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Volksdeutsche in Südosteuropa als Wehrfähige für
Wehrmacht und Waffen-SS
Diplomarbeit
zur Erlangung des akademischen Grades
eines Magisters der Geschichtswissenschaften
an der Karl-Franzens-Universität Graz
vorgelegt von
Fabian JUD
am Institut für: Südosteuropäische Geschichte und Anthropologie
Begutachter: Ao.Univ.-Prof.i.R. Dr.h.c.mult. Dr.phil. Harald Heppner
Graz, 2017
2
Inhaltsverzeichnis
Danksagung 6
Vorwort 6
I Einleitung 7
II Hauptteil 10
1. Die Wiedergeburt des deutschen Militarismus 10
1.1. Waffenstillstand und die Zeit der Nachkriegswirren 10
1.1.1. Das Ende des Ersten Weltkrieges 10
1.1.2. Der Friede von Versailles 11
1.1.3. Die Bildung der Freikorps 12
1.1.4. Der Spartakusaufstand 14
1.1.5. Der Lüttwitz-Kapp-Putsch 14
1.2. Von der kaiserlichen Armee zur Wehrmacht 16
1.2.1. Die Bildung der Reichswehr 16
1.2.2. Zurück zu alter Stärke 18
1.2.3. Die Wehrmacht vor Kriegsbeginn 19
1.3. Die Entstehung der Waffen-SS 19
1.3.1. Die Stabswache 20
1.3.2. Der schwarze Orden 20
3
1.3.3. Aufruhr in der SA und die Nacht der langen Messer 22
1.3.4. Die SS-Verfügungstruppe und die Geburtsstunde der Waffen-SS 23
1.4. Rekrutierung, Ausbildung und Erziehung 25
1.5. Drei Kategorien von Waffen-SS-Divisionen 27
2. Rumänien und die deutsche Volksgruppe 29
2.1. Geschichtlicher Überblick und Situation vor Beginn des Zweiten Weltkrieges 29
2.1.1. Rumänien in der Zwischenkriegszeit und als Verbündeter Deutschlands 29
2.1.2. Geschichtlicher Überblick der Deutschen Rumäniens 32
2.1.3. Rumäniendeutsche in der Zwischenkriegszeit 38
2.1.4. Demographische Betrachtungen 41
2.2. Zeit der illegalen Eintritte und zähen Verhandlungen 42
2.2.1. Die ersten Eintritte in das deutsche Militär 43
2.2.2. Aktion der 1000 44
2.2.3. Das Tauziehen um die Volksgruppe 46
2.2.4. Verbotene und illegale Werbungen 1940 bis 1942 49
2.2.5. Die Niederlage bei Stalingrad und der Weg zu legalen Rekrutierungen 52
2.2.6. „Heim ins Reich“: Umsiedelung und Rekrutierung 54
2.2.7. Rekrutierung in Transnistrien 57
2.3. Durchführung der Massenrekrutierung 58
2.3.1. Das Waffen-SS-Abkommen 58
2.3.2. Anwerbung und Verlautbarung 61
2.3.3. Die Musterung 62
4
2.4. Das Für und Wider des Beitritts zur Waffen-SS 63
2.4.1. Waffen-SS oder rumänische Armee 63
2.4.2. Monetäre Vorzüge - Besoldung und Sozialleistungen 64
2.4.3. Antibolschewismus 65
2.4.4. Der Mythos „Deutschland“ 66
2.4.5. Ideologie und Bewunderung als treibende Kraft 67
2.4.6. Der rumänische Staat während der SS-Aktion 69
2.4.7. Der Rumänisierungsdruck 71
2.4.8. Der Druck innerhalb der Volksgruppe 72
2.4.9. Gründe gegen den Eintritt in die Waffen-SS 73
2.4.10. Zwangsanwendung 75
2.5. Ergebnisse der Rekrutierung 78
2.6. Herkunft und soziales Umfeld der Rekruten 80
2.7. Rekrutierungen des Jahres 1944 82
3. Ungarn und die deutsche Volksgruppe 83
3.1. Geschichtlicher Überblick und Situation vor Beginn des Zweiten Weltkrieges 83
3.1.1. Ungarn in der Zwischenkriegszeit und als Verbündeter Deutschlands 84
3.1.2. Geschichtlicher Überblick der Deutschen Ungarns 86
3.1.3. Ungarndeutsche in der Zwischenkriegszeit 89
3.1.4. Demographische Betrachtungen 92
3.1.5. Zweiter Wiener Schiedsspruch und das Volksgruppenprotokoll 94
3.1.6. Die neuen Ungarndeutschen: Barnau, Batschgau und Siebenbürgen 96
5
3.2. Illegale Rekrutierung der Ungarndeutschen 97
3.3. Erste Massenrekrutierung 98
3.3.1 Weg zur ersten Massenrekrutierung 98
3.3.2. Rekrutierungen in Nordsiebenbürgen 100
3.3.3. Ergebnis der ersten Massenrekrutierung 101
3.3.4. Motivation der Rekruten 102
3.4. Zweite Massenrekrutierung 103
3.4.1. Durchführung, Motivation zum Eintritt und Ergebnisse 104
3.5. „Vierte“ illegale SS-Rekrutierungsaktion 106
3.6. Drittes Rekrutierungsabkommen und allgemeine Wehrpflicht 107
3.6.1. Rekrutierungsaufruf und Durchführung der Aushebung 108
3.6.2. Ergebnis der 3. SS-Truppenersatzaktion 111
3.7. Widerstand gegen die Rekrutierungsmaßnahmen 112
4. Ausbildung und Fronteinsatz der Volksdeutschen 114
4.1. Ausbildung der volksdeutschen Rekruten 114
4.2. Fronteinsatz und Verbände mit hohem Anteil an Volksdeutschen 119
4.3. Kampfwert 121
4.4.Verluste und Kriegsgefangenschaft 126
III Schluss 127
IV Literaturverzeichnis 130
6
Danksagung
Ich möchte mich im Zuge dieser Arbeit zu aller erst bei meinen Eltern bedanken, die mir die-
ses Studium und in weiterer Folge den Abschluss an einer Hochschule ermöglicht haben. Oh-
ne ihre Unterstützung wäre dies niemals zu bewerkstelligen gewesen. Ebenso möchte ich
mich bei meinem Betreuer, Dr. Harald Heppner, herzlich für seine Ratschläge und Hinweise
bedanken, die mir das Erarbeiten des Gebietes merklich erleichtert haben. Abschließend
möchte ich mich noch bei allen Personen bedanken, die geholfen haben, diese Arbeit von
Rechtsschreibfehlern, Schwächen in der Formulierung, inhaltlichen Lücken und Wiederho-
lungen zu befreien. Die Anregungen haben geholfen, den Fehlerteufel auszutreiben. Zu guter
Letzt möchte ich mich auch noch bei jenen bedanken, die mir im Laufe dieser Arbeit mit Rat
und Tat zur Seite standen, aber bis jetzt noch keine Erwähnung fanden.
Vorwort
Lange bevor noch überhaupt die Wahl meines Studiums feststand, galt mein Interesse bereits
der Zeit rund um den Zweiten Weltkrieg. Allerdings faszinierte mich nicht ausschließlich der
bewaffnete Konflikt an sich, sondern es begeisterten mich auch die Gründe für dessen Aus-
bruch und die Konsequenzen danach. Gerade die teilweise komplexe ethnische Situation in-
nerhalb Europas, besonders am Balkan, welche nach Beendigung des Krieges für große Prob-
leme sorgte, weckte zusehends meine Neugier. Die Arbeit bot demnach die optimale Mög-
lichkeit beide Interessensfelder miteinander zu kombinieren. Persönlich haben mich die Er-
eignisse sehr erschüttert, die im Zuge der Rekrutierungen losgetreten wurden. Möge uns das
Geschehene an die Wichtigkeit eines geeinten und friedlichen Europas erinnern!
Graz, im März 2017 Fabian Jud
7
I Einleitung
„[…] wenn eine Volksgruppe halbwegs passabel geführt wird, dann melden sich schon alle
freiwillig, und diejenigen, die sich nicht freiwillig melden, bekommen eben die Häuser einge-
schlagen!“1
Diese Zeilen schrieb Gottlob Berger, Chef des SS-Hauptamtes, an Rudolf Brandt bezüglich
der Frage nach einer volksdeutschen Wehrpflicht. Unschwer kann man erkennen mit welchem
Nachdruck die Führung der SS das Wehrpotenzial der Volksdeutschen in Südosteuropa aus-
zuschöpfen gedachte. Das Zitat macht auch sehr schön deutlich, dass man im Falle des Falles
auch nicht vor Gewaltanwendung zurückschrecken würde.2
Genau um den Aspekt der Anwerbung, Rekrutierung und Musterung von Volksdeutschen in
Südosteuropa geht es in der vorliegenden Diplomarbeit. Der Fokus liegt hier eindeutig auf
dem Terminus des Wehrfähigen für die deutschen Streitkräfte, einerseits für die Waffen-SS,
andererseits für die Wehrmacht. Zu diesem Zweck wurde die Situation der Volksdeutschen
während des Zweiten Weltkrieges in den beiden Nachbarländern Rumänien und Ungarn un-
tersucht. Die Auswahl dieser beiden Staaten wurde aus folgenden Gründen getroffen: Einer-
seits wiesen die beiden Staaten eine ähnlich große Volksgruppe mit geschlossenen deutschen
Siedlungsgebieten auf, andererseits waren sie autonome Nationen mit souveränen Regierun-
gen. Im Gegensatz zu Jugoslawien, welches seit 1941 unter deutscher Militärkontrolle stand,
musste sich das Dritte Reich durch zähe Verhandlungen kämpfen, um die Rekrutierung der
Volksgruppe in Ungarn und Rumänien realisieren zu können. Dieses politische Ringen um die
Zukunft der deutschen Minderheit soll ebenso Teil dieser Abhandlung sein, wie die dadurch
entstandenen Spannungen und Probleme.3
Die sicherlich wichtigste Literatur zum Thema dieser Arbeit stellte das Buch von Paul Milata
dar, welches sehr tief in die Materie eindringt und die Thematik beinahe zur Gänze erfasst. So
geht Milata in seinem Werk nicht nur auf die Rekrutierung der Volksgruppe an sich ein, son-
dern deckt im Wesentlichen das gesamte Spektrum des Dienstes eines Rumäniendeutschen in
der Waffen-SS ab. Es ist die einzige Publikation, die sich in dieser Ausführlichkeit mit den
1 CASAGRANDE Thomas, Die volksdeutsche SS-Division „Prinz Eugen“. Die Banater Schwaben und die national-
sozialistischen Kriegsverbrechen. Frankfurt am Main 2003, S. 266f. 2 CASAGRANDE, SS-Division, S. 266f.
3 Vgl. MICHAELIS, Volksdeutschen, S. 9, 29, 34, 39, 49.
8
volksdeutschen Rekruten beschäftigt.4 Daneben war das Werk von Georg Wildmann von gro-
ßer Bedeutung für diese Arbeit, da es sehr ausführlich auf die Eigenheiten der deutschen
Volksgruppen in Rumänien und Ungarn eingeht. Der Schwerpunkt des Autors liegt aber we-
niger auf dem militärischen Aspekt, sondern befasst sich hauptsächlich mit der Entwicklung
der Minderheiten nach dem Ersten Weltkrieg und dem späteren Einfluss des Nationalsozia-
lismus. Ebenso werden demographische und soziale Veränderungen sehr genau beschrieben
und untersucht.5 Miklós Füzes schildert in seinem Beitrag die Rekrutierung der Ungarndeut-
schen, welcher einer der wenigen verfügbaren Forschungen in diesem Bereich darstellt. Seine
Untersuchung ist deutlich weniger tiefgehend als die von Milata, bietet dennoch einen fun-
dierten Einblick in die Thematik, lässt aber auch mangels Umfang viele Punkte ungeklärt.6
Als Primärquelle dienten diverse Ausgaben der „Südostdeutschen Zeitung“ des Jahres 1943,
Edition Banat, welche dankenswerterweise von der österreichischen Nationalbibliothek zur
Verfügung gestellt wurden. Die Zeitung bot einen spannenden Einblick in das Tagesgesche-
hen innerhalb der Volksgruppe, sowie der angewandten Propaganda, um die Rumäniendeut-
schen für die deutschen Streitkräfte begeistern zu können.7
Zum Forschungsstand an sich ist zu sagen, dass die Thematik der Auslandsdeutschen sich
grundsätzlich großer Beliebtheit und regem Interesse erfreut. So sind seit Kriegsende zahlrei-
che Werke über diverse deutsche Siedlungsgruppen in ganz Europa entstanden, wovon auch
viele in dieser Arbeit Verwendung fanden. Diese wurden von diversen Vereinigungen heraus-
gegeben, die zum Teil von vertriebenen Auslandsdeutschen gegründet wurden oder sich zum
Ziel gesetzt haben die Geschichte der Donauschwaben zu beforschen, um nur ein Beispiel zu
nennen. Daneben haben auch Privatpersonen zur Beforschung des Themas beigetragen, sei es
simplem Interesse an der Materie oder einem persönlichen Bezug geschuldet. Auffällig ist
allerdings, dass die meisten dieser Bücher sich mit der Ansiedelung, der Lebensweise oder
den kulturellen Leistungen der diversen Volksgruppen beschäftigen. Ein zentrales Ereignis in
der Geschichte der Donauschwaben, Banater und Siebenbürger bildet die Vertreibung, Er-
mordung und Verschleppung nach Kriegsende. Die wenigsten Publikationen beschäftigen
sich mit der Teilnahme volksdeutscher Personen am Krieg und dem Dienst in der Wehrmacht
4 Vgl. MILATA Paul, Zwischen Hitler, Stalin und Antonescu. Rumäniendeutsche in der Waffen-SS (= Studia Tran-
sylvanica 34). Köln [u.a.] ²2009. 5 Vgl. WILDMANN Georg, Die Tragödie der Selbstbehauptung im Wirkfeld des Nationalismus der Nachfolgestaa-
ten 1918 – 1944 (= Donauschwäbische Geschichte 3). München 2010. 6 Vgl. FÜZES Miklós, SS-Truppenersatz in Ungarn zwischen 1941 – 1944. In: ROTH Franz (Hg.), Beiträge zum
Geschichtsbild der Donauschwaben. Wissenschaftliches Symposium 22. – 23. Oktober 1999 Haus der Do-nauschwaben Salzburg (= Donauschwäbische Beiträge 108). Salzburg 2001, 15-38. 7 Vgl. http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=bdz&datum=1943&zoom=33 (am 23.03.2017).
9
oder Waffen-SS. Ebenso wird eher spärlich bis überhaupt nicht über ein mögliches Mitwirken
an Kriegsverbrechen und dem Holocaust berichtet. Es scheint als würde die Auseinanderset-
zung mit der Rolle des (Mit-)Täters dem Schicksal eines vertriebenen und gepeinigten Volkes
gewichen sein. Milata geht in seinem Buch auf diesen Umstand ein.8 Der Großteil der Werke
wurde auf Deutsch verfasst, eine kleine Anzahl, auch auf Englisch. Daneben finden sich Pub-
likationen von Historikern, der ehemals von Volksdeutschen bewohnten Gebiete, in der jewei-
ligen Landessprache.
Das Hauptziel der Arbeit war die Rekrutierungen der deutschen Bewohner in Ungarn und
Rumänien nachzuzeichnen. Hauptaugenmerk wurde hier auf die Motivation zum Eintritt in
die deutschen Streitkräfte gelegt. Was also bewog diese Menschen sich den „Deutschen“ an-
zuschließen und welche Beziehung hatten sie zum Nationalsozialismus? Ferner sollten aktiver
Widerstand und Gegenmaßnahmen untersucht und betrachtet werden. Ebenso entscheidend
waren die Verhandlungen Berlins mit Bukarest und Budapest, die den Massenrekrutierungen
vorausgingen, was gleich die nächste Frage aufwirft: Welchen Vorteil versprachen sich die
Regierungen Ungarns und Rumäniens von den Rekrutierungsabkommen? Abschließend wur-
den die Ergebnisse der Rekrutierungen untersucht und der Kampfwert der volksdeutschen
Soldaten betrachtet. Waren die Wehrfähigen Südosteuropas tapfere und wertvolle Soldaten
oder nur simples Kanonenfutter, welches bedenkenlos verheizt werden konnte? Um diese
Fragestellungen beantworten zu können, wurde auf ein möglichst großes Spektrum an Litera-
tur zurückgegriffen, soweit möglich. Auf Interviews wurde gänzlich verzichtet.
Die Abhandlung gliedert sich in vier Großkapitel, wobei das erste die Bildung der Wehrmacht
und Waffen-SS beschreibt. Hier wurde auf die Eigenheiten der beiden Organisationen Wert
gelegt, was eine spätere Eingliederung der Volksdeutschen greifbarer machen soll. Die Kapi-
tel zwei und drei beschäftigen sich dann mit der rumänischen und ungarischen Volksgruppe
sowie dem jeweiligen Heimatland. So werden hier die Ansiedelungen, die Geschichte zwi-
schen den Weltkriegen und die Rekrutierungen ausführlich untersucht. Diese beiden Kapitel
werden den Kern dieser Arbeit stellen und fallen so deutlich größer aus als die Kapitel eins
und vier. Mangels Quellen fiel Kapitel drei kürzer aus als geplant. Das vierte und letzte Kapi-
tel beschäftigt sich mit der Eingliederung, Ausbildung und dem Kriegseinsatz der volksdeut-
schen Rekruten. Untersuchungen zur Kampfkraft und Kriegsgefangenschaft runden den ab-
schließenden Teil der Arbeit ab. Auf die Geschehnisse nach Kriegsende wurde verzichtet, da
dies sonst den Umfang der Arbeit gesprengt hätte.
8 Vgl. MILATA, Antonescu, S. 299.
10
II Hauptteil
1. Die Wiedergeburt des deutschen Militarismus:
Die Wehrmacht war zweifelsohne eine der beeindrucktesten und kampfstärksten Heeresver-
bände der Geschichte. So bieten nicht nur ihre Siege, sondern auch vielmehr die Niederlagen
bis zum heutigen Tage Anlass zur Diskussion und Analyse. Auch wenn der militärische Ap-
parat aus Land-, Luft- und Seestreitkräften bestand, werden sich die folgenden Kapitel auf das
Heer beschränken, da die beiden anderen Teilstreitkräfte nicht für meine Untersuchungen
relevant sind.9 Ebenso wie die Wehrmacht war auch die Waffen-SS eine schlagkräftige
Kampfformation, die sich aber ebenso erst aus den Trümmern, die der Erste Weltkrieg hinter-
lassen hatte, bilden musste. Der Fokus soll aber klar auf den bewaffneten Verbänden liegen,
auch wenn es notwendig ist, zuvor die Entstehung der allgemeinen SS zu umreißen. All dies
sollen die folgenden Seiten tun.10
1.1. Waffenstillstand und die Zeit der Nachkriegswirren:
Doch bevor es zur Entstehung der Wehrmacht und Waffen-SS kam, sah sich Deutschland
schweren inneren Unruhen und Problemen ausgesetzt und hatte mit den harten Bedingungen
des Friedensvertrages zu kämpfen. In den folgenden Kapiteln soll dieser Umstand untersucht
werden.
1.1.1. Das Ende des Ersten Weltkrieges:
Nach über vier Jahren von unerbittlichem und grausamem Ringen, schwiegen schließlich am
11. November 1918 um 11 Uhr Vormittag endgültig die Waffen. Deutschland unterzeichnete
im Wald von Compiègne ein Waffenstillstandsabkommen.11
Im Frühling des Jahres 1918
hatte es sogar noch nach einem möglichen deutschen Sieg ausgehen, da nach dem Zusam-
menbruch der russischen Armee plötzlich gewaltige Mengen an kampferprobten deutschen
Truppen für einen neuen Angriff im Westen zur Verfügung standen. Das russische Zarenreich
wurde durch die Oktoberrevolution de facto aufgelöst und die Bolschewiki übernahmen die
Macht. Diese schlossen dann mit dem kaiserlichen Deutschland einen Separatfrieden. Die
9 Vgl. RIPLEY, Weltkrieg, S. 8.
10 Vgl. WILLIAMSON, Instrument, S. 7.
11 Vgl. VOCELKA, Neuzeit, S. 609.
11
Machtübernahme bestärkte auch in Deutschland den Wunsch sich der Monarchie nach russi-
schem Vorbild zu entledigen. Auch wenn es in dieser Phase nicht zu einem Aufstand der lin-
ken Gruppierungen kam, so soll doch erwähnt sein, dass sich die SS und ihre ideologischen
Vorgänger in späterer Folge eben durch diesen Kampf in ihrem Selbstbild definieren sollten.12
Die Offensive an der Westfront, die die Wende hätte erzwingen sollen, scheiterte allerdings
und ließ wenig Spielraum für weiteres Vorgehen. So sah sich das Kaiserreich innenpolitisch
großem Druck ausgesetzt. Nicht zuletzt auch wegen der Nahrungsmittelknappheit war das
Land gezwungen, den Krieg möglichst schnell zu beenden. Auch wenn die kaiserliche Armee
durch den Waffenstillstand nach Hause zurückkehren konnte, so war sie dennoch ihrer
Kampfkraft sowie Moral beraubt und hätte einem Ansturm der Entente nicht längerfristig
standhalten können. Ihre endgültige Zerschlagung sollte aber kaum ein Jahr später noch fol-
gen.13
Allerdings sollte die Heimkehr der Armee die Ansicht in der Bevölkerung wecken, die
Mittelmächte seien überhaupt nicht besiegt, sondern von den feigen Politikern zu Hause ver-
raten und verkauft worden. Auch dies gab den radikalen Strömungen der Nachkriegszeit wei-
ter Aufwind.14
Es kam zur Entstehung der „Dolchstoßlegende“. Dies war im Wesentlichen
eine Bezeichnung für den Irrglauben, die deutsche Armee sei im Felde unbesiegt. Nicht un-
wesentlich für diese Haltung ist sicherlich auch der Umstand, dass sich zu Kriegsende weder
feindliche Soldaten auf deutschem Boden befanden, noch die Frontlinie durch eigenes Gebiet
verlief. So wurde die Bevölkerung im Hinterland auch nicht in ausreichendem Ausmaß von
der Grausamkeit des Krieges betroffen, die im restlichen Europa für Abscheu sorgte. Die Na-
tionalsozialisten machten sich im Zuge der Wiederaufrüstung diese Haltung des Volkes zu
Nutze und konnten dadurch mit wenig Gegenwehr die Rüstungspläne in die Tat umsetzen.15
1.1.2. Der Friede von Versailles:
Der Vertrag, der am 28. Juni 1919 unterzeichnet wurde, regelte nun offiziell die Bedingungen
für das Kriegsende. So wurde den Mittelmächten, allem voran Deutschland, die Kriegsschuld
zugesprochen. Ferner wurden große Teile des Territoriums abgetrennt. Viel wichtiger für den
Inhalt dieser Arbeit waren aber die Bestimmungen für das Militär. So wurde das Heer auf eine
Mannstärke von 100.000 Soldaten reduziert. Zusätzlich durfte das Offizierskorps 4.000 Mann
12
Vgl. WILLIAMSON, Instrument, S. 9, 11f. 13
Vgl. PIMLOTT, Wehrmacht, S. 7f. 14
Vgl. WILLIAMSON, Instrument, S. 10. 15
Vgl. RIPLEY, Weltkrieg, S. 10.
12
nicht überschreiten.16
Es wurden alle Vereine und Organisationen verboten, die sich außerhalb
der regulären Streitkräfte mit militärischen Dingen beschäftigten. Dies betraf auch Mobilma-
chungsvorbereitungen. So sollte die deutsche Gesellschaft entmilitarisiert werden. 50 Kilome-
ter östlich des Rheins wurde eine demilitarisierte Zone eingerichtet.17
Darüber hinaus wurden
schwere militärische Waffen wie Panzer, Flugzeuge, Artillerie und Geschütze verboten.
Ebenso wurden Produktion und Entwicklung jener Gerätschaften strengstens untersagt. Diese
Maßnahmen sollten einen künftigen Angriffskrieg gänzlich unmöglich machen. Ironischer-
weise erleichterten aber genau diese harten Restriktionen die spätere Aufrüstung, Ausbildung
und Organisation der Reichswehr und danach der Wehrmacht in beträchtlichem Maße. Wo-
möglich wäre es ohne diese Einschränkungen nicht in diesem Umfang durchführbar gewesen,
einen Eroberungskrieg in dieser Größe zu führen.18
Der französische Marschall Foch sagte
nach der Unterzeichnung der Abkommen, dass dies keine Friedensabkommen seien, sondern
höchstens ein Waffenstillstand für die nächsten 20 Jahre. Wie Recht er doch behalten sollte.19
1.1.3. Die Bildung der Freikorps:
Die neugegründete Weimarer Republik musste sich auf Grund der angespannten und instabi-
len Gesamtsituation vor allem vor inneren Feinden schützen. So wurden rechtsgerichtete Ein-
heiten aus Freiwilligen gebildet, deren Ziel es war, eine Expansion des antidemokratischen
Revolutionsgedankens zu unterbinden und wenn möglich gänzlich zu zerschlagen.20
Als Frei-
korps wurden generell Gruppen von Soldaten bezeichnet, die sich um einen Offizier sammel-
ten, dem sie vertrauten und oft auch aus dem Krieg kannten. Diese Einheiten waren meist
verlässlich und diszipliniert genug, dass sich der Vorgesetzte ihres Gehorsams sicher sein
konnte. So verhalfen die einstigen Kommandeure diesen Freischärlern an Waffen und Ausrüs-
tung zu kommen. Benannt waren die Verbände meist nach ihren Anführern, denen sie sich
auch verpflichtet fühlten.21
Bereits im Januar 1919 hatten sich ein Viertel der wichtigsten ein-
hundert Freikorps gebildet, wobei die Zentren Berlin, Westphalen und die Grenzgebiete im
Osten waren. Hauptsächlich traten diesen Korps Offiziere, Soldaten, aber auch Studenten bei.
Auch wenn dies vielleicht suggeriert, dass es sich vornehmlich um Vertreter der Mittelschicht
16
Vgl. VOCELKA, Neuzeit, S. 614f. 17
Vgl. FÖRSTER, Staat, S. 4. 18
Vgl. RIPLEY, Weltkrieg, S. 13. 19
Vgl. MEIßNER, Aufbau, S. 12. 20
Vgl. PIMLOTT, Wehrmacht, 9f. 21
Vgl. WILLIAMSON, Instrument, S. 10.
13
gehandelt hätte, so war dies nicht der Fall. Vor allem die Unteroffiziere der kaiserlichen Ar-
mee, entstammten zu einem guten Teil aus Arbeiter- und Bauernfamilien. Unter den einst
wehrpflichtigen Soldaten fanden sich kaum Freiwillige, da diese durch Kriegsmüdigkeit kein
Interesse hatten sich an einem Bürgerkrieg an der Heimat zu beteiligen. Dieser Umstand
machte die Bildung der Freikorps grundsätzlich erst notwendig und in weiterer Folge auch
möglich. Was vom alten Personal übrig blieb waren Offiziere und Unteroffiziere, hauptsäch-
lich aber junge Leute aus der Reserve, die direkt von den Schulen oder Universitäten rekru-
tiert wurden und sich im Laufe des Krieges in der Rangfolge nach oben arbeiteten und als
vollwertige Offiziere aus dem Dienst ausschieden. Durch die hohen Verluste an Berufsoffizie-
ren an allen Fronten, wurde das Phänomen noch weiter verstärkt. Die Führung der einzelnen
Einheiten lag dann in den Händen jener Männer, die sich im Großen und Ganzen aus Leut-
nanten, Hauptmännern und einigen wenigen Majoren zusammensetzten. Oftmals aber dienten
diese Männer auch in den unteren Rängen. So kam es vor, dass eine Abteilung von 200 Mann
40 Offiziere beinhaltete, da sich „normale“ Soldaten weigerten zu kämpfen.22
Viele der Mitglieder trugen weiterhin ihre alten Uniformen, die sie dann um eigene Symbole
oder Abzeichen erweiterten. So waren Hakenkreuze oder Totenkopfsymbole nichts Unge-
wöhnliches. Dies hatte noch nicht unbedingt etwas mit Nationalsozialismus oder SS zu tun.
Es waren Zeichen der einstigen Eliteregimenter gewesen, wie zum Beispiel der Sturmtruppen
mit Flammenwerfer. Die Größe und Bewaffnung der Korps variierte, konnte aber mehrere
tausend gut bewaffneter und motivierter Kämpfer ausmachen. In vielen Fällen verfügten die
Einheiten auch über schwere Waffen wie gepanzerte Fahrzeuge oder Geschütze.23
Welche
Gesamtstärke die Korps erreichten kann schwer beziffert werden, auch gehen die Schätzun-
gen darüber stark auseinander, es kann aber von 80 bis 120 ernstzunehmenden Verbänden
ausgegangen werden, die an ihrem Zenit ungefähr 250.000 Personen umfassten. Die bekann-
testen hießen „Ritter von Epp“, „Ehrhardt“, „Roßbach“ und „von Brandis“. Egal wem die
Männer auch unterstanden sie waren stets ihren jeweiligen Anführern treuer untergeben als
irgendwelchen staatlichen Instanzen, da zwar letztere ihres Schutzes bedurften, die Korps aber
nie selbst offiziell anheuerten.24
22
Vgl. KOCH, Bürgerkrieg, S. 50-62. 23
Vgl. WILLIAMSON, Instrument, S. 10f. 24
Vgl. KOCH, Bürgerkrieg, S. 65f.
14
1.1.4. Der Spartakusaufstand:
Die Unruhen begannen Anfang des Jahres 1919 in Berlin, als die ultralinken Spartakisten zum
Streik aufriefen. Die Regierung enthob daraufhin den Berliner Polizeipräsidenten Emil Eich-
horn seines Amtes, was die Stimmung nur noch weiter anheizte. Es kam in Folge dessen zur
Besetzung mehrerer Gebäude in der Stadt, darunter befanden sich die Verlagsräumlichkeiten
der Zeitung „Vorwärts“, Kasernen und das Polizeipräsidium. Zudem wurden Banken, Postäm-
ter und Depots von der wütenden Menge geplündert.25
Die Freikorps wurden zu Hilfe gerufen
und es kam zu blutigen Straßenkämpfen, in denen sie jede Gelegenheit nutzten, sich ihrer
Todfeinde zu entledigen. So wurden oftmals Gefangene einfach sofort erschossen, wie die
kommunistischen Führer Liebknecht und Luxemburg. Die Regierung zeigte sich schockiert
ob der Brutalität und Kaltblütigkeit der Verbände, die im ganzen Staatsgebiet Aufstände mit
der selben Härte niederschlugen.26
Ehe das letzte Gewehrfeuer verklungen war, kam es An-
fang März wieder zu Unruhen und schweren Kämpfen. Wie auch beim letzten Aufstand zo-
gen radikalisierte Arbeiter aus, um ihren Unmut gegenüber der Regierung mit Waffengewalt
kundzutun. Da die Situation dermaßen eskalierte, verhängte die Regierung das Standrecht. In
Berlin standen 15.000 Spartakisten gut 31.000 Soldaten gegenüber. In den folgenden Kämp-
fen starben an die 75 Regierungstreuen, dazu kamen 38 Vermisste, während die Linken über
1200 Opfer zu beklagen hatten. Diese Zahl schließt aber auch eine nicht näher eigegrenzte
Anzahl an Zivilisten ein. Die Freikorps befreiten auch dieses Mal die Städte von den ultralin-
ken Aufrührern. In anderen Teilen des Landes kam es zur Bildung von Räteregierungen, die
unter anderem eigenständige Republiken gründeten und sich von den eigentlichen Machtha-
bern lossagten. Zumeist fehlte es aber an einer vereinten linken Front, weshalb die Korps den
Status Quo immer wieder herstellen und die separatistischen Gebiete unter Kontrolle bringen
konnten.27
1.1.5. Der Lüttwitz-Kapp-Putsch:
Die Freikorps mehrten durch ihr brutales und rücksichtsloses Vorgehen zunehmend die Sorge
und die Abneigung in der Regierung. Nachdem in Berlin bei einer Kundgebung der Arbeiter-
schaft in die Menge gefeuert wurde und es knapp 150 Tote und Verletzte gab, forderte
Reichswehrminister Gustav Noske die Auflösung einiger Freikorps Verbände, darunter die
25
Vgl. KOCH, Bürgerkrieg, S. 78-81. 26
Vgl. WILLIAMSON, Instrument, S. 12f. 27
Vgl. KOCH, Bürgerkrieg, S. 86-94.
15
berüchtigte Brigade Erhardt. General Lüttwitz, der als Stadtkommandant für das Massaker in
Berlin verantwortlich war, weigerte sich diesem Ansuchen nachzukommen und forderte sei-
nerseits einen Rücktritt der Regierung. Da auch diese Forderung abgeschlagen wurde, mar-
schierte der General mit seinen Truppen kurzerhand auf Berlin, die immer noch als die eigent-
liche Hauptstadt betrachtet wurde.28
Dieser Entwicklung war aber schon die Besorgnis der
Militärs vorausgegangen, welcher Armeeangehörige denn, bei einer Reduzierung auf ein
100.000 Mann Heer, auf die Straße gesetzt werden würde. Zudem war schon länger ein
Putsch im geheimen vorbereitet worden, an dessen Spitze der ostpreußische Generallandwir-
schaftsdirektor Wolfgang Kapp stand. Am 10. März 1920 eskalierte die Situation dann als
Lüttwitz Neuwahlen, die Auflösung der Nationalversammlung und seine Berufung zum
Oberbefehlshaber der Reichswehr forderte. Der General wurde nicht verhaftet, sondern be-
sprach mit Brigadeführer Erhardt das weitere Vorgehen. Am 13. März besetzten die Putschis-
ten das Regierungsviertel, was reibungslos von statten ging und erklärten die vormalige Re-
gierung für abgesetzt. Allerdings war der Staatsstreich schlecht vorbereitet, weil eine Neube-
setzung der Ämter mit eigenen Leuten auf Grund von fehlendem Personal nicht möglich war
und die alte Regierung nicht verhaftet werden konnte. Diese wich nach Dresden aus, was eine
kurzzeitige Doppelherrschaft ergab. Vor allem in den preußischen Gebieten erhielten die Put-
schisten Unterstützung. Die Linke forderte die Arbeiterschaft daraufhin zum Generalstreik
auf, um gegen den Komplott mit Nachdruck vorzugehen. Die Arbeit ruhte in fast allen Betrie-
ben, es gab kein fließendes Wasser, kein Gas und keinen Strom in Berlin. Zunehmend isoliert
dankte Kapp am 17. März ab, kurz danach ebenso General Lüttwitz. Die Rebellion war ge-
scheitert und der Verband Erhardt zog aus Berlin ab. Die Gewerkschaften forderten von den
restaurierten Ministern eine Absetzung des Reichswehrministers Noske, den sie für die Ma-
chenschaften sowohl der Freikorps als auch der Reichswehr verantwortlich machten. An seine
Stelle trat Hans von Seeckt.29
Die Aufständischen flohen teilweise ins Ausland und im Mai
des selben Jahres wurde die Kampfgruppe Erhardt endgültig aufgelöst.30
Wäre der Putsch
nicht so schlecht organsiert gewesen, so hätte es womöglich in dieser instabilen Lage zum
Umsturz gereicht.31
28
Vgl. WILLIAMSON, Instrument, S. 14. 29
Vgl. ULLRICH Volker, Marsch auf Berlin. In: http://www.zeit.de/2010/11/Deutschland-Kapp-Putsch/komplettansicht (am 21.03.2017). 30
Vgl. WILLIAMSON, Instrument, S. 16. 31
Vgl. LARGE, Putsch, 1535f.
16
1.2. Von der kaiserlichen Armee zur Wehrmacht:
Nach der Niederlage im Ersten Weltkrieg und den harschen Bestimmungen des Friedensver-
trages, musste aus den Trümmern der zerschlagenen Armee erst wieder eine schlagkräftige
Truppe geformt werden. Diese Transformation wird in den kommenden Kapiteln behandelt.
1.2.1. Die Bildung der Reichswehr:
Der Vertrag von Versailles der den Großen Krieg beendete, sah ein Heer von 100.000 Mann
vor. Ebenso wurden die Waffenproduktion und -entwicklung entweder verboten oder stark
eingeschränkt. Darüber hinaus wurde die deutsche Wirtschaft durch die Reparationszahlungen
geschwächt, die sie an die Sieger zahlen musste. Ferner war die Weltwirtschaft zwischen den
Kriegen ohnehin recht labil. Dieses Klima schien nun nicht wirklich förderlich für die Rekru-
tierung eines neuen deutschen Militärwesens. Die Tatsache, dass das neue Heer auf Grund
seiner numerischen Unterlegenheit gegenüber möglichen Feinden in seiner Schlagkraft litt,
waren die zuständigen Befehlshaber gezwungen innovative und riskante Wege zu gehen, um
trotz sichtbarer und materieller Unterlegenheit bestehen zu können.32
Da die Alliierten auch
auf die Auflösung des großen Generalstabes bestanden hatten, musste von Seeckt die Aufga-
ben durch eine andere Organisation, das „Truppenamt“, ersetzen. Natürlich beraubte dies
Deutschland der strategischen Führung, erlaubte es dem General aber die Struktur, Charakter
und Art des Militärs vollkommen neu aufzubauen. Die 4000 Offiziere, welche vom Versailler
Vertrag erlaubt wurden, unterzog man einem besonders strengen Auswahlverfahren, was das
Offizierskorps umso leistungsfähiger machte.33
Die Soldaten sollten im Idealfall einen starken
Oberkörper und eine gerade Haltung aufweisen. Dabei durften sie nicht zu schwer sein, was
der Ausdauer abträglich gewesen wäre, aber auch nicht zu leicht sein, was sie beim Tragen
von Ausrüstung oder Werfen von Handgranaten wiederum eingeschränkt hätte. Da Angehöri-
ge der Reichswehr eine Vorbildfunktion einnehmen sollten, wurde penibel auf eine gesunde
Lebensführung geachtet. Das Hauptaugenmerk wurde hier auf ausreichend Schlaf, größtmög-
licher Verzicht auf Alkohol und Tabakwaren, ausgewogene Ernährung und körperliche Hygi-
ene gelegt. Dabei wurde auch auf häufiges Dehnen und Entspannen der Muskulatur geachtet.
Wenn auch manche der angewandten Techniken heute keine Verwendung mehr finden, so
war das Trainingsprogramm im Allgemeinen doch sehr fortschrittlich. Hier wird auch die
32
Vgl. BARR / HART, Panzer, S. 10f. 33
Vgl. PIMLOTT, Wehrmacht, S. 10.
17
militaristische Haltung Deutschlands deutlich. Es galt nicht der Topathlet, sondern der Soldat
als Idealtypus des sportlichen Mannes.34
Auch wurde versucht aus den Fehlern und Erfahrungen des verlorenen Krieges zu lernen. Wo
die Westalliierten versuchten die Schrecken der Kämpfe zu verdrängen, untersuchte das deut-
sche Militär Gründe für Erfolg bzw. Misserfolg sehr genau. So ergaben die Studien, dass der
kaiserliche Generalstab, durch seine überlegene Ausbildung auf einer flexiblen Kommando-
struktur aufbaute, die eigeninitiatives Handeln bis zum untersten Verbandsführer nicht nur
ermöglichte, sondern dadurch diese Einstellung auch noch förderte. Die Reichswehr wurde
auf dieser Doktrin aufgebaut und selbige weiter verbessert. Die Maßnahmen steigerten das
Vertrauen der Truppe in eine überlegene Ausbildung und operative Überlegenheit gegenüber
dem Feind. Da die Führung erkannte, dass Deutschland den Krieg auch technologisch verlo-
ren hatte, wurde auch auf die Entwicklung und Konzeption neuer Waffen großen Wert ge-
legt.35
Da der Friedensvertrag weder schwere Waffen erlaubte, noch militärische Übungen mit
diesen gestattete, mussten die führenden Militärs findig sein, um trotzdem Erfahrungen in
diesem Bereich sammeln zu können. Durch die außenpolitisch isolierte Lage war es aber
schwierig mögliche Partner zu finden. Die UdSSR wurde ebenso wie das Nachkriegsdeutsch-
land von der Weltöffentlichkeit mit Verachtung gestraft, weshalb sich die Bolschewiken als
mögliche Verbündete eigneten. So wurde 1922 der Vertrag von Rapallo mit der Sowjetunion
geschlossen. Die Reichswehr bekam die Möglichkeit, in geheimen Basen tief im russischen
Hinterland mit militärischem Gerät zu trainieren und neue Taktiken zu erproben. Im Gegen-
zug teilten die Deutschen theoretisches und taktisches Wissen mit den Sowjets. Ein Abkom-
men, dass sicherlich beiden Seiten sehr zu Gute kam.36
Das neue deutsche Heer sollte geprägt
sein von einem Zusammenspiel aller Waffengattungen, die in hochmobilen Kampfgruppen
operierten, welche sich aus unterschiedlichen Truppenteilen zu einem schlagkräftigen Ver-
band vereinten. Dieses revolutionäre Verständnis der Verschmelzung von unterschiedlichen
Einheiten, zählte zu den größten Stärken des deutschen Militärwesens und erklärt die gewalti-
gen Erfolge vor allem in den ersten Kriegsjahren. Die Panzerdivision stellte sicherlich die
Krönung dieser Überlegungen da. Einerseits wurde hiermit höchste Mobilität und Beweglich-
keit verwirklicht, andererseits die Panzerfahrzeuge an sich von motorisierter Infanterie, Artil-
lerie und Aufklärern unterstützt, was im Sinne des Zusammenspiels der Waffengattungen die
34
Vgl. MÜRKENS, Trainingsmethodik, S. 159-165. 35
Vgl. RIPLEY, Weltkrieg, S. 14-16. 36
Vgl. EIDELMAN, Outcasts, S. 24-26.
18
größtmögliche Kampfkraft und Vielseitigkeit ergab.37
Zusammenfassend lässt sich folgendes
über die Reichswehr sagen: Sie war frei von den Problemen und der Schwerfälligkeit, die eine
große Zahl an Wehrpflichtigen mit veraltetem Equipment mit sich brachte. Stattdessen war
die Armee eine hochmotivierte Elitetruppe, die bemüht war, die Ehre des Vaterlandes nach
der Niederlage von 1918 wiederherzustellen. So bot das deutsche Heereswesen einen frucht-
baren Boden für Innovation, Fortschrittsdenken und Weiterentwicklung.38
1.2.2. Zurück zu alter Stärke:
Als Adolf Hitler im Jahr 1933 die Macht übernahm, konnte er auf eine Armee bauen, die
nicht nur ausreichend vorbereitet war, sondern durch langfristige Planung auch den Grund-
stein für eine spätere Expansion bzw. Schaffung der einzelnen Waffengattungen legte. Im
Dezember des selben Jahres ordnete er an, die Größe der Armee schrittweise auf 21 Divisio-
nen anzuheben. Im März 1935 führte er die allgemeine Wehrplicht wieder ein, wobei diesmal
das gesetzte Ziel 36 Divisionen waren. Die Westmächte ihrerseits wollten und konnten dieser
Politik wenig entgegensetzen, waren sie doch selbst von internen Krisen geschwächt.39
Die
Schaffung eines Kriegsheeres von 63 Divisionen sollte mit dem neuen Wehrerlass gewährleis-
tet werden.40
Im Juli wurde die „neue“ Armee dann Wehrmacht getauft, die geheime Luftwaf-
fe offiziell und mit der Aufstellung der ersten Panzerverbände begonnen. Die Einführung des
Namens für die Streitkräfte soll sicherlich auch die entschiedene Missachtung der Bestim-
mungen des Versailler Vertrages unterstreichen. Ganz ohne Probleme vollzog sich diese ra-
sche Vergrößerung natürlich nicht. So fehlte es an geeigneten Ausbildnern und vor allem an
Material für die neuen Soldaten. Zudem wurde die Ausbildung der Rekruten beschleunigt, um
in so kurzer Zeit überhaupt solch eine Steigerung an kämpfendem Personal möglich zu ma-
chen. Aller Schwierigkeiten zum Trotz sollte die Vergrößerung erfolgreich realisiert wer-
den.41
Schon im Herbst 1936 war die Wehrmacht auf 36 Infanterie- und drei Panzerdivisionen
angewachsen. Als nächster Schritt sollte die Besetzung des entmilitarisierten Rheinlandes
erfolgen. In der Operation „Winterübung“ sollte das Gebiet wieder unter militärische Kontrol-
le gebracht werden, zur Not auch mit Waffengewalt. Für den Fall eines Vergeltungsschlages
des Westalliierten, hatten die wenigen deutschen Soldaten den Befehl sich kämpfend zurück-
37
Vgl. RIPLEY, Weltkrieg, S. 18-21. 38
Vgl. BARR / HART, Panzer, S. 12. 39
Vgl. PIMLOTT, Wehrmacht, S. 12. 40
Vgl. FÖRSTER, Staat, S. 35. 41
Vgl. RIPLEY, Weltkrieg, S. 20-22.
19
zuziehen. Doch weder Frankreich noch Großbritannien setzten dieser Vertragsverletzung mi-
litärisch etwas entgegen. Ebenso konnte sich Nazideutschland ungehindert Österreich einver-
leiben, was im sogenannten „Anschluss“ im März 1938 durchgeführt wurde. Ebenso sollte die
deutsche Bevölkerung des Sudetenlandes, damals Teil der Tschechoslowakei, heim ins Reich
geholt werden. Im Vertrag von München wurde dieses Randgebiet Deutschland zugespro-
chen. Die Tschechei wurde in die Gespräche nicht einmal miteinbezogen. Gleich wie zuvor in
Österreich wurde auch hier die Wehrmacht von jubelnden Massen empfangen. Doch damit
war der Führer noch nicht zufrieden. Am 15. März annektierten deutsche Truppen, nach län-
geren Verhandlungen und Kriegsdrohungen, den Rest der Tschechoslowakei. Auch diesmal
verlief die Aktion vollkommen unblutig und gewaltlos.42
1.2.3. Die Wehrmacht vor Kriegsbeginn:
Auch wenn die deutschen Streitkräfte vor Kriegsbeginn am Papier mit 103 Divisionen ein-
drucksvoll scheinen mögen, so waren doch viele der Einheiten nicht auf Sollstärke und nur
mangelhaft ausgerüstet. Viele der Einheiten waren zudem keine richtigen Kampftruppen,
sondern Reservisten und Veteranen aus dem letzten Weltkrieg. Ebenso fehlte es an Reserven
und der Nachschub reichte nur für 6 Wochen Kampf. Deutschland war demnach beim Aus-
bruch des Krieges nicht auf einen längeren Konflikt vorbereitet. Zudem war das Land arm an
Rohstoffen und es fehlte an der industriellen Kapazität für die Massenproduktion von Kriegs-
gütern. Die einzige Möglichkeit bestand darin den Gegner in kurzen Feldzügen zu besiegen
und einen Stellungskrieg zu vermeiden. Trotz der eifrigen Modernisierung vertraute der größ-
te Teil der Streitmacht noch immer auf Pferdegespanne und war weit davon entfernt motori-
siert oder gar mechanisiert zu sein. Darüber hinaus fehlte es der Armee immer an Erdöl, wo-
ran auch der eklatante Mangel an Transportfahrzeugen nichts änderte. 43
1.3. Die Entstehung der Waffen-SS:
Bevor es aber eine kämpfende Schutzstaffel gab, musste erst noch in den 20er und 30er Jah-
ren eine Basis einer Truppe geschaffen werden, die sich ganz dem Kampf für den Führer so-
42
Vgl. HOENSCH, Geschichte, S. 85-110. 43
Vgl. RIPLEY, Wehrmacht, 31-33.
20
wie der NSDAP verschrieb. Die folgenden Kapitel beschreiben den Aufbau dieser Parteiorga-
nisation in der Zwischenkriegszeit.
1.3.1 Die Stabswache:
Als Adolf Hitler am 29. Jänner 1922 zum Vorsitzenden der NSDAP gewählt wurde, sah er
sich gezwungen eine persönliche Leibwache aufzustellen, die ihn bei Parteiversammlungen
beschützte. Durch die zerrüttete innenpolitische Lage arteten viele politische Treffen in ge-
waltsame Kämpfe aus, da oftmals politisch Andersdenkende die Zusammenkünfte stürmten
und so versuchten einen ordnungsgemäßen Ablauf zu verhindern. Die Partei hatte in weiser
Voraussicht die größten und kräftigsten Mitglieder zu einer Einheit zusammengefasst, die
dann zum Schutze der Redner herangezogen wurden. Daraus ergab sich unter der Führung
Ernst Röhms die Sturmabteilung. Der Name sollte an die Stoßtrupps im letzten Krieg erin-
nern. Viele der SA-Männer hatten auch schon in diversen Freikorps gedient, weshalb sie es
gewohnt waren, nur ihrem Vorgesetzten gegenüber loyal zu sein. Um diese Loyalität auch
gegenüber Hitler zu schaffen, wurde im Mai 1923 eine spezielle Wachmannschaft aufgestellt,
die dem Parteichef treu ergeben war und auf die er sich bedingungslos verlassen konnte. Der
Verband wurde als Stabswache bezeichnet. Da es aber im Laufe der Zeit zu Spannungen zwi-
schen Parteiführung und SA kam, wurde eine neue Leibwache unter dem Namen „Stoßtrupp
Adolf Hitler“ gegründet, die den Führer vor der immer weiter erstarkenden Sturmabteilung
schützen sollte. Nach dem Scheitern des „Bürgerbräu-Putsches“ im November 1923 wurde
die Gefahr zusehends imminenter. Hitler und einige seiner Mitarbeiter wurden verhaftet oder
flohen ins Exil. Röhm bemühte sich die Bewegung am Leben zu halten und wurde von Hitler
zu deren interimistischen Führer ernannt. Während Hitlers Gefängnisstrafe stieg die Mitglie-
derzahl der SA von 2000 auf über 30.000. Der Parteichef, beunruhigt durch den rasanten An-
stieg an Mitgliedern, enthob Röhm nach einem Streit seines Postens, woraufhin letzterer auch
die SA verließ.44
1.3.2. Der schwarze Orden:
Die Einheit zum Schutz Hitlers sollte anfangs nur aus einer Handvoll Männer bestehen, die
dann Schutzstaffel getauft wurde und an ihren gänzlich schwarzen Uniformen zu erkennen
44
Vgl. WILLIAMSON, Instrument, S. 16-19.
