"Zwei Bauchgefühle", Herbert Schmitz, Kreativdirektor bei Schröder+Schömbs PR, Berlin
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- 1. | ESSAY Werben & Verkaufen 18/2014 | 17 Zwei Bauchgefhle
MUSIKMARKETING Mit Zielgruppen zu interagieren steht hoch im Kurs.
Doch allzu viele Marken verlegen sich auf inhaltsleeres Geplnkel.
Es geht auch anders. Manche Marken haben etwas Verpeiltes. Bitte
lcheln, quengeln sie. Oder: Will nicht jemand was sagen? Und wer
lchelt oder was sagt, gewinnt vielleicht Kopfhrer oder ein
Schoko-Paket oder Gar- tenzubehr. Interaktion nennt sich das, der
Schauplatz heit Facebook, und es wirkt so unbeholfen, wie es ist.
Denn mehr als flchtige Begegnungen bringt das kaum ein. Zwar
huschen Leute vorbei, aber was sie im Sinn
haben,erinnertanKlingelstreiche,frdieBelohnungen winken.
Bemerkenswert ist allenfalls, dass Marken die Klingelstreiche
herbeisehnen und zhlen. Interaktions- rate heit das dann. Mitreiend
geht anders. Wenn Zielgruppen im Social Web vor Ungeduld fiebern.
Wenn sie Fotos und verwackelte Videos hochladen aus purer Lust,
Erlebtes zuteilen.WennKommentareausihnenheraussprudeln, weil sie
wollen, dass der Rest der Welt davon erfhrt
(oderzumindestderFreundeskreis).Mitinhaltsleerem Geplnkel lsst sich
das nicht erreichen. Wohl aber mit
Szenarien,diesichdenaufregendenGemeinsamkeiten widmen, dem
elektrisierenden Kern, in dem sich Le- bensart von Marke und
Zielgruppe treffen. Gibtsnicht?Gibts.MarkenwieJgermeister,Coca-
Cola oder Deutsche Telekom stellen das unter Beweis mit ihrem
Musikmarketing. Ob Rock, Pop oder Elektro Live Acts liefern, wo-
nach Communitys hungern: Gesprchsstoff. Wer in sozialen Medien
unterwegs ist, will sich schlielich austauschen. Und braucht dafr
Anlsse. Musikmar- ketingversorgtihndamit.DieRocknachtvomWochen-
ende lebt in Postings und Tweets wieder auf und macht im Netzwerk
die Runde. Links lotsen zu Mitschnitten und Backstage-Interviews,
Ankndigungen kursieren, die unter Fans die Vorfreude auf Kommendes
schren, Bandmitglieder melden sich zu Wort. Das hat eine andere
Qualitt als ein x-beliebiges Gewinnspiel auf irgendeiner
Facebook-Seite. Das ist Content. Und weil die Marke das
Musikereignis veran- staltet, schwingt sie offen oder im
Hintergrund stets mit.Vorausgesetzt,dasPublikumnimmtsiealsTeildes
Geschehens wahr, nicht als Fremdkrper. Damit das gelingt, brauchen
Marken nicht nur ein Bauchgefhl. Sie brauchen zwei. Bauchgefhl
Nummer eins betrifft das Gefhl der Marke fr sich selbst. Welche
Attribute kennzeichnen sie? Welches Genre, welche Kulisse passt
dazu? Natrlich kann man sinnieren, ob eine Marke wie Jgermeister
vielleicht auch mit Kammermusik Erfolg htte. Doch aus dem Bauch
heraus lsst sich sagen: Die Rock:Liga, die der Kruterlikr aus
Wolfenbttel jahrelang auf Tour schickte, war keine ble
Entscheidung. Noch heute fin- den sich auf Youtube Clips
begeisterter Zuschauer.
HipperDeutschrockinschweitreibenderAtmosphre: Das traf den Nerv der
(berwiegend jungen) Zielgrup- pe und beeinflusste das Image der
Partymarke. Denn der Musikevent selbst verstrkt Bauchgefhl Nummer
zwei (oder lsst es erst aufkeimen): das Gefhl der Zielgruppe fr die
Marke. Haben Zuschau- er eine gute Zeit, rechnen sie das dem
Initiator des Abends an, ob der nun Coca-Cola heit (Sound Up) oder
Deutsche Telekom (Electronic Beats). Das Publikum teilt sein
Erlebnis mit der Marke, und beide teilen es mit. Es braucht dafr
kein Bitte lcheln, kein hilfloses Will nicht jemand was sagen?
DasGesprchkommtunaufgefordertinGang.Schlicht weil es wert ist,
Thema zu sein. Weil die Beteiligten Spa hatten und darber sprechen
mchten. Das Teilen von Erlebnissen und Inhalten, so Telekom-
Musikmarketer Ralf Llsdorf, macht unsere Marke erlebbar und
erzhlbar. DieInteraktion,diesichdarausergibt,istuntrenn- bar
verbunden mit der Marke und zugleich emotional verankert in der
Zielgruppe. Im Idealfall entsteht da- raus ein kontinuierlicher
Austausch und unverwech- selbarer Content. Den Marken verschafft
das einen unschtzbaren Vorsprung. Im Wettbewerb um die
Aufmerksamkeit der Verbraucher (und deren Involve- ment) haben sie
dank Musikmarketing die Nase vorn. Auch weil sie bereits vor Jahren
den Grundstein legten und nicht erst, seit Content und Interaktion
en vogue sind. So en vogue, dass manche Marken sogar Klingel-
streiche herbeisehnen. Herbert Schmitz Der Hip-Hop-Fan ist
Kreativ-Direktor und Partner bei Schrder + Schmbs PR. Die Berliner
Agentur entwickelt Inhalte fr PR, Live Communica- tion und Social
Media. Schmitz betreute Live-Communication- Plattformen fr Mar- ken
wie Jgermeister, Reemtsma, Bacardi und Krombacher im Kontext Musik.
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