34
Bayerischer Landtag 12. Wahlperiode Plenarprotokoll 12/10 05.03.91 10. Sitzung am Dienstag, dem 5. März 1991, 15.00 Uhr, in München Geschäftliches .............. 454, 468, 470 Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion ver- Nachruf auf den ehern. Abg. Hümer .... Geburtstagswünsche für Abg. Sackmann Aktuelle Stunde gern. § 75 GeschO auf Antrag der Frakt. der SPD zum Thema: Auswirkungen der katastrophalen Finanz- situation der neuen Bundesländer und ihrer Kommunen auf den Freistaat Bayern 454 454 Hiersemann (SPD) . . . . . . . . . . 454, 463 Wengenmeier (CSU) . . . . . 455 Frau Kellner (DIE GRÜNEN) . . . 456 Dr. Doeblin (FDP) . . . 457 von Heckei Max (SPD) . . . . . . 457 Tandler (CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 458, 460 Kamm (DIE GRÜNEN) . . . . . 459 Staatssekretär Dr. Meyer . . . 460 Falk (CSU) . . . . . . . . . . . 462 Frhr. von Gumppenberg (FDP) 463 Staatsminister Dr. Stoiber . 464 Will (CSU) . . . . . . . . 466 Loew (SPD) . 467 Engelhard Rudolf (CSU) . . 468 Erklärung gern. § 110 GeschO Tandler (CSU) ....... . Gesetzentwurf der Abg. Glück Alois, Diethei, Kling u. a. u. Frakt. CSU zur Änderung des Sllyerischen lngenieurkitmmergesetzes Bau (BayiUKaBauG) - Drs. 12/662 - - Erste Lesung - Beschluß ............. . Schreiben des Bundesverfassungsgerichts - Zweiter Senat - vom 18. 01. 91 betr. Antrag des Herrn Wüppesahl, MdB, festzustellen, daß der Antragsteller In seinen Rechten aus Art. 38 Abs. 1 Grundgesetz durch die Behandlung von Abänderungsallträgen bei der 2. Beratung des Entwurfes eines Gesetzes zu dem Ver- trag vom 18. 05. 90 über die Schaffung einer 469 469 letzt worden ist Beschlußempfehlung des schusses (Drs. 12/701) Beschluß ... Verlassungsaus- Haushaltsplan 1991/1992 des Einzelplans 06 für den Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen und Änderungsantrag der Abg. Max von Heckei, Schieder u. a. SPD zum Haushaltsplan 1991/1992; hier: Verbesserung der Stellen- plansltuation bei den Finanzämtern - Kap 0605 - (Drs. 12/524) Beschlußempfehlungen des Haushaltsaus- schusses (Drs. 12/600, 12/573) 469 Strahle (CSU), Berichterstatter 470 Schieder (SPD) . . . . 471 Dr. Zech (FDP) . . . . 471 Kamm (DIE GRÜNEN) 473 Strehle (CSU) . 475 (FDP) 476 Abstimmung . . . Schlußabstimmung 477 477 Beschluß . . . . . . 477 Abstimmung über Anträge, die nicht einzeln beraten werden (Anlage 2) Beschluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 486 Antrag der Abg. Dr. Fleischer, Kamm, Kellner u. Frakt. DIE GRÜNEN betr. Keine Subventio- nierung der Entwicklung von Reglonalflugzeu- gen (Drs. 12/317) · Besehlu8empfehlungen des Wirtschafts- und des Haushaltsausschusses (Drs. 12/494, 12/597) Dr. Magerl (DIE GRÜNEN), Berichterstatter . 478 Kamm (DIE GRÜNEN) . . . . 478, 481

10. Sitzung - Bayerischer Landtag W… · 10. Sitzung am Dienstag, dem 5. März 1991, 15.00 Uhr, in München Geschäftliches ..... 454, 468, 470 Währungs-, Wirtschafts-und Sozialunion

  • Upload
    others

  • View
    1

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: 10. Sitzung - Bayerischer Landtag W… · 10. Sitzung am Dienstag, dem 5. März 1991, 15.00 Uhr, in München Geschäftliches ..... 454, 468, 470 Währungs-, Wirtschafts-und Sozialunion

Bayerischer Landtag 12. Wahlperiode Plenarprotokoll 12/10

05.03.91

10. Sitzung am Dienstag, dem 5. März 1991, 15.00 Uhr,

in München

Geschäftliches .............. 454, 468, 470 Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion ver-

Nachruf auf den ehern. Abg. Hümer ....

Geburtstagswünsche für Abg. Sackmann

Aktuelle Stunde gern. § 75 GeschO auf Antrag der Frakt. der SPD zum Thema:

Auswirkungen der katastrophalen Finanz­situation der neuen Bundesländer und ihrer Kommunen auf den Freistaat Bayern

454

454

Hiersemann (SPD) . . . . . . . . . . 454, 463 Wengenmeier (CSU) . . . . . 455 Frau Kellner (DIE GRÜNEN) . . . 456 Dr. Doeblin (FDP) . . . 457 von Heckei Max (SPD) . . . . . . 457 Tandler (CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 458, 460 Kamm (DIE GRÜNEN) . . . . . 459 Staatssekretär Dr. Meyer . . . 460 Falk (CSU) . . . . . . . . . . . 462 Frhr. von Gumppenberg (FDP) 463 Staatsminister Dr. Stoiber . 464 Will (CSU) . . . . . . . . 466 Loew (SPD) . 467 Engelhard Rudolf (CSU) . . 468

Erklärung gern. § 110 GeschO

Tandler (CSU) ....... .

Gesetzentwurf der Abg. Glück Alois, Diethei, Kling u. a. u. Frakt. CSU zur Änderung des Sllyerischen lngenieurkitmmergesetzes Bau (BayiUKaBauG) - Drs. 12/662 -

- Erste Lesung -

Beschluß ............. .

Schreiben des Bundesverfassungsgerichts -Zweiter Senat - vom 18. 01. 91 betr. Antrag des Herrn Wüppesahl, MdB, festzustellen, daß der Antragsteller In seinen Rechten aus Art. 38 Abs. 1 Grundgesetz durch die Behandlung von Abänderungsallträgen bei der 2. Beratung des Entwurfes eines Gesetzes zu dem Ver­trag vom 18. 05. 90 über die Schaffung einer

469

469

letzt worden ist

Beschlußempfehlung des schusses (Drs. 12/701)

Beschluß ...

Verlassungsaus-

Haushaltsplan 1991/1992 des Einzelplans 06 für den Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen

und

Änderungsantrag der Abg. Max von Heckei, Schieder u. a. SPD zum Haushaltsplan 1991/1992; hier: Verbesserung der Stellen­plansltuation bei den Finanzämtern - Kap 0605 - (Drs. 12/524)

Beschlußempfehlungen des Haushaltsaus­schusses (Drs. 12/600, 12/573)

469

Strahle (CSU), Berichterstatter 470 Schieder (SPD) . . . . 471 Dr. Zech (FDP) . . . . 471 Kamm (DIE GRÜNEN) 473 Strehle (CSU) . 475 ~roßer (FDP) 476

Abstimmung . . .

Schlußabstimmung

477

477

Beschluß . . . . . . 477

Abstimmung über Anträge, die nicht einzeln beraten werden (Anlage 2)

Beschluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 486

Antrag der Abg. Dr. Fleischer, Kamm, Kellner u. Frakt. DIE GRÜNEN betr. Keine Subventio­nierung der Entwicklung von Reglonalflugzeu-gen (Drs. 12/317) ·

Besehlu8empfehlungen des Wirtschafts- und des Haushaltsausschusses (Drs. 12/494, 12/597)

Dr. Magerl (DIE GRÜNEN), Berichterstatter . 478 Kamm (DIE GRÜNEN) . . . . 478, 481

Page 2: 10. Sitzung - Bayerischer Landtag W… · 10. Sitzung am Dienstag, dem 5. März 1991, 15.00 Uhr, in München Geschäftliches ..... 454, 468, 470 Währungs-, Wirtschafts-und Sozialunion

454 Bayerischer Landtag · 12. Wahlperi6de .:, "'~' :. Plenarprotokoll 12/10 v. 05.03.91

Dinglreiter (CSU) ....... . Naumann (SPD) .... . Frhr. von Gumppenberg (FDP)

. . 480

. . 480 481, 482

Beschluß ..

Dringlichkeitsantrag der Abg. Paulig, Schramm, Scheel u. a. u. Frakt. DIE GRÜNEN betr. Raumordnungsverfahren für die Errich­tung und den Betrieb eines Technologie- und Recyclingzentrums bestehend aus Metalleuf­bereltung und Umschmelzanlagen für Nicht­eisenmetalle und Nebeneinrichtungen (Drs. 12/414)

Beschlußempfehlungen des Landesentwick­lungs- und des Wirtschaftsausschusses (Drs. 12/488, 12/711)

Frau Paulig (DIE GRÜNEN),

482

Berichterstatterin . . . . . . . . . . . . . . . 482 Frau Paulig (DIE GRÜNEN) . . . . . . . . 483, 485 Frau Schweder (CSU) 484 Schultz (SPD) 484 Großer (FDP) 485

Beschluß .... 486

Schluß der Sitzung 486

Beginn der Sitzung: 15 Uhr 02 Minuten

Präsident Dr. Vomdran: Meine sehr verehrten Da­men und Herren! Ich eröffne die 10. Vollsitzung des Bayerischen Landtags.

Hörfunk und Fernsehen des Bayerischen Rundfunks sowie Pressefotographen haben um Aufnahme­genehmigung gebeten. Ihre Zustimmung vorausset-zend, wurde sie erteilt. ·

Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, bitte ich Sie, eines ehemaligen Kollegen zu gedenken.

(Die Anwesenden erheben sich)

Am 27. Februar 1991 verstarb nach langer schwerer Krankheit Herr Peter Hümer im Alter von 50 Jahren. Er war von 1976 bis 1982 Abgeordneter des Wahlkrei­ses Mittelfranken in der Fraktion der FDP. In den.acht Jahren seiner Zugehörigkeit zum Bayerischen Larid­tag engagierte sich Peter Hürner in mehreren Aus­schüssen. Seine reichen ·beruflichen Kenntnisse· als Diplomvolkswirt brachte er vcir allem in .die Arbeit des Ausschusses für Fragen des öffentlichen Dienstes ein. Peter Hürner war ein überzeugter Parlamentarier, der sich in ErfüUung des Wählerauftrages bleibende Verdienste erworben hat. Der Bayerische Landtag wird dem Verstorbenen ein ehrendes Gedenken be­wahren.

Sie haben sich zu Ehren des Toten von Ihren Plätzen erhoben. Ich danke Ihnen.

Ich darf nachträglich noch einen G 1 ü c k w u n s c h aussprechen:

Am 1. März feierte unser Kollege Markus Sackmann seinen 30. Geburtstag. Ich gratuliere ihm im Namen des Hohen Hauses und persönlich sehr herzlich und wünsche ihm alles Gute und viel Erfolg bei der Erfül­lung seiner parlamentarischen Aufgaben.

Ich rufe auf Tagesordnungspunkt 1:

Aktuelle Stunde

Die .Fraktion der SPD hat mit Schreiben vom 21. Fe­bruar 1991 eine Aktuelle Stunde beantragt zum Thema:

Auswirkungen der katastrophalen Finanzsituation der neuen Bundesländer und Ihrer Kommunen auf den Freistaat Bayern

Die Dauer der Redezeit ist wie immer auf eine Stunde begrenzt. Die einzelnen Redner dürfen nicht länger als fünf Minuten sprechen. Wenn ein Mitglied der Staatsregierung in dieser seiner Eigenschaft das Wort nimmt, wird die Zeit seiner Rede nicht mitge­rechnet. Ich bitte Sie, auf mein Signal zu achten.

Der erste Redner ist der Abgeordnete Hiersemann.

Hlersemann (SPD): Herr Präsident, meine sehr ge­ehrten. Damen und Herren! Drei Monate sind an sich ein sehr kurzer Zeitraum. Doch diese drei Monate wa­ren lang genug, um mit ausreichender Beweiskraft zu zeigen, daß das alte deutsche Sprichwort „Lügen ha­ben kurze Beine" durchaus seine Berechtigung hat.

(Bettall bei der SPD)

Denn all das, was CDU/CSU und auch die FDP vor den Landtags- und Bundestagswahlen zur Finanzie­rung der Kosten der Deutschen Einheit den Bürgerin­nen und Bürgern gesagt haben, war falsch, mehr noch: war erstunken· und erlogen.

(Beifall bei der SPD)

Weil sie sich daran nicht gerne erinnern lassen, muß man Ihnen einiges vorhalten. Auf unser ständiges Nachfragen, was denn die. Deutsche Einheit nun ko­ste, erklärte der frühere Finanzminister Ta n d 1 e r .in einer Pressemitteilung seines Hauses am 18. Mai 1990:

Die Deutsche Einheit ist problemlos zu finanzieren.

Am 16. Mai 1990 teilte das Finanzministerium mit:

Tandler: Die _Finanzierung der Deutschen Einheit ist gesichert, ohne daß die Bürger der Bundesre­publik zusätzrich belastet werden.

Ihr Generalsekretär erklärte anläßlich einer Wahlver­anstaltung in Haimbach wörtlich:

Es bleibt dabei, es gibt keine Steuererhöhungen

Page 3: 10. Sitzung - Bayerischer Landtag W… · 10. Sitzung am Dienstag, dem 5. März 1991, 15.00 Uhr, in München Geschäftliches ..... 454, 468, 470 Währungs-, Wirtschafts-und Sozialunion

Plenarprotokoll 12/10 v. 05.03.91 Bayerischer Landtag · 12. Wahlperiodl! . 455

(Hiersemann [SPD])

für die Deutsche Einheit. Diese Garantie kann Ih­nen nur die Regierung Helmut Kohl geben.

(Lachen bei der SPD)

Dann eine großangelegte Anzeigenkampagne vom 23. November 1990:

Kohls Wort: Es bleibt dabei. Keine Steuererhöhung für die Deutsche Einheit. Wir reden vor der Wahl nicht anders als nach der Wahl.

(Lachen bei der SPD)

Und so weiter und so fort. Auch bei der Regierungs­erklärung in diesem Haus, Herr Ministerpräsident, spielte das Thema eine Rolle. Ich zitiere aus Ihrer Rede vom 12. Dezember 1990:

Die Aussage, daß zur Finanzierung der Deutschen Einheit keine Steuererhöhungen notwendig sind, gilt nach wie vor.

Das haben Sie sogar noch nach der Bundestagswahl aufrechterhalten.

Ich will Ihr Verhalten mit einem Zitat aus einer Zei­tung, auf die Sie sich sonst immer so gerne stützen, nämlich die Bildzeitung, qualifizieren.

(Oh, oh! bei der CSU)

- Diese Zeitung werden Sie sich jetzt auch einmal vorhalten lassen müssen. Schließlich haben Sie sie sonst oft und gern gegen uns ins Feld geführt.

(Abg. Alois Glück: Die Bildzeitung habe ich nie zitiert!)

Ich selbst könnte es nicht besser formulieren als „Bild":

Wir von „Bild" finden für das Vorgehen der Bonner Regierungskoalition nur ein Wort: schamlos!

Das ist wohl wahr, denn noch nie in der Nachkriegs­geschichte hat eine Bundesregierung die Bürgerin­nen und BOrger dieses Landes so belogen und betro­gen wie Sie.

(Beifall bei der SPD)

Und jetzt versuchen Sie - mit unterschiedlichem Mut zum Anstand - das auch noch zu vertuschen.

Der Herr Lambsdorff hat wenigstens noch den Mut gehabt zu sagen: „Wir haben uns geirrt!", und auch der Herr Kohl hat gesagt: „Wir haben das falsch ein­geschätzt!" Den Gipfel der Unverfrorenheit aber er­reicht Ihr Finanzminister in Bonn und CSU-Landes­vorsitzender Theo Waigel, der selbst heute noch ver­sucht, so zu tun, als seien die Steuererhöhungen nicht wegen der Deutschen Einheit, sondern wegen des Gott-Krieges erforderlich. Dazu soll es allerdings selbst in Ihren Reihen Debatten geben. Deshalb soll­ten Sie Ihren eigenen Landesvorsitzenden endlich einmal dazu ermuntern, mehr Mut zur Wahrheit zu ha­ben und diese Lüge nicht heute noch aufrechtzuer­halten.

Da Sie durch die Steuererhöhungen 46 Milliarden DM pro Jahr mehr einkassieren, der Golf-Krieg aber nur

zwischen 13 und 17 Milliarden DM gekostet hat, müs­sen Sie uns schon erklären, wofür Sie den Rest, wenn nicht zur Finanzierung der Deutschen Einheit, denn brauchen.

(Beifall bei der SPD)

Solche Lügen sind viel zu durchsichtig.

Nun sagen Sie, Sie hätten sich geirrt. - Warnungen gab es nicht nur von der SPD, sondern von allen Fachleuten in ausreichendem Maß. Auch ist der Zu­sammenbruch von Wirtschaft und Verwaltung in der ehemaligen DDR nicht wie vom Himmel über Sie ge­kommen:

Erstens. Die Staatsverträge haben den Fehler, auf die kommunalen Finanzen nicht hinreichend Rücksicht genommen zu haben.

Zweitens. Der gesamte RGW-Markt ist zusammenge­brochen. Das war absehbar, Sie haben ihn über die D-Mark mit dem 1. Juli plattgewalzt.

Drittens. Wir wußten von Anfang an, daß die Produkti­vität in den fünf neuen Bundesländern im Verhältnis von etwa 1 : 3 zu unserer Produktivität steht.

Dies war absehbar. Wir haben Sie immer davor ge­warnt, diesen Weg zu gehen. Aber Sie haben uns, insbesondere Lafontaine, im Wahlkampf deswegen in einer miesen Art und Weise angegriffen. Nach all dem, was Sie sich erlaubt haben, wäre wenigstens ein Wort der Entschuldigung heute angebracht gewe­sen.

(Beifall bei der SPD)

Darüber hinaus leisteten Sie sich Verteilungs- und sozialpolitische Skandale ohnegleichen. Sie belasten über die Steuererhöhungen eine Familie mit zwei Kin­dern und einem Bruttoeinkommen von 3500 DM mit ca. 1330 DM im Jahr, erleichtern gleichzeitig die Fi­nanzierung der Kosten aber nicht etwa, sondern er­schweren sie, indem Sie Vermögensteuer und Ge­werbekapitalsteuer abschaffen wollen. Das heißt, Sie ziehen den normalverdienenden Menschen jährlich rund 1300 DM aus der Tasche, während Sie über die Abschaffung der Vermögensteuer gleichzeitig dem Haus Thurn und Taxis eine Steuererleichterung in Höhe von rund fünfzig Millionen DM pro Jahr ver­schaffen. Dies halte ich für einen sozialen Skandal er­ster Ordnung.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen fordern wir Sie auf, endlich das „S" in Ih­rem Namen, das „sozial" heißen soll, ernst zu neh­men, die Bundesregierung bei diesem unerträglichen Vorhaben zu stoppen' und ihr endlich klar zu machen: Man kann nicht den vielen Millionen normalverdienen­den Menschen das Geld wegnehmen, um einige Milli­ardäre in diesem Land auszupolstern.

(Beifall bei der SPD)

Präsident Dr. Vorndran: Das Wort hat Herr Abgeord­neter Wengenmeier.

Wengenmeler (CSU): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Steuererhöhungen sind keine angeneh-

Page 4: 10. Sitzung - Bayerischer Landtag W… · 10. Sitzung am Dienstag, dem 5. März 1991, 15.00 Uhr, in München Geschäftliches ..... 454, 468, 470 Währungs-, Wirtschafts-und Sozialunion

456 Bayerischer Landtag . 12. Wahlperiode · Plenarpro1okoll 12/10 v. 05.03.91

(Wengenmeier [CSU])

men Mittel der Politik. Sie sind notfalls das letzte Mit­tel, wenn es darum geht, nationale Aufgaben zu be­wältigen und zu finanzieren. So haben wir immer ge­sagt, und so haben wir es auch gehalten. Wenn es nach der SPD gegangen wäre, hätten wir heute wahr­scheinlich die dritte oder vierte Steuererhöhung. Das ist von Ihnen ja mehrfach angekündigt worden.

(Beifall und So ist es! bei der CSU)

Die Bundesregierung, CDU/CSU und FDP, standen vor der Frage, noch mehr Schulden zu machen und damit die Stabilität unserer Währung in Gefahr zu bringen, oder vorübergehend - auf ein Jahr be­grenzt - mehr Steuern einzuheben.

(Abg. Hiersemann: Hätten Sie das doch schon vorher gesagt!)

Wir haben uns für das letzte entschieden, weil es, so glaube ich, insgesamt vernünftiger ist. Es ist eine Be­lastung, die man vertreten kann. Der Freistaat Bayern muß auch hier seinen Beitrag leisten. Wir werden das auch tun, wir werden das dem Bund nicht allein über­lassen, um das Ziel zu erreichen, das wir uns gesetzt haben, nämlich die Lebensverhältnisse in den neuen Bundesländern langsam, aber sicher zu verbessern.

lassen Sie mich, meine Damen und Herren, kurz ei­nige Zahlen dazu nennen, damit jeder weiß, welche Leistungen in den nächsten vier Jahren auf Bayern zukommen:

Es sind aus dem Deutschlandfonds 2120000000 DM. Davon müssen die Gemeinden 806 Millionen DM lei­sten. Aus der Neuverteilung der Umsatzsteuer wer­den auf Bayern 5271 000000 DM zukommen. Zusätz­lich werden die Gemeinden dazu einen Beitrag von 1322000000 DM leisten. Damit werden mi.t der Um­verteilung der Umsatzsteuer und dem Deutschland­fonds die bayerischen Gemeinden und der Freistaat Bayern zwischen 1991 und 1994 nach bisherigem Kenntnisstand insgesamt fast 6,6 Milliarden DM bei­steuern; um die Finanzierung in den neuen Ländern sicherzustellen.

Weiter leistet Bayern einen erheblichen Beitrag zur Installation und zum Aufbau eines vernünftigen, lei­stungsfähigen Verwaltungsbetriebs. Ich möchte auch hier die Zahlen nennen, 1990 hat Bayern mit 660 Be­diensteten und insgesamt 14530 Tagesleistungen in Thüringen und in Sachsen ausgeholfen. Jetzt stehen im Haushalt zusätzlich 200 Planstellen in einem Pool für bayerische Beamte zur Verfügung, die in den neuen Bundesländern Hilfestellung zum Aufbau einer vernünftigen Verwaltung leisten sollen.

(Beifall bei der CSU)

Präsident Dr. Vomdran: Das Wort hat Frau Abgeord­nete Kellner.

Frau Kellner (DIE GRÜNEN): Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Nun also ist die Stunde der Wahrheit gekommen, und die Mitglieder der Regie-

rungsparteien müssen erkennen, daß Steuerlügen kurze Beine haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie konnten sich gerade noch über den Wahltag ret­ten, dafür bricht jetzt das finanzielle Desaster um so deutlicher herein. Wer je einmal in der früheren DDR war, müßte wissen, daß es mit .Marktwirtschaft allein nicht getan sein wird. Im Prinzip konnten auch alle Bürgerinnen und Bürger der alten Bundesländer ah­nen, daß es ohne Steuererhöhungen nicht abgehen wird. Mitleid habe ich nur mit den Menschen in der ehemaligen DDR, die jetzt erkennen müssen, daß fal­sche Versprechungen nicht allein Privileg des SED­Regimes waren.

(Beifall bei den GRÜNEN - Widerspruch bei der CSU)

Die Finanznot der neuen Länder ist riesig. Man spricht von 50 Milliarden DM. Allein Leipzig hat ein Defizit von 1,6 Milliarden DM, 70 Prozent des Ge­samthaushalts. In anderen Städten ist es ähnlich. Können westdeutsche Städte mit 2800 DM Zuweisun­gen pro Einwohner rechnen, so bleiben für die ost­deutschen Kommunen gerade schlappe 550 DM. Um also die neuen Bundesländer nicht zu einem Mezzo­giorno im Osten zu machen, ist eine gewaltige Um­verteilung nötig. Die Spekulantenmafia ist längst da.

Ein erster Schritt hierzu war die Neuverteilung der Umsatzsteuer, die für den Freistaat dieses Jahr Ein­nahmeverluste von 600 Millionen DM bringen wird. Des weiteren ist mit Mindereinnahmen beim Gemein­deverkehrsfinanzierungsgesetz, bei der Strukturhilfe und bei den Gemeinschaftsaufgaben zu rechnen.

Jetzt müssen die Zahlen auf den Tisch und nicht erst kurz vor der Verabschiedung der Einzelpläne. Daß die Wohnungs- und Städtebauförderung nicht entspre­chend aufgestockt wurde, hat angesichts des Woh­nungsmarktes schlimme Folgen. Wird 1992 die Ver­mögenssteuer abgeschafft, ist das nochmal ein Aus­fall von einer runden Milliarde DM.

Nun macht es sich der Freistaat leicht und bittet sei­nerseits die Kommunen zur Kasse. Ich erinnere an die Kürzung des Grunderwerbsteueranteils, die Nichtweitergabe der Ausgleichszahlung für entgan­gene Kfz-Steuer und nicht zuletzt an die Umschich­tung von 81,2 Millionen DM aus dem kommunalen Kfz-Steueranteil auf den Staatsstraßenbau.

(Abg. Wengenmeier: Was hat das mit der DDR zu tun?)

- Ja, weil Sie halt das Geld für andere Sachen brau­chen! Die Gewerbekapitalsteuer wird den Kommunen 1992 auch noch geraubt, und an der Erhöhung der Lohn- und Einkommensteuer haben weder Land noch Kommunen Anteil, da sie zur Abgabe deklariert wurde.

Festzustellen bleibt, daß die FDP ihr Klientel ganz gut vertreten hat. Es gibt keine Ergänzungsabgabe, dafür aber Steuergeschenke für diejenigen, die ohnehin schon fette Gewinne einfahren. Die Zeche zahlen wie üblich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Page 5: 10. Sitzung - Bayerischer Landtag W… · 10. Sitzung am Dienstag, dem 5. März 1991, 15.00 Uhr, in München Geschäftliches ..... 454, 468, 470 Währungs-, Wirtschafts-und Sozialunion

Plenarprotokoll 12/10 v. 05.03.91 Bayerischer Landtag · 12. WahlpaJI*. 457

(Frau Kellner [DIE GRÜNEN])

Meine Damen und Herren von der CSU! Was Sie uns hier vorexerziert haben, ist weder sozial und schon gleich gar nicht christlich. In der Konsequenz sollten Sie über eine Namensänderung Ihrer Partei nachden­ken!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Präsident Dr. Vorndran: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Professor Doeblin das Wort.

Dr. Doeblln (FDP): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bekenne mich zu denen, die im letzten Jahr der Ansicht waren und die dies übrigens auch heute noch sind, daß der Versuch gewagt werden mußte, den Aufbau der maroden Wirtschaft der ehe­maligen DDR ohne Steuererhöhungen durchzufüh­ren. Ich halte das Konzept, mit Hilfe des Fonds Deut­sche Einheit diese Finanzierung durchzuführen, wenn auch nur überwiegend, für richtig. Dahinter steht der Gedanke, die Kosten der Einheit nicht ausschließlich der in den alten Bundesländern lebenden Bevölke­rung aufzubürden. Deshalb halte ich es für vernünftig, über Anleihen die Kosten der Einheit international zu streuen; das ist der Kern des Fonds Deutsche Ein­heit. Dadurch wird verhindert, daß in den alten Bun­desländern die Mitbürger durch Konsumverzicht und die Unternehmen durch Investitionsverzicht innerhalb weniger Jahre den gesamten Wiederaufbau der neuen Bundesländer finanzieren müssen. Dies wäre bei uns politisch auch nicht durchsetzbar gewesen.

