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© 2010 German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)
Die Europäische Währungsunion in der Krise
Dr. Ulrich Volz, Deutsches Institut für Entwicklungspolitik
7. Dezember, TU Dresden
© 2010 German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)
Überblick
1. Die Kosten und Nutzen einer Währungsunion – Die Theorie optimaler Währungsräume und neuere Ansätze
2. Die gegenwärtigen Krise in der Euro-Zone und ihre Ursachen
3. Sollten die Krisenländer die Euro-Zone verlassen?
1. Die Kosten und Nutzen einer Währungsunion – Die Theorie optimaler Währungsräume und neuere Ansätze
© 2010 German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)
Nutzen einer Währungsunion nach „alter“ Lehre:
• Eliminierung des Wechselkursrisikos
• Reduktion von Transaktionskosten
• Handelsförderung
Kosten einer Währungsunion nach „alter“ Lehre:
• Verlust des Wechselkurses als wirtschaftspolitischem
Steuerungsinstrument
• Verlust der geldpolitischen Unabhängigkeit
Kosten und Nutzen einer Währungsunion
© 2010 German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)
Theorie optimaler Währungsräume nach Robert Mundell (1961) I:
• Optimalität eines Währungsraumes bemisst sich an der Fähigkeit, ein
externes Gleichgewicht bei gleichzeitiger Erreichung
binnenwirtschaftlicher Ziele herbeizuführen
• Ausgangspunkt: Untersuchung von Anpassungsmechanismen im Falle
asymmetrischer Schocks
Einfaches Modell:
• Zwei Länder (A und B) erzeugen je ein bestimmtes Produkt
• Durch einen exogenen Schock verschiebt sich die Nachfrage vom in
Land A hergestellten Produkt zum in Land B hergestellten Produkt
• Wie können in beiden Ländern Vollbeschäftigung und Preisstabilität
aufrechterhalten werden?
Kosten und Nutzen einer Währungsunion
© 2010 German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)
Kosten und Nutzen einer Währungsunion
© 2010 German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)
Theorie optimaler Währungsräume nach Robert Mundell (1961) II:
• Schock verursacht Ungleichgewicht
• Rückkehr zum Gleichgewicht erfordert Änderung des relativen
Preisverhältnisses
• Bei flexiblem Wechselkurs: Abwertung der Währung von A führt zu
niedrigeren Reallöhnen und Preisen, stärkerer Wettbewerbsposition,
einem Anziehen der Nachfrage und einem Rückgang der Arbeitslosigkeit
• Bei festem Wechselkurs: Rückgang der nominalen Löhne oder
internationale Arbeitsmobilität erforderlich
→ Kriterien: Arbeitsmobilität oder Flexibilität von Preisen und Löhnen
Kosten und Nutzen einer Währungsunion
© 2010 German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)
Erweiterung von Mundells Theorie optimaler Währungsräume I
– Ronald McKinnon (1963): Offenheitsgrad einer Wirtschaft
• Je offener eine Volkswirtschaft ist, desto weniger werden die Preise in
dieser Volkswirtschaft binnenwirtschaftlich bestimmt und desto flexibler
sind sie
• Nachfrageschocks wirken über Wechselkursänderungen auf die
Inlandspreise
• Eine Abwertung verteuert Importgüter – abhängig vom Effekt auf das
heimische Preisniveau verteuern sich auch Exportgüter
• Je offener eine Volkswirtschaft, desto weniger wirkungsvoll sind
nominelle Wechselkursänderungen
Kosten und Nutzen einer Währungsunion
© 2010 German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)
Erweiterung von Mundells Theorie optimaler Währungsräume II
– Peter Kenen (1969): Stand der Gütermarktintegration / Ähnlichkeit der Wirtschaftszyklen
• Je stärker die Verflechtung von Volkswirtschaften ist, desto
unwahrscheinlicher ist das Auftreten asymmetrischer Schocks
• Handelsintegration führt tendenziell zu Konvergenz von Ökonomien
– Peter Kenen (1969): Produktdiversifikation
• Je spezialisierter eine Region (ein Land) ist, desto höher ist die
Anfälligkeit für asymmetrische Schocks
• Hypothese: Ein hoher Anteil des sekundären und tertiären Sektors
spricht für ausgeprägte Produktdiversifikation
Kosten und Nutzen einer Währungsunion