21
war. Auf Grund ihres markanten Erscheinungsbildes erhielt die Staffel den Spitznahmen
„Schwarzer Orden“. Schon damals wurde die Dienstkleidung mit den SS-Runen verziert. Die
Gruppe an sich wurde möglichst klein gehalten, um eine bedingungslose Loyalität zum Par-
teiobmann zu gewährleisten. Als Hitler begann die NSDAP zu einer deutschlandweiten Kraft
auszubauen, wurden auch in jeder größeren Stadt neue Staffeln aufgestellt, die zum Schutze
der Parteiversammlungen und ihrer Redner dienen sollten.45
Die Mitglieder der SS wurden
mit Hilfe von strengen Auswahlverfahren ausgesucht. Sie mussten zwischen 25 und 35 Jahren
alt sein und ein hervorragendes Benehmen an den Tag legen. Ebenso wurde ein kräftiger Kör-
perbau und Unbescholtenheit vor dem Gesetz als unabdingbar gehandelt. Als Zeichen der
Anerkennung wurde die Schutzstaffel der SA unterstellt. Dies mag aber auch deshalb passiert
sein, um die Bedrohung seitens der Sturmabteilung einzudämmen oder Rivalen gegeneinander
auszuspielen. Dies hatte zur Folge, dass es zu Streitigkeiten zwischen den beiden Verbänden
kam und sich die eine über die andere Seite zunehmend beschwerte und umgekehrt. Zudem
durfte die Stärke der SS in einem Gebiet immer nur ein Zehntel derer der SA betragen, ferner
musste letztere zuerst auf Sollstärke sein, um eine neue Einheit an SS-Leuten aufzustellen.
Dadurch dass die Schutzstaffel der Sturmabteilung dahingehend keinen Widerstand leisten
konnte, sank die Moral der Truppe zusehends.46
Im Jänner 1929 wurde Heinrich Himmler als Chef der SS bestellt, der dieser wieder neues
Leben einhauchen sollte. Zudem schuf er den „Sicherheitsdienst“, der als geheime interne
Organisation Machenschaften untersuchen und die Bewegung innerhalb Deutschlands vor
Feinden beschützen sollte.47
Der neue Reichsführer-SS gab der Schutzstaffel auch ein völlig
neues Image. So sollte diese als deutscher Ritterorden gesehen werden, welcher nur aus rein-
rassigen deutschen Männern zu bestehen habe. So musste jeder Anwärter einen Ahnennach-
weis vorlegen, von besonnenem Verhalten, körperlich fit und dem Führer gegenüber loyal
sein. Diese Änderungen machten die Schutzstaffel einer viel größeren Bevölkerungsschicht
zugänglich, da nun Herkunft, Status oder Reichtum keine Rolle mehr spielten. Auch zog diese
Hinwendung zu mehr Disziplin viele ehemalige SA-Männer an, welche der zunehmend un-
disziplinierten und zügellosen Sturmabteilung überdrüssig geworden waren. Auch wenn die
Zahl von Sympathisanten groß war, so wurde doch nur ein kleiner Teil von ihnen in die
Schutzstaffel aufgenommen. Ende des Jahres war die Zahl auf tausend Mann gestiegen, im
Jahr darauf verdreifachte sich dieser Wert. Es kam zu einer völligen Umstrukturierung, wobei
45
Vgl. RIPLEY, Praetorians, S. 16. 46
Vgl. WILLIAMSON, Instrument, S. 19. 47
Vgl. RIPLEY, Praetorians, S. 16f.
22
die Größenbeschränkung aufgehoben wurde. Hitler verbot zudem das gezielte Anwerben von
SA-Männern.48
Die Ernennung Himmlers stellte für die Schutzstaffel einen entscheidenden
Wendepunkt für die weitere Geschichte da, sollte er sie doch von Grund auf verändern.49
1.3.3. Aufruhr in der SA und die Nacht der langen Messer:
Die SA war im Laufe der Jahre so weit angewachsen, dass sie sich weder dem Nationalsozia-
lismus noch der Partei in irgendeiner Form mehr verpflichtet fühlte. Nachdem die Meinungs-
verschiedenheiten zu groß geworden waren, sollte Joseph Goebbels als Gauleiter nach Berlin
entsandt werden, um dort die feindlich gesinnten Kräfte auszuschalten. Die Führung der SA
forderte daraufhin weniger Einmischung in ihre Angelegenheiten. Die NSDAP strich kurzer-
hand einige SA-Führer von den Listen für die Parlamentswahl. Dermaßen in Rage versetzt,
stürmten einige Braunhemden die Büros des Gauleiters in Berlin und verwüsteten es vollstän-
dig. Ebenso wurden die SS-Wachen vor Ort verprügelt. Erst jetzt war Hitler bereit sich mit
den Aufrührern zu treffen und den Forderungen nachzugeben. Allerdings sollte die SA refor-
miert und auf seinen Namen vereidigt werden. Die Berliner Führung der Sturmabteilung be-
schloss daraufhin, dass jeder Befehl Hitlers zu verweigern sei. Erneut wurden Parteigebäude
in der Stadt gewaltsam besetzt. Die Rebellion breitete sich schnell in ganz Deutschland aus,
war aber nicht von langer Dauer. Die Verschwörer wurden aus der Partei ausgeschlossen und
somit ihrem Zugang zu monetären Mitteln beraubt. Ein weiteres Mal stand die Schutzstaffel
loyal hinter ihrem Führer, was ihre Stellung als Sicherheitsorgan der Partei festigte. Als Hitler
schließlich Reichskanzler war, entschloss er sich, sich endgültig der SA zu entledigen, denen
er dann in weiterer Folge alle früheren Ausschweifungen vorwerfen konnte, um die Reputati-
on der Partei damit zu verbessern. Zudem drifteten die Einstellungen beider Organisationen
zusehends auseinander. Allerdings zögerte der Führer, weil seit Jahresbeginn 1931 wieder
sein alter Freund und Weggefährte Ernst Röhm an der Spitze der Braunhemden stand. Dem
Führer wurde aber zugetragen, dass Röhm plane die SA als Armee des Nationalsozialismus
aufzubauen, wobei die reguläre Armee nur mehr als Ausbildungsstätte fungieren sollte. Röhm
selbst sollte dann das Kommando über diese neue Streitmacht übernehmen, hätte damit über
48
Vgl. WILLIAMSON, Instrument, S. 21-24. 49
Vgl. WEGNER, Soldaten, S. 80f.
23
mehr als drei Millionen Mann verfügen können. Sowohl Reichswehr als auch Partei betrach-
teten diese Haltung als Hochverrat. Die Zeit zum Losschlagen war gekommen.50
In einem einzigen Schlag sollte die gesamte SA-Führung verhaftet und ausgeschalten werden,
stellte sie doch die letzte mögliche Widerstandsbastion da. Die SS war die ausführende Kraft
hinter dieser Aktion. So wurden Röhm und seine Vertrauten gefasst und allesamt exekutiert.
Hitler ließ aber Röhm einen „ehrenhaften Ausweg“. Da dieser sich aber weigerte Selbstmord
zu begehen, wurde er kurzerhand vom zukünftigen Befehlshaber der SS-Totenkopfverbände,
Theodor Eicke, erschossen. Allein in Berlin wurden 150 Männer gefasst. Ebenso wurden alte
Rechnungen beglichen, wobei ehemalige Parteimitglieder und der Exkanzler Schleicher
gleich mitbeseitigt wurden. Ripley geht in seinem Buch von 200 Todesopfern aus.51
Der Reichskanzler selbst sprach von 77 Toten, während Williamson von bis zu 1000 liqui-
dierten Personen ausgeht, wobei er die Zahl als nicht genau eruierbar annimmt. Die SS wurde
in Folge ihrer Verdienste zu einer eigenständigen Organisation erhoben, was Himmler ermög-
lichte die Organisation weiter zu vergrößern und ihre Machtbasis zu sichern.52
1.3.4. Die SS-Verfügungstruppe und die Geburtsstunde der Waffen-SS:
Es gibt mehrere mögliche Daten, die man nennen kann, um die Geburtsstunde der „kämpfen-
den“ SS anzugeben. Einerseits wäre hier der 17. März 1933 zu nennen, als der Führer die
Aufstellung einer bewaffneten Stabswache befahl, aus der die spätere 1. SS-Panzerdivision
„Leibstandarte SS Adolf Hitler“ hervorging. Der zweite mögliche Termin wäre der Herbst
1934 als Hitler den Zusammenschluss der verschiedenen Bereitschaften zur SS-
Verfügungstruppe beschloss. Es war also kein plötzliches Entstehen, sondern eine schrittwei-
se Vergrößerung, die schließlich zu einer bewaffneten Truppe führte. Die anfänglichen „Poli-
tischen Bereitschaften“, wie sich selbst bezeichneten, übernahmen schrittweise die Aufgaben
einer Hilfspolizei, was ihnen dann seitens der jeweiligen Landespolizei Unterstützung bei
Aufstellung und Ausbildung einbrachte. Am 9. November wurde die Stabswache auf Hitler
persönlich vereidigt, was den Status der Einheit weiter verkomplizierte.53
50
Vgl. WILLIAMSON, Instrument, S. 24-33. 51
Vgl. RIPLEY, Praetorians, S. 17. 52
Vgl. WILLIAMSON, Instrument, S. 33. 53
Vgl. WEGNER, Soldaten, S. 79-83.
24
Im Erlass vom September 1934 wurde die Bildung einer Verfügungstruppe beschlossen, die
zu Anfang drei Regimenter und eine Nachrichtenabteilung umfassen sollte. Hierbei wurde der
politische Charakter betont und die Truppe auf eine besondere Verwendung seitens Hitler
beschränkt. Darüber hinaus war eine Vergrößerung auf Divisionsstärke angedacht, der aber
der Verteidigungsminister zustimmen musste. Im Kriegsfall sollten die Männer dann der re-
gulären Armee unterstehen. Ferner wurde der Verband dienstrechtlich und von der Besoldung
her, der Wehrmacht als gleichwertig angesehen. Dieser Erlass bedeutete nicht nur einen er-
heblichen Machtzuwachs, sondern legitimierte die Einheit auch noch und schützte sie vor
späteren Diskussionen, die ihre Existenz in Frage stellen könnten. Ebenso wurde eine Grö-
ßenbegrenzung ausgeschlossen und die Weichen für eine kommende Expansion gestellt. Au-
ßerdem wurde die Aufstellung eines zweiten Verbandes mit bis zu 25.000 Mann genehmigt,
aus dem dann in weiterer Folge die „Totenkopfdivision“ erwachsen sollte.54
Am 1. Oktober
1936 wurde das Inspektorat für die Verfügungstruppe geschaffen, welche unter der Leitung
des ehemaligen Reichswehr Offiziers Paul Hausser stand. Dieser Mann sollte sich als einer
der fähigsten Kommandeure des kommenden Weltkrieges erweisen. Zuvor war er mit der
Aufsicht der Offizierskadettenschule in Braunschweig betraut gewesen. Damals bestand die
VT aus den 2600 Mann der Leibstandarte, dazu kamen 5040 Männer der Standarten „Germa-
nia“ und „Deutschland“. Nach dem Anschluss Österreichs wurde die Verfügungstruppe um
das Regiment „Der Führer“ erweitert. Abgerundet wurde diese Zahl von den 3500 Mann der
Totenkopfverbände, sowie den nicht ganz 800 Ausbildnern in den Junkerschulen.55
Der Be-
griff Waffen-SS wurde im November 1939 für den Sprachgebrauch in der Administration
eingeführt und ersetzte die Termini Verfügungstruppe und Totenkopfverbände, als Oberbe-
griff für den bewaffneten Arm der Schutzstaffel. Einerseits sollte die Bezeichnung verdeutli-
chen, dass der Verband nach wie vor Himmler unterstand und sich andererseits ebenso von
der Wehrmacht abgrenzte.56
Ferner sollte das die Gleichstellung aller kämpfenden Verbände
der Schutzstaffel signalisieren. Dennoch veränderte dies nicht ihren Charakter, von einer von
der Partei politisch ideologisierten Formation, zu einer rein militärischen Einheit.57
Auch
wenn von Seiten der Wehrmacht die Schutzstaffel häufig mit Misstrauen und Zweifel bedacht
wurde und sich die Armee dadurch in ihrem Selbstverständnis bedroht sah, so hatte die SS zu
Kriegsbeginn noch nicht einmal den ihr zugestandenen personellen Rahmen auffüllen können.
Erst im Laufe des Krieges wurde die Basis für eine gewaltige Expansion gelegt. Der wichtigs-
54
Vgl. WEGNER, Soldaten, S. 86-88. 55
Vgl. WILLIAMSON, Instrument, S. 34. 56
Vgl. HACKAUF, Elitesoldaten, S. 161f. 57
Vgl. WEGNER, Soldaten, S. 129-132.
25
te Arm der der Schutzstaffel war nicht mehr die allgemeine SS, die einst der ideologische
Kern der Organisation gewesen war, sondern die Waffen-SS, die knapp 2/3 der Mitglieder im
Jahre 1944 stellte. Bei nicht ganz 600.000 SS-Männern, dienten beinahe 370.000 bei der
kämpfenden Truppe im Sommer selbigen Jahres.58
1.4. Rekrutierung, Ausbildung und Erziehung:
Die SS setzte sich ganz klar das Ziel die Elite innerhalb der nationalsozialistischen Bewegung
zu stellen. So wurden bei der Auswahl von neuem Personal strenge Kriterien angewandt.
Himmler wandelte diese bei seinem Amtsantritt entsprechend ab. Am strengsten waren die
Voraussetzungen in den politischen Bereitschaften, die die spätere Basis der Verfügungstrup-
pe bildeten. In den Jahren 1933 und 1934 wurde die Mindestgröße auf 174cm erhöht und das
Höchstalter auf 23 Jahre gesetzt. Ebenso musste ein Nachweis für ärztliche Tauglichkeit und
eine Bestätigung des Deutschtums erbracht werden. Grundsätzlich wurden Brillenträger nicht
akzeptiert. Diese Verschärfungen waren wahrscheinlich dem gestiegenen Andrang geschuldet
und waren im Wesentlichen bis 1938 gültig.59
Wenn man die Auswahl der Rekruten der
Wehrmacht und Waffen-SS vergleicht, so fällt auf, dass bei der Schutzstaffel deutlich weniger
Wert auf Schulbildung gelegt wurde, gerade auch was den Bildungsgrad bei Offiziersanwär-
tern betrifft. Dieser Mangel machte die Männer auch empfänglicher für die weltanschaulichen
und politischen Indoktrinationen. In anderen Bereichen unterstrich die SS allerdings ihren
Elitecharakter, auch deswegen weil die Wehrmacht durch die Absicht der raschen Vergröße-
rung auf 36 Divisionen, keine so strengen Richtlinien halten konnte ohne den Nachschub an
geeigneten Soldaten zu gefährden.60
Bei der SS stand die körperliche und charakterliche Eig-
nung deutlich im Vordergrund. Ebenso wurde der Rekrut einer ausführlichen Beurteilung der
völkischen Zugehörigkeit und seines Körperbaues unterzogen. Nicht zuletzt wurde eine pro
nationalsozialistische Haltung quasi vorausgesetzt und überprüft, ob der zu musternde Rekrut
irgendwelche Verbindungen zu politischen Gegnern oder linken Parteien hatte. So wurde
hauptsächlich auf rassisch wertvolle Bewerber gesetzt, die nach Himmlers Verständnis nicht
so verdorben hätten sein können, um diese nicht doch zu fähigen SS-Männern erziehen zu
können. Dahingegen wurde wenig Wert auf Intellekt gelegt, da der Reichsführer geistigen
Fähigkeiten wenig Bedeutung beimaß. Im Dezember 1938 wurden die Kriterien für die Be-
58
Vgl. FÖRSTER, Staat, S. 77-81. 59
Vgl. WEGNER, Soldaten, S. 135. 60
Vgl. WILLIAMSON, Instrument, S. 35f.
26
werber herabgesetzt, da die hohen Anforderungen bei einer stetigen Vergrößerung der Ver-
bände nicht zu halten war. So wurden Fehler, welche nicht erblich oder rassisch bedingt wa-
ren, als minder schwerwiegend behandelt. Um aber nicht als Grund für diese Maßnahme das
angestrebten Wachstum nennen zu müssen, wurde stattdessen behauptet, die zu musternden
Jahrgänge hätten unter den Auswirkungen der Nachkriegszeit gelitten. Durch die zunehmende
Personalnot während des Krieges, nahmen die Richtlinien schrittweise ab, bis es zu einem
Angleichen mit denen der Wehrmacht kam, auch wenn diese nicht gänzlich ident waren.
Auch wenn die rassischen Richtlinien besonders schwierig herabzusetzten waren, da dieses
Vorhaben den Anspruch der Exklusivität einer völkischen Elite untergraben hätte, so wurden
die zuständigen Behörden in Grenzfällen dennoch aufgefordert, sich für eine Aufnahme der
Rekruten in die Schutzstaffel zu entscheiden. Himmler war gegen Ende des Krieges aber eher
interessiert den Schein zu wahren, als tatsächlich eine Organisation aus Herrenmenschen zu
schaffen. Dies wird ganz klar im Wandel der Waffen-SS deutlich, von der einstigen Leibgarde
des Führers, gebildet aus der deutschen Elite, zu einer Vielvölkerarmee, die notwendig ge-
worden war, um die sich lichtenden Reihen aufzufüllen.61
Wenn man die taktische und gefechtsmäßige Ausbildung betrachtet fällt auf, dass diese ei-
gentlich keine SS-typischen Muster oder Besonderheiten aufweist. Dies war aber durchaus
gewollt, da sich die Verbände als der Wehrmacht ebenbürtig präsentieren sollten. Die
Schwerpunkte wurden gezielt auf die Anforderungen im Feld abgestimmt, wobei mit Fort-
dauer des Krieges vermehrt auf Training in den Bereichen Verteidigung, Rückzug und Ge-
fechtsabbruch geachtet wurde.62
Die Rezeption der Ausbildung für die Waffen-SS ist aber
generell vorbelastet, da schon in den frühen Jahren des Krieges die Wehrmacht behauptete,
dass die Organisation auf unprofessionelle Methoden zurückgreife und sich dadurch höhere
Ausfallsquoten ergeben. Immer wieder wurde auch argumentiert, dass der an den Tag gelegte
Fanatismus nicht durch militärischen Drill habe hervorgebracht werden können. Diese todes-
verachtende Haltung sei durch politische Indoktrination hervorgerufen worden, die eine mili-
tärisch-taktische Ausbildung verdrängt haben soll. Um diesen Vorurteilen entgegenzuwirken
wurde versucht, die Standards der kämpfenden Truppe möglichst rasch denen der Wehrmacht
anzugleichen, was durch die Einstellung von Reichswehroffizieren erreicht werden sollte. Auf
deren Betreiben wurden Sozialleistungen und Besoldung an die Vorschriften des Heeres an-
gepasst, mit geringen Änderungen dieselben Uniformen getragen und auch die Rangbezeich-
nungen der Wehrmacht setzten sich immer mehr durch. Hier wird die sich vergrößernde Kluft
61
Vgl. WEGNER, Soldaten, S. 135-140. 62
Vgl. WEGNER, Soldaten, S. 161f.
27
zwischen den überzeugten Ideologen wie Himmler und den erfahrenen Frontoffizieren deut-
lich. Forderte ersterer eine weltanschauliche Agitation sowie die bedingungslose Hingabe für
die Sache des Nationalsozialismus, sahen letztere die unbedingte Notwendigkeit die Soldaten
für die kriegerischen Anforderungen auf und abseits des Schlachtfeldes vorzubereiten. Neben
Himmler hatte der Generaltruppeninspektor der SS-VT Paul Hausser auch mit den Einheits-
kommandeuren zu kämpfen, die ihm teilweise keine Einsicht in die Ausbildungsmethoden
gewährten und somit die Sicherstellung eines ausreichenden Grundniveaus fast unmöglich
machten. Ab 1943 machte sich durch die hohen Ausfälle auch der Mangel an Führern und
Unterführern bemerkbar, gegen Kriegsende kamen sowohl in der Wehrmacht als auch der
Waffen-SS Auflösungserscheinungen und, in immer stärkerem Maße, Kriegsmüdigkeit hin-
zu.63
1.5. Drei Kategorien von Waffen-SS-Divisionen:
Die hohen Verluste im Krieg und der Mangel an reichsdeutschen Freiwilligen machte eine
Werbung von Ausländern und Volksdeutschen nötig, um die vakanten Stellen nachbesetzen
zu können. Auch wenn diese Maßnahme nicht zwingend den Elitecharakter der Schutzstaffel
unterminierte, so war doch ein gravierendes Qualitätsgefälle innerhalb der Waffen-SS zu er-
kennen, welche auch zusehends von der Ausrüstungsknappheit hervorgerufen wurde. Um
aber den Schein eines exklusiven Verbandes aufrechterhalten zu können, erdachte Himmler
eine rassisch motivierte Hierarchie, wobei jeder Kampfverband in eine von drei Kategorien
eingeteilt wurde. Dies sollte dem Orden erlauben, die Exklusivität und den Status der Vor-
kriegsära zu erhalten und nach dem Krieg den Charakter des Massenheeres abzustreifen und
sich zu den elitären Wurzeln zurück zu besinnen. Jene nichtgermanischen Einheiten sollten
dann in eine eigene Armee überführt werden, mit deren Hilfe Deutschlands Vorherrschaft auf
dem Kontinent gesichert werden sollte. Am 20. Oktober 1943 wurden alle Divisionen der
Waffen-SS entsprechend der neuen Verordnungen umbenannt und bezeichnet.64
Die Verwal-
tung betitelte die Verbände wie folgt: Kategorie 1 wurde aus SS-tauglichen Deutschen nach
den strengsten Anforderungen gebildet und alle SS-Männer in diesen Divisionen mussten die
höchste Tauglichkeitsstufe erreichen, „SS-kaderverwendungsfähig“. Kategorie 2 konnte so-
wohl aus Deutschen als auch aus Germanen gebildet werden, die eine Tauglichkeit von „ka-
derverwendungsfähig Heer“ erhalten hatten. Im Gegensatz zur ersten Kategorie, zählten diese
63
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 236-238. 64
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 251f.
28
Divisionen nicht zu den Eliteverbänden. Die letzte Stufe in der Rangordnung bildeten Trup-
pen, die aus Nichtdeutschen und Nichtgermanen aufgestellt wurden. Ihre Tauglichkeit oder
genaue Herkunft war für die Einstufung unerheblich.65
Die Elite der Waffen-SS wurde zum größten Teil von Reichsdeutschen gestellt, Abstufung
zwei hauptsächlich von Volksdeutschen und Germanen. Die letzte Kategorie konnte praktisch
Soldaten jedweder Herkunft enthalten. Oftmals wurden die SS-Männer aus den besetzten Ge-
bieten rekrutiert oder kamen aus Staaten der deutschen Verbündeten. So trugen kroatische,
ungarische, italienische oder britische Männer eine deutsche Uniform. Die oben Genannten
bildeten nur eine kleine Auswahl an Nationalitäten, die ihren Wehrdienst in der Schutzstaffel
ableisteten. Bei der Kategorisierung gab es aber mitunter auch Ausnahmen, so erhielt die 5.
SS-Division trotz germanischer Angehöriger den höchsten Status zuerkannt, während die ei-
gentlich „zweitklassige“ Division „Prinz Eugen“ de facto der letzten Kategorie angehörte. Die
Stellung eines Verbandes innerhalb der Hierarchie konnte exakt anhand des Namens festge-
stellt werden. Einheiten der ersten Einstufung begannen am Anfang des Namens mit „SS“,
wie zum Beispiel die 3.SS-Panzer-Division „Totenkopf“. Der Namenszusatz „Freiwilligen“
implizierte die Zugehörigkeit zur zweiten Gruppe. Die 22. SS-Freiwilligen-Kavallerie-
Division könnte hier exemplarisch herangezogen werden. Ein Verband der untersten Rubrik
kennzeichnete sich durch den Wegfall der Abkürzung „SS“ zu Beginn des Namens, stattdes-
sen wurde „Waffen“ am Anfang sowie „der SS“ am Ende der Truppenbezeichnung hinzuge-
fügt. Zum Verständnis soll in diesem Fall die 13. Waffen-Gebirgs-Division der SS „Hand-
schar“ (kroatische Nr. 1) genannt werden. Die Ehrenbezeichnung zum Schluss war generell
optional und nicht zwingend erforderlich. Zusätzlich zur Benennung gab es ebenso Unter-
schiede bei der Uniformierung. Ausschließlich Einheiten der ersten Klassifizierung durften
die Siegrune am Kragenspiegel tragen, Verbände niedrigerer Einstufung ersetzten das Merk-
mal wahlweise durch andere Runen oder Symboliken. Die „Prinz Eugen“ versah zum Beispiel
ihren Dienstanzug ersatzweise mit der Odal-Rune. Die Bezeichnung der militärischen Ränge
differenzierte sich ebenso innerhalb der Hierarchie. Wo in den Elitedivisionen allen Rängen
„SS“ vorne angestellt wurde, wurde in den anderen „der SS“ hinter der Bezeichnung ange-
reiht, SS-Obersturmbannführer im Gegensatz zu Obersturmbannführer der SS. Die strickte
Unterteilung der Einheiten vereinfachte auch die Priorisierung in der Bereitstellung von Aus-
rüstung und Verpflegung, in einer Phase als die eine zufriedenstellende und vor allem gleich-
mäßige Versorgung aller Truppen ohnehin nicht mehr bewerkstelligt werden konnte. Mehr
65
Vgl. WEGNER, Soldaten, S. 315f.
29
Nachschub bedeutete automatisch eine Erhöhung des Kampfwertes, was sich günstig auf die
Verlustzahlen auswirken konnte. Nichtsdestotrotz spiegelten die tatsächlichen Verluste weder
den Status noch den Ausrüstungsstandard wieder, da hier viele Faktoren zusammenspielten
und die Elitedivisionen fast ausschließlich an Brennpunkten der Front eingesetzt wurden, um
sich dort zusehends aufzureiben. Der Status einer SS-Division korrelierte also keinesfalls au-
tomatisch mit den im Kampf erlittenen Ausfällen.66
2. Rumänien und die deutsche Volksgruppe:
Im folgenden Kapitel soll der rumänische Staat an sich, die Innen- und Außenpolitik, sowie
die Lage und der Werdegang der volksdeutschen Bevölkerung nachgezeichnet und untersucht
werden. Zuerst wird mit der allgemeinen Situation Rumäniens begonnen, später die geschicht-
liche Entwicklung und Ansiedelung der deutschsprachigen Minderheit betrachtet. Danach
folgen die Kapitel über Werbung, Musterung und Motivation der SS beizutreten. Abschlie-
ßend werden die Ergebnisse der Rekrutierung diskutiert.
2.1. Geschichtlicher Überblick und Situation vor Beginn des Zweiten Weltkrieges:
In den folgenden Kapiteln wird einerseits die Entstehung der deutschsprachigen Ansiedelun-
gen in Rumänien, anderseits deren Entwicklung nach Ende des Ersten Weltkrieges behandelt.
Darüber hinaus soll die außen- als auch innenpolitische Lage des rumänischen Staates in der
Zwischenkriegszeit untersucht werden.
2.1.1. Rumänien in der Zwischenkriegszeit und als Verbündeter Deutschlands:
Rumänien blieb, ebenso wie seine Nachbarländer, nicht von den Wirren des Ersten Weltkrie-
ges verschont. Hatte man doch in der Endphase des Konfliktes monatelang eine deutsche Be-
satzung ertragen müssen, in der das Land, ohne Rücksicht auf die Zivilbevölkerung, von der
fremden Macht ausgeplündert wurde. Die Armee war aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht
geschlagen und verstärkte die russischen Reihen hinter dem Dnjestr im Südabschnitt der Ost-
front. Durch den Zusammenbruch des russischen Kaiserreichs konnte sich Rumänien das Ge-
66
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 252f.
30
biet Bessarabien sichern, da die eigenen Truppen diesen Streifen Land kontrollierten. Berlin
unterstützte die Annexion dieses, hauptsächlich von Deutschen und Rumänen besiedelten,
Gebietes. Trotz aller vorigen Entbehrungen durfte sich der Balkanstaat nach Kriegsende zu
den Siegern zählen, hatte er doch einen gewaltigen Gebietsgewinn zu verzeichnen.67
Im Ver-
trag von Trianon verlor Ungarn riesige Gebiete, Siebenbürgen und der größte Teil des Banats
wurden dem rumänischen Staat zugesprochen. Österreich musste die Bukowina an das Land
abtreten.68
Das Staatsgebiet konnte dadurch um das Dreifache vergrößert werden. Fortan bil-
dete das Land durch seine starken frankophilen Tendenzen den Eckpfeiler der Entente am
Balkan und die Hauptstadt Bukarest wurde als zweites Paris bezeichnet. Für Deutschland war
Rumänien vor allem wegen seiner landwirtschaftlichen Produkte und des Erdöls interessant,
der Staat selbst orientierte sich aber eher an den Westmächten. Durch die aggressive Außen-
politik des Dritten Reiches, den Ausbruch des Krieges und der raschen Zerschlagung Polens,
sah sich der Nationalstaat in die Ecke gedrängt. Eine Zusammenarbeit mit Deutschland hätte
womöglich vollkommene Unterwerfung bedeutet, ein Bündnis mit der Sowjetunion wiederum
war schon aus grundlegenden ideologischen Gegensätzen nicht möglich. Kurz nach der Un-
terwerfung Frankreichs forderte die Sowjetunion im Juni 1940 Bessarabien zurück, was in
Rumänien eine politische Krise auslöste. Da sich der König vollkommen isoliert sah und kei-
ne Unterstützung von außen erwarten konnte, stimmte er der Abtretung notgedrungen zu.
Nach einem Regierungswechsel bat man um deutsche Militärhilfe, die Katastrophe ließ sich
aber nicht mehr aufhalten. Durch die offensichtliche Schwäche Rumäniens ermutigt, forderten
sowohl Ungarn als auch Bulgarien große Gebiete. Um einen drohenden Krieg am Balkan zu
vermeiden, wurden im Zweiten Wiener Schiedsspruch die Grenzen zwischen Rumänien und
seinem westlichen Nachbarn neu gezogen. Siebenbürgen wurde geteilt und der nördlichere
Part Ungarn zugesprochen. Wenige Tage später musste auch ein Teil der Dobrudscha an den
südlichen Nachbarstaat Bulgarien abgetreten werden. Innenpolitisch gab es eine erstarkende
rechtsextreme Fraktion, die sich durch Antisemitismus und ihren Hass auf alles Kommunisti-
sche definierte. Diese Haltung brachte die „Eiserne Garde“, so ihr Name, dem Nationalsozia-
lismus nahe. Berlin war allerdings besorgt ein Putsch der Ultras könnte die Lage der Volks-
deutschen im Land gefährden, weshalb das Dritte Reich die Fraktion nicht unterstützte.69
Nachdem die rumänischen Gebiete ohne jegliche Gegenwehr abgetreten worden waren, floh
König Carol II ins Exil, um sich dem Zorn der aufgebrachten Bevölkerung zu entziehen.
67
Vgl. MÜLLER, Seite, S. 54. 68
Vgl. VOCELKA, Neuzeit, S. 615f. 69
Vgl. MÜLLER, Seite, S. 54-56.
31
Mihai I folgte ihm auf den Thron, die Regierung wurde am 6. September 1940 durch die „Ei-
serne Garde“ und den ehemaligen Verteidigungsminister Ion Antonescu gebildet, wobei letz-
terer zum Lenker des Staates ernannt wurde. Gleich darauf bat die Regierung Deutschland um
eine Wehrmachtsmission zur Lehrtätigkeit für die eigenen Truppen und zum Schutz des Lan-
des. Im Jänner 1941 kam es nach anfänglichen Spannungen und in späterer Folge unüber-
brückbarer Differenzen zum endgültigen Bruch zwischen dem Marschall und den Legionären.
Die Garde versuchte zwischen 20. und 22.1.1941 einen Staatsstreich durchzuführen, scheiter-
te aber. Antonescu nutzte dieses Ereignis die Opposition zu zerschlagen, sich an die Spitze
des Staates zu stellen und die Fraktion gänzlich zu verbieten. Die Wehrmachtstruppen blieben
während des gesamten Umbruchs passiv, was dem Politiker ermöglichte diese radikalen
Schritte durchzuführen. Das Verhältnis zwischen Bukarest und Andreas Schmidt, dem Leiter
der Deutschen Volksgruppe in Rumänien, war sicherlich auch deswegen so problematisch,
weil der Sachse der legionärsfreundlichen SS nahe stand und eben für diese Rumäniendeut-
sche rekrutieren wollte. Der Marschall bezichtigte die SS einen Umsturz seiner Regierung zu
planen und betrachtete jede Handlung der beiden Parteien mit Argwohn. Die Legionäre wur-
den in den Untergrund gedrängt70
oder flohen nach Deutschland, wo ihnen Asyl gewährt wur-
de, sie aber politisch isoliert blieben. Antonescu setzte fortan voll auf die Zusammenarbeit mit
dem Dritten Reich, war er doch geneigt zu glauben, dass er sich im Fahrwasser des National-
sozialismus seinen Anteil sichern und mit guten Leistungen die Teilung Siebenbürgern rück-
gängig machen könnte. Ebenso wurden die Treibstofflieferungen noch einmal drastisch er-
höht, was Nazideutschland überhaupt erst ermöglichte einen globalen Krieg zu führen. Die
rumänische Armee hingegen war mangelhaft ausgerüstet und schlecht geführt. Der Marschall
hatte gehofft mit deutscher Hilfe ein schlagkräftiges Militär aufzubauen, was aber keinesfalls
gelang, da die Industrie des Bündnisführers bei weitem nicht ausreichte die eigene Wehr-
macht adäquat zu versorgen. Die knapp 29 aufgestellten Divisionen waren eher auf dem Stand
des Ersten Weltkrieges und verfügten über viel zu wenig Panzer, Artillerie und schwere Waf-
fen. Vor dem Krieg hatte man bei einer Gesamtbevölkerung von 13,5 Millionen Menschen
mit einer Wehrfähigenzahl von gut 2 Millionen Mann spekuliert, rekrutiert wurden für die
Operation Barbarossa aber nicht einmal 700.000. Davon nahmen gerade einmal 325.000 Sol-
daten am Feldzug gegen die Sowjetunion teil. Rumänien war erpicht darauf, das abgetretene
Gebiet zurückzuerobern, was mit deutscher Hilfe keiner großen Anstrengung bedurfte. Als
das aber erreicht war, strebte Antonescu nach mehr, wollte er sich doch vor dem Führer be-
weisen und bis an den Ural marschieren. Er eroberte die Hafenstadt Odessa und gliederte nach
70
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 56, 77-79, 103f.
32
erfolgreicher Einnahme das Gebiet zwischen Dnjestr und südlichem Bug Großrumänien an,
welches Transnistrien heißen sollte. Hier aber regten sich bereits Gegenstimmen, der König
sah den Kampf gegen die UdSSR als allein deutsche Aufgabe, wollte die Armeen wieder
heimholen und besuchte nur widerwillig seine Truppen an der Front.71
Die eigentliche Kata-
strophe passierte aber erst bei Stalingrad, wo die rumänischen Fronttruppen quasi vollständig
zerschlagen wurden. Von nun an beschränkte sich der Achsenpartner im Wesentlichen damit
seine eigene Position bei möglichen Verhandlungen mit den Westalliierten zu verbessern, da
man sich an der Seite Nazideutschlands keinen siegreichen Kriegsverlauf mehr vorstellen
konnte.72
Die Wiederaufrüstung der Armee sollte nun nur mehr der Landesverteidigung die-
nen und von Deutschland getragen werden. Die Preise für das exportierte rumänische Erdöl
erhöhten sich um mehr als das Dreifache des Vorkriegswertes. Die Westmächte waren aber
nicht an einem Separatfrieden interessiert und sprachen das Land der Einflusssphäre Stalins
zu. Die wirtschaftlichen Zugeständnisse Deutschlands konnten nichts mehr an der Kriegsmü-
digkeit der Rumänen ändern, 1944 wurde sogar die Rüstungsproduktion des Balkanstaates um
60 Prozent gekürzt. Ende August begann die russische Offensive, die ins rumänische Hinter-
land vorstieß. Am 23. August ließ der König Antonescu verhaften, zwei Tage später erklärte
Rumänien dem Dritten Reich den Krieg. Durch die sich überschlagenden Ereignisse konnten
die deutschen Armeen und Dienststellen nicht mehr evakuiert werden und wurden in einem
gewaltigen Kessel eingeschlossen. Moskau installierte kurz darauf eine stalinistische Diktatur
nach russischem Vorbild und ließ die ehemaligen Machthaber in Schauprozessen hinrichten.73
2.1.2. Geschichtlicher Überblick der Deutschen Rumäniens:
Das Gebiet des heutigen Rumäniens war schon lange vor der Geburt Jesu Christi besiedelt,
wobei die Stämme als Thraker bezeichnet wurden. Nach dem Abzug der römischen Besatzer
bildete sich zusammen mit eingewanderten slawischen Stämmen bis zum 9. Jahrhundert ein
eigenes Volk, sowie die rumänische Sprache. In der Geschichte wird die Bevölkerung, die
zwischen den Karpaten und der Donau lebte als „Walachen“ bezeichnet. Im Laufe des 11. und
12. Jahrhunderts wurden die feudalen Herrschaften schrittweise von den Magyaren unterwor-
fen, die ebenso im 9. Jahrhundert weiter westlich in der pannonischen Tiefebene sesshaft
wurden. Siebenbürgen bildete als ungarisches Woiwodat eine spezielle politische und regio-
71
Vgl. MÜLLER, Seite, S. 56-62. 72
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 118, 132-134, 155. 73
Vgl. MÜLLER, Seite, S. 56-66.
33
nale Einheit, die sich eine gewisse Autonomie erhalten konnte.74
Die späteren Siebenbürger
Sachsen wurden vom ungarischen König Geza II. als Gäste in das der Krone unterstehende
Gebiet eingeladen. Der ursprüngliche Auswanderungsbereich der Deutschen lag im Rhein-
Mosel-Gebiet, spätere Ansiedelungen können bis ins 20. Jahrhundert hinein aus allen Teilen
der deutschsprachigen Welt nachgewiesen werden.75
Die Deutschen, hauptsächlich Handwer-
ker und Bauern, wurden mit der Grenzsicherung gegen die Wandervölker angesiedelt. Ferner
sollte die Volksgruppe die ungarische Herrschaft absichern und weiter festigen. Eigene Privi-
legien und steuerliche Vorteile sollten die Loyalität der Neuankömmlinge gegenüber der Kro-
ne sichern. Des Weiteren hoffte der Adel durch die Ansiedelung der Sachsen die landwirt-
schaftliche Produktion zu steigern, das Land weiter zu urbanisieren und eine Steigerung in
Gewerbe sowie Handel zu erzielen. Der wirtschaftliche Aufschwung hätte zusätzliche Ein-
nahmequellen generiert und Geld in die Staatskasse gespült. Die Gründe für die Auswande-
rung mögen vielfältig gewesen sein, der fortschreitende Feudalisierungsprozess und die damit
einhergehende Leibeigenschaft ließen den freien Bauern keine Wahl, sie konnten sich einem
Lehensherren unterstellen oder nach Osteuropa abwandern. Daneben gab es ebenso wirt-
schaftliche, religiöse und demographische Gründe, die für eine Ausreise sprachen. Das bedeu-
tendste Dokument der Volksgruppe stellte das „Andreanum“ oder der „Goldene Freibrief“
dar, welches 1224 vom ungarischen Monarchen Andreas II unterzeichnet wurde, daher auch
der lateinische Name. Diese Urkunde regelte die Gerichtsbarkeit und fasste die Personen-
gruppe als gemeinsames Volk zusammen. Daneben bekamen die Sachsen Sonderrechte bei
gewissen steuerlichen Verpflichtungen zugesprochen. So hatten sie ihr eigenes Bodenrecht,
durften sich selbst verwalten und leisteten unter bestimmten Regularien den Militärdienst ab.
Als wirtschaftliche und kulturelle Zentren bilden sich im Zuge der regen Entwicklung Klau-
senburg, Hermannstadt und Kronstadt heraus, die alle sehr städtisch geprägt waren. Die Sie-
benbürger bekamen vom ungarischen Monarchen und rumänischen Fürsten weitreichende
Handelsfreiheiten zugesagt, die eine Expansion der Geschäftstätigkeit weit über die eigenen
Grenzen hinaus ermöglichte, auch war die Vielfältigkeit der handwerklichen Erzeugnisse ge-
fragt. Im 16. Jahrhundert war der Höhepunkt der Entwicklung der Siebenbürgischen Kaufleu-
te erreicht, die die Brücke zwischen Orient und Okzident herstellten, bis das kriegerische
Vordringen der Osmanen Handelsbeziehungen zunehmend erschwerte. 1526 wurde nach der
verlustreichen Schlacht von Mohács ein Großteil des ungarischen Königreiches von den Tür-
ken erobert, was die deutschsprachigen Gebiete im Karpatenbogen miteinschloss. Siebenbür-
74
Vgl. BARCAN u.a., Nationalität, S. 7-9. 75
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 19f.
34
gen konnte sich allerdings auch unter türkischer Herrschaft die zuvor garantierten Privilegien
erhalten, was zu vergleichsweiser großer Autonomie führte.76
Mit der Vertreibung der Osma-
nen aus Ungarn, welche nach der siegreichen Schlacht bei Wien im Jahre 1683 begonnen
wurde, wurden im Zuge des Feldzuges auch die Siebenbürgischen Gebiete der Hoheit des
Sultans entrissen.77
Das Territorium wurde 1687 von der Habsburgischen Krone annektiert.78
Leopold I. bestätigte zwar 1691 die alten Landesrechte und Sonderkonditionen der Sieben-
bürger, mit dem Frieden 1711 wurden die Privilegien aber zunehmend beschnitten. So gab es,
trotz zugesagter Religionsfreiheit, gegenreformatorische Maßnahmen, die Selbstverwaltung
wurde eingeschränkt und die wichtigen Entscheidungen verlagerten sich nach Wien. Im Zuge
der österreichischen Religionspolitik kam es zu Aussiedelungen von Protestanten nach Sie-
benbürgen, die Mitte des 18. Jahrhunderts ihren Höhepunkt fanden und erst 1774 von Joseph
II. untersagt wurden. In einer ersten Welle kamen vor allem Oberösterreicher ins Land, die
deswegen als „Landler“ bezeichnet wurden. Später folgten auch Kärntner und Steirer, die aber
dennoch den Namen behielten. Selbiger beabsichtigte mit radikalen Reformen eine Gleich-
stellung aller Völker zu erreichen, die sich unter der Krone nun zu vereinigen hätten, aller-
dings förderte er damit vielmehr die Ausbildung eines Nationalitätenbewusstseins. Die Revo-
lution des Jahres 1848 und der Ausgleich zwischen Österreich-Ungarn brachten zahlreiche
Einschränkungen für die Deutschen. Siebenbürgen wurde der ungarischen Reichshälfte ein-
gegliedert und verlor damit die politische Autonomie. Darüber hinaus verfolgte die Regierung
in Budapest eine radikale Madjarisierungs- und Gleichschaltungspolitik.79
Dieser Druck von
außen ließ die rumänische und deutsche Bevölkerung enger zusammenrücken und verdichtete
die Beziehungen beider Volksgruppen zueinander. So ist eine große Sympathie in der deut-
schen Presse beim Kampf der Rumänen um ihre Unabhängigkeit zu verspüren, einige Deut-
sche schlossen sich diesem Freiheitskampf sogar freiwillig an. Wenig verwunderlich strebten
die Siebenbürger nach Zerfall der Habsburgermonarchie die Vereinigung ihrer Ländereien mit
Rumänien an, was am 9. Dezember 1918 auch geschah.80
Auch wenn die Geschichte der Banater Schwaben kürzer ist als die der Siebenbürger Sachsen,
so kann sie doch auf eine jahrhundertealte Tradition aufbauen. Die Wiedereroberung der un-
garischen Reichshälfte durch die kaiserlichen Truppen schuf die Voraussetzung für Besiede-
lung des größtenteils zerstörten Landes, die fast 100 Jahre lang gezielt gesteuert wurde. Die
76
Vgl. BARCAN u.a., Nationalität, S. 10-17. 77
Vgl. SCHENK, Siebenbürgen, S. 121. 78
Vgl. BARCAN u.a., Nationalität, S. 18. 79
Vgl. SCHENK, Siebenbürgen, S. 121-126. 80
Vgl. BARCAN u.a. Nationalität, S. 23.
35
wirtschaftlichen Überlegungen der Monarchie sahen vor, die Landwirtschaft in den eroberten
Ländereien wiederaufzubauen, das Gewerbe zu stärken und ferner zusätzliche Steuern aus der
neugeschaffenen Produktion zu ziehen. Militärisch sollte die neue Grenze gegen zukünftige
Türkeneinfälle gesichert werden. Bevor die Krone die Bevölkerungsverschiebung befahl, hat-
ten schon kaiserliche Heerführer, ungarische Adelige und die Kirche begonnen die Urbarma-
chung zu organisieren. Die Gründe für das Auswandern waren vielfältig, meist aber mit sozia-
len, gesellschaftlichen oder religiösen Problemen verknüpft, denen man durch Emigration zu
entfliehen versuchte. Die Besiedelung des Banats erstreckte sich über drei Generationen an
Habsburgischen Herrschern, die einzelnen Wellen der sogenannten Schwabenzüge vollzog
sich in den Jahren 1723 bis 1726, 1763 bis 1773, sowie 1782 bis 1787. Die Reisen wurden
entweder zu Fuß oder per Boot ab Ulm oder Günzburg angetreten.81
Der größte Teil der Ba-
nater Schwaben stammte aus Südwestdeutschland, ein geringer Prozentsatz auch aus Bayern
und Österreich. Daneben wurden auch italienische und französische Handwerker angeworben,
um den Wiederaufbau zu beschleunigen. Den ersten Ankömmlingen wurde ein Steuererlass
von sechs Jahren versprochen, darüber hinaus enthob man sie von allen Lehenspflichten. 1717
kamen hauptsächlich Bergleute und Handwerker in die Region, aber 1722 dann immer mehr
Bauern. Während der Regierungszeit Karl VI. entstanden knapp 60 deutsche Ansiedelungen,
meist waren sie Erweiterungen von bestehenden rumänischen und serbischen Ortschaften,
wobei in den ersten 15 Jahren sich in diesem Raum 23.000 Menschen niederließen. Diese
friedliche Migration wurde durch kriegerische Handlungen in den Jahren von 1736 bis 1739
unterbrochen, zahlreiche Ortschaften geplündert und verwüstet, fast 30 von ihnen verschwan-
den gänzlich von der Landkarte. In der zweiten großen Welle wurde vor allem der Nordwes-
ten des Banats besiedelt. Insgesamt dürften durch die drei Bevölkerungsverschiebungen bis zu
60.000 Personen ins Land gekommen sein, die Franzosen und Italiener machten aber nur ei-
nen verschwindend geringen Anteil an dieser Zahl und gingen bald in der deutschen Bevölke-
rung auf.82
Das Banat blieb bis 1778 eine der Hofkammer unterstellte Krondomäne, die Regi-
on um die Militärgrenze kam sogar erst 1873 zum Königreich Ungarn.83
Die Anfangszeit war
für die Siedler beschwerlich ungewiss, zwar hatte man den Neuankömmlingen gesonderte
Vergünstigungen zugesagt, allerdings waren die nicht von Dauer. Zusätzlich musste das Land
wieder urbar gemacht und die zahlreichen Sümpfe trocken gelegt werden. Die benötigten Gü-
ter zum Aufbau einer funktionierenden Landwirtschaft wie Vieh, Wohnhäuser, Werkzeug und
sogar die Anreise mussten mit Zinsen zurückbezahlt werden, so blieb den Menschen des Ba-
81
Vgl. RÖDER, Ethnisierungsprozesse, S. 29f. 82
Vgl. BARCAN, Nationalität, S. 26f. 83
Vgl. RÖDER, Ethnisierungsprozesse, S. 31.
