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Herausforderungen und Weichenstellungen im Gesundheitswesen:Die Notaufnahmen der Berliner Krankenhäuser
43. Berliner Krankenhausseminar
21. April 2010Stefan Poloczek
2
Was ist eine Notaufnahme?
• Rettungsstelle
• Notfallaufnahme
• Notfallambulanz
• Erste Hilfe
• Nothilfe
• Ambulanz
• Notambulanz
• Erste-Hilfe-Stelle
• ZNA
• 1. Hilfe
• Aufnahmestation
• Zentrale Aufnahmeeinheit
• Rettungszentrum
3
§ 2 (1) der "Vereinbarung über Regelungen für Zu- und Abschläge gemäß § 17b Absatz 1 Satz 4 KHG" der Selbstverwaltung sorgane
"Ein Krankenhaus nimmt an der stationären Notfallversorgung teil, sofern es
� dafür zugelassen ist
� eine Aufnahmebereitschaft Tag und Nacht sowie an Wochenenden
… gewährleistet ist
� eine Meldung gegenüber der Rettungsleitstelle … abgegeben wurde
� und die Möglichkeit der Intensivüberwachung sowie der
Intensivbeatmung besteht..."
4
Vorgaben zur Notfallversorgung in den Krankenhausplänen der Länder
• Explizite Angaben: 8 Länder
• Indirekte Angaben: 3 Länder
• Keine Angaben: 5 Länder
5
Landeskrankenhausplan 1999/2006
• Erste-Hilfe-Krankenhaus• Wohnortnahe Versorgung ambulanter Patienten
• Chirurgie, Innere, 24/7• Unfall-Krankenhaus
• Unfallchirurgische Abteilung
• OP-Bereitschaft inkl. Röntgen/Labor-Bereitschaft
• Hubschrauberlandeplatz
• Unfall-Schwerpunkt-Krankenhaus• Polytrauma-Versorgung
• Neurochirurgie
• Kopf-Fächer (Augen, HNO, MKG)
6
2 Sonderfunktion
16 Erste Hilfe-KH
16 Unfall-KH
Teilnahme an der Notfallversorgung
6 Unfall-Schwerpunkt-KH
7
Was hat sich seit 1999 geändert?
• Gesundheitspolitische Rahmenbedingungen
• Notfallmedizinische Schwerpunkte und Therapieziele
• Notfallversorgung ist Kern des Sicherstellungs-
auftrages der Länder
8http://www.bundesaerztekammer.de/downloads/Eckpunkte_Med_Notfallversorgung.pdf
9
Die 38 Notaufnahmen sind innerhalb 10 Minuten von 96% des Straßennetzes erreichbar
Quelle: Berliner Feuerwehr
20 min: 100%
10
Die 6 Notfallzentren sind innerhalb 10 Minuten von 71% des Straßennetzes erreichbar
Quelle: Berliner Feuerwehr
20 min: 84%
30 min: 94 %
11
Zentralisierte spezielle Notfallversorgung
• Schwerbrandverletzte (Unfallkrankenhaus Berlin)
• Herzchirurgische Notfälle (DHZB, Charité)
• Sonderisolierstationen (Charité, Bundeswehr-
krankenhaus)
• Regionales Strahlenschutzzentrum (Charité)
• Zentrum für hyperbare Sauerstofftherapie und
Tauchmedizin (Vivantes Klinikum im Friedrichshain)
12
Verzahnung mit der Notfallrettung
• Infrastrukturelle Voraussetzungen für die Anfahrt von
Rettungsdienstfahrzeugen
• Hubschrauberlandemöglichkeit (lt. KH-Plan: an 22 KH)
• Zentrale Anlaufstelle mit kurzen Wegen
• Kommunikationseinrichtungen zur Berliner Feuerwehr
und Senatsverwaltung für Gesundheit (Krisenstab)
13
Facharztstandard?
� "…Gefragt, welche Mindestqualifikation die diensthabenden Ärzte
in der Notfallaufnahme haben, räumen 74 % … ein, dass keine
Mindestqualifikation erforderlich ist.
� Weitere 19 % …gaben an, die Diensthabenden müssten
zumindest ein Jahr Berufserfahrung besitzen.
� Nur in 8% müssen die betreffenden Ärzte ihre Weiterbildung zum
Facharzt abgeschlossen haben..."
