90
Bayerischer Landtag · 1. Wahlperiode STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/1 00 25.09.74 100. Sitzung am Mittwoch, dem 25. September 1974, 9 Uhr, in München Geschäftliches . 5143, 5183 7. Angebliche Verfassungswidrigkeit der Lehr- Nachruf zum Tode des ehern. Abg. Egger . 5143 Geburtstagswünsche für die Abg. Fickler, Dr. Vorndran, Walter Alois Bauer und Dr. Schos- ser 5143 Mündliche Anfragen gem. § 79 GO 1. Besetzung des Lehrstuhls für Didaktik der englischen Sprache an der Universität Würz- burg Leeb (CSU) . Staatsminister Dr. Maier . 5143,5144 5143 2. Lücken im Entwurf des Landesentwicklungs- programms hinsichtlich des beruflichen Schulwesens in Mittelfranken Kick (SPD) Staatsminister Dr. Maier . 3. Zeitpunkt der Verstaatlichung der Städti- schen Wirtschaftsschule Kitzingen 5144 5144 Sauer {SPD) . 5144 Staatsminister Dr. Maier . 5144 4. Einstellung der Staatsregierung zum „Schul- versuch Alte Messe" Kamm {SPD). Staatsminister Dr. Maier . Dr. Böddrich {SPD) . 5144,5145 5145 5145 5. Auslieferung der Allgemeinen Schulordnung an die Eltern Brunner {SPD) Staatsminister Dr. Maier . 5145,5146 5145,5146 6. Aufstellung der angeblich verfassungswidri- gen Teile des Lehrplans für die Gesamt- schule Nürnberg-Langwasser Drexler {SPD) Staatsminister Dr. Maier . 5146 5146 pläne für die Gesamtschule Nürnberg-Lang- wasser Adelmann {SPD) . Staatsminister Dr. Maier . Kaps {CSU) . Heiden {SPD) Langenberger {SPD) . Drexler {SPD) 5146,5147 5147,5148 5147 5147 5148 5148 8. Weiterleitung des Zuschußantrags der Stadt Nürnberg für.den Modellversuch „Kulturpäd- agogische Gesamtplanung für eine Groß- stadt" an die Bund-Länder-Kommission Langenberger {SPD) . Staatsminister Dr. Maier . 9. Notrufsäule für Staatsstraßen Frfr. von Pölnitz (CSU) Staatsminister Dr. Merk . 5148,5149 5148,5149 5149 5149 10. Bekanntgabe des Standorts der 3. Polizei- direktion für Niederbayern noch vor der Landtagswahl Dittmeier {SPD) . Staatsminister Dr. Merk 5149,5150 5149,5150 11. Revisionsbericht betr. Praktiken der Stadt- verwaltung München bei Auftragsvergaben Lucke {CSU) . Staatsminister Dr. Merk Naumann {SPD) Jaeger {FDP) . Klasen {SPD) . 5150 5150,5151 5150 5151 5151 12. Mißstände bei der Vergabe von Forschungs- aufträgen durch die Stadtverwaltung Mün- chen Dr. Wilhelm {CSU) Staatsminister Dr. Merk . 5151 5151,5152

100. Sitzung · 2016. 3. 30. · Bayerischer Landtag · 1.Wahlperiode STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/1 00 25.09.74 100. Sitzung am Mittwoch, dem 25. September 1974, 9 Uhr, in München

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Page 1: 100. Sitzung · 2016. 3. 30. · Bayerischer Landtag · 1.Wahlperiode STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/1 00 25.09.74 100. Sitzung am Mittwoch, dem 25. September 1974, 9 Uhr, in München

Bayerischer Landtag · 1. Wahlperiode STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/1 00 25.09.74

100. Sitzung am Mittwoch, dem 25. September 1974, 9 Uhr,

in München

Geschäftliches . 5143, 5183 7. Angebliche Verfassungswidrigkeit der Lehr-

Nachruf zum Tode des ehern. Abg. Egger . 5143

Geburtstagswünsche für die Abg. Fickler, Dr. Vorndran, Walter Alois Bauer und Dr. Schos-ser • 5143

Mündliche Anfragen gem. § 79 GO

1. Besetzung des Lehrstuhls für Didaktik der englischen Sprache an der Universität Würz­burg

Leeb (CSU) . Staatsminister Dr. Maier .

5143,5144 5143

2. Lücken im Entwurf des Landesentwicklungs­programms hinsichtlich des beruflichen Schulwesens in Mittelfranken

Kick (SPD) Staatsminister Dr. Maier .

3. Zeitpunkt der Verstaatlichung der Städti­schen Wirtschaftsschule Kitzingen

5144 5144

Sauer {SPD) . 5144 Staatsminister Dr. Maier . 5144

4. Einstellung der Staatsregierung zum „Schul­versuch Alte Messe"

Kamm {SPD). Staatsminister Dr. Maier . Dr. Böddrich {SPD) .

5144,5145 5145 5145

5. Auslieferung der Allgemeinen Schulordnung an die Eltern

Brunner {SPD) Staatsminister Dr. Maier .

5145,5146 5145,5146

6. Aufstellung der angeblich verfassungswidri­gen Teile des Lehrplans für die Gesamt­schule Nürnberg-Langwasser

Drexler {SPD) Staatsminister Dr. Maier .

5146 5146

pläne für die Gesamtschule Nürnberg-Lang­wasser

Adelmann {SPD) . Staatsminister Dr. Maier . Kaps {CSU) . Heiden {SPD) Langenberger {SPD) . Drexler {SPD)

5146,5147 5147,5148

5147 5147 5148 5148

8. Weiterleitung des Zuschußantrags der Stadt Nürnberg für.den Modellversuch „Kulturpäd­agogische Gesamtplanung für eine Groß­stadt" an die Bund-Länder-Kommission

Langenberger {SPD) . Staatsminister Dr. Maier .

9. Notrufsäule für Staatsstraßen

Frfr. von Pölnitz (CSU) Staatsminister Dr. Merk .

5148,5149 5148,5149

5149 5149

10. Bekanntgabe des Standorts der 3. Polizei­direktion für Niederbayern noch vor der Landtagswahl

Dittmeier {SPD) . Staatsminister Dr. Merk

5149,5150 5149,5150

11. Revisionsbericht betr. Praktiken der Stadt­verwaltung München bei Auftragsvergaben

Lucke {CSU) . Staatsminister Dr. Merk Naumann {SPD) Jaeger {FDP) . Klasen {SPD) .

5150 5150,5151

5150 5151 5151

12. Mißstände bei der Vergabe von Forschungs­aufträgen durch die Stadtverwaltung Mün­chen

Dr. Wilhelm {CSU) Staatsminister Dr. Merk

. 5151 5151,5152

Page 2: 100. Sitzung · 2016. 3. 30. · Bayerischer Landtag · 1.Wahlperiode STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/1 00 25.09.74 100. Sitzung am Mittwoch, dem 25. September 1974, 9 Uhr, in München

5140 Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74

13. Darlehen zur Schaffung tragbarer Konditio­nen für den Eigenheimbau zwecks Seßhaft­machung von Arbeitskräften im Zonenrand­gebiet

Welsch (SPD) 5152 Staatsminister Dr. Merk 5152

14. Anteil Bayerns am Mineralölsteueraufkom­men

Lechner Ewald (CSU) Staatsminister Dr. Merk

15. Effizienz der Maßnahmen zur Gewässerrein­haltung· seit Vorlage des „Umweltberichts"

Dr. Kaub (SPD) . Staatsminister Dr. Merk .

