestreichelt werden. Das kann in Bezug auf die
Arbeit mit autistischen Menschen sehr nützlich sein. Während
Therapiesitzungen konnte beobachtet werden, dass Kinder mit Autismus-
Störungen die Wünsche und Emotionen von dem Hund im selben Raum zu
deuten wussten. Da es Menschen, die von Autismus betroffen sind, schwer fällt 31 Vgl. Prothmann S.104 32 Vgl. ebenda 33 Vgl. Beetz S.27
S e i t e | 19 die Mimik und Gestik des Gegenübers zu deuten, fällt es leichter, wenn der
Hund dieses für ihn übernimmt. Hunde nehmen jede kleinste Veränderung im
Inneren des Menschen wahr und kommunizieren dies klar und deutlich. Die
Authentizität und Einfachheit der Hunde macht es Autisten leichter ihre
Gesichtsausdrücke zu deuten.34 Aus diesem Grund wird in den folgenden
Kapiteln näher auf den Hund als begleitendes Tier eingegangen.
6. Grundlagen der Tiergestützten Intervention Bevor eine tiergestützte Intervention durchgeführt werden kann, bedarf es
einiges an Planung. Das vorangehende Kapitel beinhaltet alle zu beachtenden
Standards, sowie die Vorbereitung und den Ablauf eines tierischen Besuchs.
Die festzuhaltenden Merkmale dienen als Mindestmaß und als Orientierung. Sie
sind flexibel und durchaus erweiterbar.
6.1. Anforderungen an das begleitende Tier Nicht alle Tiere eignen sich als Therapietier. Wichtig ist es darauf zu achten,
dass in Betracht gezogenen Tieren, kein aggressives Verhalten zeigen, nicht
oder kaum schreckhaft reagieren und Menschen gegenüber aufgeschlossen
sind.
Geht man von Beispiel Hund aus sind Voraussetzungen für den Hund, um eine
Theraphiehundeausbildung beginnen zu können, folgende:
– Gesundheitszustand muss einwandfrei sein
– Freude an Kommunikation
– der Hund muss geduldig und entspannt sein
– er muss lernbegierig sein
– er sollte eine hohe Reiztoleranzschwelle aufweisen
– vertrauensvolle Beziehung zum Besitzer
– darf keine Aggressionen zeigen
– Wesensfest
– mindestens 12 Wochen alt
– ausgeprägter Spieltrieb
34 Vgl. Schmidt S.13
S e i t e | 20 Die Rasse und die Größe des Hundes spielt hierbei keine Rolle.
Eine Therapiehundeausbildung oder Begleithundeausbildung ist nicht
vorgeschrieben, jedoch sinnvoll. Auch einen Wesenstest, sollte der Hund im
Vorfeld durchlaufen.
Die Ausbildung des Therapiehundes beginnt mit dem Gruppenunterricht einmal
die Woche. Dieser Kurs widmet sich der Grunderziehung und dauert bei
regelmäßiger Teilnahme 10 Wochen. Anschließend nimmt das Mensch – Hund -
Team weitere 10 Wochen an den Vorbereitungskursen für einen Therapiehund
teil. Diese Treffen werden im Einzelnen oder in kleinen Gruppen bis zu 3 Teams
durchgeführt. Im Anschluss folgt die Begleithundeausbildung, ebenfalls 10
Wochen. Die Begleithundeprüfung findet wieder in Gruppenform statt. Alle
Treffen haben eine Dauer von 60 Minuten, da sonst die Belastung eines
unerfahrenen Hundes sehr zu spüren ist. Im Anschluss folgt die Theorieprüfung,
dann die Praxisprüfung des Begleithundes und dann kann die Ausbildung zum
Therapiehund beginnen. Aufgrund der großen Belastung dauert der Unterricht
hier nur 45 Minuten. Innerhalb 20 Wochen lernt der Hund alle Dinge die ein
Therapiehund können muss. Ebenfalls lernt er alle Dinge kennen, mit denen er
in seiner zukünftigen Laufbahn in Berührung kommt. Nach dem erfüllten Zoll
folgen einige Praxiseinsätze und abschließend die große Abschlussprüfung. Die
Kosten liegen hierbei inklusive der Prüfungsgebühren bei 1660 €. 35
Um den Vierbeiner artgerecht zu entlasten, ist es wichtig auch seine
rassetypischen Verhaltensmerkmale zu beschäftigen. Bei einem Retriever
beispielsweise das Apportieren. Hat der Hund keine der bereits erwähnten
Ausbildungen absolviert, ist es wichtig, ihn auf das bevorstehende
vorzubereiten. Geht man von der Arbeit mit Kindern mit Behinderung aus, sollte
der Hund an Rollstühle, veränderter Gang, gebeugte Haltung und ungewohnte
Geräusche gewöhnt sein. Im Idealfall ist es möglich, die Räumlichkeiten, in
denen zukünftig gearbeitet wird, schon einmal zu ,,beschnuppern“ und positiv
zu verknüpfen. Der Hundeführer könnte beispielsweise zu einer Zeit, in der
kaum Bewohner anzutreffen sind, mit dem Hund die Einrichtung oder das zu
Hause besuchen und ihn von Mitarbeitern streicheln lassen oder Leckerlies
geben lassen.
Um sich, bei einem Schadensfall, auch rechtlich absichern zu können, ist eine
35 Vgl. Millner 2016
S e i t e | 21 Haftpflichtversicherung unbedingt notwendig. Um die Mitarbeiter, Klienten und
das Tier zu schützen sind regelmäßigen Kontrollen von einem Tierarzt von
hoher Priorität.
6.2. Anforderungen an den Menschen Da der Verlauf der tiergestützten Intervention nicht allein vom Tier ausgeht, ist
es wichtig zu erläutern, welche Voraussetzungen der Therapiehundeführer mit
sich bringen sollte.
In erster Linie muss der Besitzer des Tieres Anzeichen wie Stress,
Überforderung oder Unwohlsein erkennen und in der Lage sein, sein Tier aus
dieser Lage zu befreien. Ebenfalls muss der Halter des Tieres ein Mindestmaß
an Wissen über Beschwichtigungssignale aufweisen.