So hat man den Weg gewählt, die Kosten der Einheit auf möglichst viele Schultern international zu vertei­len und die Kosten über Zins- und Tilgungszahlungen über mehrere Generationen hinweg uns, und das heißt: auch den Deutschen in den neuen Bundeslän­dern, aufzubürden.

Im übrigen erinnere ich daran, daß wesentliche politi­sche Kräfte den Prozeß der Deutschen Einheit im letzten Jahr nicht mit großem Optimismus und mit Zustimmung begleitet haben. Ich weiß nicht, ob es uns gelungen wäre, in diesem zeitgeschichtlich uner­hört kurzen Moment, in dem die Deutsche Einheit möglich war, ein Konzept zur Finanzierung mit Hitte zusätzlicher Steuererhöhungen zu entwickeln und durchzusetzen. Dies hätte Wasser auf die Mühlen derjenigen geleitet, die ohnehin gegen die Deutsche Einheit waren oder die durch ein längerfristiges Hin­auszögern des Prozesses dieser deutschen Einheit nur Zeit gewinnen wollten.

(Beifall bei FDP und CSU)

Wie gesagt, es mußte der Versuch gewagt werden, der ehemaligen DDR wieder auf die Beine zu hatten, und zwar ohne Steuererhöhungen.

Was muß nun, außer der Steuererhöhung, gesche­hen? Hier kann man an dem Stichwort „Treuhandan­stalt'' nicht vorbeigehen. Ich teile die Kritik von Wirt­schaftsminister Lang, daß diese Treuhandanstalt die notwendigen Entscheidungen verschleppt. Herr Lang wird daher sicherlich auch die Forderung der FDP un­terstützen, daß die Zuständigkeit für die Treuhandan-

stalt schnellstmöglich dem Bundeswirtschaftsmini­sterium zugeteilt wird.

(Beifall bei FDP und GRÜNEN)

Ein weiterer wichtiger Bereich, der in den neuen Bun­desländern dringend beschleunigt werden muß, ist der Aufbau einer leistungsfähigen Telekommunika­tionsstruktur. Wir müssen feststellen, daß die Deut­sche Telecom offensichtlich nicht die Flexibilität und Marktorientierung besitzt, um die notwendigen Ent­scheidungen schnellstmögflch zu realisieren. Hier muß dringend Wettbewerb, auch aus dem Ausland, ermöglicht werden. Ich begrüße außerordentlich, daß durch Bundeswirtschaftsminister Möllemann das Ge­meinschaftswerk „Aufschwung Ost" in Gang gesetzt worden ist. Das ist besonders für kommunale Investi­tionen in Krankenhäuser, Schulen und Altersheime wichtig, für die allein eine Summe von fünf Milliarden DM zur Verfügung steht.

Meine Damen und Herren! Mit großer Sorge sehen wir die Tendenzen gerade bei den Gewerkschaften, die Einkommen in den neuen Bundesländern relativ kurzfristig an das Niveau der alten Bundesländer her­anzuführen. Die Kombination von westdeutschen Löhnen und ostdeutschen Produktionsstrukturen ist absolut arbeitsplatzvernichtend.

(Beifall des Abg. Spitzner)

Ich glaube auch nicht, daß die vielzitierte Opferbereit­schaft der Bürger in den alten Bundesländern eine Lohnpolitik in den neuen Bundesländern finanzieren wird, die weit über das hinausgeht, was aufgrund der Produktivität gerechtfertigt wäre.

Der Weg der Normalisierung der Verhältnisse in den neuen Bundesländern ist ein sehr steiniger Weg. Wir, die Politiker in den alten Bundesländern, sollten alles tun, um den Menschen drüben zu helfen, diesen schweren Weg so schnell wie möglich zu gehen. Und wir sollten alles vermeiden, was den Bürgern drüben die Dinge noch schwerer macht, wir sollten insbeson­dere Streit nur um des Streites willen vermeiden. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei FDP und CSU)

Präsident Dr. Vomdran: Das Wort hat der Herr Abge­ordnete von Heckei.

von Heckei (SPD): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Herr Kollege Wengenmeier hat auf den Fonds Deutsche Einheit und auf die Auswirkungen der auf der Konferenz der Ministerpräsidenten der Bundesländer mit dem Bundeskanzler beschlosse­nen vollen Einbeziehung der neuen Länder in die Mehrwertsteuerverteilung hingewiesen. Er hat wohl­weislich verschwiegen, daß darüber hinaus die Struk­turmittel, die seinerzeit von der niedersächsischen Landesregierung unter Albrecht dem Bund abgehan­delt worden sind, und erhebliche Mittel für den Woh­nungsbau, die Städtebauförderung, die Wirtschafts­förderung, den Straßenbau und insbesondere die Ge­meindeverkehrsfinanzierung ebenfalls in die neuen Bundesländer umgeleitet werden urid daß diese Mit­tel natürlich herüben zusätzlich fehlen.

Page 6: 10. Sitzung - Bayerischer Landtag W… · 10. Sitzung am Dienstag, dem 5. März 1991, 15.00 Uhr, in München Geschäftliches ..... 454, 468, 470 Währungs-, Wirtschafts-und Sozialunion

458 Bayerischer Landtag · 12. Wahlperiode • Plenarprotokoll 12/10 v. 05.03.91

(von Hecke! [SPD])

Die Folge ist, daß der Bundesfinanzminister von den über 80 Milliarden DM, die im Bundeshaushalt schon in diesem Jahr in die neuen Bundesländer fließen, ei­nen erheblichen Anteil durch Kürzung der Mittel ge­winnt, die den alten Bundesländern zustehen. Und was macht der Freistaat Bayern? Er hält sich an den Kommunen schadlos.

Über Ihre Meinung, Herr Kollege Wengenmeier, wenn es nach der SPD gegangen wäre, hätten wir heute die dritte oder vierte Steuererhöhung, kann man nur la­chen. Sie bereiten jetzt eine Steuererhöhung vor, die den Bürgern mehr wegnimmt, als die angeblich „größte Steuerreform aller Zeiten" jemals Nettoentla­stung gebracht hat. Das sind die Tatsachen.

(Beifall bei der SPD - Widerspruch bei der CSU)

Und da werfen Sie uns vor, daß Sozis nicht mit Geld umgehen können.

Ihr Parteivorsitzender Waigel hat finanzpolitische Lei­stungen erbracht, die ihn nach dem Ehrenvorsitz bei der DSU, zu dem ich ihm herzlich beglückwünsche, auch zum Ehrensozi oder Ehrensozialisten prädesti­nieren. Wer so mit dem Geld umgeht, der zeigt, daß er überhaupt keine Ahnung hat, der sollte ruhig sein. Ich habe auch mit Interesse vermerkt, daß Herr Wen­genmeier kein Wort der Entschuldigung für Herrn Dr. Waigel gefunden hat.

(Abg. Diethei: Wieso?)

In der „W i r't s c h a f t s wo c h e" der letzten Woche hieß es:

Theo Waigel beweist mit dem frisierten Bundes­haushalt für 91, daß ein Etat noch andere Funktio­nen als Führungs- und Disziplinierungsfunktionen hat, nämlich abwechselnd die Lachmuskeln und die Tränendrüsen zu reizen und obendrein Beleg zu sein für fehlende politische Kultur.

In der gleichen „Wirtschaftswoche" heißt es:

Alle Hoffnungen auf einen schnellen Aufschwung in den neuen Ländern haben sich verflüchtigt. Die Hiobsbotschaften reißen nicht ab. Jetzt basteln Bonner Politiker, die monatelang die Augen vor der drohenden Misere zugemacht haben, hektisch an milliardenschweren Hilfsprogrammen.

Und dies von einer Zeitung, deren Chefredakteur im­mer wieder beteuert, daß er für die jetzige Koalition ist und für einen Erfolg dieser Koalition eintritt. Ich kann sehr gut verstehen, daß Herr Engels unter den Fehlleistungen dieser Koalition und insbesondere dieses Bundesfinanzministers wesentlich mehr leidet als wir. Dafür habe ich sehr großes Verständnis.

Herr Kollege Wengenmeier, Sie haben auch kein Wort dazu erwidert, was der Kollege Hiersemann zur Steuerlüge gesagt hat, und Sie haben kein Wort zur Abgabenlüge verloren. Wir wissen, daß Herr Waigel vor der Wahl versprochen hatte, daß bei den Sozial­abgaben umgeschichtet werden soll, daß die Abga­benlast insgesamt aber stabil bleiben soll. Sie haben

natürlich auch nichts darüber gesagt, daß der Bayeri­sche Ministerpräsident die Einbeziehung der neuen Bundesländer in weitere Leistungen vorher abgelehnt hatte. Ich zitiere:

Streibl verwies darauf, daß bei der Schaffung des Fonds Deutsche Einheit der Beitrag der Länder zur Finanzierung der Vereinigung beider deutscher Staaten abschließend geregelt worden sei. Anders­lautende Überlegungen des Bundesfinanzministe­riums aus den vergangenen Tagen verstießen ein­deutig gegen diese Abmachung.

Meine Damen und Herren, Sie haben nicht nur die Steuerzahler belogen, nicht nur die Abgabenzahler, sondern Sie haben auch die Länder völlig im unklaren gelassen, und Sie verstoßen jetzt gegen Ihre eigenen Versprechungen vor der Wahl.

Das Schönste habe ich heute in der Freisinger Bei­lage zur SZ gefunden, das mir in diesem Zusammen­hang bisher untergekommen ist. Da sagt Ihr Freisin­ger und Erdinger Abgeordneter, daß er natürlich auch unter Herrn Kohl und dem leide, was zur Zeit in Bonn gespielt wird. Aber das Ganze liege daran, daß die Union, die Regierung, vom Teufel geritten worden sei, genauer von den roten Teufeln auf den Oppositions­bänken, so gestand er reumütig. Dann wörtlich: „Wenn die Propaganda der SPD vor der Wahl, daß Steuererhöungen unausweichlich sind, nicht so laut­stark gewesen wäre, dann hätten wir nicht so stark dagegen angeredet, vielleicht." Mehr, so glaube ich, braucht man zu Ihrer heutigen Situation nicht zu sa­gen!

(Heiterkeit bei der SPD - Zuruf: Wer?)

- Der Mann heißt Dr. Probst, Staatssekretär a. D.

Präsident Dr. Vorndran: Das Wort hat der Abgeord­nete Tandler.

(Frau Abg. Scheel: Er ist auch wieder da!)

Tandler (CSU): - Wenn Sie aufgepaßt hätten, hätten Sie festgestellt, daß ich fast immer da gewesen bin. Im übrigen sollen auch andere Mitglieder dieses Ho­hen Hauses, zumindest ab und zu, einmal fehlen.

Kollege Hiersemann, Sie haben meine Aussage vom Mai vergangenen Jahres zitiert. Ich stehe auch gar nicht an zu bestätigen, daß ich genau diese Aussage gemacht habe, und zwar zu dem Zeitpunkt, als ich hier im Hohen Hause und anderswo über die Finanz­ministerkonferenz des Bundes und der Länder be­richtet habe. Ich kann auch nicht verschweigerl, daß das Resümee, das ich daraus gezogen habe, iden­tisch war

(Abg. von Heckei: Falsch war!)

- Herr von Heckei, ein bißchen Warten - identisch war mit jenem, das auch die SPD-Kollegen aus den ande­ren Bundesländern gezogen haben.

(Abg. Hiersemann: Nein!)

- Entschuldigen Sie, ich war bei der Finanzminister­konferenz dabei, da gab es überhaupt keinen Dis-

Page 7: 10. Sitzung - Bayerischer Landtag W… · 10. Sitzung am Dienstag, dem 5. März 1991, 15.00 Uhr, in München Geschäftliches ..... 454, 468, 470 Währungs-, Wirtschafts-und Sozialunion

Plenarprotokoll 12/10 v. 05. 03. 91 Bayerischer Landtag · 12. Wahlperiqde 459

(Tandler [CSU])

sens. Der Herr Ministerpräsident hat damals zitiert, was die Meinung der Länder war.

Nun zum Deutschlandfonds. Ich bin nach wie vor der Meinung, daß dieser Weg richtig war. Sie ha­ben, auch hier im Hohen Hause, das Beispiel D-Mark gebracht. Die Kosten der Deutschen Mark waren da­mals, 1948, nicht von den Deutschen zu finanzieren; 42 bis 43 Jahre danach erst waren 50 Prozent dieser Kosten ablinanziert. Das ist die Realität. Wer heute über die Länderanteile klagt, darüber, was den Kom­munen von den Ländern zugemutet wird, möge sich bitte der Mühe unterziehen, einmal zu berechnen, welche zusätzlichen Steuermehreinnahmen sich tür die westdeutschen Bundesländer und ihre Kommu­nen durch das zusätzliche reale Wachstum in den so­genannten alten Bundesländern dadurch ergeben, daß es mittlerweile die Einheit Deutschlands gibt.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Ich linde, Herr Hiersemann, wenn man schon mit die­ser Vehemenz über Äußerungen des vergangenen Jahres herzieht, daß man dann auch diese Realität in die Betrachtung miteinbeziehen sollte.

Man muß weiter zur Kenntnis nehmen, daß es damals die einheitliche Auffassung der Finanzminister wie der Regierungschefs der Länder war, die Kosten der Teilung in einem ganz klar umrissenen zeitlichen Ra­ster abzubauen - eine[Tl Raster, der heute einheitlich in Frage gestellt ist, wäs meines Erachtens durchaus die Frage zuläßt, ob es nicht vielleicht besser gewe­sen wäre, den zeitlichen Rahmen so zu belassen, wie er damals vorgesehen war. Das ist jedenfalls meine Meinung.

Ich komme zur St e u e r e r h ö h u n g. Herr Hierse­mann, wer hätte denn im vergangenen Jahr ahnen sollen, was uns der Golfkrieg kostet.

(Widerspruch bei der SPD)

Wer hätte dies damals ahnen sollen, nicht zuletzt viel­leicht auch deshalb, ich füge dies auch in diesem Kreise hinzu, weil bei den offiziellen Stellen in Bonn zum Zeitpunkt des Ausbruchs des Krieges zunächst einmal, um es vorsichtig zu formulieren, ein gewisses Ausmaß an Sprachlosigkeit vorhanden war.

(Abg. Hiersemann: Meinen Sie den Bundeskanzler?)

In jedem Fall ist es, aus welchen Gründen auch im­mer, ein teures Vergnügen. Ich sage Ihnen: Wir ha­ben die Solidarität der internationalen Staaten und unserer Verbündeten im vergangenen Jahr bei der Herstellung der Deutschen Einheit gerne zur Kennt­nis genommen,

(Beifall bei der CSU)

und deswegen sollten wir auch so frei sein und sa­gen: Wir sollen auch dann solidarisch sein, wenn die anderen es von uns erwarten.

(Erneuter Beifall bei der CSU - Abg. Hiersemann: Es geht doch um etwas ganz

anderes!)

Sie sprachen, Herr Hiersemann, von 46 Milliarden Mark Steuermehreinnahmen in zwei Jahren. Das sind nach Adam Riese gerechnet für dieses Jahr 1991 23 Milliarden. Aber die Kosten des Golfkrieges summie­ren sich bereits jetzt für die Deutschen auf 15 bis 16 Milliarden, bleibt ein „Nettoertrag" von sieben Milliar­den Mark Steuererhöhung.

(Abg. Hiersemann: Das geht doch erst ab 1. Juli, Herr Tandler')

Kein Mensch kann Ihnen aber heute sagen - ich habe Sie vorher auch nicht unterbrochen -, wie teuer die­ses Unternehmen uns noch kommen wird und was für den deutschen Steuerzahler sich vielleicht noch ergeben wird, nachdem, wie Sie wissen, bei der De­batte gestern in Moskau ja einige Fragen gestellt worden sind. Nichtsdestotrotz bin ich der Meinung, auch dieses Geld ist gut angelegt; denn, ob wir heute noch die Deutsche Einheit zu den Konditionen bekä­men wie im vergangenen Jahr, darf durchaus mit Recht in Frage gestellt werden.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Ich stelle Ihnen eine weitere Frage, ohne mich damit von meinen Aussagen wegzustehlen: Ich kann für mich sagen, daß ich von dem Ausmaß an Desaster, um es vorsichtig zu formulieren, das der Sozialismus in der ehemaligen DDR hinterlassen hat, sehr wohl überrascht war, daß ich, was dort vorhanden war, nicht erwartet hatte. Das gebe ich unumwunden zu.

(Zuruf von den GRÜNEN: Dann waren Sie blind gewesen!)

Deshalb sage ich Ihnen, wenn wir ehrlich sind und die Ziffern nicht in Frage stellen, daß die Mineralölsteuer­erhöhung mit Sicherheit nicht einmal decken wird, was uns der Golfkrieg kostet.

(Abg. von Heckei: Ist das auf ein Jahr begrenzt?)

- Ja, entschuldigen Sie, Steuerdebatten wird es im­mer geben. Ich wiederhole: Wenn dem deutschen Ste11erzahler die historische Chance der Einheit Deutschlands dadurch, was er ohnehin zu berappen hat, letztlich nicht teurer zu stehen kommt als das Steuerpaket, das gefunden worden ist, dann kann die jetzige Bundesregierung trotz aller Problematik, die sich in bezug auf ihre Glaubwürdigkeit ergibt, den­noch relativ gut leben.

(Beifall bei der CSU -Abg. Hiersemann: Darum geht es doch gar nicht!)

Präsident Dr. Vorndran: Das Wort hat der Herr Abge­ordnete Kamm.

Kamm (DIE GRÜNEN): Herr Präsident, werte Kolle­ginnen und Kollegen! Wenn hier vor dem Hohen Bayerischen Landtag wenige Tage nach Friedens­schluß am Goll das frühere Mitglied des Aufsichtsrats von MBB vom Golfkrieg als „teurem Vergnügen" spricht, ist dies mehr als eine schlimme Entgleisung.

Page 8: 10. Sitzung - Bayerischer Landtag W… · 10. Sitzung am Dienstag, dem 5. März 1991, 15.00 Uhr, in München Geschäftliches ..... 454, 468, 470 Währungs-, Wirtschafts-und Sozialunion

460 Bayerischer Landtag · 12. Wahlperiode .• Plenarprotokoll 12/10 v. 05.03.91

(Kamm [DIE GRÜNEN])

(Beifall bei den GRÜNEN -Abg. Spitzner: Jetzt kommst du in den Schmarrn hinein!)

Herr Abgeordneter Tandler, den Golfkrieg haben mehr als hunderttausend Menschen mit ihrer Ge­sundheit oder ihrem Leben bezahlt. Sie sollten die­sen Golfkrieg hier nicht als „teures Vergnügen" be­zeichnen. Für einige war es nicht ein „teures Vergnü­gen", sondern ein profitables Vergnügen. Sie wissen, wen ich meine.

Präsident Dr. Vorndran: Herr Abgeordneter, gestat­ten Sie eine Zwischenfrage?

Kamm (DIE GRÜNEN): Aber machen Sie bitte schnell, ich habe nur fünf Minuten Zeit.

Tandler (CSU): Herr Kamm, wären Sie bitte so gütig, wenn Sie das Thema schon ansprechen, dann auch Ursache und Wirkung zu nennen?

Kamm (DIE GRÜNEN): Die Ursache des Golfkrieges, um es Ihnen genau zu sagen, waren ein schlimmer Diktator und seine Helfershelfer, die ihn hochgerüstet haben.

(Be~all bei den GRÜNEN)

Deshalb schaue ich sehr wohl auch zu Ihnen hin, Herr Tandler, wenn wir über die Ursachen des Golfkrieges sprechen.

Aber kommen wir auf das Thema der heutigen Aktu­ellen Stunde zurück. Es lautet wortwörtlich: „Auswir­kungen der katastrophalen Finanzsituation der neuen Bundesländer und ihrer Kommunen auf den Freistaat Bayern".

Natürlich müssen wir dies wenige Monate, nachdem Sie die Bundestagswahl mit Ihrer Steuerlüge gewon­nen haben,

(Zuruf von der CSU: Ja mei !)

darüber diskutieren und dies zum Thema einer Aktu­ellen Stunde machen. Aber wenn wir ehrlich sind und überlegen, was denn wirklich die Auswirkungen heute auf Bayerns Kommunen sind, dann müssen wir sagen: bisher nur sehr, sehr geringe.

In der früheren DDR, in den neuen Bundesländern, muß beispielsweise die ostdeutsche Kommune Dern­bach wegen Finanznot in diesen Wochen ihre Verwal­tung einstellen. Im Landkreis Augsburg, in meiner Nachbarschaft, hat gerade die Stadt Gersthofen den ersten Spatenstich für ein neues Bürger- und Ge­meindezentrum gemacht. Für dieses sind in den nächsten drei bis vier Jahren mindestens SO bis 60 Millionen DM fällig. Bisher sind wir ja nicht bereit, den Anforderungen, die aus der deutschen Einigung ge­kommen sind - ich zitiere Blüm: „die Teilung mit Tei­len zu überwinden" -, auch wirklich gerecht zu wer­den.

Daß wir nicht bereit sind, die Frage der Verteilung zwischen uns und der DDR zu stellen, meine Damen und Herren, rührt auch daher, daß wir an einem Tabu nicht rühren wollen: an der Verteilung in unserem lande. Es hat noch nie in Bayern Zeiten gegeben, in

denen die Zahl der Millionäre so schnell angestiegen ist wie in den letzten Jahren.

(Abg. Regensburger: Ist das so schlecht?)

Gleichzeitig wollen Sie die Vermögenssteuer strei­chen.

(Widerspruch bei der CSU)

Noch nie waren die Gewinne der Unternehmen so hoch wie gegenwärtig, aber gleichzeitig wollen Sie die Unternehmenssteuern reformieren, so sagen Sie, Sie wollen sie senken.

Meine Damen und Herren! Wir sind nicht bereit, in unserem lande über Ungerechtigkeiten der Vertei­lung von Einkommen und Vermögen zu reden. Des­halb sind wir auch nicht bereit, wirklich mit der DDR zu teilen. Müßten wir nicht, wenn wir die Situation in der DDR ernst nähmen - die soziale, die ökologische, die menschliche Situation - uns dann nicht miteinan­der - und ich sage das sehr mit Bedacht - dafür ent­scheiden, viele ehrgeizige Projekte in unserem Land, vom Autobahnbau bis hin zum ICE-Streckenausbau, aufzuschieben und zu sagen: es ist jetzt notwendi­ger, Geld in die Verkehrsinfrastruktur der DDR zu in­vestieren, große Projekte bei uns müssen noch ei­nige Zeit warten? Müßten wir nicht auch hergehen und den Luxuskonsum in unserem Land steuerlich viel stärker zur Kasse bitten, auch abschöpfen? Ich denke insbesondere an Fernreisen, an sehr vieles / Autofahren.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir trauen uns da nicht heran, weil unsere Gesellschaft leider auf Wachstum und Geschwindigkeit eingestellt ist und sich nicht traut, wirklich einmal herzugehen und zu fragen: Wie können wir denn eine gute Gesellschaft gestalten, wenn wir dem Wachstum Einhalt gebieten, auch wenn wir mit zehn od11r 20 Prozent weniger le­ben müßten? Weil wir uns das nicht trauen, gehen wir auch nicht daran, offensiv die Verteilungsfrage zwi­schen uns und der DDR zu beantworten.

Ich plädiere dafür, daß wir in den nächsten Wochen und Monaten, in denen unsere Finanzdiskussion sehr stark von der Not der Länder in der früheren DDR ge­prägt sein wird, wenigstens bereit sind, darüber zu sprechen und zu diskutieren, wo wir entschieden in unseren Haushalten einsparen können.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Präsident Dr. Vorndran: Das Wort hat Staatssekretär Meyer vom Staatsministerium der Finanzen.

Staatssekretär Meyer: Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich auf Sie, Herr Kollege Hiersemann, einge­hen und Ihren Vorwurf der Steuerlüge oder des Wahl­betrugs nachdrücklich zurückweisen.

(Abg. Hiersemann: Was wollen Sie uns da jetzt sagen?)

- Herr Kollege Hiersemann, Sie wissen als Jurist ganz genau, daß man von Lüge oder von Betrug nur

Page 9: 10. Sitzung - Bayerischer Landtag W… · 10. Sitzung am Dienstag, dem 5. März 1991, 15.00 Uhr, in München Geschäftliches ..... 454, 468, 470 Währungs-, Wirtschafts-und Sozialunion

Plenarprotokoll 12/10 v. 05.03.91 Bayerischer Landtag · 12. Wahlpe~ 461

(Staatssekretär Meyer)

sprechen kann, wenn eine Aussage wider besseres Wissen gemacht wird.

(Zuruf von der SPD: Genauso ist es!)

Davon kann überhaupt keine Rede sein.

(Widerspruch und Lachen bei der SPD -Zuruf: Das glauben Sie doch selber nicht!

- Abg. Dr. Ritzer: Das ist nur mit Unfähigkeit zu erklären!)

Wir haben diese Aussage in der festen Überzeugung gemacht, daß eine solche Steuererh!:)hung nicht er­forderlich sei. Sie könnten bestenfalls behaupten, daß wir uns in der Beurteilung des Sachverhaltes ge­täuscht hätten. Aber auch dazu muß ich sagen, wir befinden uns

(Zuruf von der CSU: Das ist ein großer Unterschied zur Rentenlüge!)

dabei in guter Gesellschaft.

(Wortwechsel zwischen Abg. Hiersemann und Abg. Spitzner)

Sie wissen selbst, daß noch im Oktober 1990 die fünf führenden Wirtschaftsforschungsinstitute die Erwar­tung geäußert hatten, daß der wirtschaftliche Wende­punkt in den neuen Ländern etwa im Sommer 1991 erreicht sein werde,

(Lachen und lebhafte Zurufe von der SPD, u. a.: Das ist unerhört!)

daß sie aber, obwohl sie auf dem Gebiet ja Fachleute sind, diese Aussage nicht mehr aufrechterhalten kön-nen.

(Frau Abg. Scheel: Die Arbeitslosigkeit steigt auf 50 Prozent!)

Dazu kommt, was der Kollege Tandler bereits ausge­führt hat, daß es eine ganze Reihe neuer Tatsachen gibt, die jetZ1 erst erkennbar werden und die infolge dessen jetzt eine andere Beurteilung der Situation er­fordern.

Präsident Dr. Vorndran: Herr Staatssekretär, gestat­ten Sie eine Zwischenfrage?

Staatssekretär Meyer: Nein.

(Abg. Hiersemann: Der Kollege Heckei hat den Kollegen Tandler auch fragen lassen! -

Weitere Zurufe von der SPD)

Ich möchte eine zweite Bemerkung zu Ihrem Hinweis auf die Vermögenssteuer machen:

Zunächst einmal ist festzustellen, daß in dem Steuer­erhöhungspaket, das jetzt zur Debatte steht, die Ver­mögenssteuer überhaupt keine Rolle spielt. Diese ist lediglich Bestandteil eines größeren Steuerentla­stungspaketes für unsere Llnternehmen; innerhalb dieses Pakets gibt es eine ganze Reihe weiterer Ent­lastungsmaßnahmen, von denen wir überzeugt sind, daß sie vorgenommen werden müssen, wenn wir an­gesichts des bevorstehenden Gemeinsamen Marktes international wettbewerbsfähig bleiben wollen. Die

Entscheidung darüber ist aber jetzt noch nicht im einzelnen getroffen. Jetzt ist nur die Entscheidung über jene Steuererhöhung getroffen, die erforderlich geworden ist, um den Ländern drüben zu helfen.