16. Gefährdung der Trinkwasserversorgung durch Genehmigung einer amerikanischen pharmazeutischen Produktionsstätte

5152 5152

5153 5153

Höpfinger (CSU) . Staatsminister Dr. Merk . Klasen (SPD)

. 5153

Dr. Böddrich (SPD) Dr. Kaub (SPD) .

5153,5154 5154 5154 5154

17. Vorkehrungen gegen sachfremde Verwen­dung von Steuermitteln durch den Bayer. Bauernverband

Jaeger (FDP) . 5154 Staatssekretär Nüssel 5154, 5155 Frhr. Truchseß von und zu Wetzhausen (SPD) 5154

18. Beschleunigte Umwidmung des Versor­gungskrankenhauses Bayreuth zu einem staatlichen allgemeinen Krankenhaus

Gentner (SPD) Staatsminister Dr. Pirkl .

19. Konsequenzen aus dem Auffinden von Gift­müll bei Heimertingen

5155 5155

Schraut (SPD) Staatsminister Streibl

5155,5156 5155

20. Verhinderung des Baus eines Rangierbahn-hofs im Raum Nürnberg

Dr. Flath (FDP) . Staatsminister Streibl Schnell (SPD)

21. Dringlichkeit von Förderungsrichtlinien zum Programm „Freizeit und Erholung" wegen Zuschußbedarfs des Nürnberger Tiergartens

5156 5156 5156

Heiden (SPD) Staatsminister Streibl

5156,5157 5156,5157

22. Unklarheiten bei der Genehmigung eines Sanierungszuschusses für die Arnoldhütte

Koch (SPD) . Staatsminister Streibl

23. Seit 1969 angeblich erhöhter Zufluß an Bun-. desmitteln für Straßenbau, Wohnungsbau und Landwirtschaft in Bayern

Kaps (CSU) . Staatssekretär Dr. Hillermeier

24. Äußerung des Ministerpräsidenten betr. Korrektur der Landkreisreform

5157 5157

5157 5158

Rummel (SPD) Ministerpräsident Dr. Goppel .

5158,5159 5158,5159

25. Flugplatz Kempten-Durach

Diethei (CSU) Staatsminister Jaumann .

26. Zuerkennung des Ingenieurtitels aufgrund des Nachtragsgesetzes zum Schutz der Be­rufsbezeichnung „ Ingenieur"

5159 5159

Schneier (SPD) . Staatsminister Jaumann .

5159,5160 5159

27. Ausmaß der Inanspruchnahme der im Rah­men der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesse­rung der regionalen Wirtschaftsstruktur" und der landeseigenen Regionalprogramme zur Verfügung stehenden Mittel

Huber Herbert (CSU) . Staatsminister Jaumann . Schnell Heinrich (SPD) Weich (SPD) .

5160,5161

Röhrl (CSU) . Naumann (SPD)

5160,5161,5162 5161 5161 5162 5162

28. Angeblich zu geringe Inanspruchnahme der Bundesmittel für bayerische Fördergebiete

Winklhofer (CSU) Staatsminister Jaumann .

29. Sicherung der Arbeitsplätze bei den Olym­pia-Werken

Geiser (SPD) Staatsminister Jaumann .

30. Bayerisches Programm gegen Arbeitslosig­keit

Daum (CSU). Staatsminister Jaumann .

31. Geplanter Ausschluß von Bad Windsheim aus der industriellen und gewerblichen Schwerpunktförderung des Bundes

Schnell Heinrich (SPD) Staatsminister Jaumann .

5162 5162

5162 5163

5163 5163

5163 5164

Page 3: 100. Sitzung · 2016. 3. 30. · Bayerischer Landtag · 1.Wahlperiode STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/1 00 25.09.74 100. Sitzung am Mittwoch, dem 25. September 1974, 9 Uhr, in München

Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74 5141

32. Benzinpreise im Zonenrandgebiet

Frau Bäuerlein (CSU) Staatsminister Jaumann .

33. Rückforderung öffentlicher Investitionen bei der Süddeutschen Wohnungsbau- und Grundstücksgesellschaft

Frhr. Truchseß von und zu Wetzhausen

5164 5164

(SPD) 5164 Staatsminister Jaumann . 5164

Antrag der Abg. Kaps, Neubauer u. a. betr. Drittes Gesetz zur Änderung grunderwerb­steuerlicher Vorschriften (Drs. 6924)

- Zweite Lesung -

Berichte des Haushalts-- (Drs. 7137) und des Verfassungsausschusses (Drs. 7184)

Neubauer (CSU), Berichterstatter 5165 Stein (CSU), Berichterstatter. 5166

Abstimmungen 5166

- Dritte Lesung - 5166

Abstimmung 5166

Schlußabstimmung 5166

Anträge der Abg. Gabert, Schmolcke, Kolo, Dr. Schlittmeier u. Frakt. (Drs. 1954) sowie Glück, Möslein, Willi Müller, Widmann, Will, Geiss-Wittmann (Drs. 5763) betr. Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Sonderurlaub für Jugendleiter

- Zweite Lesung -

Berichte des Sozialpolitischen Ausschusses (Drs. 6710), des Ausschusses für Fragen des öffentlichen Dienstes (Drs. 7131) und des Ver­fassungsausschusses (Drs. 7182)

Schmolcke (SPD), Berichterstatter . Will (CSU), Berichterstatter. Schneier (SPD), Berichterstatter Schmolcke (SPD)

Abstimmungen

5166 5167 5167 5167

5167

Berichte des Kulturpolitischen (Drs. 7116), des Haushalts- (Drs. 7176) und des Verfassungs­ausschusses (Drs. 7225)

Harrer (CSU), Berichterstatter . Dr. Merkt (CSU), Berichterstatter Sauer (CSU), Berichterstatter Frau Lauter (SPD) Dr. Seidl (CSU) .