Ein Wissen über die Krankheitsbilder der Gruppenteilnehmer ist durchaus von
Vorteil und auch von Nöten, da sich im Vorfeld mit krankheitstypischen
Verhaltensweisen auseinandergesetzt werden kann und eventuelle Risiken
eingeschätzt werden sollten. Es können noch vorhandene Ressourcen ermittelt
werden, die mit in den Handlungsablauf der tiergestützten Intervention
eingeplant werden können. Ein gewisses Interesse an der Arbeit mit
autistischen Menschen sollte selbstverständlich sein. Des Weiteren sollte
der/die AnleiterIn über eine hohe psychische Belastbarkeit verfügen, da es zum
einen aufgrund des Krankheitsbildes zu Konfrontationen kommen kann, zum
Anderen auch zu Konfrontationen im Sinne von Leid und psychischer
Belastung. 3620
Eigenschaften wie Freundlichkeit, Empathie, Ruhe und Geduld sollten stets
allgegenwärtig sein, da sich gegenteilige Eigenschaften auf das Tier auswirken.
Abschließend gilt zu sagen, dass immer häufiger Ausbildungen in diesem
Bereich angeboten werden. So bietet beispielsweise die ,,Akademie für
Tiernaturheilkunde Deutschland“ den Studiengang ,,Tiergestützte
Sozialarbeit“ an.
6.3. Hygieneaspekt Die Ausführung eine tiergestützten Intervention scheitert in den meisten Fällen
an ,,Hygieneproblemen“ oder wird zumindest durch derartige Bedenken
erschwert. Die Mitarbeiter befürchten, dass Tiere die Klienten eventuelle mit
36 Vgl. Greiffenhagen S.251 f.
S e i t e | 22 Krankheitserregern anstecken, die Gegenstände und Böden verschmutzen,
Verletzungen verursachen oder Allergien auslösen.
Dennoch sollte darauf geachtet werden, dass auf ,,Küsschen geben“ verzichtet
wird. Nach der Durchführung der TSI sollten die Hände gewaschen werden und
die Tiere sollten von Essen und Getränke ferngehalten werden. Gewisse
Räumlichkeiten wie Küche, Wäscherei oder Zimmer von Bewohnern mit
Tierhaarallergien sollten nicht betreten werden.
7. Wirkung von Tieren auf Menschen Sowohl Kinder, als auch Jugendliche und Erwachsene profitieren von einer
Mensch - Tier- Beziehung. Allgemein zu erwartende Wirkungen auf Menschen
beziehen sich sowohl auf die physische, psychische als auch auf die soziale
Ebene. Physisch lassen sich Faktoren nennen wie beispielsweise die
Stabilisierung des Kreislaufes, die Senkung des Blutdrucks, die Stabilisierung
des Immunsystems, Schmerzablenkung oder die Aktivierung der motorischen
Fähigkeiten. Wirkungen wie konstante, kontinuierliche Zuneigung, Reduzierung
von Stress, Spenden von Trost, Erhalt des positiven Selbstbildes oder auch die
verbesserte Erinnerungsmöglichkeit, zählen zu den psychischen Wirkfaktoren.
Im sozialen Bereich lässt sich unter anderem die verbesserte
Kooperationsbereitschaft nennen, die Reduzierung von Aggressivität,
Verbesserung der Empathie und die Steigerung von Verantwortungsgefühl. 37
Effekte der tiergestützten Interventionen resultieren überwiegend auf
theoretische Annahmen und Beobachtungen.
7.1. Nicht kognitive Wirkungen In den meisten Büchern und Studien wird erwähnt, dass Tiere eine
entspannende Wirkung auf Menschen haben. Um dies zu erklären kann die
Biophilie- Theorie nach Wilson (1984) herangezogen werden. ,, Beobachten
Menschen Tiere die entspannt sind, so wird auch ihre Anspannung
abnehmen.“ 38
Ein Forscherteam führte hierzu eine Untersuchung an 7 Probanden durch. Die
Interventionen fanden alle zwei Wochen, in einem Zeitraum von drei Monaten
37 vgl. Wesenberg S. 98 38 vgl. Wolfarth.S.7
S e i t e | 23 statt. Die übrigen Probanden fungierten als zweite Testgruppe. Die Teilnehmer,
die an dieser Studie teilnahmen, zeigten deutlich seltener aggressives
Verhalten, auch Ängste und Phobien wurden reduziert. Die zweite Gruppe
wiesen diese Ergebnisse nicht auf. Selbst die Betreuer sagten, dass die zu
betreuende Zeit der Teilnehmer abnahm.
Eine weitere Studie von Sellers untersuchte 4 Probanden in einer Zeit von vier
Wochen. In der ersten und dritten Woche wurde keine tiergestützte Intervention
durchgeführt, jedoch in Woche zwei und vier. In diesen Wochen wurden 15
minütige Sitzungen mit einem Hund durchgeführt. Videoaufzeichnungen zeigen
eine bessere Kooperationsbereit, positives Sozialverhalten und geringere
Aggressivität. Eine umfangreichere Studie von Churchill und Mitarbeitern zeigte
vergleichbare kurzzeitige positive Effekte. Neben der Reduktion von
aggressiven Verhaltensweisen wurde beobachtet, dass auch psychotisches
Verhalten verringert wurde. Hierzu führten Furstenberg und dessen Mitarbeiter
eine Studie mit 14 Demenz-Betroffenen durch. Der Zeitraum betrug sechs
Wochen. In diesen sechs Wochen bekamen die Probanden dreimal wöchentlich
Besuch von Katzen. 39
Die Untersuchungen von Friedmann im Jahr 2013 ergaben, dass auch der Grad
an Depression abnimmt, wenn die Probanden länger an
Interventionsmaßnahmen teilnehmen. Hierzu wurde ein Experiment von 12
Wochen mit 40 Teilnehmern durchgeführt. Aufgrund des verbesserten
Wohlbefindens, waren die Bewohner, weniger in ihren Alltagsfähigkeiten
beschränkt. Zusammenfassend weisen alle Studien auf die gleichen Ergebnisse
hin, obwohl unterschiedliche Herangehensweisen, Messinstrumente und
Zeiträume verwendet wurden.40
7.2. Wirkung auf das Sozialverhalten Im Verhältnis zu den nicht-kognitiven Effekten wurde auch das Sozialverhalten
untersucht. Die zu Personen wenden sich den Tieren zu, sind motiviert und
kommunizieren deutlich häufiger und länger.
