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Hans Christian Markert, MdL Sprecher für Umweltschutz, Verbraucherschutz und AntiAtompolitik Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Landtag NRW Platz des Landtags 1 40221 Düsseldorf Tel: +49 (211) 884 4309 Fax: +49 (211) 884 3539 März 2011 1. Energetische Verwertung von Abfällen („Müllmitverbrennung“) in NordrheinWestfalen Produktionsanlagen Zementwerke Kraftwerke und Feuerungsanlagen 2. Dioxine, Furane, Schwermetalle Stoffe / Wirkungen / Ursachen Rechtslage / 17. BImSchV Konsequenzen / Schlussfolgerung

1. Energetische Verwertung von Abfällen ... · Hans Christian Markert, MdL Sprecher für Umwelt-, Verbraucherschutz und Anti-Atompolitik In den Kalkbrennöfenwerden Ersatz‐ brennstoffe

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Hans Christian Markert, MdLSprecher für Umweltschutz, Verbraucherschutz und Anti‐AtompolitikFraktion Bündnis 90/Die Grünen im Landtag NRWPlatz des Landtags 140221 DüsseldorfTel: +49 (211) 884 4309Fax: +49 (211) 884 3539

März 2011

1. Energetische Verwertung von Abfällen („Müllmitverbrennung“) in Nordrhein‐Westfalen

‐ Produktionsanlagen‐ Zementwerke

‐ Kraftwerke und Feuerungsanlagen

2. Dioxine, Furane, Schwermetalle

‐ Stoffe / Wirkungen / Ursachen‐ Rechtslage / 17. BImSchV

‐ Konsequenzen / Schlussfolgerung

1. Energetische Verwertung von Abfällen („Müllmitverbrennung“) in Nordrhein‐Westfalen

Produktionsanlagen

Zementwerke

Kraftwerke und Feuerungsanlagen

CEMEX Zementwerk Beckum, NRW

Hans Christian Markert, MdLSprecher für Umwelt-, Verbraucherschutz und Anti-Atompolitik

In den Kalkbrennöfen werden  Ersatz‐brennstoffe oder Tiermehl als Ersatz von Kohle oder anderen Energieträgern eingesetzt. 

In den Ziegelwerken werden Papier schlämme und ‐fangstoffe sowie Sägemehl und Holzspäne mitver‐brannt. 

In den Brennöfen eines Ziegelwerks werden Spuckstoffe bzw. Holzspäne energetisch verwertet. In einer Kupfersekundärhütte werden Altöle und aufbereitete Ersatz‐brennstoffe als Energieträger genutzt.

Gesamt (2009): 148.527 t/a

Hans Christian Markert, MdLSprecher für Umwelt-, Verbraucherschutz und Anti-Atompolitik

Für das Jahr 2004 wurden in den nordrhein‐westfälischen Zementwerken rund 430.000 Tonnen Abfälle energetisch verwertet.

2,1%2,3%                                           29,4%    

10,1%

1,0%

31,5%                                                                        23,6%

Kunststoffe, Gummi

Siedlungs‐/Gewerbeabfälle

Altreifen

Altöl

Lösemittel

Tiermehl und ‐fette

Klärschlamm

Holz: 8 Anlagen mit 666.280 t/a

Mitverbrennung in Feuerungsanlagen in NRW :

Organische Verbindungen, flüssig: 2 Anlagen mit 32.545 t/aPapier: 2 Anlagen mit 30.648 t/aAltöl: 2 Anlagen mit 1.200 t/aSekundärbrennstoffe: 1 Anlage mit 35.000 t/a

Gesamt (2009): 765.673 t/a

Mitverbrennung in Kraftwerken in NRW :Holz: 6 Anlagen mit 715.683 t/a

Klärschlamm, Tierkörper/Tiermehl: 5 Anlagen mit 618.000 t/aOrganische Verbindungen, flüssig: 5 Anlagen mit 101.471 t/a

Klärschlamm: 4 Anlagen mit 1.006.640 t/a

Papier: 3 Anlagen mit 751.728 t/a

Klärschlamm, Sekundärbrennstoffe, Tierkörper/Tiermehl: 3 Anlagen mit 160.000 t/aTierkörper/Tiermehl: 2 Anlagen mit 343.000 t/aSekundärbrennstoffe: 2 Anlagen mit 75.000 t/aAltöl: 1 Anlage mit 1.000 t/a