© 2010 German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)
Neuere Ansätze I
• Ineffektivität von Geld- und Wechselkurspolitik zur Feinsteuerung einer
Volkswirtschaft („Tod der Phillips-Kurve“)
• Wechselkurs kann Ursache von Schocks sein, nicht nur
Anpassungsmechanismus
• Rationale Erwartungen: Unternehmer und Arbeitnehmer passen ihre
Positionen bei Tarifverhandlungen/Preisverhandlungen entsprechend
ihren Erwartungen der Inflationsentwicklung an
→ Die Glaubwürdigkeit der Zentralbankpolitik ist entscheidend,
zeitinkonsistente Politik ist zu vermeiden
• Währungsintegration zur Überwindung von Glaubwürdigkeitsproblemen
der Geldpolitik und Erlangung von Preisstabilität und somit niedrigeren
realen Zinsen
Kosten und Nutzen einer Währungsunion
© 2010 German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)
Neuere Ansätze II
• Dynamische Sichtweise: Kriterien sind nicht statisch zu betrachten!
• Jeffrey Frankel & Andrew Rose (1998): Endogenität der Kriterien eines
optimalen Währungsraums
Kosten und Nutzen einer Währungsunion
© 2010 German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)
Überblick
1. Die Kosten und Nutzen einer Währungsunion -- Die Theorie optimaler Währungsräume und neuere Ansätze
2. Die gegenwärtigen Krise in der Euro-Zone und ihre Ursachen
3. Sollten die Krisenländer die Euro-Zone verlassen?
2. Die gegenwärtigen Krise in der Euro-Zone und ihre Ursachen
© 2010 German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)
Steigende Kosten für Kredite von mehreren Euromitgliedern aufgrund schwindenden Vertrauens in deren Zahlungsfähigkeit
• „PIIGS“: Portugal, Irland, Italien, Griechenland, Spanien
Kredithilfen an Mitgliedsstaaten der Euro-Zone
• Mai 2010: bilaterale Kredite in Höhe von €110 Mrd. von EU-Staaten an
Griechenland
• Mai 2010 Schaffung eines „Euro-Schutzschirm“ mit einem Kreditrahmen
in Höhe von € 750 Mrd. von EU-Staaten und Internationalem
Währungsfonds (Europäischer Stabilisierungsmechanismus (EFSM) und
Stabilisierungsfazilität (EFSF))
• November 2010: € 67,5 Mrd. aus dem Euro-Schutzschirm an Irland
Die Krise in der Euro-Zone und ihre Ursachen
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Ursachen der Krise I
• Irland: Bankenkrise – Irische Regierung hat im September 1998 wegen
der weltweiten Finanzkrise für sämtliche Verpflichtungen der Banken des
Landes eine Bürgschaft gegeben (diese sind zwischenzeitlich von € 400
Mrd. auf € 440 Mrd. gestiegen)
• Griechenland: Desolate Staatsfinanzen aufgrund eines dysfunktionalen
Fiskalsystems, eines überdimensionierten öffentlichen Sektors und
endemischer Korruption
Die Krise in der Euro-Zone und ihre Ursachen
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Ursachen der Krise II
• Niedrige Zinsen nach Beitritt zur Euro-Zone haben Konsum und
Investitionen im Bausektor befeuert
→ Blasen im Immobiliensektor, die in der Finanzkrise geplatzt sind,
Einbruch im Bausektor schwächt nun Wachstum
• Zu unterschiedlichem Maße Wettbewerbsverlust innerhalb der
Währungsunion
Die Krise in der Euro-Zone und ihre Ursachen
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Die Krise in der Euro-Zone und ihre Ursachen
Quelle: OECD
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Die Krise in der Euro-Zone und ihre Ursachen
Quelle: OECD
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Die Krise in der Euro-Zone und ihre Ursachen
Quelle: OECD
© 2010 German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)
Die Krise in der Euro-Zone und ihre Ursachen
Quelle: IWF
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Die Krise in der Euro-Zone und ihre Ursachen
Quelle: IWF
© 2010 German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)
Die Krise in der Euro-Zone und ihre Ursachen
Quelle: Eurostat
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Die Krise in der Euro-Zone und ihre Ursachen
Quelle: Eurostat
© 2010 German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)