(Abg. Hiersemann: Ich dachte, um den Golfkrieg zu finanzieren! Wofür ist es denn nun, für den Golfkrieg oder für die neuen

Bundesländer?)

Im übrigen möchte ich auch darauf hinweisen, daß Dreiviertel der Vermögenssteuer Betriebsvermögens­steuer ist, deren Abschaffung nicht dadurch finan­ziert werden soll, daß andere Steuern erhöht werden, sondern dadurch, daß gewissermaßen innerhalb des Topfes der Besteuerung der Wirtschaft, ein Ausgleich geschaffen wird. Es ist nämlich vorgesehen, entspre­chende Abschreibungsverschlechterungen zu Lasten der Wirtschaft einzuführen, womit der Ausfall an Ver­mögenssteuer kompensiert werden soll. Ich möchte daher dringend bitten, diese beiden Steuerpakete nicht in einen Zusammenhang zu bringen. Beide ha­ben ganz verschiedene Ursachen, und beide haben völlig verschiedene Aufgaben zu erfüllen. Das ist das eine.

Zum zweiten lege ich Wert darauf, dem Vorwurf zu begegnen, wir in Bayern hätten zu wenig für die neuen Länder getan:

Sie wissen, daß wir unmittelbar nach der Maueröff­nung ein Sonderhilfsprogramm für die vormalige DDR aufgelegt haben, damals in Höhe von 150 Millionen DM, daß unsere Landesanstalt für Aufbaufinanzie­rung ein zinsgünstiges Darlehensvolumen von 300 Millionen DM für Investitionen bereitgestellt hat, wei­terhin einen Bürgschaftsrahmen von 57 Millionen DM für Investitionen bayerischer Unternehmen in den neuen Ländern.

Ich verweise auch darauf, daß wi~ enorme Anstren­gungen beim Aufbau geordneter Verwaltungsstruktu­ren in Sachsen und Thüringen unternehmen. Zwi­schen 300 und 500 bayerische Beamte leisten dort unter oftmals schwierigen Bedingungen ausgezeich­nete Arbeit, und ich möchte diesen Beamten, aber auch denen, die hier die Arbeit für ihre Kollegen mit­erledigen, in dieser Stunde ganz, ganz herzlich für ih­ren engagierten und idealistischen Einsatz danken.

(Beifall bei der CSU)

Ein zusätzlicher Pool von 200 Stellen im Doppelhaus­halt 1991/1992 verbessert die Möglichkeiten für un­sere Hitten.

Der Finanztransfer von den bisherigen in die neuen Länder wird bekanntlich hauptsächlich über den Deutschlandfonds und die Umsatzsteuerverteilung abgewickelt. Insgesamt fließen den neuen Ländern über den Fonds „Deutsche Einheit" in den Jahren 1990 bis 1994 115 Milliarden zu. Hiervon trägt der Bund unmittelbar 20 Milliarden. Die restlichen 95 Milli­arden werden kreditfinanziert, und die Abfinanzierung erfolgt über eine zehnprozentige Annuität und dauert etwa 30 Jahre. Die Hälfte dieser jährlichen Abfinanzie­rungskosten übernehmen die Länder. Bis zum Ende des Finanzplanungszeitraums, also bis Ende 1994, sind es bereits insgesamt 11,ß Milliarden; hiervon entfallen auf Bayern 2, 1 Milliarden. Diesen Betrag ha-

Page 10: 10. Sitzung - Bayerischer Landtag W… · 10. Sitzung am Dienstag, dem 5. März 1991, 15.00 Uhr, in München Geschäftliches ..... 454, 468, 470 Währungs-, Wirtschafts-und Sozialunion

462 Bayerischer Landtag · 12. Wahlperiode · Plenarprotokoll 12/10 v. 05.03.91

(Staatssekretär Meyer)

ben wir bekanntlich im Haushaltsentwurf 1991 und 1992 und im Finanzplan berücksichtigt. Es ist also keineswegs so, wie gelegentlich behauptet wird, daß nur der Bund den neuen Ländern hilft. Die Länder tra­gen von den genannten 95 Milliarden des Deutsch­landfonds die Hälfte, das sind 47,5 Milliarden, wovon etwa 8,5 Milliarden auf Bayern entfallen.

(Abg. Hiersemann: Ab~r wo haben Sie sich geirrt, Herr Meyer?)

Ich komme zur A u f t e i 1 u n g d e r U m s atz -s teuer zwischen den bisherigen und den neuen Ländern. Sie wissen, daß nach unserer Finanzverfas­sung der Länderanteil an der Umsatzsteuer nicht nach dem örtlichen Aufkommen, sondern im wesent­lichen nach der Einwohnerzahl verteilt wird. Diese Verteilung ist von den neuen Ländern als unzurei­chend empfunden worden. In der Zwischenzeit hat die Ministerpräsidentenkonferenz eine neue Lösung gesucht. Bereits am 20./21. Dezember 1990 wurde darüber gesprochen. Damals konnte allerdings zu­nächst keine Einigung erzielt werden, weil - und das scheint mir wichtig - der Weg dazu strittig war. Die SPD-Länder wollten eine Aufstockung des Deutsch­landfonds. Wir haben das abgelehnt, weil wir der Mei­nung waren, der Kreditmarkt sollte nicht noch mehr belastet werden. Wir halten es für richtiger - -

(Abg. Hiersemann: Aber das haben Sie vorher anders gesehen, vor der Wahl!)

- Da wußten wir ja nicht, daß so viele Mittel erforder­lich werden. Darüber haben wir ja gerade gespro­chen.

(Abg. Hiersemann: Aber wieso denn nicht? Sie wußten doch, was dort passiert!)

Nach dem Ergebnis der neuerlichen Ministerpräsi­dentenkonferenz vom 28. Februar 1991 ist eine Eini­gung gefunden worden. Gerade unser Herr Minister­präsident hat sich darum ganz besonders bemüht und auch eine einstimmige Einigung dahingehend er­reicht, daß nun die Umsatzsteueraufteilung in voller Höhe einbezogen wird. Dadurch wird sich die Finanz­ausstattung der neuen Länder gegenüber dem Eini­gungsvertrag bis Ende 1994 um weitere 17 Milliarden DM verbessern. Dieser Betrag wird voll von den westlichen Ländern getragen. Von diesen zusätzli­chen 17 Milliarden hat Bayern zu übernehmen für 1991 ca. 875 Millionen, für 1992 830 Millionen, für 1993 ca. 760 Millionen und für 1994 ca. 680 Millionen; zusammen also rund 3, 15 Milliarden. Diese Beträge, meine sehr verehrten Damen und Heeren, müssen wir jetzt im Haushalt natürlich noch abdecken.

(Abg. Hiersemann: Sie müssen noch mehr abdecken!)

Zum Großteil wird dies aus konjunkturbedingten Steuermehreinnahmen möglich sein. Nach der bun­desweiten Dezember-Steuerschätzung können wir Mehreinnahmen erwarten 1991 von ca. 500 bis 600 Millionen und 1992 von ca. 400 bis 500 Millionen. In gewissem Umfange ergeben sich möglicherweise auch noch Entlastungen bei den Zinsausgaben. Wir werden den Haushaltsabgleich endgültig im Juni in

der Nachschubliste zum Haushaltsentwurf des Ein­zelplans 13 regeln. So viel läßt sich aber schon heute sagen:

(Abg. Hiersemann: Daß wir uns geirrt haben!)

Für großangelegte Zusatzforderungen an den Staats­haushalt, wie es ja auch von Ihnen verlangt wird, be­steht dann kein Finanzierungsspielraum. Wir müssen vielmehr in allen Bereichen konsequent sparen.

Eine Anhebung der Kreditmarktneuverschuldung können wir zwar nicht von vornherein ausschließen, wir dürfen sie aber nur als letztes Mittel und nur in äu­ßerst engem Umfang in Betracht ziehen. Aufgrund unserer guten Haushaltsstruktur hoffen wir, ohne drastische Streichungen, wie das zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen der Fall ist, durchzukommen. Ganz ohne Einschränkungen wird es jedoch mögli­cherweise nicht abgehen. Ich bin aber sicher, daß wir mit diesem Weg eine Lösung gefunden haben, die sowohl den neuen Ländern Rechnung trägt. den Auf­schwung dort sicherstellt, aber auch für uns noch tragbar ist. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CSU -Abg. Hiersemann: Aber wieso haben Sie sich so geirrt, Herr

Meyer?)

Präsident Dr. Vorndran: Das Wort hat Herr Abgeord­neter Falk.

Falk (CSU): Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Wir alle in diesem Hause wissen, daß der Aus- und Aufbau einer staatlichen Verwaltung ge­nauso wichtig und grundsätzlich ist wie der parallele Aufbau einer guten kommunalen Selbstverwaltung. Seit den letzten Kommunalwahlen in den neuen Bun­desländern haben sich der Freistaat Bayern, die kom­munalen Spitzenverbände, die bayerischen Städte, Gemeinden und Landkreise auch besonders bemüht, entsprechende Leistungen zur Unterstützung einer sinnvollen kommunalen Selbstverwaltung zu erbrin­gen, und ich wundere mich eigentlich, daß die Lei­stungen, die in dieser Zeit erbracht worden sind, heute so negativ dargestellt werden. Das Negative ist aber doch "die Ursache, nämlich 40 Jahre Sozialis­mus. Es hat sich jetzt herausgestellt, daß die schädli­chen Tiefenwirkungen schlimmer sind als ursprüng­lich angenommen. Deshalb bin ich der Meinung, daß sich Freistaat, kommunale Spitzenverbände und un­sere Kommunen in Bayern mit dem, was sie zum Auf­bau drüben getan haben, wohl sehen lassen können.

Das zweite ist, daß wir uns neben dem Aufbau einer funktionsfähigen kommunalen Selbstverwaltung na­türlich auch bemüht haben, unseren Kollegen, den Mandatsträgern drüben, die von kommunaler Selbst­verwaltung ja überhaupt keine Ahnung hatten, erst einmal klarzumachen, was kommunale Selbstverwal­tung heißt. Wenn man des öfteren drüben war, dann weiß man, dies wird al!Ch anerkannt. Daß in vielen, vielen Schulungen viele .hundert, ja ich glaube fast über 2000 kommunale Mandatsträger durch unsere Landkreise und Spitzenverbände geschult worden sind, ist die primäre Leistung, es ist nicht das Finan­zielle, sondern es ist das Umdenken zu freiheitlic.her

Page 11: 10. Sitzung - Bayerischer Landtag W… · 10. Sitzung am Dienstag, dem 5. März 1991, 15.00 Uhr, in München Geschäftliches ..... 454, 468, 470 Währungs-, Wirtschafts-und Sozialunion

PlenarprotokoU 12/10 v. 05. 03. 91 Bayerischer Landtag · 12. WahlpariCldEI. 463

(Falk [CSU])

Demokratie und kommunaler Selbstverwaltung, und so wird es auch verstanden.

(Beifall bei der CSU -Zustimmung des Abg. Spitzner)

In diesem Sinne möchte ich auch an die kommunalen Mandatsträger drüben etwas sagen; vom Begriff des kommunalen Ehrenamtes scheinen sie überhaupt noch keine Ahnung zu haben. Wenn man drüben die kommunalen Strukturen sieht, dann will sich ieder dort bezahlen lassen bis nach oben hin. Statt dessen müßte einmal der Gedanke des Bürgersinns, des eh­renamtlichen Engagements in der kommunalen Selbstverwaltung erkannt werden.

(Beifall bei der CSU)

Das ist .eine Aufgabe, die auch wir in Bayern für un­sere politischen Freunde drüben in Thüringen und Sachsen zu erfüllen haben.

Drittens. Ich habe heute einmal zu erfahren versucht, wie es überhaupt mit dem innerfinanziellen Ausgleich der Länder und Kommunen steht. Da hat es schein­bar in der Vergangenheit überhaupt nicht funktio­niert.

(Abg. Spitzner: So ist es!)

Ich bin der Meinung, wenn die bayerischen Kommu­nen mit fast 18 Prozent ihren Beitrag mit dem Frei­staat leisten, dann sind die Länder drüben auch ver­pflichtet, einen entsprechenden Anteil an die Kom­munen weiterzureichen. Es heißt zwar, daß es jetzt funktioniert, aber es hat verhältnismäßig lange gedau­ert. Wir hoffen nur, daß die Partnerschaft zwischen den neuen Ländern und den Kommunen drüben ab 1991 besser ist als 1990.

Meine Damen, meine Herren! Diese anerkennenswer­ten Hilfen des Freistaates und seiner Kommunen soll­ten und müssen drüben anerkannt werden. Auch drü­ben in den neuen Ländern heißt kommunale Selbst­verwaltung Hilfe zur Selbsthilfe.

(Zustimmung des Abg. Spitzner)

Diese Selbsthi~e muß entsprechend verständlich ge­macht werden, und sie muß erbracht werden. Die kommunale Selbstverwaltung drüben wird dann mit der Unterstützung, die jetzt in die Wege geleitet wurde, sei es im Rahmen der Umsatzsteuervertei­lung, sei es im Rahmen des Gesamtkonzepts, mit der Unterstützung auch durch die Bürger und die kom­munalen Mandatsträger einer guten Zelt entgegenge­hen können. Dankeschön.

(Beifall bei der CSU)

Präsident Dr. Vomdran: Das Wort hat der Abgeord­nete Freiherr von Gumppenberg.

Freiherr von Gumppenberg (FDP): Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Erlauben Sie mir vorab eine Feststellung, Herr Hiersemann! ich glaube, Sie hätten die Wahlen auch dann nicht ge­wonnen,

(Abg. Hiersemann: Das ist eine andere Frage!)

wenn wir die Steuererhöhung, die jetzt vorgenommen wird, schon vorher gefordert hätten. Wenn man die­ser These folgt, kann man uns aber auch nicht unter­stellen, daß wir im Grunde genommen deswegen keine Erhöhung gefordert hätten, weil wir die Wahl gewinnen wollten. Ergo ist Ihr Schluß, daß wir gelo­gen haben, nicht richtig.

(Lachen bei der SPD - Abg. Spitzner: Gegen diese SPD konnten wir die Wahl gar

nicht verlieren! - Abg. Hiersemann: Herr Gumppenberg, dieser Schluß war

überzeugend! - Weitere Zurufe von der SPD)

Herr Hiersemann, ein Zweites! Wir Liberalen sehen Erhöhung oder Reduktion von Steuern - nehmen wir just die letzte Bundestagswahl - nicht unter dem Ge­sichtspunkt, dem Bürger zu versprechen, die Steuern nicht zu erhöhen, um Wahlen zu gewinnen, sondern wir sehen diese Frage primär unter marktwirtschaftli­chen Kriterien. Wir halten die Entscheidung aus die­sem Grund gegenwärtig auch nicht für richtig, aber für erforderlich.

(Lachen bei der SPD -Abg. Spitzner: Genau! Die Alternative wäre eine stärkere Verschuldung, und diese können wir uns

nicht leisten! -Abg. von Heckei: Jetzt wird es langsam kabarettreif!)

- Herr von Heckei, auf die Ursache der Steuererhö­hungen ist an diesem Pult schon eingegangen wor­den.

(Abg. Kamm: Was ist denn die Ursache?)

- Herr Kamm, nach ihren Experimenten mit den Mi­lan-Raketen sollten Sie in Fragen der Finanzen ganz ruhig sein!

(Abg. Spitzner: Sehr gut!)

Präsident Dr. Vorndran: Herr Abgeordneter, gestat­ten ~ie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Hiersemann?

Freiherr von Gumppenberg (FDP): Da es nicht auf meine Redezeit angerechnet wird, ja, Herr Hierse­mann.

Hiersemann (SPD): Ich mache es ganz schnell. Herr von Gumppenberg, können Sie sich noch daran erin­nern - -

(Zurufe: Ton! Wir hören nichts!)

Freiherr von Gumppenberg: (FDP): Ich höre Sie auch so.

(Abg. von Heckei: Aber wir nicht!)

Hiersemann (SPD): Herr von Gumppenberg, können Sie sich noch daran erinnern, daß es eine Wahlan­zeige Ihrer Partei mit dem Bild des Herrn von Lambs­dorff gab, in der stand: Keine Steuererhöhungen. Deshalb Ihre Zweitstimme für die FDP.?

Page 12: 10. Sitzung - Bayerischer Landtag W… · 10. Sitzung am Dienstag, dem 5. März 1991, 15.00 Uhr, in München Geschäftliches ..... 454, 468, 470 Währungs-, Wirtschafts-und Sozialunion

464 Bayerischer Landtag · 12. Wahlperiode Plenarprotokoll 12/10 v. 05.03.91

(Hiersemann [SPD])

(Abg. Spitzner: Das bezog sich auf 1990, Herr Kollege! - Lachen bei der SPD - Abg.

Kamm: Herr Hiersemann, das war zwar nicht richtig, aber erforderlich!)

Freiherr von Gumppenberg (FDP): Herr Hiersemann, es steht außer jeder Frage, daß es solche Anzeigen gab, und wir wollten ja die Steuererhöhung auch nicht.

(Lachen bei der SPD und den GRÜNEN)

- Wir wollten die Steuererhöhung nicht; aber darum kann es doch nicht gehen.

(Widerspruch von der SPD)

Als Opposition würde ich genauso argumentieren wie Sie. Ich würde einfach verneinen, daß es Ursachen dafür gibt, die Steuern zu erhöhen.

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Aber Sie werden doch nicht verkennen, daß es Ursa­chen gibt. Ich finde es schlicht und ergreifend unred­lich, Herr Hiersemann - ich will Sie gar nicht persön­lich angreifen -,

(Abg. Hiersemann: Ich vertrage es!)

wenn Sie sich hier hinstellen und sagen, wir hätten die große Steuerlüge begangen, während gleichzeitig Kollegen Ihrer Couleur, nämlich der Finanzminister Heinz Schleußer und der Ihrer Partei angehörende Bürgermeister Wedemeier, Anteile aus dem erhöhten Steueraufkommen fordern. Das ist doch schlicht und ergreifend unredlich.

(Abg. Hiersemann: Das ist doch falsch! Zur Kompensation der Abschaffung

der Vermögenssteuer und der Gewerbekapitalsteuer!)

- Herr Hiersemann, ich lese Ihnen gerne die dpa-Mel­dung vor.

(Unruhe)

In ihr steht: ... forderten der Bremer Bürgermeister Wedemeier, SPD, und der nordrhein-westfälische Fi­nanzminister Heinz Schleußer am Mittwoch in Bonn außerdem eine Beteiligung der Länder und Gemein­den an den Mehreinnahmen aus dem befristeten Zu­schlag auf die Lohn- und Einkommensteuer.

(Abg. Hiersemann: Aber ja! Sie brauchen doch eine Kompensation wegen der

Abschaffung der Vermögenssteuer und der Gewerbekapitalsteuer! -Anhaltende Unruhe

- Glocke des Präsidenten)

- Das Thema der von Ihnen beantragten Aktuellen Stunde lautet, der Kollege von den GRÜNEN hat es schon vorgelesen: „Auswirkungen der katastropha­len Finanzsituation der neuen Bundesländer und ihrer Kommunen auf den Freistaat Bayern". Ich habe jetzt von Lügen gehört, und ich habe von Betrug und von Irrtum gehört; aber ich habe zu einem Konzept der SPD zu den Fragen, die sicher drängend sind, nicht einmal Ansätze gehört.

(Abg. Hiersemann: Gestern in Bonn beschlossen und veröffentlicht!)

Wer, Herr Hiersemann, ist denn letztendlich Nutznie­ßer der Steuererhöhungen?

(Abg. Herbert Müller: Ja, wer ist Nutznießer?)

Wer ist Nutznießer der Steuererhöhungen? Dieser Frage müssen wir ganz entschieden nachgehen.

(Zuruf des Abg. Dr. Fleischer)

Nutznießer der Steuererhöhungen sind die Menschen in den neuen Bundesländern,

(Beifall bei der FDP)

und wir sind doch alle miteinander der Meinung, daß es ein zwingendes Erfordernis ist, den neuen Bun­desländern zu helfen. Sie aber stellen sich hierher und sagen, die Steuererhöhungen seien nicht erfor­derlich gewesen.

(Abg. Hiersemann: Nein! - Abg. Herbert Müller: Ach geh'!)

- Sie behaupten nur, die Bundesregierung habe eine Fehleinschätzung vorgenommen.

(Abg. Hiersemann: Erstens haben Sie gelogen, und zweitens sollten Sie es sozial

gerecht machen!)

Meine Redezeit ist leider zu Ende. Ich bedanke mich.

(Lachen bei der SPD -Abg. Spitzner: Sehr gut!)

Präsident Dr. Vorndran: Das Wort hat der Herr Staatsminister des Innern.

(Zuruf von der SPD: Der Superminister!)

Staatsminister Dr. Stolber: Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen, meine sehr verehrten Herren! Ich möchte ein paar Bemerkungen zu einem Aspekt machen, der vom Kollegen Kamm und vom Kollegen Falk angesprochen worden ist. Ich möchte jetzt nicht auf Fragen der Steuerpolitik eingehen, sondern ich möchte auf den entscheidenden Punkt eingehen: Wie schaffen wir es, daß drüben Investitionen zu laufen beginnen?

Wir wissen heute besser als vor einem halben Jahr, daß Investitionen nur laufen werden, wenn wir mehr Verwaltungspersonal als bisher in die neuen Bundes­länder bringen.

(Abg. Hiersemann: Das ist richtig!)

- Man kann darüber nicht witzeln, Herr Kollege.

(Abg. von Heckei: Völlig unbestritten!)

Wir haben vor einem halben Jahr gemeint, es reicht, wenn man für drei, vier, fünf Monate oder auch kürzer qualifizierte Leute an entsprechende Organisationen „verteiht", wenn ich so sagen darf, und bis sie zu­rückkommen, haben sie einige angelernt. Wir haben heute die Erfahrung, daß diejenigen, die hinüberge-

Page 13: 10. Sitzung - Bayerischer Landtag W… · 10. Sitzung am Dienstag, dem 5. März 1991, 15.00 Uhr, in München Geschäftliches ..... 454, 468, 470 Währungs-, Wirtschafts-und Sozialunion

Plenarprotokoll 12/10 v. 05.03.91 Bayerischer Landtag · 12. Wahlperi~. 465

(Staatsminister Dr. Stoiber)

hen, drüben eigentlich kaum jemanden finden, den sie etwas lehren könnten,

(Abg. Spitzner. So ist es!)

sondern daß sie in den vier oder fünf Monaten eigent­lich alles selber machen müssen.

Der Kollege Meyer hat gerade die Zahl der Mitarbei­ter genannt, die wir nach drüben geschickt haben. Al­lein 39 Mitarbeiter des Innenministeriums leisten im Innenministerium von Sachsen und im Innenministe­rium von Thüringen Aufbauhilfe. Ich gebe offen zu, daß wir mehr tun müssen; aber hier brauche ich auch Ihre Unterstützung.

(Abg. Hiersemann: Das ist doch nicht das Problem!)

- Ich brauche Ihre Unterstützung,

(Abg. von Heckei: Diese Unterstützung haben Sie doch!)

daß Sie bereit sind, bestimmte Gesetze und Verord­nungen, deren Vollzug der bayerischen Verwaltung auferlegt ist, zu suspendieren, damit wir Kapazitäten der Verwaltung frei. bekommen, um sie den neuen Ländern zugute kommen zu lassen. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist ein ganz wichtiger Punkt.

Nun, Herr Kollege Kamm, möchte ich etwas aufgrei­fen, was Sie, glaube ich, falsch zitiert haben. Die For­mulierung „Die Teilung durch Teilen überwinden" stammt aus der Regierungserklärung des ehemaligen Ministerpräsidenten der DDR, von Herrn de Maiziere. Diese Formulierung ist hier auf unterschiedliche Re­sonanz gestoßen.

(Abg. Dr. Fleischer: Ein Stasi-Mitarbeiter!)

Unter Teilen haben sich manche etwas anderes vor­gestellt.

(Abg. Dr. Fleischer: Ein Stasi-Mann!)

- So kann man das Problem doch nicht angehen!

Wir wissen heute besser als vor drei, vier, fünf oder sechs Monaten, daß wir zum Teilen aufgefordert sind.

(Abg. Hiersemann: Das ist doch nicht wahr!)

- Doch, das ist wahr,

(Abg. Hiersemann: Wir haben das vorausgesehen! Darum ging es im ganzen

Bundestagswahlkampf!)

- Herr Kollege Hiersemann, ich habe diesen Teilbe­reich hier klar und deutlich angesprochen. Wir brau­chen ganz andere Verwaltungsperspektiven, um die Wirtschaft überhaupt - -

(Abg. Hiersemann: Ununterbrochen haben wir euch das gesagt! - Abg. Kaul: Die Sozialisten haben ihre Brüder gekannt, die haben genau

gewußt, was drüben passiert! - Abg. Hiersemann: Dann hättet ihr de Maiziere

fragen sollen, warum er euch nicht

die Wahrheit gesagt hat! - Unruhe -Glocke des Präsidenten)

- Ich versteht nicht, weshalb Sie nicht versuchen, auf diese Probleme sachlich zu reagieren. Eines ist doch klar, Herr Hiersemann: Die Frage, wie der Verwal­tungsaufbau als Voraussetzung der Investitionen in den fünf neuen Bundesländern aussieht, ist keine An­gelegenheit der Sachsen, Thüringer und Mecklenbur­ger, wie wir vielleicht noch vor fünf, sechs oder sie­ben Monaten geglaubt haben. Wir wissen heute, daß der Aufbau einer funktionierenden Verwaltung als Voraussetzung von Investitionen und wirtschaftlichen Erfolgen eine deutsche, eine nationale Aufgabe ist und daß wir hier mehr tun müs~en.

(Abg. Spitzner: Das ist eine Daueraufgabe des Westens! -Abg. Hiersemann: Berliner

Erklärung!)

Deswegen meine ich, daß der Ausspruch „Teilung durch Teilen überwinden" heute zweifellos einen an­deren Klang hat als noch vor einem Jahr. Ich habe auf Ihrer Seite eigentlich kein Verständnis gefunden, als jetzt klar wurde, daß die Städtebauförderungsmittel - das heißt Teilung durch Teilen überwinden - um 40 Prozent zugunsten der neuen Bundesländer redu­ziert werden. Ich habe bisher keine Resonanz gefun­den. Natürlich habe ich für die Verteilung der Mittel für den sozialen Wohnungsbau weniger Finanz­masse, weil ein Fünftel der für uns vorgesehenen Wohnungsbaumittel nun leider an die fünf neuen Bundesländer geht.

Ich habe große Schwierigkeiten - ich will hier keine Zahlen nennen -, die notwendigen Straßenbaupro­jekte durchzuführen, auf die Hunderttausende von Menschen in Bayern seit Jahren warten.

(Abg. Dr. Fleischer: Und der ADAC auch!)

Die Hunderttausende von Menschen muß ich in dem einen oder anderen Punkt enttäuschen, weil ich viel­leicht die Lärmsanierung nicht machen kann, da die Situation in den fünf neuen Bundesländern schlimmer ist. Auch da werden Mittel vom Westen in· den Osten umg~schichtet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe bisher, auch auf Ihrer Seite, noch kein Verständnis dafür gefunden, daß natürlich z.B. auch notwendige Eisenbahn-Maßnahmen nicht durchgeführt werden können. Vielleicht können wir sogar unser Konzept -ich würde das zutiefst bedauern - der Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene, was ein ganz wesentlicher Punkt ist, noch nicht so schnell realisieren, wie wir das eigentlich realisieren wollten, weil eine Milliarde der Mittel, die für den Westen, auch für die Eisenbahn, vorgesehen sind, nach den bisherigen Planungen in den Osten transferiert wer­den.