Abstimmungen

- Dritte Lesung -

Abstimmung

Schlußabstimmung

Entwurf eines Bayerischen Immissionsschutz­gesetzes (BaylmSchG) - Drs. 6756

- Zweite Lesung -

Berichte des Wirtschafts- (Drs. 6956), des Sozialpolitischen (Drs. 7139), des Haushalts­(Drs. 7178) und des Verfassungsausschusses (Drs. 7186)

Wösner (CSU), Berichterstatter . Schön (CSU), Berichterstatter . Kaps (CSU), Berichterstatter Diethei (CSU), Berichterstatter . Dr. Syring (FDP)

5168 5168 5168 5169 5169

5169

5169

5169

5170

5170 5171 5172 5172 5172

Dr. Meyer Helmut (SPD) Kaps (CSU) Gabert (SPD) . Jaeger (FDP) . Staatsminister Streibl Diethei (CSU)

5173,5175,5178 5174 5175 5176 5177 5178

Abstimmungen

- Dritte Lesung -

Abstimmung

Schlußabstimmung

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Kir­chensteuergesetzes (Drs. 7107)

- Zweite Lesung -

5179

5180

5180

5180

- Dritte Lesung -

Abstimmung

Schlußabstimmung

Berichte des Haushalts- (Drs. 7175) und des 5167 Verfassungsausschusses (Drs. 7185)

Antrag des Abg. Wengenmeier u. a. betr. Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Schulgeld­freiheit und des Gesetzes über das berufliche Schulwesen (Drs. 6911)

- zweite Lesung -

5167

5167

Meyer Albert (CSU), Berichterstatter Stein (CSU), Berichterstatter

Abstimmung

- Dritte Lesung -

Abstimmung

Schlußabstimmung

5181 5181

5181

5181

5181

5181

Page 4: 100. Sitzung · 2016. 3. 30. · Bayerischer Landtag · 1.Wahlperiode STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/1 00 25.09.74 100. Sitzung am Mittwoch, dem 25. September 1974, 9 Uhr, in München

5142 Bayerischer Landtag ·STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74

Vertrag zwischen dem HI. Stuhl und dem Frei­staat Bayern zur Änderung und Ergänzung des Bayerischen Konkordats vom 29. März 1924, ge­ändert durch den Vertrag vom 7. Oktober 1968 (Drs. 7108)

und

Vertrag zwischen dem Freistaat Bayern und der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern zur Änderung des Vertrags zwischen dem Bayeri­schen Staate und der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern vom 15. November 1924 (Drs. 7109)

- Zweite Lesung -

Berichte des Kulturpolitischen (Drs. 7179, 7180), des Verfassungs- (Drs. 7227, 7228) und des Haushaltsausschusses (Drs. 7231, 7232)

Dr. Keßler (CSU), Berichterstatter . Dr. Hundhammer (CSU), Berichterstatter Meyer Albert (CSU), Berichterstatter

Abstimmung

- Dritte Lesung -

Abstimmung

5181 5182 5182

5183

5183

5183

· Schlußabstimmung 5183

Abkommen zur Änderung des Abkommens über die Errichtung und Finanzierung des Instituts für medizinische Prüfungsfragen (Drs. 6874) ,/

- Zweite Lesung -

Bericht des Verfassungsausschusses (Drs. 7117)

Dr. Hundhammer (CSU), Berichterstatter 5183

Abstimmung 5183

- Dritte Lesung - 5183

Abstimmung 5183

Schlußabstimmung 5183

- Unterbrechung der Sitzung -

Entwurf eines Bayer. Enteignungsgesetzes (BayEG)- Drs. 5505

- Zweite Lesung -

Berichte des Landwirtschafts- (Drs. 6957) und des Verfassungsausschusses (Drs. 7229)

Asenbeck (CSU}, Berichterstatter Lang (CSU}, Berichterstatter

Abstimmungen

- Dritte Lesung -

Abstimmung

Schlußabstimmung

5184 5185

5186

5188

5188

5188

Bestätigung der Berufung eines Mitglieds in den Landessportbeirat

Gabert (SPD) 5188

Beschluß . 5188

Bestellung von Mitgliedern des Landesdenk­malrats

Beschluß . 5189

Schreiben des Bayer. Verfassungsgerichtshofs betr. Antrag des Christoph Stenger in Traun­stein auf Feststellung der Verfassungswidrig­keit des § 5 der Gemeindeverordnung der Stadt Traunsteinvom27.2.1963über die Reinhaltung, Ruhe, Ordnung und Sicherheit auf öffentlichen Straßen

Heiden (SPD), Berichterstatter . .· .

Beschluß .

Schreiben des Bayer. Verfassungsgerichtshofs betr.Antrag des Dr. Hans Rudolf Hesse in Mün­chen auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit des Art. 12 des Bayer. Personalvertretungsge­setzes (BayPVG) vom 29. 4. 1974 (GVBI S. 157)

5189

5189

Langenberger (SPD), Berichterstatter 5189

Beschluß . 5189

Anträge betreffend Änderung der Geschäfts­ordnung für den Bayerischen Landtag

1. der Abg. Gabert, Haase u. Frakt., Bezold u. Frakt. (Drs. 2538),

2. der Abg. Gabert, Haase u. Frakt. (Drs. 2539),

3. des Abg. Dr. Seid! u. Frakt. (Drs. 2941),

4. der Abg. Dr. Hamm-Brücher, Bezold u. Frakt. (Drs. 5913).

Bericht des Geschäftsordnungsausschusses (Drs. 7024, 7165)

Dr. Hundhammer (CSU}, Berichterstatter Jaeger (FDP) Dr. Schlittmeier (SPD) .

Abstimmungen

Gabert (SPD) Dr. Hundhammer (CSU)

Schlußabstimmung

Dringlichkeitsantrag der Abg. Gabert, Dr. Kaub, Dr. Rothemund u. Frakt. betr. Publikationen der Staatsregierung (Drs. 7238)

5189 5193 5193

5194

5194 5195

5196

Dr. Kaub (SPD) . Asenbeck (CSU) Dr. Seid! (CSU) . Kuhbandner (SPD) . Dietz (CSU)

5196,5208,5215,5223 . 5197

5198,5204 5201,5206,5221,5223

. 5201

Page 5: 100. Sitzung · 2016. 3. 30. · Bayerischer Landtag · 1.Wahlperiode STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/1 00 25.09.74 100. Sitzung am Mittwoch, dem 25. September 1974, 9 Uhr, in München

Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74 5143

Dr. Flath {FDP) . Dr. Merk {CSU) . Drexler {SPD) . Kolo {SPD). Ministerpräsident Dr. Goppel Jaeger {FDP) Klasen {SPD) . Leeb {CSU) Neubauer {CSU) Gabert {SPD) . Dr. Rothemund {SPD) Dr. Meyer Helmut {SPD) Streibl {CSU) . Dittmeier {SPD) Staatsminister Jaumann Hochleitner {SPD) . Staatsminister Dr. Huber Kamm {SPD), zur Abstimmung

Namentliche Abstimmung .

. 5202 5203,5213 5206,5221

. 5206 5207,5214,5221

. 5208 5208,5211,5215

5208 . 5210 . 5211

5215,5223,5224 5216 5217 5218 5220 5221 5222 5224

5225

Weiterer Sitzungsverlauf und nächste Sitzung

Kamm {SPD) 5226 5226 5228

Dr. Rothemund {SPD) Dr. Seid! {CSU) .

Beginn der Sitzung: 9 Uhr 3 Minuten

Präsident Hanauer: Meine sehr verehrten Damen und meine Herren! Ich eröffne die Sitzung mit der run­den Numiner 100 und übergebe die Liste der ent­schuldigten Kollegen zu Protokoll.*)

Hörfunk und Fernsehen haben um Aufnahmegeneh­migung gebeten; Ihre Zustimmung vorausgesetzt, wurde diese erteilt.