Überblick
1. Die Kosten und Nutzen einer Währungsunion -- Die Theorie optimaler Währungsräume und neuere Ansätze
2. Die gegenwärtigen Krise in der Euro-Zone und ihre Ursachen
3. Sollten die Krisenländer die Euro-Zone verlassen?3. Sollten die Krisenländer die Euro-Zone verlassen?
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Sollen die PIIGS die Euro-Zone verlassen?
Oftmals angeführte Argumente weshalb ein Ausscheiden aus der Euro-Zone den PIIGS helfen soll
• Sie könnten ihre nationalen Währungen abwerten und somit
Wettbewerbsfähigkeit gewinnen, ihre Exporte und somit ihr Wachstum
und die Steuereinnahmen steigern
• Sie könnten eine nationale Geldpolitik betreiben und somit ihre
Wirtschaft über niedrige Zinspolitik wieder beleben
Aber…
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Sollen die PIIGS die Euro-Zone verlassen?
Aber… (I)
• …eine Währungsabwertung würde aufgrund der großen Offenheit,
insbes. bei den kleineren Ökonomien (Griechenland, Irland, Portugal),
zu einem starken Anstieg des inländischen Preisniveaus führen und
somit die Wettbewerbsfähigkeit wieder schmälern
Total trade as % of GDP, June 2010
Quelle: Eigene Berechnung mit Daten von IWF und OECD
Germany 48.58
Greece 50.86
Ireland 111.42
Italy 37.56
Portugal 69.72
Spain 36.44
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Sollen die PIIGS die Euro-Zone verlassen?
Aber… (II)
• …die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) ist auf
historischem Tiefstand – nationale Zentralbanken würden kaum eine
expansivere Geldpolitik betreiben können – im Gegenteil: Die nationalen
Zentralbanken hätten mit Glaubwürdigkeitsproblemen und
entsprechenden Inflationserwartungen zu kämpfen
• …die Finanzinstitute der PIIGS-Länder werden durch die EZB mit
Liquidität versorgt und somit stabilisiert – dies würde bei einem Austritt
wegfallen
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Sollen die PIIGS die Euro-Zone verlassen?
Aber… (III)
• …die PIIGS sind derzeit zum Großteil in der eigenen Währung – dem
Euro – verschuldet. Bei einem Austritt aus der Euro-Zone müssten sie
sich wohl in Fremdwährung (Euro oder Dollar) verschulden
• …die Refinanzierungskosten der PIIGS-Regierungen sind in historischer
Betrachtung deutlich niedriger als vor dem Beitritt zur Währungsunion
und würden bei einem ein Austritt aus der Euro-Zone wegen des
Währungsrisikos massiv ansteigen
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Sollen die PIIGS die Euro-Zone verlassen?
Quelle: Bloomberg
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Sollen die PIIGS die Euro-Zone verlassen?
Daher:
• Ein Ausscheiden aus der Euro-Zone wäre für die PIIGS von Nachteil
• Zudem wäre die politische Wirkung mit Blick auf die Zukunft der
europäischen Integration fatal
Notwendig sind:
• Neue Regeln für fiskalische Disziplin in der Euro-Zone
• Ein geordnetes Verfahren für die Insolvenz überschuldeter Euro-
Staaten, welches private Akteure einbezieht
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Neues Buch!
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