(Abg. Dr. Fleischer: Und für den Straßenbau!)

Meine Damen und Herren, da stellen Sie sich hin und sagen, das hätte hier noch keine Auswirkungen. Das hat ganz konkrete Auswirkungen! Das einzige, was

Page 14: 10. Sitzung - Bayerischer Landtag W… · 10. Sitzung am Dienstag, dem 5. März 1991, 15.00 Uhr, in München Geschäftliches ..... 454, 468, 470 Währungs-, Wirtschafts-und Sozialunion

Bayerllcher Landtag · 12. Wahlperiode .. Ptenarprotokoll 1Z/10 v. 05.03.91

(Staatsminister Dr. Stoiber)

Ihnen dazu bei den Haushaltsverhandlungen einfällt, ist der Vorschlag, die ausfallenden Bundesmittel durch bayerische Staatsmittel zu ersetzen. So verste­hen Sie „Teilung durch Teilen überwinden". Ich ver­stehe das nicht so.

(Beifall bei der CSU -Abg. H(ersemann: Das. ist ja unglaublich!)

- Nein, das ist nicht unglaublich.

Wenn Sie hier schon ansprechen, wir hätten noch nicht registriert, daß Teilung durch Teilen überwun­den werden muß. dar\() müssen Sie aber auch in der konkreten Diskussion, wenn es für uns schmerzlich wird, weil bestimmte Staatsmittel nicht fließen, dazu beitragen, daß hier Emotionen abgebaut werden. Sie aber tun gerade das Gegenteil! Hier stellen Sie sich hin und sagen: Es wird nicht genügend geteilt. Im konkreten Fall, wenn dann wirklich gewisse Mittel ausfallen, sind Sie die ersten, die draußen vor Ort sa­gen: Wegen der deutschen Wiedervereinigung kannst du deine Straße, du dein Haus und du dein Bürgerhaus usw. nicht bauen. So wird draußen dann Politik gemacht.

' (Beifall bei der CSU -Abg. Hiersemann: Nein, nicht deswegen, sondern weil ihr die Vermögenssteuer abschafft! Das ist doch scheinheilig, was Sie tun!)

So kann man nicht miteinander umgehen. Deshalb wollte ich hier noch einmal sehr deutlich unterstrei­chen, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß wir bereit sind, eine ganze Menge umzuschichten,

(Abg. Hiersemann: Von den Armen zu den Reichen!)

. und daß wir selbstverständlich auch bereit sind, in der nächsten Zeit mehr zu tun.

(Abg. von Heckei: Herr Stoiber ist immer gegen Emotionen!)

Ich bin dann sehr neugierig, wie Sie sich hier verhal­ten, wenn es zu Einsparungen oder Umschichtungen kommen wird, und wie Sie sich dann draußen verhal­ten werden. Draußen zünden Sie an, und hier werfen Sie uns vor, meine Damen und Herren, nicht genü­gend zu tun. Draußen hetzen Sie die Leute auf und sagen: Wegen der fünf neuen Bundesländer könnte diese oder jene lnfrastrukturmaßnahme nicht durch­geführt werden. So können wir nicht miteinander um­gehen!

(Lebhafter Beifall bei der CSU - Abg. von Heckei: Eine ruhige, emotionslose Rede

war das! - Unruhe)

Präsident Dr. Vomdran: Als nächster Redner hat Herr Abgeordneter Will das Wort.

Will (CSU): Herr Präsident, meine Damen und Her­ren! Ich wende mich zunächst einmal an Sie, Herr Kollege Hiersemann.

(Fortgesetzte Unruhe)

Herr Kollege Hiersemann, ich glaube, ich kann sagen, daß niemand hier im Saal heute wirklich weiß, was die Wiedervereinigung endgültig kosten wird. Wir sollten uns aber in einem einig sein, nämlich darin, daß wir froh sein sollten, daß wir sie haben und daß nicht das eingetreten ist, was die linke Seite des Hauses, die SPD, eigentlich bis 1989 noch gewollt hat, nämlich Zweistaatlichkeit unseres Volkes. Daran darf in aller Bescheidenheit erinnert werden.

(Beifall bei der CSU - Zuruf von der SPD: Das ist ja unglaublich!)

Meine Damen und Herren, lassen sie mich etwas hu­morvoll sagen: Wer hier im Hause unfehlbar und ohne Schuld ist, der werfe den ersten Stei~. gerade in der Frage der sogenannten Steuerlüge.

(Abg. Dr. Fleischer: Die Bibel hilft euch auch nicht!)

Ich darf die SPD einmal an ihre Todsünde, die Ren­tenlüge, erinnern.

(Widerspruch bei der SPD)

Ich erinnere daran, was Sie Anfang der achtziger Jahre der Bevölkerung weiszumachen versucht ha­ben. Sie kritisieren und machen Vergangenheitsbe­wältigung, aber wir handeln. Wenn wir heute unsere Gemeinden draußen fragen, wieweit sie bereit sind, die Wiedervereinigung auch finanzpolitisch mitzutra­gen, dann stoßen wir auf eine große Bereitschaft. Wir finden auch eine große Bereitschaft im wirtschaftli­chen Bereich; darauf möchte ich in kurzen Worten eingehen.

Meine Damen und Herren, in der Zwischenzeit hat sich eine Qualifizierungsoffensive in den fünf neuen Bundesländern entwickelt, auf die nicht nur wir als Politiker stolz sein können. Auch unsere gesamte Wirtschaft kann stolz darauf sein, was in dieser kur­zen Zeit bereits möglich gemacht worden ist.

(Abg. von Heckei: Darum läuft es doch auch so gut!)

- Herr Kollege von Heckei, es geht nicht alles von heute auf morgen. Ich darf beispielhaft das Berufsbil­dungs- und Technologiezentrum in Rohr unterhalb von Suhl nennen. Dort hat die unterfränkische Hand­werkskammer in partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit der südthüringischen Handwerkskammer er­reicht, daß innerhalb kürzester Zeit immerhin rund 360 praktische Ausbildungsplätze und 500 theoreti­sche Ausbildungsplätze geschaffen werden können. Dort laufen bereits Umschulungsmaßnahmen.

Das sind Aktionen der Wirtschaft, die wirksam wer­den. Wir sollten in diesem Zusammenhang auch da­ran denken, daß wir die Wirtschaft z.B. in der Frage des Lehrstellenangebots unterstützen müssen. In den fünf neuen Bundesländern gibt es 120000 Schul­abgänger, aber nur 30000 bis 40000 Lehrstellen wer­den drüben angeboten. Wir haben bei uns hier 300000 Ausbildungsangebote, denen nur 94000 Be­werber gegenüberstehen. Hier müßte man nach Mög­lichkeiten suchen, die Wirtschaft zu unterstützen. Ich meine, hier wäre ein bayerisches Angebot speziell für

Page 15: 10. Sitzung - Bayerischer Landtag W… · 10. Sitzung am Dienstag, dem 5. März 1991, 15.00 Uhr, in München Geschäftliches ..... 454, 468, 470 Währungs-, Wirtschafts-und Sozialunion

Pienarprotokoll 12/10 v. 05.03.91 Bayerischer Landtag · 12. Wahlperiode. 467

(Will [CSU])

den südthüringischen Bereich nötig, das eine oder andere zu tun, um Lehrstellen für Schulabgänger Ost anzubieten.

Wir begrüßen die Initiative des Bayernwerks, das in Thüringen die Verantwortung für die Energieversor­gung auf regionaler Ebene übernommen hat und das in den nächsten fünf Jahren bis zu drei Milliarden in die Verbesserung der Energieversorgung Ost inve­stieren will.

Wir begrüßen auch die Initiative unseres Bundesver­kehrsministers Krause, der in den nächsten Jahren zum Beispiel 20 Milliarden DM für den Ausbau des Straßennetzes, 30 Milliarden DM für die Verbesse­rung des Schienennetzes und drei Milliarden DM für den Wasserwegebau ausgeben will. Dabei sollen wir darauf achten, daß alle diese Dinge in der Planung und im Genehmigungsverfahren möglichst verein­facht durchgezogen werden können.

Wir begrüßen vor allen Dingen auch unsere bayeri­schen Initiativen, die ohne Belastung unserer Kom­munen durchgeführt und eingeleitet worden sind, nämlich das Bund-Länder-Programm zum Ausbau der wirtschaftsnahen Infrastruktur im Grenzgebiet der ehemaligen DDR; inzwischen sind im Rahmen dieses Programmes für 23 Vorhaben in Thüringen und Sachsen insgesamt rund 80 Millionen DM aufge­bracht worden. Rund 48 Millionen DM dienen der Er­schließung von Industrie- und Gewerbeflächen, auf denen sich neue Betriebe ansiedeln können. Rund 22 Millionen DM werden aus dem Einzelplan 07 für Um­schulungs- und Fortbildungsstätten investiert. Zehn Millionen DM werden für den Fremdenverkehr ausge­geben, ohne daß für uns irgendwelche Nachteile ent­stehen. Wir freuen uns auch darüber, daß die ersten Mittel aus dem bayerischen DDR-Mittelstandskredit­programm, aus den Ergänzungsdarlehensprogram­men und den Bürgschaftsprogrammen der LIA ge­nutzt und damit drüben Handwerksbetriebe neu auf­gebaut werden, ohne daß bei uns gekürzt wird.

Einen letzten Satz, Herr Präsident: Ich möchte sagen, daß wir alle, die Bürger in der Bundesrepublik Deutschland, die Schwierigkeiten drüben kennen, daß wir aber von dieser Wiedervereinigung auch pro­fitieren werden. Ich denke nur an das Wirtschafts­wachstum dieses Jahres in Höhe von 4,5 Prozent, wovon mindestens ein Drittel auf die Wiedervereini­gung zurückzuführen ist. Wir sollten zumindest bereit sein, die Erfolge miteinander zu teilen, um damit die Wirtschaft drüben im anderen Teil Deutschlands zu stärken. Vielen Dank!

(Beifall bei der CSU)

Präsident Dr. Vomdran: Das Wort hat Herr Abgeord­neter Loew.

Loew (SPD): Herr Präsident, meine Damen und Her­ren! Es ist geradezu grotesk, zu welchen Wirrungen und Wendungen die Bonner Regierungsparteien fä­hig sind, wenn sie mit dem Vorwurf der Steuerlüge

konfrontiert werden, der ihnen aus jedem Spiegel entgegengrinst, in den sie selbst schauen.

(Beifall bei der SPD)

Die Spitze hat der Herr Kollege Gumppenberg gelie­fert, der sagte, die Steuererhöhungen waren nicht richtig, aber erforderlich. Darauf gibt es wohl nur eine einzige Antwort: Ihre Ankündigung vor der Wahl war nicht richtig, aber erforderlich, weil Sie damals näm­lich Steuererhöhungen abgestritten haben. Sie sagen jetzt, Steuererhöhungen haben wir zwar gemacht, aber wir haben sie nicht gewollt. Meine Damen und Herren, wenn die FDP nicht mehr die Politik will, die sie macht, dann soll sie eine andere Politik machen. Am besten machen Sie eine Zeitlang gar keine Poli­tik, denn wer so gelogen hat wie Sie, sollte sich schä­men, und das am besten in der stillen Ecke.

(Beifall bei der SPD)

Das gilt in gleicher Weise für den Herrn Staatssekre­tär Meyer, der gesagt hat, wir haben nicht gelogen, sondern wir haben uns nur geirrt, und deshalb treffe der Vorwurf der Lüge nicht zu. Er sagte, das allge­meine Desaster, das wir nun drüben bewältigen müs­sen, war nicht absehbar.

Meine Damen und Herren von der CSU, Sie können zwischen zwei Vorwürfen wählen: Entweder Sie ha­ben nicht gesehen, was jeder wußte, dann sind Sie unfähig und gehören endgültig ins politische Archiv. Andernfalls haben Sie als christliche Partei in einem alle Ausmaße sprengenden Volumen falsch Zeugnis geredet, in einem Ausmaß, daß sich die Balken nicht nur gebogen haben, sondern daß sie geborsten sind, so daß Sie jetzt vor den Trümmern Ihrer Prognosen stehen.

Herr Staatsminister Stoiber hat wieder einmal ein Mu­sterbeispiel dafür geliefert, wie man in einer sich überschlagenden Stimme mit.Staccato-Rede zu einer ruhigen, nüchternen und beherrschten Diskussion auffordert. Daß er jetzt sagt, daß wir gewaltige Schwierigkeiten vor uns haben, daß wir die „Teilung durch Teilen" überwinden müssen, hätten wir von ihm hier schon vor einem Vierteljahr hören wollen.

(Beifall bei der SPD)

Damals haben Sie genau gewußt, daß Sie der Bevöl­kerung die Unwahrheit sagen, wenn Sie ihr immer einreden, wir hätten hier ein Problemchen, das wir ohne Steuererhöhungen lösen werden, daß diese Aufgabe den bayerischen Bürger nicht belasten werde. Nein, Sie haben damals bereits gewußt, daß Sie so hätten reden müssen, wie Sie heute hier gere­det haben. Weil Sie damals gelogen haben, obwohl Sie wußten, daß die Schwierigkeiten so groß sind, glauben wir Ihnen auch jetzt nicht, wenn Sie zu dieser großen gemeinsamen Aufgabe aufrufen.

Meine Damen und Herren! Die größte innenpolitische Herausforderung der letzten Jahrzehnte ist die Über­windung der deutschen Teilung. Vor dieser Aufgabe hat die konservative Regierung in Bonn und haben die Regierungen in der ehemaligen DDR bisher in ei­nem schlimmen historischen Ausmaß versagt. Das gilt für Lothar de Maiziere, den manche Lother de

Page 16: 10. Sitzung - Bayerischer Landtag W… · 10. Sitzung am Dienstag, dem 5. März 1991, 15.00 Uhr, in München Geschäftliches ..... 454, 468, 470 Währungs-, Wirtschafts-und Sozialunion

468 Bayerischer Landtag . 12. Wahlperiode Plenarprotokoll 12110 v. 05.03.91

(Loew [SPD])

Malheur nennen, und es gilt natürlich auch für die Re­gierung Kohl und Genscher. Die . Gründe für dieses Versagen waren, daß Sie sich eine Zeitlang - das möchte ich Ihnen durchaus zugestehen - über das Ausmaß der zu bewältigenden Schwierigkeiten ge­täuscht haben. Als Sie dieses Ausmaß aber erkannt haben, fehlte der Mut, der Bevölkerung die Wahrheit zu sagen. Daneben enthält der Einigungsvertrag eine Fülle von schweren politischen Fehlern und funda­mental falschen Weichenstellungen, sei es nun die Lösung der Frage des Eigentums an Grund und Bo­den, oder sei es der fehlende politische Wille, mit dem Stasi-Apparat drüben endlich aufzuräumen.

Als die Etappe der Selbsttäuschung der Konservati­ven vorbei war, begann die Zeit der Beschönigungen, Verniedlichungen, Verharmlosungen und Verfäl­schungen, die Zeit der Lüge, die heute noch bei Ih­nen herrscht. Noch wollen Sie sich dem vollen Aus­maß der Schwierigkeiten, die es gemeinsam zu über­winden gilt, nicht stellen.

Herr Professor Doeblin, wenn Sie hier von der vielzi­tierten Opferbereitschaft der Bevölkerung sprechen, dann sehe ich allein in dieser Formulierung eine Ab­wertung des solidarischen Bewußtseins, das in unse­rer Bevölkerung durchaus vorhanden ist. Die Bevöl­kerung in unserem Land erkennt, wie groß die Auf­gabe ist, in den neuen deutschen Ländern. so schnell wie möglich unseren Ansprüchen und unserem Stan­dard entsprechende Lebensverhältnisse zu schaffen. Aber dabei haben Sie, wie gesagt, bislang versagt. Ich halte es für das schlimmste innenpolitische Ver­säumnis, daß diese Regierung nicht die Kraft aufge­bracht hat, diese große nationale Aufgabe des ge­meinsamen Aufbaus der deutschen Länder politisch zu initiieren und voranzutreiben, obwohl Sie dauernd vom Teilen redet.

(Abg. Dr. Matsch!: Dabei hätten Sie sich nützlich machen können!)

Dies hat sie deswegen nicht getan, weil sie die Kraft zur Gestaltung sozial gerechter Verhältnisse in unse­rem Land nicht aufbringt, weil sie mit dem Wort „Tei­lung durch Teilen überwinden" nicht ernst macht. Die Bereitschaft der Bevölkerung," für den Aufbau der neuen deutschen Länder Opfer zu bringen, ist da, diese Bereitschaft wird aber nur dann bleiben, wenn dieser Aufbau auch mit einer sozial gerechten La­stenverteilung stattfindet.

Erster Vizepräsident Möslein: Herr Kollege, Sie ha­ben bereits eine Minute Ihre Redezeit überzogen. Nachdem Sie auf mein Lichtzeichen nicht achten, darf ich Sie jetzt bitten, zu Ende zu kommen.

Loew (SPD): Sie bleiben unglaubwürdig, weil Sie Ihre Politik nicht sozial ausrichten, weil Sie jetzt Ihren Auf­ruf an die Bevölkerung, Opfer zu bringen, mit einer katastrophalen Steuerpolitik garnieren, z.B. dem Er­laß der Vermögenssteuer und höherer Belastung der Kleinen. Das ist die schlimme Situation, die uns leider noch in den nächsten Jahren begleiten wird. Danke schön!

(Beifall bei der SPD)

Erster Vizepräsident Möslein: Als nächstem Redner erteile ich dem Abgeordneten Engelhard das Wort.

Engelhard Rudott (CSU): Sehr geehrter Herr Präsi­dent, meine Damen und Herren! Als Angehöriger der Nachkriegsgeneration frage ich mich, was unsere El­tern 1946 getan haben, als die Bundesrepublik aufge­baut werden mußte. Wenn sie damals die Diskussion so geführt hätten, wenn sie sich ausschließlich mit der Frage beschäftigt hätten, ob der recht bekommt, der Steuererhöhungen für notwendig hält, dann sä­ßen sie noch heute in den Luftschutzbunkern, und die Bundesrepublik hätte noch den Zustand von 1946.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Op­position, was soll ich denn meinen Freunden in der ehemaligen DDR sagen, wie sie dieses Land auf­bauen sollten? Sie haben in den ganzen eineinhalb Stunden nur darüber debattiert, wer recht bekommt, ob die Steuererhöhungen angekündigt waren oder nicht. Ich lasse Ihnen gerne recht; denn die Bürger in der ehemaligen DDR wollen nicht diese Diskussion, sondern sie möchten sehen, daß man damit beginnt, das Land aufzubauen.

Sie haben wirklich eines übersehen: Es gab mittler­weile die Konferenz der Ministerpräsidenten. Dort wurden Gott sei Dank Beschlüsse gefaßt, die dazu dienen, die Finanznot der neuen Bundesländer zu überwinden. Worauf kommt es jetzt drüben an? Man muß Verwaltungen aufbauen, die in der Lage sind, die geplanten Investitionen und Mittel gezielt umzuset­zen. Die neuen Bundesländer sind gerade fünf Mo­nate alt. Vielleicht liegt es auch an der Übernahme der traditionellen Ländernamen wie Thüringen und Sachsen, daß manche bei uns glauben, die neuen Länder verfügten über gewachsene Verwaltungs­strukturen. Genau das Gegenteil ist der Fall. Den Männern und Frauen, die in bewundernswerter Weise in den neuen Bundesländern an die Arbeit gehen, steht außer einem Schreibtisch meistens nichts zur Verfügung, selten ein Telephon; von Schreibkräften, EDV-Anlagen, Postauslaufstellen, Dienstwagen oder einem funktionierenden Verwaltungsunterbau kann man überhaupt nicht sprechen.

Die Dimension der vor uns stehenden Aufgabe wird uns erst klar, wenn wir uns vor Augen führen, daß aus einer SED-hörigen sozialistischen Verwaltung und Rechtspflege eine rechtsstaatliche Verwaltung und eine entsprechende Rechtspflege geschaffen werden müssen. Dazu kommt, daß der zentralistisch organi­sierte Einheitsstaat der DDR aufgelöst und fünf neue Bundesländer organisiert werden müssen. Das ist das Problem.

Die Gemeinde- und Landkreisverwaltungen haben es kaum leichter. Die früheren Beschäftigten werden in der Regel von den Bürgern abgelehnt, waren sie doch meist direkte Vollstrecker des unmenschlichen SED-Regimes vor Ort.

Es war für die CSU und für die von ihr getragene Staatsregierung eine Selbstverständlichkeit, sofort wirksam zu hetten. Dies geschah zunächst durch die

Page 17: 10. Sitzung - Bayerischer Landtag W… · 10. Sitzung am Dienstag, dem 5. März 1991, 15.00 Uhr, in München Geschäftliches ..... 454, 468, 470 Währungs-, Wirtschafts-und Sozialunion

Plenarprotokoll 12/10 v. 05.03.91 Bayerischer Landtag · 12. Wahlperiode 469

(Engelhard Rudolf [CSU])

Entsendung geeigneter Beamter und durch die Zur­verfügungstellung der notwendigsten Büromateria­lien. Etwa 700 Beamte und Angestellte waren ganz oder teilweise in den neuen Bundesländern tätig und sind es heute noch. Die erforderlichen Kommunika­tionsmedien mußten hergestellt werden. Im Sächsi­schen Staatsministerium der Finanzen mußte bei­spielsweise ein Satellitentelephon installiert werden, um überhaupt die entsprechenden kommunikativen Verbindungen herstellen zu können. Wegen des Feh­lens jedweder Infrastrukturen können wir nur helfen, wenn Teile der Aufgaben vorübergehend direkt in Bayern abgewickelt werden.

(Abg. Kamm: Sie dürfen laut Geschäftsordnung nicht ablesen!)

- Ich kann es Ihnen auch so sagen, Herr Kollege Kamm, aber Sie lesen auch gelegentlich ab.

Ich denke in erster Linie an die computergestützte Bezügeabrechnung für einige Bundesländer, die Er­stellung von Musterrechtssammlungen, die Bearbei­tung von Mustergesetzentwürfen für die dortigen Landtage. Darüber hinaus muß das spärlich vorhan­dene Personal intensiv nach westdeutschem Verfah­rensrecht in Kurzlehrgängen geschult werden.

Die Finanzmisere der neuen Bundesländer ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, daß die Finanzbehör­den keine Kenntnisse des Umsatzsteuerrechts, des Ertragssteuerrechts und des Vollstreckungsrechts haben. Bayerische Schulungseinrichtungen halten entsprechende Lehrgänge ab.

(Abg. Kamm: Wer hat Ihnen denn das aufgeschrieben?)

- Herr Kamm, Sie sollten sich vor dem Reden gele­gentlich auch mal überlegen, was Sie sprechen, und sich vielleicht einige Notizen machen, dann wären Ihre Reden qualifizierter und nicht so oberflächlich wie sie es gelegentlich sind. '

Ich komme zum Ende. Im Doppelhaushalt sind 200 zusätzliche Planstellen vorgesehen, durch die wir ge­eignete Beamte für den Einsatz in Sachsen und Thü­ringen gewinnen können. Dafür müssen entspre­chende Beförderungsanreize gegeben werden. Der Kabinettsbeschluß liegt inzwischen vor.

Der Aufbau einer leistungsfähigen Verwaltung ist für die Union das Rückgrat der Überwindung der Schwierigkeiten im Osten. Die Schaffung wirtschaftli­cher Leistungsfähigkeit in den neuen Bundesländern hängt davon ab. Investitionen können nur dann sinn­voll durchgeführt werden, wenn entsprechende Mög­lichkeiten gegeben sind, sie zu planen und abzuwik­keln. Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CSU)

Erster Vizepräsident Mösleln: Zur Abgabe einer per­sönlichen Erklärung gemäß § 110 unserer Geschäfts­ordnung erteile ich das Wort unserem Kollegen Ge­rold Tandler.

Tandler (CSU): Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! vorhin wurde der Versuch unter­nommen, eine Bemerkung von mir fehlzuinterpretie­ren. Ich habe vorher in meinem Redebeitrag von ei­nem „teuren Vergnügen" gesprochen. Wie der Text meiner Ausführungen einwandfrei ergibt, bezog sich diese Bemerkung nicht auf den Krieg, sondern auf das, was ich als Bonner Sprachlosigkeit höflich um­schrieben habe.

(Beifall bei der CSU)

Erster Vizepräsident Mösleln: Die Aktuelle Stunde ist beendet.

Ich rufe auf Tag e s o r d n u n g s p u n kt 2: E r s t e Lesung zum

Gesetzentwurf der Abgeordneten Glück Alois, Diet­hel, Kling und anderer und Fraktion zur Änderung deS' Bayerischen Ingenieurkammergesetzes Bau (BaylKaBauG) - Drucksache 12/662 -

Wird der Gesetzentwurf begründet? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Gibt es Wort­meldungen? - Nein. Die Aussprache ist geschlossen.

Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf zu überweisen dem Aus­schuß für Wirtschaft und Verkehr und dem Ausschuß für Verfassungs-, Rechts- und Kommunalfragen. -Damit besteht Einverständnis. Es ist so b e s c h 1 o s -sen.

Ich rufe auf Tagesordnungspunkt 4:

Schreiben das Bundesverfassungsgerichts - Zwei­ter Senat - vom 18. 01. 1991 betreffend Antrag des Herrn Wüppasahl, MdB, festzustellen, daß der An­tragsteller In seinen Rechten aus Artlkel 18 Absatz 1 Grundgesetz durch die Behandlung von Abände­rungsanträgen bei der 2. Beratung des Entwurfes eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 18.05.1990 über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts. und Sozialunion verletzt worden Ist

Über die Beratungen im Ausschuß für Verfassungs-, Rechts- und Kommuna~ragen (Drucksache 12/701) berichtet der Abgeordnete Hilmar Schmitt. - Er ist nicht im Saal. Wird auf die Berichterstattung verzich­tet? - Das ist der Fall. Gibt es Wortmeldungen? - Ich stelle fest, nein.

Wir kommen ·zur Abstimmung. Wer der Be­schlußempfehlung des Ausschusses für Verfas­sungs-, Rechts- und Kommunalfragen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegen­stimmen bitte ich anzuzeigen! - Stimmenthaltun­gen? - Bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE GRÜ­NEN ist so b e s c h 1 o s s e n.

(Abg. Loew: Zuerst schmeißen's ihn raus und dann sagen's nix!)

Ich rufe auf Tagesordnungspunkt 4:

Haushaltsplan 1991/1992 des Einzelplans 06 für den

Page 18: 10. Sitzung - Bayerischer Landtag W… · 10. Sitzung am Dienstag, dem 5. März 1991, 15.00 Uhr, in München Geschäftliches ..... 454, 468, 470 Währungs-, Wirtschafts-und Sozialunion

470 Bayerischer Landtag · 12. Wahlperiode flenarprotokoll 12/10 v. 05.03.91

(Erster Vizepräsident Möslein)

Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministe­riums der Finanzen

und

Änderungsantrag der Abgeordneten Max von Hek­kel, Sehleder und anderer SPD Haushaltsplan 1991/1992; Verbesserung der Stellenplansltuation bei den Finanzämtern (Kapitel 06 05) - Drucksache 12/524 -

Über die Beratungen zum Einzelplan 06 im Ausschuß für Staatshaushalt und Finanzfragen (Drucksache 12/573) berichtet Herr Kollege Strehle. Sie haben das Wort.

