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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949* Gliederung I. Die Grundrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . Art. 1 19 II. Der Bund und die Länder . . . . . . . . . . Art. 20 37 III. Der Bundestag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Art. 38 48 IV. Der Bundesrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Art. 50 53 IVa. Gemeinsamer Ausschuß . . . . . . . . . . . . Art. 53 a V. Der Bundespräsident . . . . . . . . . . . . . . Art. 54 61 VI. Die Bundesregierung . . . . . . . . . . . . . . Art. 62 69 VII. Die Gesetzgebung des Bundes . . . . . . . Art. 70 82 VIII. Die Ausführung der Bundesgesetze und die Bundesverwaltung . . . . . . . . . . . . . Art. 83 91 VIIIa. Gemeinschaftsaufgaben . . . . . . . . . . . . Art. 91 a – 91 b IX. Die Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . Art. 92 – 104 X. Das Finanzwesen . . . . . . . . . . . . . . . . . Art. 104 a – 115 Xa. Verteidigungsfall . . . . . . . . . . . . . . . . . Art. 115 a – 115 l XI. Übergangs- und Schlußbestimmungen Art. 116 – 146 Der Parlamentarische Rat hat am 23. Mai 1949 in Bonn am Rhein in öffentlicher Sitzung festgestellt, dass das am 8. Mai des Jahres 1949 vom Parlamentarischen Rat beschlossene Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der Woche vom 16.–22. Mai 1949 durch die Volksvertretungen von mehr als Zweidritteln der betei- ligten deutschen Länder angenommen worden ist. Auf Grund dieser Feststellung hat der Parlamentarische Rat, vertre- ten durch seine Präsidenten, das Grundgesetz ausgefertigt und ver- kündet. 7 * Zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. 07. 2010, BGBl. 2010 I, S. 944.

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Grundgesetz für dieBundesrepublik Deutschland

vom 23. Mai 1949*

Gliederung

I. Die Grundrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . Art. 1 – 19II. Der Bund und die Länder . . . . . . . . . . Art. 20 – 37

III. Der Bundestag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Art. 38 – 48IV. Der Bundesrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Art. 50 – 53

IVa. Gemeinsamer Ausschuß . . . . . . . . . . . . Art. 53 aV. Der Bundespräsident . . . . . . . . . . . . . . Art. 54 – 61

VI. Die Bundesregierung . . . . . . . . . . . . . . Art. 62 – 69VII. Die Gesetzgebung des Bundes . . . . . . . Art. 70 – 82

VIII. Die Ausführung der Bundesgesetze unddie Bundesverwaltung . . . . . . . . . . . . . Art. 83 – 91

VIIIa. Gemeinschaftsaufgaben . . . . . . . . . . . . Art. 91 a– 91 bIX. Die Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . Art. 92 – 104X. Das Finanzwesen . . . . . . . . . . . . . . . . . Art. 104 a– 115

X a. Verteidigungsfall . . . . . . . . . . . . . . . . . Art. 115 a– 115 lXI. Übergangs- und Schlußbestimmungen Art. 116 – 146

Der Parlamentarische Rat hat am 23. Mai 1949 in Bonn am Rheinin öffentlicher Sitzung festgestellt, dass das am 8. Mai des Jahres1949 vom Parlamentarischen Rat beschlossene Grundgesetz für dieBundesrepublik Deutschland in der Woche vom 16.–22. Mai 1949durch die Volksvertretungen von mehr als Zweidritteln der betei-ligten deutschen Länder angenommen worden ist.

Auf Grund dieser Feststellung hat der Parlamentarische Rat, vertre-ten durch seine Präsidenten, das Grundgesetz ausgefertigt und ver-kündet.

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* Zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. 07. 2010, BGBl. 2010 I, S. 944.

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Das Grundgesetz wird hiermit gemäß Artikel 145 Absatz 3 imBundesgesetzblatt veröffentlicht.

Präambel

Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen,von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem ver-einten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat sich das Deut-sche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundge-setz gegeben.Die Deutschen in den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Ber-lin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vor-pommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz,Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thü-ringen haben in freier Selbstbestimmung die Einheit und FreiheitDeutschlands vollendet. Damit gilt dieses Grundgesetz für dasgesamte Deutsche Volk.

I. Die Grundrechte

Artikel 1 [Menschenwürde, Rechtsverbindlichkeit der Grundrechte](1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten undzu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichenund unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jedermenschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit inder Welt.(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, voll-ziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendesRecht.

Artikel 2 [Freiheit der Person](1) Jeder hat das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit,soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die ver-fassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nurauf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

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Präambel GG

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Artikel 3 [Gleichheit vor dem Gesetz](1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördertdie tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauenund Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteilehin.(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung,seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seinesGlaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benach-teiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behin-derung benachteiligt werden.

Artikel 4 [Glaubens- und Gewissensfreiheit](1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit desreligiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit derWaffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

Artikel 5 [Freiheit der Meinungsäußerung, Freiheit von Kunst,Wissenschaft und Lehre]

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bildfrei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugäng-lichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit unddie Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film wer-den gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften derallgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutzeder Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. DieFreiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

Artikel 6 [Ehe und Familie](1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz derstaatlichen Ordnung.(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht derEltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihreBetätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

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Artikel 3 GG

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(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kindernur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden,wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinderaus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorgeder Gemeinschaft.(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung diegleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklungund ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichenKindern.

Artikel 7 [Schulwesen](1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.(2) Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die Teilnah-me des Kindes am Religionsunterricht zu bestimmen.(3) Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mitAusnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach.Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes wird der Religions-unterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Reli-gionsgemeinschaften erteilt. Kein Lehrer darf gegen seinen Willenverpflichtet werden, Religionsunterricht zu erteilen.(4) Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird gewähr-leistet. Private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen bedürfender Genehmigung des Staates und unterstehen den Landesgesetzen.Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die privaten Schulen inihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaft-lichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichenSchulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach denBesitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Die Genehmi-gung ist zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stel-lung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist.(5) Eine private Volksschule ist nur zuzulassen, wenn die Unter-richtsverwaltung ein besonderes pädagogisches Interesse anerkenntoder, auf Antrag von Erziehungsberechtigten, wenn sie als Gemein-schaftsschule, als Be kennt nis- oder Weltanschauungsschule errich-tet werden soll und eine öffent liche Volksschule dieser Art in derGemeinde nicht besteht.(6) Vorschulen bleiben aufgehoben.

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Artikel 7 GG

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Artikel 8 [Versammlungsfreiheit](1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oderErlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Rechtdurch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

Artikel 9 [Vereins- und Koalitionsfreiheit](1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaftenzu bilden.(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Straf-gesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßigeOrdnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung rich-ten, sind verboten.(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- undWirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jeder-mann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Rechteinschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hieraufgerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach denArtikeln 12 a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrungund Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Ver-einigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.

Artikel 10 [Brief- und Postgeheimnis](1) Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnissind unverletzlich.(2) Beschränkungen dürfen nur auf Grund eines Gesetzes ange-ordnet werden. Dient die Beschränkung dem Schutze der freiheit-lichen demokratischen Grundordnung oder des Bestandes oder derSicherung des Bundes oder eines Landes, so kann das Gesetz be -stimmen, dass sie dem Betroffenen nicht mitgeteilt wird und dassan die Stelle des Rechtsweges die Nachprüfung durch von derVolksvertretung bestellte Organe und Hilfsorgane tritt.

Artikel 11 [Freizügigkeit](1) Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet.(2) Dieses Recht darf nur durch Gesetz oder auf Grund einesGesetzes und nur für die Fälle eingeschränkt werden, in denen eine

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Artikel 8 GG

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ausreichende Lebensgrundlage nicht vorhanden ist und der Allge-meinheit daraus besondere Lasten entstehen würden oder in denenes zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder diefreiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder einesLandes, zur Bekämpfung von Seuchengefahr, Naturkatastrophenoder besonders schweren Unglücksfällen, zum Schutze der Jugendvor Verwahrlosung oder um strafbaren Handlungen vorzubeugen,erforderlich ist.

Artikel 12 [Freie Berufswahl](1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Aus-bildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durchGesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden,außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle glei-chen öffentlichen Dienstleistungspflicht.(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Frei-heitsentziehung zulässig.

Artikel 12 a [Dienstpflicht](1) Männer können vom vollendeten achtzehnten Lebensjahr anzum Dienst in den Streitkräften, im Bundesgrenzschutz oder ineinem Zivilschutzverband verpflichtet werden.(2) Wer aus Gewissensgründen den Kriegsdienst mit der Waffeverweigert, kann zu einem Ersatzdienst verpflichtet werden. DieDauer des Ersatzdienstes darf die Dauer des Wehrdienstes nichtübersteigen. Das Nähere regelt ein Gesetz, das die Freiheit derGewissensentscheidung nicht beeinträchtigen darf und auch eineMöglichkeit des Ersatzdienstes vorsehen muss, die in keinemZusammenhang mit den Verbänden der Streitkräfte und desBundesgrenzschutzes steht.(3) Wehrpflichtige, die nicht zu einem Dienst nach Absatz 1 oder2 herangezogen sind, können im Verteidigungsfalle durch Gesetzoder auf Grund eines Gesetzes zu zivilen Dienstleistungen fürZwecke der Verteidigung einschließlich des Schutzes der Zivilbe-völkerung in Arbeitsverhältnisse verpflichtet werden; Verpflichtun-gen in öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse sind nur zur Wahr-nehmung polizeilicher Aufgaben oder solcher hoheitlichen Aufga-

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Artikel 12 GG

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ben der öffentlichen Verwaltung, die nur in einem öffentlich-recht-lichen Dienstverhältnis erfüllt werden können, zulässig. Arbeitsver-hältnisse nach Satz 1 können bei den Streitkräften, im Bereichihrer Versorgung sowie bei der öffentlichen Verwaltung begründetwerden; Verpflichtungen in Arbeitsverhältnisse im Bereich der Ver-sorgung der Zivil bevölkerung sind nur zulässig, um ihren lebens-notwendigen Bedarf zu decken oder ihren Schutz sicherzustellen.(4) Kann im Verteidigungsfalle der Bedarf an zivilen Dienst leis -tun gen im zivilen Sanitäts- und Heilwesen sowie in der ortsfestenmilitärischen Lazarettorganisation nicht auf freiwilliger Grundlagegedeckt werden, so können Frauen vom vollendeten achtzehntenbis zum vollendeten fünf und fünf zigsten Lebensjahr durch Gesetzoder auf Grund eines Gesetzes zu derartigen Dienstleistungen her-angezogen werden. Sie dürfen auf keinen Fall zum Dienst mit derWaffe verpflichtet werden.(5) Für die Zeit vor dem Verteidigungsfalle können Verpflichtun-gen nach Absatz 3 nur nach Maßgabe des Artikels 80 a Abs. 1begründet werden. Zur Vorbereitung auf Dienstleistungen nachAbsatz 3, für die besondere Kenntnisse oder Fertigkeiten erforder-lich sind, kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes dieTeilnahme an Ausbildungsveranstaltungen zur Pflicht gemachtwerden. Satz 1 findet insoweit keine Anwendung.(6) Kann im Verteidigungsfalle der Bedarf an Arbeitskräften fürdie in Absatz 3 Satz 2 genannten Bereiche auf freiwilliger Grundla-ge nicht gedeckt werden, so kann zur Sicherung dieses Bedarfs dieFreiheit der Deutschen, die Ausübung eines Berufs oder denArbeitsplatz aufzugeben, durch Gesetz oder auf Grund eines Geset-zes eingeschränkt werden. Vor Eintritt des Verteidigungsfalles giltAbsatz 5 Satz 1 entsprechend.

Artikel 13 [Unverletzlichkeit der Wohnung](1) Die Wohnung ist unverletzlich.(2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr imVerzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderenOrgane angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Formdurchgeführt werden.(3) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, dass jemandeine durch Gesetz einzeln bestimmte besonders schwere Straftat

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Artikel 13 GG

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begangen hat, so dürfen zur Verfolgung der Tat auf Grund richter-licher Anordnung technische Mittel zur akustischen Überwachungvon Wohnungen, in denen der Beschuldigte sich vermutlich auf-hält, eingesetzt werden, wenn die Erforschung des Sachverhalts aufandere Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre.Die Maßnahme ist zu befristen. Die Anordnung erfolgt durcheinen mit drei Richtern besetzten Spruchkörper. Bei Gefahr imVerzuge kann sie auch durch einen einzelnen Richter getroffenwerden.(4) Zur Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicher-heit, insbesondere einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr,dürfen technische Mittel zur Überwachung von Wohnungen nurauf Grund richterlicher Anordnung eingesetzt werden. Bei Gefahrim Verzuge kann die Maßnahme auch durch eine andere gesetzlichbestimmte Stelle angeordnet werden; eine richterliche Entschei-dung ist unverzüglich nachzuholen.(5) Sind technische Mittel ausschließlich zum Schutze der beieinem Einsatz in Wohnungen tätigen Personen vorgesehen, kanndie Maßnahme durch eine gesetzlich bestimmte Stelle angeordnetwerden. Eine anderweitige Verwertung der hierbei erlangtenErkenntnisse ist nur zum Zwecke der Strafverfolgung oder derGefahrenabwehr und nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeitder Maßnahme richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im Verzuge istdie richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.(6) Die Bundesregierung unterrichtet den Bundestag jährlich überden nach Absatz 3 sowie über den im Zuständigkeitsbereich desBundes nach Absatz 4 und, soweit richterlich überprüfungsbedürf-tig, nach Absatz 5 erfolgten Einsatz technischer Mittel. Ein vomBundestag gewähltes Gremium übt auf der Grundlage diesesBerichts die parlamentarische Kontrolle aus. Die Länder ge währ -leis ten eine gleichwertige parlamentarische Kontrolle.(7) Eingriffe und Beschränkungen dürfen im übrigen nur zurAbwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzel-ne Personen, auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung drin-gender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, ins-besondere zur Behebung der Raumnot, zur Bekämpfung von Seu-chengefahr oder zum Schutze gefährdeter Jugendlicher vorgenom-men werden.

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Artikel 13 GG

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Artikel 14 [Gewährleistung des Eigentums](1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhaltund Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohleder Allgemeinheit dienen.(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig.Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, dasArt und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung istunter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und derBeteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung stehtim Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

Artikel 15 [Überführung in Gemeineigentum]Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel könnenzum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz, das Art undAusmaß der Entschädigung regelt, in Gemeineigentum oder inandere Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden. Für dieEntschädigung gilt Artikel 14 Abs. 3 Satz 3 und 4 entsprechend.

Artikel 16 [Staatsangehörigkeit, Auslieferung](1) Die deutsche Staatsangehörigkeit darf nicht entzogen werden.Der Verlust der Staatsangehörigkeit darf nur auf Grund einesGesetzes und gegen den Willen des Betroffenen nur dann eintre-ten, wenn der Betroffene dadurch nicht staatenlos wird.(2) Kein Deutscher darf an das Ausland ausgeliefert werden.Durch Gesetz kann eine abweichende Regelung für Auslieferungenan einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder an einenInternationalen Gerichtshof getroffen werden, soweit rechtsstaatli-che Grundsätze gewahrt sind.

Artikel 16 a [Asylrecht](1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitglied-staat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderenDrittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über dieRechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze derMenschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staatenaußerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Vorausset-zungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustim-mung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einemhiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

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Artikel 14 GG

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(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf,können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund derRechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischenVerhältnisse gewährleistet erscheint, dass dort weder politische Ver-folgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oderBehandlung stattfindet. Es wird vermutet, dass ein Ausländer auseinem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachenvorträgt, die die Annahme begründen, dass er entgegen dieser Ver-mutung politisch verfolgt wird.(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird inden Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlichunbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten,durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an derRechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfangkann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen un be rück -sich tigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen vonMitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinanderund mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung derVerpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung derFlüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechteund Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaatensichergestellt sein muss, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfungvon Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennungvon Asylentscheidungen treffen.

Artikel 17 [Petitionsrecht]Jedermann hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mitanderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständi-gen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden.

Artikel 17 a [Einschränkung der Grundrechte im Wehrdienst](1) Gesetze über Wehrdienst und Ersatzdienst können bestimmen,dass für die Angehörigen der Streitkräfte und des Ersatzdiensteswährend der Zeit des Wehr- oder Ersatzdienstes das Grundrecht,seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu ver-breiten (Artikel 5 Abs. 1 Satz 1 erster Halbsatz), das Grundrechtder Versammlungsfreiheit (Artikel 8) und das Petitionsrecht (Arti-

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Artikel 17 GG

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kel 17), soweit es das Recht gewährt, Bitten oder Beschwerden inGemeinschaft mit anderen vorzubringen, eingeschränkt werden.(2) Gesetze, die der Verteidigung einschließlich des Schutzes derZivilbevölkerung dienen, können bestimmen, dass die Grundrech-te der Freizügigkeit (Artikel 11) und der Unverletzlichkeit derWohnung (Artikel 13) eingeschränkt werden.

Artikel 18 [Verwirkung von Grundrechten]Wer die Freiheit der Meinungsäußerung, insbesondere die Pressefrei-heit (Artikel 5 Abs. 1), die Lehrfreiheit (Artikel 5 Abs. 3), die Ver-sammlungsfreiheit (Artikel 8), die Vereinigungsfreiheit (Artikel 9),das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis (Artikel 10), das Eigen-tum (Artikel 14) oder das Asylrecht (Artikel 16 a) zum Kampfegegen die freiheitliche demokratische Grundordnung mißbraucht,verwirkt diese Grundrechte. Die Verwirkung und ihr Ausmaß wer-den durch das Bundesverfassungsgericht ausgesprochen.

Artikel 19 [Einschränkung der Grundrechte, Gewährleistung desRechtsweges]

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetzoder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muss dasGesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdemmuss das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehaltangetastet werden.(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Perso-nen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechtenverletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andereZuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweggegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

II. Der Bund und die Länder

Artikel 20 [Staatsform, Rechtsstaatlichkeit](1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer undsozialer Bundesstaat.

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Artikel 18 GG

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(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wah-len und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzge-bung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, dievollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz undRecht gebunden.(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen,haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andereAbhilfe nicht möglich ist.

Artikel 20 a [Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen und der Tiere]Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Genera-tionen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rah-men der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebungund nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehendeGewalt und die Rechtsprechung.

Artikel 21 [Die Parteien](1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung desVolkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung mussdemokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über dieHerkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögenöffentlich Rechenschaft geben.(2) Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrerAnhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grund-ordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestandder Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungs-widrig. Über die Frage der Verfassungswidrigkeit entscheidet dasBundesverfassungsgericht.(3) Das Nähere regeln Bundesgesetze.

Artikel 22 [Hauptstadt; Bundesflagge](1) Die Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland ist Berlin.Die Repräsentation des Gesamtstaates in der Hauptstadt ist Aufga-be des Bundes. Das Nähere wird durch Bundesgesetz geregelt.(2) Die Bundesflagge ist schwarz-rot-gold.

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Artikel 20 a GG

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Artikel 23 [Die Europäische Union](1) Zur Verwirklichung eines vereinten Europas wirkt die Bundes-republik Deutschland bei der Entwicklung der EuropäischenUnion mit, die demokratischen, rechtsstaatlichen, sozialen undföderativen Grundsätzen und dem Grundsatz der Subsidiarität ver-pflichtet ist und einen diesem Grundgesetz im wesentlichen ver-gleichbaren Grundrechtsschutz gewährleistet. Der Bund kann hier-zu durch Gesetz mit Zustimmung des Bundesrates Hoheitsrechteübertragen. Für die Begründung der Europäischen Union sowie fürÄnderungen ihrer vertraglichen Grundlagen und vergleichbareRegelungen, durch die dieses Grundgesetz seinem Inhalt nachgeändert oder ergänzt wird oder solche Änderungen oder Ergän-zungen ermöglicht werden, gilt Artikel 79 Abs. 2 und 3.(1a) Der Bundestag und der Bundesrat haben das Recht, wegenVerstoßes eines Gesetzgebungsakts der Europäischen Union gegendas Subsidiaritätsprinzip vor dem Gerichtshof der EuropäischenUnion Klage zu erheben. Der Bundestag ist hierzu auf Antrag einesViertels seiner Mitglieder verpflichtet. Durch Gesetz, das derZustimmung des Bundesrates bedarf, können für die Wahrneh-mung der Rechte, die dem Bundestag und dem Bundesrat in denvertraglichen Grundlagen der Europäischen Union eingeräumtsind, Ausnahmen von Artikel 42 Abs. 2 Satz 1 und Art. 52 Abs. 3Satz 1 zugelassen werden.(2) In Angelegenheiten der Europäischen Union wirken derBundestag und durch den Bundesrat die Länder mit. Die Bundes-regierung hat den Bundestag und den Bundesrat umfassend undzum frühestmöglichen Zeitpunkt zu unterrichten.(3) Die Bundesregierung gibt dem Bundestag Gelegenheit zurStel lung nahme vor ihrer Mitwirkung an Rechtsetzungsakten derEuropäischen Union. Die Bundesregierung berücksichtigt die Stel-lungnahmen des Bundestages bei den Verhandlungen. Das Nähereregelt ein Gesetz.(4) Der Bundesrat ist an der Willensbildung des Bundes zu beteili-gen, soweit er an einer entsprechenden innerstaatlichen Maßnahmemitzuwirken hätte oder soweit die Länder innerstaatlich zuständigwären.(5) Soweit in einem Bereich ausschließlicher Zuständigkeiten desBundes Interessen der Länder berührt sind oder soweit im übrigen

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Artikel 23 GG

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der Bund das Recht zur Gesetzgebung hat, berücksichtigt dieBundesregierung die Stellungnahme des Bundesrates. Wenn imSchwerpunkt Gesetzgebungsbefugnisse der Länder, die Einrichtungihrer Behörden oder ihre Verwaltungsverfahren betroffen sind, istbei der Willensbildung des Bundes insoweit die Auffassung desBundesrates maßgeblich zu berücksichtigen; dabei ist die gesamt-staatliche Verantwortung des Bundes zu wahren. In Angelegenhei-ten, die zu Ausgabenerhöhungen oder Einnahmeminderungen fürden Bund führen können, ist die Zustimmung der Bundesregie-rung erforderlich.(6) Wenn im Schwerpunkt ausschließliche Gesetzgebungsbefug-nisse der Länder auf den Gebieten der schulischen Bildung, derKultur oder des Rundfunks betroffen sind, wird die Wahrnehmungder Rechte, die der Bundesrepublik Deutschland als Mitgliedstaatder Europäischen Union zustehen, vom Bund auf einen vomBundesrat benannten Vertreter der Länder übertragen. Die Wahr-nehmung der Rechte erfolgt unter Beteiligung und in Abstimmungmit der Bundesregierung; dabei ist die gesamtstaatliche Verantwor-tung des Bundes zu wahren.(7) Das Nähere zu den Absätzen 4 bis 6 regelt ein Gesetz, das derZustimmung des Bundesrates bedarf.