Eine von Batson veröffentlichte Studie wurde mit 22 älteren Menschen
durchgeführt. Die ausgewählten Bewohner einer stationären Einrichtung
wurden in eine 10- minütige Sitzung mit einem Hund einbezogen. Die gleiche 39 vgl. Wesenberg S. 109 40 vgl. Wesenberg S.110
S e i t e | 24 Sitzung wurde mit den gleichen Personen, nur ohne Hund durchgeführt. Die
Unterschiede des Verhaltens in den Situationen war hierbei signifikant.
Berührungen, Blickkontakt, Bewegungen mit Körpereinsatz und Lächeln waren
während der Anwesenheit des Hundes viel häufiger zu beobachten.41
Vorliegende Studien zeigen, dass Menschen häufiger selbst die Initiative
ergreifen, wenn ein Tier anwesend ist. Sei es um in Kontakt mit dem Tier zu
treten, als auch in Kontakt mit anderen Menschen zu kommen.
7.3. Wirkung auf die Seele Durch den Kontakt eines Tieres wird das emotionale Wohlbefinden verbessert.
Bereits Mitte der 80er Jahre wurde Studien zu diesem Aspekt durchgeführt. Wie
schon erwähnt lächelten die Probanden häufiger. Studien zeigten zusätzlich,
dass die Studienteilnehmer allgemein fröhlicher, aufmerksamer und orientierter
waren. Es bleibt nicht aus zu sagen, dass die positiven Effekte der
Tiergestützten Arbeit nur von kurzer Dauer waren, wenn die Studie nicht
längerfristig durchgeführt wird. Kawamura, Niiyama und Niiyama (2007) führten
ein Interventionsprogramm über einen Zeitraum von einem Jahr durch. Hier
fanden alle zwei Wochen tiergestützte Interventionen statt. Das Projekt zeigte,
dass sich das emotionale Wohlbefinden der Testgruppe dauerhaft
verbesserte.42
7.4. Wirkung auf den Körper Tiere Wirken nicht nur auf menschliches Sozialverhalten oder auf die
menschliche Psyche ein, sondern auch auf unseren Körper.
Walsh konnte 1995 körperliche Veränderungen in seiner Testreihe
wahrnehmen. Der Blutdruck wurde verringert und die Herzfrequenz gesenkt,
dieses weißt auf einen entspannenden und Stress reduzierenden Effekt hin.
Vergleicht man die Studie mit der von Batson, welche keine signifikanten
Ergebnisse erbrachte, fällt der zeitliche Aspekt ins Auge. Batson führte 10-
minütige Sitzungen durch und Walsh dreistündige.
Toyama untersuchte 2007 die Schlafdauer und die Schlafqualität nach einer
tiergestützten Intervention. Das Resultat, nach dem tierischen Besuch war, dass
8 Tester besser und länger schliefen. Dies weißt darauf hin, dass sich eine 41 vgl. Wesenberg S. 114 42 Vgl. ebenda S. 116
S e i t e | 25 längerfristige Teilnahme an tiergestützten Interventionen, auch auf eine längere
Verbesserung des körperlichen Befindens auswirkt.43
8. Einfluss von Tieren auf Entwicklung im frühkindlichem Alter Das Tiere positive Auswirkungen haben, sowohl auf unsere physische
Gesundheit als auch auf die psychische, wurde bereits an Studien dargestellt.
Jedoch beschränkten sich diese in den meisten Fällen auf ältere Mitmenschen.
In diesen Studien waren ein Großteil der Probanden von Demenz betroffen,
doch nun stellt sich die Frage, welche Auswirkungen Tiere auf Kinder haben.
Hierzu gibt es einige wenige Studien. Vor allem in der frühkindlichen
Entwicklungsphase stellen die Verhaltensweisen der Eltern, welche gegenüber
ihrem Kind an den Tag gelegt werden, eine signifikante Rolle. In vielen Familien
sind Gewalt, Allein-Gelassen-Werden und Gleichgültigkeit an der
Tagesordnung. In diesen Fällen kann die Anwesenheit eines Tieres, positive
Auswirkungen auf das Kind haben. 44
Geht man nicht vom Worst Case aus, kann ein Tier als Co-Erzieher wirken und
eine unterstützende Haltung der Eltern einnehmen. Es kann
Verantwortungsbewusstsein übermittelt werden und das Selbstbewusstsein des
Kindes gestärkt werden Tiere gelten als empathisch, ausgeglichen, liebevoll
und meist gut gelaunt. Wichtig ist, dass nicht nur der bloße Besitz eines Tieres
ausreicht. Während ein Kind mit dem Tier spielt, werden zusätzlich
beispielsweise motorische Fähigkeiten geschult.45
Um die Einflüsse von Tieren auf Kindern in den unterschiedlichen
Wirkungsbereichen zu ermitteln, wird in den fortfolgenden Kapiteln näher auf
das Sozialverhalten, die Emotionalität, das Lernen, die Sprache, die Motorik
und die Sinneswahrnehmung eingegangen.
8.1. Sozialverhalten Insbesondere das Verhalten im sozialen Kontext verändert sich langfristig in der
frühkindlichen Entwicklung, wenn Kinder Bindungen mit Tieren eingehen. So
wird behauptet, dass Erwachsene, welche mit Katzen herangewachsen sind,
autonomer Handeln, als Personen, welche ohne Haustier groß wurden. Bei
43 Vgl. Wesenberg S. 122 44 Vgl. Walther S13 45 Vgl Walther S.14
S e i t e | 26 Kindern, welche mit Hunden heranwuchsen, wurde beobachtet, dass die
Fähigkeit in sozialen Interaktionen mit anderen Menschen zu treten, höher ist.