Dtsch Arztebl 2008; 105(14): A-732
14
Podiumsdiskussion Quo vadis - Notfallmedizin?
Mit Blick auf die Entwicklung in Europa möchte die Ärztekammer Berlin die Frage diskutieren, ob auch in
Deutschland ein Facharzt für Notfallmedizin sinnvoll ist.
30. April 2010, 18:00 bis 20:30 Uhr,Ärztekammer Berlin, Konferenzsaal
Friedrichstraße 16, 10969 Berlin
15
0
2
4
6
8
10
12
14
16
18
> 10% > 20% > 30% > 40% > 50%
11 Uhr
18 Uhr
23 Uhr
Anzahl der Intensivstationen/Sperrungen in % der Ta ge
Quelle: Berliner Feuerwehr 2007
16
Beabsichtigte Grundsätze KH-Plan 2010
• Überführung der dreistufigen (traumabezogenen) Einteilung in ein System mit zwei Kategorien
• Erste-Hilfe-KH und Unfall-KH werden Notfallkrankenhaus
• Unfall-Schwerpunkt-Krankenhaus wirdNotfallzentrum
• Ein Notfallkrankenhaus muss die Notfallversorgung in allen ausgewiesenen Disziplinen leisten
17
Teilnahme an der Notfallversorgung
Basisanforderung Notfallkrankenhaus
Trauma Neuro Kardio Päd PsychAugen HNO Uro
Chirurgie InnereAnästhesie
Intensivmedizin
Radiologie
Labor
Gyn
18
Teilnahme an der Notfallversorgung
Notfallzentrum
Trauma Neuro Kardio Päd PsychAugen HNO Uro
Chirurgie InnereAnästhesie
Intensivmedizin
Radiologie
Labor
Gyn
19
Teilnahme an der Notfallversorgung
Notfallkrankenhaus, Teilnahme an der Kardiologischen Notfallversorgung
Trauma Neuro Kardio Päd PsychAugen HNO Uro
Chirurgie InnereAnästhesie
Intensivmedizin
Radiologie
Labor
Gyn
20
Teilnahme an der Notfallversorgung
Notfallkrankenhaus, Teilnahme an der Notfallversorgung in den vorhandenen Abteilungen
Trauma Neuro Kardio Päd PsychAugen HNO Uro
Chirurgie InnereAnästhesie
Intensivmedizin
Radiologie
Labor
Gyn
21
Sonderfunktion (3)
Notfallkrankenhaus (32)
Notfallzentrum (6)
Krankenhäuser
Teilnahme an der Notfallversorgung 2010(geplant)
22
mit Notaufnahme am Standort
ohne Notaufnahme am Standort
Berliner Krankenhäuser Aufnahmeverpflichtung für psychiatrische Patienten
Kinder/Jugendliche
23
Anfahrten Notfallrettung 2009: ca. 200.000/Jahr
0
2.000
4.000
6.000
8.000
10.000
12.000
14.000
16.000
18.000
Quelle: Berliner Feuerwehr
10.000
24
Vorsorge für Großschadensfälle
• Verantwortliche in den Kliniken
• Erstellung und Aktualisierung von Alarm- und Einsatzplänen für Massenanfall von Verletzten
• Vorsorge für CBRN-Gefahren, Notdekontamination in allen 38 Kliniken, Schwerverletzten an 3 Kliniken
• Rückgrat der Vorsorge: Übungen
25
Übungen seit 25 Jahren in allen Notfallkrankenhäuse rn
26
Übungen seit 25 Jahren in allen Notfallkrankenhäuse rn
Quelle: ASB-Berlin
27
28
Übungen seit 25 Jahren in allen Notfallkrankenhäuse rn
29
Notdekontamination
30
Praxistest Verletztendekontamination
Erstversorgung Dekontamination
31
Wie viele Verletzte können in Berlin versorgt werden? Erfahrungen aus den Übungen
• Krankenhäuser sind spätestens nach 30 Minuten einsatzbereit
• Zusätzliche Patientenaufnahme:ca. 10% der Gesamtbetten (ohne Psychiatrie)
• Zusätzliche Aufnahme von Schwerverletzten:ca. 25% der Intensivbetten (ohne Neonatologie)
• Aufnahme innerhalb von zwei Stunden
Dies entspricht einer Aufnahmekapazität von etwa 2.000 Verletzten, davon 250 Schwerverletzten
32
Ist-Zustand der Notaufnahmen in Berlin
• Eindeutige Definition
• Keine Strukturräumlichen Defizite
• Hoher Versorgungsstandard
• Nachgewiesene positive Outcome-Daten
• Gute Vorbereitung auf Großschadensereignisse
• Überlastung in Spitzenzeiten
• Engpässe bei Intensivbetten
• Wartezeiten
• Facharztstandard?