Artikel 24 [Übertragung von Hoheitsrechten auf zwischenstaatliche Einrichtungen]

(1) Der Bund kann durch Gesetz Hoheitsrechte auf zwischenstaat-liche Einrichtungen übertragen.(1 a) Soweit die Länder für die Ausübung der staatlichen Befug-nisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben zuständig sind,können sie mit Zustimmung der Bundesregierung Hoheitsrechteauf grenznachbarschaftliche Einrichtungen übertragen.(2) Der Bund kann sich zur Wahrung des Friedens einem Systemgegenseitiger kollektiver Sicherheit einordnen; er wird hierbei indie Beschränkungen seiner Hoheitsrechte einwilligen, die einefriedliche und dauerhafte Ordnung in Europa und zwischen denVölkern der Welt herbeiführen und sichern.(3) Zur Regelung zwischenstaatlicher Streitigkeiten wird der BundVereinbarungen über eine allgemeine, umfassende, obligatorische,internationale Schiedsgerichtsbarkeit beitreten.

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Artikel 24 GG

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Artikel 25 [Vorrang des Völkerrechtes]Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil desBundesrechtes. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechteund Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes.

Artikel 26 [Friedenssicherung](1) Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenom-men werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören,insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sindverfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen.(2) Zur Kriegführung bestimmte Waffen dürfen nur mit Genehmi-gung der Bundesregierung hergestellt, befördert und in Verkehrgebracht werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

Artikel 27 [Handelsflotte]Alle deutschen Kauffahrteischiffe bilden eine einheitliche Handels-flotte.

Artikel 28 [Normativbestimmungen für Landesverfassungen,Garantie der Selbstverwaltung]

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muss denGrundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialenRechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In denLändern, Kreisen und Gemeinden muss das Volk eine Vertretunghaben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen undgeheimen Wahlen hervorgegangen ist.Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die dieStaatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der EuropäischenGemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der EuropäischenGemeinschaft wahlberechtigt und wählbar.In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft dieGemeindeversammlung treten.(2) Den Gemeinden muss das Recht gewährleistet sein, alle Angele-genheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze ineigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände habenim Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe derGesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung derSelbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigen-

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Artikel 25 GG

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verantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeindenmit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftsbezogene Steuerquelle.(3) Der Bund gewährleistet, dass die verfassungsmäßige Ordnungder Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze1 und 2 entspricht.

Artikel 29 [Neugliederung des Bundesgebietes](1) Das Bundesgebiet kann neu gegliedert werden, um zu gewähr-leisten, dass die Länder nach Größe und Leistungsfähigkeit dieihnen obliegenden Aufgaben wirksam erfüllen können. Dabei sinddie landsmannschaftliche Verbundenheit, die geschichtlichen undkulturellen Zusammenhänge, die wirtschaftliche Zweckmäßigkeitsowie die Erfordernisse der Raumordnung und der Landesplanungzu berücksichtigen.(2) Maßnahmen zur Neugliederung des Bundesgebietes ergehendurch Bundesgesetz, das der Bestätigung durch Volksentscheidbedarf. Die betroffenen Länder sind zu hören.(3) Der Volksentscheid findet in den Ländern statt, aus derenGebieten oder Gebietsteilen ein neues oder neu umgrenztesLand gebildet werden soll (betroffene Länder). Abzustimmen istüber die Frage, ob die betroffenen Länder wie bisher bestehen-bleiben sollen oder ob das neue oder neu umgrenzte Land gebil-det werden soll. Der Volksentscheid für die Bildung eines neuenoder neu umgrenzten Landes kommt zustande, wenn in dessenkünftigem Gebiet und insgesamt in den Gebieten oder Gebiets-teilen eines betroffenen Landes, deren Landeszugehörigkeit imgleichen Sinne geändert werden soll, jeweils eine Mehrheit derÄnderung zustimmt. Er kommt nicht zustande, wenn im Gebieteines der betroffenen Länder eine Mehrheit die Änderungablehnt; die Ablehnung ist jedoch unbeachtlich, wenn in einemGebietsteil, dessen Zugehörigkeit zu dem betroffenen Landgeändert werden soll, eine Mehrheit von zwei Dritteln der Ände-rung zustimmt, es sei denn, dass im Gesamtgebiet des betroffe-nen Landes eine Mehrheit von zwei Dritteln die Änderungablehnt.(4) Wird in einem zusammenhängenden, abgegrenzten Siedlungs-und Wirtschaftsraum, dessen Teile in mehreren Ländern liegenund der mindestens eine Million Einwohner hat, von einem Zehn-

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Artikel 29 GG

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tel der in ihm zum Bundestag Wahlberechtigten durch Volksbegeh-ren gefordert, dass für diesen Raum eine einheitliche Landeszuge-hörigkeit herbeigeführt werde, so ist durch Bundesgesetz innerhalbvon zwei Jahren entweder zu bestimmen, ob die Landeszugehörig-keit gemäß Absatz 2 geändert wird, oder dass in den betroffenenLändern eine Volksbefragung stattfindet.(5) Die Volksbefragung ist darauf gerichtet festzustellen, ob eine indem Gesetz vorzuschlagende Änderung der LandeszugehörigkeitZustimmung findet. Das Gesetz kann verschiedene, jedoch nichtmehr als zwei Vorschläge der Volksbefragung vorlegen. Stimmt eineMehrheit einer vorgeschlagenen Änderung der Landeszugehörig-keit zu, so ist durch Bundesgesetz innerhalb von zwei Jahren zubestimmen, ob die Landeszugehörigkeit gemäß Absatz 2 geändertwird. Findet ein der Volksbefragung vorgelegter Vorschlag eine denMaßgaben des Absatzes 3 Satz 3 und 4 entsprechende Zustim-mung, so ist innerhalb von zwei Jahren nach der Durchführungder Volksbefragung ein Bundesgesetz zur Bildung des vorgeschlage-nen Landes zu erlassen, das der Bestätigung durch Volksentscheidnicht mehr bedarf.(6) Mehrheit im Volksentscheid und in der Volksbefragung ist dieMehrheit der abgegebenen Stimmen, wenn sie mindestens einViertel der zum Bundestag Wahlberechtigten umfasst. Im Übrigenwird das Nähere über Volksentscheid, Volksbegehren und Volksbe-fragung durch ein Bundesgesetz geregelt; dieses kann auch vorse-hen, dass Volksbegehren innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jah-ren nicht wiederholt werden können.(7) Sonstige Änderungen des Gebietsbestandes der Länder könnendurch Staatsverträge der beteiligten Länder oder durch Bundesge-setz mit Zustimmung des Bundesrates erfolgen, wenn das Gebiet,dessen Landeszugehörigkeit geändert werden soll, nicht mehr als50 000 Einwohner hat. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz, dasder Zustimmung des Bundesrates und der Mehrheit der Mitgliederdes Bundestages bedarf. Es muss die Anhörung der betroffenenGemeinden und Kreise vorsehen.(8) Die Länder können eine Neugliederung für das jeweils vonihnen umfaßte Gebiet oder für Teilgebiete abweichend von denVorschriften der Absätze 2 bis 7 durch Staatsvertrag regeln. Diebetroffenen Gemeinden und Kreise sind zu hören. Der Staatsver-

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Artikel 29 GG

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trag bedarf der Bestätigung durch Volksentscheid in jedem beteilig-ten Land. Betrifft der Staatsvertrag Teilgebiete der Länder, kann dieBestätigung auf Volksentscheide in diesen Teilgebieten beschränktwerden; Satz 5 zweiter Halbsatz findet keine Anwendung. Beieinem Volksentscheid entscheidet die Mehrheit der abgegebenenStimmen, wenn sie mindestens ein Viertel der zum BundestagWahlberechtigten umfaßt; das Nähere regelt ein Bundesgesetz. DerStaatsvertrag bedarf der Zustimmung des Bundestages.

Artikel 30 [Hoheitsrechte der Länder]Die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung derstaatlichen Aufgaben ist Sache der Länder, soweit dieses Grundge-setz keine andere Regelung trifft oder zuläßt.

Artikel 31 [Vorrang des Bundesrechtes]Bundesrecht bricht Landesrecht.

Artikel 32 [Auswärtige Beziehungen](1) Die Pflege der Beziehungen zu auswärtigen Staaten ist Sachedes Bundes.(2) Vor dem Abschlusse eines Vertrages, der die besonderen Ver-hältnisse eines Landes berührt, ist das Land rechtzeitig zu hören.(3) Soweit die Länder für die Gesetzgebung zuständig sind, kön-nen sie mit Zustimmung der Bundesregierung mit auswärtigenStaaten Verträge abschließen.

Artikel 33 [Staatsbürgerliche Rechte und Pflichten, Zugang zuöffentlichen Ämtern, öffentlicher Dienst]

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürger-lichen Rechte und Pflichten.(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fach-lichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.(3) Der Genuss bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, dieZulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Diens -te erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösenBekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nicht-zugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauungein Nachteil erwachsen.

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Artikel 30 GG

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(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständigeAufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zuübertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treue-verhältnis stehen.(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigungder hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regelnund fortzuentwickeln.

Artikel 34 [Haftung bei Amtspflichtverletzung]Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichenAmtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht,so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder dieKörperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder groberFahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruchauf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentlicheRechtsweg nicht ausgeschlossen werden.

Artikel 35 [Rechts- und Amtshilfe](1) Alle Behörden des Bundes und der Länder leisten sich gegensei-tig Rechts- und Amtshilfe.(2) Zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der öffent-lichen Sicherheit oder Ordnung kann ein Land in Fällen vonbesonderer Bedeutung Kräfte und Einrichtungen des Bundesgrenz-schutzes zur Unterstützung seiner Polizei anfordern, wenn die Poli-zei ohne diese Unterstützung eine Aufgabe nicht oder nur untererheblichen Schwierigkeiten erfüllen könnte. Zur Hilfe bei einerNaturkatastrophe oder bei einem besonders schweren Unglücksfallkann ein Land Polizeikräfte anderer Länder, Kräfte und Einrich-tungen anderer Verwaltungen sowie des Bundesgrenzschutzes undder Streitkräfte anfordern.(3) Gefährdet die Naturkatastrophe oder der Unglücksfall dasGebiet mehr als eines Landes, so kann die Bundesregierung, soweites zur wirksamen Bekämpfung erforderlich ist, den Landesregie-rungen die Weisung erteilen, Polizeikräfte anderen Ländern zurVerfügung zu stellen, sowie Einheiten des Bundesgrenzschutzesund der Streitkräfte zur Unterstützung der Polizeikräfte einsetzen.Maßnahmen der Bundesregierung nach Satz 1 sind jederzeit aufVerlangen des Bundesrates, im übrigen unverzüglich nach Beseiti-gung der Gefahr aufzuheben.

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Artikel 34 GG

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Artikel 36 [Bundesbeamte: Landsmannschaftlicher Grundsatz](1) Bei den obersten Bundesbehörden sind Beamte aus allen Län-dern in angemessenem Verhältnis zu verwenden. Die bei den übri-gen Bundesbehörden beschäftigten Personen sollen in der Regelaus dem Lande genommen werden, in dem sie tätig sind.(2) Die Wehrgesetze haben auch die Gliederung des Bundes inLänder und ihre besonderen landsmannschaftlichen Verhältnisse zuberücksichtigen.

Artikel 37 [Bundeszwang](1) Wenn ein Land die ihm nach dem Grundgesetze oder einemanderen Bundesgesetze obliegenden Bundespflichten nicht erfüllt,kann die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates dienotwendigen Maßnahmen treffen, um das Land im Wege desBundeszwanges zur Erfüllung seiner Pflichten anzuhalten.(2) Zur Durchführung des Bundeszwanges hat die Bundesregie-rung oder ihr Beauftragter das Weisungsrecht gegenüber allen Län-dern und ihren Behörden.

III. Der Bundestag

Artikel 38 [Wahl und Mandat](1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allge-meiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt.Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungennicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.(2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendethat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährig-keit eintritt.(3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.

Artikel 39 [Wahlperiode, Zusammentritt, Einberufung](1) Der Bundestag wird vorbehaltlich der nachfolgenden Bestim-mungen auf vier Jahre gewählt. Seine Wahlperiode endet mit demZusammentritt eines neuen Bundestages. Die Neuwahl findet frü-hestens sechsundvierzig, spätestens achtundvierzig Monate nachBe ginn der Wahlperiode statt. Im Falle einer Auflösung desBundestages findet die Neuwahl innerhalb von sechzig Tagen statt.

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Artikel 36 GG

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(2) Der Bundestag tritt spätestens am dreißigsten Tag nach derWahl zusammen.(3) Der Bundestag bestimmt den Schluß und den Wiederbeginnseiner Sitzungen. Der Präsident des Bundestages kann ihn frühereinberufen. Er ist hierzu verpflichtet, wenn ein Drittel der Mitglie-der, der Bundespräsident oder der Bundeskanzler es verlangen.

Artikel 40 [Präsidium, Geschäftsordnung](1) Der Bundestag wählt seinen Präsidenten, dessen Stellvertreterund die Schriftführer. Er gibt sich eine Geschäftsordnung.(2) Der Präsident übt das Hausrecht und die Polizeigewalt imGebäude des Bundestages aus. Ohne seine Genehmigung darf inden Räumen des Bundestages keine Durchsuchung oder Beschlag- nahme stattfinden.

Artikel 41 [Wahlprüfung](1) Die Wahlprüfung ist Sache des Bundestages. Er entscheidetauch, ob ein Abgeordneter des Bundestages die Mitgliedschaft ver-loren hat.(2) Gegen die Entscheidung des Bundestages ist die Beschwerdean das Bundesverfassungsgericht zulässig.(3) Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

Artikel 42 [Öffentlichkeit der Sitzung, Beschlussfassung, Berichte](1) Der Bundestag verhandelt öffentlich. Auf Antrag eines Zehn-tels seiner Mitglieder oder auf Antrag der Bundesregierung kannmit Zweidrittelmehrheit die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden.Über den Antrag wird in nichtöffentlicher Sitzung entschieden.(2) Zu einem Beschlusse des Bundestages ist die Mehrheit derabgegebenen Stimmen erforderlich, soweit dieses Grundgesetznichts anderes bestimmt. Für die vom Bundestage vorzunehmen-den Wahlen kann die Geschäftsordnung Ausnahmen zulassen.(3) Wahrheitsgetreue Berichte über die öffentlichen Sitzungen desBundestages und seiner Ausschüsse bleiben von jeder Verantwort-lichkeit frei.

Artikel 43 [Teilnahme der Regierungs- und Bundesratsmitglieder](1) Der Bundestag und seine Ausschüsse können die Anwesenheitjedes Mitgliedes der Bundesregierung verlangen.

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Artikel 40 GG

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(2) Die Mitglieder des Bundesrates und der Bundesregierungsowie ihre Beauftragten haben zu allen Sitzungen des Bundestagesund seiner Ausschüsse Zutritt. Sie müssen jederzeit gehört werden.

Artikel 44 [Untersuchungsausschüsse](1) Der Bundestag hat das Recht und auf Antrag eines Viertels sei-ner Mitglieder die Pflicht, einen Untersuchungsausschuß einzuset-zen, der in öffentlicher Verhandlung die erforderlichen Beweiseerhebt. Die Öffentlichkeit kann ausgeschlossen werden.(2) Auf Beweiserhebungen finden die Vorschriften über den Straf-prozeß sinngemäß Anwendung. Das Brief-, Post- und Fernmelde-geheimnis bleibt unberührt.(3) Gerichte und Verwaltungsbehörden sind zur Rechts- undAmtshilfe verpflichtet.(4) Die Beschlüsse der Untersuchungsausschüsse sind der richter-lichen Erörterung entzogen. In der Würdigung und Beurteilungdes der Untersuchung zugrundeliegenden Sachverhalts sind dieGe richte frei.

Artikel 45 [Ausschuss für die Angelegenheiten der EuropäischenUnion]

Der Bundestag bestellt einen Ausschuss für die Angelegenheitender Europäischen Union. Er kann ihn ermächtigen, die Rechte desBundestages gemäß Artikel 23 gegenüber der Bundesregierungwahrzunehmen. Er kann ihn auch ermächtigen, die Rechte wahr-zunehmen, die dem Bundestag in den vertraglichen Grundlagender Europäischen Union eingeräumt sind.

Artikel 45 a [Auswärtiger Ausschuss, Ausschuss für Verteidigung](1) Der Bundestag bestellt einen Ausschuss für auswärtige Angele-genheiten und einen Ausschuss für Verteidigung.(2) Der Ausschuss für Verteidigung hat auch die Rechte einesUntersuchungsausschusses. Auf Antrag eines Viertels seiner Mit-glieder hat er die Pflicht, eine Angelegenheit zum Gegenstand sei-ner Untersuchung zu machen.(3) Artikel 44 Absatz 1 findet auf dem Gebiet der Verteidigungkeine Anwendung.

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Artikel 44 GG

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Artikel 45 b [Wehrbeauftragter]Zum Schutz der Grundrechte und als Hilfsorgan des Bundestages beider Ausübung der parlamentarischen Kontrolle wird ein Wehrbeauf-tragter des Bundestages berufen. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

Artikel 45 c [Petitionsausschuss](1) Der Bundestag bestellt einen Petitionsausschuss, dem dieBehandlung der nach Artikel 17 an den Bundestag gerichteten Bitten und Beschwerden obliegt.(2) Die Befugnisse des Ausschusses zur Überprüfung von Be -schwer den regelt ein Bundesgesetz.

Artikel 45 d [Parlamentarisches Kontrollgremium](1) Der Bundestag bestellt ein Gremium zur Kontrolle der nach-richtendienstlichen Tätigkeit des Bundes.(2) Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

Artikel 46 [Indemnität, Immunität](1) Ein Abgeordneter darf zu keiner Zeit wegen seiner Abstim-mung oder wegen einer Äußerung, die er im Bundestage oder ineinem seiner Ausschüsse getan hat, gerichtlich oder dienstlich ver-folgt oder sonst außerhalb des Bundestages zur Verantwortunggezogen werden. Dies gilt nicht für verleumderische Beleidigungen.(2) Wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung darf ein Abgeord-neter nur mit Genehmigung des Bundestages zur Verantwortunggezogen oder verhaftet werden, es sei denn, dass er bei Begehungder Tat oder im Laufe des folgenden Tages festgenommen wird.(3) Die Genehmigung des Bundestages ist ferner bei jeder anderenBeschränkung der persönlichen Freiheit eines Abgeordneten oderzur Einleitung eines Verfahrens gegen einen Abgeordneten gemäßArtikel 18 erforderlich.(4) Jedes Strafverfahren und jedes Verfahren gemäß Artikel 18gegen einen Abgeordneten, jede Haft und jede sonstige Beschrän-kung seiner persönlichen Freiheit sind auf Verlangen des Bundes-tages auszusetzen.

Artikel 47 [Zeugnisverweigerungsrecht]Die Abgeordneten sind berechtigt, über Personen, die ihnen in ihrerEigenschaft als Abgeordnete oder denen sie in dieser Eigenschaft

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Artikel 45 b GG

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Tatsachen anvertraut haben, sowie über diese Tatsachen selbst dasZeugnis zu verweigern. Soweit dieses Zeugnisverweigerungsrechtreicht, ist die Be schlag nahme von Schriftstücken unzulässig.

Artikel 48 [Kandidatur, Mandatsschutz, Entschädigung](1) Wer sich um einen Sitz im Bundestage bewirbt, hat Anspruchauf den zur Vorbereitung seiner Wahl erforderlichen Urlaub.(2) Niemand darf gehindert werden, das Amt eines Abgeordnetenzu übernehmen und auszuüben. Eine Kündigung oder Entlassungaus diesem Grunde ist unzulässig.(3) Die Abgeordneten haben Anspruch auf eine angemessene, ihreUnabhängigkeit sichernde Entschädigung. Sie haben das Recht derfreien Benutzung aller staatlichen Verkehrsmittel. Das Nähereregelt ein Bundesgesetz.

Artikel 49 [aufgehoben]

IV. Der Bundesrat

Artikel 50 [Aufgabe]Durch den Bundesrat wirken die Länder bei der Gesetzgebung undVerwaltung des Bundes und in Angelegenheiten der EuropäischenUnion mit.

Artikel 51 [Zusammensetzung](1) Der Bundesrat besteht aus Mitgliedern der Regierungen derLänder, die sie bestellen und abberufen. Sie können durch andereMitglieder ihrer Regierungen vertreten werden.(2) Jedes Land hat mindestens drei Stimmen, Länder mit mehr alszwei Millionen Einwohnern haben vier, Länder mit mehr als sechsMillionen Einwohnern fünf, Länder mit mehr als sieben MillionenEinwohnern sechs Stimmen.(3) Jedes Land kann so viele Mitglieder entsenden, wie es Stimmenhat. Die Stimmen eines Landes können nur einheitlich und nurdurch anwesende Mitglieder oder deren Vertreter abgegeben werden.

Artikel 52 [Präsident, Geschäftsordnung](1) Der Bundesrat wählt seinen Präsidenten auf ein Jahr.

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Artikel 48 GG

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(2) Der Präsident beruft den Bundesrat ein. Er hat ihn einzuberu-fen, wenn die Vertreter von mindestens zwei Ländern oder dieBundesregierung es verlangen.(3) Der Bundesrat fasst seine Beschlüsse mit mindestens der Mehr-heit seiner Stimmen. Er gibt sich eine Geschäftsordnung. Er verhan-delt öffentlich. Die Öffentlichkeit kann ausgeschlossen werden.(3 a) Für Angelegenheiten der Europäischen Union kann derBundesrat eine Europakammer bilden, deren Beschlüsse als Beschlüs-se des Bundesrates gelten; die Anzahl der einheitlich abzugebendenStimmen der Länder bestimmt sich nach Artikel 51 Abs. 2.(4) Den Ausschüssen des Bundesrates können andere Mitgliederoder Beauftragte der Regierungen der Länder angehören.

Artikel 53 [Teilnahme der Regierungsmitglieder]Die Mitglieder der Bundesregierung haben das Recht und auf Verlan-gen die Pflicht, an den Verhandlungen des Bundesrates und seinerAusschüsse teilzunehmen. Sie müssen jederzeit gehört werden. DerBundesrat ist von der Bundesregierung über die Führung derGeschäfte auf dem laufenden zu halten.

IVa. Gemeinsamer Ausschuss

Artikel 53 a [Zusammensetzung und Aufgaben](1) Der Gemeinsame Ausschuss besteht zu zwei Dritteln aus Abge-ordneten des Bundestages, zu einem Drittel aus Mitgliedern desBundesrates. Die Abgeordneten werden vom Bundestage entspre-chend dem Stärkeverhältnis der Fraktionen bestimmt; sie dürfennicht der Bundesregierung angehören. Jedes Land wird durch einvon ihm bestelltes Mitglied des Bundesrates vertreten; diese Mit-glieder sind nicht an Weisungen gebunden. Die Bildung desGemeinsamen Ausschusses und sein Verfahren werden durch eineGeschäftsordnung geregelt, die vom Bundestage zu beschließen istund der Zustimmung des Bundesrates bedarf.(2) Die Bundesregierung hat den Gemeinsamen Ausschuss überihre Planungen für den Verteidigungsfall zu unterrichten. DieRechte des Bundestages und seiner Ausschüsse nach Artikel 43Abs. 1 bleiben unberührt.