Strehla (CSU), Berichterstatter: Herr Präsi­dent, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Ausschuß für Staatshaushalt und Finanzfragen hat sich in seiner Sitzung am 19. Februar 1991 mit dem Einzelplan 06 für den Geschäftsbereich des Staatsmi­nisteriums der Finanzen befaßt. Berichterstatter war ich, Mitberichterstatter war der Herr Kollege Schie­der.

Als B e r i c h t e r s t a t t e r habe ich den Einzelplan 06 als einen klassischen Verwaltungshaushalt be­zeichnet, weil der Geschäftsbereich des Finanzmini­sterium mit seinen rund 30 000 Bediensteten der dritt­größte Personalkörper innerhalb der ganzen Staats­verwaltung sei. Der Haushaltsplan 06 bestehe zu 67 Prozent der gesamten Ausgaben aus Personalausga­ben.

Insgesamt umfaßt der Haushaltsplan 06 im Jahr 1991 Gesamtausgaben in einer Größenordnung von 2218,8 Millionen DM. Die Steigerung der Ausgaben im Per­sonalbereich ist maßgeblich durch Tarifabschlüsse, aber auch durch gesetzliche Besoldungsvorschriften bedingt. Die Quote der Personalausgaben wird im Jahre 1991 auf 41 Prozent gegenüber 40,9 Prozent im Jahr 1990 ansteigen. Sie liegt damit wieder erheblich über dem Länderdurchschnitt von 39,5 Prozent.

Ich habe weiterhin dargestellt, daß im Entwurf des Einzelplans 06 zusätzlich 80 neue Stellen und zusätz­lich 120 Stellenhebungen ausgewiesen seien. Ferner habe ich über die Empfehlung im Gutachten des Bayerischen Senats berichtet, die Saisonarbeiter der Vermessungsverwaltung zu übernehmen. Diesem Wunsch wurde weitgehend entsprochen.

Ich habe auch auf die im Haushaltsentwurf vorgese­henen Sachausgaben, die zur Verbesserung der Ra­tionalisierungsmöglichketten führen sollen, hingewie­sen. So können im staatlichen Hochbau Investitions­maßnahmen im Wert von über 100 Millionen DM fort­geführt beziehungsweise neu begonnen werden.

Abschließend habe ich festgestellt, daß der Herr Fi­nanzminister einen sachlich ausgewogenen Haushalt vorgelegt habe, der die Grundsätze von Wirtschaft­lichkeit und Sparsamkeit beachte und zu einer weite­ren Verbesserung der Leistungsfähigkeit der Verwal­tung führen werde.

Mitberichterstatter Schiede r ging auf die Steuer­verwaltung ein. Ihm kam es darauf an, die Beamten in einen Stand zu versetzen, der es ihnen erlaube, Ge­setze überhaupt vollziehen zu können. Deshalb meinte er, die Personalausstattung müsse verbessert werden, um eine gleichmäßige und umfassende Steu­ererhebung zu gewährleisten und Ungerechtigkeiten auszuschließen. Dabei bezog er sich auf die vom Fi­nanzministerium durchgeführte Personalbedarfsbe­rechnung. Demnach gebe es einen generellen Fehl­bestand von 20 Prozent, bei den Prüfungsdiensten sogar von 30 Prozent. Im Sinne einer gerechten Steu­ererfassung halte die SPD eine verbesserte perso­nelle Ausstattung der Prüfungsdienste für erforder­lich. Als besonders skandalös bezeichnete Kollege Schieder die Verhältnisse bei der Steuerfahndung, wo 53 Prozent der Personalsollstellen nicht besetzt seien. Der Mitberichterstatter bezeichnete das vorlie­gende Gutachten des Senats als gute Diskussions­grundlage.

Herr Kollege Z e c h von der FDP vertrat in seinem Beitrag die Ansicht, daß künftig Stellen für neue Auf­gaben nur durch Umschichtungen gewonnen werden könnten. Diese seien in Bereichen möglich, in denen automatisiert werden könne. Um aus dem Ste,ift.ndefi­zit herauszukommen, schlug Kollege Zech vor, in ei­ner Übergangszeit Leistungsprämien zu gewähren und Überstunden zu bezahlen. Zur Bewältigung der besonderen Probleme in den Ballungsräumen sollten die Ballungsraumzulage erhöht und Dienstwohnun­gen bereitgestellt werden; zudem sollten Behörden in andere Landesteile verlagert werden.

Frau Kollegin K e 11 n er von den GRÜNEN äußerte die Ansicht, die zum Teil katastrophale Personalsitua­tion sei das zentrale Thema des Einzelplanes 06. Sie befürchtete einen Personalnotstand, wie er im Pfle­gebereich bereits zu beobachten sei. Deshalb bean­tragte sie von der Bayerischen Staatsregierung einen Bericht über die Personalsituation an den Finanzäm­tern und den Oberfinanzdirektionen.

In der anschließenden umfangreichen Diskussion wurden die zum Einzelplan 06 einschlägigen Anträge und Eingaberi behandelt. Schließlich wurde der Ein­zelplan 06 mit den Stimmen der CSU gegen die Stim­men von SPD, FDP und GRÜNEN angenommen. Ich bitte um Ihr Votum.

(Beifall bei der CSU)

Erster Vizepräsident Mösleln: Ich bedanke mich für die Berichterstattung. Über die Besohlußempfehlung des Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfra­gen zum Änderungsantrag auf Drucksache 12/524 muß nicht berichtet werden, da sie einstimmig gefaßt wurde. Mit dem Änderungsantrag soll die Staatsre­gierung ersucht werden, mit Nachdruck darauf hinzu­wirken, daß bei den Finanzämtern herausgehobene Sachbearbeitertätigkeiten des gehobenen Dienstes in die Funktionsgruppenverordnung einbezogen wer­den.

Ich eröffne die Aussprache. Als erstem Redner er­teile ich dem Abgeordneten Schieder das Wort.

Page 19: 10. Sitzung - Bayerischer Landtag W… · 10. Sitzung am Dienstag, dem 5. März 1991, 15.00 Uhr, in München Geschäftliches ..... 454, 468, 470 Währungs-, Wirtschafts-und Sozialunion

Plenarprotokoll 12/10 v. 05.03.91 Bayerischer Landtag · 12. Wahlpe~ 471

Sehleder (SPD): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Im Einzelplan 06 werden die sächlichen und personellen Voraussetzungen für die Steuerverein­nahmung bereitgestellt. Damit meine ich eine solide und seriöse Steuervereinnahmung. Die von Ihnen, meine Damen und Herren von der CSU, in der letzten Woche gefaßten Steuererhöhungsbeschlüsse bewei­sen aber, daß Sie den Boden von Seriosität und Soli­dität verlassen haben. Mit diesen Steuererhöhungs­beschlüssen haben Sie nicht nur Ihr Wort gebrochen und die Wähler verschaukelt, sondern Sie haben auch eindrucksvoll dokumentiert, daß Ihre Wahlver­sprechen nichts anderes als leeres Gerede und Ma­kulatur sind. Deshalb sage ich klipp und klar: Wer so schamlos und lügnerisch wie Sie handelt,

(Zahlreiche Zurufe von der CSU, u. a. Abg. Josef Niedermayer: Das haben wir schon

gehört!)

erschüttert in verantwortungsloser Weise das Ver­trauen unserer Bürger in die Politik und in die politi­schen Institutionen.

(Beifall bei der SPD)

Zur Steuervereinnahmung gehört eine funktionsfä­hige Steuerverwaltung, die in der Lage ist, die Steuer­einnahmen ordnungsgemäß sicherzustellen. Zur Zeit ist die Funktionsfähigkeit unserer Steuerverwaltung über weite Strecken nicht mehr gewährleistet. Denn nach der Personalbedarfsberechnung des Finanzmi­nisters fehlen in der Steuerverwaltung 2800 Stellen, und die Angaben der betroffenen Gewerkschaften liegen noch weit darüber. Tatsache ist, daß die Perso­nalausstattung mit der enormen Steigerung der Fall­zahlen und der zunehmenden Komplexität der Mate­rie in keiner Weise Schritt gehalten hat. Auf das Mi­nus von 20 Prozent im Innendienst hat der Herr Be­richterstatter bereits hingewiesen. Bei der Betriebs­prüfung haben wir sogar eine Unterbesetzung von über 30 Prozent. Damit verzichtet der Freistaat auf ihm gesetzlich zustehende Einnahmen. Halten Sie sich doch einmal nur vor Augen, daß ein Betriebsprü­fer zusätzlich im Jahr ein Mehrergebnis von 1,8 Millio­nen DM einbringen würde.

Ein besonderer Skandal ist die Personalausstattung bei den Steuerfahndungsstellen. Obwohl die Steuer­fahndung ein Hilfsorgan der Staatsanwaltschaft dar­stellt, ist hier nur jede zweite Stelle besetzt. Wenn Sie, meine Damen und Herren von der CSU, diesem Mißstand nicht abhelfen, müssen Sie sich schon ge­fallen lassen, daß wir sagen: Sie behandeln Steuer­hinterziehung und Wirtschaftskriminalität wie Kava­liersdelikte!

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CSU, u. a. Abg. Spitzner: Die Neue Heimat wäre

schon was für die Steuerfahndung!)

Die Arbeitnehmerschaft in diesem lande, die glä­serne Taschen hat und jede Mark nachweisen muß, hat kein Verständnis dafür, daß über Steuerhinterzie­hung der Mantel der Großzügigkeit gedeckt wird.

(Zuruf der Frau Abg. Würdinger)

Meine Damen und Herren, die im Doppelhaushalt zur Mehrausstattung vorgesehenen 70 Stellen sind nur

ein Tropfen auf den heißen Stein. Demgegenüber hat die SPD-Fraktion mit ihren Anträgen gezeigt, wie sie sich eine zukunftsorientierte Personalgewinnungspo­litik in den genannten Bereichen vorstellt. Das vorge­schlagene Mehr von 450 Stellen ist in den nächsten beiden Jahren auf dem Ausbildungsmarkt gewinn­bar;es sollte vor allem in Fahndung und Betriebsprü­fung eingesetzt werden. Außerdem haben wir Vor­schläge gemacht, um die Attraktivität der Stellen in diesem Berufszweig zu verbessern und der Abwan­derung entgegenzuwirken.

Zur Steuervereinnahmung bedarf es einer funktions­fähigen Finanzverwaltung, die Steuerquellen maßvoll, aber konsequent ausschöpft. Angesichts der Finanz­lage der öffentlichen Haushalte muß es darum gehen, diese Steuerquellen auch schon nach den bisherigen gesetzlichen Möglichkeiten voll auszuschöpfen. Der maßvolle Ausbau der Prüfungsdienste, die konse­quente Erfassung der Kapitaleinkünfte, der Verzicht auf die Abschaffung der Vermögenssteuer und die von uns vorgeschlagene Ergänzungsabgabe - dies sind die Eckpunkte unseres Konzepts einer soliden Finanzpolitik, die sich qualitativ von Ihrem Konzept des Steuerbetrugs unterscheidet.

(Beifall bei der SPD)

Erster Vizepräsident Mösleln: Als nächstem Redner erteile ich dem Abgeordneten Dr. Zech das Wort. Bitte, Herr Kollege!

(Abg. Spitzner: Jetzt gib's ihm!)

Dr, Zech (FDP): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wahrscheinlich werde ich die Erwartungen des Herrn Kollegen Spitzner enttäuschen.

(Abg. Spitzner: Wie immer, erfüllen!)

- Nein, nein, ich bin doch nicht Ihr Befehlsempfänger!

(Allgemeine Heiterkeit)

Meine Damen und Herren! Das sinnlose Blutvergie­ßen am Golf hat aufgehört. Dies ist für sich allein ein Grund für ein Gefühl der Erleichterung und der Dank­barkeit, auch wenn die Schädigung der Umwelt wei­ter fortdauert mit dem Brand vieler Ölquellen. Damit hat aber auch die internationale Wirtschaftsentwick­lung wieder eine günstige Perspektive zurückgewon­nen. Der Finanzbedarf für den Wiederaufbau am Golf spricht eher für einen niedrigen Ölpreis, weil infolge dieses Finanzbedarfs mehr Öl auf den Markt ge­bracht wird. Wenn wir also Glück haben, dann ist die Steuererhöhung in Bonn einigermaßen leicht zu ver­kraften, weil sich dann die Verbraucherpreise nicht so stark nach oben bewegen werden, wie es die Steuererhöhung hätte befürchten lassen.

Ich gestehe zu, daß die jetzt vom Bund beschlosse­nen Steuererhöhungen peinlich wirken und peinlich sind, weil vorherige Absichten und Versprechungen nicht eingehalten werden konnten. Ich nehme jedoch den Handelnden in Bonn ab, daß sie im guten Glau­ben gehandelt haben. Dabei darf nicht vergessen werden, daß jedenfalls die 1991 mit den Steuererhö­hungen zu erzielenden Mehreinnahmen von 17 bis 18

Page 20: 10. Sitzung - Bayerischer Landtag W… · 10. Sitzung am Dienstag, dem 5. März 1991, 15.00 Uhr, in München Geschäftliches ..... 454, 468, 470 Währungs-, Wirtschafts-und Sozialunion

472 Bayerischer Landtag · 12. Wahlperiode Plenarprotokoll 12/10 v. 05. 03. 91

(Dr. Zech [FDP])

Milliarden DM gerade so hoch sind wie die deutschen Ausgaben für den Golfkrieg. So betrachtet halte ich den Irrtum noch verständlich. Sicher ist die politische Regel verletzt worden, daß man nie „nie" sagen soll. Man wäre besser über die Runden gekommen mit dem Versprechen, die Belastungen so gering wie ir­gend möglich zu halten.

Der FDP-Fraktion im Bundestag ist es schwer gefal­len, dem Steuererhöhungspaket zuzustimmen. Viele Abgeordnete waren mit einzelnen Elementen des Pa­kets nicht einverstanden. Dies galt insbesondere für den Zuschlag zur Lohn- und Einkommensteuer und zur Körperschaftssteuer. Die Zustimmung zu diesem Solidaritätsvorschlag erfolgte nur, weil gleichzeitig zehn Milliarden an direkten und indirekten Subventio­nen abgebaut werden und weil von Partei- und Frak­tionsführung ein strenges Augenmerk auf die Ausga­benseite zugesagt wurde. Wirtschaftspolitisch sind bei dem Solidaritätszuschlag die zeitliche Begren­zung und der relativ geringe Prozentsatz für die Ent­scheidung der FDP-Bundestagsabgeordneten von Bedeutung gewesen. In den Jahren 1991 und 1992 werden beispielsweise die Unternehmen bei einem Steuersatz von 50 Prozent mit 50 Prozent von 3,75 und somit nur mit jeweils 1,88 Prozent ihres Gewinns mehr belastet. Dasselbe gilt selbstverständlich für Ar­beitnehmer. Die von der SPD kritisierte Abschaffung der Vermögens- und Gewerbekapitalsteuer war, ist und bleibt weiterhin ebenso notwendig wie die ge­samte Reform der Unternehmensbesteuerung.

(Beifall bei der FDP)

Unsere Unternehmen müssen im Interesse von Inve­stitionen und Arbeitsplätzen eine steuerpolitische Perspektive haben, die über die haushaltspolitisch schwierigen nächsten zwei Jahre hinausreicht. Ver­schwiegen wird von der SPD dabei, daß die erste Stufe, nämlich die Abschaffung von Vermögens- und Gewerbekapitalsteuer, nach der Koalitionsvereinba­rung durch den Abbau der degressiven Abschrei­bung auf Betriebsgelände und Betriebseinrichtungen finanziert wird. Das heißt, es erfolgt lediglich eine Um­schichtung bei der Unternehmensbesteuerung.

Meine Damen und Herren! Wie weit ist der finanzpoli­tische Spielraum Bayerns ausgeschöpft? In der allge­meinen Aussprache im Ausschuß zum Haushalt des Finanzministeriums stellte Kollege von Heckei seinen Ausführungen die Bemerkung voran, die vorhande­nen Spielräume seien nicht ausgeschöpft worden. Kollege Wengenmeier sagte etwa in derselben Rich­tung, Neuverschuldungen könnten zwar noch finan­ziert werden, aber die Stabilität der Währung wäre gefährdet.

Tatsächlich haben wir mit fünf Prozent Zinsanteil am Haushalt in Bayern eine Obergrenze erreicht, die ohne besondere Not nicht weiter überschritten wer­den sollte. Wenn nämlich bei zusätzlicher Verschul­dung die Zinsquote des Haushalts die volkswirt­schaftliche Wachstumsrate ereicht, kann dauerhaft kein Nettogewinn mehr für den Haushalt erzielt wer­den. Darüber hinausgehende, im Vergleich zum Ge-

samthaushalt schneller wachsende Schuldenlast, die unausweichlich mit Zins und Zinseszins zurückge­zahlt werden müßte, würde andere Ausgaben ver­drängen. Die günstige Annahme, daß der Zins die Wachstumsrate des Bruttosozialprodukts nicht über­schreitet, trifft in Wirklichkeit nicht zu. Wer also jetzt weiter in die Verschuldung geht, darf die Zurückzah­lung nicht mehr als exotischen Ausnahmefall betrach­ten. Alternative ist dann nur, eine unproduktive Zins­last ewig mitzuschleppen.

Meine Damen und Herren! Die Stellenvermehrung ist ein besonderes bayerische Problem. Sie ist in einem solchen Tempo erfolgt, daß die anderen Bundeslän­der längst auf der Strecke geblieben sind. Dieses schnelle Tempo muß verlangsamt und gestoppt wer­den. Wir sehen durchaus, daß es in der Finanzverwal­tung ein Defizit an Stellen gibt, die nötig wären zu ei­ner ideal gründlichen Erledigung der Aufgaben. Wir glauben jedoch den Versicherungen des Finanzmini­sters und seines Staatssekretärs, daß eine ordnungs­gemäße Erledigung der Arbeiten noch gewährleistet ist. Im Grunde genommen können wir selbst bei un­seren Steuererklärungen beobachten, daß dies der Fall ist. Es macht keinen Sinn, jetzt Stellen zu schaf­fen, die in einigen Jahren nach weiteren Automatisie­rungserfolgen wieder abgebaut werden könnten und müßten. Vor dem Einsatz der neuauszubildenden Be­amten liegt ja die Ausbildungszeit, in der noch keine produktiven Leistungen erbracht werden.

Wir wollen eine weitere Vereinfachung der Steuerge­setze, nachdem Erfolge mit der Steuerreform erzielt werden konnten. Auch von daher bleibt wenig Spiel­raum für den Vorschlag einer Ausbildung auf Vorrat. Immerhin erscheint mir sinnvoll, eine Sehwundquote bei der Ausbildung einzukalkulieren und somit einen begrenzten Puffer zusätzlicher Kräfte vorzusehen.

Das Finanzministerium ist in Bayern. allgemein auch für den öffentlichen Dienst zuständig. Daher komme ich zurück auf die Anträge zur Einziehung von Perso­nalstellen, die ich in der Ersten Lesung angekündigt habe. Sie sind mittlerweile eingebracht und haben zum Ziel, i~ den meisten Verwaltungsbereichen jede vierte freiwerdende Stelle einzuziehen, dafür aber auf die Wiederbesetzungssperre zu verzichten, weiter die vorgesehenen neuen Stellen, mit Ausnahme der Haushalte des Kultus- und des Umweltministeriums, auf die Hälfte zu reduzieren und das so eingesparte Geld für Leistungsprämien und eine korrekte Über­stundenbezahlung zu verwenden. Damit könnte die Durststrecke bis zu Automatisierungserfolgen über­brückt werden. Insbesondere für Leistungsprämien und verbesserte Überstundenbezahlung wären bun­desrechtliche Voraussetzungen zu schaffen. Unser Antrag fordert die Staatsregierung zu entsprechen­den Initiativen auf. Verwaltung ist in erster Linie Län­dersache. Daher ist es auch nicht nur legitim, son­dern notwendig, daß die Initiativen aus den Ländern kommen.

Bei den Forderungen der Beamten nach Stellenmeh­rungen und Kürzung der Wiederbesetzung,ssperre spielt sicher.gelegentlich auch der Wunsch mit, daß

Page 21: 10. Sitzung - Bayerischer Landtag W… · 10. Sitzung am Dienstag, dem 5. März 1991, 15.00 Uhr, in München Geschäftliches ..... 454, 468, 470 Währungs-, Wirtschafts-und Sozialunion

Plenarprotokoll 12/10 v. 05. 03. 91 Bayerischer Landtag · 12. Wahlperiod• 473

(Dr. Zech [FDP])

entsprechend dem Stellenschlüssel neue Beförde­rungsmöglichkeiten geschaffen werden. Der Stellen­schlüssel wirkt so als Lex Parkinson, eine gewisse Entkoppelung von Stellenschlüssel und Beförde­rungsmöglichkeit ist daher notwendig. Ich betone aber in diesem Zusammenhang besonders, daß es nicht unsere Absicht ist, sozusagen blindwütig Stel­len im öffentlichen Dienst einzusparen. Vielmehr ist es unser Ziel, Motivierung und Leistungsbereitschaft im Interesse der Bürger zu verbessern und zu beloh­nen. Dies kommt auch darin zum Ausdruck, daß wir uns für eine Entspannung der Situation besonders in den unteren Gehaltsgruppen in den Ballungsräumen einsetzen. Hier kann nur eine Kombination verschie­dener Maßnahmen greifen wie Ballungsraumzulage, vermehrte Anstrengungen zum Bau von Dienstwoh­nungen, auch Baudarlehen, wenn es überhaupt noch für Beamte möglich ist, in diesen Gebieten Wohnun­gen und Häuser selbst zu errichten; schließlich auch das Instrument der Behördenverlagerung.

Wir erkennen gerne die Bemühungen an, die die Bayerische Staatsregierung unternimmt, Beamte zum Aufbau der Verwaltung in die neuen Bundesländer zu entsenden. Vor allen Dingen aber danken wir den Be­amten, die sich zu diesem Einsatz bereiterklären.

(Beifall bei der FDP)

Wenn es gelänge, ungefähr ein Prozent des Perso­nals der alten Bundesländer in die neuen Bundeslän­der zu entsenden, wäre damit ein wesentlicher Bei­trag geleistet. Bei dem Verhältnis der Bevölkerungs­zahlen von West und Ost käme damit auf ca. 25 Be­schäftigte im Osten ein Beamter aus dem Westen. Eine solche globale Zahl läßt offen, daß in speziellen Bereichen die Beratung, wo notwendig, noch enger gestaltet werden muß.

Wenn ich diese Überlegung mit dem vergleiche, was die Bayerische Staatsregierung bislang geschafft hat, so bedeutet dies, daß es gilt, noch mehr zu tun, um die desolate Verwaltung im Osten zu einem leistungs­fähigen öffentlichen Dienst aufzubauen. Natürlich bringt man einen engagierten Einsatz unserer Beam­ten im Osten nicht zustande, wenn wir uns nur auf Vaterlandsliebe als einziges Motiv verlassen. Es müs­sen verbesserte berufliche Chancen und einigerma­ßen großzügige Aufwandsentschädigungen hinzu­kommen.

Zu prüfen ist im Zusammenhang mit der Hi~e für die östlichen Bundesländer auch, ob nicht auch Fach­leute zu entsenden wären, die nicht im Staatsdienst tätig sind. Weiter gilt es, Pensionäre zu gewinnen, ge­gebenenfalls mit der Möglichkeit. wieder in ihrer bis­herigen Behörde Dienst zu leisten, damit jüngere und belastbarere Beamte nach Ostdeutschland geschickt werden können. Es sind auch alle weiteren Formen der Hilfe mit einzubeziehen, Patenschaften von Be­hörden, Kurse und Weiterbildungsseminare. Auch ist in Betracht zu ziehen, Zuständigkeiten unserer Ge­richte und Ämter für einen Teil der Aufgaben in Sach­sen und Thüringen freizumachen. Wir alle mussen be­reit sein, auf Perfektion zu verzichten. Das könnte

z.B. auch eine Verringerung oder Vereinfachung der Rechtswege bedeuten. Nicht jedoch können wir auf den Rechtsstaat als solchen verzichten und zulassen, daß dieser in Bayern sozusagen mit der linken Hand abgeschafft wird. Danke schön.

(Beifall bei der FDP)

Erster Vizepräsident Möslein: Als nächstem Redner erteile ich dem Abgeordneten Kamm das Wort.

Kamm (DIE GRÜNEN): Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Der Etat des Finanzministeriums ist vorrangig ein Personaletat. Wir von der Fraktion DIE GRÜNEN haben uns damit auseinandergesetzt, ob einerseits die Aufgaben in der Finanzverwaltung aus­reichend erfüllt werden können, andererseits ob auch die Arbeitssituation der Beschäftigten fair und erträg­lich ist. Wir haben deshalb einen Antrag eingebracht, dem zugegebenermaßen im laufe der Haushaltsbe­ratungen schwer nachzukommen war; wir wollten, daß in einer Anhörung im Haushaltsausschuß die Stellen- und Personalsituation in der Finanzverwal­tung unter Einschaltung auch der Vertreter des Per­sonals aus den beiden einschlägigen Gewerkschaf­ten besprochen wird. Wir halten das für richtig, weil der Haushaltsausschuß und der Landtag quasi als Kontrolleur und Auftraggeber des Dienstherrn doch einmal die Leute in Rede und Gegenrede hören soll­ten, die in vielen Briefen an uns immer die Situation dort beklagen. Diesem Antrag wurde nicht entspro­chen. Es wurde gesagt, das sollte besser in Einzelge­sprächen zwischen den Fraktionen laufen. Aber wir denken, es wäre ein besserer Stil, solche Anhörun­gen im Landtag zu machen; sie wären dann nicht fraktionsintern.

Wir haben weiterhin Anträge gestellt, zu verstärkter Betriebsprüfung die Stellen zu vermehren. Wir haben schon bei den letzten Doppelhaushalten angepran­gert, daß Betriebsprüfung und Steuerfahndung so schlecht ausgestattet sind, so daß uns Jahr für Jahr Milliarden an Steuergeldern entgehen. Das ist eigent­lich ein doppelter Skandal: Einerseits entgehen dem Staat und somit der Gesellschaft insgesamt Gelder zur Erfüllung der Gemeinschaftsaufgaben, anderer­seits haben steuerunehrliche Betriebe, die aufgrund mangelnder Steuerprüfung durch die Maschen schlüpfen, einen Wettbewerbsvorteil gegenüber steuerehrlichen Betrieben. Deshalb sollten wir alles daran setzen, die Steuer- und Betriebsprüfung zu verbessern. Wir wollen keine Über-Prüfung, wir wol­len nicht. daß die Betriebe nicht mehr arbeiten kön­nen und durch Prüfungen quasi lahmgelegt werden. Aber wir halten die gegenwärtigen Verhältnisse für nicht akzeptabel, und wir halten deswegen eine Ver­stärkung der Steuerprüfung für erforderlich.