36
nats auch in ihrer neuen Heimat die Ausbeutung durch den Feudalherren nicht erspart vor der
die meisten ursprünglich geflohen waren. Trotz all dieser Entbehrungen entwickelten sich die
Ländereien rasch, 1771 wurde, mit Entstehung der „Temeschwarer Nachrichten“, die erste
Tageszeitung auf dem Gebiet des heutigen Rumäniens überhaupt gegründet. Während der
Revolution von 1848 kämpfen die Banater gemeinsam mit den ungarischen Aufständischen
gegen die kaiserliche Herrschaft. Wie in Siebenbürgen spaltete auch im Banat der Nationa-
lismus die Bestrebungen nach größerer persönlicher Freiheit. Nichtsdestotrotz konnte auch
hier das Joch der Leibeigenschaft abgeworfen werden, was im Zuge einer kapitalistischen
Umgestaltung zu einem weiteren wirtschaftlichen Aufschwung führte. Durch die fortschrei-
tende Industrialisierung kam es zum Kampf der Arbeiter gegen Ungerechtigkeit und niedrige
Löhne. 1890 wurde die sozialistische Partei gegründet, drei Jahre später erschienen bereits
regelmäßig linksgerichtete Kampfschriften. Nach der Niederlage der Mittelmächte und dem
damit einhergehenden Zerfall der österreich-ungarischen Monarchie wurde das östliche Banat
unter mehrheitlicher Zustimmung der deutschen Bevölkerung dem sich bildenden Groß-
rumänien angeschlossen.84
Das Bestreben der Bewohner das Banat bei Ungarn zu belassen,
um eine Trennung der Region zu verhindern, wurde von den Siegermächten ignoriert und das
Gebiet in drei Teile zerschlagen, wobei die nördlichen Ausläufer bei Ungarn verblieben, hin-
gegen der westliche Teil dem Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen zugesprochen
wurde.85
Es gab aber noch weitere kleinere deutsche Kommunen, die sich entweder nach der
Rückeroberung des Gebietes von Osmanen bildeten oder durch Migrationsbewegungen inner-
halb Rumäniens entstanden. Nach Ende des bewaffneten Konflikts gegen die Türken riefen
ungarische Adelige deutsche Siedler auf ihre Güter rund um die Stadt Sathmar, um die von
Verwüstungen gezeichneten Ländereien wieder aufzubauen. Hauptsächlich ließen sich dort
schwäbische Bauern nieder, die zum größten Teil aus Württemberg stammten und in mehre-
ren Migrationswellen ins Land kamen. Bis Anfang des 19. Jahrhunderts hatten die Deutschen
gut 40 Dörfer gegründet, bei Großwardein war 1801 eine Glasbläserei eröffnet worden und in
Borscha nahmen deutsche Bergleute den Grubenbetrieb auf. Von 1773 bis 1812 emigrierten
Bewohner der Zips in den heutigen Landkreis Maramuresch und gründeten die Gemeinde
Oberwischau. Die deutsche Bevölkerung war dem einsetzenden Madjarisierungsdruck beson-
ders schutzlos ausgeliefert, da sie über keine intellektuelle Schicht verfügte, die ihr Deutsch-
tum hätte verteidigen können. Die katholische Kirche war hier besonders aktiv am Prozess
84
Vgl. BARCAN, Nationalität, S. 27-31. 85
Vgl. RÖDER, Ethnisierungsprozesse, S. 31f.
37
beteiligt. Einzig eine evangelische Gemeinde konnte sich eine deutsche Schule erhalten.86
Ebenso siedelten sich Ende des 18. Jahrhunderts in der Bukowina, auch Buchenwald genannt,
Deutsche an.87
1775 wurde das Gebiet dem Habsburgerreich angeschlossen. Der Landstrich
war dünn besiedelt, bevölkert wurde die Provinz neben Rumänen von Ruthenen, Griechen,
Armenier und einer jüdischen Glaubensgemeinschaft. Die deutschen Siedler kamen in mehre-
ren Migrationsbewegungen bis Mitte des 18. Jahrhunderts ins Territorium und entstammten
größtenteils der Zips, Böhmen, Franken, dem Rheinland und Schwaben. Mitunter fanden auch
Züge innerhalb des heutigen Rumäniens statt. 1849 erhielt die Provinz den Status eines Her-
zogtums, was sich in größerer Selbstständigkeit und einem eigenen Landtag in Tschernowitz
bemerkbar machte. 1875 erhielt die Hauptstadt eine deutschsprachige Universität, die von
allen Ethnien besucht werden konnte. Im Zuge der aufkommenden Nationalisierung entstand
eine Protestbewegung gegen die deutsche Vorherrschaft, die eine entsprechende Vertretung
der einzelnen Völkerschaften im Landtag, sowie deren rechtliche Gleichstellung erreichte. Bei
der Vereinigung mit Großrumänien verfügte das Gebiet im Vergleich mit den anderen deut-
schen Sprachinseln, über das am stärksten gefestigte kulturelle und politische Netzwerk.88
Während des 19. Jahrhunderts entstanden in Altrumänien deutsche Siedlungen in den größe-
ren Städten, die durch Zuwanderer aus Siebenbürgen, dem Banat und auch den deutschen
Kernlanden entstanden. Im Gegensatz zu den anderen Ansiedelungen davor, waren unter den
Migranten keine Landwirte oder einfache Handwerker, sondern Leute mit Hochschulbildung,
Unternehmer und Facharbeiter zu finden. Diese Entwicklung wurde durch das deutsche Kö-
nigshaus begünstigt, so dass zur Zeit des Ersten Weltkrieges rund 17.000 Personen in 20 Ort-
schaften lebten und ihre eigenen Vereine, Zeitungen und Ausbildungsstätten unterhielten.
1878 hatte Rumänien als Kompensation für den Verlust des südlichen Bessarabiens, die
Dobrudscha als Ausgleich erhalten. Migrationsbewegungen deutscher Siedler aus dem heuti-
gen Moldawien ließen zwischen 1841-1853 erste Ortschaften entstehen. Zwischen 1873 und
1891 folgten weitere Zuzüge von hauptsächlich bäuerlicher Bevölkerung. Die Volksgruppe
lebte in ärmlichen Verhältnissen und war mit ihren knapp 8000 Mitgliedern politisch inaktiv.
Da sie, wegen Lehrkräftemangels, kaum eigene Bildungseinrichtungen unterhielt, waren die
Dobrudschadeutschen einer anhaltenden Rumänisierung ausgesetzt. Die letzte bedeutende
deutsche Siedlungsgruppe bildeten die Bessarabiendeutschen. Nach dem russisch-türkischen
Krieg von 1806-1812 rief der Zar deutsche Siedler in das frisch eroberte Moldawien, das nur
86
Vgl. KRONER, Jahrhundert, S. 12f. 87
Vgl. BARCAN, Nationalität, S. 28. 88
Vgl. KRONER, Jahrhundert, S. 13-15.
38
dünn von Rumänen und Ruthenen besiedelt war. Ein kaiserlicher Erlass gewährte eine zehn-
jährige Steuerentlastung, freie Religionsausübung und darüber hinaus wurde den Neuan-
kömmlingen versichert, dass sie keinen Militärdienst abzuleisten hätten. Württemberger,
Pommern und Personen aus dem Großherzogtum Warschau folgten zwischen 1814 und 1824
dem Ruf des Monarchen. Die neugegründeten Städte erhielten häufig Namen der Schauplätze
der Schlachten des erst kürzlich vergangenen Krieges gegen Napoleon, wie zum Beispiel
Leipzig, Borodino oder Paris. Es handelte sich in diesem Fall aber um rein deutsche Dörfer,
die es grundsätzlich zu Wohlstand brachten. Trotz der Zusicherung der Krone keinen Militär-
dienst leisten zu müssen, wurde die Volksgruppe bei Einführung der allgemeinen Wehrpflicht
auch herangezogen, ebenso setzten Russifizierungsmaßnahmen ein. Ein weiteres Problem
stellte das Festhalten am alten Hoferbrecht da, welches den Betrieb zu Gänze an den ältesten
Sohn weitergab und die anderen Geschwister damit ohne Land blieben. Die Maßnahmen des
zaristischen Russlands und die Landlosigkeit veranlassten viele in die weiter südliche
Dobrudscha zu ziehen oder in die Vereinigten Staaten zu emigrieren.89
2.1.3. Rumäniendeutsche in der Zwischenkriegszeit:
Die Banater Schwaben fassten am 1. August 1919 in Temeschwar den Beschluss sich Rumä-
nien anzuschließen.90
Kurz davor proklamierten auch die Siebenbürger Sachsen ihre Zugehö-
rigkeit zu Rumänien, was im erweiterten Zentralausschuss am 8. Jänner 1919 beschlossen
wurde, nachdem der rumänische Nationalrat der Region spezielle Minderheitenrechte zugesi-
chert hatte.91
Im Zuge der Pariser Vorortverträge verpflichtete sich der rumänische Staat auf
Druck der Westalliierten spezielle Minderheitengesetze einzuhalten. Dieser Schritt wurde am
9. November 1919 ratifiziert. Der Vertrag trat knapp ein Jahr später in Kraft und Ende August
1921 wurden alle nationalen Minoritäten der Aufsicht des Völkerbundes unterstellt.92
In der
neuen Verfassung von 1923 wurden Minderheiten mit keinem Wort erwähnt, der Gesetzestext
spricht hier ausschließlich von Rumänen. Die geforderten Sonderrechte für autonome Kirchen
und Schulen waren ebenso wenig vorhanden, wie eine Festlegung von Sprachenrechten. Eine
zusätzliche Diskriminierung entstand durch Artikel 22, der besagte, dass die rumänisch-
orthodoxe Kirche die beherrschende Kirche im Staat sei.93
Trotz der vorherigen Schutzverträ-
89
Vgl. KRONER, Jahrhundert, S. 5f., 13-17. 90
Vgl. RÖDER, Ethnisierungsprozesse, S. 32. 91
Vgl. BÖHM, Vasallen, S. 4. 92
Vgl. RÖDER, Ethnisierungsprozesse, S. 32. 93
Vgl. WILDMANN, Tragödie, S. 289-291.
39
ge war bereits Anfang der 20er Jahre klar, dass sich die rumänische Gesellschaft in mehrere
Klassen gespalten hatte, das Land von einer kleinen Oberschicht in der Hauptstadt regiert
wurde und die Regierung nicht bereit war, ihre, in den Karlsbader Beschlüssen gegebenen
Versprechungen, einzuhalten. Die positive Aufbruchsstimmung, die nach dem Krieg entstan-
den war, wandelte sich zunehmend in Desillusionierung und Frust, was aber nicht nur bei den
Minderheiten zu beobachten war. Die Regierung handelte sich dadurch einen massiven Ver-
trauensbruch bei den Volksdeutschen ein, was sich in steigender Emigration und einem mar-
kanten Geburtenrückgang äußerte. Zusätzlich stagnierte die rumänische Wirtschaft, was zu
einer schleichenden Verarmung der Massen führte, die zwar von den reichen deutschen Bau-
ern verkraftet werden konnte, dennoch zu einer Radikalisierung und Lagerbildung führte. Be-
reits 1928 waren durch die wirtschaftliche Verunsicherung bedingt das konservative und nati-
onalsozialistische Lager nachweisbar. Die Entwicklung war demnach schon vor der Weltwirt-
schaftskrise und der Machtergreifung Hitlers spürbar, wurde aber letztlich durch die Innenpo-
litik Bukarests ausgelöst.94
1922 wurde in Hermannstadt die „Deutsch-sächsische Selbsthilfe“
gegründet, die die Förderung ihrer Mitglieder hinsichtlich Bildung, Selbstversorgung, Land-
wirtschaft sowie Hilfestellung bei der Beschaffung von Bedarfsartikel zum Ziel hatte. Ebenso
wurden linksextreme Werte und Einstellungen mit regelmäßig erscheinenden Zeitschriften
bekämpft. Die Arbeiterschaft sollte stattdessen auf den völkischen Sozialismus eingeschwo-
ren werden. Der Gründer dieser Organisation war der gebürtige Hermannstädter Fritz Fabriti-
us, der früh für die Lehren des Nationalsozialismus empfänglich wurde und in späterer Folge
regen Kontakt mit führenden Persönlichkeiten des Drittes Reiches unterhielt. Mitte 1932 ent-
stand dann eine Nationalsozialistische Selbsthilfeorganisation unter seiner Führung, die die
gesamte Bevölkerung zu einer einheitlichen Volksgemeinschaft zusammenschweißen sollte
und sich stark am Parteiprogramm der NSDAP orientierte. Noch im selben Jahr kam es in
Mediasch zu einer Versammlung tausender Mitglieder, die den starken inneren Zusammenhalt
der Bewegung und die Überzeugung ihrer Anhänger aufzeigte.95
Bei der Landreform von 1921 wurde der Gemeindeboden der Volksdeutschen verstaatlicht,
was ihnen den Kern ihrer Verdienste raubte. Allein die Evangelische Kirche verlor jährliche
Einnahmen von 20-25 Millionen Lei, das eingezogene Gebiet der deutschen Universität er-
brachte immerhin noch ein jährliches Einkommen von 15 Millionen Lei. Der rumänische
Staat versprach eine Entschädigung von 23 Millionen Lei zu zahlen, tat dies bis 1932 aller-
dings nicht. Im Gegenzug aber sanken die staatlichen Zuwendungen gegen null und waren
94
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 22-24. 95
Vgl. BÖHM, Vasallen, S. 5-9.
40
grundsätzlich ethnischen Zugehörigkeiten unterworfen. So erhielten die katholische und
evangelische Kirche nur einen Bruchteil der Förderung, die die orthodoxe Kirche pro Ge-
meindemitglied bekam. Die ungarische Unterstützung der volksdeutschen Kirchen und Schu-
len war kriegsbedingt 1918 bei 36 Millionen Lei gelegen, die rumänische Förderung hingegen
belief sich 1930 auf bloß 25 Millionen, ein Jahr später war sie erneut gesunken, diesmal um
fast ein Drittel.96
Abgesehen vom wirtschaftlichen Schaden, belastete dieser Schritt erneut die
Beziehung der Minderheiten zur Majorität. Die ungarische Minorität legte sogar zweimal Pro-
test beim Völkerbund ein.97
Neben der zusehends verarmenden deutschen Landbevölkerung
existierte eine weitaus kleinere Gruppe an reichen Industriellen, die kaum von den Auswir-
kungen der wirtschaftlichen Stagnation betroffen war, zudem absolute Mehrheiten in den
meisten deutschen Stadträten stellte und alle deutschen Banken in Rumänien bis auf eine
kleine in Hermannstadt besaß. Ferner kontrollierte sie diverse Handelsgremien und Landwirt-
schaftsvereine. In Siebenbürgen besaß sie ein halbes Jahr vor Kriegsbeginn 90% der Industrie
und hatte einen Anteil von 75% an der Kaufmannschaft. Bei der restlichen Bevölkerung ent-
stand der Irrglaube, dass die Interessen ihrer Führung mit deren der Regierung ident seien,
was zu einem Vertrauensverlust der Politiker führte, die geschlossen dem konservativen La-
ger angehörten. Die Verhandlungen der volksdeutschen Politiker in Bukarest, die oftmals
Schlimmeres verhindern konnten, wurden von der einfachen Bevölkerung häufig schlicht
nicht wahrgenommen. Die Opposition verschärfte zwar mit Beginn der 30er Jahre ihren Ton,
konnte aber nichts an dem politischen System ändern. Die Weltwirtschaftskrise steigerte in
den Folgejahren nicht die Sympathie für den Nationalsozialismus, sondern förderte nur eine
steigende Politikverdrossenheit. Bei den Wahlen in Siebenbürgen im November 1933 konnte
Fabritius Nationalsozialistische Bewegung bereits die Mehrheit erringen.98
Die rechtsextreme Bewegung war allerdings keine uniforme Einheit und es bildeten sich ein
radikaler und ein gemäßigter Flügel, wobei letzterer von Fabritius angeführt wurde. Da seine
Partei vom rumänischen Staat zum zweiten Mal verboten wurde und eine Vereinigung mit
anderen konservativen Kräften gescheitert war, ordnete er 1934 die Gründung der „Deutschen
Volkspartei Rumäniens“ an. Bald darauf wurde aber deutlich, dass der radikale Teil der Partei
Fabritius entmachten wollte. Noch im selben Jahr kam es zur Spaltung der beiden Fraktionen,
die einen drei Jahre dauernden Kampf um die Vorherrschaft zur Folge hatte. Die Bevölkerung
wurde in zwei Lager gespalten, was sich negativ auf das geistige und kulturelle Leben aus-
96
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 22-25. 97
Vgl. WILDMANN, Tragödie, S. 288. 98
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 26-32.
41
wirkte. Der Streit wurde erst mit der Einsetzung Andreas Schmidts durch Berlin als neuer
Volksgruppenleiter beendet. Er stand nun dem rumäniendeutschen Ableger der NSDAP vor,
die den Anspruch stellte, die gesamte Volksgruppe unter sich zu vereinen. Alle vormaligen
Politiker wurden entmachtet, die Bevölkerung gleichgeschaltet und per Dekret der rumäni-
schen Regierung die Partei als Person des öffentlichen Rechts anerkannt. Der persönliche
Spielraum jedes einzelnen sollte eingeschränkt werden. Auch strebte Schmidt an, möglichst
weit in jeden Bereich des Lebens der Volksgruppe einzudringen, was einerseits Kontrolle und
andererseits kompromisslose Führung ermöglichte. Ebenso wurde die evangelische Kirche
und das Schulwesen dem Willen der Partei schrittweise unterworfen. Die Rumäniendeutschen
lebten fortan bis zum Frontenwechsel Rumäniens in zwei Welten. Die erste war ihr vertrauter
Umkreis fest verankert in Tradition, Herkunft, Familie und sozialer Stellung. Die Deutsche
Volksgruppe in Rumänien schuf eine zweite mit ihrem Netzwerk an Organisationen, die sozi-
ales Ansehen sowie gesellschaftliche Unterschiede nivellierte und jedes Mitglied zwingend an
sich band.99
2.1.4. Demographische Betrachtungen:
Im Jahre 1930 wurde von der rumänischen Regierung eine Volkszählung durchgeführt, in der
zwischen Volkszugehörigkeit und Muttersprache unterschieden wurde. Man konnte also an-
geben sich dem deutschen Volke zugehörig zu fühlen, gleichzeitig aber ungarisch oder rumä-
nisch als Muttersprache anführen. In Siebenbürgen gaben 237.416 Personen als Volkszugehö-
rigkeit deutsch an, 237.881 wiederum als Muttersprache deutsch, im Banat 257.369 bzw.
281.067, im Raum Sathmar 31.067 bzw. 21.845, in Bessarabien 81.089 bzw. 80.568, in der
Bukowina 75.533 bzw. 93.812, in der Dobrudscha 12.581 bzw. 12.439 und in Altrumänien
32.366 bzw. 33.075. In Summe ergab das 745.421 Personen, die sich zum Deutschtum be-
kannten, 760.687 Personen allerdings, die nach eigener Angabe Deutsch als Muttersprache
hatten. Der Unterschied im Banat und in der Region um die Stadt Sathmar ist möglicherweise
durch madjarisierte Schwaben zu erklären, die sich entweder sprachlich oder kulturell durch
ungarischen Druck vom Deutschtum entfremdet hatten. Die Differenz in der Bukowina könn-
te durch deutschsprachige Juden entstanden sein, die zwar Deutsch als primäre Sprache nutz-
ten, sich allerdings keineswegs den Deutschen zugehörig fühlten. So könnte man unter gewis-
sen Vorbehalten Anfang der 30er Jahre rund 720.000 Personen als eindeutig dem Deutschtum
99
Vgl. BÖHM, Vasallen, S. 13-21.
42
zugehörig bezeichnen. Kurz nach Ausbruch des Krieges registrierte das staatliche Zentra-
linstitut 782.246, die sich wie folgt aufteilten: Siebenbürgen 252.551, Banat 273.732, Sathmar
34.494, Bessarabien 92.758, Bukowina 81.419, Dobrudscha 15.378 und schließlich Alt-
rumänien mit 31.914 Deutschen.100
1940, vor dem Zweiten Wiener Schiedsspruch, veröffent-
lichte die DViR folgende geschätzte Zahlen: Banat 320.000 Personen, Siebenbürgen 250.000,
Sathmar 45.000, Bukowina 80.000, Bessarabien 85.000, Dobrudscha 13.000, Altreich 30.000.
Nach Abtretung Nordsiebenbürgens und der Region Sathmar an Ungarn, der Bukowina und
Bessarabiens an Russland und der Dobrudscha an Bulgarien, sowie der Aussiedelung aller
Volksdeutschen aus den drei letztgenannten Gebieten, verblieben laut dieser Schätzung noch
550.000 Rumäniendeutsche im Land.101
Die Volkszählung des Jahres 1941 ergab 542.325
Deutsche, die in Rumänien verblieben waren. Die Banater Landsmannschaft zählte im selben
Zeitraum 310.414 Banater Schwaben, die in insgesamt 587 Ortschaften lebten. Die größten
Ansiedelungen waren in der Hauptstadt der Region mit 40.000, in Reschitz 13.248, in Steier-
dorf-Anina 7.110, in Arad 7.020 und in Lugosch 6.414.102
400.000 Rumäniendeutsche lebten
in kleinen Dörfern oder Ortschaften mit weniger als 5.000 Einwohnern. Die Städte Sieben-
bürgens mit größtem Anteil an Deutschen waren Hermannstadt mit 23.768 und Kronstadt mit
knapp 16.000 Einwohnern. In der rumänischen Hauptstadt waren 12.500 Deutsche beheima-
tet. Die genannten Städte bildeten im Wesentlichen die regionalen Zentren der Volksdeut-
schen. Gut die Hälfte der Volksdeutschen arbeitete im Agrarsektor, knapp ein Viertel in ei-
nem Industriebetrieb oder als Handwerker, gut 7% im Handel. 1,1% Rumäniendeutsche wa-
ren als Lehrer tätig, was ebenso mit der Alphabetisierungsrate dem höchsten Wert aller Völ-
ker Großrumäniens entsprach.103
2.2. Zeit der illegalen Eintritte und zähen Verhandlungen:
Die kommenden Unterkapitel werden sich nun gezielt dem eigentlichen Thema dieser Arbeit
widmen. Sie beinhalten die schrittweise Unterwanderung der Volksgruppe durch die DViR,
die kleineren SS-Werbungen, die Massenrekrutierungen des Jahres 1943, die Probleme mit
der Angehörigenunterstützung und eine Untersuchung über das für und wider der Waffen-SS
beizutreten. Besondere Beachtung sollen hier auch die zähen Verhandlungen zwischen Berlin,
Hermannstadt und Bukarest finden.
100
Vgl. WILDMANN, Tragödie, S. 212-214. 101
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 19-21. 102
Vgl. WILDMANN, Tragödie, S. 214. 103
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 21f, 219.
43
2.2.1. Die ersten Eintritte in das deutsche Militär:
Am 4. Jänner 1938 trat der im siebenbürgischen Kern geborene Andreas Friedrich de facto als
erster Rumäniendeutscher der Waffen-SS bei, die damals noch SS-Verfügungstruppe hieß. Es
waren zwar schon ein halbes Jahr zuvor zwei Männer aus der Volksgruppe beigetreten, diese
wurden aber nach kurzer Dienstzeit aus den Reihen der Schutzstaffel entlassen. Der Grund
hierfür ist nicht bekannt. Friedrich wurde der 4. SS-Standarte „Germania“ zugeteilt. Nach
dem Krieg verblieb er bis zu seinem Tod in Deutschland. Himmler erwähnte kurz nach der
Sudetenkrise im November 1938, dass in der SS bereits 20 Ausländer dienten, darunter auch
einige Männer aus Siebenbürgen. Die eigentlichen Bemühungen der Volkgruppe nach
Deutschland bzw. in die deutsche Armee eintreten zu können, begannen aber erst wirklich mit
Kriegsbeginn. Eine rumänisch-deutsche Waffenbruderschaft schien im September 1939 noch
nicht wahrscheinlich, was den Konflikt der deutschen Minderheit gegenüber Bukarest vertief-
te. Die rumänische Regierung gewährte polnischen Flüchtlingen und Amtsträgern, nach dem
Einmarsch der Deutschen, Asyl. Ferner erklärte der Balkanstaat am 6. September seine Neut-
ralität und ließ sich seine Souveränität von Großbritannien zusichern. Diese beiden Handlun-
gen veranlasste die deutsche Volksgruppe zu glauben, dass eine Allianz Rumäniens mit den
Westalliierten nur eine Frage der Zeit sei. Die Rumäniendeutschen befürchteten im Falle eines
Bündnisses Repressalien und Benachteiligungen ausgesetzt zu sein. Die meisten hatten Sorge
möglicherweise gegen Deutschland kämpfen zu müssen, ein beträchtlicher Teil sogar war der
Meinung, dass ein Kriegseintritt nur an deren Seite denkbar sei. Ein weiterer Diskussions-
punkt war der Kriegsdienst in der rumänischen Armee. Die Armee wurde auf Grund der ver-
alteten Taktiken, Ausrüstung und schlechten Behandlung der unteren Dienstgrade als der
deutschen Wehrmacht weit unterlegen angesehen. So hoffte die Volksgruppe im Falle des
Falles ihre Pflicht im deutschen Militär ableisten zu können. Auf Grund des Kriegsausbruchs
stellte die rumänische Regierung keine Pässe mehr für eine Reise nach Deutschland aus. So
kam es, dass grenznahe Volksdeutsche, mehrheitlich Banater Schwaben, illegal die Grenzen
überquerten und sich zumeist über Ungarn auf den Weg nach Deutschland machten. Zuerst
wurden die Flüchtlinge nach Rumänien abgeschoben, auf Betreiben des Auswärtigen Amtes,
dann aber in einem Auffanglager nahe Budapest untergebracht, wobei jeder Fall individuell
überprüft wurde. Es kann bei diesen Personen eher davon ausgegangen werden, dass sie vor
möglicher staatlicher Benachteiligung und dem Dienst im rumänischen Heer flohen, als dass
sie gezielt der SS beitreten wollten, die damals den wenigsten überhaupt bekannt gewesen
sein dürfte. Im September 1939 befanden sich mehrere Reisegruppen rumäniendeutscher Ju-
gendlicher in Deutschland. Ihr Reiseleiter Willi Depner forderte sie auf, sich bei der SS-VT
44
zu melden, da der Kriegsausbruch bei ihnen große Begeisterung ausgelöst hatte. Die Unent-
schlossenen wurden gezwungen, sodass sich schlussendlich alle der ungefähr 70 Jugendlichen
meldeten. Die bestürzten Eltern forderten deren Rückkehr, was die deutschen Ämter in Ru-
mänien unterstützten, um die Beziehung zwischen Berlin und Bukarest nicht zu gefährden.
Die SS beugte sich dem Druck und stellte die Minderjährigen frei, die kurz darauf die Heim-
reise antraten. Schon damals wurde ein Fall bekannt, wo dem Volksdeutschen Alfons Ketter-
mann, die rumänische Staatsbürgerschaft auf Grund seines Dienstes in der „Leibstandarte“,
aberkannt wurde. Die Frage der Staatsbürgerschaft sollte, wie sich später zeigte, nie restlos
geklärt werden. Die rumänische Regierung war also schon zum damaligen Zeitpunkt über die
illegalen Anwerbungen informiert und zeigte sich wenig erbaut. Die deutsche Gesandtschaft
empfahl daraufhin die Einstellung aller Werbungen, um Spannungen zu vermeiden.104
2.2.2. Aktion der 1000:
Bereits kurz vor Kriegsbeginn wurde von der SS-Führung auf Initiative von Gottlob Berger
die Rekrutierung der Volksdeutschen in Südosteuropa beschlossen. Durch Andreas Schmidts
pro-Deutschland-Propaganda, entstand der Wunsch bei der deutschen Bevölkerung in der
Wehrmacht oder SS den Militärdienst zu tun. Ebenso schreckte viele Volksdeutsche die
schlechte Behandlung und die Schikanen von Seiten rumänischer Offiziere, während ihres
Militärdienstes bei den Streitkräften ihres Vaterlandes, ab. So kam es des Öfteren zu Deserti-
onen, trotz der drakonischen Strafen, die bei solchen Fällen Anwendung fanden.105
Die Einbe-
rufenen hatten Schuhe, Unterwäsche und Essgeschirr selbst mitzubringen. Die Verpflegung
war schlecht, unzureichend und für die Deutschrumänen ungewohnt. Ferner mangelte es an
moderner Ausrüstung. Obwohl die Prügelstrafe abgeschafft wurde, wurde diese dennoch im-
mer wieder angewandt.106
Schmidt hatte bereits im Herbst 1939 die sogenannte Aktion der
1000 organisiert. So sollten 1000 junge Volksdeutsche, hauptsächlich aus Bessarabien, nach
Deutschland geschickt werden, um dort bei der Waffen-SS zu dienen. Die Gespräche mit der
rumänischen Regierung verzögerten allerdings die Durchführung des Vorhabens, da sich die
Verhandlungspartner, ob des juristischen Status der betreffenden Personen, nicht einig waren.
Laut rumänischer Gesetzgebung verloren Staatsbürger, die in einer ausländischen Armee
dienten, stets ihre rumänische Staatsbürgerschaft. Ferner wurde eine Rückkehr untersagt. Um
104
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 35, 44-48. 105
Vgl. TRAŞCĂ, Rumäniendeutsche, S. 277. 106
Vgl. KRIER, Schwaben, S. 82.
45
dieser Aberkennung vorzubeugen, entschied man sich die Volksdeutschen als Arbeitskräfte
für Industrie und Landwirtschaft anzuwerben. Nach persönlichem Eingriff des deutschen Au-
ßenministers Joachim von Ribbentrop, stimmte die rumänische Regierung schließlich zu und
die Freiwilligen konnten ins Reich gebracht werden. Es ist anzunehmen, dass die Regierung
dieser Aktion zustimmte, da sich Rumänien zusehends an das Deutsche Reich annäherte und
eine prodeutsche Haltung einnahm. Ebenso sah man sich mit wachsender außenpolitischer
Isolierung und Bedrohung durch die Nachbarländer konfrontiert. Man hoffte dadurch die
Souveränität des Staates zu wahren. Der schnelle Sieg der Wehrmacht über Frankreich dürfte
hier weiter ausschlaggebend gewesen sein. Widerstand kam aber nicht ausschließlich von den
rumänischen Behörden, sondern auch von der Deutschen Volkspartei Rumäniens. So fürchte-
ten die Leiter, dass eine Rekrutierung die Volksgruppe schwächen und die Beziehungen der
Deutschrumänen zum Staate weiter verschlechtern würde. Trotz aller dieser Schwierigkeiten
vermeldete Berger im Mai 1940, dass bereits 2000 Jugendliche gemustert worden seien, unge-
fähr 600 Männer stammten dabei aus Bessarabien.107
Durch die militärischen Erfolge Hitlers
war die Begeisterung in der deutschsprachigen Bevölkerung so groß, dass das zugestandene
Kontingent schnell ausgefüllt werden konnte.108
Die Freiwilligen wurden dann am 12.6.1940 nach Wien gebracht, wo sie von Berger begrüßt
wurden. Tags darauf fand in der Kaserne Schönbrunn eine letzte Auslese statt. Von den gut
eintausend jungen Männern, wurden 700 in die Waffen-SS und 200 bis 280 in die Wehrmacht
eingegliedert. Der Rest wurde für Arbeitseinsätze oder zu Ausbildungszwecken herangezo-
gen.109
Die SS-Rekruten wurden im Anschluss an die Musterung nach Prag zur Grundausbil-
dung gebracht. Dort gehörten sie einer Totenkopf-Standarte an, wobei ihnen während ihrer
dreimonatigen Grundausbildung angeboten wurde den Eid abzulegen. Nur einer verweigerte
den Schwur. Hier ist aber wahrscheinlich, dass ein Großteil durch mehr oder weniger sanften
Druck dazu überredet wurde. Es kam allerdings zu Beschwerden, da es den Anschein hatte,
als seien die rumänischen Rekruten ohne Verwendungszweck geholt worden, andererseits
weil sie mit einer Postsperre belegt wurden. Auch mussten die Männer, welche von der Waf-
fen-SS abgelehnt wurden, erst anderwärtig unterkommen. Einige kamen beim Regiment
Brandenburg unter, später auch bei der Einheit Feldherrnhalle. Durch die auf Grund von
Kriegsverlusten gelockerten Auswahlkriterien, schafften einige der Rumäniendeutschen den
107
Vgl. TRAŞCĂ, Rumäniendeutsche, S. 277-279. 108
Vgl. MICHAELIS, Volksdeutschen, S. 34. 109
Vgl. TRAŞCĂ, Rumäniendeutsche, S. 279f.
46
Eintritt in die Schutzstaffel zu einem späteren Zeitpunkt.110
Der Chef des SS-Hauptamtes war
so begeistert von Schmidts Anstrengungen, dass er Himmler empfahl die Wehrkraft der
Volksdeutschen Südosteuropas mit oder ohne Zustimmung der jeweiligen Regierungen aus-
zuschöpfen.111
So entstand allmählich die Idee einer allgemeinen völkischen Wehrpflicht,
auch wenn von der Volksgruppenführung noch der Standpunkt vertreten wurde, die Volks-
deutschen sollten den Militärdienst in der Armee des Heimatlandes ausüben.112
Die Aktion
hatte für das Deutsche Reich nicht so eine große Bedeutung auf Grund der Zahl an zusätzli-
chen Wehrfähigen, 1940 wurden allein bei der Waffen-SS über 80.000 Rekrutierungsanträge
bearbeitet, sondern deshalb, weil es den Startschuss für Anwerbungen aus dem Ausland be-
deutete. Auch lernten die deutschen Behörden, wie eine solche Werbung am besten durchzu-
führen wäre, was Logistik, Verhandlungsführung und Widerstandsbegegnung betraf. So wur-
den auch Andreas Schmidt und Gottlob Berger für ihre Verdienste belohnt. Ersterer wurde
Beauftragter der rumänisch deutschen Minderheit, letzterer Chef des SS-Hauptamtes.113
2.2.3. Das Tauziehen um die Volksgruppe:
Andreas Schmidt befolgte die Anweisungen des Auswärtigen Amtes und forderte seine
Volksgenossen auf, dem Einberufungsbefehl der rumänischen Armee nachzukommen und
von freiwilligen Meldungen bei den deutschen Streitkräften abzusehen, auch wenn dies so
ganz seiner persönlichen Einstellung widersprach. Um die Loyalität der DViR gegenüber dem
rumänischen Staat zu verdeutlichen, wurde dieser Erlass des Öfteren von der heimischen
Presse veröffentlicht. Auch wenn diese Maßnahme bei der Volksgruppe äußert unpopulär
war, rückte die DViR bis zu den Massenrekrutierungen der Folgejahre nicht mehr von ihrer
eingeschlagenen Richtung ab. Allerdings enttäuschte diese Maßnahme nicht nur eingefleisch-
te Nationalsozialisten, sondern auch den Durchschnittsbürger. Den Wunsch in die deutschen
Streitkräfte eintreten zu dürfen, wurde durch die beginnende deutsche Militärmission im Ok-
tober 1940 nur noch weiter verstärkt. Soldaten der Wehrmacht wurden bei deutschen Familien
in Siebenbürgen untergebracht, die sich nur so darum rissen einen „Deutschen“ zu beherber-
gen. Die Familien umsorgten die Reichsdeutschen dann, wobei sie stolz waren einen der ihren
aufzunehmen und sich mit diesem sehen zu lassen. Für die Bevölkerung war auch erstmals ein
Vergleich zwischen der rumänischen und der deutschen Armee möglich. Letztere fiel positiv
110
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 73-75. 111
Vgl. TRAŞCĂ, Rumäniendeutsche, S. 279f. 112
Vgl. KRIER, Schwaben, S. 83. 113
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 75f.
47
durch die Kameradschaft zwischen Offizieren und Mannschaften auf, wobei deren Pflichtbe-
wusstsein und Disziplin die Siebenbürger besonders zu beindrucken wussten. Ebenso stachen
die bessere Dienstkleidung und Ausrüstung ins Auge.114
Durch den Regimewechsel in Rumä-
nien und der Machtergreifung durch General Ion Antonescus, erhofften sich die entsprechen-
den Stellen im Reich eine Änderung in der volksdeutschen Frage erzielen zu können. Der
neue Staatsführer dachte aber nicht daran auf die Forderungen einzugehen und betrachtete
das Ansuchen als Eingriff in die rumänische Souveränität. Gleichzeitig sollte eine Schwä-
chung der rumänischen Wehrkraft verhindert werden, da schließlich geplant war, auf Seiten
des Deutschen Reiches im zukünftigen Krieg gegen die Sowjetunion zu kämpfen. Deserteure,
welche sich nach Deutschland absetzten, und Verweigerer sollten hart bestraft werden. Die
harten Maßnahmen konnten die Fahnenflucht aus den rumänischen Verbänden allerdings
nicht stoppen. Auf Drängen der deutschen Stellen, wurde ein Amnestiegesetz im November
1940 beschlossen, welches Straffreiheit für die Rückkehrer vorsah. Dennoch besserte sich die
Situation nicht, ganz im Gegenteil, das unerlaubte Fernbleiben nahm sogar noch zu, was die
Beziehungen der DViR zu rumänischen Behörden weiter belastete. Weitere noch nicht ge-
nannte Gründe für die eigenmächtigen Austritte, mag neben den bereits erwähnten, auch die
lange Dienstzeit, die schlechte Organisation der Feldpost und das gänzliche Fehlen einer Un-
terstützung für die Angehörigen seitens des rumänischen Staates gewesen sein.115
Andreas Schmidt versuchte daher Bukarest umzustimmen und eine einvernehmliche Lösung
für beide Seiten zu präsentieren. Er schlug Antonescu vier mögliche Szenarien für die Lösung
des Problems vor, welche von Freiherr von Killinger, dem deutschen Gesandten, überbracht
wurden. Im ersten Vorschlag sollten die Volksdeutschen die rumänische Wehrpflicht in den
deutschen Streitkräften ableisten. Lösung Nummer zwei sah vor, dass die Volksgruppe in
geschlossenen Verbänden zusammengefasst werden sollte, formell zwar der rumänischen
Armee angehörte, aber unter deutscher Führung stünde. Für den Fall, dass die ersten beiden
Anträge abgelehnt würden, sah Lösung drei vor, dass diese Minderheit ihre Wehrpflicht bei
einer Arbeitseinheit abdienen durfte oder sich der Organisation Todt anschließen konnte. Der
vierte und letzte Lösungsvorschlag empfahl die Bildung von speziellen Übersetzungseinheiten
in den Reihen der Armee, aus denen die Soldaten im Bedarfsfalle herausgezogen werden
konnten. Antonescu lehnte im Februar 1941 alle vorgelegten Angebote ab. Die Argumente
Schmidts die Rate an Fahnenflüchtigen zu senken, stieß ebenso auf taube Ohren, wie seine
Bemerkung, dass bereits in der k. u. k. Armee eigenständige Verbände existiert hatten. Auf
114
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 102f. 115
Vgl. TRAŞCĂ, Rumäniendeutsche, S. 280f.
48
Grund des Scheiterns seiner Initiative sah er keine Notwendigkeit mehr, sich dem rumäni-
schen Staat gegenüber loyal zu verhalten und begann heimlich kleine Rekrutierungen zu or-
ganisieren. Einerseits konnte er so treue Gefolgsleute belohnen, andererseits Parteifeinde ab-
lehnen und den Schein gegenüber den staatlichen Behörden wahren. Im Zuge dieser Entwick-
lungen kam es zunehmend zu, juristisch gesehen, chaotischen Zuständen. Einerseits bezog
Berlin keine eindeutige Stellung. So war die Weisung ausgegeben worden, keine Rumänien-
deutschen zu rekrutieren und Anwerbungsversuche zu unterbinden. Andererseits wiederum
forderte Hitler kurze Zeit später die deutschen Behörden auf, bei Einbürgerungsversuchen und
Anwerbungen positiv zu entscheiden, da er der ungerechten Behandlung der Volksgruppe in
der rumänischen Armee entgegentreten wollte. Andererseits waren auch die Haltung der ru-
mänischen Regierung und General Antonescus ambivalent. Diese sahen sich stetig steigender
Abhängigkeit und Druck von deutscher Seite ausgesetzt, mussten sich also dem Bündnis-
partner fügen. Nichtsdestotrotz war der Staatchef bemüht die Ausreise zu verhindern, um die
Schlagkraft seiner eigenen Armee nicht zu schwächen.116
Die bereits erwähnten Amnestiege-
setze sollten die Situation entspannen und ein beachtlicher Teil der Deutschen hatte sich nach
dem zweiten Erlass im Feber 1941 bei den Einheiten zurückgemeldet. Unzählige wurden den-
noch widerrechtlich bestraft und eingekerkert. Diese Maßnahme war letztlich auch nur von
zweifelhaftem Wert.117
All diese Faktoren verwirrten die Bevölkerung und bekräftigten die
Meinung, dass eine Fahnenflucht zu den Deutschen ohnehin vergeben werden würde oder in
gewisser Weise sogar legitim wäre. An dieser Stelle ist bemerkenswert, dass die Volksdeut-
schen anscheinend nie auf die Idee kamen, sich dem Militärdienst gänzlich entziehen zu kön-
nen. Wie viele Personen tatsächlich auf die eine oder andere Weise nach Deutschland gelang-
ten bzw. sich dem Dienst im rumänischen Heer entzogen, ist unklar, bis Anfang 1942 sollen
2500 Rumäniendeutsche zur Waffen-SS gekommen sein, wobei sich diese Zahl bis zum Jah-
resende nicht ganz verdreifachte. Oft gaben sich deutschsprachige Personen aus Rumänien als
Jugoslawiendeutsche aus. Einige Hundert verschleierten ihre Herkunft mit gefälschten Hei-
matscheinen. Im Gegensatz zu ihren Volksgenossen weiter östlich, unterlag die deutschspra-
chige Bevölkerung in Jugoslawien keinen Rekrutierungsbeschränkungen hinsichtlich Wehr-
macht und Waffen-SS. Der Ursprung dieser Dokumente ist ungewiss, sie könnten aber auch
unter Mithilfe deutscher Behörden erstellt worden sein. Daneben verließen auch Rumänien-
deutsche als Wirtschaftsflüchtlinge ihre Heimat und fanden in deutschen Industriebetrieben
eine Arbeitsstelle. Auch wenn ein Einstellungsverbot vom Führer aus bestand, sahen sich vie-
116
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 103-106. 117
Vgl. TRAŞCĂ, Rumäniendeutsche, S. 282.
49
le Betriebe gezwungen diese Richtlinie zu umgehen, da der Krieg immer mehr Personal band.
Die meisten dieser Auswanderer traten in späteren Jahren freiwillig oder unter Zwang in die
deutschen Streitkräfte ein. Es wurde von den rumänischen Behörden angenommen, dass ab
1941 schätzungsweise 50 Personen pro Monat sich über die Grenze nach Jugoslawien absetz-
ten. Diese Zahl ist aber wahrscheinlich deutlich zu niedrig gegriffen, da allein im Februar des
selben Jahres bei stichprobenartigen Kontrollen über 200 illegale Grenzgänger in deutschen
Zügen von den Behörden aufgegriffen wurden. Viele sahen dies als letzten Ausweg sich der
Hölle des rumänischen Militärdienstes zu entziehen. Schmidt hatte zwar versucht eine bessere
Behandlung der Mannschaften bei Antonescu zu erreichen, was ihm auch gelang, angeblich
allerdings weigerte sich der Generalstab, die Forderungen auch in die Tat umzusetzen. Um die
Loyalität rumäniendeutscher Stellen zu Bukarest zu beweisen, wurde ab Oktober 1941 eine
Rückführungsmaßnahme von Flüchtlingen gestartet. Bis zum Anfang des folgenden Jahres
wurden so über 400 Personen, darunter auch Frauen und Kinder, in ihr Heimatland zurückge-
bracht, wobei diese entweder in ihre Heimatdörfer entlassen oder in Wehrmachtslagern inter-
niert wurden. Bemerkenswert ist hier, dass die DViR darum bemüht war, die Identität der
Betroffenen um jeden Preis geheim zu halten und deren Identifizierung durch rumänische
Ämter zu verhindern. In diesem Zusammenhang wird aber auch die Absicht der DViR klar,
die sich einerseits als dem Staate loyal gegenüber präsentieren wollte, anderseits wiederum
die Absicht hatte, die deutschsprachige Bevölkerung einzuschüchtern und sich als Beschütze-
rin vor der Staatwillkür zu präsentieren. Dies erklärt auch warum sie einerseits ihre Mitglieder
an die Front schickte, gleichzeitig aber massenhaft illegale Grenzübertritte organisierte. 118
2.2.4. Verbotene und illegale Werbungen 1940 bis 1942:
Bereits 1940, kurz nach seiner Einsetzung, führte Andreas Schmidt geheime Werbungen für
die reichsdeutschen Streitkräfte durch. Am 2. November wurden Mitglieder der DJ nach Te-
meschburg geschickt, da sich bei einem Gymnasium Jugendliche versammelt hatten, die eine
Erlaubnis von ihren Eltern für eine sechsmonatige Ausreise nach Deutschland hatten und
mindestens 1,70m groß waren. Einen Monat darauf wurden in diversen Dörfern in den Krei-
sen Severin und Arad Musterungen durchgeführt, wobei die DViR hierfür Ärzte organisiert
hatte. Die Mediziner führten diese dann auch durch. So standen in manchen Gemeinden über
100 Männer zur Verfügung, die für den Dienst als geeignet eingestuft wurden. Die Mehrzahl
118
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 106-110.
50
der Bewohner äußerte sich aber entschieden gegen diese Aktionen. Auch hatte die Wehrmacht
gleich nach ihrer Ankunft in Rumänien 5000 Arbeitskräfte gefordert, deren Auswahl von der
Deutschen Arbeiterschaft in Rumänien kontrolliert wurde. Sie sollten später allesamt in die
Wehrmacht eintreten. Auch wenn die gemusterten Männer damit nicht automatisch in die
deutschen Streitkräfte eintraten, so war die Aktion doch ganz klar darauf ausgerichtet. Viel-
mehr schadeten solche Handlungen auch Schmidts Reputation in Bukarest, wo er verständli-
cherweise mit Misstrauen betrachtet wurde. Anfang des Jahres 1941 kam es zu weiteren Mus-
terungen in deutschen Dörfern, wobei meist die männliche Bevölkerung ab 17 Jahren von
Ärzten untersucht wurde. Den Jugendlichen wurde dann mitgeteilt, sie seien für eine SS-
Einheit verlesen worden. Im Mai wurden gut 320 Schwaben in die Wehrmacht aufgenommen
und von ihr ausgebildet. Zum Jahreswechsel 1941/42 meldeten sich Männer des Einberu-
fungsjahrganges bei den zuständigen Wehrmachtsstellen in Hermannstadt und verlangten ihre
Aufnahme in die deutsche Armee. Diesen Freiwilligen wurde wiederum die deutsche Staats-
bürgerschaft nach sechs Monaten versprochen. Über ein Einschreiten seitens der rumänischen
Polizei ist nichts bekannt.119
Durch Druck von deutscher Seite aus, genehmigte General Anto-
nescu im zweiten Quartal des Jahres 1941 eine weitere Überstellung von Rumäniendeutschen
zur Waffen-SS. Von den anfangs geforderten 1000 Mann, wurden von rumänischer Seite al-
lerdings nur 500 zugesagt. Wann diese zur Schutzstaffel kamen, lässt sich jedoch nicht exakt
bestimmen. Im Juli 1942 dienten aber immerhin schon 3.500 Rumäniendeutsche bei der Waf-
fen-SS, 1500 bei der Wehrmacht, weitere 600 beim Arbeitsdienst und 1.700 Personen bei der
Luftwaffenmission in Rumänien selbst. An der Ostfront kämpften ca. 30.000 Mitglieder der
Volksgruppe in der Armee ihres Heimatlandes.120
Bei der 500-Mann-Aktion verließen aller-
dings im Mai nachweislich nicht mehr als 100 Mann ihre angestammte Heimat. Neben dieser
genehmigten Anwerbung fand im selben Zeitraum auch eine illegale Rekrutierung statt. Kurz
vor dem Angriff auf die Sowjetunion wurden im Tross der Waffen-SS Division „Das Reich“
600 Rumäniendeutsche außer Landes gebracht, was aber weder mit Genehmigung der rumä-
nischen Behörden passierte, noch im Zusammenhang mit der legalen Werbung stand. Am 29.
Oktober desselben Jahres wurde eine erneute Rekrutierung vom SS-Ergänzungsamt untersagt.
Dieser Maßnahme wurde ergriffen, weil einerseits die Regierung Antonescu ihrerseits auf die
Rekruten bestand, um nach dem Angriff auf die UdSSR ausreichend Wehrfähige zu haben,
andererseits da im Juli eine weitere Amnestie für fahnenflüchtige Volksdeutsche verabschie-
det wurde, und man von deutscher Seite aus, diesen Schritt honorieren wollte. Am 13. No-
119
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 110-112. 120
Vgl. TRAŞCĂ, Rumäniendeutsche, S. 284f.
51
vember wurde dieser Beschluss von deutscher Seite aus erneut bekräftigt, auch wenn sich
selbiger als eher kurzlebig herausstellen sollte.121
Die hohen Verluste im Ostfeldzug, vor allem im Winter 1941, mussten ersetzt werden und so
kam es zur Gründung neuer SS-Einheiten. Da aber deren Aufstellung sowie Auffüllung Prob-
leme machte, versuchte man die Angelegenheit durch deutsche Minderheiten in Südosteuropa
zu lösen. Allerdings hatte sich an der Haltung des rumänischen Staatschefs nichts geändert,
ganz im Gegenteil. Da dieser dem Wunsch Hitlers einer Intensivierung der Kriegsanstrengun-
gen nachkommen wollte, bedurfte es jedes wehrfähigen Mannes. So informierte er Andreas
Schmidt, dass er nun alle Rumäniendeutschen einziehen würde und Desertion sowie Fahnen-
flucht mit dem Tode bestraft werden sollten. Obwohl die DViR daraufhin die Weisung an alle
Ortsstellen ausgab, dass einer Einberufung unbedingt Folge zu leisten sei, zeigte dieser Appell
bei der Volksgruppe wenig Wirkung. Es kam zu Wehrdienstverweigerungen, Fahnenflucht
und illegalen Grenzübertritten nach Jugoslawien. Viele der Flüchtige und Grenzgänger wur-
den von der deutschen Militärpolizei aufgegriffen und kurzerhand in die Wehrmacht oder
Waffen-SS integriert, rumänische Proteste oder gar Befehle aus Berlin wurden größtenteils
missachtet. In Nikolajew kam es sogar zur Bildung eines SS-Bataillons, welches aus deser-
tierten Volksdeutschen formiert wurde. Um die deutsch-rumänischen Beziehungen nicht wei-
ter zu belasten, wurde auf Geheiß Himmlers die Einheit wieder aufgelöst und die Männer auf
andere Einheiten aufgeteilt. Im Laufe des Jahres 1942 kam es laufend zu illegalen Grenzüber-
tritten nach Jugoslawien, wo die Männer versuchten sich der neugebildeten 7. SS-
Freiwilligen-Gebirgsdivision „Prinz Eugen“ anzuschließen.122
Es gab sogar Pläne die Einheit,
die eigentlich nur aus Volksdeutschen des ehemaligen Jugoslawiens hätte gebildet werden
sollen, mit Deutschrumänen zu verstärken. Da General Antonescu durch die Geschehnisse in
der Ukraine bereits erbost war, forderte er die sofortige Rückkehr seiner Landsleute von der
Division. Dem kommandierenden General Arthur Phleps, einem Rumäniendeutschen, wurde
eine zukünftige Aufnahme von Fahnenflüchtigen untersagt und die Entlassung aller Rumäni-
endeutschen befohlen. Es wurde allerdings nur ein Teil der Männer entlassen, die dann aber
die Rückreise verweigerten und so im serbischen Banat verblieben. 273 Rumänen verblieben
allerdings bei der Division, die 100 entlassenen kamen trotz heftiger Proteste ausnahmslos zur
Organisation Todt. Die Entscheidung gründete sich darauf, dass Antonescu nicht mehr bereit
war, eine weitere Amnestie zu gewähren und Rückkehrer mit drakonischen Strafen zu rech-
nen hätten. Zumindest blieben weitere geheime Rekrutierungen im Jahr 1942 von deutscher
121
Vgl. MILITA, Antonescu, S. 113. 122
Vgl. TRAŞCĂ, Rumäniendeutsche, S. 285-289.