Des Weiteren wurden die Beobachtungen gemacht, dass Kinder, die mit
mehreren Tieren aufwuchsen, einen deutlich höheren Familiensinn besaßen
und dass diese kollegialer gegenüber anderen Kindern waren.46
Die Nachhaltigkeit kann daran ermittelt werden, dass der Großteil aller
Erwachsenen, welche mit Tieren aufgewachsen sind, auch im
Erwachsenenalter, eine Bindung mit einem Tier eingehen wollen. Kinder können
nicht nur besser kommunizieren, durch das Heranwachsen mit Tieren, sondern
sie lernen den Umgang mit anderen Lebewesen. Gerade der moralische Bezug
zu Hautieren, hilft Kindern positive Beziehungen mit anderen Menschen
einzugehen. 47
Aufgrund des Verhältnisses zwischen Sozialverhalten und Emotionalität ist der
Soziologe Robert H. Poresky der Ansicht, dass Kinder die eine Bindung mit
ihrem Haustier eingehen, in ihrer sozialen Entwicklung stark beeinflusst werden.
Aufgrund der unvoreingenommenen Art und der bloßen Akzeptanz, die Tieren
dem Menschen gegenüberbringen, wird das Selbstbild von Kindern, als auch
von Erwachsenen und Jugendlichen, im positiven Sinne verändert. Des
Weiteren sind viele Tiere, aufgrund ihrer Domestikation, auf uns Menschen
angewiesen, da sie sonst beispielsweise Hunger leiden würden. Dies gibt dem
Menschen, darunter auch dem Kind, das Gefühl gebraucht zu werden und
steigert das Verantwortungsbewusstsein. 48 Pflegt ein Kind ein Tier, fällt es ihm
leichter im Erwachsenenalter die Rolle der Eltern einzunehmen. Weitere
Ergebnisse zeigen, dass Kinder, die mit Tieren aufgewachsen sind, eher eine
Beziehung mit Vertrauen eingehen können, selbst wenn ihr soziales Umfeld von
Problemen geplagt ist, als Kinder ohne tierischen Einfluss, mit gut
funktionierender sozialen Umgebung.
,,Alles in allem wirkt sich demzufolge schon alleine die Begegnung mit einem
Tier und der daraus resultierende Kontakt zu ihm, durch die vorherrschende
Beziehungsqualität selbst, positiv auf die Lebensqualität des Kindes bis ins
Erwachsenenalter aus, da das Kind durch dessen Anwesenheit Nähe, Intimität
46 Vgl Greiffhagen S. 47 Vgl Walther S.15 48 Vgl ebenda S.16
S e i t e | 27 und Körperkontakt erlebt[…].“ 49
Unter anderen Aspekten des sozialen Verhaltens fällt auch, dass Kinder lernen
auch bei schlechtem Wetter mit ihrem Hund spazieren gehen zu müssen und
die damit einhergehende Pflichtgefühl. Eine englische Studie fand heraus, dass
Kinder, welche schon frühzeitig die Verantwortung für ein Tier übernahmen,
sehr viel mitfühlender seien. Da Tiere nicht durch verbale Sprache mit uns
kommunizieren können, lernen Kindern feinfühlig auf sie einzugehen und ihre
Gefühlslagen zu verstehen. Des Weiteren haben Tiere keine Vorurteile
gegenüber anderen Menschen, was eine weitere Lernsituation begünstigt.
Unsichere Kinder können durch Tiere Selbstbewusstsein aufbauen und über
das Tier in Kontakt mit anderen Menschen oder auch Kindern treten, da
Menschen mit Tieren auf Andere sympathischer wirken. Da tierische Freunde
das Verhalten des Menschen augenblicklich spiegeln, können Kinder lernen
und sich selbst besser reflektieren. Sie erlangen Wissen darüber, dass
beispielsweise die Bewegung, die sie gerade gemacht haben, zu ruckartig war
und dem Tier Angst eingejagt hat oder dass sie die Tonlage verändern und das
Tier daraufhin glücklich wirkt. Um zusammenfassend zu sagen, beeinflussen
Tiere das soziale Verhalten von Kindern in vielerlei Hinsicht und können für
einen Ausgleich sorgen, wenn das Verhältnis zwischen Kindern und ihren Eltern
gestört ist. 50
8.2. Emotionalität ,,Unter dem Begriff können alle Gefühlsregungen eines Menschen, positive
(Freude, Ausgelassenheit, Sympathie etc.) wie auch negative (Angst, Trauer,
Ärger etc.) zusammengefasst werden, im Sinne der Gesamtheit des
emotionalen Geschehens.“ 51
Das Sozialverhalten und das Gefühlsleben liegen nah bei einander, doch das
Gefühlsleben wird nicht auf kognitiver Ebene beschrieben. Aufgrund der
Ähnlichkeit dieser Bereiche gibt es ebenso vielseitige und umfassende
Erkenntnisse auf dieser Ebene. Bereits im sozialen Kontext konnte festgestellt
werden, dass Tiere auf Kinder eine unterstützende Wirkung haben, da sie unter
49 Vgl ebenda S.16 50 Vgl. Walther S.19 51 Vgl. Vernooji S.118
S e i t e | 28 Anderem das Selbstbewusstsein fördern, dieses dient auf der emotionalen
Ebene zur Beruhigung und dem Abbau von Angst. Vor allem Kindern, denen es
schwer fällt auf andere Menschen einzugehen und mit ihnen zu kommunizieren
oder wenn ein Kind einen Vortrag vor der gesamten Klasse halten soll, wirkt das
Tier entspannend. Da Tiere auch Angst auslösen können, kann dies,
beispielsweise bei starker Angst vor Hunden, eine Form der Intervention
werden und die Abbau von Angst bewirken.52 So könnten sich neue
Möglichkeiten für Kinder mit Angststörungen eröffnen.