Allerdings werden in der Finanzverwaltung viele Stel­len gar nicht mehr besetzt. Insofern ist der Ausweg, neue Stellen zu schaffen, kein Ausweg mehr, weil die Einkommenssituation in der freien Wirtschaft mittler­weile für Steuerberater offensichtlich viel attraktiver ist als in der Finanzverwaltung. Diese Situation hatten wir in unserem lande schon einige Male; dann kön­nen wir nur mit Stellenhebungen dafür sorgen, daß

Page 22: 10. Sitzung - Bayerischer Landtag W… · 10. Sitzung am Dienstag, dem 5. März 1991, 15.00 Uhr, in München Geschäftliches ..... 454, 468, 470 Währungs-, Wirtschafts-und Sozialunion

474 Bayerischer Landtag · 12. Wahlperiode ~Plenarprotokoll 12/10 v. 05.03.91

(Kamm [DIE GRÜNEN])

auch die Finanzverwaltung ausreichend qualifiziertes Personal bekommt.

Wir haben in unseren Anträgen auch Einsparungen vorgeschlagen. Die Finanzverwaltung beinhaltet auch die Finanzbauämter, die quasi Bauherrenfunktion für viele Bereiche haben. Wir können bei den Ausschrei­bungen immer wieder sehen, daß viele militärische Aufträge gerade von den Finanzbauämtern ausge­führt werden. Dort wäre sehr schnell viel einzuspa­ren; Gott sei Dank brauchen wir keine neuen großen Kasernen oder Flughäfen für militärische Dienste mehr.

Einer unserer kleinen Anträge hat zum Schmunzeln und teilweise auch zu ironisch bissigen Bemerk411-gen bei den anderen Fraktionen geführt.

(Abg. Diethei: Zu Recht!)

Wir wollten keine Einrichtungen neuer Parkplätze mehr bei den Finanzverwaltungen. Uns geht es dabei vorrangig nicht um Geld, sondern ein Symbol. Wenn an einer Finanzfachhochschule, einer Beamtenfach­hochschule in Herrsching oder Hof - Hof untersteht auch dem Finanzministerium - immer mehr Park­plätze gebaut werden, wir gleichzeitig aber beispiels­weise mit dem Ausbau der Zugverbindungen nach Hof nicht vorankommen, ist das ökologisch ein Fehl­weg, den wir uns angesichts der derzeitigen Situation nicht mehr leisten sollten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir GRÜNEN drängen immer wieder darauf, daß auch der Staat vorbildlich ist. Also nicht vermehrt Park­plätze bauen, sondern den öffentlichen Personenver­kehr so ausbauen, daß gerade Orte mit Massenver­kehr auch mit Bahn und Bus erreicht werden können.

Alle unsere Anträge wurden wie im Bayerischen Landtag üblich abgelehnt.

(Abg. Strehla: Liegt an den Anträgen!)

- Herr Strehla, das war ein netter Zuruf. Glauben Sie wirklich, wir können einen finanzwirksamen Antrag stellen, dem Sie dann zustimmen? Hat es das einmal in den zurückliegenden fünf Jahren gegeben, daß Sie einem finanzwirksamen Antrag der GRÜNEN oder der SPD im Rahmen der Haushaltsberatungen zuge­stimmt haben? Nei~ !

(Abg. Diethei: Jawohl, hat es gegeben!)

- Sie kennen doch den Mechanismus: Den Finanz­etat stellt das Ministerium auf, und dann gibt es Be­sprechungen zwischen dem Ministerium und der Mehrheitsfraktion, der CSU, und da wird die Spiel­wiese ausgemacht, wo die CSU Abänderungsanträge stellen kann.

Auf jeden Fall werden Sie nicht dulden, daß in irgend­einer Weise einmal die SPD oder die FDP oder gar die GRÜNEN in den Haushaltsberatungen einen Er­folg hätten. Sie haben bisher alle unsere Haushal.ts­anträge abgelehnt. Das hat nichts mit Güte oder Nichtgüte zu tun, sondern das hat etwas mit Ihrem

Prinzip zu tun, daß Sie nicht bereit sind, daß das Par­lament gemeinsam einen Haushalt macht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Lassen Sie mich in einem zweiten Teil meiner Ausfüh­rungen zum Etat des Finanzministers kurz auf das eingehen, was gegenwärtig in der Steuerdebatte in unserem lande diskutiert wird. Wir haben in den letz­ten Wochen einige steuerpolitische Beschlüsse ge­habt, die finanziell notwendig sind, weil die Finanzsi­tuation in der DDR so ist, wie sie ist. Aber, meine Damen und Herren, lassen sie uns daran erinnern, daß wir hier im Landtag vor zwei Jahren eine große steuerpolitische Debatte hatten. Damals haben wir gesagt, Sie können diese Steuerkürzungen nicht be­zahlen, wenn Sie nicht ein gigantisches Wachstum haben, und Sie werden über kurz oder lang hergehen und die Mehrwertsteuer erhöhen. Wir haben dann er­lebt, daß Sie im Zusammenhang mit der europäi­schen Einigung mehrfach mit dem Gedanken gespielt haben, Steuern zu erhöhen. Man kann ja nicht von Steuerharmonisierung sprechen, wenn man die Mehrwertsteuer nach oben zieht. Dann kam die deut­sche Einigung, und es kam der Golfkrieg; Sie haben damit immer neue Anlässe gefunden, in der Steuer­politik zu erhöhen.

Wir GRÜNEN haben deutlich gemacht, daß wir einen Umbau unseres Steuersystems in eine andere Rich­tung wollen. Lassen Sie mich dies jetzt in einem gro­ben Zug darstellen, um dann im einzelnen zu detaillie­ren.

Wir sind der Meinung, daß wir in unserem Land nicht weiter die menschliche Arbeit so hoch besteuern sollten, während wir andere Tatbestände wie hem­mungsloses Autofahren, hemmungsloses Energie­verschwenden Müll machen steuerlich im Grunde überhaupt nicht zur Kasse bitten oder nur minimal zur Kasse bitten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn wir hergehen und die menschliche Arbeit steu­erlich immer höher belasten, werden Dinge wie Repa­rieren, Dienen, Bedienen, aber auch Dienstleistungen im Krankenh\'US, in Altersheimen, in Kindergärten, in dieser Gesellschaft immer teurer. Wir haben den Ma­schineneinsatz, den Rohstoffeinsatz, der in unserer Gesellschaft billig ist, aber all das, wo Menschen ein­gesetzt werden, können wir uns vielfach nicht mehr leisten.

Deshalb sind unsere Steuerumbauvorschläge davon getragen, daß wir die menschliche Arbeit steuerlich entlasten und daß wir Steuern erheben auf Dinge, die in unserer Gesellschaft schädlich sind. Wir sind auch der Meinung, daß eine pauschale Erhöhung der Mehrwertsteuer auf 15 bis 17 Prozent, wie sie im Rahmen der EG diskutiert wird, eigentlich falsch ist. Lassen sie uns ein Beispiel zitieren: Kommen auf eine normale ·Glühlampe, vielleicht sehr stromfres­send, die vieReicht eine Mark kostet, 14 Prozent Mehrwertsteuer drauf, dann sind das 14 Pfennige. Wenn aber jemand - ökologisch sinnvoll - sich eine Energiesparlampe kauft, die in der Herstellung we­sentlich teurer ist und netto vielleicht 40 Mark kostet, dann kommen darauf auch noch einmal 14 Prozent

Page 23: 10. Sitzung - Bayerischer Landtag W… · 10. Sitzung am Dienstag, dem 5. März 1991, 15.00 Uhr, in München Geschäftliches ..... 454, 468, 470 Währungs-, Wirtschafts-und Sozialunion

Plenarprotokoll 12/10 v. 05.03.91 Bayeriecher Landteg . 12. Wahlperls>d!' . 475

(Kamm [DIE GRÜNEN])

Mehrwertsteuer, das sind 5,60 Mark. Somit wird der­oder diejenige, der oder die ökologisch verantwort­lich ein besseres Produkt kauft, wesentlich höher mit Mehrwertsteuer belastet.

Die Mehrwertsteuer unterscheidet nicht nach ökolo­gisch sinnvollen und erwünschten Käufen und ökolo­gisch nicht erwünschten Käufen. Wir haben zwar das Splitting bei Lebensmitteln und Druckerzeugnissen in einem erwünschten Bereich, aber wir müssen die Mehrwertsteuer auch ökologisch nutzen. Das können wir dadurch tun, daß wir sie nicht pauschal erhöhen, eher sogar an Senkung denken, und daß wir auf der anderen Seite Ökosteuern einführen.

So habe ich hier 1987 und auch 1988 dargelegt. Ich meine, gerade in dieser Zeit wäre es ausgesprochen sinnvoll, über die Mineralölsteuer zu sprechen. Es sind mindestens drei Vorzüge, wenn wir sie erhöhen: Der erste Vorzug ist, daß die Einnahmen dem Bund zufließen, der ja im Rahmen des deutschen Eini­gungsprozesses mit besonders vielen Aufgaben be­lastet ist.

(Abg. Dr. Matschl: Sie begrüßen also die Steuererhöhung?)

- Die Erhöhung der Mineralölsteuer, Herr Dr. Matschl, begrüßen wir auf das eQergischste.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Dr. Matschl, wir GRÜNEN waren so ehrlich, das vor der Landtagswahl und vor der Bundestagswahl zu sagen, was uns viele Leute sogar in der eigenen Partei übelgenommen haben, die gesagt haben: Wie konntet Ihr nur vor der Wahl damit durch die lande ziehen, daß Ihr sagt: Autofahren ist viel zu billig, die Mineralölsteuer muß erhöht werden, und zwar stufen­weise, mit einem Endpreis pro Liter von fünf Mark, dies sei aus ökologischen Gründen anzustreben. Wie konntet Ihr damit nur übers Land ziehen!

(Abg. Dr. Matschl: Das ist aber jetzt ein bißchen übertrieben!)

Wir sind so ehrlich gewesen, wir haben diese Zahlen vor der Wahl genannt, wir sind dann nicht mehr in den Bundestag hineingewählt worden. Sie haben das Gegenteil gemacht, Sie stellen wieder die Regierung, und man sieht, in unserer Demokratie werden Lügen häufig leider Gottes belohnt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir sind also der Meinung, die Mineralölsteuer zu er­höhen hätte mindestens drei Vorteile. Erstens fällt sie dem Bund zu.

(Abg. Hofmann: Dann können nur noch die Reichen fahren!)

- Herr Hoffmann, könnten Sie dann noch fahren, wenn die Mineralölsteuer so erhöht würde?

(Abg. Hofmann: Ich würde es mir leisten!)

- Das ist ein gutes Argument für die Diätenerhöhung. Aber Spaß beiseite: Eine Mineralölsteuererhöhung

würde dadurch kompensiert, daß dann die Industrie, wie das früher schon einmal der Fall war, hergeht und massiv auf _benzinsparende Autos hin entwickelt. Was haben wir in den zurückliegenden Jahren denn er­lebt? Ich erinnere an die Ölkrise in den 70er Jahren. Da war es doch so, daß der Benzinverbrauch des Au­_tos ein wichtiges Kriterium war. Heute kommen Au­tos heraus - Mercedes stellt gerade in Genf seine neue S-Klasse vor -, die schon wieder im Drittelmix 20 Liter verbrauchen. Stellen Sie sich diesen Wahn­sinn einmal vor!

Der Kollege Werkstetter hatte das in der letzten Le­gislaturperiode erfreulicherweise auch angespro­chen. Wenn Sie heute die Werbung betrachten, dann geht es der Autoindustrie nur noch um Geschwindig­keit, nur noch um PS. Aussagen über den Benzinver­brauch kommen ganz klein hinten und spielen bei der Kaufentscheidung heute leider keine Rolle mehr.

Wenn wir den Benzinpreis erhöhten, Herr Hofmann, dann wäre es so, daß auf die Kaufentscheidung die höhere Benzinsteuer sehr wohl Einfluß hätte. Das wäre aus ökologischen Gründen sehr erwünscht. Wenn Sie auf die soziale Komponente hinweisen, Herr Hofmann, dann haben Sie durchaus recht; Sie kommen ja aus einer ländlichen Gegend, und ich glaube sehr wohl, daß das Autofahren dort viel nöti­ger ist als etwa in München. Aber heute sah ich einen Landtagskollegen gerade mit seinem neuen BMW aus Augsburg-Stadt kommen, obwohl wir einen wun­derbaren IC haben.

(Zuruf von der FDP: Vielleicht war der von den GRÜNEN!)

Leider Gottes ist es so, daß falsches Fahrverhalten in unserer Gesellschaft noch ungebrochen ist. Nehmen Sie auch zur Kenntnis, daß heute Autos trotz allen technischen Fortschritts im Schnitt mehr Benzin ver­brauchen als in den 50er Jahren. Natürlich haben wir in der Motorenentwicklung Fortschritte erzielt, aber das ist mehr als aufgafressen worden dadurch, daß wir schneller fahren und daß wir größere, stärkere und schwerere Autos haben.

Meine Damen und Herren! Deshalb sind wir der Mei­nung, die Mineralölsteuer muß dringend erhöht wer­den. Wir sind der Meinung, daß die Vermögenssteuer erhöht werden müßte, und der Spitzensteuersatz bzw. die Ergänzungsabgabe sollten auch zu Steuer­mehreinnahmen genutzt werden. Auch eine Schwer­lastverkehrsabgabe, ~ine Chlorsteuer und eine Stick­stoffsteuer werden aus unserer Sicht gewünscht. Aber die Lohn- und Einkommensteuer generell zu er­höhen, so wie Sie es gegenwärtig vorhaben, lehnen wir ab.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Erster Vizepräsident Mösleln: Als nächstem Redner erteile ich dem Herrn Abgeordneten· von Heckei das Wort. - Er ist nicht im Saal. Damit ist die Wortmel­dung verfallen.

Nächster Redner ist der Abgeordnete Strahle.

Strahle (CSU): Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Die Aussprache zu diesem Einzelplan 06 hat

Page 24: 10. Sitzung - Bayerischer Landtag W… · 10. Sitzung am Dienstag, dem 5. März 1991, 15.00 Uhr, in München Geschäftliches ..... 454, 468, 470 Währungs-, Wirtschafts-und Sozialunion

476 Bayerischer Landtag · 12. Wahlperiode · Plenarprotokoll 12/10 v. 05.03.91

(Strehle [CSU])

weit auseinandergehende Auffassungen aufgezeigt. Einmal wurde von einer katastrophalen Personalsi­tuation gesprochen, die wir im öffentlichen Dienst ha­ben sollen, auf der anderen Seite hat der Kollege Zech von einer Stellenvermehrung als einem beson­deren bayerischen Problem gesprochen. Die Wahr-· heit wird wohl in der Mitte liegen, und die Wahrheit wird sein, was ich auch schon in den Beratungen im Ausschuß ausgeführt habe, daß wir gerade bezüglich der Personalausstattung bei unseren Finanzämtern ein Problem haben, das gelöst werden muß, das wir aber gerade schon in den vergangenen Jahren auf besondere Weise angegangen haben. Ich erinnere daran, daß wir in den beiden letzten Doppelhaushal­ten hier in Bayern insgesamt 8900 zusätzliche Stellen geschaffen haben und daß allein dieser vorliegende Haushaltsentwurf 3000 neue Stellen vorsieht. Wir lie­gen damit sicherlich wieder an der Spitze aller Bun­desländer, und wir können uns auch sehen lassen, was die Ausstattung unserer Finanzverwaltungen be­trifft.

Zu den angesprochenen Personalbedarfsberechnun­gen möchte ich noch einmal ausführen, daß es sich hierbei sicherlich um theoretische Berechnungen handelt, die sich nicht immer auf der Höhe der Zeit befinden, weil gerade die fortschreitende Automati­sierung, die auch im Bereich des Finanzamtswesens gerade hier in Bayern vorangebracht wird, Entspre­chendes dann natürlich wieder in Frage stellt. Es ist schon gesagt worden, daß sich diese Personalbe­darfsberechnungen als Idealzustand, als Idealzahlen nirgendwo, auch in anderen Bundesländern nicht, im­mer völlig decken. Und dazu hat Herr Staatssekretär Meyer im Ausschuß die Zahlen bereits dargelegt, daß es nämlich in Nordrhein-Westfalen 10,50/o, in Hessen 10,60/o, in Schleswig-Holstein 8,40/o usw. Abweichun­gen von der Wirklichkeit gibt.

Nun ist, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist hier auch noch von dem Problem der Stellenbeset­zung gesprochen worden. Wir sehen das natürlich ähnlich, daß nämlich selbst vorhandene Stellen nicht mehr besetzt werden können. Hier stimmen wir über­ein, daß wir Entsprechendes veranlassen müssen.

Ein Punkt, den Sie, Herr Dr. Zech, hier noch einmal . angesprochen haben, ist die Frage der Behördenver­lagerung. Sie wird gerade von der CSU-Landtagsfrak­tion ganz intensiv verfolgt; wir haben dazu in einem Arbeitskreis unter der Leitung von Herrn Abgeordne­ten Diethei entsprechende Vorschläge zu machen. Gemeinsam mit der Staatsregierung wollen wir zur Lösung dieses Problems kommen.

Ich meine, daß trotz der vorhandenen Schwierigkei­ten eine Ordnungsmäßigkeit in der Steuererhebung auch in der Zukunft gewährleistet ist, und ich brau­che jetzt nicht mehr auf die Einzelanträge einzuge­hen. Gerade Sie, Herr Kollege Kamm, betrifft das, nachdem ich Ihnen ja schon durch den Zwischenruf versichert habe, daß wir gegenüber allen vernünftigen Anträgen aufgeschlossen sind. Aber der von Ihnen als Beispiel angeführte Antrag auf Parkplatzstrei-

chung gibt wirklich keinen Sinn; denn bei diesem konkreten Antrag soll es darum gehen, nach der Stellplatzverordnung vorgeschriebene Stellplätze, die natürlich auch für die öffentliche Hand gelten, einfach nicht zu bauen. Das, glaube ich, kann bei diesen im Einzelplan 06 vorgesehenen Maßnahmen keinen Sinn geben.

Insofern meine ich, daß wir gerade auch mit diesem vorliegenden Haushaltsplan und den entsprechenden Stellen eine ordnungsgemäße Verwaltung nach den auch bisher geltenden Prinzipien der Sparsamkeit und der Wirtschaftlichkeit erfüllen können. Ich bitte um Zustimmung zu diesem Einzelplan 06.

Erster Vizepräsident Möslein: Nächste Wortmeldung der Abgeordnete Großer. Sie haben das Wort, Herr Kollege!

Großer (FDP): Herr Präsident, meine Kolleginnen und Kollegen! In Anbetracht der Tatsache, daß der Herr Staatssekretär freundlicherweise auf seine Haus­haltsrede verzichtet hat, will ich mich selber mit vier Bemerkungen in dieser Debatte begnügen.

Erstens. Ich halte es für dringend notwendig, daß das Finanzministerium und alle Ressorts, die betroffen sind, die Funktionsgruppenverordnung, insbeson­dere für die technischen Berufe der Fach- und Hoch­schulingenieure, endlich umsetzen. Ich denke da bei­spielsweise an die Forstingenieure.

Zweitens sollte das Beamtenministerium die Vorbild­funktion, die es in Sachen Umsetzung des Schwerbe­hindertengesetzes hat, im eigenen Hause endlich ein, mal regeln. Sie soll hier den Vortritt nicht dem Sozial­ministerium, dem Landtag und dem Senat überlas­sen, sondern unbedingt die Sechs-Prozent-Regelung doch wohl einhalten.

(Beifall bei der FDP)

Drittens sollte es unsere gemeinsame Aufgabe sein, meine Kolleginnen und Kollegen, zusammen mit dem Bund darauf hinzuwirken, daß wir die starren Rege­lungen der Besoldungsgesetze in bezug auf das Laufbahnde.nken endlich einmal etwas aufweichen.

(Beifall bei der FDP)

Meine Kolleginnen und Kollegen, wie wollen wir ei­gentlich zu einem leistungsbezogenen Beamtentum kommen, wenn wir nur in diesen starren Regelungen - niederer, mittlerer, gehobener und höherer Dienst -denken und all die Gefahren, die im Moment entste­hen, zum Beispiel, daß wir bei den Ingenieuren keinen Nachwuchs mehr bekommen, einfach negieren, in­dem wir sagen, dieses ist Bundesrecht, und dem ha­ben alle Länderfinanzminister zugestimmt, und daran darf nicht gerüttelt werden. Sollen wir uns denn von der Industrie die guten Leute direkt von den Fach­hochschulen zum Beispiel wegkaufen lassen, nur weil wir nicht in der Lage sind, sie besser als in A 10 ein­zustufen, und ihnen nicht einmal die Chance geben, höher als bis A 13 zu kommen? Damit ist eine ge­rechte, vernünftige Verwaltung auf Dauer nicht zu führen. Der Staat kann einen Berufsanfänger erst ein­stellen, wenn er sein Abschlußzeugnis in der Tasche

Page 25: 10. Sitzung - Bayerischer Landtag W… · 10. Sitzung am Dienstag, dem 5. März 1991, 15.00 Uhr, in München Geschäftliches ..... 454, 468, 470 Währungs-, Wirtschafts-und Sozialunion

Plenarprotokoll 12/10 v. 05.03.91 Bayerischer Landtag · 12. Wahlperiode

(Großer [FDP])

hat; in der Zwischenzeit haben die Industrie und die Wirtschaft die Leute -schon aus dem fünften, sech­sten und siebten Semester herausgekauft. Wir finden nur noch eine Negativauslese für unseren öffentli­chen Dienst in wichtigen Bereichen, meine Kollegin­nen und Kollegen, wenn wir nicht gemeinsam, und da ist das ganze Haus gefordert, einen entsprechenden Vorstoß beim Bund unternehmen.

(Richtig! und Beifall bei der FDP)

Und eine letzte Bemerkung. Wir haben zu unserem Antrag im Rahmen der von uns gewünschten In­standsetzung der beiden Pavillons in Lustheim die Bemerkung gehört, daß ihm in diesem Haushalt ent­sprochen sei. Wir werden die Sache kontrollieren, Herr Staatssekretär, ob der unwürdige Zustand die­ser beiden Pavillons neben der Perle im Schloß Lust­heim mit dem Meißner Porzellan auch innerhalb der zwei Jahre beseitigt werden kann. Ansonsten werden wir dafür sorgen, daß dies in dieser Legislaturperiode geschieht.

(Beifall bei der FDP)

Zweiter Vizepräsident Dr. Rothemund: Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung. Ich lasse zu­nächst abstimmen über den E i n z e 1 p 1 an 06. Der Abstimmung zugrunde liegen der Entwurf des Haus­haltsplanes 1991/1992 des Einzelplans 06 und die Be­schlußempfehlung des Ausschusses für Staatshaus­halt und Finanzfragen, D r u c k s a c h e 12/600.

Im Zusammenhang mit der Beratung des Einzelpla­nes 06 hat der Ausschuß für Staatshaushalt und Fi­nanzfragen einen Antrag und sechs Änderungsan­träge zur Ablehnung vorgeschlagen. Die Liste der ab­gelehnten Anträge liegt Ihnen vor:

Die vom Ausschuß abgelehnten Änderungsanträge stelle ich insgesamt zur Abstimmung. Die Voten des Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen zu diesen Änderungsanträgen sind Ihnen bekannt. Hin­sichtlich der zustimmenden Kenntnisnahme, die sich auf das Abstimmungsverhalten der eigenen Fraktion im Ausschuß für Staatshaushalt und Finanzfragen be­zieht, bitte ich um das Handzeichen. - Danke. Gegen­stimmen bitte ich anzuzeigen! - Stimmenthaltungen? - Einstimmig. Dann so bes c h 1 o s s e n.

Damit übernimmt der Landtag die vom Ausschuß für Staatshaushalt und Finanzfragen jeweils empfohle­nen Voten. Der Einzelplan 06 wird vom Ausschuß für Staatshaushalt und Finanzfragen mit den in der Be­schlußempfehlung auf Drucksache 12/600 aufgeführ­ten Änderungen empfohlen.

Meine Damen und Herren! Wir kommen zur Sc h 1 u ß abstimm u n g. Wer dem Einzelplan 06 entsprechend der Beschlußempfehlung des Aus­schusses für Staatshaushalt und Finanzfragen seine Zustimmung geben will, den bitte ich, sich vom Platze zu erheben. - Das ist die Fraktion der CSU. Die Ge­genstimmen bitte ich auf die gleiche Weise anzuzei-

•Anlage 1

gen! - Das sind die Fraktion der SPD, die GRÜNEN und die FDP. Damit ist der Einzelplan 06 an g e -nom m e n.

Außerdem schlägt der Ausschuß für Staatshaushalt und Finanzfragen noch folgende Beschlußfassung vor:

Das Staatsministerium der Finanzen wird ermäch­tigt, die aufgrund der vorstehenden Änderungen erforderlichen Berichtigungen in den Erläuterun­gen, der Übersicht über die Verpflichtungsermäch­tigungen und den sonstigen Anlagen beim endgül­tigen Ausdruck des Einzelplans 06 vorzunehmen.

Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Hand­zeichen. - Die Fraktion der CSU. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen! - Keine. Stimmenthaltungen? - Das restliche Hohe Haus. Dann ist dies so bes c h 1 o s -s e n.

Durch die Annahme des Einzelplans 06 in der Fas­sung der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen haben folgende An­träge bzw. Änderungsanträge ihre Erledigung gefun­den:

- Antrag der Abgeordneten Straßer, Franzke, Starz­mann u. a. betreffend einfacher vermessungstech­nischer Dienst - Weiterbeschäftigung der Gehilfen (Drucksache 12/252)

- Änderungsantrag der Abgeordneten Prof. Dr. Doe­blin, Großer, Hiersemenzel u. a. und Fraktion be­treffend lnstandsetzungarbeiten am Südlichen und am Nördlichen Pavillon des Schlosses Lustheim (Drucksache 12/340)

- Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Eykmann, Strehle, Engelhard Rudolf betreffend Fortführungs­vermessungsdienst (Drucksache 12/518)

Die Beratung des Einzelplans 06 ist damit abge­schlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungs­antrag auf D r u c k s a c h e 12/524. Der Ausschuß für Staatshaushalt und Finanzfragen empfiehlt eine Neu­fassuAg des Antrags. Ich verweise auf Drucksache 12/573. Wer dieser Neufassung seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Ge­genstimmen bitte ich anzuzeigen! - Stimmenthaltun­gen? - Es ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe auf Tagesordnungspunkt 5:

Abstimmung über Anträge, die nicht einzeln bera­ten werden.

Ich stelle die in der Anlage aufgelisteten Anträge ins­gesamt zur Abstimmung. Ausgenommen hiervon sind die Nummer 6 und die Nummer 6 der Liste, über die auf Wunsch der Fraktion DIE GRÜNEN gesondert beraten werden soll.

Ich rufe deshalb zunächst auf die N u m m e r 6 der Anlage:

Antrag der Abgeordneten Dr. Fleischer, Kamm, Kell­ner und Fraktion DIE GRÜNEN betreffend Keine

Page 26: 10. Sitzung - Bayerischer Landtag W… · 10. Sitzung am Dienstag, dem 5. März 1991, 15.00 Uhr, in München Geschäftliches ..... 454, 468, 470 Währungs-, Wirtschafts-und Sozialunion

478 Bayerischer Landtag · 12. Wahlperiode Plenarprotokoll 12/10 v. 05.03.91

(Zweiter Vizepräsident Dr. Rothemund)

Subventionierung der Entwicklung von Regional­flugzeugen (Drucksache 12/317)

Über die Beratungen des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr (Drucksache 12/494) berichtet Herr Kol­lege Dr. Magerl. Ich erteile ihll) das Wort.

Dr. Magerl (DIE GRÜNEN), Berichterstatter: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Aus­schuß für Wirtschaft und Verkehr hat über diesen An­trag in seiner 10. Sitzung am 7. Februar dieses Jahres beraten. Mitberichterstatter war Kollege Dinglreiter, Berichterstatter war ich selbst.