52
Seite aus.123
Die Lage zwischen Berlin und Bukarest spitzte sich aber dennoch immer mehr
zu. So erließ Antonescu im November ein Gesetz, das von allen desertierten Rumäniendeut-
schen verlangte, sich innerhalb von 30 Tagen rumänischen Armeeeinheiten zu stellen, jene
die sich im Land selbst befanden, hatten nur die halbierte Frist. Bei Nichteinhaltung der Dead-
line sollten die Betreffenden zum Tode verurteilt und ihr Vermögen beschlagnahmt werden.
Ebenso waren Repressalien gegen die Angehörigen vorgesehen. Dieser Erlass war einerseits
dazu gedacht den Übertritten endgültig ein Ende zu setzen und andererseits war es quasi eine
letzte Amnestie für die Volksdeutschen. Ende Dezember wurde ein zusätzliches Gesetz ver-
abschiedet, das allen sich im Ausland befindlichen Staatsbürgern eine 40-tägige Frist ein-
räumte, ihre Wehrdienstverpflichtungen bei den Rekrutierungsämtern zu klären. Sollte dies
nicht geschehen, so waren die Konsequenzen die gleichen wie im Gesetz vom November
1942. Die deutschen Gesandten versuchten zwar zu intervenieren, die Ansuchen auf eine Ver-
längerung der Fristen, der Unantastbarkeit der Beschuldigten sowie deren Angehörigen und
eine generelle Amnestie, stießen aber auf taube Ohren. Erst die sich gänzlich verändernde
Situation an der Ostfront durch die katastrophale Niederlage bei Stalingrad, sollte dieses Ge-
plänkel beenden und eine Lösung bringen.124
Dieses Ereignis löste in Bukarest deutlich größe-
re Besorgnis aus, als in Berlin. Die höchsten politischen Entscheidungsträger begannen offen
am Endsieg zu zweifeln, was in Deutschland natürlich als Verrat gewertet wurde.125
2.2.5. Die Niederlage bei Stalingrad und der Weg zu legalen Rekrutierungen:
Durch die Zerschlagung von 18 der 26 rumänischen Divisionen, kam es in Folge von Rück-
zugsbewegungen und Auflösungserscheinungen zu einem massenhaften Übertritt von Rumä-
niendeutschen zu Wehrmacht bzw. Waffen-SS Einheiten, die in diesem Raum eingesetzt wa-
ren. Auch wenn sich die Zahl der Versprengten nicht genau eruieren lässt, so gehen reichs-
deutsche Quellen von zumindest 10.000 Freiwilligen aus, die sich in diesem Raum bei deut-
schen Verbänden meldeten. Die Truppe stand nun vor der Entscheidung die Soldaten aufzu-
nehmen oder abzulehnen. Eine erneute heimliche Übernahme kam nicht in Frage, da die Zahl
der Anwärter viel zu groß war. Ebenso wollten die Deutschrumänen nicht zu ihren eigenen
Einheiten zurückkehren, da sie sich über die miserablen Verhältnisse beschwerten und diese
nicht länger hinnehmen wollten und konnten. In einem Gespräch im Jänner 1943 zwischen
123
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 116f. 124
Vgl. TRAŞCĂ, Rumäniendeutsche, S. 292-295. 125
Vgl. CLOOS u.a., Geschichte, S. 172.
53
Hitler und Antonescu wurden das weitere Vorgehen an der Ostfront, sowie die Frage der Ru-
mäniendeutschen besprochen. Deutschland verlangte nur mehr geringe rumänische Kriegsbe-
teiligung und versprach zudem Ausrüstung zur Aufstellung frischer Einheiten. Diese grundle-
gend andere Haltung machte die Volksdeutschen nicht mehr zwingend notwendig für die ru-
mänische Armee. Da man sich von deutscher Seite aus bewusst war, dass nur eine eindeutige
Anfrage den Flüchtlingsstatus klären würde, bot man an, Listen der in oder für Deutschland
dienenden Volksdeutschen, anzufertigen. Diverse Fristen von rumänischer Seite konnten al-
lerdings nicht eingehalten werden und das gesamte Unterfangen wurde Mitte April gänzlich
aufgegeben. Hitler allerdings schloss die Rückführung der betreffenden Personen allerdings
kategorisch aus und plante nach dem Ende des Krieges die Umsiedlung aller Auslandsdeut-
schen, auch gegen deren Willen. Eine großräumige Rekrutierung aller Deutschen aus Rumä-
nien und Ungarn sollte veranlasst werden, um diesen dann in weiterer Folge die deutsche
Staatsbürgerschaft zu verleihen. Bei der Forderung des Führers wurde aber nicht dezidiert
unterschieden zwischen Freiwilligkeit und Zwang. Da aber alle rumäniendeutsche Reservisten
bei den Streitkräften ihres Mutterlandes waren, konnte also theoretisch jeder eingezogen wer-
den. Himmler richtete im selben Zeitraum an Berger persönlich den Befehl die Rekrutierung
von 30.000 Deutschrumänen vorzubereiten.126
Andreas Schmidt unterstützte dieses Vorhaben
nach aller Kraft, da er sich durch einen Wehreinsatz der Volksdeutschen in den deutschen
Streitkräften politische Mitsprache erhoffte.127
Die entschlossene Haltung der Führung trug
Früchte und veranlasste Rumänien dem Druck nachzugeben. Am 9. März 1943 teilte Bukarest
seine Zustimmung mit und garantierte Straffreiheit für die bereits im Dienst stehenden Lands-
leute. Ebenso wurde eine großangelegte Werbung genehmigt, dafür wurden aber spezielle
Bedingungen gestellt, da das rumänische Gesetz per se es nicht erlaubte, dass Staatsbürger in
ausländischen Heeren dienten. Drei Tage später wurden folgende Änderungen beschlossen:
Alle Rumänen, die in einer beliebigen Organisation dienten, sollten erst bei Kriegsende zur
Verantwortung gezogen werden, wobei jeder Fall einzeln untersucht werden würde. Des Wei-
teren war es den betreffenden Personen verboten nach Rumänien zurückzukehren. Die rumä-
nische Regierung war in Sorge, dass es zu einem Prestigeverlust für die eigenen Behörden
und Dienststellen kommen konnte. Ferner sah man sich der Gefahr ausgesetzt, dass Anhänger
der feindlichen Legionärsfraktion in deutschen Uniformen ins Land kommen könnten und zu
einer Destabilisierung der innenpolitischen Verhältnisse beitrügen. Deutschland versuchte
seine Bemühungen zu intensivieren, da bekannt wurde, dass Rumänien plante, Mitte des Jah-
126
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 118, 132-135. 127
Vgl. CLOOS u.a., Geschichte, S.176.
54
res neue Soldaten zu rekrutieren, wovon auch Volksdeutsche betroffen wären. Die Verhand-
lungen erwiesen sich als zäh, da Ion Antonescu zwar seine Zustimmung gegeben hatte, aller-
dings besorgt war, man würde dadurch die Autonomie und Selbstständigkeit des rumänischen
Staates in Frage stellen.128
Die ambivalente Haltung Bukarests gegenüber der massenhaften Werbung entsprang mitunter
dem internen Kampf der franko- und germanophilen Teile des Offizierskorps, die Angst um
den Verlust der militärischen Spezialisten hatten, welche mehrheitlich von Volksdeutschen
gestellt wurden, sowie der möglicherweise negativen Haltung der eigenen Bevölkerung. Da-
für sprach, dass sich Rumänien die Freigabe der eigenen Landsleute als Kriegsbeitrag gegen
die Sowjetunion anrechnen lassen konnte und so einer erneuten deutschen Forderung nach
Intensivierung der Anstrengungen entging. Am schwersten sicherlich wog, aus militärischer
Sicht der Umstand, dass die Volksdeutschen in einem deutschen Verband deutlich mehr
Kampfwert hatten, als in den mangelhaft geführten, schlecht ausgerüsteten und größtenteils
zerschlagenen rumänischen Einheiten.129
Die zähen Verhandlungen endeten mit der Unter-
zeichnung des Rekrutierungsabkommens am 12. Mai 1943 in Kronstadt. Auch wenn die
Deutschen nicht alle ihre Forderungen durchsetzen konnten und die Rumänen ihrerseits Kon-
zessionen stellten, so war nun doch der Weg für die weitläufige Werbung der Volksgruppe
geebnet.130
2.2.6. „Heim ins Reich“: Umsiedelung und Rekrutierung:
Die Ankündigung der Umsiedelung der Volksgruppe datierte auf den 6. Oktober 1939, als der
Führer in einer Rede im deutschen Reichstag sein Vorhaben verlautbarte, die völkische Neu-
ordnung Europas anzustreben.131
Im Zuge dieses Unterfangens sollten alle deutschsprachigen
Minderheiten im Ausland ins Dritte Reich umgesiedelt werden, um, wie er behauptete, zu-
künftigen ethnisch-motivierten Krisen vorzubeugen. All dies sollte, laut Aussage des Führers,
rein der Friedenssicherung an möglichen Konfliktherden dienen. Heinrich Himmler wurde
daraufhin beauftragt die Umsiedelung zu organisieren. Der wahre Grund für die geplanten
Maßnahmen waren die Bestimmungen des Molotow-Ribbentrop-Paktes, der eine Besetzung
der baltischen Staaten und Teile Rumäniens durch die Sowjetunion vorsah, die zum Teil auch
128
Vgl. TRAŞCĂ, Rumäniendeutsche, S. 298-302. 129
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 139. 130
Vgl. TRAŞCĂ, Rumäniendeutsche, S. 305. 131
Vgl. SPANNEBERGER, Volksdeutsche, S. 67.
55
deutsch besiedelt waren. Um eine Krise zu vermeiden, sollten die deutschen Minderheiten aus
den Gebieten ins Dritte Reich geholt werden. Hitler ließ aber unerwähnt, wen er umzusiedeln
gedachte, was zu großer Verunsicherung bei den Volksdeutschen führte. Intern wurde eine
Umsiedelung aller Minderheiten geplant, die aber bis nach Kriegsende verschoben werden
sollte und auf keinen Fall nach außen gelangen durfte. Die Reaktion der betreffenden Minder-
heiten war selten positiv und wenn sie dem Vorhaben etwas abgewinnen konnten, dann nur
weil die Angst vor der Sowjetunion größer war als die Unsicherheit und das Risiko vor einem
Neubeginn im Deutschen Reich. Die Umsiedelung der Südtiroler wurde zwar angedacht, auf
Grund des heftigen Widerstandes der Volksgruppe nicht umgesetzt. Die Vorbereitungen für
die Umsiedelungen der Deutschen in der Bukowina, der Dobrudscha und Bessarabien began-
nen im Jänner 1940, worin die rumänische Regierung berechtigterweise Anzeichen für eine
sowjetische Besetzung des Landes sahen. Am 5. September schließlich erlaubte Stalin die
Umsiedelung oder viel mehr Evakuierung der deutschen Minderheiten aus den Gebieten, die
die Sowjetunion zu Beginn des Sommers erst annektiert hatte. Die Transporte dauerten von
15. September bis 17. November, wobei 93.548 Personen aus Bessarabien und 43.568 Perso-
nen aus dem nördlichen Teil der Bukowina nach Nazideutschland gebracht wurden. Am 22.
Oktober 1940 schloss das Dritte Reich mit Rumänien ein Abkommen ab, welches die Umsie-
delung der restlichen Buchenwalddeutschen und der Bewohner der Dobrudscha regelte. Bis
Ende des Jahres wurden 52.107 Personen aus der Bukowina und 15.399 Deutsche aus der
Dobrudscha umgesiedelt, dazu kamen weitere 5.000 Volksdeutsche, die in anderen Gebieten
Rumäniens beheimatet waren. 3.734 deutschsprachige Personen verblieben in der Region
Buchenwald, 1.693 in der Dobrudscha. Vor allem deutsche Bewohner des Altreiches nutzten
die Gunst der Stunde und ließen sich über die sogenannte „Verwandten-Nachumsiedelung“
nach Deutschland bringen. In den Jahren 1941 bis 1943 verließen noch einmal ungefähr 500
Dobrudschadeutsche, des an Bulgarien abgetretenen Südteils, das Land. Eine unbekannte An-
zahl an Personen kehrte allerdings ab 1940 aus Enttäuschung wieder in die Heimat zurück.
Federführend bei diesen Aktionen war die Volksdeutsche Mittelstelle, die DViR war aus-
schließlich im Verbreiten von Propaganda tätig. Die umgesiedelten Volksdeutschen kamen
nach dem Abtransport in Lager von denen es in Spitzenzeiten 1940/41 über 1.500 Stück gab.
Die Enttäuschung war groß als sie erfuhren, dass sie nicht nach Deutschland, sondern in die
besetzten Gebiete in Polen und der Tschechei gesiedelt werden würden, um dort eine deutsche
Bevölkerungsmehrheit aufzubauen. Oft mussten sie zudem mitansehen wie ihre zukünftigen
Höfe von den rechtmäßigen Bewohnern „bereinigt“ wurden.132
132
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 123-125.
56
Mit der Umsiedelung wurden die Volksdeutschen offiziell von der VoMi eingebürgert und
unterlagen somit der Wehrpflicht in der deutschen Wehrmacht. Meldete sich ein Volksdeut-
scher allerdings noch während des Transportes freiwillig zur Waffen-SS, so wurde seine Ein-
bürgerung auf das Kriegsende verschoben. Dieser Schritt wurde den Männern schon in den
Lagern von SS-Mitgliedern nahegelegt, die gleichzeitig für die VoMi arbeiteten. Welche
Konditionen und Vergünstigungen man den Männern versprochen bzw. welche Drohmittel
man eingesetzt haben mag, lässt sich nicht mehr feststellen, die erlebte Enttäuschung bei der
Ankunft war sicherlich ein Motivationsgrund. Eine generelle pro-Waffen-SS Haltung muss in
diesem Zusammenhang aber stark angezweifelt werden, da bereits 1941 ein Mitarbeiter der
Einwandererzentralstelle von „eingezogenen Umsiedlern“ sprach. Eine Einberufung zur Waf-
fen-SS konnte sogar Jahre später noch erfolgen. Wie viele der Umsiedler schlussendlich in
den Reihen der SS bzw. Wehrmacht landeten, kann nicht mehr eruiert werden, da die Auf-
zeichnungen als vernichtet gelten. Einzig Fälle von Einbürgerungsverweigerern sind bekannt,
wo Umsiedler entweder keinen Einbürgerungsantrag stellten oder sich dagegen stemmten das
Einbürgerungsschreiben anzunehmen. Ende Juni 1944 gab die Wehrmachtsführung explizit
den Befehl heraus, dass Umsiedler und staatenlose Personen schon nur mit Hilfe ihres Umsie-
delungsausweises verpflichtet werden konnten. Dieser Schritt legt nahe, dass die Zahl der
Einbürgerungsverweigerer und womöglich auch der Rekrutierungsgegner groß gewesen sein
muss.133
Laut Michaelis dienten insgesamt 78.000 Volksdeutsche aus der UdSSR in den Rei-
hen der Wehrmacht, dies schließt zwar die Buchenwald- und Bessarabiendeutschen mit ein,
beinhaltet aber auch die anderen umgesiedelten Volksdeutschen aus den diversen Gebieten.
Die Zahl kann also bestenfalls als Obergrenze angesehen werden. Während der zwangsweisen
Erfassung der Staatenlosen im September 1944, wurden 7.500 Personen zur Waffen-SS ein-
gezogen. Rund eintausend wurden für die Neuaufstellung des „SS-Panzergrenadier-Lehr-
Regiments“ herangezogen. Insgesamt sollen etwa 10.000 ehemalige deutsche Bewohner der
Sowjetunion in den Reihen der SS gedient haben. Auch diese Schätzung schließt Buchen-
wald- und Bessarabiendeutsche ein, ebenso aber auch alle anderen volksdeutschen Siedlungs-
gebiete. Wie auch oben kann die Angabe nur als Höchstwert verstanden werden, abgesehen
davon, dass es sich auch hier nur um eine grobe Schätzung handelt.134
133
Vgl. MILTA, Antonescu, S. 123, 125f. 134
Vgl. MICHAELIS, Volksdeutschen, S. 48.
57
2.2.7. Rekrutierung in Transnistrien:
Die Region Transnistrien erstreckte sich von den Flüssen Bug im Westen, bis zum Dnjestr im
Osten, im Süden wurde das Gebiet vom Schwarzen Meer begrenzt. Dieser Streifen Land ge-
hörte nach dem Einmarsch der Achse in die Sowjetunion 1941 zum Hoheitsgebiet des rumä-
nischen Staates. Ungefähr 140.000 Volksdeutsche waren dort ansässig. Die Angliederung des
Gebiets spielte in der Wahrnehmung der Rumäniendeutschen eigentlich kaum eine Rolle, ihre
Sorge galt eher der Wiederbesetzung Nordsiebenbürgens. Ebenso hatten die Deutschen
Transnistriens keine gesonderten Beziehungen nach Deutschland oder Rumänien aufgebaut
und unterstanden auch nicht der DViR. Die VoMi beabsichtigte die Region wirtschaftlich zu
festigen, um in weiterer Folge Lebensmittel ins Reich importieren zu können. Im Herbst 1941
wurde ein ungefähr 9.000 Mann starker Selbstschutzverband aufgestellt, der polizeiliche Auf-
gaben übernehmen sollte.135
Am 13. Dezember erhielt die deutsche Gemeinschaft, nach Ver-
handlungen zwischen Berlin und Bukarest, ähnliche Volksgrupperechte, wie ihre Verwandten
weiter westlich.136
Im Sommer des Folgejahres wurde die Truppe der Kontrolle der SS unter-
stellt. Anfangs wurden die Schwarzmeerdeutschen von einer Rekrutierung durch die Schutz-
staffel ausgenommen, da man einerseits die Volksgruppe nicht schwächen wollte, andererseits
die Schutztruppe zur Verfolgung und Ermordung der jüdischen Bevölkerung herangezogen
wurde. Erst nach der Niederlage bei Stalingrad wurde das Rekrutierungsverbot aufgehoben.
Berger erhielt von Himmler den Auftrag 3.000 Selbstschutzmänner auszuheben, ohne Auf-
merksamkeit zu erregen, und diese dann der „Florian Geyer“ zur Partisanenbekämpfung zuzu-
führen. Im April konnte der Chef des SS-Hauptamtes allerdings erst 2.263 Mann rekrutieren.
Während der Massenrekrutierung in Rumänien 1943, erging auch ein Aufruf an die
Schwarzmeerdeutschen, der alle 18 bis 40 jährigen Männer einschloss. Bis Anfang Juni konn-
ten so insgesamt 7.700 angeworben werden, die 2.263 sind hier bereits inkludiert. Die SS-
Rekruten entstammten den folgen Ortschaften: Kreis Odessa 1.200 Personen, Ovidiopol
3.000, Dubosari 2.000, Ociakow 1.500 und weitere 45 aus Râbniţa.137
Anfang des Jahres 1944
begann die Evakuierung der Schwarzmeerdeutschen über Rumänien, Serbien und Ungarn ins
Wartheland, wo die nationalsozialistische Presse am 17. März den einmillionsten Umsiedler
in Litzmannstadt frenetisch feierte.138
135
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 126. 136
Vgl. MICHAELIS, Volksdeutschen, S. 46. 137
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 127. 138
Vgl. MICHAELIS, Volksdeutschen, S. 48.
58
2.3. Durchführung der Massenrekrutierung:
Dieses Kapitel untersucht den Hergang der Massenrekrutierungen und die Aktionen der DViR
eine möglichst hohe Ausbeute zu erreichen. Des Weiteren werden der Vertragsabschluss des
SS-Abkommens und dessen Inhalt diskutiert.
2.3.1. Das Waffen-SS-Abkommen:
Der Vertrag, der vom deutschen Gesandten von Killinger und dem Chef des rumänischen
Generalstabschefs Şteflea unterzeichnet wurde, sollte auf gut drei Seiten regeln, wie sowohl
Musterung und Rekrutierung, Abtransport als auch Beziehungen zu Rumänien abzulaufen
hätten. Der vierte Punkt befasste sich mit „speziellen Bedingungen“. Besonders beachtet wer-
den muss hier die Tatsache, dass die Waffen-SS, also die Organisation für welche rekrutiert
wurde, in der Gesamtheit des Vertrages stets als „deutsche Wehrmacht-SS“ (armata germană
SS) bezeichnet wurde. Dieser Fehler rührt von der falschen Übersetzung des Terminus „Waf-
fen-SS“ vom Deutschen ins Rumänische, her. Da die deutsche Version der Urkunde wörtlich
übersetzt wurde, findet sich dieser falsche Ausdruck auch im Deutschen. Vermutlich wurde
jene Ungenauigkeit im Wortlaut aber bewusst beibehalten, um eine Rekrutierung für die
Wehrmacht nicht von vornherein kategorisch auszuschließen. Obwohl es klare Regelungen
gab, die eine Werbung untersagte, könnte sich die Wehrmacht hier ein Hintertürchen offen
gelassen haben. Schließlich waren ihre Militärs bei der Unterzeichnung zugegen.139
Artikel eins sah eine Werbung der Volksgruppe unter Beibehaltung der Staatsbürgerschaft
vor. Die betreffenden Personen mussten mit 1. April 1943 das 17. Lebensjahr abgeschlossen
haben und volksdeutscher Zugehörigkeit sein. Aktive Offiziere, Unteroffiziere und höhere
Mannschaftsgrade, letztere der Musterungsjahre 1942 und 1943, durften nicht rekrutiert wer-
den, ebenso wenig wie Tierärzte und Ingenieure. Offiziere und Unteroffiziere der Reserve
durften mit Zustimmung des Generalstabes geworben werden, solange diese nicht für den
aktiven Frontdienst vorgesehen waren. Die Musterung hatte am 30.5. abgeschlossen zu sein
und musste vor einer Kommission der DViR stattfinden. Des Weiteren wurde ein Nachweis
der Freiwilligkeit verlangt. Der rumänische Staat garantierte in dem Vertrag, dass jene die
nicht der Schutzstaffel beitreten wollten, mit keinerlei Sanktionen zu rechnen hätten. Die Er-
klärungen mussten zuerst von einer Behörde untersucht und genehmigt werden, bevor die
139
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 151f.
59
eigentlichen Namenslisten ratifiziert werden konnten. Im zweiten Artikel wurde festgeschrie-
ben, dass die Freiwilligen in der Verantwortung der DViR standen und bis zum 31.7.1943 das
Land zu verlassen hatten. Ebenso wurde die Ausfuhr von persönlichem Gepäck geregelt. Ar-
tikel 4 regelte hauptsächlich die Stellung der Freiwilligen zum rumänischen Staat. So durften
sich Urlauber nicht länger als 30 Tage pro Kalenderjahr in ihrem Heimatland aufhalten und
hatten sich speziellen Sonderregelungen zu unterwerfen. Der letzte der vier Artikel fällt am
kürzesten und ungenauesten aus. Absatz eins und zwei bestätigten, dass sowohl genehmigte
als auch illegal in deutsche Dienste getretene Rumäniendeutsche unter die Bestimmungen des
Vertrages fielen. Hier wurde im Vertrag das erste Mal von „militärischen SS-Einheiten“ ge-
sprochen, anstatt den sonst üblichen Terminus „deutsche Wehrmacht-SS“ zu benutzen. Wo-
möglich wurden hier erstmals Wehrmacht und Waffen-SS willentlich angesprochen. Durch
das schnelle Vorantreiben konnten allerdings einige Punkte nicht hinreichend besprochen und
ratifiziert werden. So blieb die Frage der Staatsbürgerschaft teilweise ungeklärt, ebenso wie
Angehörigenunterstützung und die Urlaubsregelung.140
Hitler war bestrebt alle Volksdeutschen zu deutschen Staatsbürgern zu machen, die in einem
Kampfverband oder der Organisation Todt ihren Dienst taten. Das Staatsoberhaupt befahl
deshalb am 19.5.1943 per Führererlass, die Verleihung der deutschen Staatsangehörigkeit.
Dies konnte jedoch rein juristisch nie gänzlich umgesetzt werden und die Betroffenen standen
deshalb immer in der Schwebe. Im Februar 1944 erinnerte der Generalkonsul in Kronstadt
Wilhelm Rodde, dass die Nationalitätenfrage bei weitem noch ungeklärt sei und gab zu be-
denken, dass eine Aberkennung der rumänischen Staatsbürgerschaft katastrophale vermö-
gensrechtliche Auswirkungen hätte. Von rumänischer Seite aus unterrichtete General Gheo-
rghe den Achsenpartner, dass die Gesetzgebung des Balkanstaates keine Doppelstaatsbürger-
schaft erlaube. Behörden des Reiches erklärten ihre Haltung mit der dadurch erreichten
Gleichstellung und Gleichbehandlung der Soldaten innerhalb der einzelnen Verbände. Nach
Ende des Krieges sollte jedoch nur mehr die rumänische Staatsbürgerschaft gültig sein.141
Selbst einen Tag vor dem Frontenwechsel Rumäniens im August 1944 stand Deutschland
immer noch mitten in Verhandlungen ob der Staatsbürgerschaftsproblematik. Diesen juristi-
schen Wirrwarr nutzte das kommunistische Regime der Nachkriegszeit aus um Angehörige
der Volksgruppe zu verhaften, zu enteignen und des Landes zu verweisen.142
140
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 152-155. 141
Vgl. TRAŞCĂ, Rumäniendeutsche, S. 308f. 142
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 154f.
60
Nicht weniger problematisch war die Unterstützung der Angehörigen zu bewerkstelligen, so-
wie der Einigung welche Seite diese denn nun zu tragen habe. Laut Vertrag verpflichtete sich
das Deutsche Reich zur Bereitstellung der Gelder. So verlangte Nazideutschland eine monat-
liche Bereitstellung von 400 Millionen Lei, wogegen sich die rumänische Regierung aller-
dings mit der Begründung entschieden wehrte, dies schaffe ein Ungleichgewicht bei der Ver-
teilung der Sozialleistungen und führe zu privilegierten Staatsbürgern, die einer Minderheit
angehören. Während der zweiten Hälfte des Jahres 1943 kam es zusehends zu einer Ver-
schlechterung der materiellen Situation der Volksgruppe, da sich Rumänien weigerte die nöti-
gen Gelder auszuzahlen und dem Deutschen Reich die Devisen fehlten dies zu tun.143
Am 12. Mai war aber bereits klar, dass Deutschland die benötigten Mittel für die Angehö-
rigenunterstützung nicht aufbringen konnte und legt somit nahe, dass die entsprechenden
Stellen niemals ernsthaft beabsichtigten ihre sozialen Versprechungen auch einzuhalten. Auch
wenn Marschall Antonescu verlangte, dass die deutlich geringeren Summen der rumänischen
Armee von 35 RM statt 130 RM wie bei der Wehrmacht und Waffen-SS gezahlt werden soll-
ten, war eine Bewerkstelligung zu keiner Zeit möglich. Das Auswärtige Amt in Bukarest
konnte zwar eine monatliche Zusicherung von 100 Millionen Lei erreichen, aber es wurden
doch 211 Millionen benötigt, wobei das absolute Minimum bei 130 Millionen lag. Anfangs
zahlte die DViR die Differenz aus eigener Tasche, musste aber im Oktober bereits um eine
dringende Unterstützung von 330 Millionen anfragen. Schmidt berichtete, dass in dem Zeit-
raum von Juli bis September nur 120 von 900 Millionen ausbezahlt wurden. Ständige Proteste
in den Dienststellen der DViR waren die Folge. Auch wenn Schmidt die Schuld auf Bukarest
schob, so misstraute die Bevölkerung der Organisation zusehends und ließ sich mit faden-
scheinigen Ausreden nicht mehr beruhigen. Bei den rumäniendeutschen Frontsoldaten machte
sich die Problematik ebenso bemerkbar. Es sanken Moral und Motivation auf ein besorgniser-
regendes Niveau. Es kam das Gerücht auf, dass sich Schmidt mit den Geldern aus dem Staub
gemacht habe. Zahlreiche Urlaubsgesuche gingen bei den Kommandeuren ein, denen aber
keinesfalls entsprochen werden konnte. Selbst die Widerlegung von Schmidts möglicher Un-
treue konnte einzelne Männer nicht davon abhalten zu desertieren und die Rückkehr zu ihren
Familien zu versuchen. Die Fahnenflüchtigen wurden von deutschen oder rumänischen Be-
hörden aufgriffen und teilweise auch zum Tode verurteilt. Bei den Angehörigen kam es sogar
zu Selbstmorden ob der schieren Verzweiflung.144
143
Vgl. TRAŞCĂ, Rumäniendeutsche, S. 309f. 144
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 156-158.
61
Obwohl eine Verringerung der monatlichen Zahlungen um 70 Millionen Lei beschlossen
wurde, waren die Reserven bereits im Oktober aufgebraucht. In höchster Not wandte sich
Gottlob Berger an den Reichsführer-SS und schilderte ihm seine Sorgen, letzterer meldete das
sogleich an den Führer. Das Reichswirtschaftsministerium gab auf Geheiß Hitlers 2 Millionen
Goldmark frei, die am Schwarzmarkt in Bukarest gegen die rumänische Währung getauscht
werden konnten. Des Weiteren wurden aus Beständen knapp 50.000 britische Pfund und
175.000 USD zur Verfügung gestellt, sowie Schmuck aus Frankreich im Wert von 24 Millio-
nen Lei aufgekauft. Trotz dieser drastischen Maßnahmen änderte sich nichts an der Situation.
Nach dem deutsch-rumänischen Wirtschaftsabkommen im Februar 1944 wurden nur mehr
180 Millionen Lei monatlich als Unterstützung festgelegt. Die Nationalbank in Bukarest zahl-
te aber nur zweimal in den Monaten Feber und März jeweils 80 Millionen Lei an die DViR,
danach wurden die Zahlungen eingestellt, mit 1. Juni sogar formell. Bis zu diesem Zeitpunkt
waren bereits 740 Millionen Lei ausständig. Auch wenn die finanzielle Lage bis dahin kata-
strophal geworden war, so rückte dieser Notstand zusehends in den Hintergrund, weil die
Russen im April die rumänische Grenze überschritten und die Westalliierten täglich das Hin-
terland bombardierten. Im August hätten noch 5.000 Goldstücke aus SS-Beständen in das
Land geschickt werden sollen, dies wurde aber auf Grund des Frontenwechsels nicht mehr
umgesetzt. Ebenso wie die Urlaubsregelung war die Angehörigenunterstützung vertraglich
schlecht geregelt und dann in weiterer Folge stümperhaft umgesetzt bzw. bereitgestellt, was
eigentlich gar nicht ins Bild des sozialen Selbstbilds des NS-Regimes passte.145
2.3.2. Anwerbung und Verlautbarung:
Die ersten Musterungen begannen schon gut einen Monat vor Vertragsabschluss, wobei der
erste Transport von 720 Rekruten am 21. April 1943 aus dem Ort Brenndorf nahe Kronstadt
erfolgte. Als der Marschall davon erfuhr, war er derart erbost, dass er Andreas Schmidt sofort
verhaften wollte. Nur eine persönliche Entschuldigung und die Intervention des Vizepräsiden-
ten konnte die Lage gerade noch hinbiegen.146
Grundsätzlich schloss das Abkommen kein
Werbemedium aus, allerdings bestand die rumänische Regierung auf möglichst große Diskre-
tion, weshalb hauptsächlich auf mündliche Verbreitung des Aufrufs gesetzt wurde. Vereinzelt
kamen Plakate oder die Inserate in der Zeitung der DViR zum Einsatz. Boten aus Kronstadt
brachten die Musterungsbescheide direkt zu den einzelnen DViR Ortsgruppenleitern, die jeder
145
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 158-161. 146
Vgl. TRAŞCĂ, Rumäniendeutsche, S. 305f.
62
deutschsprachigen Gemeinde vorstanden. Zu Testzwecken wurde bereits 1942, in dem 7.000
Einwohner Ort, Steierdorf-Anina, ein Probedurchgang gestartet, wobei es knapp vier Stunden
dauerte, bis der ganze Ort über die Maßnahme informiert war. Anfangs war von deutscher
Seite bzw. seitens der DViR nicht von freiwilliger Meldung, sondern immer nur von Aushe-
bungen die Rede, wobei der angeschlagene bestimmende Ton diese Vermutung in der Bevöl-
kerung bekräftigte. Ion Antonescu selbst setzte Ende Mai die Bekanntgabe der Freiwilligkeit
der Aktion durch, was den Terminus Anwerbung ersetzte, an dem Ablauf der Rekrutierung
und an dem kategorischen Ton aber nichts änderte. Trotz des eindeutigen Verbotes wurden
mündliche Einzugsbefehle auch an alle deutschsprachigen Soldaten der rumänischen Armee
ausgegeben.147
2.3.3. Die Musterung:
Der Vorgang selbst wurde von Kronstadt aus koordiniert. Für die Abwicklung waren die
DViR und ein Kommando des Wiener SS-Ergänzungsamtes zuständig. Die Musterungskom-
missionen bestanden aus militärischen und ärztlichen Mitgliedern, wobei die DViR den größ-
ten Teil der Anwesenden stellte, vorrangig Ärzte, Schreiber und Ordnungskräfte. Mitunter
waren auch Offiziere der Wehrmacht anwesend. Die SS behielt aber in jedem Fall die Ent-
scheidungsgewalt. Die Überprüfungen der Rekruten fanden nur in größeren Ortschaften statt,
dafür aber mitunter mehrmals, um unterschiedliche Jahrgänge zu mustern. Die Kriterien zur
Aufnahme an sich waren äußert gering und nicht mit den Anforderungen früherer Jahre ver-
gleichbar. Weder fand eine rassische Eignungsprüfung statt, noch wurde die große Anzahl an
Nachweisen verlangt, was vor dem Krieg obligat gewesen war. Man behauptete den Rekruten
gegenüber man entscheide nach den Maßstäben der Wehrmacht. Im Volksmund gab es aber
eigentlich keine Unterscheidung zwischen Wehrmacht und Waffen-SS, es hieß einfach man
„melde sich bei den Deutschen“. Auch wenn von den Kommissionen stets auf explizite Aus-
wahlkriterien hingewiesen wurde, so entschieden die Verantwortlichen durchwegs großzügig,
nur in ganz offensichtlichen Fällen von Untauglichkeit wurden die Anwärter abgelehnt. Selbst
Soldaten, die als Kriegsversehrte aus der rumänischen Armee entlassen wurden, fanden viel-
fach ihren Weg in die Reihen der Schutzstaffel. Auch die ethnischen Standards wurden miss-
achtet, was eine kleine Zahl an aufgenommenen Rumänen und Ukrainern beweist. Die be-
gehrteste Gruppe stellten die Soldaten der rumänischen Armee dar, weil sie auf Grund ihrer
147
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 167-172.
63
Ausbildung und möglichen Fronterfahrung den größten Kampfwert besaßen. Die Musterung
an sich begann mit einer oberflächigen Gesundheitsüberprüfung, an deren Ende der Rekrut
sofort erfuhr, ob er bestanden habe oder nicht. An alle Tauglichen wurden Annahmescheine
ausgegeben, auf denen nicht mehr stand als dass die betreffende Person zum Dienst in der
Waffen-SS geeignet sei. Mehr als Name, Geburtstag und Wohnort waren über den künftigen
Soldaten auf dem Bescheid nicht zu lesen. Interessanterweise wurde auch hier gänzlich auf
den Wortlaut „freiwillig“ in jedweder Form verzichtet. Alle zukünftigen SS-Männer wurden
nach Abschluss der Untersuchungen angewiesen, zu Hause auf den Einrückungsbefehl zu
warten, der Ort und Zeitpunkt des Abtransportes bekannt geben werde.148
2.4. Das Für und Wider des Beitritts zur Waffen-SS:
Die letztliche Entscheidung der Volksdeutschen der deutschen Armee beizutreten, war aber
keine bloße Wahl zwischen schwarz und weiß, sondern in ihrer Ausprägung viel differenzier-
ter und sicherlich auch kein simpler „Ruf des Blutes“ gewesen. Das folgende Kapitel soll eben
diese Überlegungen aufgreifen und die unterschiedlichen Eintrittsgründe untersuchen. Ferner
werden der Einfluss von staatlichem Druck und der Widerstand der Bevölkerung gegen die
Aktion untersucht.
2.4.1. Waffen-SS oder rumänische Armee:
Zu allererst muss beachtet werden, dass die Rumäniendeutschen nicht die Wahl hatten in den
Krieg zu ziehen oder zu Hause zu bleiben. Egal wie sich auch entscheiden würden, der
Kriegsdienst blieb ihnen nicht erspart. Für viele Rumäniendeutsche war aber die Massenrek-
rutierung eine Möglichkeit der verhassten rumänischen Armee zu entkommen, in der Minder-
heiten besonders schlecht behandelt wurden. Ferner war mit der Zerschlagung der rumäni-
schen Armee bei Stalingrad im Hinterland Panik ob der sowjetischen Bedrohung entstanden,
die von den Berichten zurückkehrender Soldaten noch weiter angeheizt wurde. Die Idee von
der Vernichtung des Kommunismus, wandelte sich zur Angst vor der bolschewistischen Ge-
fahr. Trotz der Verluste bei der Wolgastadt, entschied sich der Marschall die rumänische Ar-
mee neu aufzubauen. Bis zum Herbst sollten 22 Divisionen neu aufgestellt werden. Des Wei-
teren gab die Presse die Verlautbarung heraus, dass Rumänien ungebrochenen Willens war,
148
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 172-174.
64
gegen den Bolschewismus zu kämpfen. Hierfür sollte im April 1943 die Generalmobilisierung
durchgeführt werden. Durch die Waffen-SS-Aktion bot sich nun die Möglichkeit einer Aus-
hebung durch die rumänische Armee durch den Eintritt zur Schutzstaffel zu umgehen. Durch
die bisherigen Kriegsereignisse baute sich auch die Überzeugung bei der Volksgruppe auf,
dass die Überlebenschancen bei den Deutschen viel größer seien, als bei der schlecht geführ-
ten Armee des Heimatlandes. Durch die deutsch-rumänische Waffenbrüderschaft sahen die
Volksdeutschen den Dienst in einer fremden Armee nicht als staatsbürgerlichen Verstoß, da
man ja ohnehin für dieselbe Überzeugung und gleiche Sache kämpfe. Die Entscheidung in die
Waffen-SS einzutreten fiel letzten Endes nicht trotz, sondern gerade wegen der Geschehnisse
bei Stalingrad. Zu glauben die Mitglieder der Volksgruppe hätten sich beim Eintritt in die SS
nur gegen die miserablen Zustände der eigenen Armee entschieden, ist aber falsch. Gerade die
jüngeren Volksdeutschen sahen ihrem Engagement mit Begeisterung entgegen und machten
diesen Schritt bewusst, denn grundsätzlich herrschte eine positive Einstellung vor.149
2.4.2. Monetäre Vorzüge - Besoldung und Sozialleistungen:
Das zweite Argument für die Einschreibung war die bessere Besoldung. Ein Soldat im aktiven
Dienst für sein Heimatland verdiente 2 Lei am Tag, in den besetzten Sowjetterritorien nur
noch 0,12 Lei am Tag. Der Sold in der deutschen Armee war in beiden Fällen gleich hoch und
entsprach einem Gegenwert von 100 Lei. Auch gab es in der rumänischen Armee keine An-
gehörigenunterstützung, was ebenso wie die ungleichen Löhne bereits zu Spannungen inner-
halb und außerhalb Rumäniens geführt hatte. Sogar der Generalstab empfand den geringen
Sold als demütigend, Bukarest blieb allerdings stur. Die Regierung versuchte durch Interven-
tion bei den Deutschen die Angehörigenunterstützung der Volksdeutschen von 130 RM auf
35 zu drücken, um das Problem nicht noch zu verschärfen. Die DViR wusste diesen Vorzug
auf jeder Kundgebung entsprechend auszuschlachten. Bei der Rekrutierung wurde die Unter-
stützung als Rundum-sorglos-Programm verkauft und die Presse veröffentliche zahlreiche
Berichte, in denen Betroffene zu Wort kamen und diese Maßnahmen lobten.150
149
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 174-177. 150
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 178.
65
2.4.3. Antibolschewismus:
Durch die Abtrennung Bessarabiens und der Nordbukowina im Sommer des Jahres 1940,
empfand das rumänische Volk die Kriegserklärung an die UdSSR und die Besetzung der ab-
getrennten Gebiete als Wiedergutmachung für den erlittenen Verlust. Erst als der Marschall
am 17.7.1941 seine Truppen anwies weiter vorzurücken und Ende 1941 die Sowjets ihre Ge-
genoffensive starteten, kamen erste Zweifel auf. Allerdings erwartete man mit deutscher Hilfe
auch die Rückgewinnung Nordsiebenbürgens. Der rumänische Gesandte in Berlin Ion Gheo-
rghe verlautbarte, dass sich sein Volk fühle als sei es nicht im Krieg mit den Westalliierten,
was aber tatsächlich der Fall war. Man sei sogar fest davon überzeugt, dass die Westmächte
gegenüber dem Balkanstaat nur Sympathien empfinden. Der einzige Krieg, an dem sich sein
Heimatland beteilige, sei der Feldzug gegen den Kommunismus bzw. die Sowjetunion. Die
Verteidigung Europas gegen die Ideologie und etwaige imperialistische Bestrebungen der
UdSSR waren die Hauptbeitrittsargumente der Volkdeutschen. SS-Verweigerer wurden auch
als „Stalinberger“ beschimpft und verteufelt. Die DViR verstärkte diese Haltung durch zahl-
reiche antikommunistische Kampagnen, die zur Zeit der Massenrekrutierungen ihren Höhe-
punkt erreichten. Schwerpunkte der Propaganda waren die unwürdigen Lebensbedingungen
der Sowjetvölker, die Gräueltaten der Roten Armee und die Behauptung die Westmachte hät-
ten die kleinen Nationen Osteuropas an Moskau ausgeliefert. Anfang des Jahres 1943 begann
die DViR auch mit ihrer neuen Haltung “Jetzt erst recht!“, was die Niederlage bei Stalingrad
als heldenhaftes Beispiel von deutschem Soldatentum darstellte und von der Heimatfront ver-
langte die größtmöglichen Opfer zu bringen. Mitte April wurde auch das Massaker an polni-
schen Offizieren bei Katyn durch die Rote Armee bekannt. Der Zeitpunkt kurz vor der Mas-
senrekrutierung hätte kein besserer sein können. Die Presse veröffentlichte ungefähr drei Wo-
chen lang täglich Artikel und Fotos über den Massenmord. Die aufgebrachte Stimmung in-
nerhalb der Volksgruppe wurde dadurch noch weiter gegen die Sowjetunion angeheizt und
ließ den Krieg als Verteidigungsakt erscheinen. Die Massenhinrichtung wurde in der Propa-
ganda nun als typisches Merkmal der bolschewistischen Herrschaft dargestellt. Der Volks-
gruppe sollte nun unmissverständlich klar gemacht werden, welches Schicksal ihnen im Falle
einer Niederlage drohe. Im Mai veröffentlichte das „Bukarester Tagesblatt“ seinerseits Be-
richte über Massengräber bei Winniza. In Anspielung auf die Hoffnung der Rumänen ihr
Land könnte von Truppen der Westmächte im Falle einer Niederlage besetzt werden, gab die
66
DViR-Presse die Meldung heraus, dass jedes Land in Osteuropa in die sowjetische Einfluss-
sphäre fallen würde.151
2.4.4. Der Mythos „Deutschland“:
Für die Rumäniendeutschen war bis zum Schluss, selbst als die Rote Armee die Landesgren-
zen überschritten hatte und die Städte von den Westalliierten bombardiert wurden, alles was
aus Deutschland kam oder damit zu tun hatte, in gewisser Weise heilig und wurde ohne jed-
wede Kritik angenommen. Dieses Phänomen mag durch die regen kulturellen Beziehungen
erklärt werden, welche es zum Beispiel auch der Reformation erlaubten, sich in kürzester Zeit
in den deutschsprachigen Gebieten auszubreiten. Grundsätzlich war seit Mitte des 19. Jahr-
hunderts der Fokus aller Personen, die auf Gebiet des heutigen Rumäniens lebten auf Westeu-
ropa gerichtet, das als Symbol für wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt galt. Die Deut-
schen und Juden blickten mehrheitlich nach Deutschland, während die rumänischen Eliten in
der Hauptstadt in Frankreich ihr großes Vorbild sahen. Diese Bewunderung ging so weit, dass
1851 Rumänien in einem Schreiben an Napoleon III, diesem als Kolonie angeboten wurde.
Nach der Vereinigung der Walachei und Moldawiens wurde 1866 die belgische Verfassung
einfach kopiert, was angesichts der gänzlich anderen Voraussetzungen die These nur noch
weiter bekräftigt. Zu Beginn des Ersten Weltkrieges plädierten zahlreiche Politiker des Lan-
des für einen Kriegseintritt des Landes, der dem Schutz Frankreichs dienen sollte, auch wenn
dies zum eigenen Untergang geführt hätte. Im Altreich war eine Germanophilie kaum vertre-
ten, wurde aber unter anderem vom Deutschunterricht an Gymnasien und dem Hohenzollern-
Königshaus am Leben erhalten. Die Bewunderung für das Dritte Reich und den Nationalsozi-
alismus stieg erst nach den außenpolitischen Erfolgen Hitlers mit dem Anschluss Österreichs
und des Sudetenlandes, der Wiederbesetzung des Rheinlandes, sowie der Wiedergewinnung
der Wehrhoheit. Große Sympathien brachte der Ideologie und dem Führer der Umstand, dass
Adolf Hitler gegen den Rumänisierungsdruck ankämpfen würde. Auch noch während des
Krieges wurden die Erwartungen der Volksgruppe von Berlin erfüllt, indem der Absatz der
landwirtschaftlichen Produkte gesichert wurde, mit dem Auftreten der Wehrmachtsmission
oder dem Eingreifen in wirtschaftliche Belange. Wo bei den jungen Volksdeutschen die Be-
geisterung und der damit einhergehende Mythos keine Grenzen kannten, so besorgt waren die
älteren Generationen. Sie hatten die Gewissheit, dass einzig ein starkes Deutschland ihre
151
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 180-185.
67
Wünsche erhören würde. Die Versprechungen, die 1918 von Rumänien zwecks Minderhei-
tenschutzes abgegeben wurden, stellten sich als haltlose Propagangaphrasen heraus. Ebenso
erhoffte man sich wirtschaftliche Unterstützung in dem armen und rückständigen Staat. Zu-
sätzlich war die Angst vor dem Kommunismus allgegenwärtig, die stetig von Rundfunk und
Presse geschürt wurde. Deutschland wurde in den Köpfen der Einzelnen, in einer turbulenten
und unsicheren Zwischenkriegszeit, nicht nur über jede Kritik erhaben, sondern auch der Fels
in der Brandung und der Garant für die Erfüllung der rumäniendeutschen Wünsche im Kampf
um das Fortbestehen und die Eigenständigkeit der Volksgruppe.152
2.4.5. Ideologie und Bewunderung als treibende Kraft:
Gut 40% der Rekruten hatten beim Eintritt in die SS ihren 22. Geburtstag noch nicht erreicht.
Genau diese Gruppe trat nicht nur aus dem Grund bei, weil sie den Bolschewismus bekämp-
fen wollten, sondern weil sie sich als politische Soldaten sahen und von der Richtigkeit der
nationalsozialistischen Ideologie überzeugt waren. Diese Männer wurden von der 1939 ge-
gründeten Deutschen Jugend am stärksten indoktriniert und in ihrer Weltanschauung maßgeb-
lich beeinflusst. Der andere Teil der Anwärter hatte die Umerziehung nicht erhalten, somit
spielte die Ideologie eine weniger tragende Rolle bei der Beitrittsentscheidung. Für die
Volksdeutschen war der Nationalsozialismus durch folgende Schlagworte gekennzeichnet:
Führerprinzip, Antisemitismus, sowie eine enge und tiefgreifende Verflechtung mit dem deut-
schen Volk und dem Staat Deutschland. Die DViR propagierte aber eine frühe Form der fa-
schistischen Bewegung, da der Focus hier besonders auf dem sozialen Element lag und die
rassenpolitischen Überlegungen in den Hintergrund traten. Die Reden, die auf den Kundge-
bungen vorgetragen wurden, waren standardisiert und hoben immerfort die Wichtigkeit des
Sozialismus hervor. Die Rekruten bauten in Folge dessen unrealistische und übertriebene
Vorstellungen auf und waren dann schwer enttäuscht, als sie mit dem „echten“ Nationalsozia-
lismus konfrontiert wurden. Aber nicht nur die Ideologie, sondern auch Wehrmacht und Waf-
fen-SS wurden verklärt. Die deutsche Militärmission vor dem Russlandfeldzug trug hier we-
sentlich dazu bei. Zudem konnten in Rumänien deutsche Publikationen abonniert werden, die
detailliert über die deutschen Kriegserfolge berichteten und die Wehrmacht, gegenüber ihren
Feinden, als uneinholbar überlegen darstellten. Der angeschlagene Ton änderte sich auch nach
152
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 185-187.