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Artikel 53 GG

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V. Der Bundespräsident

Artikel 54 [Wahl](1) Der Bundespräsident wird ohne Aussprache von der Bundesver-sammlung gewählt. Wählbar ist jeder Deutsche, der das Wahlrechtzum Bundestage besitzt und das vierzigste Lebensjahr vollendet hat.(2) Das Amt des Bundespräsidenten dauert fünf Jahre. Anschlie-ßende Wiederwahl ist nur einmal zulässig.(3) Die Bundesversammlung besteht aus den Mitgliedern desBundestages und einer gleichen Anzahl von Mitgliedern, die vonden Volksvertretungen der Länder nach den Grundsätzen der Ver-hältniswahl gewählt werden.(4) Die Bundesversammlung tritt spätestens dreißig Tage vorAblauf der Amtszeit des Bundespräsidenten, bei vorzeitiger Beendi-gung spätestens dreißig Tage nach diesem Zeitpunkt zusammen.Sie wird von dem Präsidenten des Bundestages einberufen.(5) Nach Ablauf der Wahlperiode beginnt die Frist des Absatzes 4Satz 1 mit dem ersten Zusammentritt des Bundestages.(6) Gewählt ist, wer die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder derBundesversammlung erhält. Wird diese Mehrheit in zwei Wahlgän-gen von keinem Bewerber erreicht, so ist gewählt, wer in einemweiteren Wahlgang die meisten Stimmen auf sich vereinigt.(7) Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

Artikel 55 [Unvereinbarkeiten](1) Der Bundespräsident darf weder der Regierung noch einergesetzgebenden Körperschaft des Bundes oder eines Landes ange-hören.(2) Der Bundespräsident darf kein anderes besoldetes Amt, keinGewerbe und keinen Beruf ausüben und weder der Leitung nochdem Aufsichtsrate eines auf Erwerb gerichteten Unternehmensangehören.

Artikel 56 [Amtseid]Der Bundespräsident leistet bei seinem Amtsantritt vor den ver-sammelten Mitgliedern des Bundestages und des Bundesrates folgenden Eid:„Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohl des Deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden,

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Artikel 54 GG

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das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidi-gen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegenjedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe.“Der Eid kann auch ohne religiöse Beteuerung geleistet werden.

Artikel 57 [Vertretung]Die Befugnisse des Bundespräsidenten werden im Falle seiner Ver-hinderung oder bei vorzeitiger Erledigung des Amtes durch denPräsidenten des Bundesrates wahrgenommen.

Artikel 58 [Gegenzeichnung]Anordnungen und Verfügungen des Bundespräsidenten bedürfen zuihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung durch den Bundeskanzler oderdurch den zuständigen Bundesminister. Dies gilt nicht für die Ernen-nung und Entlassung des Bundeskanzlers, die Auflösung des Bundes-tages gemäß Artikel 63 und das Ersuchen gemäß Art. 69 Abs. 3.

Artikel 59 [Völkerrechtliche Vertretung des Bundes](1) Der Bundespräsident vertritt den Bund völkerrechtlich. Erschließt im Namen des Bundes die Verträge mit auswärtigen Staa-ten. Er beglaubigt und empfängt die Gesandten.(2) Verträge, welche die politischen Beziehungen des Bundesregeln oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung bezie-hen, bedürfen der Zustimmung oder der Mitwirkung der jeweilsfür die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften in derForm eines Bundesgesetzes. Für Verwaltungsabkommen gelten dieVorschriften über die Bundesverwaltung entsprechend.

Artikel 59 a [aufgehoben]

Artikel 60 [Beamtenernennung, Begnadigungsrecht, Immunität](1) Der Bundespräsident ernennt und entläßt die Bundesrichter,die Bundesbeamten, die Offiziere und Unteroffiziere, soweit gesetz-lich nichts anderes bestimmt ist.(2) Er übt im Einzelfalle für den Bund das Begnadigungsrecht aus.(3) Er kann diese Befugnisse auf andere Behörden übertragen.(4) Die Absätze 2 bis 4 des Artikels 46 finden auf den Bundesprä-sidenten entsprechende Anwendung.

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Artikel 57 GG

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Artikel 61 [Anklage vor dem Bundesverfassungsgericht](1) Der Bundestag oder der Bundesrat können den Bundespräsi-denten wegen vorsätzlicher Verletzung des Grundgesetzes odereines anderen Bundesgesetzes vor dem Bundesverfassungsgerichtanklagen. Der Antrag auf Erhebung der Anklage muss von mindes -tens einem Viertel der Mitglieder des Bundestages oder einemViertel der Stimmen des Bundesrates gestellt werden. Der Be -schluss auf Erhebung der Anklage bedarf der Mehrheit von zweiDritteln der Mitglieder des Bundestages oder von zwei Dritteln derStimmen des Bundesrates. Die Anklage wird von einem Beauftrag-ten der anklagenden Körperschaft vertreten.(2) Stellt das Bundesverfassungsgericht fest, dass der Bundespräsi-dent einer vorsätzlichen Verletzung des Grundgesetzes oder einesanderen Bundesgesetzes schuldig ist, so kann es ihn des Amtes fürverlustig erklären. Durch einstweilige Anordnung kann es nach derErhebung der Anklage bestimmen, dass er an der Ausübung seinesAmtes verhindert ist.

VI. Die Bundesregierung

Artikel 62 [Zusammensetzung]Die Bundesregierung besteht aus dem Bundeskanzler und aus denBundesministern.

Artikel 63 [Wahl des Bundeskanzlers](1) Der Bundeskanzler wird auf Vorschlag des Bundespräsidentenvom Bundestage ohne Aussprache gewählt.(2) Gewählt ist, wer die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder desBundestages auf sich vereinigt. Der Gewählte ist vom Bundespräsi-denten zu ernennen.(3) Wird der Vorgeschlagene nicht gewählt, so kann der Bundes-tag binnen vierzehn Tagen nach dem Wahlgange mit mehr als derHälfte seiner Mitglieder einen Bundeskanzler wählen.(4) Kommt eine Wahl innerhalb dieser Frist nicht zustande, so fin-det unverzüglich ein neuer Wahlgang statt, in dem gewählt ist, werdie meisten Stimmen erhält. Vereinigt der Gewählte die Stimmender Mehrheit der Mitglieder des Bundestages auf sich, so muss derBundespräsident ihn binnen sieben Tagen nach der Wahl ernen-

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Artikel 61 GG

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nen. Erreicht der Gewählte diese Mehrheit nicht, so hat derBundespräsident binnen sieben Tagen entweder ihn zu ernennenoder den Bundestag aufzulösen.

Artikel 64 [Ernennung, Entlassung und Amtseid derBundesminister]

(1) Die Bundesminister werden auf Vorschlag des Bundeskanzlersvom Bundespräsidenten ernannt und entlassen.(2) Der Bundeskanzler und die Bundesminister leisten bei derAmts über nah me vor dem Bundestage den in Artikel 56 vorgesehe-nen Eid.

Artikel 65 [Stellung des Bundeskanzlers und der Bundesminister,Geschäftsverteilung]

Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik und trägtdafür die Verantwortung. Innerhalb dieser Richtlinien leitet jederBundesminister seinen Geschäftsbereich selbständig und untereigener Verantwortung. Über Meinungsverschiedenheiten zwischenden Bundesministern entscheidet die Bundesregierung. DerBundeskanzler leitet ihre Geschäfte nach einer von der Bundesre-gierung beschlossenen und vom Bundespräsidenten genehmigtenGeschäftsordnung.

Artikel 65a [Befehls- und Kommandogewalt]Der Bundesminister für Verteidigung hat die Befehls- und Kom-mandogewalt über die Streitkräfte.

Artikel 66 [Unvereinbarkeiten]Der Bundeskanzler und die Bundesminister dürfen kein anderesbesoldetes Amt, kein Gewerbe und keinen Beruf ausüben und wederder Leitung noch ohne Zustimmung des Bundestages dem Auf-sichtsrate eines auf Erwerb gerichteten Unternehmens angehören.

Artikel 67 [Misstrauensvotum](1) Der Bundestag kann dem Bundeskanzler das Misstrauen nurdadurch aussprechen, dass er mit der Mehrheit seiner Mitgliedereinen Nachfolger wählt und den Bundespräsidenten ersucht, denBundeskanzler zu entlassen. Der Bundespräsident muss dem Ersu-chen entsprechen und den Gewählten ernennen.

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Artikel 64 GG

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(2) Zwischen dem Antrage und der Wahl müssen achtundvierzigStunden liegen.

Artikel 68 [Vertrauensfrage](1) Findet ein Antrag des Bundeskanzlers, ihm das Vertrauen aus-zusprechen, nicht die Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder desBundestages, so kann der Bundespräsident auf Vorschlag desBundeskanzlers binnen einundzwanzig Tagen den Bundestag auflö-sen. Das Recht zur Auflösung erlischt, sobald der Bundestag mit derMehrheit seiner Mitglieder einen anderen Bundeskanzler wählt.(2) Zwischen dem Antrage und der Abstimmung müssen acht -und vier zig Stunden liegen.

Artikel 69 [Stellvertreter des Bundeskanzlers, Amtsdauer derRegierung]

(1) Der Bundeskanzler ernennt einen Bundesminister zu seinemStellvertreter.(2) Das Amt des Bundeskanzlers oder eines Bundesministers en - digt in jedem Falle mit dem Zusammentritt eines neuen Bundes -tages, das Amt eines Bundesministers auch mit jeder anderen Erle-digung des Amtes des Bundeskanzlers.(3) Auf Ersuchen des Bundespräsidenten ist der Bundeskanzler,auf Ersuchen des Bundeskanzlers oder des Bundespräsidenten einBundesminister verpflichtet, die Geschäfte bis zur Ernennung sei-nes Nachfolgers weiterzuführen.

VII. Die Gesetzgebung des Bundes

Artikel 70 [Gesetzgebungsrecht der Länder](1) Die Länder haben das Recht der Gesetzgebung, soweit diesesGrundgesetz nicht dem Bunde Gesetzgebungsbefugnisse verleiht.(2) Die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Bund und Län-dern bemißt sich nach den Vorschriften dieses Grundgesetzes überdie ausschließliche und die konkurrierende Gesetzgebung.

Artikel 71 [Ausschließliche Gesetzgebung des Bundes]Im Bereiche der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes habendie Länder die Befugnis zur Gesetzgebung nur, wenn und soweitsie hierzu in einem Bundesgesetze ausdrücklich ermächtigt werden.

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Artikel 68 GG

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Artikel 72 [Konkurrierende Gesetzgebung](1) Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Län-der die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bundvon seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Ge -brauch gemacht hat.(2) Auf den Gebieten des Artikels 74 Abs. 1 Nr. 4, 7, 11, 13, 15,19a, 20, 22, 25 und 26 hat der Bund das Gesetzgebungsrecht,wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisseim Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschafts-einheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Rege-lung erforderlich macht. (3) Hat der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit Ge -brauch gemacht, können die Länder durch Gesetz hiervon abwei-chende Regelungen treffen über:1. das Jagdwesen (ohne das Recht der Jagdscheine);2. den Naturschutz und die Landschaftspflege (ohne die allgemei-

nen Grundsätze des Naturschutzes, das Recht des Artenschutzesoder des Meeresnaturschutzes);

3. die Bodenverteilung;4. die Raumordnung;5. den Wasserhaushalt (ohne stoff- oder anlagenbezogene Regelun-

gen);6. die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.Bundesgesetze auf diesen Gebieten treten frühestens sechs Monatenach ihrer Verkündung in Kraft, soweit nicht mit Zustimmung desBundesrates anderes bestimmt ist. Auf den Gebieten des Satzes 1geht im Verhältnis von Bundes- und Landesrecht das jeweils spä -tere Gesetz vor.(4) Durch Bundesgesetz kann bestimmt werden, dass eine bundes - gesetzliche Regelung, für die eine Erforderlichkeit im Sinne desAbsatzes 2 nicht mehr besteht, durch Landesrecht ersetzt werdenkann.

Artikel 73 [Umfang der ausschließlichen Gesetzgebung](1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über:

1. die auswärtigen Angelegenheiten sowie die Verteidigung ein-schließlich des Schutzes der Zivilbevölkerung;

2. die Staatsangehörigkeit im Bunde;

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Artikel 72 GG

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3. die Freizügigkeit, das Passwesen, das Melde- und Ausweis -wesen, die Ein- und Auswanderung und die Auslieferung;

4. das Währungs-, Geld- und Münzwesen, Maße und Gewichtesowie die Zeitbestimmung;

5. die Einheit des Zoll- und Handelsgebietes, die Handels- undSchifffahrtsverträge, die Freizügigkeit des Warenverkehrs undden Waren- und Zahlungsverkehr mit dem Auslande ein-schließlich des Zoll- und Grenzschutzes;

5a. den Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung insAusland;

6. den Luftverkehr; 6a. den Verkehr von Eisenbahnen, die ganz oder mehrheitlich im

Eigentum des Bundes stehen (Eisenbahnen des Bundes), denBau, die Unterhaltung und das Betreiben von Schienenwegender Eisenbahnen des Bundes sowie die Erhebung von Entgel-ten für die Benutzung dieser Schienenwege;

7. das Postwesen und die Telekommunikation; 8. die Rechtsverhältnisse der im Dienste des Bundes und der

bundesunmittelbaren Körperschaften des öffentlichen Rechtesstehenden Personen;

9. den gewerblichen Rechtsschutz, das Urheberrecht und dasVerlagsrecht;

9a. die Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismusdurch das Bundeskriminalpolizeiamt in Fällen, in denen eineländerübergreifende Gefahr vorliegt, die Zuständigkeit einerLandespolizeibehörde nicht erkennbar ist oder die obersteLandesbehörde um eine Übernahme ersucht;

10. die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder a. in der Kriminalpolizei, b. zum Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundord-

nung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes odereines Landes (Verfassungsschutz) und

c. zum Schutze gegen Bestrebungen im Bundesgebiet, diedurch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vor-bereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepu-blik Deutschland gefährden,

sowie die Einrichtung eines Bundeskriminalpolizeiamtes unddie internationale Verbrechensbekämpfung;

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11. die Statistik für Bundeszwecke;12. das Waffen- und das Sprengstoffrecht;13. die Versorgung der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterblie-

benen und die Fürsorge für die ehemaligen Kriegsgefangenen;14. die Erzeugung und Nutzung der Kernenergie zu friedlichen

Zwecken, die Errichtung und den Betrieb von Anlagen, diediesen Zwecken dienen, den Schutz gegen Gefahren, die beiFreiwerden von Kernenergie oder durch ionisierende Strahlenentstehen, und die Beseitigung radioaktiver Stoffe.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 9a bedürfen der Zustimmung desBundesrates.

Artikel 74 [Gegenstände der konkurrierenden Gesetzgebung desBundes]

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgendeGebiete:

1. das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung,das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersu-chungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat unddie Rechtsberatung;

2. das Personenstandswesen; 3. das Vereinsrecht; 4. das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer; 4a. [aufgehoben]5. [aufgehoben] 6. die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen; 7. die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht); 8. [aufgehoben] 9. die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;

10. die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges undOpfer von Gewaltherrschaft;

11. das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirt-schaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwe-sen, privat recht liches Versicherungswesen) ohne das Recht desLadenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schau-stellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und derMärkte;

11a. [aufgehoben]

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12. das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, desArbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozial-versicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;

13. die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung derwissenschaftlichen Forschung;

14. das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten derArtikel 73 und 74 in Betracht kommt;

15. die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzenund Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andereFormen der Gemeinwirtschaft;

16. die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung; 17. die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung

(ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung derErnährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaft-licher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und denKüstenschutz;

18. den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht(ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohn-geldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprä-mienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Berg-mannssiedlungsrecht;

19. Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbareKrankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärzt-lichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowiedas Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizin-produkte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;

19a. die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und dieRegelung der Krankenhauspflegesätze;

20. das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewin-nung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfs-gegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehrmit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, denSchutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowieden Tierschutz;

21. die Hochsee- und Küstenschifffahrt sowie die Seezeichen, dieBinnenschifffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßenund die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasser-straßen;

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22. den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und dieUnterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie dieErhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten fürdie Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;

23. die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind,mit Ausnahme der Bergbahnen;

24. die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbe-kämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);

25. die Staatshaftung; 26. die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens,

die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbin-formationen sowie Regelungen zur Transplantation von Orga-nen, Geweben und Zellen;

27. die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder,Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichenRechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme derLaufbahnen, Besoldung und Versorgung;

28. das Jagdwesen;29. den Naturschutz und die Landschaftspflege;30. die Bodenverteilung;31. die Raumordnung;32. den Wasserhaushalt;33. die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustim-mung des Bundesrates.

Artikel 74 a [Konkurrierende Gesetzgebung des Bundes für dieBesoldung und Versorgung im öffentlichen Dienst]

[aufgehoben]

Artikel 75 [Rahmengesetzgebung des Bundes][aufgehoben]

Artikel 76 [Einbringung](1) Die Gesetzesvorlagen werden beim Bundestage durch dieBundesregierung, aus der Mitte des Bundestages oder durch denBundesrat eingebracht.

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(2) Vorlagen der Bundesregierung sind zunächst dem Bundesratzuzuleiten. Der Bundesrat ist berechtigt, innerhalb von sechsWochen zu diesen Vorlagen Stellung zu nehmen. Verlangt er auswichtigem Grunde, insbesondere mit Rücksicht auf den Umfangeiner Vorlage, eine Fristverlängerung, so beträgt die Frist neunWochen. Die Bundesregierung kann eine Vorlage, die sie bei derZuleitung an den Bundesrat ausnahmsweise als besonders eilbe-dürftig bezeichnet hat, nach drei Wochen oder, wenn der Bundes-rat ein Verlangen nach Satz 3 geäußert hat, nach sechs Wochendem Bundestag zuleiten, auch wenn die Stellungnahme desBundesrates noch nicht bei ihr eingegangen ist; sie hat die Stel-lungnahme des Bundesrates unverzüglich nach Eingang demBundestag nachzureichen. Bei Vorlagen zur Änderung diesesGrundgesetzes und zur Übertragung von Hoheitsrechten nachArtikel 23 oder Artikel 24 beträgt die Frist zur Stellungnahmeneun Wochen; Satz 4 findet keine Anwendung.(3) Vorlagen des Bundesrates sind dem Bundestag durch dieBundesregierung innerhalb von sechs Wochen zuzuleiten. Sie sollhierbei ihre Auffassung darlegen. Verlangt sie aus wichtigem Grun-de, insbesondere mit Rücksicht auf den Umfang einer Vorlage, eineFristverlängerung, so beträgt die Frist neun Wochen. Wenn derBundesrat eine Vorlage ausnahmsweise als besonders eilbedürftigbezeichnet hat, beträgt die Frist drei Wochen oder, wenn dieBundesregierung ein Verlangen nach Satz 3 geäußert hat, sechsWochen. Bei Vorlagen zur Änderung dieses Grundgesetzes und zurÜbertragung von Hoheitsrechten nach Artikel 23 oder Artikel 24beträgt die Frist neun Wochen; Satz 4 findet keine Anwendung.Der Bundestag hat über die Vorlagen in angemessener Frist zuberaten und Beschluß zu fassen.

Artikel 77 [Gang der Gesetzgebung, Vermittlungsausschuss](1) Die Bundesgesetze werden vom Bundestage beschlossen. Siesind nach ihrer Annahme durch den Präsidenten des Bundestagesunverzüglich dem Bundesrate zuzuleiten.(2) Der Bundesrat kann binnen drei Wochen nach Eingang desGesetzesbeschlusses verlangen, dass ein aus Mitgliedern desBundestages und des Bundesrates für die gemeinsame Beratung

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von Vorlagen gebildeter Ausschuss einberufen wird. Die Zu sam -men set zung und das Verfahren dieses Ausschusses regelt eineGeschäftsordnung, die vom Bundestag beschlossen wird und derZustimmung des Bundesrates bedarf. Die in diesen Ausschuss en t -sand ten Mitglieder des Bundesrates sind nicht an Weisungen ge -bun den. Ist zu einem Gesetze die Zustimmung des Bundesrateserforderlich, so können auch der Bundestag und die Bundesregie-rung die Einberufung verlangen. Schlägt der Ausschuss eine Ände-rung des Gesetzesbeschlusses vor, so hat der Bundestag erneutBeschluss zu fassen.(2a) Soweit zu einem Gesetz die Zustimmung des Bundesrateserforderlich ist, hat der Bundesrat, wenn ein Verlangen nach Absatz2 Satz 1 nicht gestellt oder das Vermittlungsverfahren ohne einenVorschlag zur Änderung des Gesetzesbeschlusses beendet ist, inangemessener Frist über die Zustimmung Beschluss zu fassen.(3) Soweit zu diesem Gesetze die Zustimmung des Bundesratesnicht erforderlich ist, kann der Bundesrat, wenn das Verfahrennach Absatz 2 beendigt ist, gegen ein vom Bundestage beschlosse-nes Gesetz binnen zwei Wochen Einspruch einlegen. Die Ein-spruchsfrist beginnt im Falle des Absatzes 2 letzter Satz mit demEingange des vom Bundestage erneut gefassten Beschlusses, in allenanderen Fällen mit dem Eingange der Mitteilung des Vorsitzendendes in Absatz 2 vorgesehenen Ausschusses, dass das Verfahren vordem Ausschusse abgeschlossen ist.(4) Wird der Einspruch mit der Mehrheit der Stimmen desBundesrates beschlossen, so kann er durch Beschluss der Mehrheitder Mitglieder des Bundestages zurückgewiesen werden. Hat derBundesrat den Einspruch mit einer Mehrheit von mindestens zweiDritteln seiner Stimmen beschlossen, so bedarf die Zurückweisungdurch den Bundestag einer Mehrheit von zwei Dritteln, mindestensder Mehrheit der Mitglieder des Bundestages.

Artikel 78 [Zustandekommen der Gesetze]Ein vom Bundestage beschlossenes Gesetz kommt zustande, wennder Bundesrat zustimmt, den Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2nicht stellt, innerhalb der Frist des Artikels 77 Abs. 3 keinen Ein-spruch einlegt oder ihn zurücknimmt oder wenn der Einspruchvom Bundestage überstimmt wird.