Als solcher trug ich das Antragsbegehren vor, daß keine Regionalflugzeuge subventioniert werden sol­len. Ich begründete dies damit, daß hier eine Luftver­kehrsart, nämlich der Kurzstreckenverkehr, der be­sonders nachteilig für die Umwelt sei, subventioniert werden solle.

(Fortgesetzte allgemeine Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Mitberichterstatter Kollege D i n g 1 r e i t e r wies dar­auf hin, daß der Antrag nicht an den Landtag hätte gerichtet werden sollen, sondern Richtung Bund. Er verwies weiter darauf, daß ein Bedarf gerade für Re­gionalflugzeuge mit einem Sitzplatzangebot von 80 bis 130 Plätzen vorhanden sei. Er plädierte dafür, daß derartige Flugzeuge subventioniert werden sollten.

Ich selbst formulierte dann den Antrag allgemein um, daß die Staatsregierung aufgefordert werden soll, da­für zu sorgen, daß die Entwicklung von Regionalflug­zeugen nicht aus Steuermitteln subventioniert wird.

Weiter meldete sich noch Kollege v o n G u m p -p e n b er g, der sich zwar für die Abschaffung von Subventionen einsetzte, aber nicht global wie die GRÜNEN, und meinte, daß dem Antrag nicht zuge­stimmt werden könne.

Auch Kollege N a u m a n n vermerkte, daß er nicht zustimmen könne, weil dabei ein Konversionsprojekt - nämlich Nichtbau des Jägers 90 einerseits und Sub­ventionierung eines zivilen Regionalflugzeugs ande­rerseits - gefährdet würde. Er kündigte deshalb an, dagegen zu stimmen.

Es wurde dann folgendes Votum gefaßt: Mit den Stimmen der CSU, SPD und FDP wurde der Antrag gegen die Stimme des Vertreters der GRÜNEN abge­lehnt. Ich bitte das Hohe Haus um Entscheidung.

Zweiter Vizepräsident Dr. Rothemund: Danke für die Berichterstattung. Ich eröffne die Aussprache. Wort­meldungen? - Bitte schön, Herr Kollege Kamm!

Kamm (DIE GRÜNEN): Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Vor einigen Monaten war ich zu Be­such bei MBB in Augsburg. Dort stöhnte mir ein MBB-Mitarbeiter vor, wie schlecht denn mittlerweile die Situation am deutschen Himmel sei; er habe doch jüngst zur Niederlassung von MBB nach Hannover gemußt, und er sei morgens um halb sechs Uhr in Augsburg losgefahren, weil die Maschine um sieben

Uhr von München abfliegen wollte. Er habe allerdings über Frankfurt fliegen müssen, weil es keine Direkt­verbindungen nach Hannover von München aus ge­geben habe; allerdings sei München so zu gewesen, daß man erst knapp vor acht Uhr zum Start gekom­men sei, und dann sei es ihm passiert, daß irgend­wann der Flugkapitän gesagt habe, man überfliege zum Warten auf die Landeerlaubnis in Frankfurt zum drittenmal Würzburg, und irgendwann um Viertel nach neun oder halb zehn Uhr hätten sie dann in Frankfurt landen können, und er habe Glück gehabt und sei dann schon kurz nach zehn in der Maschine gesessen, die Richtung Hannover gestartet sei. Kurz nach elf Uhr sei er dann in Hannover gewesen.

Diese Leidensgeschichte erzählte mir der Mitarbeiter von MBB. Ich zog daraufhin meinen Taschenfahrplan über die Zugverbindungen von Augsburg heraus und sagte ihm, wenn er von Augsburg um sechs Uhr 45 mit dem IC abgefahren wäre, wäre er schon um elf Uhr 33 mit dem IC in Hannover gewesen.

Meine Damen und Herren! Diese kleine Geschichte beleuchtet wohl, wie „sinnvoll" Kurzstreckenfliegerei im Regionalbereich ist. Dieses Fliegen soll jetzt aus­geweitet werden. Wir wurden hellwach, als Minister von Waldenfels am 14. November letzten Jahres vor dem Wirtschaftsausschuß seinen Bericht über MBB gab und darin ausführte, ich zitiere:

Für das Regionalflugzeugprojekt gibt es noch keine definitive Entscheidung. Die Überlegungen gehen auf ein Flugzeug in der Größenordnung .un­terhalb des kleinen Airbus 8 A 320 für 80 bis 130 Passagiere, das in internationaler Kooperation ge­baut werden soll. Da ein derartiges Projekt ohne Förderung aus öffentlichen Mitteln nicht realisier­bar ist, bedarf es unserer gemeinsamen Anstren­gung, eine entsprechende politische Entscheidung beim Bund herbeizuführen.

Meine Damen und Herren! Eine verstärkte Förderung des Regionalfliegens ist durchaus verständlich, wenn es darum geht, zu überlegen, wie können wir dem Konzern MBB, der in den letzten Jahren 50 bis 70 Prozent seines Umsatzes mit Rüstungsgütern ge­macht hat, hetten, auf zivile Produkte umzustellen. Daraus rühren ja auch manche Überlegungen. Aber, meine Damen und Herren, wir müssen uns sehr klar darüber sein, daß das Fliegen, speziell auch das Re­gionalfliegen, ein ökologischer Unfug ist.

Wenn jemand mit dem Flugzeug fliegt, verbraucht er pro Kilometer vier- bis fünfmal soviel Energie wie bei der Fahrt mit der Eisenbahn. Die Flugzeuge stoßen ihre Abgase ohne Filter, ohne Katalysator aus und tragen erheblich dazu bei, daß in sensiblen Luft­schichten sehr viele Schadstoffe ausgetragen wer­den.

Deshalb ist auch die Enquete-Kommission des Deut­schen Bundestages zum langfristigen Klimaschutz zu der Empfehlung gekommen, weitgehend das Regio­nattliegen einzuschränken. Wir GRÜNEN sind daher der Meinung, daß wir jetzt nicht mit Steuermitteln das Regionalfliegen noch anschieben sollten. Und wir stehen möglicherweise am Anfang einer unheilvollen Entwicklung, meine Damen und Herren. Bisher wird

Page 27: 10. Sitzung - Bayerischer Landtag W… · 10. Sitzung am Dienstag, dem 5. März 1991, 15.00 Uhr, in München Geschäftliches ..... 454, 468, 470 Währungs-, Wirtschafts-und Sozialunion

Plenarprotokoll 12/10 v. 05.03.91 Bayerischer Landtag · 12. Wahl~ 479

(Kamm [DIE GRÜNEN])

ja im Kurz- und Mittelstreckenbereich noch relativ wenig geflogen. Aber wenn wir jetzt die Schleusen öffnen und durch Subventionen dazu beitragen, daß das Fliegen auch im Kurzstreckenbereich billig wird,

(Allgemeine Unruhe - Glocke des Präsidenten)

kann es uns doch passieren, daß wir in zehn, 15 Jah­ren eine große Flotte dieser Flugzeuge haben, daß wir viele Regionalflughäfen haben. Beispielsweise höre ich, daß auch der Regionalflughafen im Allgäu wieder in die Diskussion gebracht wird.

(Abg. Diethei: Das ist überhaupt nicht wahr!)

- Oh, Herr Diethei, dann sind Sie als Kemptener, der Sie sich ja so rühmlich dafür eingesetzt haben, daß dort die Müllverbrennungsanlage nicht fertiggebaut wird,

(Abg. Diethei: Natürlich!)

aber nicht ausreichend informiert,

(Abg. Diethei: Ausreichend! -Weitere Zurufe von der CSU)

daß von Ihrer Partei, nachdem im Regionalen Pla­nungsverband der Flughafen ad acta gelegt worden ist, wieder Leute dabei sind zu schreiben und sich an die IHK gewandt haben.

(Abg. Diethei: Wer denn bitte schön, wer denn? - Abg. Wengenmeier: Wer denn, wer

denn?)

- Wissen Sie nicht? Also ich habe die Zeitungsartikel jetzt nicht dabei.

(Abg. Diethei: Ach, das ist aber schade!)

Ich gebe sie Ihnen gerne, weil im Herbst für uns ein Alarmzeichen war, daß dies im Allgäu auch schon wieder erwogen wird.

(Zuruf des Abg. Wengenmeier)

- Ich gebe es Ihnen gerne, Herr Wengenmeier.

(Abg. Diethei: Das war ein Fehlalarm! Solche Sprüche! Hinten und vorn keine Namen nennen, und dann solche Erklärungen

abgeben! Was Sie sagen, ist einfach falsch!)

- Herr Diethei, sind Sie denn bereit, den Zeitungsarti­kel von mir in Empfang zu nehmen? Ich kann doch nicht immer alles dabeihaben!

(Abg. Diethei: Ich nehme von Ihnen alles entgegen, wenn es etwas Vernünftiges ist, aber meistens ist es nichts Vernünftiges!)

-' Prima, Herr Diethei, über Kleinigkeiten kann man sich mit Ihnen ja einigen.

Jetzt machen wir aber weiter beim Thema Regional­flugzeuge. Wenn wir dazu beitragen, daß jetzt viele dieser Flugzeuge gebaut werden, werden - natürlich mit Steuermitteln - auch die entsprechenden Flughä­fen gebaut, unq dann werden wir möglicherweise

eine Kultur haben, in der es üblich ist, zum Eishok­key-Bundesligaspiel nach Hamburg zu fliegen,

(Zuruf von der CSU: In Hamburg gibt es keine Eishockey-Bundesligamannschaft!)

am verlängerten Wochenende Kurzurlaub an einer Sonnenküste zu machen, wenn es hier Nebeltage gibt, wobei für Kurzstreckenflüge an die Sonnenkü­ste im Preisbereich von vielleicht 150 DM viele, viele Interessenten in Frage kommen. Seien wir doch ehr­lich! Die meisten von uns, mich eingeschlossen, hät­ten bei bestimmten Wetterlagen viel Spaß, wenn sie für 150 DM wirklich mit einem Kurzstreckenflug nach Jugoslawien oder Italien fliegen und dort ein schö­nes, sonniges Wochenende verbringen könnten.

(Abg. Diethei: Zugfahren ist schöner!)

Eine solche Versuchung ist doch groß! Also müssen wir ökologisch aufpassen und ökologisch nachden­ken.

Deshalb, meine Damen und Herren, sagen wir: Weh­ret den Anfängen und tragt jetzt nicht durch eine fal­sche Subventionierung dazu bei, daß das Regional­fliegen auch noch künstlich billig und damit attraktiv gemacht wird.

Ein drittes Argument, und da wende ich mich gerade - Herr von Gumppenberg ist da, Herr Zech ist da - an die Vertreter der FDP.

(Zuruf von der FDP: Es sind noch mehr da!)

Überall sagen wir, wir wollen die Subventionen verrin­gern.

(Abg. Freiherr von Gumppenberg: Hören Sie doch damit auf!)

Es gibt ja guten Grund, manche Subvention zu ha­ben, beispielsweise im Wohnungsbereich und bei­spielsweise im Landwirtschaftsbereich. Aber es macht doch keinen Sinn, Luxuskonsum oder Ge­schäftsreisen durch Subventionen künstlich billig zu machen. Geschäftsreisen mit dem Flugzeug soll es in vielen Fällen durchaus geben; aber die Geschäfts­leute können das ja zahlen, ihnen brauchen wir das Fliegen nicht zu verbilligen. Zum Luxuskonsum durch Subventionen erst zu verlocken,.macht noch viel we­niger Sinn.

Wir sagen unserer Gesellschaft, wir wollen Subven­tionen kürzen. Es gab ja einmal - ich glaube, bei der letzten Bildung einer Bundesregierung vor vier Jah­ren - einen Minister von Ihnen, der sagte, er habe im Tresor eine Liste mit Subventionskürzungen von eini­gen zig Milliarden. Er hat den Tresor leider nie aufge­macht. Aber wenn so etwas möglich ist, sollten Sie hier sagen: Auch für das Fliegen noch Subventionen zu leisten ist wirklich nicht in unserem Interesse.

Deshalb, meine Damen und Herren, meine ich, Sie sollten mit uns dem Antrag in der umformulierten Form, die mein Fraktionskollege Dr. Magerl vorge­schlagen hat, zustimmen. Sie machen sich dann so­wohl um die Ökologie als auch um den Subventions­abbau in unserer Gesellschft verdient.

Page 28: 10. Sitzung - Bayerischer Landtag W… · 10. Sitzung am Dienstag, dem 5. März 1991, 15.00 Uhr, in München Geschäftliches ..... 454, 468, 470 Währungs-, Wirtschafts-und Sozialunion

480 Bayerischer Landtag · 12. Wahlperiode ,Plenarprotokoll 12110 v. 05. 03. 91

Zweiter Vizepräsident Dr. Rothemund: Nächster Redner ist Herr Kollege Dinglreiter. Bitte!

Dinglreiter (CSU): Herr Präsident, meine sehr verehr­ten Damen und Herren! Ich möchte die Leidensge­schichte, mit der Herr Kamm begonnen hat, nicht er­weitern; ich könnte sie leicht um einige persönliche Erfahrungen auf der Straße und mit der Bahn berei­chern. Aber es führt nicht weiter, Herr Kamm, wenn Sie Ihre Argumentation, weil sie schwach ist, mit Ver­mutungen und Verdächtigungen zu untermauern ver­suchen wie eben damit, wir bräuchten neue Flughä­fen und ähnliches mehr.

(Abg. Kamm: Die CSU in Augsburg kämpft darum!)

Das, was hier mit „Regionalflugzeug" gemeint ist, hat mit der Relation Augsburg - Frankfurt, die Sie eben angezogen haben, überhaupt nichts zu tun, sondern es geht um ein Regionalflugzeug für Europa, um ein Regionalflugzeug, das eine Reichweite von 2000 km hat und europäische Verkehrsverbindungen erschlie­ßen soll. Dies ist wohl etwas anderes als Ihr Fahrplan zwischen Augsburg und Frankfurt. Hier werden wir auf das Flugzeug auch künftig nicht verzichten kön­nen.

(Abg. Diethei: Da fehlt wieder einmal der Durchblick!)

Wir entwickeln absolut keine Kultur des Fliegens, sondern wir entwickeln eine sinnvolle Abstimmung der Verkehrsträger und der Verkehrssysteme im ein­zelnen, und dazu gehört eben auch das Flugzeug in Europa.

Ich denke; wenn Sie so vehement gegen die Fliegerei sind, sollten Sie wenigstens Ihre GRÜNEN-Kamera­den und -Kameradinnen überall im lande dahin be­lehren, daß sie nicht dauernd die Entwicklung des ICE stören. Obwohl die Strecke München-Nürnberg noch nicht festliegt, haben wir das Problem, daß Ihre Leute schon wieder Protestversammlungen veran­stalten, um das Projekt zu verhindern.

(Abg. Kamm: Was?)

Hier müssen Sie konsequent bleiben.

(Weiterer Zuruf des Abg. Kamm)

- Moment! Ihre Leute laden im Altmühltal zu einer Veranstaltung im April ein, obwohl noch keine Ent­scheidung getroffen ist.

(Abg. Kamm: Mit CSU-Bürgermeistern!)

Nun aber konkret zur Sache. Ihr Antrag, das habe ich schon im Wirtschaftsausschuß deutlich gemacht, richtet sich an die falsche Adresse; denn die Zustän­digkeit für eine Förderung liegt nicht beim Freistaat, sondern ganz eindeutig beim Bund.

Ein zweiter Punkt! Bayern hat, das will ich ganz deut­lich hinzufügen, ein legitimes Interesse an der Ent­wicklung eines solchen Regionalflugzeuges, weil zu­gesichert ist, daß Bau und Montage in Oberpfaffen­hofen erfolgen sollen. Damit entstehen wichtige Hochtechnologiearbeitsplätze für unser Land.

Ein Drilles! Sie wissen auch, daß die Entwicklung ei­nes derartigen Technologieprojekts ohne Subvention des Staates nicht mehr möglich ist. Wir in Bayern sind aber gerade auch deswegen an der Entwicklung eines solchen Flugzeuges interessiert, weil damit eine Chance besteht, daß Rüstungsproduktion durch zivile Produktion ersetzt werden kann. Es ist deshalb im Interesse Bayerns, Ihren Antrag abzulehnen.

(Beifall bei der CSU)

Zweiter Vizepräsident Dr. Rothemund: Nächster Redner Herr Kollege Naumann.

Neumann (SPD): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Leidensgeschichte, mit der der Kollege Kamm seinen Beitrag begonnen hat, hat mit dem Thema, das wir im Moment diskutieren, nichts zu tun. Dasselbe gilt für einen Flughafen Kempten. Ich be­danke mich im übrigen für die Unterrichtung in Sa­chen Fahrplangestaltung der Deutschen Bundes­bahn.

Sie, Herr Kollege Kamm, haben über das Fliegen ge­sprochen. Das Fliegen schlechthin hat in der Tat öko­logisch problematische Auswirkungen. Das ist be­kannt, und mit ihnen setzen wir uns auch tagtäglich auseinander. Aber wenn man sie so stark betont, wie Sie das tun, muß man auch konsequent sein und den Ausbau des Hochgeschwindigkeitssystems ICE voll unterstützen.

Aber genau das haben die GRÜNEN im Bundestag, als es noch eine GRÜNEN-Fraktion dort gab, nicht getan, sondern Ihre Kollegen im Bundestag haben zu dem Hochgeschwindigkeitssystem - ich sage es ein­mal vorsichtig - immer ein gebrochenes Verhältnis gehabt. Von einer Unterstützung konnte überhaupt keine Rede sein. Das gilt auch für Einzelstrecken, beispielsweise zwischen Köln und Frankfurt.

An dieser Stelle muß ich noch folgendes sagen: Wenn man ein Beförderungsmittel dermaßen konse­quent ablehnt, wie Sie das mit dem Flugzeug tun, hat das natürlich auch für die eigene Person Konsequen­zen. Dann müssen selbstverständlich auch Politiker · der GRÜNEN auf das Fliegen völlig verzichten. An­ders geht es nicht.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Die ganze Diskussion über dieses Thema leidet unter einer falschen Be­zeichnung. Wenn wir im Bayerischen Landtag früher bei anderen Gelegenheiten von „Regionalflugver­kehr" gesprochen haben, haben wir Strecken wie die zwischen Hof und Frankfurt oder die zwischen Mün­chen und Saarbrücken gemeint. Solche Relationen sind „Regionalflugverkehr".

Aber das Flugzeug, um das es hier geht, das wurde eben schon ausgeführt, fliegt über ganz andere Ent­fernungen, nämlich in etwa 1800 oder 2000 km, ist also - das wurde auch schon gesagt - ein Regional­flugzeug für Europa, d. h. für europäische Verdich­tungsräume, und hat mit Bereichen, die wir in Bayern und in Deutschland als „Regionen" bezeichnen, überhaupt nichts zu tun. Die beteiligte Firma wäre

Page 29: 10. Sitzung - Bayerischer Landtag W… · 10. Sitzung am Dienstag, dem 5. März 1991, 15.00 Uhr, in München Geschäftliches ..... 454, 468, 470 Währungs-, Wirtschafts-und Sozialunion

Plenarprotokoll 12110 v. 05.03.91 Bayerischer Landtag . 12. Wahlperiod<\ • 481

(Naumann [SPD])

sehr gut beraten, würde sie das Flugzeug anders als „Regionalflugzeug" benennen. Sonst ergibt sich, wie wir es gerade erlebt haben, eine völlig falsche ver­kehrspolitische Diskussion.

zweitens. Im Moment ist bei MBB nur die Rede von einer E n t w i c k 1 u n g dieses Flugzeugs; es ist noch nicht einmal die Rede von der Produktion. Nun gut, gehen wir einmal davon aus, daß den meisten Ent­wicklungen irgendwann eine Produktion folgt. Daraus folgt doch noch lange nicht, daß dieses Flugzeug in der Bunderepublik auch tatsächlich zum Einsatz kommen muß!

(Zuruf)

- Zum Beispiel in anderen Ländern. Das ist ein Ex­portartikel. In anderen Ländern, z.B. in den USA, wird ebenfalls an der Entwicklung und Produktion einer in etwa ähnlichen Maschine gearbeitet.

Die Lufthansa-Maschinen sind zur Zeit im Inlandsver­kehr der BRD etwa zu 65 Prozent ausgelastet. So ge­sehen, wäre es für bestimmte Strecken sogar sinn­voll, wenn wir nicht mit Boeing flögen, sondern mit einer kleineren Maschine.

Auch wenn in der Bundesrepublik Deutschland eine solche Maschine nicht entwickelt wird, so wird sie doch mit Sicherheit irgendwo anders entwickelt. Der internationale Markt an Maschinen aller Art ist wegen Übernachfrage nahezu zusammengebrochen. In der Tat werden heute Maschinen, die fünfzehn oder zwanzig Jahre alt sind, und zwar egal in welcher Grö­ßenordnung, zu Preisen gehandelt, die höher liegen als der ursprüngliche Preis, zu dem sie gekauft wor­den sind. Das ist so, als könnte man beispielsweise heute ein fünfzehn Jahre altes Auto teurer verkaufen als zum alten Preis, zu dem es gekauft worden ist.

Meine Damen und Herren, daraus kann man aber nicht den Umkehrschluß ziehen, wir würden, weil wir gegen diesen Antrag stimmen, jegliche Subventions­höhe für jegliches Flugzeug befürworten. Die Firma DASA oder MBB muß natürlich in der Lage sein, zu erklären, was das Flugzeug kostet, mit welchen Zeit­räumen gerechnet werden muß und welche öffentli­chen Gelder bis zur Produktionsreife notwendig sind.

Wir werden bei diesem Thema die Airbus-Erfahrun­gen nicht vergessen. Wenn es an die Bewilligung der öffentlichen Gelder geht, werden wir selbstverständ­lich die alten Airbus-Erfahrungen heranziehen und sehr genau prüfen, ob Entwicklung und Produktion tatsächlich zu verantworten sind. Das ist doch ganz klar.

Der letzte und wichtigste Punkt ist die Frage: Will man die beginnende Konversion arbeitsmarktpoli­tisch absichern? Das werden wir nicht mit Kofferra­dios und Fernsehapparaten tun können; das geht in dem hochentwickelten und hochtechnisierten Pro­duktionsland BRD nicht. Das werden wir in der Tat nur mit High-Tech-Produkten erreichen können. Da wird es eine Reihe solcher Produkte geben, die wir

tatsächlich bis zur Rentabilität für den Markt öffent­lich fördern müssen. Das wird vor allen Dingen in den Regionen so sein, wo eine örtlich konzentrierte Rü­stungsindustrie vorhanden ist. Das ist in Südbayern der Fall. Deshalb können wir jetzt aus arbeitsmarkt­politischen Gründen die 10000 Arbeitnehmer, deren Arbeitsplatz aus Konversionsgründen gefährdet ist, nicht im Stich lassen.

(Beifall bei der SPD -Abg. Dr. Zech: Vor allem, wo uns das nichts kostet!)

Zweiter Vizepräsident Dr. Rothemund: Nächster Redner, Kollege Freiherr von Gumppenberg !

Freiherr von Gumppenberg (FDP): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will zwar die Debatte nicht unnötig verlängern, aber, Herr Kamm, Sie ge­ben mir Veranlassung, dieses Thema noch einmal aufzugreifen.

Hier besteht ein extremer Widerspruch. Ich sehe mich veranlaßt, über diesen Widerspruch zu spre­chen, nachdem ich immer noch einen Antrag von Ih­nen zum Thema Milan-Raketen/MBB vor Augen habe, dem ich auch noch zugestimmt habe, wie ich schmerzlich bemerken muß. Herr Kamm, ich glaube, daß Sie den ganz, ganz großen Fehler begehen, mit Schaufensteranträgen den Versuch zu unternehmen, zum einen dieses Hohe Haus und zum anderen die Öffentlichkeit zu täuschen.

(Beifall bei der FDP und der CSU -Abg. Diethei: Mit unrichtigen Fakten!)

Herr Kamm, ich ergreife die Gelegenheit, weil immer wieder das Stichwort MBB fiel. Als junger Parlamen­tarier kann ich das ruhig einmal sagen: Ich habe in gutem Glauben, im Vertrauen auf Ihre Ernsthaftigkeit und die sachliche Prüfung von Anträgen einem An­trag ihrerseits zugestimmt, weil ich angenommen habe, daß jemand, der einen Antrag stellt, so genau recherchiert, daß der Antrag seine Richtigkeit hat. Ich bin von Ihnen getäuscht worden, Herr Kamm.

(Zustimmung bei der FDP und der CSU)

Ich will hier keine rüstungspolitische Debatte führen, sondern zu Ihrem Antrag betreffend Subventionie­rung von Regionalflugzeugen sprechen. Ich kann doch nicht einerseits - da liegt der Widerspruch, in den Sie sich begeben, und deswegen habe ich die Milan-Raketen noch einmal angesprochen - glaub­haft und wohlgemerkt berechtigterweise fordern, Herr Kamm, daß unsere Industrie - insoweit stimme ich mit dem Kollegen der SPD, Herrn Naumann, voll­ends überein - die Waffenexporte reduziert und an­dererseits diese Industrie, von der ich verlange, daß sie diesen Bereich reduziert, in dem sie bisher expor­tiert hat, nicht mehr so subventioniere, wenn sie sich im zivilen Bereich bewegt. Das ist eine Unlogik, Herr Kamm, und deswegen lehne ich Ihren Antrag ab.

(Beifall bei der FDP)

Zweiter Vizepräsident Dr. Rothemund: Weitere Wortmeldung? - Bitte, Herr Kollege Kamm!

(Zurufe von der CSU: Roßtäuscher!)

Page 30: 10. Sitzung - Bayerischer Landtag W… · 10. Sitzung am Dienstag, dem 5. März 1991, 15.00 Uhr, in München Geschäftliches ..... 454, 468, 470 Währungs-, Wirtschafts-und Sozialunion

482 llllyertscher Landtag · 12. Wahlperiode Plenarprotokoll 12110 v. 05.03.91

Kamm (DIE GRÜNEN): Rufen Sie ruhig kräftig weiter „Täuscher". Ich sage zwei Sätze zu dem Sachverhalt, den der Herr von Gumppenberg so fürchterlich ge­wurmt dargestellt hat. Wir können das dann in der einschlägigen Debatte im Haushaltsausschuß am Donnerstag austragen.

Die Milan-Geschichten von MBB und Euromissile sind 1981 abgeschlossen worden.

(Abg. von Gumppenberg: Jetzt sagen Sie es!)

Im Januar 1991 - hören Sie bitte zu - haben der FDP­Wirtschaftsminister und der SPD-Außenminister einer Restlieferung von ca. 2000 Stück an Indien zuge­stimmt. Das wurde mir erst gesagt, nachdem unser Antrag in der Presse gestanden war. Vorher hat man mir gegenüber die Aussage verweigert. Das ist der Sachverhalt. Herr von Gumppenbe'tg, ich schlage Ih­nen vor, daß wir darüber am Donnerstag im Haus­haltsausschuß diskutieren. Lassen Sie uns jetzt über Regionalflugzeuge diskutieren!

Zweiter Vizepräsident Dr. Rothemund: Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen von Gumppenberg?

Kamm (DIE GRÜNEN): Ungern.