68
Stalingrad nicht und die Zahlen des vernichteten feindlichen Kriegsgeräts schienen mit jeder
neuen Ausgabe weiter zu steigen. 153
Während der Massenrekrutierungen veröffentlichte die Südostdeutsche Tageszeitung regel-
mäßig Berichte über das deutsche Militär. So war am 19. März 1943 ein Artikel über das 10-
jährige Bestehen der Waffen-SS-Division Leibstandarte zu lesen. Es wurde kurz über die Ent-
stehung geschrieben und der jüngste Erfolg des Verbandes, die Rückeroberung Charkows,
wurde lobend erwähnt. Am 12.5. veröffentlichte die Presse einen Artikel über die Schutzstaf-
fel, welcher ihren Kampf um den Erhalt der nordischen Rasse zum Thema hatte. Das Ziel sei
die völlige Neugestaltung und Erweiterung des Lebensraumes unter Einbeziehung aller Völ-
ker des Kontinents. Immer wieder wurde von germanischer Pflicht gesprochen und dass eine
Rekrutierung nicht-germanischen Blutes nur aufzeige, wie wichtig jeder Einzelne in diesem
Ringen der Völker sei. Wenn man den Inhalt des Artikels bedenkt, kann der Zeitpunkt der
Veröffentlichung eigentlich kein Zufall sein. Just am selben Tag der Unterzeichnung des SS-
Abkommens, publiziert die rumäniendeutsche Presse einen Bericht, der die Waffen-SS als
germanischen Orden im Kampf gegen die asiatischen Horden beschreibt und ihr Handeln als
Urinstinkt der nordischen Rasse verkauft. Unter dem Titel „Aus der Werkstatt in die Waffen-
SS“ findet sich Ende Juni ein Bericht über den Eintritt von jungen Handwerkern in die
Schutzstaffel. Einige kamen dabei zu Wort und verdeutlichten welche Ehre es sei an die Front
zu dürfen. Jeder war sich sicher Großes zu leisten und unerschrocken sein Bestes zu geben.
Daneben erschienen auch Wortmeldungen, die die komplette Gleichstellung bei den Sozial-
leistungen der Volksdeutschen zu ihren reichsdeutschen Kollegen bekräftigten. Dies waren
nicht alle Berichte, sondern nur eine kleine Auswahl an Veröffentlichungen durch das Süd-
ostdeutsche Tagesblatt, betreffend Schutzstaffel.154
Wenn man die gesamte Kampagne näher
betrachtet, musste der außenstehende Betrachter unweigerlich zu dem Schluss kommen, dass
die SS eine Eliteformation sei und dadurch ihre Rechtfertigung für ihr Bestehen beziehe. Dass
es zwischen Wehrmacht und Waffen-SS jemals Spannungen gegeben hatte wurde verschwie-
gen oder als sowjetische Propaganda abgetan. Die Männer der Volksgruppe nahmen zudem
an, dass sie für die SS rekrutiert wurden, da ein Beitritt zur Wehrmacht Reichsdeutschen vor-
behalten war. Die Berichte ließen die KZ-Wachmannschaften unerwähnt und auch die Toten-
kopfverbände an sich wurden nicht näher beleuchtet. Die DViR stellte die Rekrutierung als
Gelegenheit da, sich gegenüber den Reichsdeutschen sowie anderen Volksdeutschen bewäh-
153
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 187-189. 154
Vgl. DNB, Zehn Jahre Leibstandarte. In: Südostdeutsche Tageszeitung vom 19.3.1943 S. 3. MAY Walter, Gestaltete Geschichte. In: Südostdeutsche Tageszeitung vom 12.5.1943 S. 1f. HEYER Julius, Aus der Werkstatt in die Waffen-SS. In: Südostdeutsche Tageszeitung vom 30.6.1943 S. 3.
69
ren zu können und zu zeigen, dass man ersteren in Sachen Deutschtum und Tapferkeit in
Nichts nachstehe. Zugleich vermittelte das Tragen einer deutschen Uniform Prestige, soziale
Absicherung und das Privileg einer unbesiegbaren Armee anzugehören. Im Vergleich dazu
schien das rumänische Pendant als minderwertig und schäbig, darin fühlte man sich als
Volksdeutscher nicht wohl oder gar fremd. Vielfach wurde der Krieg als Möglichkeit gesehen
dem Alltag oder der Monotonie des eigenen Lebens zu entfliehen. Der Eintritt zur SS, sowie
in späterer Folge die Beteiligung am Konflikt, wurde zum historisches Ereignis verklärt und
die Presse wurde nicht müde ihre Artikel entsprechend übertrieben zu betiteln und die Ge-
schichtsträchtigkeit der Aktion zu unterstreichen. So sei dieser Schritt für die Volksgruppe
ebenso bedeutsam wie die Besiedelung des Banats und Siebenbürgens im 18. bzw. 12. Jahr-
hundert durch deutsche Siedler.155
2.4.6. Der rumänische Staat während der SS-Aktion:
An der Haltung der rumänischen Behörden und im Besonderen der Polizei, lässt darauf
schließen, dass diese zur Gänze mit den Verantwortlichen der Rekrutierungsaktion kooperier-
ten. Bereits vor Beginn der Unterzeichnung des Abkommens fanden erste geheime Rekrutie-
rungen statt, die auf Anfrage der Behörden von der DViR, als zwischen Hitler und Antonescu
vereinbart und für die Betreffenden als freiwillig, bezeichnet wurden. Dennoch bemerkten die
Beamten, dass die Bevölkerung davon ausging, dass diese vor einer Zwangsaushebung stand.
Einige Rumäniendeutschen meinten gar die Aktion verletze die Souveränität des Staates. Ob-
wohl der Polizei bekannt war, dass solch eine Einberufung verboten war, schritt sie nicht ein
und begnügte sich mit der Berichterstattung nach Bukarest. So häuften sich die Fälle breiten
Widerstandes wo die Betroffenen befürchteten, dies sei der erste Schritt zur Ausweisung oder
Umsiedelung. Auch kam es zu bewaffneten Auseinandersetzungen, bei denen ein Verweige-
rer erschossen wurde. Es gab auch Bemühungen in die rumänische Armee einzutreten, die
diesem Vorhaben aber den Riegel vorschob. Einzig der Beitritt in Fronteinheiten wurde er-
laubt, was aber von keinem der Bittsteller erwägt wurde. Die Passivität der Behörden mag
sich daraus ergeben haben, dass es immer wieder Streit zwischen den pro- und antideutschen
Fraktionen in Bukarest gab, wobei sich dann die germanophilen Teile durchsetzten. Diese
Haltung begann erst im Herbst 1943 langsam in die Gegenrichtung umzuschwenken. Mar-
schall Antonescu verbot, noch bevor der Vertrag abgeschlossen war, den Abtransport von SS-
155
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 189-192.
70
Rekruten ins Reich, unterband aber nicht die Musterungen. Ebenso wurde die Verhaftung
Schmidts nicht durchgeführt, die das Staatsoberhaupt bei Bekanntwerden der Transporte ge-
fordert hatte. Bukarest war einzig bedacht die Aktion nicht außerhalb des deutschen Sied-
lungsgebietes als Aushebung und Zwangsrekrutierung bekannt werden zu lassen, wobei man
befürchtete die rumänische Bevölkerung konnte sich in ihrem Nationalstolz gekränkt fühlen.
Die Geheimhaltung der genauen Bestimmungen des Vertrages, erlaubte der DViR die Rekru-
tierung als verpflichtend darzustellen. Dies würde auch erklären, warum die Behörden den
Beitrittsverweigerern trotz Hilfegesuch keinen Schutz anboten. Immer wieder kam es bei
Rekrutierungsgegnern zu kuriosen Einfällen. Manche baten um kurzzeitigen Eintritt in die
rumänische Armee, andere konvertierten zu der rumänisch-orthodoxen Kirche. Urkundenfäl-
schung war ebenso ein probates Mittel. Einige gedachten sich mit getürkten ärztlichen Attes-
ten vorm Dienst drücken zu können. Ferner wurden nichtdeutsche Verwandte in den Stamm-
baum eingefügt, um sich von einer deutschen Abstammung distanzieren zu können, da man
annahm dies sei eine Voraussetzung für einen Beitritt. Allerdings wurden die Aushebungen
von rumänischer Seite nicht nur mit Passivität beantwortet. Bei der Rekrutierung von Sträf-
lingen und aktiven Soldaten leisteten die rumänischen Behörden sogar tatkräftig Unterstüt-
zung. So wurden all jene ausgehoben, deren Haftstrafe 5 Jahre oder weniger betrug. In den
Militäreinheiten wurde den Angehörigen der Volksgruppe mitgeteilt, dass ein Übertritt zu den
deutschen Streitkräften möglich sei. In diversen Verbänden wurden alle Volksdeutschen, mit-
unter auch gegen ihren Willen, geschlossen den Rekrutierungskommandos übergeben. Bei
den Verabschiedungen der Rekruten waren stets hohe rumänische Staatsbeamte anwesend, die
flammende Reden hielten, in denen sie die Unterstützung dieser Aktion seitens des rumäni-
schen Staates ausdrückten und die Männer zu ihrer Entscheidung beglückwünschten.156
Am
30. Juni zum Beispiel berichtete die SODT von dem Abtransport ins Reich auf der ersten Sei-
te und betonte dabei einmal mehr die Wichtigkeit, sowie Einzigartigkeit der Aktion. Gut zwei
Wochen später widmete die Zeitung dem Rekrutentransport gar eine eigene Seite mit Bildern
und einem begleitenden Text.157
Während also die deutsche Presse den Abschiedsfeiern große
Bedeutung beimaß, fand sich weder in rumänischen Tageszeitungen noch im „Bukarester
Tagblatt“ irgendein Hinweis auf die Geschehnisse. Durch die bereitwillige Kooperation des
rumänischen Staats aber, stieg die Verzweiflung in der Volksgruppe und der Hass auf Andre-
as Schmidt. Dieser wurde von Teilen der Volksgruppe als Verräter gesehen, der die eigenen
Leute in den Tod treibe und dafür zur Rechenschaft gezogen werden müsse. Der Balkanstaat
156
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 192-196. 157
Vgl. VOGEL Andreas, Aufbruch zur Nation. In: Südostdeutsche Tageszeitung, vom 30.6.1943, S. 1f. HOLZER, ohne Titel. In: Südostdeutsche Tageszeitung vom 18.7.1943, S. 5.
71
arbeitete also bereitwillig mit Nazideutschland zusammen, wollte dies aber vor der eigenen
Bevölkerung verheimlichen und hielt es so gut es ging, geheim.158
2.4.7. Der Rumänisierungsdruck:
Viele Rumäniendeutsche betrachteten sich als von Bukarest benachteiligt und fühlten sich als
Menschen zweiter Klasse behandelt. Durch das stetige Eingreifen Deutschlands seit den 30er
Jahren, was die Situation der Minderheit verbesserte, sahen sich große Teile der Volksgruppe
verpflichtet in die SS einzutreten, nicht nur aus Dank sondern auch deshalb weil sie mit die-
sem Schritt ihre Zukunftschancen als gesichert annahmen. Die rumänische Regierung verfolg-
te eine Politik der steten Rumänisierung. Die Eingriffe, die sie unternahm, waren bei weitem
nicht nur rein wirtschaftlicher Natur. Vor allem die von ethnischen Rumänen betriebene
Landwirtschaft wurde durch spezielle Kredite gefördert, wofür im April 1941 ein nationales
Kreditinstitut gegründet wurde. Ferner wurden Kreditgesetze verabschiedet, die es Rumänen
deutlich erleichterten an Gelder zu kommen, während die Minderheiten von diesen Begünsti-
gungen ausgenommen waren. Des Weiteren wurden eigene Rumänisierungskommissare eige-
setzt, die Industrie rumänisiert und im Jahre 1943 ein Gesetz erlassen, welches die National-
bank ermächtigte, Rumänisierungskredite von bis zu drei Milliarden Lei auszuhändigen. Der
Beitritt zur Waffen-SS kann also auch als eine Art Trotzreaktion gesehen werden, die Ein-
schränkungen und Benachteiligung nicht länger hinnehmen zu wollen, auch wenn die Bezie-
hung der Minderheit zu der rumänischen Bevölkerung oft ausgezeichnet war. Dies wird an-
hand der Gleichgültigkeit sichtbar, welche rumänische Staatsbürger gegenüber den Rumäni-
sierungsgesetzen verspürten. Das Handeln der Volksgruppe hinsichtlich der SS-Rekrutierung
und in weiterer Folge der Zuwendung zum Nationalsozialismus war von wirtschaftlichen Inte-
ressen bestimmt, nicht weil man sich dem rumänischen Volk gegenüber als besser oder über-
legen empfand. Nach der Gründung der DViR führten Frust und Enttäuschung, welche gerade
bei der jungen Generation vorherrschten, nicht wie zuvor zur Perspektivenlosigkeit und Träg-
heit, sondern zu einer aufkommenden Begeisterung für den Nationalsozialismus, des Dritten
Reiches und des Deutschtums an sich. Diese neue Geisteshaltung zeigte sich in zum Teil uni-
formierten Aufmärschen und dem Hissen von Hakenkreuzfahnen. Dieser Disput reichte bis
ins Jahr 1918 zurück als Rumänien den Minderheiten Autonomie- und Schutzversprechen
gaben, die sie aber dann nicht gewillt waren einzuhalten, geschweige denn umzusetzen. Auch
158
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 196.
72
wenn es Stimmen gab, die sich gegen den Eintritt in das deutsche Militär und die widerspens-
tige Haltung gegenüber Bukarest aussprachen, so konnten diese leicht an die Weigerung Ru-
mäniens ihre Versprechungen einzulösen, erinnert werden.159
2.4.8. Der Druck innerhalb der Volksgruppe:
Die Volksgruppe wurde, wie für eine ethnische Minderheit nicht ungewöhnlich, durch starke
gemeinschaftliche Strukturen zusammengehalten. Zusätzlich wurde der ausgeprägte Zusam-
menhalt mangels interner sozialer Konflikte oder kriegerischer Auseinandersetzungen nicht
vermindert. Diesem Gemeinschaftsgefühl auf der einen Seite stand die berechtigte Angst vor
dem Ausschluss aus dem Gefüge auf der anderen Seite gegenüber. So konnte auch die DViR
einzelnen Volksdeutschen mit dem Ausschluss aus der Gemeinschaft drohen, was bedeutet
hätte, dass deren Kinder die deutschen Schulen nicht hätten besuchen dürfen und den Verwei-
gerern jegliche soziale Unterstützung versagt worden wäre. Besonders die erste mögliche
Sanktion war bei der Volksgruppe gefürchtet, dass es aber überhaupt Fälle gegeben hat in
denen eine der beiden Maßnahmen ergriffen wurde, ließ sich nicht nachweisen. Man sorgte
sich allerdings nicht vorrangig um die finanziellen oder juristischen Folgen, sondern die mit
dem Ausschluss einhergehende soziale Ächtung. Es gibt einen Fall, in dem ein SS-
Verweigerer aus Scham Selbstmord beging. Selbst die konservativsten Kreise betrachteten die
Mitgliedschaft bei der Deutschen Volkspartei in Rumänien als offizielles Bekenntnis zum
Deutschtum, die Parteimitglieder verstanden es diese Haltung für ihre Zwecke zu nutzen oder
weiter zu verstärken. Da sich der Großteil der wehrfähigen Männer ohnehin „freiwillig“ mel-
dete, viele mitunter im Bewusstsein von Tradition und Gemeinschaftssinn, wurde bei Zaude-
rern und Unentschlossenen auf die Wichtigkeit ihres Beitritts für das Gemeinwohl beharrt.
Mancherorts war die Bevölkerung so dermaßen stark aufgewiegelt worden, dass man, wenn
jemand nicht der Schutzstaffel beitrat, die Häuser mit Parolen beschmierte, ihn und seine An-
gehörigen in der Öffentlichkeit beschimpfe und dessen Kinder oder Geschwister aus Schule
und Kindergarten heimschickte.160
Der 1924 im siebenbürgischen Mediasch geborene Hans
Hedrich meldete sich 1943 freiwillig zur Waffen-SS. Er war davon überzeugt seinen Beitrag
im Überlebenskampf des deutschen Volkes leisten zu müssen. Er merkte allerdings an, dass
159
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 196-198. 160
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 199-202.
73
sowohl von der Volksgruppenführung als auch von der eigenen Volksgruppe in Rumänien
eine Art Druck ausgegangen sei sich den deutschen Verbänden anzuschließen.161
2.4.9. Gründe gegen den Eintritt in die Waffen-SS:
Es mag in diesem Umfeld nicht verwundern, dass die einzige geduldete Meinung gegen den
Eintritt in die Waffen-SS die berechtigten Bedenken der Familienväter waren, ihre Familien
mit Haus, Hof und Feldarbeit für unbestimmte Zeit alleine zu lassen, sowie nicht zu wissen,
wann und in welchem Zustand man zurückkehren würde. Auch wenn diese Überlegungen
keineswegs aus der Luft gegriffen waren, blieb den Betroffenen keine andere Wahl als der
Organisation beizutreten. Die DViR wurde zudem nicht müde, jeden aufkommenden Zweifel
in diese Richtung mit einem Propagandatrommelfeuer von Angehörigenunterstützung und
exzellenten Sozialleistungen schon im Keim zu ersticken. Die Grausamkeit und Brutalität der
SS-Einheiten im Krieg selbst oder in den Konzentrationslagern kann kaum als Argument ge-
gen den Eintritt gesehen werden, da nur wenige davon überhaupt wussten. Es ist zwar bewie-
sen, dass Rumäniendeutsche mitunter von der Existenz der KZs wussten und auch, dass diese
von SS-Mannschaften bewacht wurden, allerdings waren die Zustände innerhalb der Lager
der Bevölkerung nicht bekannt. Es gibt Tagebuchaufzeichnungen eines rumäniendeutschen
Tischlers, der vor dem Krieg eine Zeit lang im Lager in Dachau gearbeitet hatte. Er beschrieb
die Umstände als karg, aber keinesfalls als grausam, unmenschlich oder mörderisch. Durch
den Fronteinsatz wussten manche Volksdeutschen von den Gräueltaten der deutschen Ein-
satzkommandos an der sowjetischen Zivilbevölkerung. In diesem Fall war ihnen aber ebenso
das rücksichtslose Vorgehen der rumänischen Armee bekannt, die den Machenschaften ihres
Verbündeten in nichts nachstand. Interessanterweise gab es auch keinen nennenswerten Pro-
test von den Gegnern des Nationalsozialismus gegen die Werbungsaktion. Es waren zwar
Flugblätter und Protestschreiben im Umlauf, die aber nicht wie erwartet die Rekrutierung kri-
tisierten, sondern sich nur auf das diktatorische Verhalten Schmidts bezogen und die Frage in
den Raum stellten, warum denn nun eigentlich so wenige leitende Beamte der DViR der
Schutzstaffel überhaupt bzw. im Zuge dieser Aktion der Schutzstaffel beigetreten waren. Der
Widerstand war also weitgehend passiv und abwartend. Die möglichen Sanktionen können
aber nicht der Grund gewesen sein, da die Deutsche Volkspartei in Rumänien kaum Optionen
hatte, aufrührerische Kreise zu bestrafen oder zu ahnden. Von der Volksgruppenführung wur-
161
Vgl. MICHAELIS, Volksdeutschen, S. 20.
74
den Personen, die sich negativ über die Anwerbung oder die SS äußerten, Prügel angedroht.
Auch wenn das sicherlich in gewisser Weise einschüchternd war und nicht abgemildert wer-
den soll, so war dies aber alles, was Kritiker im schlimmsten Fall zu erwarten hatten. Der Wi-
derstand versuchte nur herauszufinden, welche juristischen Folgen die frühen Rekrutierungen
hatten, also jene, die vor dem Vertragsabschluss stattfanden. Da sie das fertige Abkommen
nie zu Gesicht bekamen, verlagerte sich der Widerstand darauf, Zwangsmaßnahmen der
DViR Richtung Bukarest zu leiten. Die Konservativen richteten in weiterer Folge aber ihr
Hauptaugenmerk auf die eigenen Söhne, wobei diese in der rumänischen Armee bleiben durf-
ten, wie zum Beispiel der Sohn des Hermannstädter Bischofs. Die Opposition setzte sich
hauptsächlich aus dem Bürgertum zusammen, die sich aber durch diese Bevorzugung schritt-
weise von der einfachen Bevölkerung entfremdete. In der rumänischen Armee bekleidete das
deutsche Bürgertum mehrheitlich die Offiziers- und Unteroffiziersränge, die nicht mit den
Schikanen wie Prügel, Diskriminierung oder Ungleichverteilung der Nahrungsrationen zu
kämpfen hatten. Ferner hatten diese Männer keinen wirklichen Grund ihre Privilegien aufzu-
geben und in der Waffen-SS ihr Glück zu versuchen, zudem spielte für manche bei ihrer Ent-
scheidung sicher auch Patriotismus eine Rolle.162
Des Weiteren hätte die deutsche Gesamtlage im Krieg gegen einen Beitritt sprechen können.
Die Ereignisse im Mittelmeerraum und an der Ostfront gaben dem Vertrauen an den Endsieg
einen schweren Dämpfer, was sich vor allem bei der städtischen Bevölkerung bemerkbar
machte. Hier fand auch der Hitlergruß nur unter der jugendlichen Bevölkerung mehr Verwen-
dung. Die Skeptiker und Zweifler blieben aber dennoch in der Unterzahl. Die ländliche Be-
völkerung hingegen war mehrheitlich vom Sieg überzeugt. Jeder der dies anders sah, war in
ihren Augen ein Spinner oder einfach nicht ganz klar im Kopf. Auch wenn diese Haltung
leichtgläubig wirkt oder man meinen könnte, sie sei durch die ständige Propaganda aufgebaut
und dem Bürgertum ebenso Tatenlosigkeit vorwirft, darf man nicht außer Acht lassen, dass
die Volkdeutschen sehr wahrscheinlich wussten, was im Falle einer Niederlage auf sie zu-
kommen würde. Schließlich waren sie über Deportationen von Minderheiten, Massenmorde
und der Besetzung der Bukowina durch die Sowjets informiert oder hatten die Vorgehenswei-
se am eigenen Leib erleben dürfen. So war ihre Angst vor einer sowjetischen Besatzung grö-
ßer, als einem ungewissen Kriegsende und war gegebenenfalls gewichtiger als die Weigerung,
sich in die Dienste des Nationalsozialismus zu stellen. Viele waren der Meinung, dass sie oh-
nehin keinen Einfluss auf den Verlauf der Weltgeschichte hätten und bloß wie Rumänien nur
162
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 202-204.
75
ein Pinselstrich im Gemälde der globalen Auseinandersetzung seien. Der Frühsommer des
Jahres 1943 war auch eine Zeit von ungekannter Ruhe an der Ostfront, was sich in den nied-
rigsten Verlustzahlen seit über 2 Jahren wiederspiegelte. Zudem war zum Zeitpunkt der Rek-
rutierung die Front noch gut 750km Luftlinie von der rumänischen Grenze entfernt. Die
Sommeroffensive der Roten Armee hatte zu dem Zeitpunkt noch nicht begonnen.163
2.4.10. Zwangsanwendung:
Auch wenn die Quellen in diesem Zusammenhang von unterschiedlichen Ursprüngen ausge-
hen kann angenommen werden, dass Zwangsanwendung hauptsächlich von der Deutschen
Volkspartei in Rumänien ausging. Das Vorhandensein von Druck hinsichtlich der SS-
Rekrutierung von Seiten der DViR, schließt aber keinesfalls den Druck aus, der von der Öf-
fentlichkeit verursacht wurde und soll auch nicht die Tatsache schmälern, dass sich ein Groß-
teil der Männer ohnehin mit Begeisterung freiwillig meldete. Der Zwang war nicht aus-
schließlich das Produkt von der DViR, die sich nach Kräften bemühte jeden waffenfähigen
Bürger in die Schutzstaffel zu kriegen. Diese eindeutige Haltung sprang auf die Bevölkerung
über und verselbstständigte sich gewissermaßen. Die Organisation präsentierte die Werbung
für die Schutzstaffel als Aushebung, was Maßnahmen gegen Verweigerer und Zauderer legi-
timierte. Man nahm im Vorfeld der Musterungsaktion an, dass die Massenrekrutierung nicht
gut ankäme und sich die Sympathisanten auf maximal 20% der deutschen Gesamtbevölkerung
beliefen. Ebenso rechnete man mit massiven Protesten in den größeren Städten, gerade weil
die Opposition seit dem Winter 1942/43 regen Zulauf erhalten hatte. Die DViR arbeitete nun
auf Hochtouren, um möglichen Demonstrationen zuvor zukommen. So wurde amtsbekannten
Regimegegnern mit Schlägen und körperlichen Strafen gedroht. Das wirksamste Druckmittel
blieb aber die verschwiegene Freiwilligkeit. Die Bevölkerung vertraute auf die Aussagen der
Partei und der Presse, wobei beide Stellen den Rumäniendeutschen diese Information vorent-
hielten. Wie bereits erwähnt, war auch auf den Rekrutierungsscheinen nichts von „freiwillig“
in irgendeiner Form zu lesen. Da das Abkommen geheim war, wurde erst am 22. Mai durch
den Druck der rumänischen Regierung die eigentliche Art der Anwerbung dargelegt. Hätte die
DViR geahnt, dass die Rekrutierung einen so beachtlichen Zuspruch erfahren würde, hätte sie
dieses Konstrukt aus Verheimlichung, Manipulation und Lügen nicht zu spinnen brauchen.
Die Offenlegung der „Wahrheit“ änderte indes nichts an dem Zuspruch oder der Popularität in
163
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 204f.
76
der Bevölkerung. Die Propagandamaschinerie lobpreiste die Freiwilligen ab diesem Zeitpunkt
für ihren Mut und ihre Tapferkeit für das Wohl der Volksgruppe und Deutschlands zu kämp-
fen. Die Verweigerer wurden indes beschimpft, verhöhnt und als Feiglinge abgestempelt.
Vielfach wurde auch offen zur Gewalt gegen diese Personen aufgerufen. Nachfolgend sind
einige der Maßnahmen und Sanktionen der DViR aufgeführt, die eine größtmögliche Rekru-
tenzahl ergeben sollten. Im März und April bestrafte die DViR die Angehörigen der Oppositi-
on vor einem Gericht mit dem Ausschluss aus der Organisation. Ebenso wurde die Freiwillig-
keit verschwiegen. Ende April kam es auf Grund der Aushebungen zu Streits in Teilen Sie-
benbürgens, die in Ausschreitungen und Schlägereien endeten, wobei zahlreiche Personen
mitunter schwer verletzt wurden. Im selben Zeitraum wurde der Rekrutierungsgegner Martin
Romer in der siebenbürgischen Gemeinde Durles erschossen aufgefunden. In der Stadt Foga-
rasch meldet die Polizei zahlreiche Zwangsrekrutierungen, wobei die rumänische Armee in
einigen Fällen aktiv einschritt. Kurzzeitig ging das Gerücht um, dass die Abtransporte annul-
liert werden würden, was große Freude und Erleichterung bei den Betroffenen auslöste. Ein
Monat später wurden bei einer Musterung im Dorf Großkomlosch junge Männer, die sich
nicht freiwillig gemeldet hatten von Rekrutierungskommandos aus ihren Häusern gezerrt,
obwohl die Anschläge im Ort den Beitritt als freiwillig bewarben. In Kornstadt wurde am
23.5. die Musterung als verpflichtend verlautbart, obwohl am Vortag erst die Bekanntgabe der
Freiwilligkeit von Bukarest gefordert wurde. Der rumänische Geheimdienst berichtete Anfang
Juni, dass in unzähligen Dörfern des Banats Verweigerer durch Prügel zum Eintritt in die
Schutzstaffel gezwungen oder deren Häuser verwüstet wurden. Im Umland von Temeschwar
wurden in 2 Dörfern landwirtschaftliche Maschinen zerstört oder beschädigt. Im Kreis Her-
mannstadt wurden Plakate mit Todesdrohungen auf die Häuser von Verweigerern geklebt.
Ebenso wurde beobachtet, dass die Rekrutierungskommandos stets mit schwarzen Automobi-
len durch die Städte und Dörfer des Banats und Siebenbürgen fuhren. Kurze Zeit darauf wur-
den Häuser von Rekrutierungsgegnern mit Parolen beschmiert oder mit kommunistischen
Symbolen gekennzeichnet. Gottlob Berger fand im Zusammenhang mit den Ereignissen lo-
bende Worte für die Tätigkeit der Einsatzgruppen, die Verweigerer verprügelt, deren Häuser
verwüstet und die Opposition zum Umdenken gebracht hatten.164
Die vorhin genannten Vorkommnisse während der Rekrutierungsaktion waren nur eine kleine
Auswahl der Aktionen gegen Drückeberger, zeigen aber welch Brutalität an den Tag gelegt
wurde. Sie begannen in der Nähe der DViR-Zentrale in Siebenbürgen und weiteten sich in
164
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 205-208.
77
den kommenden Wochen über das gesamte deutschsprachige Gebiet des Landes aus. Die
spontanen Aktionen von Einzelpersonen machten sich erst gegen Ende der Aushebungskam-
pagne bemerkbar und variierten je nach Örtlichkeit in ihrer konkreten Ausprägung. Die kör-
perliche Gewalt und die mutwillige Zerstörung von fremdem Eigentum waren nicht die einzi-
gen Druckmittel der Partei. Sie drohte den Verweigerern damit höhere Mitgliedsbeiträge zah-
len zu müssen und bei Requirierungen wurden ausschließlich Nutztiere jener Personengruppe
eingezogen. Kinder in ländlichen Gebieten wurden im schlimmsten Fall gänzlich der Schule
oder dem Kindergarten verwiesen, in den Städten wurden sie gegen eine Sondergebühr von
15.000 Lei toleriert. Es gingen auch Gerüchte um, dass Namenslisten geführt und Rekrutie-
rungsgegner und Volksdeutsche, die in der rumänischen Armee verblieben waren, gegen ihren
Willen ins Reich abtransportiert werden würden. Nach der ersten Musterungswelle richteten
sich Zorn und Hass, vor allem der ländlichen Bevölkerung, gegen jene, die von der Rekrutie-
rung verschont geblieben waren. So wurde der Kriegsdienst unter Androhung von Gewalt von
einigen DViR-Funktionären mittels Texten auf deren Parteigebäuden gefordert. Mancherorts
wurden auch vermeintlich unabkömmliche Personen eingezogen, was bei der Bevölkerung
große Begeisterung auslöste. Nichtsdestotrotz war die Sonderstellung der Parteifunktionäre
und der reichen Oberschicht kaum zu übersehen und eines der Hauptargumente der Oppositi-
on. Die Proteste begannen aber denkbar spät und erreichten kaum eine signifikante Anhänger-
zahl. Die Rekruten selbst bemerkten erst nach der Abreise, dass bestimmte Personengruppen
nicht eingezogen wurden. Vielfach konnten sich Reiche, DViR-Funktionäre sowie deren
Verwandten temporär oder gänzlich vor dem Abtransport drücken. 1941 hatte die Presse mit
dem Fronteinsatz von Andreas Schmidt geprahlt, wobei dieser nur über mehrere Wochen an
der Front blieb und auch hier mehr als prominenter Besucher oder Gast fungierte. Auch wenn
letztlich die Fälle der erpressten Beitritte gering sein mögen und teilweise auch die angesta-
chelte Bevölkerung dazu beitrug, so ändert dies nichts an der Tatsache, dass die DViR die
gewaltsamen Aushebungen gezielt vorbereitete, unterstützte und durchführte. Von Seiten der
Partei wurde behauptet, dass die Zahl der Verweigerer weit unter einem Prozent gelegen hät-
te.165
165
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 209-211.
78
2.5. Ergebnisse der Rekrutierung:
Eine genaue Zahl kann nicht exakt festgemacht werden, da sich die Quellen teilweise wider-
sprechen. Dadurch lässt sich die Menge an SS-Rekruten nur in einem gewissen Rahmen ein-
grenzen. Laut Andreas Schmidt seien im gesamten Zeitraum der Massenrekrutierung 32 Züge
mit ungefähr 42.000 Volksdeutschen nach Wien zur Ausbildung geschickt worden. Teilweise
finden sich auch 36.842, 41.500 oder gar 50.000 Mann als Gesamtzahl der Aushebung in di-
versen Unterlagen.166
Die Zahlenangaben Schmidts wurden von dem Südosteuropäischen
Tagesblatt am 5.9.1943 in einem langen Artikel veröffentlicht167
. Berlin hatte als unterste
Grenze 20.000 Rekruten verlangt, dennoch kursierten die wildesten Gerüchte und das Aus-
maß der Musterung war schon damals von großem Interesse verschiedener Geheimdienste,
was einen genauen Wert zusätzlich verschleiert haben mag. Laut Gottlob Berger gehörten am
1. Mai 1940 110 Rumäniendeutsche der SS an, wobei dieser Wert in den nächsten eineinhalb
Jahren auf 2.500 Mitglieder anstieg, Stichtag 15.1.1942. Das Personalamt der DViR gab an,
dass gegen Ende 1942 5.569 Personen aus der Volksgruppe in der Waffen-SS tätig waren,
dazu kamen weitere 500, die sich zur „SS-Polizei“ einreihten. Was mit „SS-Polizei“ konkret
gemeint ist kann nicht gänzlich nachvollzogen werden, möglicherweise bezieht sich dieser
Begriff aber auf die 4. SS-Division „Polizei“. Zum Jahreswechsel wurde der Wert noch durch
Versprengte und Flüchtlinge nach der Katastrophe von Stalingrad erhöht, wobei deren Anzahl
knapp 10.000 betrug.168
Traşcă gibt folgende Zahlenwerte von rumäniendeutschen SS-
Männern an: Juli 1943 50.000, nach Aussage von Andreas Schmidt, September 52.000, zum
Jahresende 55.000 und im März 1944 den Höchststand von 57.184 Soldaten.169
Unabhängig
davon ist bemerkenswert welch hohen Anteil die Rumäniendeutschen im Vergleich zu ande-
ren Auslandsdeutschen oder Fremdvölkern in der Waffen-SS hatten. Mitte 1940, also noch
vor der „1000-Mann-Aktion“, waren von knapp 125.000 SS-Männern 110 Deutsche aus Ru-
mänien. Dies mag zwar nicht einmal ein ganzes Promille sein, die zweitgrößte Gruppe an
Volksdeutschen stellten Ungarn mit bloß 24 Mitgliedern. Die größte nichtdeutsche Gruppe
stellten Franzosen aus dem Elsass mit 84 Personen. Noch im Jahre 1942 standen sie unange-
fochten an der Spitze mit 2.500 Individuen, dicht gefolgt von Jugoslawiendeutschen mit 2.200
Vertretern. Die Volksdeutschen aus anderen Ländern konnten in Summe nicht einmal die
Zahl der zweitplatzierten Jugoslawen erreichen. Der Umstand der Spitzenposition ist umso
166
Vgl. TRAŞCĂ, Rumäniendeutsche, S. 314. 167
Vgl. http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=bdz&datum=19430905&seite=1&zoom=33, zitiert aus der Zeitung vom 5.9.1943 S.1-3, kein Verfasser, Stand: 29.1.1943. 168
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 214f. 169
Vgl. TRAŞCĂ, Rumäniendeutsche, S.314f.
79
bemerkenswerter wenn man bedenkt, dass Rumänien zum damaligen Zeitpunkt den Eintritt in
die Waffen-SS strikt verbot und Länder wie Jugoslawien, Luxemburg oder Elsass-Lothringen
durch ihre Besatzung der direkten Kontrolle durch deutsche Behörden unterworfen waren.
Berger meldete in einem Schreiben an Himmler am 30. Juli 1943 die endgültigen Zahlen der
Massenrekrutierung. Er nannte die Summe von 41. 560 Männern, die sich in vier Tauglich-
keitsstufen einteilten, wobei die Körpergröße hierfür der ein wesentlicher Faktor war. Die
höchste Einstufung, SS kaderverwendungsfähig, erreichten 17. 748 Mann, die Mindestgröße
betrug hierfür 166cm. 12.743 Gemusterte erreichten die zweithöchste Klassifizierung kader-
verwendungsfähig Heer. Diese Tauglichkeit wurde an all jene vergeben, die kleiner als 165cm
waren. 2.031 Volksdeutsche wurden als garnisonsverwendungsfähig in der Heimat klassifi-
ziert. Die verbliebenen 1.429 Personen erhielten eine Arbeitsverwendungsfähigkeit attestiert.
In diesem Zusammenhang bedeutete die zweitbeste Einstufung nicht, dass man zur Wehr-
macht versetzt wurde, sondern dass man zu zweitklassigen SS-Formationen kam, die Abstri-
che bei Ausrüstung und militärischem Gerät machen mussten. Nach Bergers Schreiben wur-
den in der ersten Septemberhälfte unter Billigung von Marschall Antonescu weitere 1.400
Rekruten außer Landes gebracht. Im November kamen weitere 2.000 Personen aus Rumänien
zur Schutzstaffel. Bis Jahresende wurde aber noch eine unbekannte Zahl an Männern über die
Grenze geschmuggelt, die rumänische Polizei spricht hier, ohne dies weiter zu spezifizieren,
von hunderten illegalen Grenzgängern.170
In der Presse wird am 4. November ein Artikel ver-
öffentlicht, der folgende Zahlen nennt: So seien 42.000 Mann der SS im Zuge der Rekrutie-
rung beigetreten und hätten mit den bereits 12.000 rumäniendeutschen Soldaten, die bereits in
SS-Einheiten ihren Dienst taten, eine Gesamtzahl von 54.000 Mann erreicht. In der rumäni-
schen Armee seien laut Printmedium 6000 Mitglieder der Volksgruppe verblieben. Die
Wehrmacht wird in diesem Zusammenhang überhaupt nicht erwähnt. Die SODT spricht fer-
ner Mitte November von einer Verabschiedung von weiteren 400 Jugendlichen aus der Deut-
schen Jugend durch Andreas Schmidt persönlich.171
Am Silvestertag 1943 wurde im „Infor-
mationsblatt des Reichsleiterdienstes“ ebenso die Gesamtzahl von 54.000 Rumäniendeutschen
in Diensten der Waffen-SS genannt. Das Auswertige Amt rechnete im Zuge der Verhandlun-
gen über die Angehörigenunterstützung im Feber 1944 mit 46.000 Familien, in denen Ange-
hörige der Schutzstaffel beigetreten waren. Da diese Schätzung aber nicht berücksichtigte
wie viele Männer jede einzelne Familie stellte, kann die Zahl also nur als mögliche Unter-
grenze betrachtet werden. Laut Legalisierungslisten der deutschen Behörden im April 1944
170
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 214-216. 171
Vgl. http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=bdz&datum=1943&zoom=33, zitiert wurde aus der Zei-tung vom 4.11.1943 S. 3, kein Verfasser, 17.11.1943, S. 3, kein Verfasser, Stand: 29.1.2017.
80
befanden sich 57.184 Volksdeutsche aus Rumänien in reichsdeutschen Diensten. Diese Anga-
be kann auf Grund von Unvollständigkeit, die von den betreffenden Stellen selbst zugegeben
wurden, nicht weiter berücksichtigt werden. Die Volksdeutsche Mittelstelle wiederum nahm
im September des gleichen Jahres an, dass ungefähr 60.000 Personen der Volksgruppe eine
deutsche Uniform trugen. Von dieser Schätzung ausgehend entfallen etwa 650 Mann auf die
„1000-Mann-Aktion“, 6.000 traten illegal zwischen 1940 und 1943 ein, knapp 50.000 wurden
im Sommer des Jahres 1943 angeworben und 10.000 waren als Flüchtlinge nach der Kata-
strophe von Stalingrad, Rekruten späterer kleinerer Aushebungen oder Personen, die sich
während ihres Aufenthaltes in Deutschland verpflichteten.172
2.6. Herkunft und soziales Umfeld der Rekruten:
Die verfügbaren Quellen lassen nicht in jedem Fall eine exakte Bestimmung des Berufs- und
Familienstandes zu, ebenso sind die genaue Herkunft und das exakte Alter nicht gänzlich
nachvollziehbar. Vielfach widersprechen sich auch Berichte der rumänischen Polizei und der
DViR, die möglicherweise Rekrutierungszahlen etwas höher als tatsächlich angibt, um einer-
seits die Anziehungskraft des Dritten Reiches hervorzuheben oder andererseits die Tatkraft
der Volksgruppe zu unterstreichen. Das Banat stellte mit über 50% oder 23.103 Mann den
größten Anteil, wobei wiederum aus den Landkreisen um Temesch-Torontal bzw. Arad insge-
samt gesehen die meisten Rekruten kamen. Aus Siebenbürgen wurden gut 17.000 Mann re-
krutiert, wobei die Ortschaften Hermannstadt und Kronstadt 4.500 bzw. 6.440 Rekruten be-
heimateten. Knapp 5.000 Soldaten kamen aus dem Altreich. In Summe wurden im Jahr 1943
also gut 45.000 Rumäniendeutsche in die Waffen-SS eingegliedert. Das Verhältnis zwischen
Banat, Siebenbürgen und Altreich lautet wie folgt: 51 zu 39 zu 10. Je nach betrachteter Quelle
verschieben sich diese Relationen um bis zu 0,5%. Gemessen an der Gesamtbevölkerung,
sowie deren Verteilung von 58 zu 36 zu 6, meldeten sich am meisten Personen aus dem Alt-
reich, das Banat nahm den letzten Platz ein. Viele der Volksdeutschen aus dem Altreich ent-
stammten aber nicht den großen Städten, wie Ploieşti oder Bukarest, sondern kamen aus Dör-
fern und kleinen Gemeinden.173
Andreas Schmidt kritisierte die Haltung der Volksgruppe der
Städte im Süden, sich nicht stärker für das Gemeinwohl einzubringen, und erachtete ihr Trei-
172
Vgl. MILATA, Antonescu, 216f. 173
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 218f.
81
ben als individualistisch sowie verwerflich.174
Die geringere Begeisterung der SS beizutreten
könnte im Falle des Banats daran liegen, dass bereits in den Jahren davor, vor allem aber
1942, viele junge Männer illegal über die serbische Grenze emigrierten, um sich im besetzten
Jugoslawien den deutschen Einheiten anzuschließen175
, vorrangig der neu aufgestellten 7. SS-
Freiwilligen-Division „Prinz Eugen“.176
Die Analyse der Berufsgruppen erweist sich als mit-
unter schwierig, da es kaum Aufzeichnungen darüber gibt. Diese wenigen Fälle können daher
nur als Stichprobe verstanden werden, geben aber zumindest einen ersten Anhaltspunkt. Die
folgenden Betrachtungen beziehen sich auf eine gut 120 Mann starke Liste aus KZ-
Wachleuten und deren Berufsstand vor der Einberufung. Wenig verwunderlich entstammten
die meisten Rekruten dem Bauernstand und bildeten somit die größte Gruppe mit einem An-
teil von über 50%. An zweiter Stelle, mit einer Quote von gut 40%, standen die Handwerker.
Die häufigsten Lehrberufe in dieser Aufstellung waren Maurer und Schlosser, wobei insge-
samt gesehen die Bauhandwerks- und metallverarbeitenden Berufe den überwiegenden Part
der Schicht stellten. Die restlichen Personen bekleideten in ihrem zivilen Leben Dienststellen
im Handel, Bank-, Kredit- und Verkehrswesen. Nicht einmal 3% der SS-Männer entsprangen
dem Beamtenstand und waren im öffentlichen oder sozialen Sektor tätig. Vergleicht man die-
se Verteilung mit den Zahlen der Volkszählung von 1930, so ist der Anteil des Bauernstandes
in etwa gleich, wenn auch um 2% geringer, 52 statt 54%. Personen mit Handwerksberufen
sind unter den Wachen überdurchschnittlich häufig vertreten. Sie verdoppelten ihren Anteil
nahezu von 24 auf 41%. Der Dienstleistungssektor hat bei der Gegenüberstellung die größten
Einbußen zu verzeichnen. Im Falle von Angestellten aus dem Finanzwesen, würde das bedeu-
ten, dass nicht einmal jeder zweite sich zur Waffen-SS gemeldet hat. Ihr Anteil sank von gut 7
auf geringe 3% ab, ein Rückgang von 65%. Der relativ hohe Anteil an Handwerkern unter den
Soldaten mag vielfältige Gründe haben, allerdings lässt der viel zu kleine Datensatz keine
endgültigen Schlüsse zu und es können somit nur wage Vermutungen angestellt werden. Laut
rumänischen Gesetzen mussten die Rekruten das 18. Lebensjahr abgeschlossen haben, das
Abkommen rang Bukarest aber einen zusätzlichen jüngeren Jahrgang ab, was einen Wehrfä-
higenzuwachs von ungefähr 5000 Mann bedeutete. Aber selbst das rumänische Zugeständnis
wurde von vielen Jugendlichen nicht eingehalten. So kam es vor, dass sich mitunter auch 16-
jährige Burschen mit gefälschten Papieren bei den Musterungskommissionen meldeten. Der
Vorwurf von Angehörigen, die DViR und die Rekrutierungsbeauftragten würden Minderjäh-
174
Vgl. http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=bdz&datum=19430905&seite=1&zoom=33, zitiert aus der Zeitung vom 5.9.1943 S.1-3, kein Verfasser, Stand: 29.1.1943. 175
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 219. 176
Vgl. KALTENEGGER, Totenkopf, S. 45.
82
rige unter Missachtung der Bestimmungen zulassen, mag zwar den Tatsachen entsprechen,
vielfach hatten die betreffenden Organe aber keine wahrheitsgetreue Information über das
effektive Alter der Freiwilligen, was die Anschuldigung wieder relativiert. Das dies aber kein
Einzelfall war, lässt sich leicht am Anteil der unter 18-jährigen Wehrfähigen erklären. Fast ein
Zehntel der Männer hatte die Volljährigkeit zur Zeit der Musterung noch nicht erreicht. Eine
dezidierte Altersobergrenze sahen weder das Abkommen noch gesetzliche Bestimmungen
vor. Die Volksdeutsche Partei in Rumänien setzte in ihren öffentlichen Verlautbarungen das
Limit bei 35 Jahren an, wobei vielerorts auch ältere Männer zum Dienst gerufen wurden.
Männer mit Offiziersdienstgraden durften sogar bis zu 45 Jahre alt sein, mitunter wurde auch
die Grenze ohne Einschränkung des Ranges bei 50 Jahren angesetzt. Zusätzlich ging ein ge-
sonderter Aufruf an Ärzte oder Apotheker, wobei diese Berufsgruppe bis zu 55 Jahre alt sein
durfte. Wenn man die rekrutierten Jahrgänge betrachtet, sind interessante Schlussfolgerungen
möglich: Der Jahrgang 1908, also die Gruppe der 35-jährigen, ist verhältnismäßig oft vertre-
ten, was bedeuten könnte, dass das Alter der Gemusterten gezielt nach unten korrigiert wurde
oder dies auch auf Wunsch der betreffenden Personen passierte, um ältere Wehrfähige auch
eingliedern zu können. 85% der Männer waren zwischen 18 und 35 Jahre alt, wobei der Jahr-
gang 1925 am stärksten vertreten war, gefolgt von 1908 und 1923. Fast die Hälfte der Rekru-
ten entsprang den Jahrgängen 1921-1927. Es lässt sich in den Quellen keine einzige Rekrutie-
rung einer Frau eindeutig nachweisen, einzig eine Korrespondenz zwischen Berlin und Buka-
rest ist vorhanden, die eine Frauenrekrutierung erörtert, aber zu keinem endgültigen Ent-
schluss kommt.177
2.7. Rekrutierungen des Jahres 1944:
Auf Grund von beträchtlichen Verlusten an Mensch und Material an allen Kriegsschauplät-
zen, entschloss sich die Führung der Schutzstaffel im Frühjahr 1944, eine erneute Massenrek-
rutierung von Volksdeutschen in den Balkanstaaten einzuleiten. Mitte Mai ging ein Schreiben
Bergers an die deutschen Behörden in Rumänien, in dem die zuständigen Organe aufgefordert
wurden die Jahrgänge 1926, 1927 und 1928 zu den Waffen zu rufen, wobei die Eingliederung
im September von Statten gehen sollte. Der Bedarf an neuen Rekruten wurde der rumänischen
Regierung mit der Aufstellung neuer SS-Einheiten erklärt. Bukarest war allerdings nicht am
schnellen Abschluss der Verhandlungen interessiert, weshalb sich die Gespräche bis in den
177
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 219-224.
83
August hineinzogen. Mitte des Monats gab Marschall Antonescu seine Zustimmung, dass die
Deutschen nunmehr Rumäniendeutsche rekrutieren durften. Die Angeworbenen mussten al-
lerdings ein Mindestalter von 16 Jahren aufweisen. Knapp eine Woche später wurden die Be-
dingungen offiziell beschlossen und festgemacht. Die Aushebungen sollten basierend auf den
Bestimmungen des Abkommens von 1943 geschehen, sofern notwendig konnte der Vertrag
auch an die geänderten Bedingungen angepasst werden. Des Weiteren sollten nur Jugendliche
zwischen 16 und 17 Jahren gemustert werden, wobei die gesamte Aktion bis zum 31. Oktober
abgeschlossen zu sein hat. Es war geplant dass die frischen SS-Männer das Land bis Ende des
Jahres verlassen hätten. Die DViR hatte im Vorfeld der Unterredung bereits das Einrücken
von bis zu 2.500 jungen Männern vorbereit. Da Rumänien aber bereits Ende August die Alli-
anz mit Deutschland kündigte, wurde die zweite Massenrekrutierung nicht mehr durchge-
führt.178
3. Ungarn und die deutsche Volksgruppe:
Im folgenden Kapitel soll der ungarische Staat an sich, die Innen- und Außenpolitik, sowie
die Lage und der Werdegang der volksdeutschen Bevölkerung nachgezeichnet und untersucht
werden. Zuerst wird mit der allgemeinen Situation Ungarns begonnen, später die geschichtli-
che Entwicklung und Ansiedelung der deutschsprachigen Minderheit betrachtet. Danach fol-
gen die Kapitel über Werbung, Musterung und Motivation der SS beizutreten. Abschließend
werben die Ergebnisse der Rekrutierungen diskutiert.