Gesamt (2009): 3.772.522 t/a

Gesamtabfallmenge NRW (Haus‐, Sperrmüll, getrennt erfasste Wertstoffe):

8,5 Millionen t/a

Müllmitverbrennung NRW:

5,1 Millionen t/a

Vergleichszahlen(Datenbasis 2004‐2009/Hochgerechnete Durchschnittswerte)

Hans Christian Markert, MdLSprecher für Umweltschutz, Verbraucherschutz und Anti-Atompolitik

Größtes Kalkwerk Europas in Flandersbach, NRW

Müllverbrennungsanlagen NRW (Siedlungs‐, Sonderabfall, Klärschlamm):

6,8 Millionen t/a (genehmigte Kapazität 2007)

Müllimport NRW:

1,8 Millionen t/a(davon 700.000 t/a verbrannt)

Belastung mit Dioxinen, Furanen, Schwermetallen durch zu geringe Verbrennungstemperaturen häufiges An‐ und Abfahren der Kessel

Mischungsregel in 17. BImSchV (Anhang II) Ausnahmen in 17. BImSchV (Anhang II)

Ökodumping(Durchschnittspreise für NRW)

Müllmitverbrennung (Mittelwert): 50 €/t Reguläre Müllverbrennung (MVA): 130 €/t

Gesamtdumping NRW (Mittelwert): 408 Millionen €/a

Probleme der Müllmitverbrennung

Hans Christian Markert, MdLSprecher für Umweltschutz, Verbraucherschutz und Anti-Atompolitik

Kohlekraftwerk Gelsenkirchen‐Scholven, NRW

Seveso, 1976

Hans Christian Markert, MdLSprecher für Umweltschutz, Verbraucherschutz und Anti-Atompolitik

2. Dioxine, Furane, Schwermetalle…Ursache für schleichende Vergiftung

Stoffe / Wirkungen / Ursachen

Rechtslage / 17. BImSchV

Konsequenzen / Schlussfolgerung

Hans Christian Markert, MdLSprecher für Umweltschutz, Verbraucherschutz und Anti-AtompolitikStoffe

Polychlorierte Dibenzo‐p‐dioxine (PCDD) sind Gruppen von chemisch ähnlichaufgebauten chlorierten organischen Verbindungen Nebenprodukte bei der Herstellung chlororganischer Chemikalien (chlorierte Lösemittel, Pestizide, PCP (Holzschutzmittel), FCKW, chlorgebleichtes Papier, polychlorierte Biphenyle (PCB), PVC) oder bei beliebigen Oxidationsreaktionen von Kohlenwasserstoffverbindungen in Anwesenheit von Chlorverbindungen (beispielsweise Kochsalz NaCl) nachweisbare Konzentrationen von Dioxinen entstehen bei  Verbrennungen mit Temperaturen oberhalb 300°C und unterhalbvon 900°C 2,3,7,8‐Tetrachlordibenzodioxin (TCDD) ist eine chlorhaltige  organische Verbindung („Agent Orange“, Sevesounfall)

DIOXINE FURANE

Dibenzofuran ist eine heterozyklische aromatische organische Verbindung an jedes der äußeren Kohlenstoffatome ist jeweils ein Wasserstoffatom gebunden unter Dibenzofuranen kann man auch eine ganze Stoffklasse verstehen, in der die Wasserstoffatome durch andere Atome oder Gruppen ersetzt sind Polychlorierte Dibenzofurane sind sehr giftige Stoffe mit ähnlichen Eigenschaften wie die Dioxine Dibenzofuran TCDF (2,3,7,8‐Tetrachlordibenzofuran) ist die Dibenzofuran‐Entsprechung des Sevesogifts (Explosion in Pestizidfabrik) 2,3,7,8‐Tetrachlordibenzodioxin („Yusho‐Krankheit“)

SCHWERMETALLEMit der Bezeichnung Schwermetalle wird willkürlich eine Gruppe  von Metallen zusammengefasst. In der Öffentlichkeit gelten oft alle mit dem Begriff „Schwermetall“ bezeichneten Stoffe als toxische Substanzen:

Blei (Pb) / Cadmium (Cd) / Quecksilber (Hg) / Kupfer (Cu) / Plutonium (Pu)

In Spuren sind Schwermetalle in der natürlichen Umwelt  enthalten und werden bei Verbrennungs‐ oder Abbauprozessen freigesetzt.