Freiherr von Gumppenberg (FDP): Auch wenn es ungern geschieht, frage ich Sie: Beziehen Sie Ihre In­formationen ausnahmslos aus den Medien, so auch die Antragstellung bezügßch der Milan-Raketen? Ich frage Sie: Woher haben Sie die Information, daß es sich um 2000 Stück handelt? Ich habe meinerseits auch recherchiert. Ich frage Sie also: Woher beziehen Sie diese Information?

Kamm (DIE GRÜNEN): Herr von Gumppenberg, wenn ich als Grüner im Bonner Wirtschafts- oder Au­ßenministerium anrufe, habe ich natürlich nicht die Möglichkeiten, die ein FDP-Abgeordneter hat, zumal wenn er vor Ort unter Druck ist, weil sein Wirtschafts­und sein Außenminister offensichtlich eine politisch sehr brisante Entscheidung getroffen haben.

(Zurufe von der FDP)

Es ist sehr naheliegend, woher ich meine Information habe. Sie haben doch den „Spiegel" lesen können. Sie brauchen nur den Autor anzurufen, der lange zu dem Thema recherchiert und die Zahlen auf den Tisch gelegt hat.

(Abg. von Gumppenberg: Geben Sie eine Antwort, Herr Kamm! - Weitere Zurufe von der FDP und der CSU - Unruhe - Glocke

des Präsidenten)

- Ich habe die Antwort doch gegeben. Wer ist denn so aufgeregt, daß er nicht mehr hören kann? Ich bitte Sie!

Kommen wir zurück zu den Regiona~lugzeugen!

Achten Sie bitte darauf: Wir haben keinen Antrag ge­stellt, die Regionalfliegerei zu verbieten, sondern den

Antrag gestellt, nicht zu subventionieren. Wenn Sie der Meinung sind, Herr Naumann, daß eine Nachfrage da ist, frage ich Sie: Warum entwickeln die Konzerne das Flugzeug dann nicht auf ihre Kosten? Ist denn der Konzern Daimler-Benz/MBB nicht der Konzern, der im Jahre 1990 den größten Gewinn in Deutsch­land erwirtschaftet hat? Sind diese Firmen denn nicht in der Lage, das zu tun? Laufen denn nicht gerade GATI-Verhandlungen, bei denen es darum geht, Wettbewerbsverzerrungen im Außenhandel abzu­bauen, weswegen solche Subventionen tunlichst ver­mieden werden sollen? Wenn wirklich die Nachfrage da wäre, könnten die Konzerne die Entwicklung selbst bezahlen.

Meine Damen und Herren! Wir hatten vor vier Jahren im Landtag weitgehend dieselbe Debatte, als es um den Müll ging. Damals haben wir GRÜNEN als manchmal die letzten Marktwirtschaftler in diesem lande dafür gekämpft, daß nach dem Verursacher­prinzip alle Kosten der Müllbeseitigung, der Mülltren­nung und des Müllrecyclings auf die Müllgebühren aufgeschlagen werden; über den sozialen Ausgleich haben wir sehr wohl auch geredet. Damals waren wir so die letzten Marktwirtschaftler. Ich verstehe nicht, wie Sie in einer Marktwirtschaft für das Fliegen Sub­ventionen verlangen wollen. Mit dem Argument der Arbeitsplätze bei MBB muß man sich ernsthaft aus­einandersetzen. Alle anderen Argumente aber ziehen doch nicht, Herr von Gumppenberg. Wenn die Nach­frage gegeben ist, dann ist auch die Firma Daimler Benz/MBB in der Lage, diese Entwicklung zu bezah­len.

Meine Damen und Herren, machen Sie deshalb einen Anfang und sprechen Sie sich gegen diese Subven­tion aus.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zweiter Vizepräsident Dr. Rothemund: Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor, wir kommen zur Abstimmung. Die Ausschüsse empfehlen die Ab­lehnung des Antrags. Wer entgegen dieser Empfeh­lung für die Annahme ist, den bitte ich um das Hand­zeichen. -, Fraktion DIE GRÜNEN. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen! - Das ist das übrige Haus. Stimmenthaltungen? - Keine. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich rufe auf Ziffer 8 der Liste:

Drlngllchkeltsantrag der Abgeordneten Paulig, Schramm, Scheel und anderer und Fraktion betref­fend Raumordnungsverfahren für die Errichtung und den Betrieb eines Technologie- und Recyclingzen­trums, bestehend aus Metallaufbereitung und Um­schmelzanlagen für Nichteisenmetalle und Neben­einrichtungen (Drucksache 121414)

Über die Beratungen des Ausschusses tür Landes­entwicklung und Umweltfragen (Drucksache 12/488) berichtet Frau Kollegin Paulig. Ich erteile ihr das Wort.

Frau Paullg (DIE GRÜNEN), Berichters t a tt e -r i n: Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren!

Page 31: 10. Sitzung - Bayerischer Landtag W… · 10. Sitzung am Dienstag, dem 5. März 1991, 15.00 Uhr, in München Geschäftliches ..... 454, 468, 470 Währungs-, Wirtschafts-und Sozialunion

l

Plenarprotokoll 12/10 v. 05.03. 91 Bayerischer Landtag · 12. Wahlperiode . 483

(Frau Paulig [DIE GRÜNEN])

.Jn dem Dringlichkeitsantrag, der am 7. Februar im Umweltausschuß beraten wurde, geht es darum, für die Errichtung und den Betrieb eines Technologie­und Recyclingzentrums zur Umschmelzung von Nichteisenmetallen durch die Firma Bruch im Land­kreis Neustadt an der Aisch/Bad Windsheim ein Raumordnungsverfahren durchzuführen. Auf die ein­zelnen Argumente, die in der Aussprache im Umwelt­ausschuß gebracht worden sind, werde ich in mei­nem Redebeitrag eingehen.

Die Mitberichterstatterin, Frau Schweder, hat es nicht für notwendig gehalten, daß ein Raumordnungsver­fahren durchgeführt wird, weil diese Anlage in einem Gemeindegebiet angesiedelt und dafür auch die Ge­meinde verantwortlich sei. - Nun kenne ich keine Bauvorhaben, die nicht in einem Gemeindegebiet an­gesiedelt wären. Nein, das gehört nicht zur Berichter­stattung.

Der Vertreter der Staatsregierung, Regierungsdirek­tor Te t z n er vom Umweltministerium, erklärte, daß die Regierung von Mittelfranken die Frage der über­örtlichen Raumbedeutsamkeit geprüft habe. Er konnte jedoch keine Gründe angeben,. warum das Vorhaben nicht raumbedeutsam sei.

Diese fehlenden Aussagen führten dann im Verlauf der Debatte dazu, daß die SPD beantragte, die Be­handlung des Antrags um 14 Tage zu vertagen, damit · die Staatsregierung Gelegenheit habe, ihre Argu­mente in die Ausschußdebatte einzubringen. Diesem Vertagungsantrag, dem ich zustimmte, hat die CSU nicht zugestimmt. Bei Stimmengleichheit wurde der Vertagungsantrag mit acht Stimmen der CSU abge­lehnt, wobei ein CSU-Mitglied für die Vertagung stimmte.

In der Abstimmung über den Antrag selbst wurde der Antrag dann gegen die Stimmen der SPD, der GRÜ­NEN und der FDP abgelehnt.

Ergänzend sei noch festgestellt, daß Herr Dr. Ritzer eine persönliche Erklärung abgegeben hat, daß er für dieses Raumordnungsverfahren gestimmt habe, weil seine Zweifel nicht hätten ausgeräumt werden kön­nen, ob diese Frage sachgerecht geprüft worden sei.

Zweiter Vizepräsident Dr. Rothemund: Danke für die Berichterstattung. Ich eröffne die Aussprache. Frau Kollegin, Sie haben das Wort!

Frau Paullg (DIE GRÜNEN): Bei dem vorliegenden Bauvorhaben im Landkreis Neustadt an der Aisch/ Bad Windsheim handelt es sich um eine Umschmelz­anlage für Nichteisenmetalle, die doch einen erhebli­chen Umfang annimmt. Bereits im Januar wurde ein Erörterungsverfahren zur bundesimissionsschutz­rechtlichen Genehmigung durchgeführt. Dieses Erör­terungsverfahren wurde nach zwei Tagen abgebro­chen, weil wesentliche Fragen nicht beantwortet wer­den konnten. Zum einen wurde die meteorologische Situation nicht ausreichend geprüft, zum anderen konnte über den Input dieser Anlage nichts ausge­sagt werden. In diesem Werk, das in einer gut 2000

Einwohner zählenden Gemeinde angesiedelt werden soll, werden auf etwa zehn Hektar Betriebsfläche im 24-Stunden-Schichtbetrieb Aluminiumlegierungen produziert. Wir haben insgesamt einen erheblichen Durchsatz. Aus den Antragsunterlagen ergibt sich, daß stündlich ungefähr 130000 Kubikmeter Abgas abgegeben werden sollen, was einem Stundendurch­satz von 23,6 Tonnen entspricht.

(Abg. Rudolf Engelhard: Der Herr Kamm hat gesagt, man soll nicht vorlesen!)

- Ich lese nicht vor, wenn ich aber Zahlen nenne, dann nenne ich sie aus den Unterlagen, weil ich sie nicht alle auswendig gelernt habe. Ich denke, daß das doch einer qualifizierten Rede entspricht.

(Abg. Rudolf Engelhard: Dann sagen Sie das auch dem Herrn Kamm!)

In der morgigen Fragestunde wird von Herrn Lo­scher-Frühwald von der CSU eine Frage gestellt wer­den, die sich auf ein anderes Metallhüttenwerk in Neustadt an der Aisch bezieht. Da fragt der Kollege Loscher-Frühwald, ob derartige Metallhüttenwerke bezüglich Dioxinfreisetzung den Bestimmungen der Bundesimmissionsschutzverordnung unterliegen, die für Müllvertirennungsanlagen gelten, ob also bei Dioxinen und Furanen der TE-Wert von 0, 1 Nano­gramm eingehalten werden muß. Darauf kann ich Herrn Loscher-Frühwald bereits jetzt sagen, daß dies für Recycling-Anlagen nicht zutrifft. Dieses Werk kann also freisetzen, soviel es lustig ist, weil dort kein Grenzwert greift, wie er bei Müllverbrennungsanlagen nach der Bundesimmissionsschutzverordnung grei-fen muß. ·

Es gibt die Erklärung des Landesamtes für Umwelt­schutz, die eine Emission von fünf Nanogramm TE pro Kubikmeter Abgas für realistisch hält. Dies ent­spricht in etwa dem Ausstoß von 50 Müllverbren­nungsanlagen nach dem neuesten Standard. Dies sei nur gesagt, um zu sehen, in welcher Dimension Frei­setzung von Dioxinen und Furanen zu erwarten ist.

Für dieses Werk soll nun ein Raumordnungsverfah­ren nicht durchgeführt werden. Bezeichnend war, daß· der Vertreter der Staatsregierung in der Aus­schußdebatte nicht darlegen konnte, welche Überle­gungen die Regierung von Mittelfranken veranlaßt ha­ben, kein Raumordnungsverfahren durchzuführen. Es war wirklich blamabel, daß im Ausschuß keine Sach­debatte geführt werden konnte. Wie Ihnen bekannt sein dürfte, hat sich auch der Bürgermeister von Bad Windsheim, einem Ort mit Kur- und sonstigen Erho­lungs- und Genesungseinrichtungen, gegen dieses Vorhaben ausgesprochen, weil Bad Windsheim in der Hauptwindrichtung liegt und dort mit erheblichen Im­missionen zu rechnen wäre.

Weiter ist festzustellen, daß in der Nähe dieses Werks die Naturparke Frankenhöhe und Steigerwald liegen, die auch erhebliche lmmissionen,zu erwarten

. hätten. In diesen Naturparken ist ein Biosphären­reservat geplant.

Deshalb meine ich, daß man mit diesem Werk nicht so leichtfertig umgehen kann. Neben weiteren Bür­germeistern, die sich für ein Raumordnungsverfahren

Page 32: 10. Sitzung - Bayerischer Landtag W… · 10. Sitzung am Dienstag, dem 5. März 1991, 15.00 Uhr, in München Geschäftliches ..... 454, 468, 470 Währungs-, Wirtschafts-und Sozialunion

484 Bayerischer Landtag · 12. Wahlperiode • Plenarprotokoll 12/10 v. 05.03.91

(Frau Paulig [DIE GRÜNEN])

ausgesprochen haben, hat sich auch die Schutzge­meinschaft Deutscher Wald an die Regierung von Mittelfranken gewandt und ebenfalls um die Durch­führung eines Raumordnungsverfahrens gebeten, weil gerade die Träger öffentlicher Belange bei die­sem Werk nicht gehört worden seien, weder die Was­serwirtschaft noch die Forst- und Landwirtschaft, der Naturschutz und die Verkehrswirtschaft. Aufgrund des Umsatzes und der Dimension dieses Werkes sind eben ganz erhebliche strukturelle und ökologi­sche Belastungen zu erwarten.

Ich habe eingangs bereits erwähnt, daß der Erörte­rungstermin unterbrochen wurde. Dies gäbe die Möglichkeit, doch ein Raumordnungsverfahren einzu­leiten, ohne die Planung allzu sehr zu verzögern. Da­mit würden die planungsrechtlichen Bestimmungen, die wir in Bayern aus gutem Grunde haben, auch bei dieser Anlage Fuß fassen.

Ich möchte noch einmal daran erinnern, daß man Dioxin- und Furanbelastungen, die etwa dem Ausstoß von 50 Müllverbrennungsanlagen entsprechen, nicht auf die leichte Schulter nehmen kann. Hier geht es darum, die Standortfrage zu klären. Es ist gut mög­lich, daß sich in einem Raumordnungsverfahren gün­stigere Standorte finden lassen. Im nächsten Schritt, bei der Erörterung im Rahmen des Baugenehmi­gungsverfahrens, geht es darum, darauf hinzuwirken, daß dieses Werk mit anderen technischen Einrichtun­gen ausgestattet wird. Der Input der Nichteisenme­talle, die zu recyclen sind, muß ein anderer sein. Diese Metalle müssen gereinigt werden, um dann die Abluftsituation zu verbessern.

Ich denke, es wäre wirklich an der Zeit, die planungs­rechtlichen Notwendigkeiten greifen zu lassen, damit dieses Werk und sein Standort überprüft werden, um danach in die bundesimmissionsschutzrechtlichen Verfahren einzusteigen. Dies wäre der ordnungsge­mäße Weg.

Ich hoffe, daß Sie von der CSU sich heute doch dazu durchringen können, die Standortfrage mit Hilfe eines Raumordnungsverfahrens nach den Kriterien der Überörtlichkeit noch einmal zu prüfen. Ein Umkreis von zwei Kilometern reicht eben nicht aus. Die Aus­wirkungen dieser Umschmelzanlage werden wesent­lich größer und vehementer sein, als sie sich derzeit nach Ihrem Informationsstand vorstellen können.

Zweiter Vizepräsident Dr. Rothemund: Nächste Rednerin ist Frau Kollegin Schweder.

Frau Schweder (CSU): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Anlagen wie diese sind keine Seltenheit. Es gibt sie zu Dutzenden, es gibt sie auch in dichtbe­wohnten Städten. Die Stadt Burgbernheim möchte diese Anlage. Sie verspricht sich davon Arbeitsplätze und Einnahmen. Sie hat deswegen schon im vorigen Jahr ein Planfeststellungsverfahren durchgeführt, das am 1. Juli 1990 genehmigt wurde. Dabei wurden na­türlich auch Standorttragen geprüft und vor allen Din­gen auch die Belange des Umweltschutzes und des Naturschutzes, und es werden wasserrechtliche Um-

stände zu berücksichtigen. Ein Raumordnungsver­fahren, wie es jetzt von den GRÜNEN gefordert wird, brächte keine Erkenntnisse über die bereits vorlie­genden Detailkenntnisse hinaus.

Die Bevölkerung interessiert vor allen Dingen, ob von dieser Anlage Beeinträchtigungen der Umwelt und der Gesundheit zu erwarten sind. Aus diesem Grund läuft zur Zeit das immissionsschutzrechtliche Verfah­ren. Es ist bereits weit fortgeschritten, es wird jetzt noch ergänzt durch ein meteorologisches Gutachten, das Auskünfte über Windverhältnisse und mögliche Beeinträchtigungen in der weiteren Umgebung ge­ben soll. Dieses Verfahren läuft bereits, und es sollte nicht unterbrochen werden.

(Frau Abg. Paulig: Es ist aber schon unterbrochen!)

Wir sprechen dieser Anlage, die in ihrer Größenord­nung relativ klein ist, ganz ausdrücklich eine überört­liche Bedeutung ab. Wir meinen, daß das Verfahren so, wie es im Augenblick läuft, fortgeführt werden soll. Wir brauchen solche Recyclinganlagen. Man kann doch nicht, Frau Paulig, überall absolute Wert­stofftrennung fordern und davon sprechen, daß als Restmüll nichts mehr übrigbleiben soll, wenn man nicht trennt; man kann dann nicht der Bevölkerung sagen, daß die Aufbereitungsanlagen, die notwendig sind, um die gesammelten Rohstoffe zu verwerten, so schädlich sind, daß man sie verneinen müßte.

(Bettall bei der CSU)

Sie reden hier genauso doppelzüngig, wie Sie es beim Volksentscheid getan haben.

(Beifall bei der CSU)

Ein Antrag auf ein Raumordnungsverfahren, das eben keine weiteren Detailkenntnisse erbringen kann, ge­rade nicht die Kenntnisse, die Sie angesprochen ha­ben, würde die ganz dringend notwendige Anlage nur verzögern. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CSU)

Zweiter Vizepräsident Dr. Rothemund: Nächster Redner ist der Kollege Schultz. Bitte schön!

Schultz (SPD): Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die SPD-Fraktion stellt sich eindeutig hinter ein Raumordnungsverfahren. Ein solches ist bei der Größe der Anlage und dem Standort, an dem diese situiert werden soll, unbe­dingt erforderlich.

Lassen Sie mich zur Größenordnung etwas sagen. Sie läßt sich am besten an dem erkennen, was dort zu verarbetten ist und was hinterher entsorgt werden muß. Es sind jährlich etwa 2000 Tonnen Waschwas­serschlämme, 10000 Tonnen organische Shredder­teile, etwa 100 Tonnen Filterstäube; es sind pro Stunde etwa 130000 Kubikmeter Abluft, die durch vier bis zu 40 Metern hohe Kamine in die Luft gebla­sen werden, und das bei einer Anlage, die einen Energieverbrauch hat, der der US-Garnison in llles­heim bei Bad Windsheim entspricht.

Page 33: 10. Sitzung - Bayerischer Landtag W… · 10. Sitzung am Dienstag, dem 5. März 1991, 15.00 Uhr, in München Geschäftliches ..... 454, 468, 470 Währungs-, Wirtschafts-und Sozialunion

Plenarprotokoll 12/10 v. 05.03.91 Bayerischer Landtag · 12.Wahlperio<le ~ 485

(Schultz [SPD])

Insgesamt muß man sagen, daß jährlich etwa 180000 Tonnen Material angeliefert werden müßten mit den entsprechenden Konsequenzen aus der An- und Ab­lieferung für den gesamten Raum. Dies alles in einer Gegend, in einem Ort, der ein staatlich anerkannter Erholungsort ist, am Rande des Naturparks Franken­höhe; in einer Gegend, in deren Hauptwindrichtung wenige Kilometer weiter der Naturpark Steigerwald mit seinen Naturschutzgebieten liegt.

Der Standort liegt in der Nähe eines Gebietes, das im Regionalplan als „Gebiet mit besonderer Bedeutung für die Erholung" ausgewiesen ist. Wer kann hier noch davon reden, daß keine überörtliche Bedeutung gegeben sei, wo doch Fremdenverkehr und Erholung massiv beeinträchtigt werden können? Wie anders ließe sich dies nachprüfen, wenn nicht in einem Raumordnungsverfahren? Im übrigen wurde ein glei­ches Ansiedlungsvorhaben dieser Firma nach Ein­holung eines Umweltverträglichkeitsgutachtens in Crailsheim abgelehnt. Auch dies zeigt, daß hier nach­geprüft und nachgebohrt werden muß.

Die Überörtlichkeit ergibt sich auch daraus, daß die benachbarten Gemeinden mit Windsheim an der Spitze sich massiv tangiert fühlen. Das Gutachten ei­ner Firma aus Garching, das von Bad Windsheim und fünf anderen Nachbargemeinden eingeholt worden ist, zeigt massive Fehler der Vorlagen auf, auch er­hebliche Umweltprobleme, die von den bisherigen Prüfbehörden offenbar nicht bemerkt worden sind. So ist die Reststoffentsorgung nicht gesichert, für die Filterstäube sind keine Unterlagen vorgelegt wor­den, und es ist festzustellen, daß die landwirtschaftli­che Nutzung der umliegenden Böden nach fünf Jah­ren nur noch mit Einschränkungen möglich ist. Der Ausstoß von Dioxinen und Furanen ist gleichzuset­zen mit dem von 50 Müllverbrennungsanlagen.

Es ist nicht zu erwarten, daß allein im immissions­schutzrechtlichen Verfahren alle rechtserheblichen Einwendungen vorgebracht und zuverlässig und un­voreingenommen gewürdigt werden können. Die An­lage hat im gesamten Raum des Landkreises Neu­stadt a. d. Aisch/Bad Windsheim für Aufruhr gesorgt. Das ist ein weiterer und deutlicher Hinweis darauf, daß ihre Raumbedeutsamkeit gegeben ist. Für eine ähnliche Anlage der Firma SASAG in Geiselbullach hat man ein Raumordnungsverfahren angeordnet.

Ich bin auf die Antwort gespannt, Herr Loscher-Früh­wald, wenn morgen in der Fragestunde Ihre Frage aufgerufen wird, in der es darum geht, wie es mit Dioxinen und Furanen in Neustadt a. d. Aisch/Bad Windsheim aussieht. Wäre es nicht angemessen, sich schon im Vorfeld, wenn es zu verhindern gilt, daß sol­che Beeinträchtigungen vorkommen, dafür auszu­sprechen, daß alle denkbaren Verfahren durchgeführt werden? Die Bevölkerung hat einen Anspruch darauf.

Die Darstellung der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, aus der ich abschließend kurz zitieren möchte, ist, so glaube ich, eindeutig, daß sie für viele spricht, die sieh dazu geäußert haben. Die Schutzgemein­schaft Deutscher Wald führt aus, daß es sich bei der

Anlage um ein raumbedeutsames Vorhaben handelt. Der vorgesehene Standort der Aluminiumschmelzan­lage am Rande des Naturparks Frankenhöhe und in Hauptwindrichtung dem nur wenige Kilometer ent­fernten Naturpark Steigerwald vorgelagert bedarf hin­sichtlich seiner Unbedenklichkeit einer umfassende­ren Prüfung. Zu diesem Zweck erscheint die Anord­nung eines Raumordnungsverfahrens und in dessen Gefolge ein Umweltverträglichkeitsgutachten unbe­dingt notwendig. Ich habe erwähnt, daß ein solches in Crailsheim eingeholt wurde und zu einer Ablehnung geführt hat. Weiterhin ist die Beteiligung aller bisher noch nicht gehörten Träger öffentlicher Belange, so der Wasserwirtschaft, der Land- und Forstwirtschaft, des Naturschutzes, der Verkehrswirtschaft und ande­rer einschlägiger Verbände, notwendig.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bitte Sie deswegen alle, diesem Antrag zuzustimmen. Wir meinen jedenfalls, daß ein entsprechendes Raumord­nungsverfahren dringend nötig ist. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

zweiter Vizepräsident Dr. Rothemund: Das Wort hat der Herr Kollege Großer.

Großer (FDP): Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Daß wir derartige Recycling­Werke und -Firmen brauchen, ist unbestritten. Wenn wir aber das Vertrauen der Bevölkerung in solche An­lagen gewinnen wollen, müsse.n wir auch den vorge­sehenen rechtsstaatlichen Verfahrensweg einhalten.

(Zustimmung des Abg. Kamm)

Es ist nicht einzusehen, kleine Vorhaben wie zum Beispiel Stromtrassen und ähnliches einem Raum­ordnungsverfahren zu unterwerfen, ohne dies auch bei Anlagen mit einem Verkehr von 180000 Tonnen zu tun. Sie müssen sich doch nicht darum sorgen, meine Kolleginnen. und Kollegen von der CSU, daß eine Nichtgenehmigung das Ergebnis sein wird. Wir wollen die in der Bevölkerung entstehenden Zweifel, Verfahren würden umgangen, um einfach nach Bau­recht genehmigen zu können, ausräumen.

(Beifall bei der FDP)

Zweiter Vizepräsident Dr. Rothamund: Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

(Frau Abg. Paulig meldet sich zu Wort)

- Ich bitte, sich rechtzeitig zu Wort zu melden. Bitte, Frau Kollegin Paulig!

Frau Paullg (DIE GRÜNEN): Sehr geehrte Damen und Herren, Frau Schweder! Noch kurz einen Hin­weis. Die Firma hat den Betrieb der Anlage in Baden­Württemberg vollständig eingestellt, denn dort hat sich herausgestellt, daß der Boden erheblich mit Di­oxinen verseucht ist. Da Sie nun in der Debatte ange­führt haben, es seien Arbeitsplätze zu gewinnen, muß ich Ihnen sagen: Was wir im Gegenzug in der Land­wirtschaft, im Tourismus und im Naherholungsge­werbe verlieren können, ist ungleich größer. Auch das sollte in die Bilanz einfließen.

Page 34: 10. Sitzung - Bayerischer Landtag W… · 10. Sitzung am Dienstag, dem 5. März 1991, 15.00 Uhr, in München Geschäftliches ..... 454, 468, 470 Währungs-, Wirtschafts-und Sozialunion

486 Bayerischer Landtag · 12. Wahlperiode . Plenarprotokoll 12/10 v. 05.03.91

(Frau Paulig [DIE GRÜNEN])

Zum anderen: Wir GRÜNEN stehen zu Recyclinganla­gen, allerdings nach dem derzeit bestmöglichen technischen Standard, um die Emissionen gering zu halten. Werfen Sie uns also bitte nicht Zwiespältigkeit vor, denn im Erörterungsverfahren für die Anlage hat sich gezeigt, daß nach unzureichendem technischem Standard gearbeitet werden soll.

(Abg. Freiherr von Redwitz: Das wird doch im Raumordnungsverfahren gar nicht

geprüft!)

Deshalb der Widerstand im Erörterungsverfahren und der Abbruch des Verfahrens.

Zweiter Vizepräsident Dr. Rothemund: Wir kommen zur Abstimmung. Von den Ausschüssen wird Ab­lehn.ung vorgeschlagen. Wer entgegen dieser Emp­fehlung für die Annahme ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen der SPD, der

GRÜNEN und der FDP. Gegenstimmen bitte ich an­zuzeigen! - Das ist die Fraktion der CSU. Stimment­haltungen? - Keine.

(Abg. Langenberger: Von der CSU hat sicH einer enthalten! - Zustimmendes Nicken des

Abg. Loscher-Frühwald) ·

Damit ist der Dringlichkeitsantrag ab g e 1 e h n t.

Meine Damen und Herren, die Voten der Ausschüsse zu den übrigen Anträgen liegen Ihnen vor. Hinsicht­lich der zustimmenden Kenntnisnahme, die sich auf das Abstimmungsverhalten der eigenen Fraktion in den Ausschüssen bezieht, bitte ich um Ihr Handzei­chen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Da­mit übernimmt der Landtag die von den Ausschüssen empfohlenen Voten.

Das, was heute abzuhandeln war, ist erledigt. Ich schließe die Sitzung.'

(Schluß der Sitzung: 18 Uhr 23 Minuten)