Der Großteil von Kindern sucht beim ersten Anflug von Problemen die Nähe
von Tieren auf. In diesem Fall können die Tiere, als guter Freund, trösten,
Geborgenheit geben und Sicherheit ausstrahlen. Vor allem größere Hunde
können Kindern das Gefühl geben beschützt zu werden und geben ihnen den
Rückhalt für ein sicheres Auftreten. Ebenfalls können Kinder bereits früh lernen
mit Trauer umzugehen, wenn ein geliebtes Tier stirbt.53 Wird ein neues
Geschwisterkind geboren, Trennen sich die Eltern, stirbt ein nahestehender
Verwandter oder muss der Wohnort gewechselt werden, kann das Tier anders
herum stabilisierend wirken. 54 Haustiere sind oft Auslöser eines Lachens oder
Schmunzelns, sie gelten bei dem Großteil der Menschheit als süß, niedlich und
dienen der Belustigung. Forscher fanden heraus, dass Lachen, selbst ein
kleines Lächeln, Endorphine freisetzt. Werden in unserem Körper Endorphine
freigesetzt, sinkt teilweise die Empfindung von Schmerzen, steigt die
Frustrationstoleranz und kann uns euphorisch werden lassen. 55
8.3. Einfluss auf die Entwicklung des Lernens Lernen ist ein lebenslanger Prozess, welcher zu jeder Zeit stattfindet.56
Forscher sind davon überzeugt, dass Kinder, die mit Tieren zusammenleben,
effizienter lernen können. Das kann vielen Gründen zu Fuße liegen. Wie schon
in den vorigen Kapiteln beschrieben bauen Haustiere Stress ab. Mindern
Ängste und wirken entspannend. Hinzu kommt, dass Tiere den Menschen
animieren und somit die Motivation am Lernen erhöhen. Durch das Spiegeln
des Tieres und dessen Verhaltensmuster, erweitern Kinder ihr Wissen, welches
52 Vgl. Vernooji S.119 53 Vgl. Bergler S.63 54 Vgl. Walther S.20 55 Vgl. Greiffhagen S.38 56 Vgl. Vernooij S.127
S e i t e | 29 das ganze Leben lang angewendet werden und Anderen beigebracht werden
kann. Vertrauen Kinder ihrem Haustier Probleme an und reden mit ihnen über
diese, lernen sie sich selbst zu reflektieren und somit die Hilfe zur Selbsthilfe,
da ein Tier keine Ratschläge oder Tipps gibt. 57
Aufgrund des gesteigerten Selbstwertgefühls, kann sich dieses positiv auf das
vorhandene Wissen und dessen Präsentation auswirken. Ereignisse, die im
Zusammenhang mit Tieren gebracht werden, können im menschlichen Gehirn
anders verarbeitet und somit länger eingespeichert werden. Dies zeigt sich
besonders im Bereich der tiergestützten Arbeit im Bereich der
Demenzbetreuung. Tiere können in diesem Fall Reize geben um das
Langzeitgedächtnis anzuregen und Erinnerungen an die Kindheit hervorrufen.
Auch Eltern die mit Tieren aufgewachsen sind, bringen eher einen tierischen
Mitbewohner als Familienmitglied mit ein, als Erwachsene ohne
Berührungspunkten mit Tieren, was wiederrum ihren Kindern ermöglicht,
kognitiv weiter ausgebildet zu sein als Kinder ohne Haustiere. 58 Durch die
Interaktion mit dem Haustier, müssen Kinder lernen eigene Entscheidungen zu
treffen und lernen sich auf das Tier zu konzentrieren, was dazu führt, dass sie
langfristig über einen weiteren Zeitraum aufnahmefähig sind und sie lernen ihre
Kreativität im Spiel einzusetzen. Beispielsweise kann einem Hund ein Parcours
aufgebaut werden. Hierzu muss das Kind im Vorfeld Überlegungen treffen in
Bezug auf verwendete Hilfsmittel, ob es eine zweite Person braucht, wo der
Parcours langegehen soll und wo am besten begonnen werden soll. Hierzu
muss das Kind das Kommando übernehmen und ebenfalls den Hund
überzeugen diesen Hindernislauf zu absolvieren.59
8.4. Verbale und Nonverbale Kommunikation Die Kommunikation wird durch die Interaktion mit Tieren gefördert. Dies
geschieht unter anderem im Spiel aber auch durch das alleinige Benennen des
Tieres und dessen Beobachten. In der Regel werden Kommandos eingeführt,
die beispielsweise ein Hund oder eine Katze erlernen sollen. Trainiert nun ein
Kind mit diesen Befehlen wird die Verbalisierung dieser geübt. Kinder haben
das Bedürfnis mit dem Tier zu kommunizieren und lernen schneller sich klarer
auszudrücken. Doch nicht die verbalen Äußerungen sind der Schlüssel bei 57 Vgl. Greiffenhagen S. 84 58 Vgl. Walther S. 24 59 Vgl. Vernooij S. 126
S e i t e | 30 Tieren, denn diese Achten überwiegend auf unsere Körperhaltung und auf
Bewegungen. Diese müssen wir, wenn wir dem Tier Signale vermitteln wollen
und unsere Bedürfnisse und Wünsche ausdrücken wollen, klar deuten. So kann
ein Hund ein wildes Zappeln schwerer deuten als ein klares Zeichen
für ,,Platz“ beispielsweise. 60 Da Kinder Tiere als vollwertige Partner
anerkennen, erzählen sie ihm Geschichten, Dinge die sie bedrücken oder
erzählen einfach drauf los. Sie reden deutlicher und lauter, wenn das Tier eine
engere Bindung zu ihm hat und üben somit ihren Ausdruck. Tiere unterbrechen
Niemanden, wenn er Dinge wiederholt, sich verspricht oder etwas falsch
ausspricht, was das Vertrauen und die Bindung stärkt. Doch nicht nur das
Haustier dient als Gesprächspartner, sondern auch als Thema um ein Gespräch
zu beginnen. Studien haben ergeben, dass Kinder mit Haustieren, Aufgaben im
Bereich der Kommunikation, besser absolvieren konnten, als Kinder ohne
tierischen Mitbewohner. 61
8.5. Körperliche Entwicklung Im Bereich der Motorik gibt es ebenso positive Aspekte zur Entwicklung
festzuhalten. Bei der Hippotherapie wird beispielsweise der gesamte Körper mit
einbezogen und Bewegungsabläufe werden verbessert. Das Repertoire an
Bewegungen wird erweitert und die Koordination wird geschult. Aufgrund der
deutlichen Körpersprache, die wir gegenüber Tieren erbringen, wird auch die
Mimik und Gestik geschult und erweitert. Das Gefühl und Bewusstsein für den
Körper wird verbessert.62
Da einige Tierarten Bewegung benötigen und sich diese auch einfordern,
werden Kinder motiviert sich mit ihnen zu beschäftigen, was sich bei längeren
Aktivitäten, positiv auf die Gesundheit auswirkt. Auch das Streicheln oder
Bürsten übt Feinmotorik. Im Spiel lernen Kinder ihre Kraft einzuschätzen und
können schnell feststellen, wann sie ihrem Gegenüber Schmerzen zufügen. Sie
selbst können sich auspowern, was zur Vorbeugung von Adipostitas hilfreich ist.