Hans Christian Markert, MdLSprecher für Umweltschutz, Verbraucherschutz und Anti-AtompolitikWIRKUNGEN

Dioxine/(Furane)

Dioxine sind persistent (langlebig) und werden hauptsächlich über den Luftpfad, gebunden an Staubpartikel, in der Umwelt verteilt

Beim Menschen erfolgt die Aufnahme von Dioxinen zu 90–95 % über die Nahrung, besonders über fetthaltige tierische Lebensmittel wie Milchprodukte, Fleisch und Fisch, aber auch Gemüse

Dioxine können auch über die Lunge aufgenommen werden, insbesondere wenn sie an Feinstaub gebunden sind; 5 % der Gesamtaufnahme

Im Körper werden aufgenommene Dioxine und Furane an die Lipide und Lipoproteine des Blutes angelagert und weiterverteilt

Sie reichern sich vor allem im Fettgewebe und in der Leber an

Die Verweildauer (Halbwertzeit): 5 bis 20 Jahre (allerdings: kumulativ)

Tödliche Dosis = Konzentration von einem Mikrogramm pro Kilo Körpergewicht (500x giftiger als Strychnin, 10.000x giftiger als Cyanid)

Symptome einer Dioxinvergiftung unterhalb der tödlichen Dosis:

Atembeschwerden

Verätzungen an Haut und Schleimhäuten

Chlorakne (!)

Leberschäden (Ikterus, Leberkoma)

Erhöhtes Krebsrisiko (stark krebserregend, biochemische und genetische  Promotorenwirkung)

Teratogen (Schädigungen für das ungeborene Leben)

Enzym‐Stimulanz (beschleunigter Arzneimittelabbau)

Hans Christian Markert, MdLSprecher für Umweltschutz, Verbraucherschutz und Anti-AtompolitikWIRKUNGEN

Schwermetalle/Quecksilber

Giftiges Schwermetall, das bereits bei Zimmertemperatur verdunstet

Wird in großen Mengen durch menschliche Aktivitäten freigesetzt

Toxisch sind vor allem die organischen Verbindungen des Quecksilbers  (Methyl‐Quecksilber), wenn sie mit der Nahrung aufgenommen werden; eingeatmete Dämpfe wirken aber ebenfalls stark toxisch

Quecksilber findet sich im menschlichen Körper: Gebiss (Zähne, Wurzeln, Kieferknochen) / Rückenmark / Gehirn / (Psellismus mercurialis) / Innere Organe / Nervenbahnen / Blut / Urin und Stuhl / Muttermilch

Als tödliche Dosis wird eine Menge von 150 ‐ 300 mg angesehen

Symptome einer Quecksilbervergiftung unterhalb der tödlichen Dosis:

Nieren‐ und Leberschäden infolge Quecksilbervergiftung (Merkurialismus)

Teratogen (Schädigungen für das ungeborene Leben)

Minamata‐Krankheit (schwere Nervenschäden, Seh‐, Gehör‐, Koordinationsstörungen,Wachstumsbehinderungen und Schäden des Abwehrsystems bis hin zu Todesfällen)

Hans Christian Markert, MdLSprecher für Umweltschutz, Verbraucherschutz und Anti-AtompolitikUrsachen

DIOXINE QUECKSILBER

Der Eintrag von Dioxinen und Furanen in die Atmosphäre erfolgt in erster Linie mit dem Rauch von Verbrennungsprozessen

TCDD entsteht zusammen mit anderen polychlorierten Dibenzodioxinen und Dibenzofuranen als Nebenprodukt bei der Synthese von organischen Chlorverbindungen (beispielsweise Herbizide und Pestizide) oder der  Verbrennung von chlor‐ und kohlenwasserstoffhaltigen Verbindungen

Unter anderem entsteht es in Müllverbrennungs‐anlagen im Beisein chlorhaltiger Verbindungen wie PVC, PCP (Holzschutzmittel), FCKW, chlorgebleichtes Papier, polychlorierte Biphenyle (PCB); moderne Verbrennungsanlagen führen daher eine Nacherhitzung auf über 1200 °C mit anschließender schneller Abkühlung durch, wodurch die TCDD‐Konzentration auf Bruchteile reduziert wird

Bei der Mitverbrennung von Abfällen in alten Kohlekraftwerken und in Zementwerken entsteht es ebenfalls, allerdings werden hier nur Temperaturen< 800 °C erreicht  = damit keine weitgehende Zerstörung!