3.1. Geschichtlicher Überblick und Situation vor Beginn des Zweiten Weltkrieges:
In den folgenden Kapiteln wird einerseits die Entstehung der deutschsprachigen Ansiedelun-
gen in Ungarn, anderseits deren Entwicklung nach Ende des Ersten Weltkrieges behandelt.
Darüber hinaus soll die außen- als auch innenpolitische Lage des ungarischen Staates in der
Zwischenkriegszeit untersucht werden.
178
Vgl. TRAŞCĂ, Rumäniendeutsche, S.313f.
84
3.1.1. Ungarn in der Zwischenkriegszeit und als Verbündeter Deutschlands:
Ungarns Schritt in die staatliche Unabhängigkeit nach dem Ersten Weltkrieg war von großen
Schwierigkeiten gezeichnet. Am 31. Oktober 1918 erklärte Ungarn seine Souveränität gegen-
über dem alten Kaiserreich, der ehemalige Kaiser musste abdanken und einen neuen Nachfol-
ger ernennen. Kaiser Karl unternahm noch zwei erfolglose Restaurationsversuche, das einsti-
ge Transleithanien war aber für den Habsburger verloren.179
Im Vertrag von Trianon wurden
Ungarn 70% des Staatsgebietes entrissen, ganze 3,5 Millionen ungarische Staatsbürger gerie-
ten unter fremde Herrschaft, teilweise unter jene der neu gebildeten Staaten. Im ungarischen
Staat von 1921 verblieben lediglich 8,3 Millionen Einwohner. In Anbetracht der territorialen
Verluste, war das Königreich Ungarn der größte Verlierer des Ersten Weltkrieges. Fortan war
es das erklärte Ziel der Politik die einstigen Grenzen „Großungarns“ wieder herzustellen.
Kurz nach Kriegsende wurde Ungarn, wie so viele Staaten Europas, von einer kommunisti-
schen Revolution erfasst, die von Béla Kun angeführt wurde. Miklos Horthy, der spätere
Reichsverweser und letzte Admiral der k.u.k. Streitkräfte, zerschlug den Aufstand und setzte
sich in Folge dessen an die Spitze des ungarischen Staates. Die antikommunistische Haltung
wurde unter seiner Regierung ebenso zentrales Element, wie das ideologische Festhalten an
der längst untergegangenen Monarchie. Trotz vertraglicher Beschränkungen und der schlech-
ten weltweiten wirtschaftlichen Lage versuchte der Staat die eigene Armee wieder aufzubau-
en. Ideologisch Gleichgesinnte wurden anfangs mit Italien, später auch mit Deutschland ge-
funden, die Unterstützung beim Wiederaufbau der Honvéd leisteten.180
Die aggressive deut-
sche Außenpolitik brachte Ungarn seinem Traum von „Großungarn“ Ende der 30er Jahre ei-
nen Schritt näher. Auf Druck Nazideutschlands musste die Tschechoslowakei einen Streifen
im Süden der Slowakei an Ungarn abtreten. Der Erste Wiener Schiedsspruch vom 2. Novem-
ber 1938 brachte dem Land einen Flächenzuwachs von 12.400km². In dem Gebiet lebten 1,1
Millionen Menschen, unter ihnen gut 13.000 Deutsche. Ungarn wurde mehr als nur belohnt
für die Ausrichtung auf Nazideutschland.181
Im März 1939, nach der Besetzung der Tschechei
durch die Wehrmacht, erhielt Ungarn überdies noch die Karpato-Ukraine. Ungarn orientierte
sich daraufhin immer stärker am Dritten Reich, auch war man überzeugt gegenüber dem ver-
hassten Nachbarn Rumänien, eine Vorzugsstellung bei den Deutschen einnehmen zu können.
Im Sommer kam Deutschland einem drohenden Krieg zwischen Ungarn und Rumänien zuvor.
Das Dritte Reich sprach, am 30. August 1940, im Zweiten Wiener Schiedsspruch den Norden
179
Vgl. VOCELKA, Neuzeit, S. 612. 180
Vgl. MÜLLER, Seite, S. 38. 181
Vgl. WILDMANN, Tragödie, S. 147.
85
Siebenbürgens Ungarn zu, konnte den Verbündeten damit allerdings nicht restlos zufrieden
stellen, das rasche Handeln verhinderte dennoch ein Blutvergießen. Der ungarische Wunsch
nach steter Modernisierung der Streitkräfte stieß in Berlin aber zunehmend auf taube Ohren,
da man den Verbündeten als unzuverlässig und zu wankelmütig erachtete. Zudem sollte ein
Kräftegleichgewicht am Balkan gehalten werden, um einen Krieg innerhalb der Achsenmäch-
te zu verhindern. Der Feldzug gegen Jugoslawien brachte Ungarn erneut territoriale Gewinne
ein, das Batschgau, die südliche Barnau und das Murgebiet, insgesamt mehr als einer Million
Einwohner, wurden dem Staatsgebiet angegliedert. Gab es Widerstand seitens der neuen un-
garischen Bevölkerung, wurde dieser mit grausamen Mitteln zerschlagen und gebrochen, so-
gar vor Maßnahmen gegen Volksdeutsche machten die Ungarn nicht halt.182
Budapest beteiligte sich daraufhin auch am Russlandfeldzug, wobei in den Winterkämpfen
Anfang des Jahres 1943 die 2. ungarische Armee komplett aufgerieben wurde. In weiterer
Folge stellte der Balkanstaat nur mehr geringe Truppenverbände, da eine Neuaufstellung fri-
scher Frontverbände mangels Vorhandensein an Wehrfähigen und schweren Waffen nicht
realisiert werden konnte. Die Ungarn sollten Sicherungsaufgaben übernehmen, waren aber
selbst damit heillos überfordert. Die Truppen waren schlecht geführt und nur mangelhaft aus-
gerüstet. Da die Front im Jahr 1944 sich zusehends der ungarischen Grenze näherte, sah man
sich von deutscher Seite aus gezwungen Maßnahmen zu ergreifen, um den schwankenden
Verbündeten wieder auf Kurs zu bringen. Am 18. März stimmte der Reichsverweser notge-
drungen einer deutschen Besetzung des Landes zu, ebenso wurde die verhasste Regierung
ausgetauscht. Ungarischer Widerstand sollte zwar gnadenlos gebrochen werden, dennoch ziel-
te man auf eine weitgehende Zusammenarbeit mit der Bevölkerung ab. Darüber hinaus wurde
die Armeeführung ausgetauscht und die einzelnen Stäbe weitestgehend umgekrempelt. Unter
deutscher Regie wurde auch die 150.000 Mann starke 1. ungarische Armee gebildet, die aber
beim ersten Aufeinandertreffen mit den Sowjets bereits Verluste in Höhe von 1/5 ihrer Ge-
samtstärke zu verzeichnen hatte. Mit dem Frontwechsel Rumäniens wurde die Verteidigung
des ungarischen Territoriums zu einer der höchsten Prioritäten für die Reichsführung, da die
Ölquellen in diesem Gebiet die einzigen unter der Kontrolle der Achsenmächte verbliebenen
waren. Ein Verlust dieser hätte weitere großangelegte Operationen quasi unmöglich gemacht.
So verwundert es nicht, dass von den Deutschen bis zuletzt Offensiven in diesem Raum ge-
startet wurden. Reichsverweser Horthy versuchte in dieser prekären Situation den Kopf aus
der Schlinge zu ziehen und strebte einen Separatfrieden mit den Westalliierten an, um zu ret-
182
Vgl. MÜLLER, Seite, S. 38-40.
86
ten, was noch zu retten war. Das Bündnis lehnte das Ansuchen des Staatschefs allerdings ab.
So blieb Horthy, der die Sowjets zu tiefst verabscheute, nichts anderes übrig, als mit dem ver-
hassten Feind eine Übereinkunft zu treffen. Nach finnischem Vorbild sollte ein möglichst
günstiger Ausweg aus dem Achsenbündnis gefunden werden. Stalin forderte den Reichsver-
weser Mitte Oktober auf, dem Deutschen Reich den Krieg zu erklären und gegen den vorma-
ligen Verbündeten augenblicklich militärisch aktiv zu werden. Nazideutschland hatte aller-
dings Kenntnis vom eigenmächtigen Handeln des Bündnispartners. Am 16. Oktober, fünf
Tage nach dem Friedensgesuch an den sowjetischen Diktator, musste der Staatschef abdanken
und die radikalen „Pfleilkreuzler“ übernahmen die Regierungsgeschäfte. Zur Freude der
Deutschen riefen sie die totale Mobilmachung aus, was dringend benötigte Truppen generier-
te. Das Dritte Reich agierte nun noch kompromissloser gegenüber seinem Verbündeten und
zögerte nicht, ungarische Verbände in den sicheren Tod zu schicken. Im Frühjahr 1945, nach
der letzten deutschen Offensive, brach schließlich die südöstliche Front zusammen und Un-
garn wurde von der UdSSR besetzt. Die Kollaboration mit dem Deutschen Reich hatte einen
hohen Preis. Das Land wurde 1947 im Frieden von Paris auf die Grenzen von 1920 beschnit-
ten und zu Reparationszahlungen in Höhe von 300 Millionen USD verdonnert. Darüber hin-
aus hatte man beinahe eine Million Opfer im Krieg zu beklagen, die entweder an der Front
gefallen waren, von den Sowjets verschleppt und von Einsatzkommandos ermordet wurden
oder im Bombenkrieg ums Leben kamen.183
3.1.2. Geschichtlicher Überblick der Deutschen Ungarns:
Die ausbeuterische osmanische Besetzung des ungarischen Königreiches und die Befreiungs-
kriege zur Rückeroberung des Gebietes entvölkerten und zerstörten die pannonische Tiefebe-
ne fast gänzlich.184
Im Komitat Schomodei im Südwesten Ungarn zählte man 1526 vor der
osmanischen Landnahme 11.000 Bauernhöfe, 1534 war die Zahl bereits auf 7300 gesunken.
Weitere 60 Jahre später waren gerade einmal 193 geblieben. Bei der Rückeroberung des Ge-
bietes durch die kaiserlichen Truppen wurden kaum mehr einhundert landwirtschaftliche Be-
triebe gezählt. Die Gesamtbevölkerung sank unter türkischer Herrschaft von anfänglich 3,2
Millionen Menschen auf 1,1 Millionen Personen. Am 16. September 1686 entschied der kai-
serliche Hofkriegsrat in Wien, die Wiederbesiedelung der eroberten Gebiete einzuleiten. Der
183
Vgl. MÜLLER, Seite, S. 44-53. 184
Vgl. FISCHER, Geschichte, S. 13.
87
Beschluss wurde mit dem Impopulationspatent vom 11. August 1689 klar definiert.185
Zu An-
fangs standen militärische Überlegungen im Vordergrund. So sollte mit den Siedlern ein Ver-
teidigungssystem mit wehrhaften Siedlungen errichtet werden, das die Türken vorm erneuten
Eindringen in die kaiserlichen Lande abhalten sollte. Später standen die Siedlungsmaßnahmen
auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten, so steigerte eine größere Zahl an Siedlern Steu-
ereinnahmen, kurbelte die Produktion an und brachte das Gewerbe in Gang. Viele der Neuan-
kömmlinge fielen aber Krankheiten zum Opfer. Pest und Malaria waren die Haupttodesursa-
chen. Die mehrheitlich bäuerlichen Kolonisten brachten neue Lebensweisen und Arbeitsme-
thoden mit sich. Ihr Fleiß sorgte für den rapiden wirtschaftlichen Aufschwung und die rasche
Urbanisierung der einst menschenleeren und verödeten Region. Zu ihren Errungenschaften
gehörte neben dem Bau von Kanälen, die Regulierung von Flüssen und Trockenlegung von
Sümpfen. Ferner hatten die deutschen Siedler, durch ihre moderneren Anbaumethoden, eben-
so einen positiven Einfluss auf die Landwirtschaft. Die Neuankömmlinge siedelten vermehrt
im ungarischen Mittelgebirge, dem Umland der ungarischen Hauptstadt und nördlich des Plat-
tensees, grob gesagt im Bereich des Donauknies. Die zweite große donauschwäbische Nieder-
lassung wird auch als „Schwäbische Türkei“ bezeichnet. Die Region liegt im Südwesten Un-
garns und umfasst die heutigen Komitate Tolnau, Barnau und Schomodei.186
Ebenso siedelten
Deutsche im Banat, nach dem Ersten Weltkrieg verblieben allerdings nur die nördlichsten
Ausläufer bei Ungarn, der überwiegende Teil wurde zwischen Serbien und Rumänien aufge-
teilt.187
Die deutschen Kolonisten waren bei ihren neuen ungarischen Lehensherren sehr
beliebt, da sie beim Adel keine Nebenkosten verursachten und darüber hinaus deren Güter
wieder urbar machten. Um eine Verarmung der Siedler zu verhindern, wurden nur jene für
eine Überfahrt zugelassen, die über ausreichend Eigenkapital verfügten, um sich im Falle ei-
ner Notsituation über Wasser halten zu können. Teilweise wurden sogar die Schiffe mit den
Kolonisten, deren eigentliches Ziel das Banat war, auf halber Strecke von ungarischen Edel-
männern aufgehalten, um die Passagiere auf ihren Gütern anzusiedeln. Im Jahr 1723 verab-
schiedete der ungarische Landtag ein Gesetz, das den Kolonisten Steuerfreiheit für sechs Jah-
re und Erbeigentum sicherte. Dieser Erlass sollte ein Ansporn für potenzielle Einwanderer
sein, vor allem Handwerker waren sehr gefragt. Diese Maßnahme leitete den „Ersten Schwa-
benzug“ ein, der zeitweise solche Ausmaße annahm, dass es mancherorts zu dezidierten Aus-
reiseverboten kam, so geschehen in Trier im Jahr 1731. Teilweise wurden aber auch Personen
zwangsumgesiedelt, die sich durch politische Agitation bei ihren adeligen Vorgesetzten unbe-
185
Vgl. HOBEK, Ungarndeutschen, S. 11-13. 186
Vgl. FISCHER, Geschichte, S. 14-16. 187
Vgl. WILDMANN, Tragödie, S. 26, 29.
88
liebt gemacht hatten. In dieser Zeit entwickelte sich auch ein neuer Berufszweig, der einzig
darauf abzielte, Personen für die Überfahrt anzuwerben. Diese „Reisevermittler“ vervielfach-
ten sich derart schnell, dass Maria Theresia, die sonst der Kolonisation der ungarischen
Reichshälfte wohlwollend gegenüberstand, im Jahr 1752 zweimal ein Ausreiseverbot verab-
schiedete, um die unkontrollierten Migrationsbewegungen zu unterbinden. Die Kaiserin sah
sich 1762 sogar dazu veranlasst, ein generelles Ausreiseverbot aus den österreichischen Erb-
landen zu erteilen, da Russland und vor allem Amerika große Faszination auf den möglichen
Aussiedler ausübten. Am 25. Feber des Folgejahres verabschiedete die Monarchin das Kolo-
nisationspatent, welches Kolonisten wiederum sechs Jahre Steuerfreiheit garantierte und sie
zu freien sowie unmittelbaren Bürgern des Erzherzogtums erhob. Die Vergünstigung bildete
den Anstoß zum Zweiten Schwabenzug. Erstmals wurde es auch Protestanten erlaubt, ihre
Heimat zu verlassen, ihnen wurde aber untersagt sich im Banat anzusiedeln. Der Konfession
blieb das ungarische Kernland vorbehalten. Nach Beendigung des Siebenjährigen Krieges
streiften noch unzählige Soldaten als Vagabunden durch die ehemaligen Kriegsschauplätze, in
Böhmen war dieser Umstand besonders drastisch. Von Herrscherseite war man daher bemüht,
diese unliebsamen Zeitgenossen in produktive Siedler umzuwandeln.188
Unter Joseph II nahm die Migrationsbewegung noch einmal an Fahrt auf, als der Monarch den
Siedlern wieder weitreichende Zugeständnisse machte. Unter anderem sicherte der Kaiser den
Kolonisten zehnjährige Steuerfreiheit zu, befreite den jeweils ältesten Sohn dauerhaft vom
Militärdienst und man versprach den Migranten Haus und Hof vor Ort. Ebenso sollten die
Reisekosten ab Wien gedeckt werden und jedem Ausreisenden wurde in der neuen Heimat
Religionsfreiheit zugesichert. Der Kaiser versuchte auch die lateinische Amtssprache durch
das Deutsche zu ersetzen, was aber auf heftigen Widerstand der ungarischen Stände stieß. Das
hatte den Dritten Schwabenzug zur Folge, der bis 1789 andauerte. Mit Ende des 18. Und Be-
ginn des 19. Jahrhunderts, verebbte die donauschwäbische Migration zusehends. Mit dem
wirtschaftlichen Aufschwung der ungarischen Reichshälfte entstand ein ungarisches Natio-
nalgefühl, welches das gefestigte Deutschtum als Bedrohung erachtete und zusehends zu
madjarisieren gedachte. 1829 kann als das Ende der Migrationsbewegungen betrachtet wer-
den, da mittlerweile recht große monetäre Rücklagen verlangt wurden, um die Reise über-
haupt antreten zu dürfen.189
Die Zahl der deutschen Siedler, die in Folge der Schwabenzüge
nach Ungarn emigrierten, kann nur grob beziffert werden. Zwischen 10.000 und 15.000 sollen
im Rahmen der ersten großen Auswanderungswelle gen Osten gezogen sein. Zwischen 1763
188
Vgl. HOBEK, Ungarndeutschen, S. 14-18. 189
Vgl. HOBEK, Ungarndeutschen, S. 18f.
89
und 1768 wird die Zahl der Kolonisten auf 25.000 geschätzt, die sich in gut 6.000 Familien
organisierten. Bis 1773 zogen noch einmal gut 19.000 Personen in Richtung pannonischer
Tiefebene. In der letzten großen Migrationswelle des 18. Jahrhunderts fanden erneut ungefähr
22.300 Deutsche ein neues Zuhause. Insgesamt wird die Zahl der Kolonisten auf 100.000 Per-
sonen geschätzt.190
3.1.3. Ungarndeutsche in der Zwischenkriegszeit:
Die Pariser Vorortverträge hatten die donauschwäbische Gemeinschaft auseinander gerissen
und auf das neugegründete Königreich Jugoslawien, Rumänien und Ungarn aufgeteilt, was
bei der deutschen Bevölkerung große Betroffenheit auslöste. Von deutscher Seite wurde ener-
gisch versucht die Teilung rückgängig zu machen, im Falle des Banats kämpfte die Volks-
gruppe für dessen Unantastbarkeit.191
Es wurde am 31. Oktober 1918 eine unabhängige Bana-
ter Republik ausgerufen, die sich trotz guter Absichten nicht halten konnte und mit dem Rück-
tritt ihres Gründers, Otto Roth, Mitte Februar 1919 wieder zusammenbrach. Im Sommer des-
selben Jahres wurde schließlich die Trennung der historischen Region beschlossen. Während
sich die anderen deutschen Volkstumsgruppen vergleichsweise rasch dem rumänischen Staat
anschlossen, nahmen die Banater Schwaben eine reservierte Haltung ein. Im Gegensatz zu
den anderen Gruppen empfanden die Banater eine große Verbundenheit zu Ungarn und waren
auch bereit, sich dem Magyarentum anzupassen. Zudem teilten sich beide Nationalitäten die-
selbe Konfession, ferner grenzte das Banat an das geschlossene ungarische Sprachgebiet, was
einen Verbleib beim Mutterland hätte wahrscheinlich machen können. Die Tendenz zur As-
similierung lag auch im Fehlen eines deutschsprachigen Schulwesens begründet.192
Für jene
Ungarndeutschen, die nach dem Frieden von Trianon bei ihrem Mutterland verbleiben durf-
ten, hatte sich Jakob Bleyer als Leitfigur etabliert. Er stammte aus dem Batschgau und wurde
1874 in eine Bauernfamilie hineingeboren. Zeit seines Lebens war er bemüht, das Deutschtum
zu erhalten und zu fördern, war aber ebenso auf seine ungarische Staatszugehörigkeit stolz. Er
wollte den Mittelweg zwischen totaler Assimilierung und dem fortdauernden Widerstand ge-
gen jede Form der Anpassung gehen. Bleyer war davon überzeugt, dass das ungarische und
deutsche Volk aufeinander angewiesen seien.193
Der Batschgauer wurde nach Kriegsende zum
ungarischen Nationalitätenminister bestimmt und konnte so an der Politik des Landes aktiv
190
Vgl. FISCHER, Geschichte, S. 21. 191
Vgl. HOBEK, Ungarndeutschen, S. 42. 192
Vgl. WILDMANN, Tragödie, S. 232, 243-245. 193
Vgl. WILDMANN, Tragödie, S. 41-43.
90
mitwirken. Er war zudem der Gründer des „Deutsch-Ungarischen-Volksrates, welcher 1918
ins Leben gerufen wurde. Die Organisation hatte sich folgende Ziele gesetzt: Einerseits sollte
eine Einheitlichkeit auf ungarischem Boden geschaffen werden, andererseits bestand man auf
jenen Rechten, die allen anderen Fremdvölkern im neuen ungarischen Staat bereits zugestan-
den wurden. Bleyer forderte keine nationale Autonomie, sondern schlicht kulturelle Privile-
gien, da er das Ungarndeutschtum als Teil der ungarischen Nation verstand. Im November
1918 gründete der Siebenbürger Sachse Rudolf Brandsch den „Deutschen Volksrat für Un-
garn“, der in seinen Forderungen deutlich radikaler und nationalistischer war, als der recht
liberale Volksrat Bleyers. Brandsch forderte das Recht auf Selbstbestimmung und Gleichbe-
rechtigung. Ebenso sollten kulturelle Autonomie und einheitliche Verwaltungsgebiete gesetz-
lich verankert werden. Zudem sollten von Seiten des Staates geistige, wirtschaftliche, politi-
sche und soziale Interessen anerkannt werden. Mit 1. Jänner 1919 wurde der „Zentralaus-
schuss der Deutschen Ungarns“ gegründet, der die einzelnen politischen Parteien der Ungarn-
deutschen unter sich vereinte und die Interessen der einzelnen Siedlungsgebiete vertrat. 1921
erhielten die Ungarndeutschen ihre eigene Zeitung, das „Sonntagsblatt“, welches wiederum
von Jakob Bleyer ins Leben gerufen wurde.194
Dieses gab ihm und seinen Sympathisanten die
Möglichkeit, die Belange des Ungarndeutschtums an die Öffentlichkeit zu tragen, auch wenn
die Stückzahl anfangs noch sehr klein war. Das Wochenblatt war stark katholisch, lehnte sich
an die ungarische Politik an und verteufelte jede Form des Sozialismus. Bereits 1927 wurde es
in über 400 Dörfern gelesen, dennoch blieb die monetäre Situation des Printmediums stets
kritisch.195
In späterer Folge wurden auch noch die „Deutsch-Ungarischen-Heimatblätter“
publiziert, welche ab 1929 erschienen. 1935 wurden sie dann in „Neue Heimatblätter“ umbe-
nannt, 1940 kam eine erneute Namensänderung in „Deutsche Forschungen in Ungarn“. Diese
Schrift beschäftigte sich größtenteils mit der Ansiedelung Deutscher in Ungarn. Bleyer sorgte
sich zudem um den volksdeutschen Bildungssektor und das Deutsche als Muttersprache. Am
3. August 1924 wurde der Ungarländische Deutsche Volksbildungsverein, auch UDV, ge-
gründet. Dieser hatte die Aufgabe die sprachlichen und kulturellen Belange zu fördern und zu
pflegen. Um den Zusammenhalt innerhalb der Volksgruppe zu fördern, wurden Bibliotheken
gegründet, kulturelle Wettbewerbe veranstaltet und neue Bücher vorgestellt. Des Weiteren
wurden von dem Verein Trachten- und Volksfeste organisiert und abgehalten. Die Jugend
begeisterte sich zunehmend für die Festlichkeiten, für die, unter anderem, der Schwabenball
in Budapest zu den jährlichen Höhepunkten gehörte. Der Verein erhielt auch eine steigende
194
Vgl. RÖDER, Ethnisierungsprozesse, S. 70. 195
Vgl. WILDMANN, Tragödie, S. 83f.
91
politische Bedeutung, in seiner Satzung wurde ausdrücklich die Einheit der ungarischen Nati-
on in den Vordergrund gestellt. All seinen guten Absichten zum Trotz war Bleyers gemäßigte
Linie spätestens Anfang der 30er Jahre gescheitert, als der Madjarisierungsdruck stetig zu-
nahm und er auf Unterstützung aus dem Deutschen Reich hoffte.196
Kurz nach Bleyers Tod im
Dezember 1933 kam es zum Bruch innerhalb des UDV, als Franz Basch jene Ungarndeut-
schen kritisierte, die ihren deutschen Namen abgaben und sich magyarisieren ließen. Franz
Basch wurde 1901 in Zürich geboren, sein Vater war Banater Schwabe. Basch arbeite seit
1929 an den Publikationen Bleyers mit, wobei er die Stellung des Schriftleiters innehatte. Die
ungarischen Behörden waren empört über die Aussagen und verurteilten ihn zu mehrmonati-
ger Haft und entzogen ihm seine politischen Rechte für ein Jahr. Dieser Maßnahme erzürnte
aber das gesamte Ungarndeutschtum und machte Basch zum Märtyrer. Nach dem Prozess
spaltete sich der UDV in zwei entgegengesetzte Lager. In der „Volksdeutschen Kamerad-
schaft“ versammelten sich die Basch-treuen Vereinsmitglieder, die fortan den radikalen Flü-
gel bildeten. Die Führer des Volksbildungsvereins stellten die Gruppe der „Gemäßigten“. Die
Radikalen besaßen ähnlich wie der gemäßigte Flügel keine extremen ideologischen Ansich-
ten, lehnten aber das andauernde Eingehen von Kompromissen ab und pflegten zudem einen
persönlicheren Kontakt zum Volk und den Personen vor Ort.197
Am 26. November 1938 ent-
stand aus der Volksdeutschen Kameradschaft der „Volksbund der Deutschen in Ungarn“,
auch als VDU bezeichnet. Er wurde in klarer Konkurrenz zum UDV gegründet, der mittler-
weile von Gustav Glatz geführt wurde. Die radikalen Elemente hatte selbiger aus seinem Ver-
ein verbannt. Der Volksbund forderte die Anerkennung der deutschen Volksgruppe, sowie
deren besonderer Persönlichkeit. Ebenso sollte die rechtliche Stellung der Gemeinschaft an
die der Nachbarstaaten angeglichen werden. Darüber hinaus setzte man sich für den Ausbau
des Erziehungswesens, der Herausgabe von Tages- und Wochenzeitungen sowie der Einrich-
tung von kulturellen Sammlungen ein. Die Gründung von Jugend- Wohlfahrtsorganisationen
gehörte ebenso zu ihrem vorgeschlagenen Programm, wie vollkommene Kontrolle über das
kirchliche Leben. Das beinhaltete ein deutsches Priesterseminar, Religionsunterricht und die
Abhaltung der heiligen Messe in deutscher Sprache. Die ungarische Regierung ließ sich nicht
auf die Forderungen ein und wies das Ansuchen zurück. Nach dem Zweiten Wiener Schieds-
spruch wurde das Volksgruppenprotokoll verabschiedet, welches den Volksbund nun zum
alleinigen Vertreter der Volksgruppe machte. Im Schulwesen konnte der VDU ebenso stark
auftreten. Bis 1944 betrieb man zwei Lehrerbildungsanstalten, sechs Gymnasien, eine Han-
196
Vgl. RÖDER, Ethnisierungsprozesse, S. 71f. 197
Vgl. WILDMANN, Tragödie, S. 129-133.
92
delsschule, neun Bürgerschulen, zwei Landwirtschaftsschulen und fast zwei Dutzend Volks-
schulen. Während des Bestehens des Volksbundes waren knapp ein Drittel der Schulen in
deutschen Lebensräumen muttersprachlich, 59% immerhin noch zweisprachig. Neben dem
Volksbund und den katholischen Jugendverbänden gab es eine stark madjarisierte Mittel-
schicht, deren Mitglieder abfällig als „Madjaronen“ bezeichnet wurden. Ihre Zahl umfasste
zwischen 35.000 und 40.000 Personen, die der Arbeiterschaft oder reichen Bauernfamilien
entstammten und sich dem politisch linken Lager zugehörig fühlten. Dieser Teil der Volks-
gruppe betonte die Nähe und Treue zum ungarischen Staat und verzichtete auf den mutter-
sprachlichen und gemischtsprachlichen Unterricht. Man bezeichnete die Fraktion daher auch
als Treuebewegung. Diese sehr gegenläufigen Bewegungen führten zur iternen Spaltung der
Volksgruppe.198
3.1.4. Demographische Betrachtungen:
Wenn man die zahlenmäßige Größe des Ungarndeutschtums betrachtet, fällt sofort auf, dass
die Volksgruppe seit dem Ende des 19. Jahrhunderts kontinuierlich schrumpfte, einzig die elf
Jahre zwischen 1930 und 1941, ohne Siebenbürgen und das Batschgau gerechnet, waren eini-
germaßen konstant. Die im Feber 1941 durchgeführte Volkszählung ergab knapp eine halbe
Million deutschsprachige Personen, von denen sich gut 300.000 explizit zum Deutschtum
bekannten. An dieser Stelle muss aber erwähnt werden, dass viele Ungarndeutsche davor
Angst hatten, durch ein Bekenntnis zu ihrer Ethnie unter Repressalien seitens der Behörden
leiden zu müssen, so fürchteten viele eine mögliche Aussiedelung. Ebenso war gerade für die
bäuerliche Schicht die gleichzeitige Verwirklichung einer deutschen Volkszugehörigkeit und
der ungarischen Staatszugehörigkeit schwierig zu verwirklichen. Der VDU führte daraufhin
ab 1939 eigene Umfragen durch. Für jene, die keinen Unterschied zwischen Staatszugehörig-
keit und Nationalität sahen, war es augenscheinlich einfach, sich zum Magyarismus zu be-
kennen. Die ungarischen Stellen betrieben darüber hinaus heftige Propaganda. Die Volkszäh-
lung des Volkbundes ergab 1941 knapp 845.281 Personen. Andere Quellen sprechen wiede-
rum von 650.000 am Land lebenden Ungarndeutschen, weitere 50.000 sollen in Städten gelebt
haben. Die deutsche Volksgruppe verteilte sich unter Heranziehung der offiziellen Volkszäh-
lung von 1930 und der des VDU von 1941 wie folgt. Hierbei werden nur die Grenzen von
Trianon-Ungarn herangezogen. In der Schwäbischen Türkei, die die Komitate Barnau, Tolnau
198
Vgl. RÖDER, Ethnisierungsprozesse, S. 72-74.
93
und Schomodei umfasste, lebten laut offiziellen Angaben 171.261 Volksdeutsche. Der VDU
gab bei der eigenen Erhebung elf Jahre später 229.978 Personen an. In der Hauptstadt Un-
garns und dem Umland lebten laut Angaben der Behörden 145.827 Menschen, der VDU da-
gegen kam auf erstaunliche 319.555. Hierzu zählten die Verwaltungskreise Pest, Komorn,
Hont, und Neuburg. Möglicherweise lagen die beiden Ergebnisse hier so besonders weit aus-
einander, da in diesem Gebiet der Madjarisierungsdruck besonders groß war oder die Men-
schen umso mehr fürchteten, durch die Bekennung zum deutschen Volkstum nachteilig be-
handelt zu werden. Womöglich wurde aber auch hier der Unterschied zwischen Nationalität
und Staatszugehörigkeit als besonders klein wahrgenommen. Im ungarischen Teil des Banates
sowie dem nördlichen Batschgau lebten 54.094 Menschen, 68.420 laut VDU. Hierzu zählten
die Bezirke Békés und Batsch-Bodrog. In den Verwaltungsgebieten Wesprim und Stuhlweiß
westlich von Budapest lebten laut Erhebung der Volkszählung 45.082 Deutschungarn, wäh-
rend der Volksbund hier mit 95.977 Personen erneut mehr als doppelt so viele anführt. Im
westlichen Teil Ungarn lebten 55.927, der Volksbund wiederum nennt hier 91.649 Ungarn-
deutsche 11 Jahre später. Am gravierendsten gehen aber die Angaben beim Streudeutschtum
auseinander. Wo in der Volkszählung gerade mal 6.439 Personen registriert wurden, zählte
der Volksbund 43.782 deutschsprachige Ungarn.199
Ein Großteil der Ungarndeutschen waren Landwirte und Bauern, die zur Kultivierung der
verödeten Landstriche von den habsburgischen Herrschern ins Land geholt wurden. So bilde-
ten sich hauptsächlich kleine und mittelgroße Höfe aus, wie bei einer Zählung im Jahre 1920
festgestellt wurde. Insgesamt bewirtschafteten die Volksdeutschen 203.949 Güter, wobei 85%
oder 170.304 Bauernhöfe eine maximale Größe von 11,5ha aufwiesen. 28.716 Betriebe be-
wegten sich in dem Bereich von bis zu 29ha. Knapp 4.000 Höfe bewirtschafteten bis zu 57ha.
In ganz Trianon-Ungarn gab es keine tausend Betriebe, deren Nutzfläche größer war. 741
Höfe wiesen eine Maximalgröße von 115ha auf. Die verbleibenden 241 Betriebe wiesen eine
Mindestgröße von 115ha auf und waren in ihrer Größe nach oben hin unbeschränkt. Der An-
teil an deutschen Großindustriellen und Personen im Großhandel lag unter dem landesweiten
Durchschnitt, da die Ungarndeutschen kaum in die großen Städte zogen, wo man die Posten
hätte bekleiden können. Im Gegensatz dazu hatte das Deutschtum eine große Schicht an Intel-
lektuellen, die vorrangig dem Lehrberuf, Klerus, der Wissenschaft, der Kunst und Politik ent-
stammten oder einen medizinischen Beruf ergriffen hatten. Gerade aber jene in den Städten
ansässige Bildungsschicht, sah sich dem Anpassungsdruck am stärksten ausgesetzt, weshalb
199
Vgl. WILDMANN, Tragödie, S. 26-31.
94
diese dann vermehrt als Zugehörigkeit „ungarisch“ angab. Magyarisch galt ferner als Sprache
der Gebildeten, deren Beherrschung für den sozialen Aufstieg unabdingbar war. Der Ge-
brauch des Schwäbischen beschränkte sich dann auf zu Hause, grundsätzlich wurde ohnehin
eher in ländlichen Gegenden deutsch gesprochen. Die Hinwendung zum Ungarischen sollte
die Abkehr vom traditionellen dörflichen Milieu unterstreichen. Zudem waren viele Eltern
bemüht ihre Kinder auch die ungarische Sprache zu lehren, um ihnen alle beruflichen Chan-
cen zu ermöglichen. Bei der offiziellen Volkszählung im Jahr 1930 wurde auch die Religions-
zugehörigkeit bestimmt. Fast 82% der Ungarndeutschen waren römisch-katholisch, gut 14%
evangelisch, 1,5% reformiert, immerhin 2,1% jüdischen Glaubens. Die verbleibenden 0,2%
verteilten sich auf andere Religionen bzw. Konfessionen. Die Verteilung bezieht sich auf die
478.630 Personen, die als Volksdeutsche bei der Zählung ermittelt wurden.200
Nach dem
Krieg gegen Jugoslawien und der Okkupation der Batschgau und der restlichen Barnau um-
fasste die Volksgruppe nach eigenen Angaben 1,05 Millionen Menschen. Der Kulturbund gab
an, 95% der Deutschen in den neuen Gebiete erfasst zu haben, im Batschgau waren dies
185.766 Personen in über 50.000 Familien.201
Die Deutschen des Batschgaus stellten in 36
von 110 Gemeinden insgesamt die absolute Mehrheit, in vier weiteren immerhin noch die
relative. Ferner war sie die zweitgrößte Minderheit in dem Gebiet. In der südlichen Barnau
lebten 15.751 Menschen, die in 7 Ortschaften die absolute Überzahl hatten und ein Drittel der
Gesamtbevölkerung in diesem Gebiet ausmachten.202
3.1.5. Zweiter Wiener Schiedsspruch und das Volksgruppenprotokoll:
Deutschland war an einem friedlichen und stabilen Balkan interessiert, der allerdings zuse-
hends durch Spannungen zwischen Ungarn und Rumänien, auf Grund von Grenzstreitigkeiten
zwischen den beiden Nachbarstaaten, gefährdet wurde. Ungarn sah seine Chance im Sommer
des Jahres 1940 gekommen, die Gebietsverluste aus dem Ersten Weltkrieg rückgängig zu ma-
chen, indem man dem verhassten Nachbarn Rumänien in einer Phase besonderer Schwäche
den Krieg erklärte. Rumänien hatte schließlich zuvor bereits große Gebiete an die Sowjetuni-
on abtreten müssen und war dadurch sichtlich geschwächt worden. In aller letzter Sekunde
intervenierte Hitler und verhinderte somit einen bewaffneten Konflikt. Um die Fronten zu
klären wurde am 30. August in Wien eine Konferenz einberufen, bei der eine deutsch-
200
Vgl. WILDMANN, Tragödie, S. 32-35. 201
Vgl. WILDMANN, Tragödie, S. 169. 202
Vgl. WEHLER, Nationalitätenpolitik, S. 15.
95
italienische Kommission eine Lösung zwischen den beiden Parteien finden sollte. Der soge-
nannte Zweite Wiener Schiedsspruch diktierte die neue Grenze zwischen Ungarn und Rumä-
nien, wobei Siebenbürgen in zwei Hälften geteilt wurde. Der nördliche Teil wurde Ungarn
zugesprochen, der südliche verblieb bei Rumänien. Auch wenn die neue Grenze einen Krieg
schlussendlich verhinderte, stellte die Regelung keine der beiden Seiten wirklich zufrieden.
So kam es an der Grenze immer wieder zu kleineren Schießereien und Scharmützeln.203
Das
an Ungarn abgetretene Gebiet umfasste eine Fläche von 42.243km² wurde von 2,6 Millionen
Menschen bewohnt, von denen ungefähr die Hälfte zur rumänischen und 37% zur ungarischen
Bevölkerungsgruppe gehörten. Mit einem Bevölkerungsanteil von knapp 3% respektive
70.000 Personen, war nicht einmal jeder zwanzigste Einwohner deutscher Abstammung. Den
ganzen Krieg über blieb für die rumänische Führung die Rückgewinnung der Region eine der
Hauptprioritäten.204
Der Vertrag regelte in einem Zusatzprotokoll das Schicksal der deutschen Minderheit. Hitler
wünschte den größtmöglichen Schutz für die Volksgruppe und gedachte mit der Regelung die
Madjarisierungsbemühungen unterbinden zu können. Zwei zentrale Punkte sollen hier beson-
ders hervorgehoben werden: Der VDU hatte als neuer alleiniger Beauftragter der Volksgruppe
das Recht zu entscheiden, welche Personen zum Deutschtum zählten und welche nicht. Ferner
wurde in dem Schreiben festgehalten, dass den Angehörigen der Gemeinschaft durch ihre
Sprache, Abstammung und nationalsozialistische Weltanschauung nicht in irgendeiner Weise
Nachteile erwachsen durften. Die in diesem Bereich empfindlichen Ungarn wurden durch den
Schritt gekränkt und sabotierten die Bestimmung fortan, wo sie nur konnten. Auch ihre Wich-
tigkeit und Bedeutung wurde von der Politik herunter gespielt. Dr. Basch wurde kurz nach
Abschluss nach Berlin zitiert und mit der Eingliederung der Volksgruppe in den VDU beauf-
tragt. Zusätzlich sollten Unterorganisationen entstehen, die unter anderem die Bereiche Sport,
Jugend und Frauen abdeckten. Viele der ursprünglich vom Dritten Reich geplanten Aktionen
wurden niemals umgesetzt.205
Darüber hinaus konnte Berlin die Wiederannahme des vormali-
gen deutschen Nachnamens durchsetzen. Zusätzlich dazu wurde den Volksdeutschen das
Recht auf Kontakt mit dem Mutterland zugesichert, was vor allem auf kulturellem Gebiet
geschehen sollte.206
203
Vgl. MÜLLER, Seite, S. 38f, 55. 204
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 119. 205
Vgl. WILDMANN, Tragödie, S. 164f. 206
Vgl. RÖDER, Ethnisierungsprozesse, S. 73.
96
3.1.6: Die neuen Ungarndeutschen: Barnau, Batschgau und Siebenbürgen:
Die Sathmarer Schwaben und Bistritzer Sachsen, deutschsprachige Siedlungsgruppen in
Nordsiebenbürgen, waren durch die Vorarbeit bereits straff nationalsozialistisch organisiert
und von der Ideologie durchdrungen. Viel wichtiger für das Ungarndeutschtum war aber die
gut vernetzte Schicht an Intellektuellen, die auf diese Weise in die Minderheit eingebracht
wurden. So zogen die neuen Ungarn schnell in die verschiedenen Organisationen ein und
stellten dort die Führungspersönlichkeiten. Basch musste aber die Siebenbürger überzeugen,
dass Hakenkreuzfahnen, Armbinden und der Hitler-Gruß in Ungarn nicht erlaubt waren. Nach
anfänglichem Widerstand erhielten die Sathmarer schließlich ihren Vertreter im ungarischen
Parlament, der dann auch der Beauftragte des VDU war, die zweite und dritte Massenrekrutie-
rung zu leiten.207
Durch den antideutschen Regierungsumschwung Jugoslawiens im Frühjahr 1941 sah sich
Hitler gezwungen am Balkan einzugreifen, das Land zu erobern und die feindlichen Machen-
schaften zu zerschlagen. Ungarn diente bei dem Feldzug als Aufmarschgebiet, war aber an-
fangs noch zögerlich gegen das befreundete Südslawien zu marschieren. Der Führer aber
lockte die Ungarn mit der Zusage, Teile ihrer, nach dem Ersten Weltkrieg verlorenen Gebiete,
zurückzubekommen, was die Zweifler verstummen ließ. So sollten sie das Batschgau und den
südlichen Zipfel der Barnau erhalten. Dennoch fürchteten die Ungarn die mögliche Errichtung
eines donauschwäbischen „Prinz-Eugen-Staates“, der sich von Fünfkirchen bis Temeschwar
erstrecken könnte, was aber letztlich ein Hirngespinst blieb. Mit der Okkupation der Gebiete
traten unmittelbar die ersten Schwierigkeiten auf. Die ehemaligen Jugoslawiendeutschen wa-
ren durch ihre vormalige Führung, dem Schwäbisch-Deutschen-Kulturbund, der 1939 von der
Erneuerungsbewegung erfasst wurde, gemäßigt nationalsozialistisch ausgerichtet. Zudem
missfiel dem Großteil die schikanöse Behandlung durch ungarische Behörden. So regte sich
großes Missfallen als Dr. Basch versuchte, die neuen Ungarndeutschen ebenso eng an die
heimische Politik zu binden. Sepp Spreitzer, Vorsitzender des Kulturbundes, verweigerte
anfangs, sich dem VDU anzuschließen. Nach einigem Verhandeln wurde der Kulturbund und
somit die Volksgruppe dem VDU offiziell unterstellt. Der Leiter des VDU besuchte daraufhin
die größten Gemeinden der Region und konnte die neu aufgestellten nationalsozialistischen
Organisationen, wie die Deutsche Mannschaft, Jugend oder Frauenschaft in Aktion erleben.208
Mit dem Einmarsch der Honvéd im April 1941 begann auch eine Phase des Völkermordes
207
Vgl. WILDMANN, Tragödie, S. 165f. 208
Vgl. WILDMANN, Tragödie, S. 166-168.
97
und der massenhaften Vertreibung der hauptsächlich serbischen Zivilbevölkerung. Mitunter
kam es auch zu Vorfällen von Gewalt gegen Donauschwaben, die gerade die Beziehung der
jungen Generation zum neuen Mutterland von Beginn an schwer belastete, viele ältere Perso-
nen begrüßten hingegen die Annexion, da man noch in den Erinnerungen an die Habsburger-
monarchie schwelgte. Mit der Eingliederung der Volksgruppe in den VDU erfolgte auch eine
schrittweise Gleichschaltung und Anpassung an die Situation der Deutschen weiter nördlich.
Im Gegensatz zu den Banater Schwaben oder den Kroatiendeutschen wurde dem Deutschtum
in der Batschgau nie die Stellung einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft zugestanden. Am
15. Mai 1943 wurde der Volksgruppe von der ungarischen Regierung das Recht zur Schul-
gründung zugesprochen.209
3.2. Illegale Rekrutierung der Ungarndeutschen:
Ebenso wie die rumänische Regierung, waren auch die ungarischen Entscheidungsträger we-
nig begeistert davon, dass Ungarndeutsche in die SS eintreten sollten. Auf Himmlers Vor-
schlag sollten taugliche Rekruten unter dem Deckmantel eines „Sportlehrgangs“ außer Landes
geschafft werden. Der Volksbund der Deutschen in Ungarn organisierte eine erste 500-Mann-
Aktion. Ärzte des VDU musterten heimlich ungefähr 500 Personen, die dann teilweise illegal
über die Grenze geschmuggelt wurden, da die wenigsten über eine Ausreiseerlaubnis verfüg-
ten. Die jungen Burschen wurden nach Wien gebracht und im Anschluss in einem Lager bei
Brünn ausgebildet. Erst bei der Vereidigung auf Hitler wurde den Volksdeutschen klar, dass
man sie irregeführt hatte und sie unter falschem Vorwand ins Deutsche Reich gelockt hatte.
Sie wurden dann geschlossen bei der 6. SS-Division im verbündeten Finnland eingesetzt. Ei-
nige, die den Schwur verweigerten, konnten unter heftigen Protesten der Eltern und unzähli-
gen Schikanen wieder in die Heimat zurückkehren. Der VDU verweigerte bei Anfragen der
Angehörigen jedwede Hilfestellung mit der Begründung, dass die Meldung freiwillig und
vorsätzlich erfolgt sei. Im Komitat Barnau wurden 287 Personen vor eine Kommission gela-
den, wobei 165 Männer für tauglich befunden wurden. Diese wurden dann nach Deutschland
transportiert. Ungarndeutsche aus dem Kreis Mohatsch wurden per LKW nach Wien ge-
bracht, wo sie sich entscheiden konnten, entweder der Wehrmacht oder Waffen-SS beizutre-
ten. Die meisten Ungarndeutschen verweigerten den Eintritt in eine der beiden Organisationen
und wurden anschließend in ein Internierungslager gebracht. Die Männer wurden danach zu-
209
Vgl. WEHLER, Nationalitätenpolitik, S. 50f.
98
erst nach Belgrad und später nach Esseg gebracht, wo man sie wieder in die Freiheit entließ.
VDU-Männer besuchten die Heimkehrer bald nach deren Ankunft und stellten deren Ver-
schwiegenheit und Stillschweigen in der Causa sicher.210
Die Rückkehrer wurden vom unga-
rischen Staat zusätzlich noch wegen Verletzung der Militärpflicht und unerlaubtem Grenz-
übertritt verurteilt. Die Volksgruppenführung behauptete während des gesamten Zwischen-
falls, nichts von etwaigen Rekrutierungen gewusst zu haben. Das Auswertige Amt und die
Volksdeutsche Mittelstelle trafen Vorkehrungen, dass es zu keinen weiteren SS-Anwerbungen
kommen konnte.211
3.3. Erste Massenrekrutierung:
Insgesamt gab es drei, voneinander unabhängige Rekrutierungswellen, die in den Jahren
1942, 1943 und 1944 durchgeführt wurden. Während die ersten beiden Aufrufe freiwillig wa-
ren, so wurde die letzte Anwerbung als verpflichtend gehandelt. Die folgenden Kapitel sollen
den Hergang dieser Werbungen nachzeichnen, das für und wider des Beitritts erörtern und
abschließend die jeweiligen Ergebnisse untersuchen.212
3.3.1 Weg zur ersten Massenrekrutierung:
Anfang 1942 äußerte der deutsche Außenminister erstmals gegenüber Ungarn, dass die Füh-
rung des Reiches eine Massenrekrutierung von deutschsprachigen Ungarn beabsichtige. So
sollten 20.000 Mann aus der Volksgruppe in den Dienst des deutschen Militärs gestellt wer-
den. Die Regierung stimmte nach anfänglichem Zögern dem Ansuchen zu.213
Der deutsche
Generalstabschef Wilhelm Keitel verhandelte im Jänner mit den Ungarn und betonte, dass die
zur Verfügung gestellten Rekruten als ungarische Kriegsanstrengungen gegen die Sowjetuni-
on gewertet würden. Die Ungarn waren sich zudem bewusst, dass das Dritte Reich der einzige
Grund für den Erhalt Nordsiebenbürgens war, sollte man den deutschen Schutz verlieren,
konnte dies leicht mit einer erneuten Grenzverschiebung enden. Die SS stand nach den hohen
Verlusten an der Ostfront ebenso unter Zugzwang. Allein vom Beginn der Operation Barba-
rossa, am 22. Juni 1941, bis Ende November desselben Jahres hatte die Waffen-SS 13.037
210
Vgl. FÜZES, Truppenersatz, S. 17-19. 211
Vgl. WILDMANN, Tragödie, S. 179f. 212
Vgl. WILDMANN, Tragödie, S. 179-186. 213
Vgl. FÜZES, Truppenersatz, S. 20.