Vor Eintriit in die Tagesordnung darf ich Sie bitten, noch eines verstorbenen ehemaligen Kollegen zu gedenken.

(Die Anwesenden erheben sich)

Am 14. September 1974 starb Herr Alois Egger, der für den Stimmkreis Griesbach im Rottal für die Wahl­periode von 1946 bis 1950 in die bayerische Volksver­tretung gewählt worden war.

Herr Egger, der als Gegner des Nationalsozialismus bekannt gewesen war, gehörte bereits der Verfas­sunggebenden Landesversammlung an. Seine kom­munalpolitischen Erfahrungen als Bürgermeister und späterer Landrat kamen auch seiner Tätigkeit im Landtag, insbesondere im Haushaltsausschuß und . im Wirtschaftsausschuß, zugute.

*) Nach Artikel 4 Absatz 2 des Aufwandsentschädigungsge­setzes sind entschuldigt bzw. beurlaubt die Abgeordneten Altenhöfer, Bachmann, Dr. Blasy, Dr. Eberhard, von Feury, Gaßner, Dr. Guhr, Jaud, Leicht, Rau, Rupp, Schneider Willi, Schwabl, Staudacher und Stechele.

Die bayerische Volksvertretung wird Herrn Alois Egger stets ein ehrendes Gedenken bewahren.

Sie haben sich von Ihren Plätzen erhoben, ich danke Ihnen.

Darf ich noch vor Eintritt in die Tagesordnung an einige runde G e b u r t s t a g e erinnern, die in die Sommerpause gefallen sind. Herr Kollege Jakob Fickler konnte seinen 65. Geburtstag am 1. Septem­ber feiern.

{Beifall}

Die Kollegen Staatssekretär Dr. Wilhelm Vorndran am 7. August, Walter Alois Bauer am 1. September und Dr. Erich Schosser am 7. September haben das halbe Jahrhundert erreicht. Wir gratulieren ihnen nachträglich noch herzlich dazu.

{Beifall)

Meine Damen und Herren! Zum Aufruf kommt P u n kt 20 der Tagesordnung,

Mündliche Anfragen gemäß § 79 GO

Es ist 9.05 Uhr. Die Fragestunde wird in 90 Minuten beendet werden. Ich sage das deshalb, damit sich die Kolleginnen und Kollegen der ersten Fragen etwas überlegen, ob sie allzu sehr auswalz.an und damit den Kollegen, die am Ende stehen, nicht mehr die Möglichkeit geben, ihre Frage zu stellen.

Zunächst darf ich den Herrn Staatsminister für Un­terricht und Kultus bitten.

Erster Fragesteller ist Herr Kollege Leeb.

Leeb {CSU): Herr Staatsminister! Treffen Berichte zu, nach denen ungeachtet derTatsache, daß ein Ruf auf den neugeschaffenen Lehrstuhl für Didaktik der englischen Sprache an der erziehungswissenschaft­lichen Fakultät der Universität Würzburg an die Oberstudienrätin Dr. U 11 m an n ergangen ist und von dieser auch angenommen wurde, nochmals über die Besetzung dieses Lehrstuhls verhandelt werden soll?

Präsident Hanauer: Herr Minister!

Staatsminister Dr. Maier: Herr Präsident, Hohes Haus! Bekanntlich habe ich Frau Dr. Ullmann beru­fen, nachdem die Fakultät nur eine Unico-loco-Liste, eine E i n e r - L i s t e , vorgelegt hatte. Ich habe sie berufen aufgrund eines Sondervotums.

Am 10. September 1974 habe ich im Beisein von Be­amten meines Hauses mit dem Rektor der Universität Würzburg, Herrn Professor S c h r e i n e r, mit dem Konrektor Professor U h 1 m an n und Kanzler G ü n -t h e r ein Gespräch geführt. Sein Ergebnis war folgendes:

Die Berufungsverhandlungen mit Frau Dr. U 11 -m an n sind noch im Gange. Da die Frage der ge­nauen Bezeichnung des Lehrstuhls hierbei eine Rolle spielt, wird sie in die Verhandlungen einbezogen.

Das war das Besprechungsergebnis.

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5144 Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74

(Staatsminister Dr. Maier)

Am 19. September 1974 hat daraufhin der zuständige Referent des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus im Rahmen der Berufungsverhandlungen mit Oberstudienrätin Dr. Ullmann ein Gespräch über Fragen der genauen Lehrstuhlbezeichnung geführt. Eine Entscheidung wurde nicht getroffen, weil dem Ministerium inzwischen - völlig überraschend und gegen die mit der Universitätsleitung getroffenen Vereinbarungen - vom Verwaltungsgericht München der Antrag der Universität Würzburg auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung zugestellt worden ist.

(Abg. Leeb: Zusatzfrage!)

Präsident Hanauer: Zusatzfrage, Herr Kollege Leeb!

Leeb (CSU): Herr Staatsminister! Auf welche Er­wägungen stützt nun die Universität ihre gericht­lichen Schritte, und werden Sie Frau Dr. Ullmann er­nennen, bevor das Verwaltungsgericht entschieden hat?

Präsident Hanauer: Herr Minister!

Staatsminister Dr. Maier: Die Universität bestreitet nicht das Recht des Ministers, aufgrund eines Son­dervotums zu berufen. Sie möchte dieses Recht aber auf Sonderfälle einschränken, wenn Eile geboten ist, wenn die fachliche Qualifikation eindeutig ist, wenn die betreffenden Fach-Anglisten einhellig votiert ha­ben, und ähnliche Einschränkungen mehr. Ich glaube, daß sich diese Einschränkungen nicht halten lassen, und wir werden versuchen, im Rahmen des Verfah­rens unseren Standpunkt darzulegen.

Selbstverständlich werde ich nicht ernennen, so­lange das Verfahren läuft. Das entspricht allgemei­ner Übung.

(Abg. Leeb: Danke schön!)

Präsident Hanauer: Danke. Herr Kollege Kick, bitte die nächste Frage!

Kick (SPD): Herr Staatsminister! Ist es Absicht oder Versehen, daß im Entwurf des Landesentwicklungs­programms für die Industrieregion M i t t e 1 f r a n -k e n keine Aussage über das berufliche Schulwesen gemacht ist und daß im Kartenteil die beruflichen Schulen in Schwabach nicht aufgeführt sind?

Präsident Hanauer: Herr Minister!

Staatsminister Dr. Maier: Herr Abgeordneter! Im Lan­desentwicklungsprogramm, Teil B Abschnitt Vl/3, sind die fachlichen Ziele zur Entwicklung des be­ruflichen Bildungswesens dargestellt und begründet. Die Vielfalt des beruflichen Bildungswesens, die sich aus der fachlichen Differenziertheit der beruflichen und wirtschaftlichen Anforderungen ergibt, hat eine detaillierte Darstellung der in den einzelnen Pla­nungsregionen wünschenswerten Maßnahmen nicht

ermöglicht. Im Teil C „Regionale Ziele" konnten nur Aussagen zur Entwicklung der hauswirtschaftlich­pflegerischen Schulen gemacht werden.