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Artikel 78 GG

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Artikel 79 [Änderung des Grundgesetzes](1) Das Grundgesetz kann nur durch ein Gesetz geändert werden, dasden Wortlaut des Grundgesetzes ausdrücklich ändert oder ergänzt. Beivölkerrechtlichen Verträgen, die eine Friedensregelung, die Vorberei-tung einer Friedensregelung oder den Abbau einer besatzungsrecht-lichen Ordnung zum Gegenstand haben oder der Verteidigung derBundesrepublik zu dienen bestimmt sind, genügt zur Klarstellung, dassdie Bestimmungen des Grundgesetzes dem Abschluss und dem Inkraft-setzen der Verträge nicht entgegenstehen, eine Ergänzung des Wortlau-tes des Grundgesetzes, die sich auf diese Klarstellung beschränkt.(2) Ein solches Gesetz bedarf der Zustimmung von zwei Drittelnder Mitglieder des Bundestages und zwei Dritteln der Stimmen desBundesrates.(3) Eine Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche die Gliede-rung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung derLänder bei der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 1 und 20niedergelegten Grundsätze berührt werden, ist unzulässig.

Artikel 80 [Erlass von Rechtsverordnungen](1) Durch Gesetz können die Bundesregierung, ein Bundesministeroder die Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungenzu erlassen. Dabei müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteiltenErmächtigung im Gesetze bestimmt werden. Die Rechtsgrundlageist in der Verordnung anzugeben. Ist durch Gesetz vorgesehen, dasseine Ermächtigung weiter übertragen werden kann, so bedarf es zurÜbertragung der Ermächtigung einer Rechtsverordnung.(2) Der Zustimmung des Bundesrates bedürfen, vorbehaltlichanderweitiger bundesgesetzlicher Regelung, Rechtsverordnungen derBundesregierung oder eines Bundesministers über Grundsätze undGebühren für die Benutzung der Einrichtungen des Postwesens undder Telekommunikation, über die Grundsätze der Erhebung desEntgelts für die Benutzung der Einrichtungen der Eisenbahnen desBundes, über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen sowie Rechts-verordnungen auf Grund von Bundesgesetzen, die der Zustimmungdes Bundesrates bedürfen oder die von den Ländern im Auftrage desBundes oder als eigene Angelegenheit ausgeführt werden.(3) Der Bundesrat kann der Bundesregierung Vorlagen für den Erlassvon Rechtsverordnungen zuleiten, die seiner Zustimmung bedürfen.

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Artikel 79 GG

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(4) Soweit durch Bundesgesetz oder auf Grund von BundesgesetzenLandesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlas-sen, sind die Länder zu einer Regelung auch durch Gesetz befugt.

Artikel 80 a [Anwendung von Rechtsvorschriften](1) Ist in diesem Grundgesetz oder in einem Bundesgesetz überdie Verteidigung einschließlich des Schutzes der Zivilbevölkerungbestimmt, dass Rechtsvorschriften nur nach Maßgabe dieses Arti-kels angewandt werden dürfen, so ist die Anwendung außer imVerteidigungsfalle nur zulässig, wenn der Bundestag den Eintrittdes Spannungsfalles festgestellt oder wenn er der Anwendungbesonders zugestimmt hat. Die Feststellung des Spannungsfallesund die besondere Zustimmung in den Fällen des Artikels 12 aAbs. 5 Satz 1 und Abs. 6 Satz 2 bedürfen einer Mehrheit von zweiDritteln der abgegebenen Stimmen.(2) Maßnahmen auf Grund von Rechtsvorschriften nach Absatz 1sind aufzuheben, wenn der Bundestag es verlangt.(3) Abweichend von Absatz 1 ist die Anwendung solcher Rechts-vorschriften auch auf der Grundlage und nach Maßgabe einesBeschlusses zulässig, der von einem internationalen Organ im Rah-men eines Bündnisvertrages mit Zustimmung der Bundesregierunggefaßt wird. Maßnahmen nach diesem Absatz sind aufzuheben,wenn der Bundestag es mit der Mehrheit seiner Mitglieder verlangt.

Artikel 81 [Gesetzgebungsnotstand](1) Wird im Falle des Artikels 68 der Bundestag nicht aufgelöst, sokann der Bundespräsident auf Antrag der Bundesregierung mitZustimmung des Bundesrates für eine Gesetzesvorlage den Gesetz-gebungsnotstand erklären, wenn der Bundestag sie ablehnt, obwohldie Bundesregierung sie als dringlich bezeichnet hat. Das gleichegilt, wenn eine Gesetzesvorlage abgelehnt worden ist, obwohl derBundeskanzler mit ihr den Antrag des Artikels 68 verbunden hatte.(2) Lehnt der Bundestag die Gesetzesvorlage nach Erklärung desGesetzgebungsnotstandes erneut ab oder nimmt er sie in einer für dieBundesregierung als unannehmbar bezeichneten Fassung an, so gilt dasGesetz als zustande gekommen, soweit der Bundesrat ihm zustimmt.Das gleiche gilt, wenn die Vorlage vom Bundestage nicht innerhalb vonvier Wochen nach der erneuten Einbringung verabschiedet wird.

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Artikel 80 a GG

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(3) Während der Amtszeit eines Bundeskanzlers kann auch jedeandere vom Bundestage abgelehnte Gesetzesvorlage innerhalb einerFrist von sechs Monaten nach der ersten Erklärung des Gesetzge-bungsnotstandes gemäß Absatz 1 und 2 verabschiedet werden. NachAblauf der Frist ist während der Amtszeit des gleichen Bundeskanz-lers eine weitere Erklärung des Gesetzgebungsnotstandes unzulässig.(4) Das Grundgesetz darf durch ein Gesetz, das nach Absatz 2zustande kommt, weder geändert noch ganz oder teilweise außerKraft oder außer Anwendung gesetzt werden.

Artikel 82 [Ausfertigung, Verkündung, Inkrafttreten](1) Die nach den Vorschriften dieses Grundgesetzes zustandegekommenen Gesetze werden vom Bundespräsidenten nachGegenzeichnung ausgefertigt und im Bundesgesetzblatte verkün-det. Rechtsverordnungen werden von der Stelle, die sie erläßt, aus-gefertigt und vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung imBundesgesetzblatte verkündet.(2) Jedes Gesetz und jede Rechtsverordnung soll den Tag desInkrafttretens bestimmen. Fehlt eine solche Bestimmung, so tretensie mit dem vierzehnten Tage nach Ablauf des Tages in Kraft, andem das Bundesgesetzblatt ausgegeben worden ist.

VIII. Die Ausführung der Bundesgesetze und die Bundesverwaltung

Artikel 83 [Grundsatz der Ausführung durch die Länder]Die Länder führen die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit aus,soweit dieses Grundgesetz nichts anderes bestimmt oder zulässt.

Artikel 84 [Ausführung durch die Länder als eigene Angelegenheit;Bundesaufsicht]

(1) Führen die Länder die Bundesgesetze als eigene Angelegenheitaus, so regeln sie die Einrichtung der Behörden und das Verwal-tungsverfahren. Wenn Bundesgesetze etwas anderes bestimmen,können die Länder davon abweichende Regelungen treffen. Hatein Land eine abweichende Regelung nach Satz 2 getroffen, tretenin diesem Land hierauf bezogene spätere bundesgesetzliche Rege-lungen der Einrichtung der Behörden und des Verwaltungsverfah-

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Artikel 82 GG

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rens frühestens sechs Monate nach ihrer Verkündung in Kraft,soweit nicht mit Zustimmung des Bundesrates anderes bestimmtist. Artikel 72 Abs. 3 Satz 3 gilt entsprechend. In Ausnahmefällenkann der Bund wegen eines besonderen Bedürfnisses nach bundes-einheitlicher Regelung das Verwaltungsverfahren ohne Abwei-chungsmöglichkeit für die Länder regeln. Diese Gesetze bedürfender Zu stim mung des Bundesrates. Durch Bundesgesetz dürfen Ge -meinden und Gemeindeverbänden Aufgaben nicht übertragenwerden.(2) Die Bundesregierung kann mit Zustimmung des Bundesratesallgemeine Verwaltungsvorschriften erlassen.(3) Die Bundesregierung übt die Aufsicht darüber aus, dass dieLänder die Bundesgesetze dem geltenden Rechte gemäß ausführen.Die Bundesregierung kann zu diesem Zwecke Beauftragte zu denobersten Landesbehörden entsenden, mit deren Zustimmung und,falls diese Zustimmung versagt wird, mit Zustimmung des Bundes-rates auch zu den nachgeordneten Behörden.(4) Werden Mängel, die die Bundesregierung bei der Ausführungder Bundesgesetze in den Ländern festgestellt hat, nicht beseitigt,so beschließt auf Antrag der Bundesregierung oder des Landes derBundesrat, ob das Land das Recht verletzt hat. Gegen denBeschluß des Bundesrates kann das Bundesverfassungsgericht ange-rufen werden.(5) Der Bundesregierung kann durch Bundesgesetz, das derZustimmung des Bundesrates bedarf, zur Ausführung von Bundes-gesetzen die Befugnis verliehen werden, für besondere Fälle Einzel-weisungen zu erteilen. Sie sind, außer wenn die Bundesregierungden Fall für dringlich erachtet, an die obersten Landesbehörden zurichten.

Artikel 85 [Ausführung durch die Länder im Auftrage des Bundes(Bundesauftragsverwaltung)]

(1) Führen die Länder die Bundesgesetze im Auftrage des Bundesaus, so bleibt die Einrichtung der Behörden Angelegenheit derLänder, soweit nicht Bundesgesetze mit Zustimmung des Bundes-rates etwas anderes bestimmen. Durch Bundesgesetz dürfen Ge -mein den und Gemeindeverbänden Aufgaben nicht übertragenwerden.

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Artikel 85 GG

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(2) Die Bundesregierung kann mit Zustimmung des Bundesratesallgemeine Verwaltungsvorschriften erlassen. Sie kann die einheitli-che Ausbildung der Beamten und Angestellten regeln. Die Leiterder Mittelbehörden sind mit ihrem Einvernehmen zu bestellen.(3) Die Landesbehörden unterstehen den Weisungen der zuständi-gen obersten Bundesbehörden. Die Weisungen sind, außer wenndie Bundesregierung es für dringlich erachtet, an die obersten Lan-desbehörden zu richten. Der Vollzug der Weisung ist durch dieobersten Landesbehörden sicherzustellen.(4) Die Bundesaufsicht erstreckt sich auf Gesetzmäßigkeit undZweckmäßigkeit der Ausführung. Die Bundesregierung kann zudiesem Zwecke Bericht und Vorlage der Akten verlangen undBeauftragte zu allen Behörden entsenden.

Artikel 86 [Bundeseigene Verwaltung]Führt der Bund die Gesetze durch bundeseigene Verwaltung oderdurch bundesunmittelbare Körperschaften oder Anstalten desöffentlichen Rechtes aus, so erlässt die Bundesregierung, soweitnicht das Gesetz Besonderes vorschreibt, die allgemeinen Verwal-tungsvorschriften. Sie regelt, soweit das Gesetz nichts anderesbestimmt, die Einrichtung der Behörden.

Artikel 87 [Bundeseigene Verwaltung: Sachgebiete](1) In bundeseigener Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunter-bau werden geführt der Auswärtige Dienst, die Bundesfinanzver-waltung und nach Maßgabe des Artikels 89 die Verwaltung derBundeswasserstraßen und der Schifffahrt. Durch Bundesgesetzkönnen Bundesgrenzschutzbehörden, Zentralstellen für das polizei-liche Auskunfts- und Nachrichtenwesen, für die Kriminalpolizeiund zur Sammlung von Unterlagen für Zwecke des Verfassungs-schutzes und des Schutzes gegen Bestrebungen im Bundesgebiet,die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorberei-tungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutsch- land gefährden, eingerichtet werden.(2) Als bundesunmittelbare Körperschaften des öffentlichen Rech-tes werden diejenigen sozialen Versicherungsträger geführt, derenZuständigkeitsbereich sich über das Gebiet eines Landes hinauserstreckt.

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Artikel 86 GG

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Soziale Versicherungsträger, deren Zuständigkeitsbereich sich überdas Gebiet eines Landes, aber nicht über mehr als drei Länder hin-aus erstreckt, werden abweichend von Satz 1 als landesunmittelbareKörperschaften des öffentlichen Rechtes geführt, wenn das auf-sichtsführende Land durch die beteiligten Länder bestimmt ist.(3) Außerdem können für Angelegenheiten, für die dem Bunde dieGesetzgebung zusteht, selbständige Bundesoberbehörden und neuebun des unmittelbare Körperschaften und Anstalten des öffentlichenRechtes durch Bundesgesetz errichtet werden. Erwachsen dem Bun-de auf Gebieten, für die ihm die Gesetzgebung zusteht, neue Auf -gaben, so können bei dringendem Bedarf bundeseigene Mittel- undUnterbehörden mit Zustimmung des Bundesrates und der Mehr-heit der Mitglieder des Bundestages errichtet werden.

Artikel 87 a [Stärke der Streitkräfte](1) Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf. Ihre zahlen-mäßige Stärke und die Grundzüge ihrer Organisation müssen sichaus dem Haushaltsplan ergeben.(2) Außer zur Verteidigung dürfen die Streitkräfte nur eingesetztwerden, soweit dieses Grundgesetz es ausdrücklich zuläßt.(3) Die Streitkräfte haben im Verteidigungsfalle und im Span-nungsfalle die Befugnis, zivile Objekte zu schützen und Aufgabender Verkehrsregelung wahrzunehmen, soweit dies zur Erfüllungihres Verteidigungsauftrages erforderlich ist. Außerdem kann denStreitkräften im Verteidigungsfalle und im Spannungsfalle derSchutz ziviler Objekte auch zur Unterstützung polizeilicher Maß-nahmen übertragen werden: die Streitkräfte wirken dabei mit denzuständigen Behörden zusammen.(4) Zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder diefreiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder einesLandes kann die Bundesregierung, wenn die Voraussetzungen desArtikels 91 Abs. 2 vorliegen und die Polizeikräfte sowie der Bundes-grenzschutz nicht ausreichen, Streitkräfte zur Unterstützung der Poli-zei und des Bundesgrenzschutzes beim Schutze von zivilen Objektenund bei der Bekämpfung organisierter und militärisch bewaffneterAufständischer einsetzen. Der Einsatz von Streitkräften ist einzustel-len, wenn der Bundestag oder der Bundesrat es verlangen.

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Artikel 87 a GG

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Artikel 87 b [Bundeswehrverwaltung](1) Die Bundeswehrverwaltung wird in bundeseigener Verwaltungmit eigenem Verwaltungsunterbau geführt. Sie dient den Aufgabendes Personalwesens und der unmittelbaren Deckung des Sachbe-darfs der Streitkräfte. Aufgaben der Beschädigtenversorgung unddes Bauwesens können der Bundeswehrverwaltung nur durchBundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, über-tragen werden. Der Zustimmung des Bundesrates bedürfen fernerGesetze, soweit sie die Bundeswehrverwaltung zu Eingriffen inRechte Dritter ermächtigen; das gilt nicht für Gesetze auf demGebiete des Personalwesens.(2) Im übrigen können Bundesgesetze, die der Verteidigung ein-schließlich des Wehrersatzwesens und des Schutzes der Zivilbevöl-kerung dienen, mit Zustimmung des Bundesrates bestimmen, dasssie ganz oder teilweise in bundeseigener Verwaltung mit eigenemVerwaltungsunterbau oder von den Ländern im Auftrage des Bun-des ausgeführt werden. Werden solche Gesetze von den Ländernim Auftrage des Bundes ausgeführt, so können sie mit Zustim-mung des Bundesrates bestimmen, dass die der Bundesregierungund den zuständigen obersten Bundesbehörden auf Grund desArtikels 85 zustehenden Befugnisse ganz oder teilweise Bundes-oberbehörden übertragen werden; dabei kann bestimmt werden,dass diese Behörden beim Erlaß allgemeiner Verwaltungsvorschrif-ten gemäß Artikel 85 Abs. 2 Satz 1 nicht der Zustimmung desBundesrates bedürfen.

Artikel 87 c [Sonderfall einer Auftragsverwaltung]Gesetze, die auf Grund des Artikel 73 Abs. 1 Nr. 14 ergehen, kön-nen mit Zustimmung des Bundesrates bestimmen, dass sie von denLändern im Auftrage des Bundes ausgeführt werden.

Artikel 87 d [Luftverkehrsverwaltung](1) Die Luftverkehrsverwaltung wird in Bundesverwaltung geführt.Aufgaben der Flugsicherung können auch durch ausländische Flug-sicherungsorganisationen wahrgenommen werden, die nach Rechtder Europäischen Gemeinschaft zugelassen sind. Das Nähere regeltein Bundesgesetz.(2) Durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates

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Artikel 87 b GG

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bedarf, können Aufgaben der Luftverkehrsverwaltung den Ländernals Auftragsverwaltung übertragen werden.

Artikel 87 e [Eisenbahnen des Bundes](1) Die Eisenbahnverkehrsverwaltung für Eisenbahnen des Bundeswird in bundeseigener Verwaltung geführt. Durch Bundesgesetzkönnen Aufgaben der Eisenbahnverkehrsverwaltung den Ländernals eigene Angelegenheit übertragen werden.(2) Der Bund nimmt die über den Bereich der Eisenbahnen desBundes hinausgehenden Aufgaben der Eisenbahnverkehrsverwal-tung wahr, die ihm durch Bundesgesetz übertragen werden.(3) Eisenbahnen des Bundes werden als Wirtschaftsunternehmenin privat-rechtlicher Form geführt. Diese stehen im Eigentum desBundes, soweit die Tätigkeit des Wirtschaftsunternehmens denBau, die Unterhaltung und das Betreiben von Schienenwegenumfaßt. Die Veräußerung von Anteilen des Bundes an den Unter-nehmen nach Satz 2 erfolgt auf Grund eines Gesetzes; die Mehr-heit der Anteile an diesen Unternehmen verbleibt beim Bund. DasNähere wird durch Bundesgesetz geregelt.(4) Der Bund gewährleistet, dass dem Wohl der Allgemeinheit, ins-besondere den Verkehrsbedürfnissen, beim Ausbau und Erhalt desSchienennetzes der Eisenbahnen des Bundes sowie bei deren Ver-kehrsangeboten auf diesem Schienennetz, soweit diese nicht denSchienenpersonennahverkehr betreffen, Rechnung getragen wird.Das Nähere wird durch Bundesgesetz geregelt.(5) Gesetze auf Grund der Absätze 1 bis 4 bedürfen der Zustim-mung des Bundesrates. Der Zustimmung des Bundesrates bedürfenferner Gesetze, die die Auflösung, die Verschmelzung und die Auf-spaltung von Eisenbahnunternehmen des Bundes, die Übertragungvon Schienenwegen der Eisenbahnen des Bundes an Dritte sowie dieStillegung von Schienenwegen der Eisenbahnen des Bundes regelnoder Auswirkungen auf den Schienenpersonennahverkehr haben.

Artikel 87 f [Postwesen und Telekommunikation](1) Nach Maßgabe eines Bundesgesetzes, das der Zustimmung desBundesrates bedarf, gewährleistet der Bund im Bereich des Postwe-sens und der Telekommunikation flächendeckend angemesseneund ausreichende Dienstleistungen.

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Artikel 87 e GG

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(2) Dienstleistungen im Sinne des Absatzes 1 werden als privat-wirtschaftliche Tätigkeiten durch die aus dem SondervermögenDeutsche Bundespost hervorgegangenen Unternehmen und durchandere private Anbieter erbracht. Hoheitsaufgaben im Bereich desPostwesens und der Telekommunikation werden in bundeseigenerVerwaltung ausgeführt.(3) Unbeschadet des Absatzes 2 Satz 2 führt der Bund in derRechtsform einer bundesunmittelbaren Anstalt des öffentlichenRechts einzelne Aufgaben in bezug auf die aus dem Sondervermö-gen Deutsche Bundespost hervorgegangenen Unternehmen nachMaßgabe eines Bundesgesetzes aus.

Artikel 88 [Bundesbank]Der Bund errichtet eine Währungs- und Notenbank als Bundes-bank. Ihre Aufgaben und Befugnisse können im Rahmen der Euro-päischen Union der Europäischen Zentralbank übertragen werden,die unabhängig ist und dem vorrangigen Ziel der Sicherung derPreisstabilität verpflichtet.

Artikel 89 [Bundeswasserstraßen](1) Der Bund ist Eigentümer der bisherigen Reichswasserstraßen.(2) Der Bund verwaltet die Bundeswasserstraßen durch eigeneBehörden. Er nimmt die über den Bereich eines Landes hinaus -gehenden staatlichen Aufgaben der Binnenschiffahrt und die Auf -gaben der Seeschiffahrt wahr, die ihm durch Gesetz übertragenwerden. Er kann die Verwaltung von Bundeswasserstraßen, soweitsie im Gebiete eines Landes liegen, diesem Lande auf Antrag alsAuftragsverwaltung übertragen. Berührt eine Wasserstraße dasGebiet mehrerer Länder, so kann der Bund das Land beauftragen,für das die beteiligten Länder es beantragen.(3) Bei der Verwaltung, dem Ausbau und dem Neubau von Wasser straßen sind die Bedürfnisse der Landeskultur und der Wasserwirtschaft im Einvernehmen mit den Ländern zu wahren.

Artikel 90 [Bundesstraßen des Fernverkehrs](1) Der Bund ist Eigentümer der bisherigen Reichsautobahnenund Reichsstraßen.

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Artikel 88 GG

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(2) Die Länder oder die nach Landesrecht zuständigen Selbstver-waltungskörperschaften verwalten die Bundesautobahnen und son-stigen Bundesstraßen des Fernverkehrs im Auftrage des Bundes.(3) Auf Antrag eines Landes kann der Bund Bundesautobahnenund sonstige Bundesstraßen des Fernverkehrs, soweit sie im Gebietdieses Landes liegen, in bundeseigene Verwaltung übernehmen.

Artikel 91 [Einsatz von Polizeikräften im Staatsnotstand](1) Zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder diefreiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder einesLandes kann ein Land Polizeikräfte anderer Länder sowie Kräfteund Einrichtungen anderer Verwaltungen und des Bundesgrenz-schutzes anfordern.(2) Ist das Land, in dem die Gefahr droht, nicht selbst zurBekämpfung der Gefahr bereit oder in der Lage, so kann dieBundesregierung die Polizei in diesem Lande und die Polizeikräfteanderer Länder ihren Weisungen unterstellen sowie Einheiten desBundesgrenzschutzes einsetzen. Die Anordnung ist nach Beseiti-gung der Gefahr, im übrigen jederzeit auf Verlangen des Bundesra-tes aufzuheben. Erstreckt sich die Gefahr auf das Gebiet mehr alseines Landes, so kann die Bundesregierung, soweit es zur wirksa-men Bekämpfung erforderlich ist, den Landesregierungen Weisun-gen erteilen; Satz 1 und Satz 2 bleiben unberührt.