99
Tote zu beklagen, bei insgesamt gut 36.000 Gesamtausfällen.214
Die ungarischen Machthaber
erkannten in der Aktion ferner die Gelegenheit die Volksgruppe zu schwächen und unter-
zeichneten ein zwischenstaatliches Abkommen mit Nazideutschland, das eine Anwerbung
erlaubte und den SS-Rekruten die ungarische Staatsbürgerschaft entzog.215
Am 24.2. trat das
Papier dann in Kraft.216
Der Vertrag sah zudem vor, dass die Abwicklung Sache des VDU
sein sollte. Die Musterungen wurden im Beisein von deutschen Militärs durchgeführt und
organisiert, ein ungarischer Beauftragter wurde aber jeder Kommission angeschlossen. Ferner
wurden die Kosten für die Durchführung vom Deutschen Reich gedeckt. Darüber hinaus war
es den Deutschen untersagt im Werben um Freiwillige, Propaganda gegen die Honvéd-Armee
oder den ungarischen Staat an sich zu betreiben. Die Gemusterten durften innerhalb des unga-
rischen Staatsgebietes auch zu keinen Diensten oder Verpflichtungen herangezogen werden
und durften sich während ihres Fronturlaubes nur in Zivilkleidung in ihrem Heimatland auf-
halten. Den Angehörigen wurde, ähnlich wie in Rumänien, monetäre Unterstützung zugesagt.
Im Gegenzug verpflichtete sich Ungarn, dass die potenziell untauglichen Freiwilligen nicht
unter wirtschaftlicher oder politischer Diskriminierung zu leiden hätten. Die Sicherstellung
der Angehörigenunterstützung war ähnlich wie beim östlichen Nachbarn schwierig zu be-
werkstelligen, da sich die ungarische Regierung weigerte die Geldbeträge zu überweisen. Die
Situation der illegal ausgewanderten Volksdeutschen konnte mit diesem Vertag aber nicht
restlos geklärt werden. Ungarn verzichtete zwar darauf, diese als Deserteure zu bewerten,
behielt sich aber spätere strafrechtliche Maßnahmen vor.217
Die ersten Werbungsaktionen begannen bereits am 5. Feber in Budapest, als symbolische
Geste meldeten sich Funktionäre des VDU zur SS. Die Propaganda wurde dabei zentral vom
Volksbund gesteuert. Die Hauptargumente für den Eintritt zur Schutzstaffel waren, dass die
Volkdeutschen ohnehin eingezogen, in der Armee ihres Heimatlandes aber schlechter behan-
delt werden würden als bei den Deutschen, die die Volksgruppe wiederum, so die vorherr-
schende Meinung, sehr schätzten. Auch wurde mit dem Argument geworben, dass die Solda-
ten bei der SS nur zu Sicherungsaufgaben in den besetzten Gebieten herangezogen werden
würden, anstatt wie bei der Honvéd direkt an die Front zu kommen. Sollten diese Vorzüge die
Betreffenden noch nicht überzeugt haben, warben die Deutschen mit dem höheren Sold und
einer besseren Familienunterstützung. Jeder Rekrut erhielt 120 Pengö, von denen die Hälfte in
die Heimat geschickt werden durften, darüber hinaus bekam die Ehefrau gesondert 50 Pengö,
214
Vgl. WILDMANN, Tragödie, 180f. 215
Vgl. MICHAELIS, Volksdeutschen, S. 49. 216
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 120. 217
Vgl. FÜZES, Truppenersatz, S. 20f.
100
sowie für jedes Kind weitere 10. Selbst die Eltern des Rekruten sollten mit 30 Pengö entschä-
digt werden. Der Verlust der Staatsbürgerschaft bereitete vielen Ungarndeutschen große Sor-
ge. Um die Zweifler zu beruhigen, wurden die vielfältigsten Versprechungen abgegeben. So
hätten die Soldaten nach ihrer aktiven Dienstzeit in Deutschland eine Stelle als Polizist an-
nehmen oder in ihre Heimat zurückkehren können. Sollten sie sich für letzteres entscheiden,
so hätte man ihnen Grundbesitz zugewiesen oder im vorher von jüdischem Einfluss gesäuber-
ten Handelssektor eine Stelle geschaffen. Auch gab es Pläne von großangelegten Umsiede-
lungen oder der Angliederung ungarischen Territoriums an das Reich. Der Verlust der Staats-
bürgerschaft wurde den Freiwilligen allerdings erst nach Eintritt in die SS offenbart, was bei
den angehenden Soldaten großen Unmut auslöste. Der VDU reagierte daraufhin mit psychi-
schem und physischem Terror, um die Rekruten wieder auf Linie zu bringen.218
3.3.2. Rekrutierungen in Nordsiebenbürgen:
Durch den Zweiten Wiener Schiedsspruch kam der nördliche Teil Siebenbürgens zu Ungarn,
der im September 1940 von 2,6 Millionen Menschen bevölkert war. Die Zahl der Deutschen
in diesem Gebiet betrug immerhin noch 70.000 Personen. Das Verhältnis der Sachsen zum
VDU, dem die deutsche Bevölkerung ab sofort als Region Nordsiebenbürgen angehörte, blieb
über den gesamten Zeitraum der Unterstellung unterkühlt. Sollte sich der eine oder andere
Volksdeutsche die Hoffnung gemacht haben, dass durch die Neuziehung der Staatsgrenze
mehr Freiheiten entstünden, wurde er gleich zu Beginn herb enttäuscht. Ähnlich wie Bukarest,
verfolgte auch Budapest eine klare Linie zugunsten des eigenen Volkes. Die Nutzung der
deutschen Sprache wurde eingeschränkt und die teils innigen Beziehungen zwischen Rumä-
nen und Deutschen wurden mit Argusaugen überwacht. Zudem wurden in mehrheitlich deut-
schen Städten nun verstärkt Ungarn angesiedelt, wie es Rumänien zuvor schon mit den eige-
nen Landsleuten gemacht hatte. Teilweise kam es sogar von staatlicher Seite zu Enteignungen
deutscher Grundbesitzer. Hitler räumte den Volksdeutschen zwar die Möglichkeit ein ins
Deutsche Reich umgesiedelt zu werden, hielt sich aber ab Mitte des Jahres 1942 nicht mehr
an die Abmachung, was Teile der Bevölkerung veranlasste, in den südlichen Teil Siebenbür-
gens auszuwandern. Die Zahl der tatsächlichen Umsiedler war sehr gering, unter ihnen fanden
sich aber ungefähr 60 Offiziere und Unterführer aus der rumänischen Armee, die gemeinsam
mit ihren Familien nach Deutschland emigrierten. Ein Eintritt in die Honvéd-Armee war für
218
Vgl. FÜZES, Truppenersatz, S. 21f.
101
die höheren Militärs keine Option, da sie womöglich gegen ihre vormaligen Kameraden hät-
ten kämpfen müssen oder als Teilnehmer auf Seiten Rumäniens im rumänisch-ungarischen
Grenzkrieges von 1919 unter Repressalien hätten leiden müssen. Wären die Betroffenen al-
lerdings in die rumänische Armee eingetreten, hätten sie ihre Heimat verlassen müssen und es
bestand die Gefahr niemals mehr zurückkehren zu können. Deutschland hingegen bot nicht
nur ein gesichertes Umfeld, sondern ermöglichte den Männern, in eine weit professionellere
Streitmacht einzutreten, auch wenn das oft bedeutete, dass man sich mit einem niedrigeren
militärischen Rang zufrieden geben musste.219
Als prominentes Beispiel wäre hier der Sie-
benbürger Sachse Artur Phleps zu nennen. Der spätere Kommandeur der 7.SS-Freiwilligen-
Division „Prinz Eugen“ diente zuerst in der k.u.k. Armee, nach Ende des Ersten Weltkriegs
trat er, bedingt durch die Grenzverschiebungen, den Streitkräften Rumäniens bei. Bei dem
Feldzug gegen die ungarische Räterepublik konnte sich der Sachse durch besondere Leistun-
gen hervortun und schaffte in weiterer Folge den Sprung in die höchsten Kommandoebenen.
Trotz seines Generalsranges wurde er beim freiwilligen Eintritt in die Waffen-SS 1941 nur als
Oberst übernommen. Phleps war auf Grund seiner deutschen Abstammung während seiner
gesamten Dienstzeit in Rumänien anhaltender Diskriminierung und Benachteiligung ausge-
setzt, seine vorbildliche Arbeit konnte diesen Umstand nicht verhindern. Das erstarkende
deutsche Militär bot ihm und vielen anderen die Möglichkeit sich dem Chauvinismus der Bal-
kanstaaten zu entziehen.220
3.3.3. Ergebnis der ersten Massenrekrutierung:
Auch wenn sich bei weiten nicht alle Ungarndeutschen beim ersten Aufruf gemeldet hatten,
so konnte die SS doch bis Anfang April gut 17.000 Mann mobilisieren. Das würde bedeuten,
dass man innerhalb von ungefähr 6 Wochen nach Vertragsabschluss, eine komplette Division
hätte aufstellen können.221
Insgesamt wurden 25.709 Ungarndeutsche gemustert, von denen
exakt 17.860 Personen für tauglich empfunden wurden. 7.566 bekamen die höchste Eignung,
SS kaderverwendungsfähig, attestiert, die restlichen 10.294 kaderverwendungsfähig Heer.
Das Batschgau stellte die meisten Freiwilligen mit 12.868 Personen, gefolgt von der Schwäbi-
schen Türkei mit 3.540 Meldungen. Wenn man die Zahl der abgewiesenen und tauglichen
Rekruten untersucht, fällt auf, dass nur in zwei Musterungsregionen die Zahl der Untaugli-
219
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 119f. 220
Vgl. KALTENEGGER, Totenkopf, S. 96-102. 221
Vgl. FÜZES, Truppenersatz, S. 22.
102
chen nicht die Zahl der Rekruten mit höchster Tauglichkeit überschreitet, diese sind das
Batschgau und die Schwäbische Türkei. Westungarische Freiwillige schnitten besonders
schlecht ab, fast die Hälfte der Gemusterten wurde zurückgewiesen, gerade einmal jeder
neunte erhielt die Einstufung SS kaderverwendungsfähig. Ähnlich wie bei der SS-Aktion in
Rumänien ein Jahr später, wurde der Großteil der Anwärter der Schutzstaffel zugewiesen, die
beiden Tauglichkeitsstufen entschieden nur, ob man einer Stammdivision wie der „Leibstand-
arte“ oder einem weniger „prominenten“ Verband wie der „Prinz Eugen“ zugeteilt wurde.
Diese Entscheidung war auf den Elitecharakter der SS zurückzuführen, die in ihren besten
Verbänden nur die besten Soldaten sehen wollte.222
Wenn man sich die Zahl der Tauglichen
genauer ansieht, fällt auf, dass gut 2/3 der Rekruten aus den neugewonnenen ungarischen Ge-
bieten kamen, Batschgau 52,7%, Buchenwald 3,5% und Nordsiebenbürgen 9,6%, das Ver-
hältnis bei den Meldungen verhält sich mit geringen Änderungen sehr ähnlich.223
Zusammen
mit dem Kreis Buchenwald stellte der nördliche Teil Siebenbürgens fast jeden fünften Rekru-
ten, was bei einer Gesamtzahl von 850.000 Ungarndeutschen mit den Grenzen von 1942 pro-
portional recht hoch ist. Die Begeisterung für die Waffen-SS ist auf die schlechten Erfahrun-
gen mit dem ungarischen Staat zurückzuführen. Laut Ermittlungen der Volksdeutschen Mit-
telstelle zeigte der Aufruf bei den ärmsten sozialen Schichten am meisten Wirkung. Ob bei
der Rekrutierung Gewaltanwendung als probates Mittel galt, lässt sich im Nachhinein nicht
mehr feststellen. Allerdings gab es von deutscher Seite Beschwerde an Gottlob Berger, in der
der ungarische Ersatz kritisiert wurde. Viele der Männer seien untauglich und zahlreiche Be-
schwerden der Verwandten über fragwürdige und brutale Anwerbungsmethoden seien einge-
gangen.224
In einem Dorf im Komitat Barnau veranstaltete die Ortsgruppe des Volksbundes
eine Abschiedsfeier für die Freiwilligen vor einem Kriegsdenkmal. Nach dem Gottesdienst
verlas einer der SS-Rekruten ein Gedicht, es wurde die ungarische Nationalhymne gesungen
und ein Funktionär des Volksbundes verabschiedete die Freiwilligen mit einer Festrede. Die
Feierlichkeiten klangen mit dem Singen deutscher patriotischer Lieder aus. Am 3. Mai hatten
bereits 16.527 Personen das Land in Zügen Richtung Deutschland verlassen.225
222
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 121. 223
Vgl. FÜZES, Truppenersatz, S. 22. 224
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 121f. 225
Vgl. FÜZES, Truppenersatz, S. 22.
103
3.3.4. Motivation der Rekruten:
In den Gebieten, die nach dem erfolgreichen Feldzug gegen Jugoslawien, dem ungarischen
Staat angeschlossen wurden, war der Druck der Schutzstaffel beizutreten, besonders groß.
Nicht nur der VDU, sondern auch die deutsche Bevölkerung selbst übte massiven Einfluss auf
die Wehrfähigen aus. Jene, die sich der Musterungskommission nicht stellen wollten, flohen
vorübergehend in die nächstgelegene Ortschaft oder tauchten bei den nichtdeutschen Nationa-
litäten der Region unter. Grundsätzlich ließen sich die SS-Rekruten in drei unterschiedliche
Kategorien einteilen. Die erste Gruppe bildeten die ideologisch motivierten Freiwilligen, die
mit Überzeugung eintraten und gedachten ihre Pflicht für ihr Vaterland zu tun. Auch waren
sie überzeugt, dass das Schicksal ihrer Heimat und der Volksgruppe eng mit dem Deutsch-
lands verwoben sei. Für diese Männer führte kein Weg am SS-Beitritt vorbei. Die zweite Ka-
tegorie an Freiwilligen bildeten Personen, die eher aus Kalkül denn ideologischer Überzeu-
gung eintraten. Sie fürchteten die schlechte und diskriminierende Behandlung in der Honvéd
und wollten dieser unter allen Umständen entgehen. Vom Eintritt in das deutsche Militär er-
hofften sie sich eine bessere Behandlung während des Dienstes, bessere Besoldung und eine
gesicherte Unterstützung für die Angehörigen zu Hause. Zudem gab die allgemein bessere
Ausrüstung, fortschrittlichere Ausbildung und Bewaffnung einen Ausschlag. Viele bevorzug-
ten auch Deutsch als Kommandosprache. Die Männer warfen der Honvéd ferner vor, sie ge-
gebenenfalls als Kanonenfutter zu verheizen oder als menschliche Schutzschilde zu missbrau-
chen, um den Verlust an madjarischem Blut möglichst gering zu halten. Die letzte Sparte bil-
deten die mehr oder minder Freiwilligen, die durch Überredungskunst bzw. sozialen oder ge-
sellschaftlichen Druck eintraten. Manche waren sich auch einfach der Tatsache bewusst, dass
sie letztendlich nicht um den Militärdienst herumkämen. Im Batschgau war die Deutsche
Mannschaft federführend beim Zusammentreiben von jungen mitunter unwilligen Männern,
um diese dann vor eine Rekrutierungskommission zu schleifen.226
3.4. Zweite Massenrekrutierung:
Kurz darauf bestand das Deutsche Reich auf eine erneute Massenrekrutierung. So sollten die
zuvor zugestandenen Limits auf 30.000 Rekruten erhöht werden. Die ungarische Regierung
erklärte sich am 12.7.1942 bereit den Forderungen nachzukommen, die Bedingungen für eine
erneute Anwerbung sollten denen der ersten Einziehung gleichen. Ein Problem stellte aller-
226
Vgl. WILDMANN, Tragödie, S. 181f.
104
dings die Sicherstellung der geforderten Anzahl dar. Es fehlte einerseits an tauglichen Perso-
nen, andererseits mangelte es an der Bereitschaft der Bevölkerung diesen Entschluss entspre-
chend mitzutragen. Ohne Miteinbeziehung der Soldaten der ungarischen Armee hätten bloß
5.000 Mann zusätzlich rekrutiert werden können. Die ablehnende Haltung der Ungarndeut-
schen resultierte aus dem Umstand, dass von Deutschland Eingezogene sowie deren Angehö-
rigen vom ungarischen Staat allesamt wie Ausländer behandelt wurden, wenn es um die Be-
reitstellung von Sozialleistungen ging. Deutschland versuchte den Status der eingerückten
Ungarndeutschen durch diplomatischen Druck zu verändern, so hätten jene Personen als Ab-
kommandierte gelten sollen. Wie auch schon in Rumänien funktionierte die Ausbezahlung der
Angehörigenunterstützung nicht reibungslos und die Ungarndeutschen wurden von ihren
Reichsdeutschen Ausbildnern beschimpft und als minderwertig bezeichnet. Der genaue Ab-
lauf konnte aber erst bei einer Unterredung zwischen Hitler und Reichsverweser Horthy im
April 1943 geklärt werden. Der Admiral stimmte der Entlassung aller Volksdeutschen zu, die
in der ungarischen Armee dienten. Im April waren 112.000 deutschsprachige Soldaten in den
Registern geführt, unter ihnen 1.343 Offiziere und 75.390 Mannschaften, die die Grundaus-
bildung bereits abgeschlossen hatten. Um dieses Zugeständnis zu erreichen verpflichtete sich
Hitler die Angehörigen der Freiwilligen nach dem Krieg in das Reichsgebiet umzusiedeln.
Die Umsiedelungspläne wurden sowohl von reichsdeutscher Seite, als auch vom Volksbund
bewusst unterschlagen, um nicht die Eintrittsbereitschaft der Bevölkerung in das deutsche
Militär weiter zu schmälern.227
Der zweite Vertrag zur Massenrekrutierung wurde am 11. Mai
unterzeichnet und trat am 1. Juli 1943 dann schließlich in Kraft.228
3.4.1. Durchführung, Motivation zum Eintritt und Ergebnisse:
Der VDU sollte wie auch beim ersten Mal wieder federführend bei der Anwerbung der Män-
ner sein. Es wurden männliche Volksdeutsche der Jahrgänge 1908 bis 1925 gesucht, die sich
ausschließlich freiwillig melden durften. Bei den Musterungskommissionen waren wiederum
ungarische Vertreter zugegen. Mit Unterzeichnung des Eintrittsdokuments und der Übergabe
an deutsche Militärbehörden erlosch die ungarische Staatsbürgerschaft, die Angehörigen wie-
derum blieben aber im Besitz ihrer bisherigen Ansprüche und Befugnisse. Die Familien der
SS-Männer hätten ihre Staatszugehörigkeit nur verloren, wenn sie über das reichsdeutsche
Staatsbürgerschaftsgesetz eingebürgert worden wären. Den Ungarn lagen aber keine diesbe-
227
Vgl. FÜZES, Truppenersatz, S. 23f. 228
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 120.
105
züglichen Dokumente vor. Jede Form von Gewaltanwendung war untersagt, ebenso sollten
nicht vertragskonforme Tätigkeiten sofort gemeldet werden, um einen möglichst reibungslo-
sen Ablauf zu garantieren. Ferner sollte Gegenpropaganda unterbunden werden, vor allem
wenn diese im Zuge von Versammlungen vorgetragen wurde. Es kam im Zeitraum der An-
werbungen zu Fällen, in denen sich Personen ohne deutschen Namen sowie entsprechende
Sprachkenntnisse bei den deutschen Streitkräften meldeten. Das Innenministerium entschied,
diesen Personen eine Aufnahme zu gestatten, um Konflikte zu vermeiden, sofern der formelle
Rahmen eingehalten wurde. Die Rekrutierungen dauerten bis zum 8. Feber 1944, wobei unge-
fähr 20.000 Männer für die SS mobilisiert werden konnten. Am 7. September 1943 verließ der
erste Transport das ungarische Hoheitsgebiet in Richtung Drittes Reich. Die ungarndeutschen
Rekruten dieser zweiten Massenanwerbung meldeten sich nicht aus Überzeugung, sondern
meist aus einer persönlichen Notlage heraus. Die größte Anziehungskraft übte das Unterfan-
gen auf Söhne armer Familien aus. Die durchwegs gute Bezahlung stellte für Freiwillige unte-
rer Gesellschaftsschichten einen besonderen Anreiz dar. Bei den angeworbenen Bewohnern
des Batschgaus waren auch viele reiche Bauernsöhne. Ihre Motivation könnte einerseits an
größerer Verbundenheit zu Deutschland gelegen sein oder andererseits waren sie bloß mit der
restriktiven Madjarisierungspolitik nicht einverstanden, die nach Angliederung des Gebietes
an Ungarn praktiziert wurde.229
Wo sich in der ersten Werbungsaktion die Anwendung bzw. Androhung von Gewalt nicht
nachweisen lässt, so kann für den Verlauf der weiteren Rekrutierungen dieser Umstand ein-
deutig bezeugt werden. Auf Grund der schwindenden Freiwilligkeit wurden die Werbungen
zusehends mit Drohungen verknüpft, die dann teilweise auch im „Deutschen Volksblatt“ ab-
gedruckt wurden. Sogar bei Verabschiedung der Rekruten sparten die Redner nicht mit Dro-
hungen und einem übertrieben scharfen Ton. Der stellvertretende Volksgruppenführer kün-
digte gegenüber Verweigerern und Drückebergern harte Vergeltungsmaßnahmen an, sollten
diese von ihrer Haltung nicht abkommen. Die Abschiedsreden wurden mit allen Drohgebär-
den ebenso in den Tageszeitungen abgedruckt und veröffentlicht. Die Bevölkerung ihrerseits
reagierte mancherorts feindselig auf den Besuch der Volksbundfunktionäre. In solchen Fällen
warf man ihnen vor, dass sie ihre Stellung mitbraucht hätten, um sich vor der Rekrutierung zu
drücken und sich als unabkömmlich einzustufen. Der Gebietspropagandaleiter des Batschgaus
wurde in diesem Zusammenhang von der Jareker Bevölkerung scharf zur Rede gestellt. Die
Angehörigen der SS-Männer beschuldigten die Parteifunktionäre ebenfalls für die oftmals
229
Vgl. FÜZES, Truppenersatz, S. 23-26.
106
ganz ausbleibenden oder unregelmäßigen Auszahlungen von Angehörigenunterstützungen
Verantwortung zu tragen.230
Der Nordsiebenbürger Kurt Schell wurde während der zweiten Rekrutierungsaktion als Frei-
williger eingezogen und kam zur Waffen-SS. Er berichtete von Musterungskommandos, die
durch alle deutschen Dörfer fuhren und 18 bis 35-jährige Männer suchten. Er betonte ebenso,
dass die Anwerbung unter der Prämisse der Freiwilligkeit gestanden sei. Für ihn und seine
Kameraden sei die Entscheidung nicht schwer gefallen, da er und sein Umfeld sich sträubten,
den Wehrdienst in der ungarischen Armee abzuleisten. Auch berichtet Schell über eine Ab-
schiedsfeier in Sächsisch-Regen. Hier nahmen die gesamte Dorfbevölkerung, Vertreter des
VDU, kirchliche Würdenträger, der Bürgermeister und der ungarische Stadtkommandant teil.
Der Verabschiedung ging ein Abendessen in der Dorfkirche voraus. Bei den Feierlichkeiten
selbst wurden Reden geschwungen, die angehenden Soldaten von Frauen mit Blumen ge-
schmückt und erneut zum Essen eingeladen. Die Zugfahrt nach Wien dauerte 3 Tage, vor Ort
wurde noch einmal gemustert, die Untauglichen wurden in die Rüstungsindustrie versetzt.
Schell und Personen aus seinem Heimatkreis wurden einem SS-Ersatz-Bataillon in Nîmes
zugeteilt.231
Der Rekrutentransport in Sächsisch-Regen verließ am 24. Oktober den Bahn-
hof.232
3.5. „Vierte“ illegale SS-Rekrutierungsaktion:
Im März 1944 fand im Raume Sombor im Komitat Batschgau eine weitere Rekrutierung statt,
die sich allerdings auf einige wenige Gemeinden im Umland der Stadt beschränkte. Es han-
delte sich bei dem Vorhaben um eine illegale Blitzaktion, die zwischen dem VDU-
Gebietsleiter Sepp Spreitzer und der Führung der 8. SS-Kavallerie-Division „Florian Geyer“
ausgehandelt wurde. Die Division lag zu diesem Zeitpunkt in Slawonien und sah in der deut-
schen Besetzung Ungarns eine gute Möglichkeit ihre gelichteten Reihen auf ungarischem
Staatsgebiet aufzufüllen. Am 19. März wurde in den Dörfern der Region die Maßnahme der
Zwangsrekrutierung auf Befehl des SS-Hauptamtes verlautbart. Tags darauf führten Sonder-
kommandos Stellungen durch, während derer in Apatin, Karawukowa und Hodschag die Lage
außer Kontrolle geriet. So kam es von Seiten der Organisatoren zu Verhöhnungen, Beschimp-
fungen und Misshandlungen der Rekruten. Unzählige Zwangsrekrutierte türmten bei erstbes-
230
Vgl. WILDMANN, Tragödie, S. 184. 231
Vgl. MICHAELIS, Volksdeutschen, S. 49-51. 232
Vgl. FÜZES, Truppenersatz, S. 26.
107
ter Gelegenheit und mussten anschließend von eigens gebildeten Einheiten wieder eingefan-
gen werden.233
Die Division konnte sich so mit ungefähr 3.000 Ungarndeutschen verstärken.
Der SS-Unterscharführer Ludwig Mückl, Soldat in der „Florian Geyer“, war damals froh zum
Jahreswechsel 1943/44 mit seiner Einheit aus der Front hinausgelöst zu werden. Die Fahrt an
den Bestimmungsort dauerte seinen Angaben zu Folge eine gefühlte Ewigkeit. Der Verband
wurde schließlich nach Esseg gebracht. Er berichtete über die zahlreichen Dörfer des Batsch-
gaus, die es sowohl auf kroatischer als auch ungarischer Seite gab. Die Division bekam eines
Tages den Befehl alle wehrfähigen Volksdeutschen einzuberufen und mitzunehmen. Er be-
schrieb die Geschehnisse als dramatisch, da vor allem die Ehefrauen ihre Männer nicht gehen-
lassen wollten. Leider äußerte der Unteroffizier sich nicht über Zwangsrekrutierungen und ob
die Männer gewaltsam in den Dienst gepresst wurden.234
3.6. Drittes Rekrutierungsabkommen und allgemeine Wehrpflicht:
Im Gegensatz zu den vorherigen Abkommen, war dieses in keinster Weise für die Betroffenen
freiwillig sondern eine reine Zwangsmusterung, der sich kein deutscher Wehrfähiger entzie-
hen konnte. Der Leiter der Volksgruppe der Ungarndeutschen reiste im Frühjahr 1944, kurz
nach Abschluss der zweiten Massenrekrutierung nach Berlin, um die Rahmenbedingungen für
eine dritte Aushebung zu besprechen. Die Entmachtung der alten Regierung, Besetzung des
Landes mit deutschen Truppen und Einsetzung einer deutsch-freundlichen Marionettenregie-
rung bildeten die Grundlage für eine erfolgreiche Abwicklung der Aktion. Am 29. März leg-
ten deutsche Gesandte der ungarischen Regierung einen Entwurf vor, der den Ablauf des
Vorhabens regeln sollte. Dieser wurde allerdings strikt zurück gewiesen, da Ungarn Ober-
grenzen bei der Rekrutierung von Führungsdienstgraden wollte und man sich in der Nationali-
tätenfrage uneins war. Durch Druck seitens der Deutschen blieb den Ungarn aber nichts ande-
res übrig, als den Vertrag dann doch anzunehmen. Das Papier wurde schließlich am 14. April
1944 von beiden Seiten unterzeichnet235
und enthielt folgende 12 Punkte: Punkt eins unter-
strich die Notwendigkeit der Aufstellung neuer SS-Divisionen und Wichtigkeit der deutsch-
ungarischen Zusammenarbeit. Die Punkte zwei und drei sahen vor, dass alle Personen deut-
scher Volkszugehörigkeit ungeachtet der Staatsangehörigkeit für die Dauer des Krieges der
Kontrolle der SS bzw. der Wehrmacht zu überlassen seien. Die Wehrpflicht sollte mit Vollen-
233
Vgl. WILDMANN, Tragödie, S. 185f. 234
Vgl. MICHAELIS, Volksdeutschen, S. 20, 83. 235
Vgl. FÜZES, Truppenersatz, S. 26-28.
108
dung des 17. Lebensjahres beginnen. Punkt vier definierte den Begriff „Volksdeutscher“.
Hierzu wurden alle Personen gezählt, die sich entweder freiwillig zu der Ethnie bekannten
oder sich durch ihren spezifischen Lebensstil als Volksdeutscher erkenntlich machten. Punkt
fünf erlaubte die Einziehung aller Männer, egal welcher Stellung oder Berufsparte sie ange-
hörten. Demnach stand der Rekrutierung von Honvéd-Soldaten nichts im Wege. Der nächste
Absatz regelte die Unantastbarkeit diverser Fachkräfte. Zum Schutz der Einsatzfähigkeit der
ungarischen Industrie, des Bergbaus und der Armee durften Personen mit Spezialausbildung
zurückgehalten werden. Der Prozentsatz der nicht gemusterten Fachkräfte durfte 10,5% nicht
überschreiten. Artikel sieben schrieb die Bereitstellung der Unterkünfte und Truppenübungs-
plätze vor, die gänzlich vom ungarischen Staat zu stellen waren. Soweit dies im Bereich des
Möglichen gelegen hätte, ebenso Ausrüstung, Gerät und Material. Punkt acht legte den Rah-
men von Erfassung, Musterung und Einberufung fest. Das SS-Hauptamt trug hier die Verant-
wortung, die Zusammenarbeit mit dem ungarischen Kriegsministerium wurde festgeschrie-
ben. Punkt 9 legte die letztendliche Entscheidung über die Tauglichkeit eines Rekruten aus-
schließlich in die Hände der SS. Bei einer positiven Tauglichkeitsbescheinigung wurde dem
ungarischen Kriegsministerium eine Frist von 14 Tagen eingeräumt, in der die Behörde über
eine Zurückhaltung zu befinden hätte. Sollte dies der Fall sein, musste der Betreffende zwin-
gend in seinem zivilen Beruf verbleiben. Die SS verpflichtete sich in Punkt 10 Listen über die
abtransportierten Personen bereit zu stellen, wie dies bisher bereits der Fall gewesen war. Für-
sorge und Versorgung der Rekruten sollte entsprechend der bereits geltenden Vereinbarungen
abgewickelt werden. Dieser Passus war in Punkt 11 zu finden. Der letzte Absatz der Abma-
chung regelte die Frage der Staatsangehörigkeit. Jeder neue SS-Rekrut behielt einerseits seine
ungarische Staatsbürgerschaft, andererseits sicherte ihm das Abkommen ebenso, seine von
Gesetztes wegen zugestandenen Bürgerrechte, zu. Darüber hinaus galten die Rekruten durch
den Eintritt in das deutsche Militär zudem als Reichsangehörige. Derselbe rechtliche Status
wurde mit Unterzeichnung des Dekrets auf alle anderen, bereits eingezogenen, Volksdeut-
schen übertragen. Der Entzug der Staatsbürgerschaft wurde offiziell mit dem Vertrag für nich-
tig erklärt und somit wieder rückgängig gemacht. Den Angehörigen wurden die exakt selben
Sozialleistungen zugesichert, wie sie ein jeder Honvéd-Soldat gleichwertigen Dienstgrades
bekommen hätte.236
236
Vgl. MICHAELIS, Volksdeutschen, S. 51f.
109
3.6.1. Rekrutierungsaufruf und Durchführung der Aushebung:
Am 23. April wurde der Rekrutierungsaufruf feierlich unter dem Titel „3. SS-
Truppenersatzaktion“ eröffnet. Bei der Versammlung des Volksbundes hielt Dr. Basch eine
Rede in der er betonte, dass nur Adolf Hitler in der Lage wäre die Ungarndeutschen vor den
asiatischen Horden zu schützen, weswegen es eine Notwendigkeit sei, dass jeder Mann der
Volksgruppe eine Uniform des Führers trage. Im selben Atemzug sprach er sich für ein hartes
Durchgreifen gegen Verräter und Drückeberger aus. Die gesamte Ethnie sollte, seiner Ansicht
nach, geschlossen hinter der Sache stehen. Anfang Mai wurde ein Rekrutierungsaufruf her-
ausgegeben, der seine Unterschrift trug und in dem die enge Zusammenarbeit zwischen Un-
garn und Nazideutschland betont wurde. Die SS ihrerseits warb mit zahlreichen Plakaten und
Flugblättern, was die Regierung bei den beiden ersten Malen noch nicht zugelassen hatte.
Sogar der VDU bleib von dem Bedarf an Rekruten nicht verschont, bloß 200 Funktionäre
verblieben in ihren Posten, alle anderen wurden geschlossen eingezogen. Die deutschen Be-
hörden erstellten Listen, in denen jene Personen aufgeführt waren, die sich entweder zum
deutschen Volkstum zählten oder als solche erkennbar waren. Die Listen wurden dann an
Bürgermeister oder Gebietsvorsteher zur Überprüfung und gegebenenfalls Ergänzung ge-
schickt. Jene hatten auch Ort und Zeitpunkt der Musterungen bekannt zu geben, damit die
Regierung zwecks Wahrung von Recht und Ordnung Gendarmen abstellen konnte. Der unga-
rische Kriegsminister Lajos Csatay hatte über die endgültige Freigabe für die SS zu entschei-
den und versuchte Bergleute, Bahn- und Postmitarbeiter, sowie Spezialisten in der Honvéd
von der Rekrutierung auszunehmen. Die Einberufung zur Musterung wurde per Vorladungs-
bescheid an die betreffenden Personen zugestellt. Jene die ihr Fernbleiben am Tag der Muste-
rung nicht im Vorfeld entschuldigten oder entsprechend rechtfertigen konnten, wurden von
der Miliz aufgegriffen und danach unverzüglich vorgeführt. Um Behinderungen und Verzöge-
rungen zu vermeiden, sollte die Polizei nur jene Verweigerer vorführen, bei denen keine
langwierige Suche nötig war. Fälle, die längere Investigationen voraussetzt hätten, sollten bei
Nachmusterungen behandelt werden. Die Bereitstellung der Räumlichkeiten als auch der be-
nötigten Utensilien und Hilfsmittel für die Musterung hatten die zivilen Behörden zu über-
nehmen. Es wurden im Vorfeld alle Aktionen untersagt, die einen zielgerichteten Ablauf der
Rekrutierung stören konnten. Neben der ungarischen erhielten die tauglichen Rekruten auch
die deutsche Staatsbürgerschaft, um sie unter deutsche Militärvorschriften stellen zu können.
Jedem SS-Rekruten wurde dann auch ein Tauglichkeitsausweis ausgehändigt, der seinen Sta-
tus bestätigte. Dieses Dokument bestätigte im Falle einer Einberufung durch die Honvéd, dass
110
der Betroffene bereits in der Waffen-SS diente, nichtsdestotrotz wurden die Ungarndeutschen
aufgefordert bei der Stellung zu erscheinen und den Fehler vor Ort bekannt zu geben.237
Die angefertigten Listen und die Namen, die darauf standen, sorgten immer wieder für Unmut
bei der Bevölkerung. Besonders die ungarntreuen Deutschen sträubten sich gegen den Eintritt
in das deutsche Militär, da sie glaubten, dass sie bei der Rekrutierung der Willkür des Volks-
bundes ausgesetzt seien. Der VDU bekam daraufhin die Erlaubnis Versammlungen abzuhal-
ten, um Missverständnisse aufzuklären und darauf zu verweisen, dass eine Einberufung zur
SS gleich zu bewerten sei, wie jene zur Honvéd. Dieser Schritt wurde vor allem in Gemeinden
für nötig erachtet, in denen eine gewisse Unruhe, ob der bevorstehenden Aktion, entstanden
war. Gezielt sollte bei diesen Veranstaltungen auf das deutsch-ungarische Regierungsabkom-
men und die Erscheinungspflicht bei den Musterungskommissionen hingewiesen werden. In
einigen Dörfern wurden die Listen von der ansässigen Bevölkerung vehement angefochten.
Die Betroffenen wurden in die Listen aufgenommen, obwohl sie im Bevölkerungsregister bei
Muttersprache ungarisch angeführt hatten. Auch war den ungarischen Behörden bekannt, dass
einige Listen nachträglich von den jeweiligen Ortskommissionen stark erweitert wurden. Das
Ministerium verlangte daraufhin eine Überarbeitung und Revision der Register. Vielerorts
hatten die zuständigen Stellen des VDU nur die eigenen Mitglieder in die Listen aufgenom-
men. Der behördliche Beschluss machte eine Ergänzung mit Hilfe des Bevölkerungsregisters
zwingend notwendig, daher auch die gezielte Ausweitung. Am 15. Juni 1944, am Tag der
Musterung, führte ein Beauftragter des Verteidigungsministeriums eine stichprobenartige
Kontrolle in Ratzpeter, Komitat Barnau, durch. Zu seiner Verblüffung musste er feststellen,
dass auch ethnische Ungarn von der Kommission vorgeladen wurden. Der Kreisnotar wurde
für diesen Fehler belangt. Im August 1944 wurde von den ungarischen Behörden ein Bericht
angefertigt der bestätigte, dass Ortsgruppenführer des Volksbundes sich von den Musterungen
hatten befreien lassen. Es gab sogar Fälle, in denen die hohen Funktionäre nicht einmal in die
grundlegenden Musterungslisten aufgenommen wurden. Die Zivilbevölkerung war entsetzt,
welch große Ungleichbehandlung vorherrschte. Vielerorts kam es ob der Vetternwirtschaft zu
Wortgefechten und Handgreiflichkeiten, die nicht selten zu regelrechten Schlägereien ausarte-
ten. Die Auseinandersetzung wurde auch durch den Umstand verstärkt, dass selbst diejenigen,
die sich bei der Volkszählung 1941 zum Magyarismus bekannten oder den Wunsch hatten
ihren Wehrdienst bei der Honvéd abzuleisten, unter den ersten waren, die zur Waffen-SS ein-
237
Vgl. FÜZES, Truppenersatz, S. 28-31.
111
gezogen wurden. 238
Der Großteil der Musterungen an sich wurde im August durchgeführt, die
ersten Einberufungen kamen dann schon wenige Wochen danach. Der Frontenwechsel Rumä-
niens erzeugte ein gewaltiges Vakuum an der Südflanke, das erst mit frischen Truppen aufge-
füllt werden musste. Sicherlich am schwierigsten gestaltete sich die Entscheidung darüber,
wer nun zu der Volksgruppe zu zählen sei und wer eben nicht. Viele der betroffenen Volks-
deutschen waren mit der Tatsache unzufrieden, dass der VDU hier die Oberhoheit besaß. Das
Kriegsministerium hatte zwar die Entscheidungsgewalt über eine endgültige Freigabe inne,
die Behörde verließ sich mangels genauer Kenntnisse auf die ihr untergebenen Stellen vor
Ort, die, je nach persönlicher Haltung, mal mehr und mal weniger Personen dem Deutschtum
zuordnete. Verständlicherweise regte sich vor allem bei Gegnern des Volksbundes massiver
Widerstand, der aber vielfach zwecklos war. Die SS-Kommandos arbeiteten, wenn nötig, Sei-
te an Seite mit der ungarischen Gendarmerie zusammen, um untergetauchte Verweigerer oder
Rekrutierungsgegner ausfindig zu machen und in den Dienst zu zwingen. Der überwiegende
Teil der frisch ausgehobenen SS-Männer rückte im September und Oktober zur Schutzstaffel
ein.239
3.6.2. Ergebnis der 3. SS-Truppenersatzaktion:
Der Mangel an Aufzeichnungen erschwert auch in diesem Fall eine genaue Auswertung der
Ergebnisse, weshalb sich in der Literatur nur grobe Schätzungen und keine wirklich exakten
Zahlen finden. Grundsätzlich wurden alle 17 bis 62-jährigen Männer der Volksgruppe gemus-
tert, die Deutsch als ihre Muttersprache angaben. Die Wehrfähigen bis zum vollendeten 40.
Lebensjahr wurden direkt in die Waffen-SS eingezogen, die Altersklassen darüber wurden
nicht direkt eingezogen, erhielten aber einen SS-Ausweis, der sie zu Mitgliedern der Schutz-
staffel machte. Ferner wurde ihnen gesagt, dass sie einem etwaigen Einberufungsbefehl um-
gehend Folge zu leisten hätten. Die Ergebnisse der Musterungen stellten die deutschen Be-
hörden aber alles andere als zufrieden und sie beschuldigten daraufhin den ungarischen Ver-
teidigungsminister, die Durchführung der Abmachung sabotiert zu haben. Minister Csatay
hingegen antwortete am 29. August dem deutschen Gesandten, dass ihm eine Liste mit
202.000 Namen überbracht worden sei, wobei er nach reiflicher Überprüfung 131.000 Perso-
nen für die SS freigegeben habe. Laut seiner Aussage lag die Schuld bei den Musterungs-
kommissionen, die bis Ende August bloß 42.000 Ungarndeutsche eingezogen hatten. Bis En-
238
Vgl. FÜZES, Truppenersatz, S. 32-36. 239
Vgl. WILDMANN, Tragödie, S. 184f.
112
de September erhöhte sich die Rekrutenzahl auf 60.000 Personen. Weitere 20.000 Mann wur-
den danach noch zusätzlich in ungarischen SS-Divisionen eingezogen. Der Großteil der Rek-
ruten aus Trianon-Ungarn kam durch Zwangsmusterungen zur Waffen-SS, während die Un-
garndeutschen der angeschlossenen Gebiete zumeist als Freiwillige bei den ersten beiden
Rekrutierungen geworben wurden. Die beiden Personengruppen aus Trianon-Ungarn bzw.
den angeschlossenen Gebieten halten sich mit jeweils ca. 60.000 Mann die Waage.240
3.7. Widerstand gegen die Rekrutierungsmaßnahmen:
Die oben angeführten Handlungen waren sicherlich nicht die einzigen Aktionen mit denen
gegen die Rekrutierung protestiert wurde, sollen aber als Anhaltspunkte dienen. Am 25. März
1943 ereignete sich ein bemerkenswerter Fall. Der SS-Soldat und zum damaligen Zeitpunkt
Fronturlauber, Franz Jung, plante an jenem Datum das Parteigebäude des Volksbundes in
Hodschag in die Luft zu sprengen. Der Anschlag war auf den Kreisleiter der Ortschaft Hod-
schag, sowie auf diverse Abgeordnete des ungarischen Reichstages gerichtet. Jung beabsich-
tigte die Bombe in dem Augenblick hochgehenzulassen, als die Politiker das Gebäude betre-
ten würden. Das Attentat wurde aber durch Jungs Schwägerin vereitelt, die den Behörden
einen Tipp gab. Bei der Vorladung erschoss Jung zuerst seine Schwägerin, die er als „Verräte-
rin“ titulierte, und dann sich selbst. Der Presse war es untersagt über diesen Vorfall zu berich-
ten. Der Attentäter machte die Politiker für die, von ihrer Seite mitgetragenen Musterungen,
verantwortlich.241
Ein weiterer antifaschistischer Vorfall ereignete sich am 2. Juni 1944 in der
Ortschaft Iwandarde im Komitat Barnau, wo an jenem Tag eine Musterung abgehalten wurde.
Zu Beginn der Musterung um 8:00 Uhr waren nur Mitglieder des Volksbundes erschienen,
auf der Straße allerdings hatte sich eine Gruppe von ungefähr 50 ungarntreuen Männern ver-
sammelt, die mit Nationalflaggen gegen die Aushebung protestierten. Die Männer traten mit
den Abzeichen der Bewegung „Treue zum Vaterland“ vor die Musterungskommission, wo-
rauf hin der anwesende SS-Offizier sie aufforderte, ihre Symboliken von ihrer Kleidung zu
entfernen, da sie ohnehin mit den Insignien der SS versehen werden würden. Dieser Befehl
zeigte unter den Rekrutierungsgegnern aber nur wenig Resonanz. Einer der Männer mit dem
Namen Johann Rüll trat vor und sagte, er werde das Abzeichen nicht abnehmen, da er ein
stolzer Ungar sei und dies durch das Abzeichen verdeutlicht werden sollte. Der Hauptsturm-
führer trug daraufhin den Namen des Ungarndeutschen in die Liste der gemusterten Personen
240
Vgl. FÜZES, Truppenersatz, S. 36f. 241
Vgl. WILDMANN, Tragödie, S. 183f.
113
ein.242
Ein namentlich unbekannter Ungarndeutscher und der älteste von fünf Brüdern berich-
tet ebenfalls von einen Vorfall des aktiven Widerstandes gegen die zwanghafte Musterung
während der dritten Massenrekrutierung. Er selbst tat seinen Dienst an der Front in Weißruss-
land bei der ungarischen Armee, während er von zu Hause Post erhielt, in der ihm von den
Vorgängen während der Aushebung berichtet wurde. Ein sogenannter Kleinrichter brachte
sechs Musterungsvorladungen für den Vater der Familie, damals 46 Jahre alt und Soldat im
Ersten Weltkrieg, sowie für die fünf Söhne. Zwei der Söhne standen aber bereits im aktiven
Dienst der Honvéd. Der Bote nahm die Bescheide des Vaters und der eingezogenen Männer
wieder mit. Die drei verbleibenden Söhne weigerten sich allerdings zur Waffen-SS einzurü-
cken und kamen den Aufforderungen sich zur Musterung zu begeben, trotz zahlreicher
Schreiben, nicht nach. Da die Burschen sich mit anderen Kriegsdienstverweigerern versteckt
hielten, wurde ihr Vater eines Nachts abgeholt und gemeinsam mit den Eltern anderer Rekru-
tierungsgegner in den Saal eines Gasthauses gebracht, um sie dort dann als Geiseln zu halten.
Die ungarischen Gendarmen beteiligten sich ebenso eifrig an der ganzen Aktion. Sichtlich
eingeschüchtert begaben sich die Unwilligen dann doch zur befohlenen Stellung, wo ihnen die
Leviten gelesen wurden und die Rekruten sich auch sonst so einiges anhören durften. Interes-
santerweise tat sich auch hier wiederum ein ungarischer Offizier bei den Beschimpfungen und
Verschmähungen besonders hervor. Die beiden älteren Brüder zierten sich abermals der Ein-
berufung nachzukommen und wurden deshalb zusammengefangen. Von da an taten sie ihren
Dienst vorbildlich, der jüngste der fünf Brüder wurde nicht zur Waffen-SS eingezogen, auf
Anraten des ältesten Bruders sollte selbiger sich um seinen Schulabschluss bemühen. 243
Auch außerhalb des ungarischen Staatsgebiets kam es zu Aktionen aktiven Widerstandes ge-
gen die Rekrutierungen der SS. Johann Kleisz, geboren in Boschok, Komitat Barnau, diente
als Zwangsrekrutierter seit Juli 1944 in der Schutzstaffel und war zu dieser Zeit in einer Ka-
serne in Prag stationiert. Das Bataillon in dem er diente, bestand aus circa 220 Ungarndeut-
schen, die so wie er in der 3. SS-Truppenersatzaktion als Wehrpflichtige eingezogen wurden.
An einem Sonntag Ende September 1944 sollten die Rekruten feierlich vereidigt und somit
vollwertige SS-Soldaten werden. Zur Verblüffung aller Anwesenden trat Kleisz plötzlich aus
der Formation aus und schritt zum Rednerpult. Auf Nachfrage der schockierten Offiziere ant-
wortete er, dass er zwangsrekrutiert worden sei und zu all dem gezwungen werde. Auf Grund
dessen verweigere er den Eid zu schwören. Mannschaften als auch Offiziere waren aufgeregt
bzw. entrüstet ob der kühnen Tat. Der Bataillonskommandeur separierte den ungehorsamen
242
Vgl. FÜZES, Truppenersatz, S. 35. 243
Vgl. MICHAELIS, Volksdeutschen, S. 54.
114
Rekruten von der Gruppe, fertigte sofort einen Bericht über den Vorfall an, dem er sogar ein
Bild Kleisz‘ beilegte. Durch das unerschrockene Handeln Johann Kleisz‘ ermutigt, verweiger-
ten innerhalb weniger Minuten sechs weitere Ungarndeutsche die Vereidigung.244
4. Ausbildung und Fronteinsatz der Volksdeutschen:
Das letzte Kapitel wird sich mit dem Fronteinsatz und der Ausbildung der volksdeutschen
Rekruten beschäftigen. Ebenso wird der Kampfwert der Soldaten untersucht. Den Abschluss
bildet das Unterkapitel über Kriegsgefangenschaft und die erlittenen Verluste.
4.1. Ausbildung der volksdeutschen Rekruten:
Die angehenden Soldaten wurden erst in Wien als für die SS tauglich befunden, jene die abge-
lehnt wurden, teilte man Rüstungsbetrieben oder der Wehrwirtschaft zu. Die österreichische
Hauptstadt war für die überwiegende Mehrheit der erste echte Kontakt mit dem Deutschen
Reich. Hier konnten sich die Volksdeutschen ein Bild vom Nationalsozialismus und dem
deutschen Wesen selbst machen. Die Berührung mit dem großen Vorbild löste aber eher Ent-
täuschung aus. Einen ziemlich zwiespältigen Eindruck hinterließ die Bevölkerung selbst, als
sie am Bahnhof umher streifte und bei den Neuankömmlingen um Nahrung bettelte.245
Ein
Volksdeutscher erinnerte sich dabei, dass eine kleinere Ansammlung an Menschen am Ost-
bahnhof wartete und sich bei den Reisenden nach deren Herkunft erkundigte. Als die Wiener
erfuhren, dass es sich um Deutschrumänen handelte, wurden sie als „Kriegsverlängerer“ be-
zeichnet. Es wurde auch um Speck gebettelt, wobei jeder der SS-Männer ein Kilogramm
Schweinefleisch abgab, was dann in Körben gesammelt wurde, um es den hungernden Zivilis-
ten zu geben.246
Dies ist nur eine von unzähligen negativen ersten Erfahrungen, die die Rekru-
ten bei ihrer Ankunft machten. Viele waren verwundert ob der allgemeinen Lebensmittel-
knappheit, da sie diese aus ihrem Heimatland nicht kannten. Auch mussten sie feststellen,
dass sie mit dem Verkauf ihrer Lebensmittel und den im Gegenzug erhaltenen Reichsmark
ihrerseits nichts kaufen konnten. Für viele wurde der Mythos Deutschland gewaltig erschüt-
tert und erste Zweifel kamen auf, ob die Meldung zur Schutzstaffel nicht eine Fehlentschei-
dung gewesen sei. Die Männer wurden nach der zweiten Musterung in Wien den diversen
244
Vgl. FÜZES, Truppenersatz, S. 35. 245
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 235. 246
Vgl. MICHAELIS, Volksdeutschen, S. 38.