Eine Darstellung der Einzelheiten wird aber der Schulentwicklungsplan, Abschnitt „Berufliche Schu­len"/Teil 2, bringen, der in Kürze vorgelegt werden wird. Teil 1 ist ja schon erschienen.

Der Kartenteil enthält den Ist-Stand der Fachober­schulen, der Berufsoberschulen, der zweijährigen Berufsfachschulen Zug A und B, der gewerblichen und sonstigen Berufsfachschulen - ohne Wirtschafts­schulen -, der Berufsfachschulen für Krankenpflege und der Fachakademien mit dem Stand vom 15. No­vember 1972. Schulen dieser Art bestehen in S c h w a b a c h nicht.

Präsident Hanauer: Nächster Fragesteller, Herr Kol­lege Sauer!

Sauer (CSU): Herr Staatsminister, ist mit der Ver­staatlichung der Städtischen Wirtschaftsschule Kit­zingen bei der Dringlichkeit der Maßnahme ent­sprechend dem von der Staatsregierung angekündig­ten Stufenplan schon im Rahmen des Haushalts 1975/76 zu rechnen?

Präsident Hanauer: Herr Minister!

Staatsminister Dr. Maier: Mit KM-Schreiben vom 20. April 1974 Nr. III B 7 - 13/43 568 wurde in Be­antwortung eines La n d t a g s b es c h 1 u s s es vom 14. März 1974 dem Staatsministerium der Finanzen ein Stufenplan für die Verstaatlichung solcher kom­munaler Wirtschaftsschulen übermittelt, für die die Verstaatlichung seit Jahren beantragt ist. Darunter befindet sich auch die Städtische Wirtschaftsschule Kitzingen. Da insgesamt 17 derartige Anträge vorliegen, wird die Verstaatlichung dieser Schulen nur im Rahmen von mehreren Doppelhaushalten möglich sein. Haushaltsverhandlungen darüber wer­den zur Zeit beim Finanzministerium geführt.

Im Stufenplan des Kultusministeriums wurde die Städtische Wirtschaftsschule Kitzingen in die Liste der Schulen im Grenzland und in den Bundesaus­baugebieten eingereiht, deren Verstaatlichung als vordringlich angesehen wird.

(Abg. Sauer: Danke schön!)

Präsident Hanauer: Nächster Fragesteller, Herr Kol­lege Kamm!

Kamm (SPD): Herr Minister, was veranlaßt das Staatsministerium für Unterricht und Kultus zu der Annahme, das Modell „Schulversuch Alte Messe" in Nürnberg sei ein Integrationsmodell von allge­meinbildender mit beruflicher Schule und könne des­halb nicht befürwortend an die Bund-Länder-Kom­mission für Bildungsplanung weitergeleitet werden?

Präsident Hanauer: Herr Minister!

Page 7: 100. Sitzung · 2016. 3. 30. · Bayerischer Landtag · 1.Wahlperiode STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/1 00 25.09.74 100. Sitzung am Mittwoch, dem 25. September 1974, 9 Uhr, in München

Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74 5145

Staatsminister Dr. Maier: Herr Abgeordneter! Die Stadt Nürnberg hat mit Schreiben vom 19. Juni 1974 dem Kultusministerium einen Antrag auf Gewährung einer Zuwendung aus Bundesmitteln für den Schul­versuch „Alte Messe" in Nürnberg mit der Bitte um befürwortende Weiterleitung an die Bund-Länder­Kommission für Bildungsplanung vorgelegt.

Der Antrag enthält folgende Angaben zu den Zielen und der Begründung des Versuchs - ich zitiere-:

Die Stadt Nürnberg baut innerhalb der nächsten Jahre die Gebäude der „Alten Messe" am Berliner Platz in ein Schulzentrum um. Dann sollen dort die verschiedenen beruflichen Schularten und eine gymnasiale Kollegstufe angesiedelt sein. Im Zu­sammenhang mit diesem Ausbau soll ein Schul­versuch durchgeführt werden, der sich mit der gemeinsamen Beschulung und außerunterricht­lichen Betreuung dieser Schüler befaßt und beson­ders curriculare, soziologische und schulorgani­satorische Fragen untersuchen will.

Aus dieser von der Stadt Nürnberg selbst gegebe­nen Zielsetzung geht eindeutig hervor, daß es sich bei dem Schulversuch „Alte Messe" um ein Integra­tionsmodell von allgemeinbildender und beruflicher Schule handelt.

Der Bayerische Landtag hat am 28. März 1974 einen An t r a g des Abgeordneten Dr. Bö d d r i c h und anderer betreffend Einrichtung je eines Modells der Integration des beruflichen und allgemeinen Schul­wesens in der Sekundarstufe II in Nord- und Süd­bayern abgelehnt. Das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus sah sich deshalb nicht in der Lage, den Antrag der Stadt Nürnberg befürwor­tend an die Bund-Länder-Kommission für Bildungs­planung weiterzugeben.

Präsident Hanauer: Zusatzfrage, Herr Kollege Kamm!

Kamm (SPD): Herr Minister, sind die Darlegungen der Stadt Nürnberg vom 18. September bei Ihrer Antwort bereits berücksichtigt?

Präsident Hanauer: Herr Minister!

Staatsminister Dr. Maier: Vom 18. September? -Wahrscheinlich nicht. Ich kann das nicht aus dem Stegreif beantworten. Aber die Frage der Weiter­gabe ist ja sehr viel früher an uns herangetragen worden.

Präsident Hanauer: Zusatzfrage, Herr Kollege Dr. Böddrich!

Dr. Böddrich (SPD): Herr Staatsminister, haben Sie bei der Durchsicht des Lehrplans und der curricu­laren Gestaltung nicht ganz deutlich feststellen kön­nen, daß es sich um ein Kooperationsmodell han­delt?

Präsident Hanauer: Herr Minister!

Staatsminister Dr. Maier: Ob nun Kooperations- oder Integrationsmodell, diese Angaben der Stadt Nürn­berg deuten doch darauf hin, daß die verschiedenen beruflichen Schularten und die gymnasiale Kolleg­stufe gemeinsam in einer Schulorganisation zu­sammengefaßt werden sollen, und das kann vom Land nicht befürwortet werden, vor allem nicht nach der Entscheidung des Landtags, die ich zitiert habe.

Präsident Hanauer: Nächster Fragesteller, Herr Kol­lege Brunner!

Brunner (SPD): Wann erfolgt die Auslieferung der Allgemeinen Schulordnung an die Eltern und wie wird die Finanzierung geregelt?

Präsident Hanauer: Herr Minister!

Staatsminister Dr. Maier: Die Allgemeine Schulord­nung vom 2. Oktober 1973 ist am 1. August 197 4 in Kraft getreten. Der Text der Allgemeinen Schulord­nung ist in einer Broschüre mit einer Auflage von 150 000 Stück Ende 1973 kosten 1 o s an alle Lehrer und Elternbeiräte sowie an die Schülerver­tretungen, außerdem auch an sonstige interessierte Eltern und Schüler, v e r t e i 1 t worden.