Nicht nur die Motorik wird in allen Bereichen geschult, sondern auch die Sinne.
Vor allem im Zusammenhang mit Hunden lernen Kinder, dass diese ihre
Umgebung zuallererst Dinge über die Nase wahrnehmen. Da der Mensch
allerdings alles erst mit den Augen wahrnimmt lernen Kinder Feinheiten in der 60 Vgl. Greiffenhagen S.84 61 Vgl. Walther S.28 62 Vgl. Vernooij S.115
S e i t e | 31 Mimik und Gestik von Tieren zu beobachten. 63
,,Man weiß heute, dass Kleinkinder sehr differenziert Gesichter von Tieren einer
Art und Rasse unterscheiden können, die der erwachsene Mensch nicht mehr
als individuelle Gesichter wahrnimmt.[…]Dieses im Urteil der Wissenschaftler
sehr erstaunlicher Unterscheidungsvermögen verkümmert, wenn es nicht
trainiert wird, im Laufe der Jahre - >> und irgendwann sehen dann alle Affen
gleich aus<<“64
9. Bedürfnisse autistischer Menschen Jeder Mensch hat das Bedürfnis nach Bindung, Autonomie, Anerkennung,
Identität und körperlichem Wohlbehagen. Bereits in der Bindungstheorie wird
beschrieben, dass jeder Mensch das Bedürfnis nach Bindung hat und dies im
besonderen Maße im Kindesalter. Die Bindung ist das wohl wichtigste
Grundbedürfnis, abgesehen von Trinken, Essen usw., denn hier ist jede
Bindung gemeint.65 Geht man nun davon aus, dass es Autisten schwer fällt
Augenkontakt aufzubauen und zu halten oder körperliche Nähe zuzulassen, fällt
es schwer einen Einblick in die Emotionalität eines Menschen mit Autismus-
Spektrum- Störung zu bekommen. Ähnlich ist es bei dem Bedürfnis nach
Identität, da nicht bei allen Autisten geklärt werden kann, ob sie ein Verständnis
dafür entwickeln können, wer sie sind. Dennoch haben auch sie bevorzugte
Dinge, die genau sie ausmachen. Das Bedürfnis körperlich unversehrt zu sein
und auch zu bleiben, besitzt jeder psychisch stabile Mensch. Laut Ludwig
möchte jeder Mensch autonom sein. Die Welt mit seinen eigenen Augen
erkunden und selbständig Entscheidungen treffen. Dies gilt auch für
autistischen Menschen, ganz gleich wie viele Symptome auf sie zutreffen.
Autisten wird teilweise nachgesagt, arrogant zu wirken, doch dies geschieht nur,
weil sie gesellschaftliche Konventionen nicht so interpretieren, wie gesunde
Menschen und ein höheres Selbstwertgefühl haben. Es bleibt nicht aus zu
sagen, dass Menschen mit Autismus die gleichen Bedürfnisse, wie auch andere
Menschen haben können nur, dass lediglich ihre oder auch unsere
Wahrnehmung und der Blick auf sie getrübt ist.
63 Vgl. Walther S. 30 64 Vgl. Greiffenhagen S.81 65 Vgl. Ludwig S. 3
S e i t e | 32 Spätestens ab der 90er Jahren wurde das Modell für Menschen mit
Behinderung, in Deutschland, überdacht. Vor dieser Zeit lag der Fokus lediglich
im Bereich der Wissenschaft. Behinderungen und darunter auch Autismus
waren zu diesem Zeitpunkt nicht normal. Die Menschen mit Behinderung
verhielten sich nicht der gesellschaftlichen Norm entsprechend und wurden mit
ihrem,, Fehlverhalten“ allein gelassen. Seit der Neuorientierung galten
Menschen mit Behinderung als Individuen, welche voll und ganz von anderen
Menschen akzeptiert werden sollen.66
10. Therapiemöglichkeiten der Autismus- Spektrum- Störung Am wohl effektivsten und nachhaltigsten ist die Verhaltenstherapie im
Kindesalter. Hierzu können Kleingruppen im gleichen Alter dienen und sich
förderlich auf die Sprache auswirken. Zu Beginn der Therapie werden
Kleinkinder dahingehend beeinflusst Spielzeuge nach ihrem Sinn zu nutzen.
Weiterhin werden auch Körpersprache, Laute und Wortschatz trainiert. Des
Weiteren werden Situationen im Alltag wieder und wieder wiederholt, unter
anderem auch der Toilettengang, falls dieser Probleme bereitet, aber auch
zwanghafte Verhaltensmuster werden versucht aufzubrechen und Kontakte mit
anderen Menschen oder Kindern im gleichen Alter müssen geübt werden. Dem
Kind wird beigebracht sich den gesellschaftlichen Normen entsprechend zu
verhalten. Im besten Fall kann der Therapeut mit Bezugspersonen, wie Eltern
oder Erzieher, in Kontakt treten, um Vorgehensweisen, Fortschritte und
Rückschritte zu besprechen und umzusetzen. Ab ca. 6 Jahren kann das
Gruppentraining starten um weiterhin soziale Kompetenzen zu stärken oder
auch zu festigen. Wird der Klient mit Angststörungen in Verbindung gebracht,
kann auch eine Psychotherapie erfolgen. Dies geschieht zu Teilen auch in der
Gruppenform und dient der Reduzierung von Ängsten.