33
Zukunftsfähig…?
Statistisches Bundesamt
1950 2001 20502001 2050
34
Zukunftsfähig...
• Interdisziplinäre Struktur• Einheitliche Leitung• Schnelle medizinische Erstsichtung• Qualifizierte Diagnostikmöglichkeiten• Ausreichend Intensivbetten• Keine "Sperrungen"• Vorsorge für den Großschadensfall• Psychiatrischer/psychosomatischer Konsildienst• Geriatrische und palliativmedizinische Kompetenz• Medizinische Auskünfte und soziale Funktion
35
Anzahl Besuche Notaufnahmen: ca. 1 Mio./Jahr
0
10.000
20.000
30.000
40.000
50.000
60.000
70.000
80.000
36
Hauptbelastung an Wochenenden/Feiertagen
• GRAFIK AUS UMFRAGE
0
500
1.000
1.500
2.000
2.500
3.000
3.500
4.000
4.500
Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo Di Mi Do Fr Sa So
Dez/Jan 08/09
Jan 09
Nov 08
24. - 26.12. 31.12./1.1.
Quelle: BKG/SenGesUmV
37
Warum steigt die Inanspruchnahme von Notfallrettung und Notaufnahme? Spekulationen:
• Bevölkerungszuwachs• Faulheit
• Taxi zur Notaufnahme
• Bildungsproblem
• Leute werden immer älter
• weniger niedergelassene Ärzte
• weniger Selbsthilfe
• Überangebot des Rettungsdienstes
• Überzogene Schulung von Rettungsassistenten
• Phänomen nur in der Stadt
• Einfluss des TV/Internet
• Falsche Anreizsysteme für Notärzte
• …
38
39
Rate der "ungerechtfertigten" Inanspruchnahme von Notaufnahmen
• Deutschland: 20-40 % (Kinder bis zu 90%)
• Spanien: 30 %
• Portugal: 31 %
• Frankreich: 35 %
• Türkei: 31 %
• USA: oft "regular source of care"
Klein 2008; Projektarbeit BSPH
40
Inanspruchnahme Berliner Notaufnahmen(Borde/Braun/David 2006)
• Nichtangemessene Nutzung ca. 40%;
• Prädiktoren:
• weibliches Geschlecht
• nichtdeutsche Ethnizität
• Alter < 30 Jahre
• Außerhalb der Sprechstundenzeiten
• Versicherung nicht über Sozialamt
41
Sozialstruktur
Meinlschmidt 1999
42
Inanspruchnahme Notfallrettung
Poloczek 2002
43
100
80
60
40
20
0210-1-2-3
r= - 0,67; p < 0,001
Sozialindex
Ein
sätz
e/1.
000
EW
/Jah
r
Sozialstruktur und Inanspruchnahme Notfallrettung
Poloczek 2002
44Sozialindex (Cluster)
Ein
satz
-Inz
iden
z (M
W, 9
5% K
I)
Einsatz-Inzidenz in Cluster ähnlicher Sozialstruktu r80
70
60
50
40
30günstig ungünstig
Poloczek 2002
45Erste-Hilfe-Stelle (Kinder) (4)
Ärztl. Bereitschaftsdienst (KV)
Erste-Hilfe-Stelle (1)
Z
Z Hausbesuchsdienst
46
Notfallversorgung der KV (Notfallpraxen, Hausbesuchsdienst)
150.000
175.000
200.000
225.000
250.000
275.000
300.000
1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007
GBE 2008, KV Berlin
47
Notaufnahmen der Krankenhäuserca. 1.000.000 Pat./Jahr
99 %10
%
?
Wo bekommt man schnell Hilfe?