Es ist nicht daran gedacht, darüber hinaus an alle Eltern die Allgemeine Schulordnung und die ergän­zenden Bestimmungen kostenlos abzugeben. Im In­teresse einer sparsamen und wirtschaftlichen Ver­wendung füfeRtlicher Mittel erscheint es als aus­reichend, wenn dem Elternbeirat jeder Schule die je­weilige Schulordnung ausgehändigt wird und im übrigen für interessierte Eltern Exemplare in jeder Schule zur Einsicht aufliegen.

Dabei ist zu bemerken, daß die finanzielle Belastung für diese, aber gegebenenfalls auch für. eine groß­zügigere kostenlose Abgabe der Texte für alle Schul­arten mit Ausnahme der Gymnasien die kommunalen Körperschaften trifft, die nach den Schulgesetzen den Schulaufwand für staatliche Schulen zu tragen haben. Ich will zur Verdeutlichung auf die Zahl der Volksschüler von rund 1,25 Millionen (Stand Herbst 1973) hinweisen. Bei den derzeitigen Papierpreisen dürften Textausgaben der Allgemeinen Schulord­nung und der ergänzenden Bestimmungen nicht unter einem Verlagspreis von mindestens 3 DM zu erhalten sein. Demnach fiele allein bei den Volks­schulen für die Kommunen eine Belastung von min· destens 3 Millionen DM an, selbst wenn man einen „Geschwisterabschlag" berücksichtigt.

Gegenüber diesen unverhältnismäßig hohen Ausga­ben erscheint es angemessen, die interessierten Eltern auf die mögliche Einsichtnahme in die Texte in der Schule oder auf den Erwerb im Buchhandel zu verweisen.

Präsident Hanauer: Zusatzfrage, Herr Kollege Brun­ner!

Brunner (SPD): Herr Minister, ist davon auszugehen, daß jedes Elternbeiratsmitglied ein Exemplar erhält?

Page 8: 100. Sitzung · 2016. 3. 30. · Bayerischer Landtag · 1.Wahlperiode STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/1 00 25.09.74 100. Sitzung am Mittwoch, dem 25. September 1974, 9 Uhr, in München

5146 Bayerischer Landtag ·STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74

Präsident Hanauer: Herr Minister!

Staatsminister Dr. Maier: Nein, jeder Elternbeirat!

Brunner (SPD): Pro Elternbeirate in Exemplar?

Staatsminister Dr. Maier: Weitere Exemplare werden aufgelegt zur Selbstbedienung und sie können, wie gesagt, ja auch im Buchhandel bezogen werden.

Brunner (SPD): Danke!

Präsident Hanauer: Nächster Fragesteller ist Herr Kollege Drexler. Herr Minister, beantworten Sie die Fragen 6 und 8 gemeinsam?

Staatsminister Dr. Maier: Nein.

Präsident Hanauer: Also getrennt. Gut, dann zu­nächst Herr Kollege Drexler!

Drexler (SPD): Herr Minister, sind Sie bereit, der Stadt Nürnberg eine detaillierte Aufstellung mit Be­gründung jener Teile des für die Gesamtschule Nürn­berg-Langwasser vorgelegten Lehrplanes unverzüg­lich zuzusenden, die nach Auffassung des Ministe­riums verfassungswidrig sein sollen und mir einen Abdruck dieser Aufstellung zukommen zu lassen?

Präsident Hanauer: Herr Minister!

Staatsminister Dr. Maier: Der Stadt Nürnberg ist bereits im März dieses Jahres mit Schreiben vom 15. März und mit Schreiben vom 2. August mitgeteilt worden, daß die vorgelegten Lehrpläne und Unter­richtsskizzen nicht genehmigt werden können, da sie weitgehend v o n d e n s t a a t 1 i c h e n L e h r -p 1 ä n e n a b w e i c h en und sich nicht mit den darin festgelegten Zielen, teilweise auch nicht mit Verfassungszielen vertragen.

Diese Auffassung stützt sich nicht nur auf einzelne Sätze und Lehrplanteile; man muß das Ganze lesen. Es ist vor allem maßgebend die erkennbare Tendenz, in den Schülern künstlich und übersteigert das Be­wußtsein eines Klassen- und Konfliktaufbaues unse­rer Gesellschaft zu erzeugen und sie damit ein­seitig zu Unzufriedenheit und zur Veränderung der Gesellschaft zu erziehen.

Ich will nur folgende Beispiele aus dem Nürnberger Lehrplan für die 10jährigen Schüler im Fach Kunsterziehung zitieren. Hier soll das 10- bis 11jährige Kind am Beispiel der „Personen in der Schule" erkennen, „in welchem Maße Kleidung in einer arbeitsteiligen und schichtenmäßig geglieder­ten Gesellschaft als ein visuelles Unterscheidungs­mittel eingesetzt wird".

(Zuruf von der CSU: Ist so was möglich!)

Derselbe Schüler muß erkennen „in welchem Maße die innerhalb der verschiedenen öffentlichen und staatlichen Organisationsformen kultivierten Zeremo-

nielle und Rituale (z. B. Empfänge, Staatsbegräbnis) der Visualisierung und Ästhetisierung von Macht und Politik dienen und inwieweit durch diese Art der ästhetischen Repräsentation Interessengegensätze scheinbar ausgeglichen werden können".

(Zuruf des Abg. Kaps)

Es darf dazu das „Schulritual" - wie im Lehrplan steht - analysieren und karikieren.

Auch die Mode ist nach diesem Lehrplan nicht so harmlos, wie man das vielleicht annehmen sollte; denn auch hier wird der Schüler zur Erkenntnis ge­führt, daß diese Mode einen „wirksamen Mechanis­mus der anschaulichen Demonstration von Klassen­unterschieden beinhaltet".

(Zuruf des Abg. Kaps: Ist sowas möglich!-Weitere Zurufe von der CSU)

Man könnte fast meinen, wir lebten noch in der Zeit der ständischen Kleiderordnungen, meine Damen und Herren!

(Heiterkeit und Beifall bei der CSU)

Und dies in der Stadt der Quelle-Kataloge, wenn ich Fürth und Nürnberg einmal zusammennehmen darf!

Ich bin also gern bereit, der Stadt Nürnberg auf deren Antrag diese Tendenz an einer Vielzahl von Beispielen nachzuweisen und Ihnen, Herr Abgeord­neter, und auch der Öffentlichkeit mit Einverständnis der Stadt Nürnberg einen Abdruck zu überlassen.

(Beifall bei der CSU)

Präsident Hanauer: Zusatzfrage, Herr Kollege Drex­ler!

Drexler (SPD): Herr Staatsminister, halten Sie den Passus für den Deutsch-Unterricht im Lehrplan -Herr Präsident, ich darf mit Ihrer Zustimmung zitie­ren --

Erkennen der Abhängigkeit der Gesprächspartner von geschichtsspezifischen Kommunikationsfor­men, dabei Ausgleich und Abgrenzung gegenseiti­ger Interessen

für verfassungswidrig?