Weitere Störungen wie Impulsivität, zwanghaftes Handeln, Hyperaktivität,
Depressionen und Aggressivität gegenüber sich und andere, können mithilfe
von Medikamenten behandelt werden, wirken jedoch nicht gegen das
Störungsbild des Autismus. Sinnvoll wären auch Ergo- und Logopädietherapie
um Sprache und Motorik zu trainieren. 67
66 Vgl.Greiffenhagen S.122 67 Vgl. Freitag 2016
S e i t e | 33 Da Autisten schnell von ihrer Umgebung überfordert sind, wird beispielsweise in
der Autismus- Ambulanz Nürnberg eine Therapie zur Förderung der
Wahrnehmung angeboten. Um Kreativität zu fördern wird in dieser Einrichtung
auch die Musik- und Kunsttherapie angeboten. 68
11. Hund in der Therapie mit autistischen Kindern Bis heute ist es schwer die Symptome des Autismus zu behandeln. Aufgrund
dessen dient als Zielsetzung das Wohlergehen des Klienten, um die
Lebensqualität zu verbessern. Da jedes Kind mit Autismus individuell ist, eigene
Verhaltensweisen zeigt und unterschiedliche Fähigkeiten mit sich bringt,
müssen tiergestützte Interventionen in diesem Bereich flexibel gestaltet werden.
In der Intervention mit Hunden gibt es drei Formen der Interaktion. Zum einen
die freie Interaktion, zum Anderen die gelenkte Interaktion und weiterhin die
ritualisierte Interaktion. In der freien Interaktion gibt es keine Zielsetzungen.
Klient und Hund können sich ohne Bedingungen kennenlernen, kuscheln oder
spielen. In der gelenkten Interaktion werden im Vorfeld Ziele formuliert und
versucht, diese Stück für Stück zu erreichen, über vorher geplante
Interaktionen. Wie der Name verrät, werden in der ritualisierten Interaktion die
Ablaufpläne geplant und eingehalten. Besonders Autisten fällt es schwer auf
neue Situationen spontan und flexibel zu reagieren. Diese Art der Intervention
gibt ihnen Sicherheit. In allen Formen wird das Verhalten des Kindes
beobachtet und gegeben falls bestärkt. 69
Studien zeigen, dass Kinder mit autistischen Störungen Reaktionen auf Hunde
zeigten und positiv gegenüber menschlichem Kontakt eingestellt waren. Die
teilnehmenden Kinder waren interessiert und zeigten keine impulsartigen
Aggressionen mehr. Trotz der Behauptung, dass Menschen mit Autismus,
Objekte dem Menschen vorziehen würden, zeigte die Studie, dass Kinder den
Blickkontakt zu einem Hund wesentlich länger aufrecht erhielten, als im Kontakt
mit einem Menschen. 70
Um herauszufinden, ob diese Veränderungen lediglich dem Hund zuzuweisen
waren, wurde eine weitere Studie durchgeführt. In dieser nahmen 14 Kinder
und Jugendliche in einem Durchschnittsalter von 11,4 Jahren teil. Die
Aufeinandertreffen fanden in einem, mit Teppichboden ausgelegten, Raum 68 Vgl. Rubenbauer 2016 69 Vgl. Schmidt S. 15 70 Vgl. Prothmann S. 202 ff.
S e i t e | 34 ohne Möbel statt, der lediglich Spielzeug und Gegenstände zu Fellpflege
beinhaltete. Der Hundeführer wurde angewiesen nur Kontakt zum Kind
aufzunehmen, um den Hund und die im Raum vorhandenen Gegenstände
vorzustellen. Die Ergebnisse zeigen, dass unsoziales Verhalten abgebaut
wurde. Geprüft wurde auch zu wem die Kinder den ersten Kontakt aufnehmen.
Es zeigte sich, dass in allen Fällen erst Kontakt zum Hund gesucht wurde. Des
Weiteren wiesen einige Kinder sogar längere Interaktionen mit dem Hund auf
als für sie typisch. Die Probanden waren ebenso von den Hunden
angesprochen, wie nicht autistische Kinder. Mit dieser Studie sehen die
Forscher die Theorie, dass Autisten unbelebte Dinge bevorzugen, widerlegt. Da
Hunde keine Sprache haben, waren die teilnehmenden Kinder angehalten, ihre
Körpersprache einzusetzen. Dies zeigt, dass tiergestützte Interventionen für
den sozialen Kontext förderlich sein Können. 71
12. Resümee und Reflexion Aufgrund der vielen verwendeten Begriffen, die für die tiergestützte Arbeit
verwendet werden, stiftet es oft Verwirrung und führt gelegentlich dazu, dass
einige Menschen diesen Begriff benutzen, ohne dabei professionell zu arbeiten.
Weiterhin fällt ins Auge, dass die tiergestützten Interventionen in Deutschland
immer mehr Beliebtheit genießen, aber dennoch in vielen Einrichtungen nicht
eingesetzt werden. Die gesammelten Informationen machen deutlich, dass
Tiere, insbesondere Hunde eine tolle Chance für beinahe jeden Autisten
darstellen. Sie bieten ihnen die Möglichkeit mit der Umgebung in Kontakt zu
treten und das Leben etwas leichter zu machen. Vor allem für Autisten können
Umwelteinflüsse angsteinflößend wirken und Stress auslösen, da Tiere diesem
entgegenwirken, kann eine Situation geschaffen werden, in der zu ihnen
vorgedrungen werden kann. Diese Momente bieten die Gelegenheit eine
günstige Lernsituation durch Entspannung und Konzentration zu schaffen.
Positive Erfahrungen mit Tieren, bieten gute Grundlagen um diese auf den
Kontakt mit Menschen zu beziehen. Aus eigenen Erfahrungen kann bestätigt
werden, dass Tiere als Katalysator, Türöffner und Brückenbauer dienen können.
Sie stärken Selbstbewusstsein, regen die Sinne an und bringen uns zum
Lachen.