VIII a. Gemeinschaftsaufgaben, Verwaltungszusammenarbeit

Artikel 91 a [Mitwirkung des Bundes bei Gemeinschaftsaufgaben](1) Der Bund wirkt auf folgenden Gebieten bei der Erfüllung vonAufgaben der Länder mit, wenn diese Aufgaben für die Gesamtheitbedeutsam sind und die Mitwirkung des Bundes zur Verbesserungder Lebensverhältnisse erforderlich ist (Gemeinschaftsaufgaben):

1. Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur,2. Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes.

(2) Durch Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates werdendie Gemeinschaftsaufgaben sowie Einzelheiten der Koordinierungnäher bestimmt.(3) Der Bund trägt in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 die Hälfteder Ausgaben in jedem Land. In den Fallen des Absatzes 1 Nr. 2

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Artikel 91 GG

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trägt der Bund mindestens die Hälfte; die Beteiligung ist für alleLänder einheitlich festzusetzen. Das Nähere regelt das Gesetz. DieBereitstellung der Mittel bleibt der Feststellung in den Haus halts -plä nen des Bundes und der Länder vorbehalten.

Artikel 91 b [Zusammenwirken bei Bildungsplanung undForschung]

(1) Bund und Länder können auf Grund von Vereinbarungen inFällen überregionaler Bedeutung zu sam men wir ken bei der Förde-rung von:1. Einrichtungen und Vorhaben der wissenschaftlichen Forschung

außerhalb von Hochschulen;2. Vorhaben der Wissenschaft und Forschung an Hochschulen;3. Forschungsbauten an Hochschulen einschließlich Großgeräten.

Vereinbarungen nach Satz 1 Nr. 2 bedürfen der Zustimmung allerLänder.(2) Bund und Länder können auf Grund von Vereinbarungen zurFeststellung der Leistungsfähigkeit des Bildungswesens im interna-tionalen Vergleich und bei diesbezüglichen Berichten und Empfeh-lungen zusammenwirken.(3) Die Kostentragung wird in der Vereinbarung geregelt.

Artikel 91 c(1) Bund und Länder können bei der Planung, der Errichtung unddem Betrieb der für ihre Aufgabenerfüllung benötigten informa-tionstechnischen Systeme zusammenwirken.(2) Bund und Länder können auf Grund von Vereinbarungen diefür die Kommunikation zwischen ihren informationstechnischenSystemen notwendigen Standards und Sicherheitsanforderungenfestlegen. Vereinbarungen über die Grundlagen der Zusammenar-beit nach Satz 1 können für einzelne nach Inhalt und Ausmaßbestimmte Aufgaben vorsehen, dass nähere Regelungen bei Zu -stimmung einer in der Vereinbarung zu bestimmenden qualifizier-ten Mehrheit für Bund und Länder in Kraft treten. Sie bedürfender Zustimmung des Bundestages und der Volksvertretungen derbeteiligten Länder; das Recht zur Kündigung dieser Vereinbarun-gen kann nicht ausgeschlossen werden. Die Vereinbarungen regelnauch die Kostentragung.

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Artikel 91 b GG

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(3) Die Länder können darüber hinaus den gemeinschaftlichenBetrieb informationstechnischer Systeme sowie die Errichtung vondazu bestimmten Einrichtungen vereinbaren.(4) Der Bund errichtet zur Verbindung der informationstech -nischen Netze des Bundes und der Länder ein Verbindungsnetz.Das Nähere zur Errichtung und zum Betrieb des Verbindungsnet-zes regelt ein Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates.

Artikel 91 dBund und Länder können zur Feststellung und Förderung der Leis tungsfähigkeit ihrer Verwaltungen Vergleichsstudien durchfüh-ren und die Ergebnisse veröffentlichen.

Artikel 91 e(1) Bei der Ausführung von Bundesgesetzen auf dem Gebiet derGrundsicherung für Arbeitssuchende wirken Bund und Länderoder die nach Landesrecht zuständigen Gemeinden und Gemein-de verbände in der Regel in gemeinsamen Einrichtungen zusam-men.(2) Der Bund kann zulassen, dass eine begrenzte Anzahl von Ge -meinden und Gemeindeverbänden auf ihren Antrag und mitZustimmung der obersten Landesbehörde die Aufgaben nach Ab -satz 1 allein wahrnimmt. Die notwendigen Ausgaben einschließlichder Verwaltungsausgaben trägt der Bund, soweit die Aufgaben beieiner Ausführung von Gesetzen nach Absatz 1 vom Bund wahrzu-nehmen sind.(3) Das Nähere regelt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung desBundesrates bedarf.

IX. Die Rechtsprechung

Artikel 92 [Organe der rechtsprechenden Gewalt]Die rechtsprechende Gewalt ist den Richtern anvertraut; sie wirddurch das Bundesverfassungsgericht, durch die in diesem Grundge-setze vorgesehenen Bundesgerichte und durch die Gerichte derLänder ausgeübt.

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Artikel 91 d GG

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Artikel 93 [Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts](1) Das Bundesverfassungsgericht entscheidet:1. über die Auslegung dieses Grundgesetzes aus Anlass von Strei-

tigkeiten über den Umfang der Rechte und Pflichten einesobersten Bundesorgans oder anderer Beteiligter, die durch die-ses Grundgesetz oder in der Geschäftsordnung eines obers tenBundesorgans mit eigenen Rechten ausgestattet sind;

2. bei Meinungsverschiedenheiten oder Zweifeln über die förm-liche und sachliche Vereinbarkeit von Bundesrecht oder Lan-desrecht mit diesem Grundgesetze oder die Vereinbarkeit vonLandesrecht und sonstigem Bundesrechte auf Antrag derBundesregierung, einer Landesregierung oder eines Viertelsder Mitglieder des Bundestages;

2a. bei Meinungsverschiedenheiten, ob ein Gesetz den Voraussetzun-gen des Artikels 72 Abs. 2 entspricht, auf Antrag des Bundesrates,einer Landesregierung oder der Volksvertretung eines Landes;

3. bei Meinungsverschiedenheiten über Rechte und Pflichten desBundes und der Länder, insbesondere bei der Ausführung vonBundesrecht durch die Länder und bei der Ausübung derBundesaufsicht;

4. in anderen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten zwischen demBunde und den Ländern, zwischen verschiedenen Ländernoder innerhalb eines Landes, soweit nicht ein anderer Rechts-weg gegeben ist;

4a. über Verfassungsbeschwerden, die von jedermann mit der Be -haup tung erhoben werden können, durch die öffentlicheGewalt in einem seiner Grundrechte oder in einem seiner inArtikel 20 Abs. 4, 33, 38, 101, 103 und 104 enthaltenenRechte verletzt zu sein;

4b über Verfassungsbeschwerden von Gemeinden und Gemein-deverbänden wegen Verletzung des Rechts auf Selbstverwal-tung nach Artikel 28 durch ein Gesetz, bei Landesgesetzenjedoch nur, soweit nicht Beschwerde beim Landesverfassungs-gericht erhoben werden kann;

5. in den übrigen in diesem Grundgesetze vorgesehenen Fällen.(2) Das Bundesverfassungsgericht entscheidet außerdem auf Antragdes Bundesrates, einer Landesregierung oder der Volksvertretungeines Landes, ob im Falle des Artikels 72 Abs. 4 die Erforderlichkeit

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Artikel 93 GG

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für eine bundesgesetzliche Regelung nach Artikel 72 Abs. 2 nichtmehr besteht oder Bundesrecht in den Fällen des Artikels 125a Abs. 2Satz 1 nicht mehr erlassen werden könnte. Die Feststellung, dass dieErforderlichkeit entfallen ist oder Bundesrecht nicht mehr erlassenwerden könnte, ersetzt ein Bundesgesetz nach Artikel 72 Abs. 4 odernach Artikel 125a Abs. 2 Satz 2. Der Antrag nach Satz 1 ist nur zuläs-sig, wenn eine Gesetzesvorlage nach Artikel 72 Abs. 4 oder nach Arti-kel 125a Abs. 2 Satz 2 im Bundestag abgelehnt oder über sie nichtinnerhalb eines Jahres beraten und Beschluss gefasst oder wenn eineentsprechende Gesetzesvor lage im Bundesrat abgelehnt worden ist.(3) Das Bundesverfassungsgericht wird ferner in den ihm sonstdurch Bundesgesetz zugewiesenen Fällen tätig.

Artikel 94 [Zusammensetzung des Bundesverfassungsgerichts](1) Das Bundesverfassungsgericht besteht aus Bundesrichtern undanderen Mitgliedern. Die Mitglieder des Bundesverfassungsgerichteswerden je zur Hälfte vom Bundestage und vom Bundesrate gewählt.Sie dürfen weder dem Bundestage, dem Bundesrate, der Bundes -regierung noch entsprechenden Organen eines Landes angehören.(2) Ein Bundesgesetz regelt seine Verfassung und das Verfahrenund bestimmt, in welchen Fällen seine Entscheidungen Gesetzes-kraft haben. Es kann für Verfassungsbeschwerden die vorherigeErschöpfung des Rechtsweges zur Voraussetzung machen und einbesonderes Annahmeverfahren vorsehen.

Artikel 95 [Oberste Gerichtshöfe](1) Für die Gebiete der ordentlichen, der Verwaltungs-, derFinanz-, der Arbeits- und der Sozialgerichtsbarkeit errichtet derBund als oberste Gerichtshöfe den Bundesgerichtshof, das Bundes-verwaltungsgericht, den Bundesfinanzhof, das Bundesarbeitsgerichtund das Bundessozialgericht.(2) Über die Berufung der Richter dieser Gerichte entscheidet derfür das jeweilige Sachgebiet zuständige Bundesminister gemeinsammit einem Richterwahlausschuß, der aus den für das jeweilige Sach-gebiet zuständigen Ministern der Länder und einer gleichen Anzahlvon Mitgliedern besteht, die vom Bundestage gewählt werden.(3) Zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung ist ein

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Artikel 94 GG

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Gemeinsamer Senat der in Absatz 1 genannten Gerichte zu bilden.Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

Artikel 96 [Obere Bundesgerichte](1) Der Bund kann für Angelegenheiten des gewerblichen Rechts-schutzes ein Bundesgericht errichten.(2) Der Bund kann Wehrstrafgerichte für die Streitkräfte alsBundesgerichte errichten. Sie können die Strafgerichtsbarkeit nurim Verteidigungsfalle sowie über Angehörige der Streitkräfte aus - üben, die in das Ausland entsandt oder an Bord von Kriegsschiffeneingeschifft sind. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz. DieseGerichte gehören zum Geschäftsbereich des Bundesjustizministers.Ihre hauptamtlichen Richter müssen die Befähigung zum Rich-teramt haben.(3) Oberster Gerichtshof für die in Absatz 1 und 2 genanntenGerichte ist der Bundesgerichtshof.(4) Der Bund kann für Personen, die zu ihm in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehen, Bundesgerichte zur Entschei-dung in Disziplinarverfahren und Beschwerdeverfahren errichten.(5) Für Strafverfahren auf den folgenden Gebieten kann einBundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates vorsehen, dassGerichte der Länder Gerichtsbarkeit des Bundes ausüben:1. Völkermord;2. völkerstrafrechtliche Verbrechen gegen die Menschlichkeit;3. Kriegsverbrechen;4. andere Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vor-

genommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völkerzu stören (Artikel 26 Abs. 1);

5. Staatsschutz.

Artikel 97 [Richterliche Unabhängigkeit](1) Die Richter sind unabhängig und nur dem Gesetze unterworfen.(2) Die hauptamtlich und planmäßig endgültig angestellten Rich-ter können wider ihren Willen nur kraft richterlicher Entscheidungund nur aus Gründen und unter den Formen, welche die Gesetzebestimmen, vor Ablauf ihrer Amtszeit entlassen oder dauernd oderzeitweise ihres Amtes enthoben oder an eine andere Stelle oder in

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Artikel 96 GG

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den Ruhestand versetzt werden. Die Gesetzgebung kann Alters-grenzen festsetzen, bei deren Erreichung auf Lebenszeit angestellteRichter in den Ruhestand treten. Bei Veränderung der Einrichtungder Gerichte oder ihrer Bezirke können Richter an ein anderesGericht versetzt oder aus dem Amte entfernt werden, jedoch nurunter Belassung des vollen Gehaltes.

Artikel 98 [Rechtsstellung der Richter in Bund und Ländern](1) Die Rechtsstellung der Bundesrichter ist durch besonderesBundesgesetz zu regeln.(2) Wenn ein Bundesrichter im Amte oder außerhalb des Amtesgegen die Grundsätze des Grundgesetzes oder gegen die verfas-sungsmäßige Ordnung eines Landes verstößt, so kann das Bundes-verfassungsgericht mit Zweidrittelmehrheit auf Antrag des Bundes-tages anordnen, dass der Richter in ein anderes Amt oder in denRuhestand zu versetzen ist. Im Falle eines vorsätzlichen Verstoßeskann auf Entlassung erkannt werden.(3) Die Rechtsstellung der Richter in den Ländern ist durchbesondere Landesgesetze zu regeln, soweit Artikel 74 Abs. 1 Nr. 27nichts anderes bestimmt.(4) Die Länder können bestimmen, dass über die Anstellung derRichter in den Ländern der Landesjustizminister gemeinsam miteinem Richterwahlausschuss entscheidet.(5) Die Länder können für Landesrichter eine Absatz 2 entspre-chende Regelung treffen. Geltendes Landesverfassungsrecht bleibtunberührt. Die Entscheidung über eine Richteranklage steht demBundesverfassungsgericht zu.

Artikel 99 [Entscheidung landesrechtlicher Streitigkeiten durch dasBundesverfassungsgericht]

Dem Bundesverfassungsgerichte kann durch Landesgesetz die Ent-scheidung von Verfassungsstreitigkeiten innerhalb eines Landes, denin Artikel 95 Abs. 1 genannten obersten Gerichtshöfen für den letz-ten Rechtszug die Entscheidung in solchen Sachen zugewiesen wer-den, bei denen es sich um die Anwendung von Landesrecht handelt.

Artikel 100 [Einholung verfassungsrechtlicher Entscheidungen](1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Ent-

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Artikel 98 GG

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scheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren aus-zusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung einesLandes handelt, die Entscheidung des für Verfassungsstreitigkeitenzuständigen Gerichtes des Landes, wenn es sich um die Verletzungdieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfas-sungsgerichtes einzuholen. Dies gilt auch, wenn es sich um die Verlet-zung dieses Grundgesetzes durch Landesrecht oder um die Unverein-barkeit eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetze handelt.(2) Ist in einem Rechtsstreite zweifelhaft, ob eine Regel des Völker-rechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rech-te und Pflichten für den einzelnen erzeugt (Artikel 25), so hat dasGericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.(3) Will das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung desGrundgesetzes von einer Entscheidung des Bundesverfassungsge-richtes oder des Verfassungsgerichtes eines anderen Landes abwei-chen, so hat das Verfassungsgericht die Entscheidung des Bundes-verfassungsgerichtes einzuholen.

Artikel 101 [Unzulässigkeit von Ausnahmegerichten](1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinemgesetzlichen Richter entzogen werden.(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetzerrichtet werden.

Artikel 102 [Abschaffung der Todesstrafe]Die Todesstrafe ist abgeschafft.

Artikel 103 [Grundrechte im Strafrecht und Strafprozeß](1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeitgesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinenStrafgesetze mehrmals bestraft werden.

Artikel 104 [Freiheitsentziehung](1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichenGesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen For-men beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder see-lisch noch körperlich misshandelt werden.

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Artikel 101 GG

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(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehunghat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicherAnordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich einerichterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf auseigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Endedes Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. DasNähere ist gesetzlich zu regeln.(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläu-fig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahmedem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mit-zuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendun-gen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mitGründen versehenen, schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder dieFreilassung anzuordnen.(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnungoder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich einAngehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauenszu benachrichtigen.

X. Das Finanzwesen

Artikel 104 a [Das Tragen der Ausgaben von Bund und Ländern](1) Der Bund und die Länder tragen gesondert die Ausgaben, diesich aus der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ergeben, soweit diesesGrundgesetz nichts anderes bestimmt.(2) Handeln die Länder im Auftrage des Bundes, trägt der Bunddie sich daraus ergebenden Ausgaben.(3) Bundesgesetze, die Geldleistungen gewähren und von den Län-dern ausgeführt werden, können bestimmen, dass die Geldleistun-gen ganz oder zum Teil vom Bund getragen werden. Bestimmt dasGesetz, der Bund die Hälfte der Ausgaben oder mehr trägt, wird esim Auftrage des Bundes durchgeführt.(4) Bundesgesetze, die Pflichten der Länder zur Erbringung vonGeldleistungen, geldwerten Sachleistungen oder vergleichbarenDienstleistungen gegenüber Dritten begründen und von den Län-dern als eigene Angelegenheit oder nach Absatz 3 Satz 2 im Auftragdes Bundes ausgeführt werden, bedürfen der Zustimmung desBundesrates, wenn daraus entstehende Ausgaben von den Ländern

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Artikel 104 a GG

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zu tragen sind.(5) Der Bund und die Länder tragen die bei ihren Behörden ent-stehenden Verwaltungsausgaben und haften im Verhältnis zueinan-der für eine ordnungsgemäße Verwaltung. Das Nähere bestimmtein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf.(6) Bund und Länder tragen nach der innerstaatlichen Zuständig-keits- und Aufgabenverteilung die Lasten einer Verletzung vonsupranationalen oder völkerrechtlichen Verpflichtungen Deutsch-lands. In Fällen länderübergreifender Finanzkorrekturen der Euro- päi schen Union tragen Bund und Länder diese Lasten im Verhält-nis 15 zu 85. Die Ländergesamtheit trägt in diesen Fällen solida-risch 35 vom Hundert der Gesamtlasten entsprechend einem allge-meinen Schlüssel; 50 vom Hundert der Gesamtlasten tragen dieLänder, die die Lasten verursacht haben, anteilig entsprechend derHöhe der erhaltenen Mittel. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz,das der Zustimmung des Bundesrates bedarf.

Artikel 104 b(1) Der Bund kann, soweit dieses Grundgesetz ihm Gesetz -gebungsbefugnisse verleiht, den Ländern Finanzhilfen für beson -ders bedeutsame Investitionen der Länder und der Gemeinden(Gemeindeverbände) gewähren, die1. zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichge-

wichts oder2. zum Ausgleich unterschiedlicher Wirtschaftskraft im Bundes-

gebiet oder3. zur Förderung des wirtschaftlichen Wachstums erforderlich sind.

Abweichend von Satz 1 kann der Bund im Falle von Natur -katas trophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die sichder Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanz -lage erheblich beeinträchtigen, auch ohne Gesetzgebungsbefug-nisse Finanzhilfen gewähren.

(2) Das Nähere, insbesondere die Arten der zu fördernden Investi-tionen, wird durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bun -des rats bedarf, oder auf Grund des Bundeshaushaltsgesetzes durchVerwaltungsvereinbarung geregelt. Die Mittel sind befristet zugewähren und hinsichtlich ihrer Verwendung in regelmäßigenZeitabständen zu überprüfen. Die Finanzhilfen sind im Zeitablauf

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Artikel 104 b GG

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mit fallenden Jahresbeträgen zu gestalten.(3) Bundestag, Bundesregierung und Bundesrat sind auf Verlan-gen über die Durchführung der Maßnahmen und die erzielten Ver-besserungen zu unterrichten.

Artikel 105 [Verteilung der Gesetzgebungskompetenz im Steuerwesen](1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über die Zölleund Finanzmonopole.(2) Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über die übrigenSteuern, wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teilzusteht oder die Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 vorliegen.(2 a) Die Länder haben die Befugnis zur Gesetzgebung über dieörtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sienicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Siehaben die Befugnis zur Bestimmung des Steuersatzes bei derGrunderwerbssteuer.(3) Bundesgesetze über Steuern, deren Aufkommen den Ländernoder den Gemeinden (Gemeindeverbänden) ganz oder zum Teilzufließt, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

Artikel 106 [Verteilung der Steuern](1) Der Ertrag der Finanzmonopole und das Aufkommen der fol-genden Steuern stehen dem Bund zu:

1. die Zölle,2. die Verbrauchsteuern, soweit sie nicht nach Absatz 2 den Län-

dern, nach Absatz 3 Bund und Ländern gemeinsam oder nachAbsatz 6 den Gemeinden zustehen,

3. die Straßengüterverkehrsteuer, die Kraftfahrzeugsteuer und sons -tige auf motorisierte Verkehrsmittel bezogene Verkehrsteuern,

4. die Kapitalverkehrsteuern, die Versicherungsteuer und dieWechselsteuer,

5. die einmaligen Vermögensabgaben und die zur Durchführungdes Lastenausgleichs erhobenen Ausgleichsabgaben,

6. die Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer und zur Körper-schaftsteuer,

7. Abgaben im Rahmen der Europäischen Gemeinschaften.(2) Das Aufkommen der folgenden Steuern steht den Ländern zu:

1. die Vermögensteuer,

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Artikel 105 GG

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2. die Erbschaftsteuer,3. die Verkehrsteuern, soweit sie nicht nach Absatz 1 dem Bund

oder nach Absatz 3 Bund und Ländern gemeinsam zustehen,4. die Biersteuer,5. die Abgabe von Spielbanken.

(3) Das Aufkommen der Einkommensteuer, der Körperschaftsteuerund der Umsatzsteuer steht dem Bund und den Ländern gemeinsamzu (Gemeinschaftsteuern), soweit das Aufkommen der Einkommen-steuer nicht nach Absatz 5 und das Aufkommen der Umsatzsteuernicht nach Absatz 5a den Gemeinden zugewiesen wird. Am Auf-kommen der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer sind derBund und die Länder je zur Hälfte beteiligt. Die Anteile von Bundund Ländern an der Umsatzsteuer werden durch Bundesgesetz, dasder Zustimmung des Bundesrates bedarf, festgesetzt. Bei der Festset-zung ist von folgenden Grundsätzen auszugehen:1. Im Rahmen der laufenden Einnahmen haben der Bund und

die Länder gleichmäßig Anspruch auf Deckung ihrer notwen-digen Ausgaben. Dabei ist der Umfang der Ausgaben unterBerücksichtigung einer mehrjährigen Finanzplanung zu ermit-teln.

2. Die Deckungsbedürfnisse des Bundes und der Länder sind soaufeinander abzustimmen, dass ein billiger Ausgleich erzielt, eineÜberbelastung der Steuerpflichtigen vermieden und die Einheit-lichkeit der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet ge wahrt wird.