(Abg. Kaps: Eine Spinnerei ist das!)

Präsident Hanauer: Die Zusatzfrage ist nicht zuge­lassen. Bitte, wenn Sie Details bringen wollen~ dann muß das vorher dem Herrn Minister wohl bekannt sein.

Nächster Fragesteller Herr Kollege Adelmann zum gleichen Thema. Herr Kollege Adelmann, bitte!

Adelmann (SPD): Herr Staatsminister, sind Sie der gleichen Auffassung wie Herr Ministerialdirektor Dr. Böck hinsichtlich der Beurteilung der Lehrpläne für die Gesamtschule Langwasser in Nürnberg, daß diese Lehrpläne gegen den Artikel 131 der Baye­rischen Verfassung verstoßen oder haben Sie die Ab­sicht, diese Ablehnung zu widerrufen?

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Bayerischer Landtag ·STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74 5147

Präsident Hanauer: Herr Minister!

Staatsminister Dr. Maier: Herr Abgeordneter, ich muß einiges wiederholen, was ich eben schon Herrn Abgeordneten Drexler gesagt habe.

Mit Schreiben vom 15. März 1974 an die Stadt Nürn­berg wurde bereits festgestellt, daß die von der Planungsgruppe der Stadt erstellten Lehrpläne bzw. Unterrichtsskizzen darauf abzielen, bei jeder sich bietenden Gelegenheit Gesellschaftskritik zu üben, „Klassenunterschiede" bzw. „Schichtungen der Ge­sellschaft" deutlich zu machen und in den Schülern kritische Distanz und Unzufriedenheit gegenüber Staat und Gesellschaft zu erzeugen. Es wurde fest­gestellt, daß sich diese Ziele nicht mit den Zielvorstel­lungen der geltenden Lehrpläne, teilweise auch nicht mit Verfassungszielen vertragen.

Diese Auffassung wurde mit Schreiben vom 2. Au­gust 1974 auf Anfrage der Stadt Nürnberg bestätigt. Ich teile diese Auffassung im vollen Umfang und habe nicht die Absicht, diese Ablehnung zu wider­rufen.

Für die Tendenz der Lehrpläne nur einige Beispiele: Nach der Konzeption der Nürnberger Lehrpläne wird der 10jährige Schüler in der 1. Unterrichtseinheit des Faches Geschichte/Sozialkunde in den Zusammen­hang zwischen „Schule-Gesellschaft-Herrschaft" ein­geführt. Im Fach Deutsch lernt er z. B. „erkennen, daß das Leseverhalten von gesellschaftlichen, wirt­schaftlichen, familialen usw. Funktionen beeinflußt wird" - nun gut, da kann man bis zu einem gewissen Grad noch zustimmen - ;

(Abg. Kaps: Die haben ja einen Vogel!)

er lernt, „sich wie Tick, Trick und Truck verhalten". Ich gestehe, daß ich nicht verstehe, was das heißen soll. Er lernt, „die Fähigkeit zu erwerben, die soziale Funktion der einzelnen Formen (Märchen, Sage, Fabel, Schwank) zu durchschauen"; er lernt „ rollen­spezifische verbale Sozialisationsmuster als solche erkennen" - 10- und 11jährige! -; er lernt „Kennt­nisse über den Lebensbereich der Berufstätigen er­werben und die Arbeitskraft als Produktionsfaktor erkennen und sich in ihrem Arbeitsbereich Schule den . obigen genannten Erkenntnissen gemäß ver­halten".

(Heiterkeit bei der CSU)

Die Jahrgangsskizze in Biologie sieht für den glei­chen 10- bis 11jährigen Schüler vor, daß er „soziale Äußerungsformen der Sexualität" in Beziehung set­zen soll „zur gesamtgesellschaftlichen Struktur". Das 10jährige Kind soll dabei „die Beziehungen beurtei­len und danach handeln". Es wird ihm auch zuge­mutet, „die durch die Gesellschaft bedingten Rollen­fixierungen von Mann und Frau zu beurteilen"; auch die Beurteilung der „gesellschaftlichen Funktionen der Prostitution"

(Heiterkeit)

und der „Funktion von Sexualität bei der Diskrimi­nierung von Minderheiten" bleibt dem 10jährigen nicht erspart.

(Heiterkeit)

Die Beispiele ließen sich noch beliebig vermehren, und sie rechtfertigen, wie ich glaube, die Beurteilung durch das Ministerium.

(Beifall bei CSU und FDP)

Präsident Hanauer: Zusatzfrage, Herr Kollege Adel­mann!

Adelmann (SPD): Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß diese Planungskommission in einem ständigen Kontakt mit der Bund-Länder-Konferenz ist?

(Heiterkeit bei der CSU)

Präsident Hanauer: Herr Minister!

Staatsminister Dr. Maier: Sie meinen, mit der Bund­. Länder-Kommission für Bildungsplanung?

(Abg. Adelmann: Ja!)

Ja, Direktkontakte sind nach dem Bund-Länder-Ab­kommen zwar möglich, sind aber nicht rechtsver­bindlich; denn der Ablauf ist so: Die Planungsgruppe schlägt vor, das Land nimmt Stellung, und nur wenn das Land befürwortend Stellung nimmt, kann die Bund-Länder-Kommission als eine Bund-Länder-Or­ganisation in Tätigkeit treten.

Präsident Hanauer: Zusatzfrage, Herr Kollege Kaps!

Kaps (CSU): Herr Staatsminister, teilen Sie meine Auffassung, daß man Leute, die solche Geistes­eruptionen produzieren, eher einem Psychiater zu­führen als auf unsere Kinder loslassen sollte?

(Vereinzelter Beifall bei der CSU)

Präsident Hanauer: Die Zusatzfrage erschöpft sich in der Fragestellung; sie wird nicht zugelassen.

(Heiterkeit)

Nächste Zusatzfrage, Herr Kollege Heiden!

Heiden (SPD): Herr Staatsminister, könnten Sie nicht mit mir der Meinung sein, daß Sie die Tatsache, daß diese Lehrpläne nicht mit Ihrer politischen Meinung und scheinbar - wie aus dem Gelächter auf der rechten Seite des Hauses zu erkennen - auch nicht mit der politischen Meinung der CSU übereinstim­men, in die Nähe der Verfassungswidrigkeit rük­ken?

(Widerspruch bei der CSU - Abg. Lucke: Stimmen Sie mit der SPD überein?)

Präsident Hanauer: Das habe ich jetzt nicht ganz mitbekommen. Aber bitte, Herr Minister!

Staatsminister Dr. Maier: Es kommt gar nicht darauf an, ob eine Partei damit nicht übereinstimmt. Es kommt darauf an, ob diese Lehrziele mit der Ver­fassung übereinstimmen oder nicht.