Größte Emissionsquelle ist das Verbrennen von Biomasse (Brandrodung von Regenwäldern und Abfall‐Mitverbrennung)

In Stein‐ und Braunkohle tritt Quecksilber zwar nur in Spuren auf, die hohe Menge der weltweiten verbrann‐ten Kohle führt aber zu erheblichen Freisetzungsraten

Weitere bedeutsame Quellen sind die Chlorproduk‐tion und Zementwerke

Hans Christian Markert, MdLSprecher für Umweltschutz, Verbraucherschutz und Anti-AtompolitikRechtslage

• Ursprüngliches Ziel = Harmonisierung der Mitverbrennung gegenüber der reinen Müllverbrennung wurde die Richtlinie 2000/76/EG erlassen 

• Seit 2003 durch die Novellierung der 17. BImSchV in nationales Recht umgesetzt ist

• Zweck der Harmonisierung = soweit wie möglich Belastungen der Umwelt – insbesondere auch Gesundheitsbeeinträchtigungen ‐ zu mindern

• Mitverbrennung rückte mit der Umsetzung der TASi bzw. AbfallablagerungsVO ab dem Jahre 2005 verstärkt  ins Interesse der Abfallwirtschaft

Hans Christian Markert, MdLSprecher für Umweltschutz, Verbraucherschutz und Anti-Atompolitik17. BImSchV

Anhang II zur 17. BImSchV = Emissionsgrenzwerte für Mitverbrennungsanlagen

soweit keine festen Emissionsgrenzwerte oder Bezugssauerstoffgehalte = Mischungsregel:

VAbfall x CAbfall + VVerfahren x CVerfahren‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐‐ = 

VAbfall + VVerfahren

Ausnahmemöglichkeiten auch im Anhang II niedergelegt

Probleme v.a. durch „Ausnahmen“ im Anhang II:(am Beispiel der beantragten Mitverbrennung im IKW BerrenrathHürth)

Geringere Mindesttemperatur beantragt (740 Grad C statt 850 Grad C)

Deutlich höhere Salzsäuregas‐Emissionen  (bis zu 18x höher als vorgeschrieben; PVC im Müll, Holzschutzmittel Pentachlorphenol, PCB im Altholz etc.)

Häufiges An‐ und Abfahren der Kessel (2‐4x im Jahr !)

Hans Christian Markert, MdLSprecher für Umwelt-, Verbraucherschutz und Anti-Atompolitik

KONSEQUENZEN

Im Rahmen einer ökologischen Abfallwirtschaftsplanung sollten die Kapazitäten für die Abfallverbrennung nicht ausgeweitet werden

Grenzwerte der 17. BImSchV sind entsprechend den  Fortschritten bei der Anlagentechnik zu verschärfen

Schadstoffe mit nachgewiesener höherer Toxizität (Ultrafeinstäube) müssen in der 17.BImSchV strengeren Grenzwerten zugewiesen werden

Über die 17.BImSchV ist sicher zu stellen, dass beim Anfahren von Verbrennungsanlagen keine ungereinigten Rauchgase in die Umgebung abgegeben werden (Bypass‐Problematik)

In allen Abfallverbrennungsanlagen ist eine mehrstufige Rauchgasreinigung vorzuschreiben

Ausnahmen nach Anhang II der 17.BImSchV müssen aufgehoben werden

Bei der Abfallverbrennung muss gleiches Recht für alle Anlagen gelten

Hans Christian Markert, MdL, Sprecher für Umwelt‐, Verbraucherschutz‐ und Anti‐Atompolitik

Der Kluge löst Probleme, der Weise vermeidet sie!

Chinesisches Sprichwort

SCHLUSSFOLGERUNG

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

.

Quellen: Entsorgungsatlas NRW (Stand 01.04.2007)

NABU‐Studie: Abfallkapazitäten in Deutschland/März 2009 BUND NRW wikipedia.org

Feuerwehr Kassel Dr. Walter Leidinger, Currenta, 04.11.2011 WLB Wasser, Luft und Boden I‐2/2004, S. 38

Hans Christian Markert, MdLSprecher für Umwelt‐, Verbraucherschutz und Anti‐AtompolitikFraktion Bündnis 90/Die Grünen im Landtag NRWPlatz des Landtags 140221 DüsseldorfTel: +49 (211) 884 4309Fax: +49 (211) 884 3539