Zusätzlich werden in die Festsetzung der Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer Steuermindereinnahmen einbezogen,die den Ländern ab 1. Januar 1996 aus der Berücksichtigung vonKindern im Einkommensteuerrecht entstehen. Das Nähere be -stimmt das Bundesgesetz nach Satz 3.(4) Die Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer sindneu festzusetzen, wenn sich das Verhältnis zwischen den Einnah-men und Ausgaben des Bundes und der Länder wesentlich andersentwickelt; Steuermindereinnahmen, die nach Absatz 3 Satz 5 indie Festsetzung der Umsatzsteueranteile zusätzlich einbezogen wer-den, bleiben hierbei unberücksichtigt. Werden den Ländern durchBundesgesetz zusätzliche Ausgaben auferlegt oder Einnahmen ent-zogen, so kann die Mehrbelastung durch Bundesgesetz, das derZustimmung des Bundesrates bedarf, auch mit Finanzzuweisungen

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Artikel 106 GG

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des Bundes ausgeglichen werden, wenn sie auf einen kurzen Zeit -raum begrenzt ist. In dem Gesetz sind die Grundsätze für dieBemessung dieser Finanzzuweisungen und für ihre Verteilung aufdie Länder zu bestimmen.(5) Die Gemeinden erhalten einen Anteil an dem Aufkommen derEinkommensteuer, der von den Ländern an ihre Gemeinden aufder Grundlage der Einkommensteuerleistungen ihrer Einwohnerweiterzuleiten ist. Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz, das derZustimmung des Bundesrates bedarf. Es kann bestimmen, dass dieGemeinden Hebesätze für den Gemeindeanteil festsetzen.(5 a) Die Gemeinden erhalten ab dem 1. Januar 1998 einen Anteilan dem Aufkommen der Umsatzsteuer. Er wird von den Ländernauf der Grundlage eines orts- und wirtschaftsbezogenen Schlüsselsan ihre Gemeinden weitergeleitet. Das Nähere wird durch Bundes-gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt.(6) Das Aufkommen der Grundsteuer und Gewerbesteuer stehtden Gemeinden, das Aufkommen der örtlichen Verbrauch- undAufwandsteuern steht den Gemeinden oder nach Maßgabe derLandesgesetzgebung den Gemeindeverbänden zu. Den Gemeindenist das Recht einzuräumen, die Hebesätze der Grundsteuer undGewerbesteuer im Rahmen der Gesetze festzusetzen. Bestehen ineinem Land keine Gemeinden, so steht das Aufkommen derGrundsteuer und Gewerbesteuer sowie der örtlichen Verbrauch-und Aufwandsteuern dem Land zu. Bund und Länder könnendurch eine Umlage an dem Aufkommen der Gewerbesteuer betei-ligt werden. Das Nähere über die Umlage bestimmt ein Bundesge-setz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Nach Maßgabeder Landesgesetzgebung können die Grundsteuer und Gewerbe-steuer sowie der Gemeindeanteil vom Aufkommen der Einkom-mensteuer und der Umsatzsteuer als Bemessungsgrundlagen fürUmlagen zugrunde gelegt werden.(7) Von dem Länderanteil am Gesamtaufkommen der Gemein-schaftsteuern fließt den Gemeinden und Gemeindeverbänden ins-gesamt ein von der Landesgesetzgebung zu bestimmender Hun-dertsatz zu. Im übrigen be stimmt die Landesgesetzgebung, ob undinwieweit das Aufkommen der Landessteuern den Gemeinden(Gemeindeverbänden) zufließt.(8) Veranlasst der Bund in einzelnen Ländern oder Gemeinden

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Artikel 106 GG

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(Gemeindeverbänden) besondere Einrichtungen, die diesen Län-dern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) unmittelbar Mehr-ausgaben oder Mindereinnahmen (Sonderbelastungen) verursa-chen, gewährt der Bund den erforderlichen Ausgleich, wenn undsoweit den Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) nichtzugemutet werden kann, die Sonderbelastungen zu tragen. Ent-schädigungsleistungen Dritter und finanzielle Vorteile, die diesenLändern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) als Folge der Ein-richtungen erwachsen, werden bei dem Ausgleich berücksichtigt.(9) Als Einnahmen und Ausgaben der Länder im Sinne diesesArtikels gelten auch die Einnahmen und Ausgaben der Gemeinden(Gemeindeverbände).

Artikel 106 a Den Ländern steht ab 1. Januar 1996 für den öffentlichen Perso-nennahverkehr ein Betrag aus dem Steueraufkommen des Bundeszu. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung desBundesrates bedarf. Der Betrag nach Satz 1 bleibt bei der Bemes-sung der Finanzkraft nach Artikel 107 Abs. 2 unberücksichtigt.

Artikel 106 bDen Ländern steht ab dem 1. Juli 2009 infolge der Übertragungder Kraftfahrzeugsteuer auf den Bund ein Betrag aus dem Steuer-aufkommen des Bundes zu. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz,das der Zustimmung des Bundesrates bedarf.

Artikel 107 (1) Das Aufkommen der Landessteuern und der Länderanteil amAufkommen der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer ste-hen den einzelnen Ländern insoweit zu, als die Steuern von denFinanzbehörden in ihrem Gebiet vereinnahmt werden (örtliches Auf-kommen). Durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesra-tes bedarf, sind für die Körperschaftsteuer und die Lohnsteuer nähereBestimmungen über die Abgrenzung sowie über Art und Umfang derZerlegung des örtlichen Aufkommens zu treffen. Das Gesetz kannauch Bestimmungen über die Abgrenzung und Zerlegung des ört-lichen Aufkommens anderer Steuern treffen. Der Länderanteil amAuf kom men der Umsatzsteuer steht den einzelnen Ländern nach

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Artikel 106 a GG

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Maßgabe ihrer Einwohnerzahl zu; für einen Teil, höchstens jedochfür ein Viertel dieses Länderanteils, können durch Bundesgesetz,das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, Ergänzungsanteile fürdie Länder vorgesehen werden, deren Einnahmen aus den Landes-steuern, aus der Einkommensteuer und der Körperschaft steuer undnach Artikel 106 b je Einwohner unter dem Durchschnitt der Län-der liegen; bei der Grunderwerbssteuer ist die Steuerkraft einzube-ziehen.(2) Durch das Gesetz ist sicherzustellen, dass die unterschiedlicheFinanzkraft der Länder angemessen ausgeglichen wird; hierbei sind dieFinanzkraft und der Finanzbedarf der Gemeinden (Gemeinde - verbände) zu berücksichtigen. Die Voraussetzungen für die Aus -gleichsansprüche der ausgleichsberechtigten Länder und für die Aus-gleichs verbindlichkeiten der ausgleichspflichtigen Länder sowie dieMaß stäbe für die Höhe der Ausgleichsleistungen sind in dem Gesetzzu be stimmen. Es kann auch bestimmen, dass der Bund aus seinenMitteln leis tungsschwachen Ländern Zuweisungen zur ergänzendenDeckung ihres allgemeinen Finanzbedarfs (Ergänzungszuweisungen)gewährt.

Artikel 108 (1) Zölle, Finanzmonopole, die bundesgesetzlich geregelten Ver-brauchsteuern einschließlich der Einfuhrumsatzsteuer, die Kraft-fahrzeugsteuer und sonstige auf motorisierte Verkehrsmittel bezo-gene Verkehrsteuern ab dem 1. Juli 2009 sowie die Abgaben imRahmen der Europäischen Gemeinschaften werden durch Bundes-finanzbehörden verwaltet. Der Aufbau dieser Behörden wird durchBundesgesetz geregelt. Soweit Mittelbehörden eingerichtet sind,werden deren Leiter im Benehmen mit den Landesregierungenbestellt.(2) Die übrigen Steuern werden durch Landesfinanzbehörden verwal-tet. Der Aufbau dieser Behörden und die einheitliche Ausbildungder Beamten können durch Bundesgesetz mit Zustimmung desBundesrates geregelt werden. Soweit Mittelbehörden eingerichtet sind,werden deren Leiter im Einvernehmen mit der Bundesregierungbestellt.(3) Verwalten die Landesfinanzbehörden Steuern, die ganz oderzum Teil dem Bund zufließen, so werden sie im Auftrage des Bun-

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Artikel 108 GG

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des tätig. Artikel 85 Abs. 3 und 4 gilt mit der Maßgabe, dass an dieStelle der Bundesregierung der Bundesminister der Finanzen tritt.(4) Durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesratesbedarf, kann bei der Verwaltung von Steuern ein Zusammenwirkenvon Bundes- und Landesfinanzbehörden sowie für Steuern, dieunter Absatz 1 fallen, die Verwaltung durch Landesfinanzbehördenund für andere Steuern die Verwaltung durch Bundesfinanzbehör-den vorgesehen werden, wenn und soweit dadurch der Vollzug derSteuergesetze erheblich verbessert oder erleichtert wird. Für die denGemeinden (Gemeindeverbänden) allein zufließenden Steuernkann die den Landesfinanzbehörden zustehende Verwaltung durchdie Länder ganz oder zum Teil den Gemeinden (Gemeindeverbän-den) übertragen werden.(5) Das von den Bundesfinanzbehörden anzuwendende Verfahrenwird durch Bundesgesetz geregelt. Das von den Landesfinanzbehör-den und in den Fällen des Absatzes 4 Satz 2 von den Gemeinden(Gemeindeverbänden) anzuwendende Verfahren kann durch Bun -des ge setz mit Zustimmung des Bundesrates geregelt werden.(6) Die Finanzgerichtsbarkeit wird durch Bundesgesetz einheitlichgeregelt.(7) Die Bundesregierung kann allgemeine Verwaltungsvorschriftenerlassen, und zwar mit Zustimmung des Bundesrates, soweit dieVerwaltung den Landesfinanzbehörden oder Gemeinden (Gemein-deverbänden) ob liegt.

Artikel 109 (1) Bund und Länder sind in ihrer Haushaltswirtschaft selbständigund voneinander unabhängig.(2) Bund und Länder erfüllen gemeinsam die Verpflichtungen derBundesrepublik Deutschland aus Rechtsakten der EuropäischenGemeinschaft auf Grund des Artikels 104 des Vertrags zur Grün-dung der Europäischen Gemeinschaft zur Einhaltung der Haus-haltsdisziplin und tragen in diesem Rahmen den Erfordernissen desgesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts Rechnung.(3) Die Haushalte von Bund und Ländern sind grundsätzlich ohneEinnahmen aus Krediten auszugleichen. Bund und Länder könnenRegelungen zur im Auf- und Abschwung symmetrischen Berück -sichtigung der Auswirkungen einer von der Normallage abweichen-

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Artikel 109 GG

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den konjunkturellen Entwicklung sowie eine Ausnahmeregelungfür Naturkatastrophen oder außergewöhnliche Notsituationen, diesich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanz-lage erheblich beeinträchtigen, vorsehen. Für die Ausnahmerege-lung ist eine entsprechende Tilgungsregelung vorzusehen. Dienähere Ausgestaltung regelt für den Haushalt des Bundes Artikel115 mit der Maßgabe, dass Satz 1 entsprochen ist, wenn die Ein-nahmen aus Krediten 0,35 vom Hundert im Verhältnis zum nomi-nalen Bruttoinlandsprodukt nicht überschreiten. Die nähere Aus-gestaltung für die Haushalte der Länder regeln diese im Rahmenihrer verfassungsrechtlichen Kompetenzen mit der Maßgabe, dassSatz 1 nur dann entsprochen ist, wenn keine Einnahmen aus Kre-diten zugelassen werden.(4) Durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesratesbedarf, können für Bund und Länder gemeinsam geltende Grund-sätze für das Haushaltsrecht, für eine konjunkturgerechte Haus-haltswirtschaft und für eine mehrjährige Finanzplanung aufgestelltwerden.(5) Sanktionsmaßnahmen der Europäischen Gemeinschaft imZusammenhang mit den Bestimmungen in Artikel 104 des Vertragszur Gründung der Europäischen Gemeinschaft zur Einhaltung derHaushaltsdisziplin tragen Bund und Länder im Verhältnis 65 zu 35.Die Ländergesamtheit trägt solidarisch 35 vom Hundert der auf dieLänder entfallenden Lasten entsprechend ihrer Einwohnerzahl; 65vom Hundert der auf die Länder entfallenden Lasten tragen die Län-der entsprechend ihrem Verursachungsbeitrag. Das Nähere regelt einBundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf.

Artikel 109 aZur Vermeidung von Haushaltsnotlagen regelt ein Bundesgesetz, dasder Zustimmung des Bundesrates bedarf,

1. die fortlaufende Überwachung der Haushaltswirtschaft vonBund und Ländern durch ein gemeinsames Gremium (Stabili-tätsrat),

2. die Voraussetzungen und das Verfahren zur Feststellung einerdrohenden Haushaltsnotlage,

3. die Grundsätze zur Aufstellung und Durchführung von Sanie-rungsprogrammen zur Vermeidung von Haushaltsnotlagen.

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Artikel 109 a GG

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Die Beschlüsse des Stabilitätsrats und die zugrunde liegenden Bera-tungsunterlagen sind zu veröffentlichen.

Artikel 110 [Haushaltsplan](1) Alle Einnahmen und Ausgaben des Bundes sind in den Haus-haltsplan einzustellen; bei Bundesbetrieben und bei Sondervermö-gen brauchen nur die Zuführungen oder die Ablieferungen einge-stellt zu werden. Der Haushaltsplan ist in Einnahme und Ausgabeauszugleichen.(2) Der Haushaltsplan wird für ein oder mehrere Rechnungsjahre,nach Jahren getrennt, vor Beginn des ersten Rechnungsjahresdurch das Haushaltsgesetz festgestellt. Für Teile des Haushaltspla-nes kann vorgesehen werden, dass sie für unterschiedliche Zeiträu-me, nach Rechnungsjahren ge trennt, gelten.(3) Die Gesetzesvorlage nach Abs. 2 Satz 1 sowie Vorlagen zurÄnderung des Haushaltsgesetzes und des Haushaltsplanes werdengleichzeitig mit der Zuleitung an den Bundesrat beim Bundestageeingebracht; der Bundesrat ist berechtigt, innerhalb von sechsWochen, bei Änderungsvorlagen innerhalb von drei Wochen, zuden Vorlagen Stellung zu nehmen.(4) In das Haushaltsgesetz dürfen nur Vorschriften aufgenommenwerden, die sich auf die Einnahmen und die Ausgaben des Bundesund auf den Zeitraum beziehen, für den das Haushaltsgesetzbeschlossen wird. Das Haushaltsgesetz kann vorschreiben, dass dieVorschriften erst mit der Verkündung des nächsten Haushaltsgeset-zes oder bei Ermächtigung nach Artikel 115 zu einem späterenZeitpunkt außer Kraft treten.

Artikel 111 [Haushaltsvorgriff ](1) Ist bis zum Schluss eines Rechnungsjahres der Haushaltsplanfür das folgende Jahr nicht durch Gesetz festgestellt, so ist bis zuseinem Inkrafttreten die Bundesregierung ermächtigt, alle Ausga-ben zu leisten, die nötig sind,a) um gesetzlich bestehende Einrichtungen zu erhalten und gesetz-

lich beschlossene Maßnahmen durchzuführen,b) um die rechtlich begründeten Verpflichtungen des Bundes zu

erfüllen,c) um Bauten, Beschaffungen und sonstige Leistungen fortzusetzen

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Artikel 110 GG

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oder Beihilfen für diese Zwecke weiter zu gewähren, soferndurch den Haushaltsplan eines Vorjahres bereits Beträge bewil-ligt worden sind.

(2) Soweit nicht auf besonderem Gesetz beruhende Einnahmenaus Steuern, Abgaben und sonstigen Quellen oder die Betriebs-mittelrücklage die Ausgaben unter Absatz 1 decken, darf dieBundesregierung die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftsfüh-rung erforderlichen Mittel bis zur Höhe eines Viertels der End-summe des abgelaufenen Haushaltsplanes im Wege des Kreditsflüssig machen.

Artikel 112 [Überplanmäßige und außerplanmäßige Ausgaben]Überplanmäßige und außerplanmäßige Ausgaben bedürfen derZustimmung des Bundesministers der Finanzen. Sie darf nur imFalle eines unvorhergesehenen und unabweisbaren Bedürfnisseserteilt werden. Näheres kann durch Bundesgesetz bestimmt werden.

Artikel 113 [Erhöhung der Ausgaben](1) Gesetze, welche die von der Bundesregierung vorgeschlagenenAusgaben des Haushaltsplanes erhöhen oder neue Ausgaben in sichschließen oder für die Zukunft mit sich bringen, bedürfen derZustimmung der Bundesregierung. Das gleiche gilt für Gesetze, dieEinnahmeminderungen in sich schließen oder für die Zukunft mitsich bringen. Die Bundesregierung kann verlangen, dass derBundestag die Beschlussfassung über solche Gesetze aussetzt. Indiesem Fall hat die Bundesregierung innerhalb von sechs Wochendem Bundestage eine Stellungnahme zuzuleiten.(2) Die Bundesregierung kann innerhalb von vier Wochen, nach-dem der Bundestag das Gesetz beschlossen hat, verlangen, dass derBundestag erneut Beschluss fasst.(3) Ist das Gesetz nach Artikel 78 zustande gekommen, kann dieBundesregierung ihre Zustimmung nur innerhalb von sechs Wo -chen und nur dann versagen, wenn sie vorher das Verfahren nachAbsatz 1 Satz 3 und 4 oder nach Absatz 2 eingeleitet hat. NachAblauf dieser Frist gilt die Zustimmung als erteilt.

Artikel 114 [Rechnungslegung, Rechnungsprüfung](1) Der Bundesminister der Finanzen hat dem Bundestage und

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Artikel 112 GG

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dem Bundesrate über alle Einnahmen und Ausgaben sowie über dasVermögen und die Schulden im Laufe des nächsten Rechnungsjah-res zur Entlastung der Bundesregierung Rechnung zu legen.(2) Der Bundesrechnungshof, dessen Mitglieder richterliche Un -ab hän gig keit besitzen, prüft die Rechnung sowie die Wirtschaft-lichkeit und Ordnungsmäßigkeit der Haushalts- und Wirtschafts-führung. Er hat außer der Bundesregierung unmittelbar demBundestage und dem Bundesrate jährlich zu berichten. Im Übrigenwerden die Befugnisse des Bundesrechnungshofes durch Bundesge-setz geregelt.

Artikel 115 [Kreditaufnahme, Bürgschaftsübernahme und andereGewährleistungen]

(1) Die Aufnahme von Krediten sowie die Übernahme von Bürg-schaften, Garantien oder sonstigen Gewährleistungen, die zu Aus-gaben in künftigen Rechnungsjahren führen können, bedürfeneiner der Höhe nach bestimmten oder bestimmbaren Ermächti-gung durch Bundesgesetz.(2) Einnahmen und Ausgaben sind grundsätzlich ohne Einnahmenaus Krediten auszugleichen. Diesem Grundsatz ist entsprochen,wenn die Einnahmen aus Krediten 0,35 vom Hundert im Verhält-nis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt nicht überschreiten.Zusätzlich sind bei einer von der Normallage abweichenden kon-junkturellen Entwicklung die Auswirkungen auf den Haushalt imAuf- und Abschwung symmetrisch zu berücksichtigen. Abwei-chungen der tatsächlichen Kreditaufnahme von der nach den Sät-zen 1 bis 3 zulässigen Kreditobergrenze werden auf einem Kon-trollkonto erfasst; Belastungen, die den Schwellenwert von 1,5vom Hundert im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsproduktüberschreiten, sind konjunkturgerecht zurückzuführen. Näheres,insbesondere die Bereinigung der Einnahmen und Ausgaben umfinanzielle Transaktionen und das Verfahren zur Berechnung derObergrenze der jährlichen Nettokreditaufnahme unter Berücksich-tigung der konjunkturellen Entwicklung auf der Grundlage einesKonjunkturbereinigungsverfahrens sowie die Kontrolle und denAusgleich von Abweichungen der tatsächlichen Kreditaufnahmevon der Regelgrenze, regelt ein Bundesgesetz. Im Falle von Natur-katastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der

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Artikel 115 GG

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Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlageerheblich beeinträchtigen, können diese Kreditobergrenzen aufGrund eines Beschlusses der Mehrheit der Mitglieder des Bundes-tages überschritten werden. Der Beschluss ist mit einem Tilgungs-plan zu verbinden. Die Rückführung der nach Satz 6 aufgenom-menen Kredite hat binnen eines angemessenen Zeitraumes zuerfolgen.

Xa. Verteidigungsfall

Artikel 115 a [Feststellung des Verteidigungsfalles](1) Die Feststellung, dass das Bundesgebiet mit Waffengewaltangegriffen wird oder ein solcher Angriff unmittelbar droht (Ver-teidigungsfall), trifft der Bundestag mit Zustimmung des Bundes-rates. Die Feststellung erfolgt auf Antrag der Bundesregierung undbedarf einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stim-men, mindestens der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages.(2) Erfordert die Lage unabweisbar ein sofortiges Handeln undstehen einem rechtzeitigen Zusammentritt des Bundestages un -über wind li che Hindernisse entgegen oder ist er nicht be schluss - fähig, so trifft der Gemeinsame Ausschuss diese Feststellung miteiner Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen, min-destens der Mehrheit seiner Mitglieder.(3) Die Feststellung wird vom Bundespräsidenten gemäß Artikel82 im Bundesgesetzblatte verkündet. Ist dies nicht rechtzeitig mög-lich, so erfolgt die Verkündung in anderer Weise; sie ist im Bundes-gesetzblatte nachzuholen, sobald die Umstände es zulassen.(4) Wird das Bundesgebiet mit Waffengewalt angegriffen und sinddie zuständigen Bundesorgane außerstande, sofort die Feststellungnach Absatz 1 Satz 1 zu treffen, so gilt diese Feststellung als getrof-fen und als zu dem Zeitpunkt verkündet, in dem der Angriff be -gon nen hat. Der Bundespräsident gibt diesen Zeitpunkt be kannt,so bald die Umstände es zulassen.(5) Ist die Feststellung des Verteidigungsfalles verkündet und wirddas Bundesgebiet mit Waffengewalt angegriffen, so kann derBundespräsident völkerrechtliche Erklärungen über das Bestehendes Verteidigungsfalles mit Zustimmung des Bundestages abgeben.Unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 tritt an die Stelle des

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Artikel 115 a GG

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Bundestages der Gemeinsame Ausschuss.

Artikel 115 b [Übergang der Befehls- und Kommandogewalt auf denBundeskanzler]

Mit der Verkündung des Verteidigungsfalles geht die Befehls- undKommandogewalt über die Streitkräfte auf den Bundeskanzler über.

Artikel 115 c [Erweiterung der Gesetzgebungskompetenz desBundes]

(1) Der Bund hat für den Verteidigungsfall das Recht der konkur-rierenden Gesetzgebung auch auf den Sachgebieten, die zurGesetzgebungszuständigkeit der Länder gehören. Diese Gesetzebedürfen der Zustimmung des Bundesrates.(2) Soweit es die Verhältnisse während des Verteidigungsfalleserfordern, kann durch Bundesgesetz für den Verteidigungsfall1. bei Enteignungen abweichend von Artikel 14 Abs. 3 Satz 2 die

Entschädigung vorläufig geregelt werden,2. für Freiheitsentziehungen eine von Artikel 104 Abs. 2 Satz 3

und Abs. 3 Satz 1 abweichende Frist, höchstens jedoch einesolche von vier Tagen, für den Fall festgesetzt werden, dass einRichter nicht innerhalb der für Normalzeiten geltenden Fristtätig werden konnte.