115
Ersatz- und Ausbildungsregimentern zugeteilt, wobei der größte Teil zum III. SS-Panzerkorps
(germanisch) kam und dafür nach Grafenwöhr in Franken transportiert wurde. Ebenso wurden
viele der Tauglichen zur Verstärkung der Division „Prinz Eugen“ herangezogen, wofür sie ins
besetzte Jugoslawien gebracht wurden. Die Grundausbildung fand in Werschetz und Weißkir-
chen statt, beide Ortschaften liegen im serbischen Teil des Banats. Der Rest wurde praktisch
allen Ersatzeinheiten zugeteilt, einige wurden zudem als KZ-Wachmannschaften eingesetzt.
Die Qualität der Ausbildung wurde in der Nachbetrachtung immer wieder als minderwertig
eingestuft. Eine angeblich überdurchschnittlich hohe Gefallenenrate unter den Rumäniendeut-
schen soll diese Behauptung bezeugen. Allerdings war dies sehr von der jeweiligen SS-
Einheit abhängig und das Spektrum reicht von mangelhaft und unzureichend bis zu vorbild-
lich und umfassend. Im Folgenden sollen beide Extrema betrachtet werden, die positive Vari-
ante wird von der „Leibstandarte“ gestellt, das negative Beispiel von der „Prinz Eugen“.247
Bei der 1. SS-Division darf allerdings nicht vergessen werden, dass sie in der gesamten Zeit
ihres Bestehens als Eliteverband galt und die Versorgung mit Nachschub und Ersatz über-
durchschnittlich gut war. Die Kasernen waren im Umland von Berlin zu finden, ihre Ausstat-
tung war neu und wies keine Mängel auf. Erwähnenswert sind die großen Schwimmbecken,
der Sprungturm, die modernen Unterbringungen und die komfortablen Lehrsäle. Ferner ver-
fügte die Einrichtung über einen unterirdischen Schießplatz. In umfangreichen Werkstätten
wurde der Kampfwert von Fahrzeugen, Panzern und Schusswaffen erhalten. Die Rekruten
fassten ausnahmslos nagelneue Bekleidung und Ausrüstung aus, diese war zudem vollständig.
Die Grundausbildung war hart und stark auf die Anforderungen des Krieges ausgelegt. Die
Gefechtsausbildung wurde mit scharfer Munition abgehalten, was zum elitären Ruf der
Schutzstaffel beitrug. Der Drill auf dem Exerzierplatz war eher gering, das Schulungspersonal
war motiviert und fronterfahren. Bei den Vorträgen verknüpften die Ausbildner ihre eigenen
Erlebnisse mit dem Lehrstoff und machten den Inhalt damit greifbarer. Zur Belohnung bei
guten Leistungen bekamen die Rekruten Freikarten für das Kino oder wurden zum Schwim-
men an einen nahegelegenen See gebracht. Die Grundausbildung umfasste drei Monate und
beinhaltete die folgenden Punkte: Exerzieren, Gelände- und Waffenkunde, Schieß-, Gefechts-
und Gasschutzausbildung. Zusätzlich wurden die Soldaten in allgemeinen Belangen unterwie-
sen. Hierzu zählten das Verhalten bei Urlaub, juristische Belange und unter anderem der Be-
schwerdeweg. Interessanterweise lässt sich aus den Schilderungen der Auslandsdeutschen
kein Nachweis für eine ideologische Unterweisung finden, mitunter wurde sogar von selbigen
247
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 235-239.
116
explizit darauf hingewiesen, dass überhaupt keine stattfand. Die persönliche Haltung des
Kommandeurs Sepp Dietrich unterstützt diese Behauptung, denn er war zwar einer der frühes-
ten Anhänger Hitlers, verstand sich selbst aber eher als Soldat. Nach Abschluss der Grund-
ausbildung folgte eine Spezialausbildung. So wurden die Männer unter anderem für den
Dienst als Besatzungsmitglied in einen Panzerkampfwagen eingewiesen. Für Personen, die
einen Offiziersrang anstrebten, folgte nach der erweiterten Schulung ein Führerlehrgang.
Während der Ausbildung wurde auch immer auf ein „ritterliches“ Verhalten der künftigen
Frontsoldaten Wert gelegt. Die Vorgesetzten waren bedacht darauf mit diversen Gebotsregeln
das Verhalten ihrer Untergebenen an der Front nicht ausarten zu lassen. Dem Soldbuch war
eine Einlage über das Beanspruchen von Feindesgut beigelegt. Auch wurde darauf hingewie-
sen, dass sinnlose Zerstörung und Gewalt eines deutschen Soldaten nicht würdig seien. Die
Rekruten wurden abschließend darauf hingewiesen, dass der militärische Unterricht den Vor-
gaben und Standards der Wehrmacht entspreche.248
Ein rumäniendeutscher Rekrut beschreibt
die Ausbildung in der Kölner Wahn Kaserne als kräfteraubendes Vorhaben, welches streng
und sachlich abgehandelt wurde. Des Weiteren beklagt er sich über mangelnde Verpflegung
und den dadurch entstehenden Hunger, welcher von den anstrengenden Waffenübungen noch
verstärkt wurde.249
Als Gegenbeispiel zur vorbildlichen Ausbildung bei der „Leibstandarte“, soll die militärische
Erziehung bei der volkdeutschen Division „Prinz Eugen“ untersucht werden. Die Ausbil-
dungsstätten der Einheit lagen im serbischen Banat, unweit der rumänischen Grenze in Weiß-
kirchen, hier diente eine alte k.u.k. Garnison als Unterbringung, und im nördlicheren Wer-
schetz. Die Bedingungen waren vielfach miserabel, so gab es kaum sanitäre Anlagen, die
Verpflegung war unzureichend und die Kommandanturen schienen mit dem volksdeutschen
Rekrutenansturm restlos überfordert. Auch wurden die Volksdeutschen von Ausbildnern und
reichsdeutschen Kameraden als „Kriegsverlängerer“ oder mit einem abfälligen Synonym,
bezogen auf ihre Herkunft, beschimpft.250
Der Ungarndeutsche Kurt Schell berichtet, dass sie
von der herablassenden Haltung der Ausbildner sehr enttäuscht waren und als Soldaten zwei-
ter Klasse betrachtet wurden. Als diese Zustände dem Kommandanten gemeldet wurden, trat
zumindest in diesem Fall Besserung ein.251
Der Ausdruck „Kriegsverlängerer“ verdeutlicht
den Irrglauben, dass sich alle Volksdeutschen freiwillig in dem Glauben gemeldet hätten, dass
der Krieg ohnehin nur gewonnen werden könne. Ferner schwingt hier auch der Zweifel der
248
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 239f. 249
Vgl. MICHAELIS, Volksdeutschen, S. 38. 250
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 241f. 251
Vgl. MICHAELIS, Volksdeutschen, S. 51.
117
Vorgesetzten am Endsieg mit und die fälschliche Annahme die Volksdeutschen hätten sich
alle ausnahmslos mit purer Begeisterung zur SS gemeldet. Für viele brach mit diesen ersten
negativen Eindrücken das ungetrübte, meist völlig unrealistische Bild vom Dritten Reich zu-
sammen, welches sie sich aufgebaut und ihnen die DViR zusätzlich seit jeher eingetrichtert
hatte. Die Rekruten schrieben zahlreiche Briefe nach Hause, in denen sie ihrem Frust freien
Lauf ließen und damit die in der Heimat Zurückgebliebenen im Herbst 1943 ebenfalls in Er-
nüchterung und Enttäuschung versetzten. Die Ausbildung an sich wurde bloß im Eiltempo
durchlaufen, was eigentlich hätte sechs Monate dauern sollen, wurde in knapp sieben Wochen
oberflächlich und grob abgehandelt. Was an Zeit fehlte wurde durch übertriebene Härte oder
Drill kompensiert. Die Verantwortlichen waren der Meinung, dass diese Maßnahmen die
Vorbereitung für die Anfordernisse an der Front sein sollten. Der Tagesablauf der SS-Männer
war streng geregelt und dauerte von sechs Uhr früh bis fünf Uhr am Nachmittag. Gleich nach
der Tagwache hatten die Rekruten Morgensport, von zwölf bis eins war eine Stunde Pause,
nach Abschluss des Dienstes wurden Waffen und Ausrüstung gereinigt. Nach der Grundaus-
bildung folgten eine mehrwöchige Schulung im Gelände und weitere Waffenübungen. Trotz
all dieser eindeutig negativen Aspekte waren zumindest die Rumäniendeutschen froh in der
SS nicht den körperlichen Strafen ausgesetzt zu sein, die sie in der rumänischen Armee erwar-
tet hätten. So schlecht die Bedingungen auch waren, versuchten die Männer etwas Positives
an ihrem Eintritt zu finden und sahen sich schlussendlich dennoch in der Richtigkeit ihres
Entschlusses bestätigt. Es kam zu Desertationen, wenn sich die Rekruten nicht mit ihrem
Schicksal abfinden wollten. Zusätzlich trübte die ausbleibende Angehörigenunterstützung die
pro-Deutschland Einstellung der rumäniendeutschen Rekruten. Im Laufe des Sommers 1943
wurden täglich neue Desertationen bekannt, die dann auf die katastrophalen Bedingungen bei
der Garnison der „Prinz Eugen“ zurückgeführt wurden.252
Am 30. August zum Beispiel ver-
weigerten 173 Volksdeutsche ihren Dienst zu tun, da sie die respektlose Behandlung nicht
länger hinnehmen wollten.253
Die Flüchtenden waren zumeist Banater Schwaben, die nicht weit nach Hause hatten. Es kam
auch vor, dass vereinzelte Männer sich nur für wenige Tage von der Truppe entfernten, um
bei der Feldarbeit zu helfen. Nach getaner Arbeit kehrten die angehenden Soldaten wieder zur
Division zurück, um dann trotzdem als Deserteure aufgefasst und entsprechend bestraft zu
werden. Mitunter wurden Volksdeutsche während ihrer Flucht aufgegriffen und standrechtlich
erschossen, diese Gruppe ist aber deutlich in der Minderheit. Dass das Deutsche Reich seine
252
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 242f. 253
Vgl. MICHAELIS, Volksdeutschen, S. 75.
118
vertraglichen Pflichten schon davor nicht eingehalten hatte, spielte bei der Behandlung der
Straffälligen keine Rolle. Die Fahnenflüchtigen wurden dann meist zu einer Woche Einzelhaft
verurteilt, während dieser Zeit aber weder geschlagen noch sonst in irgendeiner Weise körper-
lich misshandelt. Nach Abschluss der Ausbildung wurden die Dienstkleidung gegen Frontuni-
formen getauscht und ein Eid auf Adolf Hitler und Deutschland abgelegt.254
Auch der rumä-
niendeutsche SS-Mann legte in der Kölner Kaserne einen Eid ab und bekam die Felduniform
nach Abschluss seiner Ausbildung überreicht. Leider fehlen hier genaue Angaben über den
Wortlaut des Schwures.255
Die Betrachtung der Führer- und Unterführerausbildung für volksdeutsche SS-Männer lässt
einige interessante Schlüsse zu. Bemerkenswert ist hier wie vergleichsweise wenig Auslands-
deutsche in gehobenen Positionen zu finden waren. Wenn man laut Himmler die Zahl aller
nicht-reichsdeutschen SS-Soldaten zusammen nimmt, kommt man auf knapp 300.000 Mann,
die Anfang 1944 in den Reihen der Schutzstaffel dienten. Diese Truppenstärke hätte ungefähr
10.000 kommandierende Offiziere benötigt, um bestmöglich zu funktionieren, trotzdem soll-
ten sich aus diesem Pool nur gut 1.000 Personen finden, die auch tatsächlich eine solche Posi-
tion bekleideten. Das SS-Abkommen vom Frühling 1943 untersagte zwar die Anwerbung von
rumäniendeutschen Führern und Unterführern, allerdings scheint es wenig plausibel, dass sich
die SS bzw. die DViR auch wirklich penibel an diesen Passus gehalten haben. Viel wahr-
scheinlicher ist eher, dass die Volksdeutschen in den Armeen ihres Heimatlandes selten höhe-
re Positionen bekleideten und sich hauptsächlich aus den Mannschaftsdienstgraden rekrutier-
ten. Die Zahl der Beförderungen lässt sich schwer exakt bestimmen, dennoch muss man da-
von ausgehen, dass nur die wenigsten Auslandsdeutschen höhere Chargen stellten, auch wenn
das Südosteuropäische Tagesblatt diesen Umstand im Auftrag der Partei geschickt zu ver-
schleiern wusste. Die Volksgruppe hatte im Wesentlichen erst Zugang zu Führungspositionen
als auf Grund der hohen Ausfallsrate die Stellen nicht mehr anders besetzt werden konnten.
Anfang des Jahres 1944 wurden dann Personen gesucht, die eine nationalsozialistische Erzie-
hungsanstalt besucht hatten, an einer Hochschule studierten, eine abgeschlossene Mittelschul-
ausbildung vorweisen konnten oder von einer Lehrerbildungsanstalt als Absolvent abgegan-
gen waren. Ebenso wurden Männer in leitenden Stellen bei diversen NS-Organisationen, wie
zum Beispiel der Deutschen Jugend, gesucht, um die höheren Ränge neu zu besetzen.256
254
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 243-245. 255
Vgl. MICHAELIS, Volksdeutschen, S. 38. 256
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 245f.
119
Die Frage nach der letztendlichen Qualität der volksdeutschen Ausbildung lässt sich nicht
eindeutig beantworten, es soll an dieser Stelle aber eine gewisse Einschätzung getroffen wer-
den. Gegen Ende des Krieges herrschte eine allgemein schlechte Gesamtlage im deutschen
Militär, was sich natürlich ebenso auf die Qualität der aufgestellten Truppen auswirkte. Zu-
sätzlich zu den schwindenden Ressourcen gab es auch innerhalb der SS und Wehrmacht strik-
te Prioritäten welche Divisionen wie mit Nachschub versorgt wurden. Ein Großteil der Volks-
deutschen wurde den weniger bevorzugten Verbänden zugeteilt, die somit beim Erhalt von
Ausrüstung und militärischen Gerät sichtlich benachteiligt waren. Darüber hinaus verschlech-
terte sich mit Fortdauer des Krieges die Qualität der Ausbildung in allen Truppenteilen, unab-
hängig von Typ oder Versorgungslage. Besonders drastisch zeigt sich die Lage auch an der
stark schwindenden Lebenserwartung eines frisch einberufenen deutschen Soldaten, die von
über vier Jahren bei Kriegsbeginn auf wenige Wochen bei Kriegsende zusammenschmolz.257
Der Nachschub an Wehrfähigen bestand 1945 nur mehr aus alten Männern und pubertieren-
den Burschen, die noch dazu schlecht verpflegt und mangelhaft ausgerüstet waren. Ferner
fehlte es an Ausbildnern, Schulungseinrichtungen und Zeit, um die frischen Soldaten auf ih-
ren Fronteinsatz vorzubereiten.258
Der Umstand mag zwar vielleicht noch nicht in dieser
Schwere im Jahr 1943 zugetroffen haben, verstärkte sich aber mit jedem vergehenden Tag zu
Ungunsten des Dritten Reiches. Die unerwartet große Anzahl an einberufenen Volksdeut-
schen, gerade bei den Rumäniendeutschen, verminderte die Qualität zusätzlich. So waren bloß
20.000 Rekruten bei der Massenrekrutierung erwartet worden, mehr als die doppelte Menge
wurden schließlich eingezogen. Die entstandenen Engpässe in der Unterbringung und Versor-
gung der Männer führten zu katastrophalen Zuständen und einem Abfall der Moral auf ein
Minimum.259
4.2. Fronteinsatz und Verbände mit hohem Anteil an Volksdeutschen:
Bis zum Ende des Jahres 1941 wurden Volksdeutsche recht willkürlich deutschen Verbänden
zugeteilt, mit den steigenden Rekrutierungszahlen der aufkommenden massenhaften Rekrutie-
rungen ging man aber zur Bildung von mehrheitlich oder gänzlich volksdeutschen Divisionen
über, auch wenn bisherige Erfahrungen gezeigt hatten, dass dies nicht unbedingt der beste
Weg war. Vor Abschluss der rumänischen 1000-Mann-Aktion verteilten sich die 110 aktiven
257
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 253. 258
Vgl. RIPLEY, Wehrmacht, S. 315f. 259
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 254.
120
rumäniendeutschen SS-Männer vergleichsweise beliebig auf die zur damaligen Zeit bestehen-
den Einheiten der Schutzstaffel. 650 Personen aus der 1000-Mann-Aktion wurden zuallererst
dem 3. Bataillon der 16. Totenkopfstandarte zugeteilt, nach abgeschlossener Ausbildung wur-
den sie dem 10. SS-Infanterieregiment überstellt. Der Verband wurde in weiterer Folge aus-
gebaut und zur 1. SS-Infanterie-Brigade Reichsführer SS ausgebaut, später sogar in eine Pan-
zergrenadier-Brigade umgewandelt. 1944 wurde sie zur Aufstellung der 18. SS-Freiwilligen-
Panzergrenadier-Division „Horst Wessel“ herangezogen, die in Kroatien formiert wurde. Bei
der Nachmusterung in Wien nach der Massenrekrutierung im Sommer 1943 wurden die meis-
ten Rumäniendeutschen der Division „Prinz Eugen“ zugeteilt oder kamen zum III. SS-
Panzerkorps (germanisch). Ein beträchtlicher Teil wurde des Weiteren zur Bewachung der
Konzentrationslager herangezogen. Eine nicht näher bestimmbare Zahl wurde diversen Aus-
bildungs- und Ersatzeinheiten zugewiesen oder tat den Dienst in Polizeiverbänden oder in SS-
Stäben. Folgende Zuteilungen lassen sich allerdings nachweisen: Knapp 13.000 Mann leiste-
ten ihren Dienst entweder bei der 11. SS-Freiwilligen-Panzergrenadier-Division „Nordland“
oder bei der 4. SS-Freiwilligen-Panzergrenadierbrigade „Nederland“ ab, die beide zum III.
SS-PzKps. (germ.) gehörten. Ebenso darf die Zuweisung von Rumäniendeutschen zur 5. SS-
Panzer-Division „Wiking“ vermutet werden, da laut Aussage des ersten Stabsoffiziers Im
Herbst 1944 auch mehrere Hundert Sachsen und Schwaben zum Verband gehörten. Für die
Prinz Eugen wurden 7.600 Rumäniendeutsche bereitgestellt, deren Körpergröße 166cm unter-
schritt, folglich Personen mit dem Musterungsbescheid kaderverwendungsfähig Heer. Des
Weiteren wurden 1.500 Rumäniendeutsche zur „Leibstandarte“ versetzt. Sie sollten dort unter
anderem die Ehrenkompanie bilden. Warum genau den Rekruten diese Ehre zu Teil wurde ist
unklar, eine mögliche Erklärung könnte der Tod Gottlob Bergers Sohn an der Ostfront oder
die große Zahl an rumäniendeutschen Meldungen sein. Der Reichsführer SS immerhin bestä-
tigt die Zuweisung der Freiwilligen zur 1. SS-Panzer-Division in einem Schreiben an den
Chef des SS-Führungshauptamtes Hans Jüttner. Rumäniendeutsche mit der Einstufung garni-
sonsverwendungsfähig wurden zumeist den KZ-Wachmannschaften zugewiesen, jene Männer
der Volksgruppe denen Arbeitsverwendungsfähigkeit attestiert wurde, fanden eine Beschäfti-
gung in der Wehrwirtschaft.260
Laut Michaelis dienten 3.000 Rumäniendeutsche in der
Wehrmacht und 58.000 Personen der Volksgruppe bei der Waffen-SS. Neben den bereits ge-
nannten Verbänden führt er zusätzlich die SS-Jäger-Bataillone 500 und 501, sowie die 24.
Waffen-Gebirgs-Karstjäger-Division auf, in denen Rumäniendeutsche in großer Zahl gedient
haben sollen.
260
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 255-258.
121
Bis 1. Oktober konnten 2000 Personen aus dem Batschgau, die bei der Waffen-SS dienten,
nachgewiesen werden. Immerhin 1500 Batschgauer standen im Dienste der Wehrmacht, über
ihre Zuteilung zu bestimmten Einheiten ist nichts bekannt.261
Von den gemusterten Ungarn-
deutschen der ersten Massenrekrutierung hatten bis Anfang Mai 1942 gut 16.500 Personen
ihre Heimat Richtung Deutschland verlassen. Diese wurden auf den SS-Truppenübungsplatz
„Heidelager“ gebracht und die Masse der Rekruten diente zur Aufstellung der späteren 8. SS-
Kavallerie-Division „Florian Geyer“ und der Verstärkung der 6. SS-Gebirgs-Division „Nord“,
wobei etwa 9.000 Mann dem erstgenannten Verband zugeteilt wurden. Jene Ungarndeut-
schen, denen die höchste Kaderverwendungsfähigkeit beschienen wurde, frischten die
Stammdivisionen der Waffen-SS auf.262
Die Freiwilligen der zweiten Massenrekrutierung
verstärkten hauptsächlich die 11. SS-Freiwilligen-Panzergrenadier-Division „Nordland“ und
die 16. SS-Panzergrenadier-Division „Reichsführer SS“.263
Die neuen Rekruten der dritten
Massenrekrutierung wurden im Anschluss an ihre Musterung diversen Verbänden zugeteilt,
10.000 frische Soldaten wurden zur Aufstellung der 22. SS-Freiwilligen-Kavallerie-Division
„Maria Theresia“ herangezogen, weitere 15.000 bildeten im Oktober 1944 die 31. SS-
Freiwilligen-Grenadier-Division, 5.000 verstärkten die Reihen der neu gebildeten 37. SS-
Freiwilligen-Kavallerie-Division. Wiederum 5.000 Ungarndeutsche füllten die angeschlage-
nen Reihen der 6. SS-Gebirgs-Division „Nord“ auf. Eine nicht näher bekannte Zahl an Volks-
deutschen wurde den schwer angeschlagenen SS-Panzerverbänden zugeteilt, die im Sommer
1944 in der Normandie gegen die Westalliierten gekämpft hatten. Michaelis gibt für Ungarn
2.000 Mann an, die bei der Wehrmacht dienten. Laut seinen Berechnungen dienten allerdings
nur 70.000 Personen in der Waffen-SS. Möglicherweise sind die Freiwilligen der angeschlos-
senen Gebiete nicht berücksichtigt in dieser Aufstellung.264
4.3. Kampfwert:
Diverse Historiker beurteilten den Kampfwert von volksdeutschen Einheiten als mangelhaft
und grundsätzlich negativ. So stelle die Unlust der Auslandsdeutschen eine Beeinträchtigung
für die Kampfkraft dar. Der Schaden durch Volksdeutsche gehe sogar soweit, dass sich die
besten Divisionen der Waffen-SS durch ein Fehlen bzw. eine besonders geringe Zahl von
volksdeutschen Rekruten hervor tun. Den Anschuldigungen wurde aber von reichsdeutscher
261
Vgl. FÜZES, Truppenersatz, S. 19. 262
Vgl. MICHAELIS, Volksdeutschen, S. 49, 82. 263
Vgl. FÜZES, Truppenersatz, S. 25. 264
Vgl. MICHAELIS, Volksdeutschen, S. 54.
122
Seite mitunter vehement widersprochen. So bezeichnete ein Soldat die Volksdeutschen Rek-
ruten als gesunde und kräftige Männer, die sehr natürlich und offen waren. Mit solch Kame-
raden sei der Dienst eine Freude.265
Der SS-Unterscharführer Albert Schwenn, der seinen
Dienst bei der „Florian Geyer“ verrichtete, erinnerte sich mit gemischten Gefühlen an seine
Kameraden aus Südosteuropa. Er beschrieb sie mitunter als etwas simpel und zudem als etwas
seltsam. Die Auslandsdeutschen hassten an den Armeen ihres Heimatlandes besonders die
Prügelstrafe, da sie aber solche Praktiken bei den Deutschen nicht zu fürchten hatten, waren
sie hocherfreut und dankbar. Schwenn berichtete auch von einem Volksdeutschen namens
Franz Kappel, der ein gutes Händchen beim Kochen und Organisieren hatte, nach 6 Monaten
Ausbildung allerdings sein Gewehr noch immer nicht zerlegen und wieder zusammensetzen
konnte. Nichtsdestotrotz rettete der Volksdeutsche in schwerstem feindlichem Feuer einen
verletzten Kameraden aus einem Maisfeld. Als Kappel dann auf sein Handeln angesprochen
wurde, sagte er bloß, er wisse nicht was er antworten solle, wenn seine Mutter ihn einmal fra-
gen würde, warum er denn seinen Kameraden zurückgelassen habe. Heinz Gräber, der in der
„Wiking“ diente, erinnerte sich ebenso an seine volksdeutschen Mitstreiter. Gräber beschrieb
den Zusammenhalt als gut, zudem seinen die Männer aus dem Banat sehr anspruchslos und
anpassungsfähig. Auch die reichsdeutschen Soldaten in der 24. Waffen-Gebirgs-Karstjäger-
Division waren voll des Lobes für ihre rumäniendeutschen Kameraden. Einen ganz anderen
Ton schlug der Kommandeur der 3. SS-Panzer-Division „Totenkopf“ Theodor Eicke an. Er
bezeichnete den volksdeutschen Ersatz in seinem Verband als minderwertig und geistig zu-
rückgeblieben. Ferner beklagte er ihre mangelnde Lese- und Schreibkompetenz. Des Weiteren
beschrieb der Kommandeur die Auslandsdeutschen als ungehorsam und feige, auch verstan-
den sie die Kommandosprache nicht. Oftmals wurde ein Befehl mit der Begründung nicht
ausgeführt, dass man nicht verstanden habe, was der Offizier verlange. Laut Eicke werde der
Drückebergerei so Vorschub geleistet.266
Eine Möglichkeit den Kampfwert zu bestimmen liegt in der Betrachtung von erhaltenen Aus-
zeichnungen und Beförderungen. Leider gibt es hinsichtlich der Verteilung der Dienstgrade
keine Daten für Ungarndeutsche, es kann aber angenommen werden, dass Rumäniendeutsche
und Ungarndeutsche ähnliche Aufstiegschancen hatten und sich beide Nationalitäten ähnlich
hinsichtlich Dienstgraden verteilten. Beim III. SS-PzKps (germ.) lag der Anteil an Mann-
schaftsdienstgraden bei den Volksdeutschen bei über 90%, gerade einmal 0,62% bekleideten
einen Unteroffiziersrang. Der Posten des Offiziers blieb ihnen gar gänzlich verwehrt. Wenn
265
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 282. 266
Vgl. MICHAELIS, Volksdeutschen, S. 20, 23.
123
man diese Zahlen mit einer beliebigen SS-Division vergleicht, deren Stärke bei 20.000 Mann
liegt, so benötigt man zumindest 500 Führer, was einem Anteil von gut 2,5% entspricht. Zu-
sätzlich werden bis zu 4.000 Unterführer benötigt, die dann bis zu einem Fünftel der Gesamt-
stärke entsprechen. Die genannten Zahlen beziehen sich auf eine Erhebung innerhalb des
Korps im Dezember 1943. Wenn man die Verleihung von Orden innerhalb der Waffen-SS
betrachtet wird schnell klar, dass auch hier wieder die Stellung der Einheit innerhalb der Klas-
sifizierung eine tragende Rolle spielt. So erhielten hauptsächlich die Einheiten der Klasse eins
und zwei die meisten Ritterkreuze. Ein Drittel der SS-Verbände bekam 90% der Auszeich-
nungen verliehen, während Soldaten der 1., 2., 3. und 5. SS-Panzerdivision sogar 55% der
gestifteten Ehrungen überreicht bekamen. Diese Überlegungen schließen Volksdeutsche
grundsätzlich eher aus, da sie in diesen Verbänden eine kleine Minderheit stellten.267
Nach Beendigung des Polenfeldzuges wurde die Schaffung einer gänzlich neuen Auszeich-
nung beschlossen, dem „Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes“. Dies sollte an Soldaten vergeben
werden, die bereits das „Eiserne Kreuz“ in beiden Klassen erhalten hatten, sich aber weiterhin
durch ihre Tapferkeit oder andere Leistungen im Krieg ausgezeichnet hatten. Zwischen 1940
und 1944 wurden fünf Stufen der militärischen Ehrung eingeführt, wobei immer nur eine Stu-
fe auf einmal erreicht werden konnte, die vorherige Stufe musste allerdings vom Empfänger
in Empfang genommen worden sein. Allerdings wurden so Leistungen ungleich belohnt, es
schuf aber den Anreiz sich öfter besonders hervorzutun. Ab 1941 stieg die Zahl der Verlei-
hungen drastisch an, nicht weil die Anforderungen herabgesetzt wurden, sondern die Intensi-
tät der Kämpfe zunahm, was sich auch am Anstieg der Verluste messen lässt. Die geforderten
Leistungen für die Auszeichnung stiegen aber ebenso, so musste zum Beispiel ein Pilot gegen
Ende des Krieges deutlich höhere Abschusszahlen vorweisen können, als noch zu Beginn des
Konfliktes. Der Orden konnte grundsätzlich an alle Dienstgrade verliehen werden, Mann-
schaften und Unterführer mussten eine besonders tapfere oder heldenhafte Tat vollbringen
oder eine wichtige Entscheidung herbeigeführt haben. Offiziere hingegen konnten zusätzlich
für besonders schnelles und wagemutiges strategisches Handeln ausgezeichnet werden. Insge-
samt wurden während des Zweiten Weltkrieges über 5000 Stück zusammengenommen ver-
liehen. Eine verschwindend geringe Zahl an Soldaten der Wehrmacht bzw. Waffen-SS kamen
demnach in den Genuss damit geehrt zu werden.268
Die meisten Ritterkreuzträger innerhalb
der Waffen-SS waren Offiziere, was Volksdeutsche grundsätzlich eher ausschließen würde,
einzig die Zunahme an Verleihungen mit Fortdauer des Krieges würden die Auslandsdeut-
267
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 284f. 268
Vgl. CREVELD, Kampfkraft, S. 130f.
124
schen wieder begünstigen. Bei der Waffen-SS wurden insgesamt 410 Ritterkreuze verlie-
hen.269
Alles in allem wurden 112 Volksdeutsche mit Ritterkreuzen ausgezeichnet, neun da-
von stammten aus Rumänien, drei aus Ungarn. Die meisten Soldaten, die mit dieser Aus-
zeichnung honoriert wurden, stammten übrigens aus dem Sudetenland. Von den rumänien-
deutschen Soldaten, die ausgezeichnet wurden, dienten fünf in der Wehrmacht, drei davon in
der Luftwaffe und zwei beim Heer, wovon einer der Panzerwaffe und einer der Infanterie an-
gehörte. Alle fünf Wehrmachtssoldaten hatten zum Zeitpunkt ihrer Verleihung einen Offi-
ziersrang oder Unterführerrang inne. Walter Adolph, geboren 1913 in Fontanelle, erhielt sein
Ritterkreuz bereits im November 1940. Er bekleidete zu dem Zeitpunkt den Rang eines
Hauptmannes im Jagdgeschwader 26. Der aus Bukarest stammende Eitel-Albert Barth erhielt
sein Ritterkreuz im März 1943 als Oberleutnant beim Kampfgeschwader 55. Ewald Burian
stammte aus Tschernowitz und wurde als Oberst im Grenadier-Regiment 980 im Oktober
1944 mit der Auszeichnung geehrt. Dr. Johannes Erasmus bekam im April 1944 sein Ritter-
kreuz überreicht, zum damaligen Zeitpunkt diente er als Major im XXXXVIII. Pz. Korps.
Erasmus wurde 1913 in Atmagea geboren. Der letzte Rumäniendeutsche der die Ehrung er-
hielt war der 1925 in Minciuna geborene August Weichsel. Ende April 1945 wurde dem Un-
teroffizier aus dem Grenadier-Regiment 948 dieser Orden überreicht. Ebenso erhielten vier
Soldaten der Waffen-SS das Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes. Friedrich Buck wurde 1922 im
Banater Friendensthal geboren und erhielt im Jänner 1945 den begehrten Orden. Er bekleidete
den Rang eines SS-Oberscharführers im SS-Kavallerie-Regiment 15,270
das zur Division „Flo-
rian Geyer“ gehörte.271
Dr. Hans Lipinski, Jahrgang 1916 aus Tschernowitz, erhielt im Jänner
1945 das Ritterkreuz. Er kämpfte in der SS-Flak-Abteilung 18 als SS-Obersturmführer272
, die
der 18. SS-Freiwilligen-Panzergrenadier-Division „Horst Wessel“ angehörte.273
Arthur Phleps
erhielt im Juli 1943 das Ritterkreuz, da er in der Operation Weiß I und II die „Prinz Eugen“
durch schnelles und entschlossenes Handeln durch schwieriges Gelände zum Sieg geführt
hatte und dabei den jugoslawischen Partisanen schwere Verluste zugefügt werden konnten.
Seine persönliche Tapferkeit und überlegene Truppenführung wurden in diesem Zusammen-
hang besonders hervorgehoben. Der siebenbürgische General wurde posthum auch mit der
nächsthöheren Stufe, dem Eichenlaub zum Ritterkreuz, ausgezeichnet. Insgesamt erhielt der
Rumäniendeutsche 27 Ehrungen aus sieben verschiedenen Ländern und diente in drei ver-
269
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 285. 270
Vgl. MICHAELIS, Volksdeutschen, S. 133-135. 271
Vgl. MICHAELIS, Mythos, S. 140. 272
Vgl. MICHAELIS, Volksdeutschen, S. 134. 273
Vgl. MICHAELIS, Mythos, S. 208.
125
schiedenen Armeen, während der beiden Weltkriege.274
SS-Rottenführer Stefan Strapatin,
geboren 1922 in Ofzenitza, erhielt im November 1944 das Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes.
Er tat seinen Dienst im SS-Freiwilligen-Panzergrenadier-Regiment 49,275
welches zur 23. SS-
Freiwilligen-Panzergrenadier-Division „Nederland“ gehörte.276
Keiner der in der Waffen-SS dienenden Ungarndeutschen erhielt das Ritterkreuz. Alle drei
ungarndeutschen Ritterkreuzträger dienten in den Reihen der Wehrmacht, zwei von ihnen bei
der Luftwaffe, einer im Heer. Alfred Enßle, geboren 1912 in Minischtal, diente als Haupt-
mann beim Jagdgeschwader 76 als er am Silvestertag 1943 den Orden überreicht bekam. Der
aus Orsova stammende Stefan Fröhlich, Jahrgang 1896, bekam sein Ritterkreuz bereits im Juli
1940 verliehen. Er diente beim Jagdgeschwader 76 und hatte den Rang eines Generalmajors
inne. Als einziger Volksdeutscher Ungarns erhielt Franz Weber das Ritterkreuz des Eisernen
Kreuzes im Mannschaftsdienstgrad. Er wurde 1920 in Ober-Futok geboren und diente als
Obergefreiter im Jäger-Regiment 28. Sein Ritterkreuz erhielt er im Oktober 1944. Das ist um-
so bemerkenswerter, wenn man bedenkt, dass über 80% der Volksdeutschen, die mit der Eh-
rung bedacht wurden, dem Offiziers- oder Unteroffiziersstand entstammten.277
Ebenso wur-
den Volksdeutsche mit der „Nahkampfspange in Gold“ ausgezeichnet. Die Ehrung wurde
1942 von Hitler gestiftet und an jene Frontsoldaten ausgegeben, die mindestens 50 Nah-
kampftage vorweisen konnten. Der Führer bezeichnete die Ehrung als höchste infanteristische
Auszeichnung. 615 dieser Orden wurden im Krieg vergeben, wobei 115 an die Waffen-SS
gingen. Ganze sechs Spangen wurden an Rumäniendeutsche vergeben, der Ritterkreuzträger
Friedrich Buck konnte sich als einziger Volksdeutscher beide Orden verdienen. Daneben er-
hielten auch SS-Oberscharführer Willi Herbert, SS-Unterscharführer Franz Homolka, SS-
Rottenführer Arthur Christian und SS-Rottenführer Georg Hanzig die Ehrung im Dienste der
Waffen-SS. Der Wehrmachtssoldat Johann Jakel war der sechste rumäniendeutscher Träger
der Auszeichnung. Franz Homolka besaß zusätzlich das „Deutsche Kreuz in Gold“. Der An-
teil an rumäniendeutschen Empfängern entsprach ungefähr ihrem Anteil an der Gesamtstärke
in der Waffen-SS.278
Ein einziger Ungarndeutscher wurde mit der Nahkampfspange geehrt.
Interessanterweise wurde der ungarndeutsche SS-Unterscharführer Soltan Papp am 28. Jänner
1945 ausgezeichnet genau wie sein Kamerad Franz Homolka. Beide dienten in der ersten
274
Vgl. KALTENEGGER, Totenkopf, S. 105, 107f. 275
Vgl. MICHAELIS, Volksdeutschen, S. 135. 276
Vgl. MICHAELIS, Mythos, S. 239. 277
Vgl. MICHAELIS, Volksdeutschen, S. 133-135. 278
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 285.
126
Kompanie des SS-Panzergrenadier-Regiments 9,279
das Teil der SS-Division „Wiking“ war.280
Letztlich sollte allerdings davon Abstand genommen werden die Verleihungen von diversen
Orden als Indikator für die Kampfkraft, Motivation und Qualität von volksdeutschen Einhei-
ten genommen werden. Einerseits sind die Quellen unvollständig, andererseits geben sie oft
keinen Aufschluss über Herkunft oder Werdegang der Träger. So konnten die geehrten Mili-
tärs zwar in Südosteuropa geboren sein, aber zum Beispiel lange vor den Massenrekrutierun-
gen ihren Weg in das deutsche Militär gefunden haben. Ferner kann eine große Zahl an
Volksdeutschen nicht eindeutig bestimmten Einheiten zugeordnet werden. Ebenso wurde die
Volksgruppe auf diverse Verbände verteilt, was eine Bewertung zusätzlich erschwert. Der
niedrige Rang der meisten volksdeutschen Soldaten, die ausbleibende Angehörigenunterstüt-
zung sowie die Beurteilung der SS-Bürokratie sprechen eher gegen einen hohen Kampf-
wert.281
Der Großteil der Deutschen Trianon-Ungarns wurde im Zuge von Zwangsmusterun-
gen eingezogen, was der Motivation und Kampfmoral zusätzlich abträglich gewesen sein
dürfte.282
4.4. Verluste und Kriegsgefangenschaft:
Leider finden sich über ungarndeutsche Verluste nur ungenügende Aufzeichnungen, weshalb
an dieser Stelle die Verluste der rumäniendeutschen Volksgruppe genauer betrachtet werden
sollen. Die Klärung der letztendlichen Verlustzahlen ist aber auch im Falle der Deutschen
Rumäniens schwer realisierbar. So war es im Interesse der volksdeutschen Landsmannschaf-
ten zu hohe Verlustzahlen zu verschweigen, da viele der Mitglieder ehemalige Handlanger der
SS oder DViR waren. Für diese hätte eine hohe Gefallenenrate einen potenziellen politischen
und finanziellen Schaden bedeutet. Zudem wollte man von eigenen Fehlern ablenken und so
sollte die SS-Massenrekrutierung sowie deren Folgen möglichst verdrängt werden. Die Ver-
schleppung der Rumäniendeutschen in die Sowjetunion wurde ersatzweise zum tragenden
Wendepunkt in der Geschichte der Volksgruppe im 20. Jahrhundert erhoben. Eine Erhebung
über das Verbleiben der Freiwilligen der 1000-Mann-Aktion ergab, dass bis zu 350 Personen
gefallen sind und weitere 60 bis 80 als vermisst gemeldet wurden. Eine weitere Untersuchung
wurde durchgeführt, die von einer Gefallenenrate von 27,5% spricht, wobei eine Stichprobe
279
Vgl. MICHAELIS, Volksdeutschen, S. 136. 280
Vgl. MICHAELIS, Mythos, S. 112. 281
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 285f. 282
Vgl. FÜZES, Truppenersatz, S. 37.
127
von knapp 3.700 Soldaten herangezogen wurde. Wenn man also annimmt, dass ungefähr
60.000 rumäniendeutsche Soldaten in deutschen Uniformen gekämpft hatten, so käme man
auf 16.500 Gefallene. Zumindest kann diese Errechnung belegen, dass die Ausfälle in den
deutschen Streitkräften höher waren, als jene in der rumänischen Armee. Die Volksdeutschen
hätten im Militär ihres Heimatlandes also größere Überlebenschancen gehabt. Im Zweiten
Weltkrieg fielen schätzungsweise 310.000 SS-Männer, was bei einer Gesamtgröße der
Schutzstaffel von 900.000 Mann, einer Quote von ungefähr 33% entsprochen hätte. Wenn
man die Zahl an Soldaten allerdings auf eine Million setzt, was durchwegs realistisch scheint,
so sinkt der Wert auf 31% ab. Somit entspricht er der Gefallenenquote der Wehrmacht. Die
Verlustrate der Rumäniendeutschen wäre somit niedriger als die Quote innerhalb der Wehr-
macht und Waffen-SS und Wehrmacht insgesamt, allerdings höher als in der rumänischen
Armee, die mit gut 12% angegeben wird. Die Behauptung Volksdeutsche seien nur Kanonen-
futter kann in diesem Zusammenhang folglich nicht bestätigt werden. Grundsätzlich beein-
flusste weniger die Herkunft der Rekruten die Ausfallsrate, sondern eher der Zeitpunkt des
Eintritts ihre Überlebenswahrscheinlichkeit. Wenig verwunderlich fielen die meisten volks-
deutschen Rekruten in den letzten vier Monaten des Krieges. Im Vergleich zwischen Wehr-
macht und Waffen-SS fallen die höheren Verlustquoten der Schutzstaffel im Endkampf auf.
Dies lässt sich auf Fanatismus und Verzweiflung zurückführen, deutet aber zumindest auf
eine hohe Kampfbereitschaft und Motivation hin.283
Für Verluste an Ungarndeutschen gibt Wildmann 36.000 Personen an. Allerdings bezieht sich
die Zahl auf die Ausfälle in der Honvéd und den deutschen Verbänden. Zusätzlich führt er
noch 3.500 Vermisste in beiden Verbänden an. Beide Zahlenwerte sind aber Teil einer Auf-
schlüsselung von Gesamtverlusten der Volksgruppe während des Krieges, in der es allerdings
bei einer Annahme von 700.000 Ungarndeutschen zu Kriegsbeginn 65.000 ungeklärte Fälle
gibt. Die Zahlenwerte sollten demzufolge bestenfalls als erster Anhaltspunkt dienen, können
aber kein einigermaßen exaktes Ergebnis liefern.284
Die Kriegsgefangenschaft von volksdeutschen Soldaten wurde noch nicht erforscht, ebenso
wenig wie die der SS-Männer im Allgemeinen. Laut OKW waren mit 30. September 1944 5%
der Vermissten Soldaten der Waffen-SS und 65% Bedienstete des Heeres. Bei der Kapitulati-
on Nazideutschlands befanden sich über drei Millionen deutsche Soldaten in sowjetischer
Gefangenschaft. Laut Angabe der BRD betrug der Anteil an SS-Kriegsgefangenen in der
283
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 274-280. 284
Vgl. WILDMANN, Tragödie, S. 209f.
128
UdSSR 36%, was deutlich über dem Verhältnis zwischen Waffen-SS- und Wehrmachtssolda-
ten lag. Grundsätzlich mussten SS-Angehörige die Kriegsgefangenschaft nicht mehr fürchten
als Wehrmachtsangehörige, wenn man die Sterblichkeit während der Gefangenschaft ver-
gleicht. SS-Männer wurden aber oftmals mit längerer Haftdauer bestraft.285
III Schluss
Im Falle der Rumäniendeutschen lässt sich sagen, dass die Mehrheit sich freiwillig zu den
Deutschen meldete. Dennoch darf nicht außer Acht gelassen werden, dass der Eintritt in die
deutschen Streitkräfte nicht rein im germanophilen Rausch geschah, sondern für die meisten
als die beste mögliche Wahl erschien. Neben der sicherlich aktiven Unterstützung für das NS-
Regime, vor allem bei der jüngeren Generation, stand auch der Druck des nationalistischen
rumänischen Staates. Daneben waren Antibolschewismus, gesellschaftlicher Druck innerhalb
der Volksgruppe, simpler Pragmatismus und der Deutschlandmythos die treibenden Faktoren
für den Beitritt zur Waffen-SS. Die Niederlage der rumänischen Armee bei Stalingrad steiger-
te die Vorurteile gegenüber den Streitkräften des Heimatlandes noch mehr. Antonescus Ent-
scheidung die Armee auszubauen, beeinflusste ebenso die Entscheidung der Volksdeutschen
zu Gunsten des Reiches. Der Entschluss die Armee nicht zu demobilisieren, war für die Mas-
senrekrutierung von entscheidendem Erfolg wie der Vergleich mit Ungarn zeigte. Ferner wa-
ren die Argumente gegen einen Eintritt in die SS zu keinem Zeitpunkt wirklich überzeugend
oder gewichtig. Sogar die Gegner der Regimes waren sich der Notwendigkeit des Kampfes
gegen die Sowjetunion bewusst und erkannten die Vorteile, die ein Eintritt in die Waffen-SS
bot. Die Frage der Staatsloyalität stellte sich ebenfalls nicht, da Rumänien und Deutschland
im selben Bündnis gegen den selben Feind kämpften. Trotzdem muss an dieser Stelle an die
gewaltsamen Maßnahmen während der Rekrutierung erinnert werden, die von der Obrigkeit
geplant und autorisiert worden waren. Es ist aber davon auszugehen, dass die gesetzten
Schritte nur wenig Auswirkung auf die Entscheidung der Rekruten hatte. Dennoch stellte der
Eintritt in die SS den größten Meilenstein in der Geschichte der rumäniendeutschen Volks-
gruppe dar. Beinahe ein Drittel der Männer fiel und nur die wenigsten konnten in ihre alte
Heimat zurückkehren, was zu einer massenhaften Auswanderung im Zuge der Familienzu-
285
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 280-282.
129
sammenführung nach dem Zweiten Weltkrieg führte. Nur eine kleine Gruppe verblieb derweil
in Rumänien.286
Im Gegensatz zu den Volksdeutschen in Rumänien, ist eine abschließende Stellungnahme im
Falle der Ungarndeutschen deutlich schwieriger, allein schon wegen der fehlenden Literatur
und Beforschung. Auch wenn die Rekrutierungen in Ungarn eine höhere Zahl an potenziellen
Soldaten ergab, so kann mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass eine viel größere
Zahl von ihnen unter Zwang eingezogen wurde, als unter den Deutschen Rumäniens. Gerade
die deutschen Bewohner Trianon-Ungarns sträubten sich gegen einen Eintritt in das deutsche
Militär.287
Im Gegensatz dazu meldeten sich die Bewohner der „angegliederten“ Gebiete oft-
mals mit deutlich größerer Begeisterung, was im Falle des Batschgaus und Nordsiebenbür-
gens während der ersten Massenrekrutierung deutlich wurde. Mehrheitlich begründete sich
die Begeisterung in schlechten Erfahrungen mit dem ungarischen Staat.288
Ähnlich wie bei
den Rumäniendeutschen gab es unter den Ungarndeutschen überzeugte Nationalsozialisten
und ebenso Pragmatiker, die sich vom deutschen Militär eine bessere Behandlung erwarteten.
Viele wurden vom höheren Sold oder von der versprochenen Angehörigenunterstützung ge-
lockt. Manche wurden einfach durch gesellschaftlichen Druck oder Gewaltanwendung vor
eine Rekrutierungskommission getrieben. Interessanterweise finden sich in der Literatur oder
den Quellen keinerlei Angaben über die Sichtweise der Ungarndeutschen bezüglich Kommu-
nismus und Sowjetunion.289
Im Gegensatz zur Volksgruppe in Rumänien, dürfte die ungarn-
deutsche Gemeinschaft weit mehr in sich gespalten gewesen sein, was sich in der weit weni-
ger einheitlichen Haltung gegenüber dem Nationalsozialismus und den Massenrekrutierungen
widerspiegelt.290
Es könnte auch die stärkere Assimilierung der Volksgruppe und die Abkehr
vom donauschwäbischen Element sein, die letztlich die mögliche Verbundenheit zum Deut-
schen Reich nicht so stark aufkommen ließ.291
Letztlich bezahlten auch die Ungarndeutschen
ihre gewollte oder zwangsweise Kollaboration mit Nazideutschland mit der Vertreibung und
Deportation aus ihrer angestammten Heimat. Der große Exodus setzte nach dem Ungarnauf-
stand 1956 ein, nur ein kleiner Teil der einstigen Volksgemeinschaft blieb in der pannoni-
schen Tiefebene sesshaft.292
286
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 297-299. 287
Vgl. FÜZES, Truppenersatz, S. 37. 288
Vgl. MILATA, Antonescu, S. 121. 289
Vgl. WILDMANN, Tragödie, S. 181f. 290
Vgl. RÖDER, Ethnisierungsprozesse, S. 74. 291
Vgl. WILDMANN, Tragödie, S. 33f. 292
Vgl. MICHAELIS, Volksdeutschen, S. 54.
130
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