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Vereinbarungsgemäßes, aber funktionsuntaugliches Werk – Anmerkung zu BGH, Urteil vom 08.11.2007 - VII ZR 183/05 Dr. Traudel Blecher Der BGH setzt sich in BGH, Urteil vom 08.11.2007 - VII ZR 183/05 mit der Frage auseinander ob ein Werk mangelhaft ist, das der Beschaffenheitsvereinbarung entspricht, aber funktionsuntauglich ist und bejaht dies. Der vertraglich geschuldete Erfolg bestimme sich nicht allein nach der zu seiner Erreichung vereinbarten Leistung oder Ausführungsart, sondern danach, welche Funktion das Werk nach dem Willen der Parteien erfüllen soll. Der BGH knüpft damit an die Rechtsprechung zum Sachmangelbegriff vor der Schuldrechtsreform an (BGHZ 139, 244 (247); BGHZ 91, 206 (212f.); BGH BauR 1995, 230 (230). Hatten die Parteien eine bestimmte Ausführungsart vereinbart, mit der die Funktionstauglichkeit des Werkes nicht erreicht werden könne, so sei dennoch ein funktionstaugliches Werk geschuldet. Die Leistung des Auftragnehmers sei nur vertragsgerecht, wenn sie die Beschaffenheit aufweise, die für den vertraglich vorausgesetzten Gebrauch erforderlich sei. An dieser für das Werkvertragsrecht typischen Erfolgshaftung ändere sich nichts, wenn die Parteien eine bestimmte Ausführungsart vereinbart hätten. Hierbei konnte sich der BGH auch auf den Wortlaut des § 633 BGB a.F. stützen, der das Element der Gebrauchstauglichkeit des Werkes betonte. Fraglich erscheint allerdings, wie sich diese Rechtsprechung zum neuen Recht in das System des abgestuften Mängelbegriffs des § 633 Abs. 2 S.1 und 2 BGB einfügt. Wenig überzeugend erscheint die Auffassung von Gartz (NZBau 2012, 90 ff.), wonach die Funktionstauglichkeit in die Beschaffenheitsvereinbarung hineingelesen werden muss. Der BGH vertritt vielmehr einen weiten Beschaffenheitsbegriff. Dass das versprochene Werk funktionstauglich und zweckentsprechend sein muss, ist bereits Bestandteil des weit zu fassenden Begriffs der vereinbarten Beschaffenheit. Dies ergibt sich aus der Urteilsbegründung zu BGH VII ZR 183/05. Der BGH verweist auf die Entstehungsgeschichte des § 633 Abs. 2 BGB. In der Entwurfsbegründung zu dem wie § 633 Abs.2 Satz 1 BGB gleichlautenden § 434 Abs.1 Satz 1

Urteilsanmerkung Traudel Blecher

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Traudel Blecher, Urteilsanmerkung zu BGH, Urteil vom 08.11.2007 – VII ZR 183/05 Vereinbarungsgemäßes, aber funktionsuntaugliches Werk – Anmerkung zu BGH, Urteil vom 08.11.2007 - VII ZR 183/05 von Dr. Traudel Blecher

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Vereinbarungsgemäßes, aber funktionsuntaugliches Werk – Anmerkung zu BGH, Urteil vom 08.11.2007 - VII ZR 183/05

Dr. Traudel Blecher

Der BGH setzt sich in BGH, Urteil vom 08.11.2007 - VII ZR 183/05 mit der Frage auseinander ob ein Werk mangelhaft ist, das der Beschaffenheitsvereinbarung entspricht, aber funktionsuntauglich ist und bejaht dies. Der vertraglich geschuldete Erfolg bestimme sich nicht allein nach der zu seiner Erreichung vereinbarten Leistung oder Ausführungsart, sondern danach, welche Funktion das Werk nach dem Willen der Parteien erfüllen soll. Der BGH knüpft damit an die Rechtsprechung zum Sachmangelbegriff vor der Schuldrechtsreform an (BGHZ 139, 244 (247); BGHZ 91, 206 (212f.); BGH BauR 1995, 230 (230). Hatten die Parteien eine bestimmte Ausführungsart vereinbart, mit der die Funktionstauglichkeit des Werkes nicht erreicht werden könne, so sei dennoch ein funktionstaugliches Werk geschuldet. Die Leistung des Auftragnehmers sei nur

vertragsgerecht, wenn sie die Beschaffenheit aufweise, die für den vertraglich vorausgesetzten Gebrauch erforderlich sei. An dieser für das Werkvertragsrecht typischen Erfolgshaftung ändere sich nichts, wenn die Parteien eine bestimmte Ausführungsart vereinbart hätten. Hierbei konnte sich der BGH auch auf den Wortlaut des § 633 BGB a.F. stützen, der das Element der Gebrauchstauglichkeit des Werkes betonte.Fraglich erscheint allerdings, wie sich diese Rechtsprechung zum neuen Recht in das System des abgestuften Mängelbegriffs des § 633 Abs. 2 S.1 und 2 BGB einfügt. Wenig überzeugend erscheint die Auffassung von Gartz (NZBau 2012, 90 ff.), wonach die Funktionstauglichkeit in die Beschaffenheitsvereinbarung hineingelesen werden muss. Der BGH vertritt vielmehr einen weiten Beschaffenheitsbegriff. Dass das versprochene Werk funktionstauglich und zweckentsprechend sein muss, ist bereits Bestandteil des weit zu fassenden Begriffs der vereinbarten Beschaffenheit. Dies ergibt sich aus der Urteilsbegründung zu BGH VII ZR 183/05. Der BGH verweist auf die Entstehungsgeschichte des § 633 Abs. 2 BGB. In der Entwurfsbegründung zu dem wie § 633 Abs.2 Satz 1 BGB gleichlautenden § 434 Abs.1 Satz 1

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BGB, werde darauf hingewiesen, dass der Gesetzeswortlaut des neuen rechts den bisher geltenden subjektiven Mangelbegriff umsetzte (BT-Drucks. 14/6040, S.213). Damit sei dokumentiert, dass die Beurteilung der „vereinbarten Beschaffenheit im Sinne § 434 Abs. 1 S.1 BGB und des § 633 Abs.2 S. 1 BGB keinen neuen Maßstäben unterworfen werden solle.Im Ergebnis bedeutet dies allerding eine Aufweichung des Stufenverhältnisses des neuen Sachmangelbegriffes, der im Gesetzeswortlaute („sonst“) deutlich Niederschlag fand. Zugleich folgt hieraus eine Annäherung an die europäische Richtlinie in Art. 2 II VbrKfRL, die von einer Gleichrangigkeit der Kriterien für die Vertragsgemäßheit „Übereinstimmung mit Beschreibung, Proben, Mustern“, „Eignung für offenliegende Verwendungszwecke“, „Eignung für die gewöhnlichen Zwecke“ ausgeht.

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