(3) Soweit es zur Abwehr eines gegenwärtigen oder unmittelbardrohenden Angriffs erforderlich ist, kann für den Verteidigungsfalldurch Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates die Verwal-tung und das Finanzwesen des Bundes und der Länder abweichendvon den Abschnitten VIII, VIII a und X geregelt werden, wobei dieLebensfähigkeit der Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände,insbesondere auch in finanzieller Hinsicht, zu wahren ist.(4) Bundesgesetze nach den Absätzen 1 und 2 Nr. 1 dürfen zurVorbereitung ihres Vollzuges schon vor Eintritt des Verteidigungs-falles angewandt werden.

Artikel 115 d [Dringliche Gesetzesvorlagen](1) Für die Gesetzgebung des Bundes gilt im Verteidigungsfalleabweichend von Artikel 76 Abs. 2, Artikel 77 Abs. 1 Satz 2 undAbs. 2 bis 4, Artikel 78 und Artikel 82 Abs. 1 die Regelung derAbsätze 2 und 3.

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Artikel 115 b GG

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(2) Gesetzesvorlagen der Bundesregierung, die sie als dringlichbezeichnet, sind gleichzeitig mit der Einbringung beim Bundestagedem Bundesrate zuzuleiten. Bundestag und Bundesrat beraten die-se Vorlagen unverzüglich gemeinsam. Soweit zu einem Gesetze dieZustimmung des Bundesrates erforderlich ist, bedarf es zumZustandekommen des Gesetzes der Zustimmung der Mehrheit sei-ner Stimmen. Das Nähere regelt eine Geschäftsordnung, die vomBundes tage beschlossen wird und der Zustimmung des Bundes ra-tes bedarf.(3) Für die Verkündung der Gesetze gilt Artikel 115 a Abs. 3 Satz2 entsprechend.

Artikel 115 e [Stellung des Gemeinsamen Ausschusses](1) Stellt der Gemeinsame Ausschuss im Verteidigungsfalle miteiner Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen, min-destens mit der Mehrheit seiner Mitglieder, fest, dass dem rechtzei-tigen Zusammentritt des Bundestages unüberwindliche Hinder-nisse entgegenstehen oder dass dieser nicht beschlussfähig ist, sohat der Gemeinsame Ausschuss die Stellung von Bundestag undBundesrat und nimmt deren Rechte einheitlich wahr.(2) Durch ein Gesetz des Gemeinsamen Ausschusses darf dasGrundgesetz weder geändert noch ganz oder teilweise außer Kraftoder außer Anwendung gesetzt werden. Zum Erlass von Gesetzennach Artikel 23 Abs. 1 Satz 2, Artikel 24 Abs. 1 oder Artikel 29 istder Gemeinsame Ausschuss nicht befugt.

Artikel 115 f [Einsatz des Bundesgrenzschutzes, Weisungsbefugnisgegenüber den Ländern]

(1) Die Bundesregierung kann im Verteidigungsfalle, soweit es dieVerhältnisse erfordern,

1. den Bundesgrenzschutz im gesamten Bundesgebiete einsetzen;2. außer der Bundesverwaltung auch den Landesregierungen und,

wenn sie es für dringlich erachtet, den Landesbehörden Wei-sungen erteilen und diese Befugnis auf von ihr zu bestimmendeMitglieder der Landesregierungen übertragen.

(2) Bundestag, Bundesrat und der Gemeinsame Ausschuss sindun ver züg lich von den nach Absatz 1 getroffenen Maßnahmen zuunterrichten.

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Artikel 115 e GG

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Artikel 115 g [Stellung des Bundesverfassungsgerichts imVerteidigungsfall]

Die verfassungsmäßige Stellung und die Erfüllung der verfassungs-mäßigen Aufgaben des Bundesverfassungsgerichtes und seinerRichter dürfen nicht beeinträchtigt werden. Das Gesetz über dasBundesverfassungsgericht darf durch ein Gesetz des GemeinsamenAusschusses nur insoweit geändert werden, als dies auch nach Auf-fassung des Bundesverfassungsgerichtes zur Aufrechterhaltung derFunktionsfähigkeit des Gerichtes erforderlich ist. Bis zum Erlasseines solchen Gesetzes kann das Bundesverfassungsgericht die zurErhaltung der Arbeitsfähigkeit des Gerichtes erforderlichen Maß-nahmen treffen. Beschlüsse nach Satz 2 und Satz 3 fasst das Bun -des ver fas sungs ge richt mit der Mehrheit der anwesenden Richter.

Artikel 115 h [Ablaufende Wahlperioden und Amtszeiten](1) Während des Verteidigungsfalles ablaufende Wahlperioden desBundestages oder der Volksvertretungen der Länder enden sechsMonate nach Beendigung des Verteidigungsfalles. Die im Verteidi-gungsfalle ablaufende Amtszeit des Bundespräsidenten sowie bei vor-zeitiger Erledigung seines Amtes die Wahrnehmung seiner Befug-nisse durch den Präsidenten des Bundesrates enden neun Monatenach Beendigung des Verteidigungsfalles. Die im Verteidigungsfalleablaufende Amtszeit eines Mitgliedes des Bundesverfassungsgerichtesendet sechs Monate nach Beendigung des Verteidigungsfalles.(2) Wird eine Neuwahl des Bundeskanzlers durch den Gemeinsa-men Ausschuss erforderlich, so wählt dieser einen neuen Bundes-kanzler mit der Mehrheit seiner Mitglieder; der Bundespräsidentmacht dem Gemeinsamen Ausschuss einen Vorschlag. Der Ge -mein same Ausschuss kann dem Bundeskanzler das Misstrauen nurdadurch aussprechen, dass er mit der Mehrheit von zwei Drittelnseiner Mitglieder einen Nachfolger wählt.(3) Für die Dauer des Verteidigungsfalles ist die Auflösung desBundestages ausgeschlossen.

Artikel 115 i [Maßnahmebefugnis der Landesregierungen](1) Sind die zuständigen Bundesorgane außerstande, die notwen-digen Maßnahmen zur Abwehr der Gefahr zu treffen, und erfor-dert die Lage unabweisbar ein sofortiges selbständiges Handeln in

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Artikel 115 g GG

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einzelnen Teilen des Bundesgebietes, so sind die Landesregierungenoder die von ihnen bestimmten Behörden oder Beauftragtenbefugt, für ihren Zuständigkeitsbereich Maßnahmen im Sinne desArtikels 115 f Abs. 1 zu treffen.(2) Maßnahmen nach Absatz 1 können durch die Bundesregie-rung, im Verhältnis zu Landesbehörden und nachgeordnetenBundesbehörden auch durch die Ministerpräsidenten der Länder,jederzeit aufgehoben werden.

Artikel 115 k [Entgegenstehendes Recht, Außerkrafttreten vonNotstandsbestimmungen]

(1) Für die Dauer ihrer Anwendbarkeit setzen Gesetze nach denArtikeln 115 c, 115 e und 115 g und Rechtsverordnungen, die aufGrund solcher Gesetze ergehen, entgegenstehendes Recht außerAnwendung. Dies gilt nicht gegenüber früherem Recht, das aufGrund der Artikel 115 c, 115 e und 115 g erlassen worden ist.(2) Gesetze, die der Gemeinsame Ausschuss beschlossen hat, undRechtsverordnungen, die auf Grund solcher Gesetze ergangen sind,treten spätestens sechs Monate nach Beendigung des Verteidi-gungsfalles außer Kraft.(3) Gesetze, die von den Artikeln 91 a, 91 b, 104 a, 106 und 107abweichende Regelungen enthalten, gelten längstens bis zum Endedes zweiten Rechnungsjahres, das auf die Beendigung des Verteidi-gungsfalles folgt. Sie können nach Beendigung des Verteidigungs-falles durch Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates geän-dert werden, um zu der Regelung gemäß den Abschnitten VIII aund X überzuleiten.

Artikel 115 l [Aufhebung von Gesetzen des GemeinsamenAusschusses]

(1) Der Bundestag kann jederzeit mit Zustimmung des Bundesra-tes Gesetze des Gemeinsamen Ausschusses aufheben. Der Bundes-rat kann verlangen, dass der Bundestag hierüber beschließt. Sonsti-ge zur Abwehr der Gefahr getroffene Maßnahmen des Gemeinsa-men Ausschusses oder der Bundesregierung sind aufzuheben, wennder Bundestag und der Bundesrat es beschließen.(2) Der Bundestag kann mit Zustimmung des Bundesrates jeder-zeit durch einen vom Bundespräsidenten zu verkündenden Be -

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Artikel 115 k GG

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schluss den Verteidigungsfall für beendet erklären. Der Bundesratkann verlangen, dass der Bundestag hierüber beschließt. Der Ver- teidigungsfall ist unverzüglich für beendet zu erklären, wenn dieVoraussetzungen für seine Feststellung nicht mehr gegeben sind.(3) Über den Friedensschluss wird durch Bundesgesetz entschie-den.

XI. Übergangs- und Schlussbestimmungen

Artikel 116 [Begriffsbestimmung „Deutscher“, Wiedereinbürgerung](1) Deutscher im Sinne dieses Grundgesetzes ist vorbehaltlichanderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die deutsche Staatsange-hörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscherVolkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling indem Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat.(2) Frühere deutsche Staatsangehörige, denen zwischen dem30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 die Staatsangehörigkeit auspolitischen, rassischen oder religiösen Gründen entzogen wordenist, und ihre Abkömmlinge sind auf Antrag wieder einzubürgern.Sie gelten als nicht ausgebürgert, sofern sie nach dem 8. Mai 1945ihren Wohnsitz in Deutschland genommen haben und nicht einenentgegengesetzten Willen zum Ausdruck gebracht haben.

Artikel 117 [Aussetzung des Inkrafttretens zweier Grundrechte](1) Das dem Artikel 3 Abs. 2 entgegenstehende Recht bleibt bis zuseiner Anpassung an diese Bestimmung des Grundgesetzes inKraft, jedoch nicht länger als bis zum 31. März 1953.(2) Gesetze, die das Recht der Freizügigkeit mit Rücksicht auf diegegenwärtige Raumnot einschränken, bleiben bis zu ihrer Aufhe-bung durch Bundesgesetz in Kraft.

Artikel 118 [Neugliederung der badischen und württembergischenLänder]

Die Neugliederung in dem die Länder Baden, Württemberg-Badenund Württemberg-Hohenzollern umfassenden Gebiete kann ab -wei chend von den Vorschriften des Artikels 29 durch Vereinbarungder beteiligten Länder erfolgen. Kommt eine Vereinbarung nicht

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Artikel 116 GG

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zustande, so wird die Neugliederung durch Bundesgesetz geregelt,das eine Volksbefragung vorsehen muss.

Artikel 118 a [Neugliederung der Länder Berlin und Brandenburg]Die Neugliederung in dem die Länder Berlin und Brandenburgumfassenden Gebiet kann abweichend von den Vorschriften desArtikels 29 unter Beteiligung ihrer Wahlberechtigten durch Verein-barung beider Länder erfolgen.

Artikel 119 [Flüchtlinge und Vertriebene]In Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen, insbesonde-re zu ihrer Verteilung auf die Länder, kann bis zu einer bundesge-setzlichen Regelung die Bundesregierung mit Zustimmung desBundesrates Verordnungen mit Gesetzeskraft erlassen. Für beson-dere Fälle kann dabei die Bundesregierung ermächtigt werden,Einzelweisungen zu erteilen. Die Weisungen sind außer bei Gefahrim Verzuge an die obersten Landesbehörden zu richten.

Artikel 120 [Besatzungskosten, Kriegsfolgelasten undSozialleistungen]

(1) Der Bund trägt die Aufwendungen für Besatzungskosten unddie sonstigen inneren und äußeren Kriegsfolgelasten nach nähererBestimmung von Bundesgesetzen. Soweit diese Kriegsfolgelastenbis zum 1. Oktober 1969 durch Bundesgesetze geregelt wordensind, tragen Bund und Länder im Verhältnis zueinander die Auf-wendungen nach Maßgabe dieser Bundesgesetze. Soweit Aufwen-dungen für Kriegsfolgelasten, die in Bundesgesetzen weder geregeltworden sind noch geregelt werden, bis zum 1. Oktober 1965 vonden Ländern, Gemeinden (Gemeindeverbänden) oder sonstigenAufgabenträgern, die Aufgaben von Ländern oder Gemeindenerfüllen, erbracht worden sind, ist der Bund zur Übernahme vonAufwendungen dieser Art auch nach diesem Zeitpunkt nicht ver-pflichtet. Der Bund trägt die Zuschüsse zu den Lasten der Sozial-versicherung mit Einschluss der Arbeitslosenversicherung und derArbeitslosenhilfe. Die durch diesen Absatz geregelte Verteilung derKriegsfolgelasten auf Bund und Länder läßt die gesetzliche Rege-lung von Entschädigungsansprüchen für Kriegsfolgen unberührt.(2) Die Einnahmen gehen auf den Bund zu demselben Zeitpunkteüber, an dem der Bund die Ausgaben übernimmt.

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Artikel 118 a GG

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Artikel 120 a [Lastenausgleich](1) Die Gesetze, die der Durchführung des Lastenausgleichs die-nen, können mit Zustimmung des Bundesrates bestimmen, dass sieauf dem Gebiete der Ausgleichsleistungen teils durch den Bund,teils im Auftrage des Bundes durch die Länder ausgeführt werdenund dass die der Bundesregierung und den zuständigen oberstenBundesbehörden auf Grund des Artikels 85 insoweit zustehendenBefugnisse ganz oder teilweise dem Bundesausgleichsamt übertra-gen werden. Das Bundesausgleichsamt bedarf bei Ausübung dieserBefugnisse nicht der Zustimmung des Bundesrates; seine Weisun-gen sind, abgesehen von den Fällen der Dringlichkeit, an die obers -ten Landesbehörden (Landesausgleichsämter) zu richten.(2) Artikel 87 Abs. 3 Satz 2 bleibt unberührt.

Artikel 121 [Begriffsbestimmung der Mehrheit der Mitglieder derVolksvertretung]

Mehrheit der Mitglieder des Bundestages und der Bundesver-sammlung im Sinne dieses Grundgesetzes ist die Mehrheit ihrergesetzlichen Mitgliederzahl.

Artikel 122 [Zeitpunkt der Überleitung der Gesetzgebung](1) Vom Zusammentritt des Bundestages an werden die Gesetzeaus schließ lich von den in diesem Grundgesetze anerkannten ge -setz ge ben den Gewalten beschlossen.(2) Gesetzgebende und bei der Gesetzgebung beratend mitwirken-de Körperschaften, deren Zuständigkeit nach Absatz 1 endet, sindmit diesem Zeitpunkt aufgelöst.

Artikel 123 [Fortgeltung bisherigen Rechts, bestehende Staatsverträge](1) Recht aus der Zeit vor dem Zusammentritt des Bundestagesgilt fort, soweit es dem Grundgesetze nicht widerspricht.(2) Die vom Deutschen Reich abgeschlossenen Staatsverträge, diesich auf Gegenstände beziehen, für die nach diesem Grundgesetzedie Landesgesetzgebung zuständig ist, bleiben, wenn sie nach allge-meinen Rechtsgrundsätzen gültig sind und fortgelten, unter Vorbe-halt aller Rechte und Einwendungen der Beteiligten in Kraft, bisneue Staatsverträge durch die nach diesem Grundgesetze zuständi-gen Stellen abgeschlossen werden oder ihre Beendigung auf Grund

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Artikel 120 a GG

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der in ihnen enthaltenen Bestimmungen anderweitig erfolgt.

Artikel 124 [Fortgeltendes Recht der ausschließlichen Gesetzgebung]Recht, das Gegenstände der ausschließlichen Gesetzgebung des Bun-des betrifft, wird innerhalb seines Geltungsbereiches Bundesrecht.

Artikel 125 [Fortgeltendes Recht der konkurrierendenGesetzgebung]

Recht, das Gegenstände der konkurrierenden Gesetzgebung des Bun-des betrifft, wird innerhalb seines Geltungsbereiches Bundesrecht,

1. soweit es innerhalb einer oder mehrerer Besatzungszonen ein-heitlich gilt,

2. soweit es sich um Recht handelt, durch das nach dem 8. Mai1945 früheres Reichsrecht abgeändert worden ist.

Artikel 125 a [Fortgeltung von Bundesrecht nach Änderung vonGesetzgebungskompetenzen]

(1) Recht, das als Bundesrecht erlassen worden ist, aber wegen derÄnderung des Artikels 74 Abs.1, der Einfügung des Artikels 84Abs. 1 Satz 7, des Artikels 85 Abs. 1 Satz 2 oder des Artikels 105Abs. 2a Satz 2 oder wegen der Aufhebung der Artikel 74a, 75 oder98 Abs. 3 Satz 2 nicht mehr als Bundesrecht erlassen werden könnte,gilt als Bundesrecht fort. Es kann durch Landesrecht ersetzt werden.(2) Recht, das auf Grund des Artikels 72 Abs. 2 in der bis zum15. November 1994 geltenden Fassung erlassen worden ist, aberwegen Änderung des Artikels 72 Abs. 2 nicht mehr als Bundesrechterlassen werden könnte, gilt als Bundesrecht fort. Durch Bundesge-setz kann bestimmt werden, dass es durch Landesrecht ersetzt wer-den kann.(3) Recht, das als Landesrecht erlassen worden ist, aber wegenÄnderung des Artikels 73 nicht mehr als Landesrecht erlassen wer-den könnte, gilt als Landesrecht fort. Es kann durch Bundesrechtersetzt werden.

Artikel 125 b(1) Recht, das auf Grund des Artikels 75 in der bis zum 1. Sep-tember 2006 geltenden Fassung erlassen worden ist und das auchnach diesem Zeitpunkt als Bundesrecht erlassen werden könnte,

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Artikel 124 GG

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gilt als Bundesrecht fort. Befugnisse und Verpflichtungen der Län-der zur Gesetzgebung bleiben insoweit bestehen. Auf den in Artikel72 Abs. 3 Satz 1 genannten Gebieten können die Länder von die-sem Recht abweichende Regelungen treffen, auf den Gebieten desArtikels 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 5 und 6 jedoch erst, wenn undsoweit der Bund ab dem 1. September 2006 von seiner Gesetzge-bungszuständigkeit Gebrauch gemacht hat, in den Fällen derNummern 2 und 5 spätestens ab dem 1. Januar 2010, im Falle derNummer 6 spätes tens ab dem 1. August 2008.(2) Von bundesgesetzlichen Regelungen, die auf Grund des Arti-kels 84 Abs. 1 in der vor dem 1. September 2006 geltenden Fas-sung erlassen worden sind, können die Länder abweichende Rege-lungen treffen, von Regelungen des Verwaltungsverfahrens bis zum31. Dezember 2008 aber nur dann, wenn ab dem 1. September2006 in dem jeweiligen Bundesgesetz Regelungen des Verwaltungs-verfahrens geändert worden sind.

Artikel 125 c(1) Recht, das auf Grund des Artikels 91a Abs. 2 in Verbindungmit Absatz 1 Nr. 1 in der bis zum 1. September 2006 geltendenFassung erlassen worden ist, gilt bis zum 31. Dezember 2006 fort.(2) Die nach Artikel 104a Abs. 4 in der bis zum 1. September 2006geltenden Fassung in den Bereichen der Gemeindeverkehrsfinanzie-rung und der sozialen Wohnraumförderung geschaffenen Regelun-gen gelten bis zum 31. Dezember 2006 fort. Die im Bereich derGemeindeverkehrsfinanzierung für die besonderen Programmenach § 6 Abs. 1 des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes sowiedie sonstigen nach Artikel 104a Abs. 4 in der bis zum 1. September2006 geltenden Fassung geschaffenen Regelungen gelten bis zum31. Dezember 2019 fort, soweit nicht ein früherer Zeitpunkt fürdas Außerkrafttreten bestimmt ist oder wird.

Artikel 126 [Entscheidung über Fortgelten von Recht alsBundesrecht]

Meinungsverschiedenheiten über das Fortgelten von Recht alsBundesrecht entscheidet das Bundesverfassungsgericht.

Artikel 127 [Rechtsangleichung in der französischen Zone und inBerlin]

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Artikel 125 c GG

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Die Bundesregierung kann mit Zustimmung der Regierungen derbeteiligten Länder Recht der Verwaltung des Vereinigten Wirt-schaftsgebietes, soweit es nach Artikel 124 oder 125 als Bundes-recht fortgilt, innerhalb eines Jahres nach Verkündung diesesGrundgesetzes in den Ländern Baden, Groß-Berlin, Rheinland-Pfalz und Württemberg-Hohenzollern in Kraft setzen.

Artikel 128 [Fortgeltendes Weisungsrecht]Soweit fortgeltendes Recht Weisungsrechte im Sinne des Artikels84 Abs. 5 vorsieht, bleiben sie bis zu einer anderweitigen gesetz-lichen Regelung bestehen.

Artikel 129 [Ermächtigungen im fortgeltenden Recht](1) Soweit in Rechtsvorschriften, die als Bundesrecht fortgelten,eine Ermächtigung zum Erlasse von Rechtsverordnungen oder all-gemeinen Verwaltungsvorschriften sowie zur Vornahme von Ver-waltungsakten enthalten ist, geht sie auf die nunmehr sachlichzuständigen Stellen über. In Zweifelsfällen entscheidet die Bundes-regierung im Einvernehmen mit dem Bundesrate; die Entschei-dung ist zu veröffentlichen.(2) Soweit in Rechtsvorschriften, die als Landesrecht fortgelten,eine solche Ermächtigung enthalten ist, wird sie von den nach Lan-desrecht zuständigen Stellen ausgeübt.(3) Soweit Rechtsvorschriften im Sinne der Absätze 1 und 2 zuihrer Änderung oder Ergänzung oder zum Erlaß von Rechtsvor-schriften an Stelle von Gesetzen ermächtigen, sind diese Ermächti-gungen erloschen.(4) Die Vorschriften der Absätze 1 und 2 gelten entsprechend,soweit in Rechtsvorschriften auf nicht mehr geltende Vorschriftenoder nicht mehr bestehende Einrichtungen verwiesen ist.

Artikel 130 [Unterstellung bestehender Verwaltungseinrichtungen](1) Verwaltungsorgane und sonstige der öffentlichen Verwaltungoder Rechtspflege dienende Einrichtungen, die nicht auf Landes-recht oder Staatsverträgen zwischen Ländern beruhen, sowie dieBetriebsvereinigung der südwestdeutschen Eisenbahnen und derVerwaltungsrat für das Post- und Fernmeldewesen für das französi-sche Besatzungsgebiet unterstehen der Bundesregierung. Diese

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regelt mit Zustimmung des Bundesrates die Überführung, Auflö-sung oder Abwicklung.(2) Oberster Disziplinarvorgesetzter der Angehörigen dieser Ver-waltungen und Einrichtungen ist der zuständige Bundesminister.(3) Nicht landesunmittelbare und nicht auf Staatsverträgen zwi-schen den Ländern beruhende Körperschaften und Anstalten desöffentlichen Rechtes unterstehen der Aufsicht der zuständigenobersten Bundesbehörde.