Festzustellen war, dass die Literatur, die sich explizit mit diesem konkreten 71 Vgl. Prothmann S. 212
S e i t e | 35 Fachbereich auseinandersetzt, sehr notdürftig ausfällt. Um tiefgründiger
verstehen zu können, wie Tiere die Aufmerksamkeit des Menschen an sich
ziehen, musste vorab herausgefunden werden, warum dies der Fall ist. Dabei
ergab sich, dass es viele Theorien hierzu gibt und nur eine Handvoll ausgewählt
werden konnten. Da ein Überblick über die zahlreichen Tierarten im
therapeutischen Kontext verschafft werden sollte, wurde ein kurzer Einblick
gewährt. Hierbei war festzustellen, dass Wildtiere als Co-Therapeuten
ungeeignet sind und Hunde sich im Bereich der Autismus-Therapie am besten
eignen, da die lange Phase der Domestikation sie geprägt hat, aber auch
Pferde eine beliebtes Medium sind. Dies zeigt sich im Wiederspiegeln der
Gefühle von Menschen, da Hunden keine Veränderung in unserem Innersten
entgeht. Was die Wirkungsbereiche der Tiere auf den Menschen betrifft, wurden
zum einen die Wirkungen auf den Menschen allgemein beschrieben und der
Einfluss auf die frühkindliche Entwicklung. Dabei ergab sich, dass Tiere einen
durchaus positiven Einfluss auf den Menschen haben und das Kinder aus dem
Zusammenleben mit Tieren profitieren.
Es bleibt nicht aus zu sagen, dass jeder Mensch individuell bleibt, mit eigenen
Bedürfnissen, Wünschen und Ängsten und nicht für jeden Klienten die
tiergestützte Therapie geeignet ist, aber dennoch einen Versuch wert ist.
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Quellenverzeichnis Aarons, M., Gittens, T. (1999). Das Handbuch des Autismus. Ein Ratgeber für Eltern und Fachleute. (2.Auflage). Weinheim und Basel: Beltz Verlag Beetz, A. (2013). Hunde im Schulalltag. (2.Auflage). München: Ernst Reinhardt, GmbH & Co KG, Verlag. Bergler, R. (1994). Warum Kinder Tiere brauchen. Informationen, Ratschläge, Tips. (2. Auflage). Freiburg im Breisgau: Herder Verlag. Endenburg, N. (2003). Der Einfluß von Tieren auf die Frühentwicklung von Kindern als Voraussetzung für tiergestützte Psychotherapie. In E. Olbrich, C. Otterstedt (Hrsg), Menschen brauchen Tiere. Grundlagen und Praxis der tiergestützten Pädagogik und Therapie (S. 121- 130). Stuttgart: Kosmos Verlag Freitag, C. M.(o.J.). Therapeutische Möglichkeiten bei Autismus-Spektrum-Störungen. URL: http://www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/kinder-jugend-psychiatrie/erkrankungen/autismus-spektrum-stoerung-ass/therapie/ [Stand 13.06.2016] Greiffenhagen, S., Buck-Werner, O. N, (2007). Tiere als Therapie. Neue Wege in Erziehung und Heilung. Mürlenbach: Kynos Verlag. Kirchpfenning, M. (2012). Hunde in der Sozialen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. München: Ernst Reinhardt Verlag Ludwig, U. (o.J.). Was wir wollen und was wir brauchen – Seelische Grundbedürfnisse URL [http://www.ludwig-ulrike.de/docs/grundbeduerfnisse.pdf] Stand: 14.05.2016 Millner, N. Ausbildung zum Therapiehundebegleitteam. URL: http://www.vierbeiner-academy.de/therapiebegleithund.html [Stand 03.05.2016] Prothmann, A. (2014). Tiergestützte Kinderpsychotherapie: Theorie und Praxis der tiergestützten Psychotherapie bei Kindern und Jugendlichen. Frankfurt am Main: Peter Lang Verlag Richmann, S. (2004). Wie erziehe ich ein autistisches Kind? Grundlagen und Praxis. Bern: Hans Huber Verlag Rubenbauer, G. (o.J.). Förderung und Therapie URL: [http://www.autismus-ambulanz.de/cms/front_content.php?idcat=86] Stand 10.06.2016 Schmidt, S. (2013). Hundgestützte Therapie bei Kindern mit Autismus. Norderstedt: Grin Verlag GmbH
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Abbildungsverzeichnis Abbildung 1 ………………………………………………………………….Deckblatt Quelle: Katharina Heuer Abbildung 2 ………………………………………………………………………..…9 Quelle: http://images.google.de/imgres?imgurl=http%3A%2F%2Fdas-universalprinzip-buch.de%2Fimg%2Fumwelt1.jpg&imgrefurl=http%3A%2F%2Fdas-universalprinzip-buch.de%2Fnewsletter%2Fumweltverschmutzung.php&h=270&w=580&tbnid=NqsW5HRqbak4jM%3A&docid=-v5Fs7FZ7YHilM&ei=vnpsV-2SAsz1avbWmagD&tbm=isch&client=firefox-b-ab&iact=rc&uact=3&dur=1100&page=4&start=69&ndsp=24&ved=0ahUKEwjt6ZifsL_NAhXMuhoKHXZrBjUQMwjFAShRMFE&bih=631&biw=1366 [Stand 13.06.2016] Abbildung 3 ……………………………………………………………………….…10 Quelle:http://images.google.de/imgres?imgurl=http%3A%2F%2Fwww.gruenderszene.de%2Fwp-content%2Fuploads%2F2012%2F10%2FHeimtiere.jpg&imgrefurl=http%3A%2F%2Fwww.gruenderszene.de%2Fallgemein%2Ftierfutter-e-commerce&h=290&w=570&tbnid=HBTlrs9S8ArH4M%3A&docid=shJnKmyo4hZahM&ei=ukxlV-2tN8j8UJbDjTg&tbm=isch&iact=rc&uact=3&dur=708&page=1&start=0&ndsp=17&ved=0ahUKEwjt8ruw17HNAhVIPhQKHZZhAwcQMwgoKAYwBg&bih=631&biw=1366 [Stand 13.06.2016]
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