Bereitschaftsdienst KVca. 160.000 Pat./Jahr
Notfallrettungca. 200.000 Pat./Jahr
Hausbesuche der Niedergelassenen Ärzte(alle Besuche, keine Daten über Notfallversorgung)
ca. 900.000 Pat./Jahr
48
Mögliche Maßnahmen zur Reduzierung der Belastung der Notaufnahmen
1. Bevölkerungsinformation
2. Weiterer Ausbau der ambulanten Notfallversorgung
3. Stärkung der Notaufnahmen auch für "Bagatellfälle"
49
Was ist ein Notfallpatient (1)?
§ 2 Absatz 2 Satz 2 Rettungsdienstgesetz Berlin
"Notfallpatienten sind Personen, die sich in einem lebensbedrohlichen Zustand befinden oder bei denen schwere gesundheitliche Schäden zu befürchten sind, wenn sie nicht umgehend geeignete medizinische Hilfe erhalten."
50
Was ist ein Notfallpatient (2)?
Schweizerische Gesellschaft für Notfall- und Rettungsmedizin 2009:
"Als Notfälle werden Veränderungen im Gesundheitszustand durch Krankheit oder Unfall bezeichnet, für welche der Patient selbst oder eine Drittperson unverzügliche medizinische Hilfe als notwendig erachtet"
51
Was ist ein Notfallpatient (3)?:"Emergencies: What are they ...?"
• Subjektive Wahrnehmung einer drohenden oder bereits eingetretenen Schädigung
• Zeitkritischer Charakter
• Fehlende Verfügbarkeit einer einfachen Problemlösungsstrategie
• Notwendigkeit der externen Hilfe
Shotland, J Pers Soc Psychol 1979
52
Was ist ein Notfallpatient (4)?:What is an emergency, and who wants to know?
• Der Patient kommt, wenn er einen akuten Behandlungsbedarf hat – vom verlorenen Rezept bis zur lebensbedrohlichen Erkrankung
• Notfallmedizin definiert sich einzig und allein durch die Behandlung dieser Patienten
• Nicht die richtige Definition des Notfalls ist das Problem, sondern fehlende "primary care" Strukturen
McCabe, Annals Emerg Med 1994
53
Erste-Hilfe-Stelle (Kinder) (4)
KH Sonderfunktion (3)
Notarzt (19)
Notfallkrankenhaus (32)
Notfallzentrum (6)
Krankenhäuser
Notfallrettung
Luftrettung (2)
Ärztl. Bereitschaftsdienst (KV)
Erste-Hilfe-Stelle (1)
Hausbesuchsdienst
54
Was definiert Notfallversorgung?
• Notfallversorgung ist zeitkritisch
• Nahezu alle Fachgebiete beinhalten Notfallsituationen, die
einer sofortigen klinischen Behandlung bedürfen
• Notfallmedizinische Strukturen haben immer einen
niedrigschwelligen und ungefilterten Zugang
• Notfallversorgung erfordert zunächst Generalisten und
generalistische Strukturen
• Notfallversorgung wird multidisziplinär unterstützt
55
Herausforderungen und Weichenstellungen
• Wissenschaftlicher Fortschritt
• Ökonomische Zwänge
• Demographische Entwicklung
• Zukunft der ambulanten (Notfall-)Versorgung
• z.B. Generationswechsel in der hausärztlichen
Versorgung
• z.B. Selektivverträge
• Definition von zukunftsfähigen Notaufnahmen
• Soziale Funktion der Notaufnahmen
56
www.notfallvorsorge-berlin.de
57
HERZLICHEN DANK
58
KontaktdatenSenatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz; Referat I FDr. Stefan PoloczekOranienstr. 10610969 BerlinTel. 030 – 9028 1510Fax. 030 – 9028 3170stefan.poloczek(at)senguv.berlin.dewww.notfallvorsorge-berlin.de
Hinweise:• Zur Verbesserung der Lesbarkeit oder aus Platzgründen wird zum Teil nur die
männliche Form bzw. Funktionsbezeichnung verwendet. Frauen sind selbstverständlich gleichgestellt.
• Aus organisatorischen Gründen kann die Datei nicht grundsätzlich barierrefrei zur Verfügung gestellt werden. Sollte dies gewünscht sein, bitten wir um Kontaktaufnahme.
• Eine Verwendung der Präsentation oder Auszüge davon ist unter Angabe der Quelle gestattet, Belegexemplar/Information erbeten.
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