Artikel 131 [Rechtsverhältnisse ehemaliger Angehöriger desöffentlichen Dienstes]

Die Rechtsverhältnisse von Personen einschließlich der Flüchtlingeund Vertriebenen, die am 8. Mai 1945 im öffentlichen Dienstestanden, aus anderen als beamten- oder tarifrechtlichen Gründenausgeschieden sind und bisher nicht oder nicht ihrer früheren Stel-lung entsprechend verwendet werden, sind durch Bundesgesetz zuregeln. Entsprechendes gilt für Personen einschließlich der Flücht-linge und Vertriebenen, die am 8. Mai 1945 versorgungsberechtigtwaren und aus anderen als beamten- oder tarifrechtlichen Gründenkeine oder keine entsprechende Versorgung mehr erhalten. Bis zumInkrafttreten des Bundesgesetzes können vorbehaltlich anderweiti-ger landesrechtlicher Regelung Rechtsansprüche nicht geltend ge -macht werden.

Artikel 132 [Pensionierung von Beamten](1) Beamte und Richter, die im Zeitpunkte des Inkrafttretens die-ses Grundgesetzes auf Lebenszeit angestellt sind, können binnensechs Monaten nach dem ersten Zusammentritt des Bundestages inden Ruhestand oder Wartestand oder in ein Amt mit niedrigeremDiensteinkommen versetzt werden, wenn ihnen die persönlicheoder fachliche Eignung für ihr Amt fehlt. Auf Angestellte, die ineinem unkündbaren Dienstverhältnis stehen, findet diese Vor-schrift entsprechende Anwendung. Bei Angestellten, deren Dienst-verhältnis kündbar ist, können über die tarifmäßige Regelung hin-ausgehende Kündigungsfristen innerhalb der gleichen Frist aufge-hoben werden.(2) Diese Bestimmung findet keine Anwendung auf Angehörigedes öffentlichen Dienstes, die von den Vorschriften über die

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„Befreiung vom Nationalsozialismus und Militarismus“ nichtbetroffen oder die anerkannte Verfolgte des Nationalsozialismussind, sofern nicht ein wichtiger Grund in ihrer Person vorliegt.(3) Den Betroffenen steht der Rechtsweg gemäß Artikel 19 Abs. 4offen.(4) Das Nähere bestimmt eine Verordnung der Bundesregierung,die der Zustimmung des Bundesrates bedarf.

Artikel 133 [Rechtsnachfolge der Verwaltung des VereinigtenWirtschaftsgebietes]

Der Bund tritt in die Rechte und Pflichten der Verwaltung desVereinigten Wirtschaftsgebietes ein.

Artikel 134 [Überleitung des Reichsvermögens](1) Das Vermögen des Reiches wird grundsätzlich Bundesvermögen.(2) Soweit es nach seiner ursprünglichen Zweckbestimmung über-wiegend für Verwaltungsaufgaben bestimmt war, die nach diesemGrundgesetze nicht Verwaltungsaufgaben des Bundes sind, ist esunentgeltlich auf die nunmehr zuständigen Aufgabenträger und,soweit es nach seiner gegenwärtigen, nicht nur vorübergehendenBenutzung Verwaltungsaufgaben dient, die nach diesem Grundge-setz nunmehr von den Ländern zu erfüllen sind, auf die Länder zuübertragen. Der Bund kann auch sonstiges Vermögen den Ländernübertragen.(3) Vermögen, das dem Reich von den Ländern und Gemeinden(Ge meinde ver bänden) unentgeltlich zur Verfügung gestellt wurde,wird wiederum Vermögen der Länder und Gemeinden (Gemeinde-verbände), soweit es nicht der Bund für eigene Verwaltungsaufga-ben benötigt.(4) Das Nähere regelt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung desBundesrates bedarf.

Artikel 135 [Vermögensregelung bei Wechsel derLänderzugehörigkeit]

(1) Hat sich nach dem 8. Mai 1945 bis zum Inkrafttreten diesesGrundgesetzes die Landeszugehörigkeit eines Gebietes geändert, sosteht in diesem Gebiete das Vermögen des Landes, dem das Gebietangehört hat, dem Lande zu, dem es jetzt angehört.

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(2) Das Vermögen nicht mehr bestehender Länder und nicht mehrbestehender anderer Körperschaften und Anstalten des öf fent li chenRechtes geht, soweit es nach seiner ursprünglichen Zweck be stim -mung überwiegend für Verwaltungsaufgaben be stim mt war, odernach seiner gegenwärtigen, nicht nur vorübergehenden Benutzungüberwiegend Verwaltungsaufgaben dient, auf das Land oder dieKörperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechtes über, die nun-mehr diese Aufgaben erfüllen.(3) Grundvermögen nicht mehr bestehender Länder geht ein-schließlich des Zubehörs, soweit es nicht bereits zu Vermögen imSinne des Absatzes 1 gehört, auf das Land über, in dessen Gebiet esgelegen ist.(4) Sofern ein überwiegendes Interesse des Bundes oder das besonde-re Interesse eines Gebietes es erfordert, kann durch Bundesgesetz einevon den Absätzen 1 bis 3 abweichende Regelung getroffen werden.(5) Im übrigen wird die Rechtsnachfolge und die Auseinanderset-zung, soweit sie nicht bis zum 1. Januar 1952 durch Vereinbarungzwischen den beteiligten Ländern oder Körperschaften oderAnstalten des öffentlichen Rechts erfolgt, durch Bundesgesetz gere-gelt, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf.(6) Beteiligungen des ehemaligen Landes Preußen an Unter - nehmen des privaten Rechtes gehen auf den Bund über. Das Nähe-re regelt ein Bundesgesetz, das auch Abweichendes bestimmenkann.(7) Soweit über Vermögen, das einem Lande oder einer Körper-schaft oder Anstalt des öffentlichen Rechtes nach den Absätzen 1und 3 zufallen würde, von dem danach Berechtigten durch einLandesgesetz, auf Grund eines Landesgesetzes oder in andererWeise bei Inkrafttreten des Grundgesetzes verfügt worden war, giltder Vermögensübergang als vor der Verfügung erfolgt.

Artikel 135 a [Alte Verbindlichkeiten](1) Durch die in Artikel 134 Abs. 4 und Artikel 135 Abs. 5 vorbe-haltene Gesetzgebung des Bundes kann auch bestimmt werden,dass nicht oder nicht in voller Höhe zu erfüllen sind1. Verbindlichkeiten des Reiches sowie Verbindlichkeiten des ehe-

maligen Landes Preußen und sonstiger nicht mehr bestehenderKörperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts.

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2. Verbindlichkeiten des Bundes oder anderer Körperschaftenund Anstalten des öffentlichen Rechts, welche mit dem Über-gang von Vermögenswerten nach Artikel 89, 90, 134 und 135im Zusammenhang stehen, und Verbindlichkeiten dieserRechtsträger, die auf Maßnahmen der in Nummer 1 bezeich-neten Rechtsträger beruhen.

3. Verbindlichkeiten der Länder und Gemeinden (Gemeindeverbän-de), die aus Maßnahmen entstanden sind, welche diese Rechtsträ-ger vor dem 1. August 1945 zur Durchführung von Anordnungender Besatzungsmächte oder zur Beseitigung eines kriegsbedingtenNotstandes im Rahmen dem Reich obliegender oder vom Reichübertragener Verwaltungsaufgaben getroffen haben.

(2) Absatz 1 findet entsprechende Anwendung auf Verbindlichkei-ten der Deutschen Demokratischen Republik oder ihrer Rechtsträ-ger sowie auf Verbindlichkeiten des Bundes oder anderer Körper-schaften und Anstalten des öffentlichen Rechts, die mit dem Über-gang von Vermögenswerten der Deutschen Demokratischen Repu-blik auf Bund, Länder und Gemeinden im Zusammenhang stehen,und auf Verbindlichkeiten, die auf Maßnahmen der DeutschenDemokratischen Republik oder ihrer Rechtsträger beruhen.

Artikel 136 [Erster Zusammentritt des Bundesrates](1) Der Bundesrat tritt erstmalig am Tage des ersten Zusammen-trittes des Bundestages zusammen.(2) Bis zur Wahl des ersten Bundespräsidenten werden dessenBefugnisse von dem Präsidenten des Bundesrates ausgeübt. DasRecht der Auflösung des Bundestages steht ihm nicht zu.

Artikel 137 [Wählbarkeit von Angehörigen des öffentlichen Dienstes](1) Die Wählbarkeit von Beamten, Angestellten des öffentlichenDienstes, Berufssoldaten, freiwilligen Soldaten auf Zeit und Rich-tern im Bund, in den Ländern und den Gemeinden kann gesetz-lich beschränkt werden.(2) Für die Wahl des ersten Bundestages, der ersten Bundesver-sammlung und des ersten Bundespräsidenten der Bundesrepublikgilt das vom Parlamentarischen Rat zu beschließende Wahlgesetz.(3) Die dem Bundesverfassungsgerichte gemäß Artikel 41 Abs. 2

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zustehende Befugnis wird bis zu seiner Errichtung von dem Deutschen Obergericht für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet wahr-genommen, das nach Maßgabe seiner Verfahrensordnung ent -scheidet.

Artikel 138 [Süddeutsches Notariat]Änderungen der Einrichtungen des jetzt bestehenden Notariats inden Ländern Baden, Bayern, Württemberg-Baden und Württem-berg-Hohenzollern bedürfen der Zustimmung der Regierungendieser Länder.

Artikel 139 [Fortgelten von Vorschriften über Entnazifizierung]Die zur „Befreiung des deutschen Volkes vom Nationalsozialismusund Militarismus“ erlassenen Rechtsvorschriften werden von denBestimmungen dieses Grundgesetzes nicht berührt.

Artikel 140 [Weitergeltung von Artikeln der Weimarer Verfassungbetreffend Religionsgemeinschaften]

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 derdeutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil diesesGrundgesetzes.

A r t i k e l 1 3 6 We i m a r e r Ve r f a s s u n g(1) Die bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte und Pflichtenwerden durch die Ausübung der Religionsfreiheit weder bedingtnoch beschränkt.(2) Der Genuss bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte sowiedie Zu lassung zu öffentlichen Ämtern sind unabhängig von demreligiösen Bekenntnis.(3) Niemand ist verpflichtet, seine religiöse Überzeugung zu offen-baren. Die Behörden haben nur soweit das Recht, nach der Zuge-hörigkeit zu einer Religionsgesellschaft zu fragen, als davon Rechteund Pflichten abhängen oder eine gesetzlich angeordnete statisti-sche Erhebung dies erfordert.(4) Niemand darf zu einer kirchlichen Handlung oder Feierlich-keit oder zur Teilnahme an religiösen Übungen oder zur Benut-zung einer religiösen Eidesform gezwungen werden.

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A r t i k e l 1 3 7 We i m a r e r Ve r f a s s u n g(1) Es besteht keine Staatskirche.(2) Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wirdgewährleistet. Der Zusammenschluss von Religionsgesellschafteninnerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen.(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angele-genheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle gelten-den Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staatesoder der bürgerlichen Gemeinde.(4) Religionsgesellschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach denallgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.(5) Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffent-lichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsge-sellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wennsie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewährder Dauer bieten. Schließen sich mehrere derartige öffentlich-recht-liche Religionsgemeinschaften zu einem Verbande zusammen, so istauch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft.(6) Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffent-lichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichenSteuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen BestimmungenSteuern zu erheben.(7) Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleich-gestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauungzur Aufgabe machen.(8) Soweit die Durchführung dieser Bestimmungen eine weitereRegelung erfordert, liegt diese der Landesgesetzgebung ob.

A r t i k e l 1 3 8 We i m a r e r Ve r f a s s u n g(1) Die auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhen-den Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften werden durchdie Landesgesetzgebung abgelöst. Die Grundsätze hierfür stellt dasReich auf.(2) Das Eigentum und andere Rechte der Religionsgesellschaftenund religiösen Vereine an ihren für Kultus-, Unterrichts- undWohltätigkeitszwecke bestimmten Anstalten, Stiftungen und sons -tigen Vermögen werden gewährleistet.

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A r t i k e l 1 3 9 We i m a r e r Ve r f a s s u n gDer Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben alsTage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlichgeschützt.

A r t i k e l 1 4 1 We i m a r e r Ve r f a s s u n gSoweit das Bedürfnis nach Gottesdienst und Seelsorge im Heer, inKrankenhäusern, Strafanstalten oder sonstigen öffentlichen Anstal-ten besteht, sind die Religionsgesellschaften zur Vornahme religiö-ser Handlungen zuzulassen, wobei jeder Zwang fernzuhalten ist.

Artikel 141 [Aufrechterhaltung landesrechtlicher Regelung desReligionsunterrichts]

Artikel 7 Abs. 3 Satz 1 findet keine Anwendung in einem Lande,in dem am 1. Januar 1949 eine andere landesrechtliche Regelungbestand.

Artikel 142 [Fortsetzung landesrechtlicher Grundrechte]Ungeachtet der Vorschrift des Artikels 31 bleiben Bestimmungender Landesverfassungen auch insoweit in Kraft, als sie in Überein-stimmung mit den Artikeln 1 bis 18 dieses Grundgesetzes Grund-rechte gewährleisten.

Artikel 142 a [aufgehoben]

Artikel 143 [Abweichungen vom Grundgesetz](1) Recht in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrags genanntenGebiet kann längstens bis zum 31. Dezember 1992 von Bestimmun-gen dieses Grundgesetzes abweichen, soweit und solange infolge derunterschiedlichen Verhältnisse die völlige Anpassung an die grundge-setzliche Ordnung noch nicht erreicht werden kann. Abweichungendürfen nicht gegen Artikel 19 Abs. 2 verstoßen und müssen mit denin Artikel 79 Abs. 3 genannten Grundsätzen vereinbar sein.(2) Abweichungen von den Abschnitten II, VIII, VIII a, IX, X undXI sind längstens bis zum 31. Dezember 1995 zulässig.(3) Unabhängig von Absatz 1 und 2 haben Artikel 41 des Eini -gungs ver trags und Regelungen zu seiner Durchführung auch inso-weit Bestand, als sie vorsehen, dass Eingriffe in das Eigentum auf

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dem in Artikel 3 dieses Vertrages genannten Gebiet nicht mehrrückgängig gemacht werden.

Artikel 143 a [Übergangsregelungen für die Bundeseisenbahnen](1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über alle Ange-legenheiten, die sich aus der Umwandlung der in bundeseigenerVerwaltung geführten Bundeseisenbahnen in Wirtschaftsunterneh-men ergeben. Artikel 87 e Abs. 5 findet entsprechende Anwen-dung. Beamte der Bundeseisenbahnen können durch Gesetz unterWahrung ihrer Rechtsstellung und der Verantwortung des Dienst -herrn einer privat-rechtlich organisierten Eisenbahn des Bundes zurDienstleistung zugewiesen werden.(2) Gesetze nach Absatz 1 führt der Bund aus.(3) Die Erfüllung der Aufgaben im Bereich des Schienenpersonen-nahverkehrs der bisherigen Bundeseisenbahnen ist bis zum 31.Dezember 1995 Sache des Bundes. Dies gilt auch für die entspre-chenden Aufgaben der Eisenbahnverkehrsverwaltung. Das Näherewird durch Bundesgesetz geregelt, das der Zustimmung desBundesrates bedarf.

Artikel 143 b [Übergangsregelungen für die Deutsche Bundespost](1) Das Sondervermögen Deutsche Bundespost wird nach Maß -gabe eines Bundesgesetzes in Unternehmen privater Rechtsformumgewandelt. Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebungüber alle sich hieraus ergebenden Angelegenheiten.(2) Die vor der Umwandlung bestehenden ausschließlichen Rech-te des Bundes können durch Bundesgesetz für eine Übergangszeitden aus der Deutschen Bundespost POSTDIENST und derDeutschen Bundespost TELEKOM hervorgegangenen Unterneh-men verliehen werden. Die Kapitalmehrheit am Nachfolgeunter-nehmen der Deutschen Bundespost POSTDIENST darf derBund frühestens fünf Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes aufge-ben. Dazu bedarf es eines Bundesgesetzes mit Zustimmung desBundesrates.(3) Die bei der Deutschen Bundespost tätigen Bundesbeamtenwerden unter Wahrung ihrer Rechtsstellung und der Verantwor-tung des Dienstherrn bei den privaten Unternehmen beschäftigt.Die Unternehmen üben Dienstherrenbefugnisse aus. Das Nähere

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Artikel 143 a GG

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bestimmt ein Bundesgesetz.

Artikel 143 c(1) Den Ländern stehen ab dem 1. Januar 2007 bis zum31. Dezember 2019 für den durch die Abschaffung der Gemein-schaftsaufgaben Ausbau und Neubau von Hochschulen einschließ-lich Hochschulkliniken und Bildungsplanung sowie für den durchdie Abschaffung der Finanzhilfen zur Verbesserung der Verkehrs-verhältnisse der Gemeinden und zur sozialen Wohnraumförderungbedingten Wegfall der Finanzierungsanteile des Bundes jährlichBeträge aus dem Haushalt des Bundes zu. Bis zum 31. Dezember2013 werden diese Beträge aus dem Durchschnitt der Finanzie-rungsanteile des Bundes im Referenzzeitraum 2000 bis 2008 er -mit telt.(2) Die Beträge nach Absatz 1 werden auf die Länder bis zum31. Dezember 2013 wie folgt verteilt:1. als jährliche Festbeträge, deren Höhe sich nach dem Durch-

schnittsanteil eines jeden Landes im Zeitraum 2000 bis 2003errechnet;

2. jeweils zweckgebunden an den Aufgabenbereich der bisherigenMischfinanzierungen.

(3) Bund und Länder überprüfen bis Ende 2013, in welcher Höhedie den Ländern nach Absatz 1 zugewiesenen Finanzierungsmittelzur Aufgabenerfüllung der Länder noch angemessen und erforder-lich sind. Ab dem 1. Januar 2014 entfällt die nach Absatz 2 Nr. 2vorgesehene Zweckbindung der nach Absatz 1 zugewiesenen Fi -nan zie rungs mittel; die investive Zweckbindung des Mittelvolu-mens bleibt bestehen. Die Vereinbarungen aus dem Solidarpakt IIbleiben unberührt.(4) Das Nähere regelt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung desBundesrates bedarf.

Artikel 143 d(1) Artikel 109 und 115 in der bis zum 31. Juli 2009 geltendenFassung sind letztmals auf das Haushaltsjahr 2010 anzuwenden.Artikel 109 und 115 in der ab dem 1. August 2009 geltenden Fas-sung sind erstmals für das Haushaltsjahr 2011 anzuwenden; am31. Dezember 2010 bestehende Kreditermächtigungen für bereits

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Artikel 143 c GG

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eingerichtete Sondervermögen bleiben unberührt. Die Länder dür-fen im Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2019nach Maßgabe der geltenden landesrechtlichen Regelungen vonden Vorgaben des Artikels 109 Absatz 3 abweichen. Die Haushalteder Länder sind so aufzustellen, dass im Haushaltsjahr 2020 dieVorgabe aus Artikel 109 Absatz 3 Satz 5 erfüllt wird. Der Bundkann im Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember2015 von der Vorgabe des Artikels 115 Absatz 2 Satz 2 abweichen.Mit dem Abbau des bestehenden Defizits soll im Haushaltsjahr2011 begonnen werden. Die jährlichen Haushalte sind so aufzu-stellen, dass im Haushaltsjahr 2016 die Vorgabe aus Artikel 115Absatz 2 Satz 2 erfüllt wird; das Nähere regelt ein Bundesgesetz.(2) Als Hilfe zur Einhaltung der Vorgaben des Artikels 109 Absatz 3ab dem 1. Januar 2020 können den Ländern Berlin, Bremen, Saar-land, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein für den Zeitraum2011 bis 2019 Konsolidierungshilfen aus dem Haushalt des Bun-des in Höhe von insgesamt 800 Millionen Euro jährlich gewährtwerden. Davon entfallen auf Bremen 300 Millionen Euro, auf dasSaarland 260 Millionen Euro und auf Berlin, Sachsen-Anhalt undSchleswig-Holstein jeweils 80 Millionen Euro. Die Hilfen werdenauf der Grundlage einer Verwaltungsvereinbarung nach Maßgabeeines Bundesgesetzes mit Zustimmung des Bundesrates geleistet.Die Gewährung der Hilfen setzt einen vollständigen Abbau derFinanzierungsdefizite bis zum Jahresende 2020 voraus. Das Nähe-re, insbesondere die jährlichen Abbauschritte der Finanzierungs -defizite, die Überwachung des Abbaus der Finanzierungsdefizitedurch den Stabilitätsrat sowie die Konsequenzen im Falle derNichteinhaltung der Abbauschritte, wird durch Bundesgesetz mitZustimmung des Bundesrates und durch Verwaltungsverein barunggeregelt. Die gleichzeitige Gewährung der Konsolidierungshilfenund Sanierungshilfen auf Grund einer extremen Haushaltsnotlageist ausgeschlossen.(3) Die sich aus der Gewährung der Konsolidierungshilfen erge-bende Finanzierungslast wird hälftig von Bund und Ländern, vonletzteren aus ihrem Umsatzsteueranteil, getragen. Das Nähere wirddurch Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates geregelt.

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Artikel 143 d GG

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Artikel 144 [Annahme des Grundgesetzes, Geltungsbereich](1) Dieses Grundgesetz bedarf der Annahme durch die Volksver-tretung in zwei Dritteln der deutschen Länder, in denen es zu -nächst gelten soll.(2) Soweit die Anwendung dieses Grundgesetzes in einem der inArtikel 23 aufgeführten Länder oder in einem Teile eines dieserLänder Beschränkungen unterliegt, hat das Land oder der Teil desLandes das Recht, gemäß Artikel 38 Vertreter in den Bundestagund gemäß Artikel 50 Vertreter in den Bundesrat zu entsenden.

Artikel 145 [Inkrafttreten des Grundgesetzes](1) Der Parlamentarische Rat stellt in öffentlicher Sitzung unterMitwirkung der Abgeordneten Groß-Berlins die Annahme diesesGrundgesetzes fest, fertigt es aus und verkündet es.(2) Dieses Grundgesetz tritt mit Ablauf des Tages der Verkündungin Kraft.(3) Es ist im Bundesgesetzblatte zu veröffentlichen.

Artikel 146 [Geltungsdauer des Grundgesetzes]Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und FreiheitDeutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, dievon dem deutschen Volk in freier Entscheidung beschlossen worden ist.

Artikel 144 GG

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