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5148 Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74

(Staatsminister Dr. Maier)

Ich habe hier eine schöne Blütenlese von SPD- und FDP-Stellungnahmen zu den hessischen Rahmen­richtlinien mitgebracht. Ich könnte Ihnen jetzt lange, lange Zitate von Kollegen aus Ihren beiden Parteien bringen, die sich zu ganz ähnlichen Formulierungen in den hessischen Rahmenrichtlinien scharf ab­lehnend geäußert haben.

Meine Damen und Herren, Konflikttheorie mag eine Sache der politischen Bildung sein; die Ein­führung in das rechtsstaatliche Verständnis des Staates als eines Unternehmens zur Gemeinsamkeit aller Bürger ist die andere, ebenso wichtige Seite.

(Beifall bei der CSU)

Wenn diese Seite fehlt, dann halte ich meinen Vor­wurf aufrecht, daß das n i c h t i n ü b e r e i n -stimmung mit Artikel 131 der Baye­rischen Verfassung und auch nicht m i t d e m G r u n d g e s e t z ist.

(Beifall bei der CSU)

Präsident Hanauer: Nächste Frage, Herr Kollege Langenberger!

(Abg. Langenberger: Nein, eine Zusatzfrage, Herr Präsident! - Zuruf des Abg. Drexler)

- Heißen Sie Langenberger, Herr Drexler? Dann, bitte, setzen Sie sich!

(Zuruf des Abg. Drexler)

- Aber, Herr Kollege Drexler, das kann doch der Herr Kollege Langenberger selber sagen. Der braucht doch keinen Vormund.

Zusatzfrage, Herr Kollege Langenberger! Ich dachte zuerst, Sie melden sich zur nächsten Frage.

langenberger (SPD): Herr Staatsminister, halten Sie es für einen gangbaren Weg, Lehrpläne in Bausch und Bogen abzulehnen, wie es in diesem Fall ge­schehen ist, wenn es in Detailpunkten aufgrund ver­schiedener Anschauungen zu Meinungsverschieden­heiten gekommen ist?

Präsident Hanauer: Herr Minister!

Staatsminister Dr. Maier: Wir haben ja die Stadt Nürnberg schon vor zwei Jahren auf die Proble­matik der ersten Entwürfe hingewiesen. Die Stadt Nürnberg hat dann Besserung gelobt. Aber das jetzige Ergebnis ist leider wirklich nicht so, daß ich es verantworten kann, es befürwortend an die Bund­Länder-Kommission weiterzugeben.

Präsident Hanauer: Herr Kollege Drexler, letzte Zu­satzfrage!

Drexler (SPD): Herr Staatsminister, sind Sie etwa der Auffassung, daß es in Bayern überhaupt keinerlei Klassenunterschiede mehr gibt?

(Lachen bei der CSU)

Präsident Hanauer: Diese unzulässige Zusatzfrage ist so schön, daß ich sie zulassen möchte.

Staatsminister Dr. Maier: Herr Kollege Drexler, ich habe ja schon den Quelle-Katalog zitiert. In der Zeit, in der sich die sozialen Unterschiede nun wirklich ausgleichen - ich bestreite nicht, daß es durchaus noch Unterschiede gibt, aber die Tendenz geht doch auf einen Ausgleich hin -, hat d e r ein falsches Bewußtsein, der gewissermaßen schon bei den klei­nen Kindern diese Unterschiede geradezu hervor­kitzelt

(Beifall bei der CSU)

und den Kindern beibringt, zu erkennen: Ja, wir sind aus einem Arbeiterhaushalt oder wir sind aus einem Arbeitgeberhaushalt; die Unterschiede sind so groß; lerne deine Interessen erkennen und vertreten. Das ist doch ein Evangelium des Klassenkampfes,

(Beifall bei der CSU)

und davon weiß unsere Verfassung nichts, und davon sollte uhsere Schule auch nichts wissen.

(Beifall bei der CSU)

Präsident Hanauer: Nächste Frage, Herr Kollege Langenberger!

langenberger (SPD): Ist das Bayerische Staatsmini­sterium für Unterricht und Kultus bereit, aufgrund des neuerlichen Schreibens der Stadt Nürnberg vom 17. September 1974 und der darin nachgewiesenen Eignung des Modellversuchs „Kulturpädagogische Gesamtplanung für eine Großstadt" den entspre­chenden Zuschußantrag der Stadt Nürnberg an die Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung befür­wortend weiterzuleiten?

Präsident Hanauer: Herr Minster!

Staatsminister Dr. Maier: Das ist wieder ein anderes Problem. Die Stadt Nürnberg hat mit Schreiben vom 24. und 26. Juni 1974 dem Kultusministerium einen Antrag auf Gewährung von Zuwendungen aus Bun­desmitteln für einen Modellversuch „Kulturpädago­gische Gesamtplanung für eine Großstadt" zur be­fürwortenden Weiterleitung an die Bund-Länder­Kommission für Bildungsplanung vorgelegt. Wir ha­ben am 12. August 1974 die beantragte befürworten­de Weiterleitung a b g e 1 e h n t , weil sich der An­trag nicht in den von der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung für die Modellversuche be­schlossenen Schwerpunktkatalog einordnen läßt.

Mit Schreiben vom 17. September 1974 - also ganz kürzlich - hat die Stadt Nürnberg die Ansicht ver­treten, daß sich die gestellten Anträge durchaus in den Schwerpunktkatalog einordnen lassen, und eine Aussprache zwischen dem Ministerium und der Stadt zur weiteren Klärung angeregt.

Beim jetzigen Sachstand kann von einer „nach­gewiesenen Eignung" des Modellversuchs keine Rede sein. Das Ministerium wird jedoch die seit

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Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74 5149

(Staatsminister Dr. Maier)

vorgestern, seit dem 23. September 1974, vorliegen­de neuerliche Begründung eingehend prüfen und ist gegebenenfalls auch zu einem Gespräch mit der Stadt Nürnberg bereit.

(Abg. Langenberger: Eine Zusatzfrage!)

Präsident Hanauer: Zusatzfrage, Herr Kollege Lan­genberger!

Langenberger (SPD): Herr Staatsminister, halten Sie es mit mir für ein Gebot der Fairneß, daß auch dann der Zuschußantrag weitergeleitet wird, wenn ein Er­messensspielraum für das Ministerium gegeben ist, damit von der Bund~Länder-Kommission entschieden werden kann, ob eine Einordnung gegeben ist oder nicht?

Präsident Hanauer: Herr Minister!

Staatsminister Dr. Maier: Die Bund-Länder-Kommis­sion hat einen ganz eindeutigen Schwerpunktkatalog und entscheidet bekanntlich mit Mehrheit. Sie ent­scheidet aber nur, wenn das betreffende Land - das gilt für Hessen wie für Bayern wie für alle Länder -befürwortet. Ich sagte schon: Es werden über die neuerliche, nachgereichte Begründung noch Ge­spräche mit der Stadt Nürnberg stattfinden, wenn sich dies als förderlich erweisen sollte.

Präsident Hanauer: Danke, Herr Minister!

Die nächsten Anfragen richten sich an den Herrn Staatsminister des Innern. Zuerst Frau Kollegin von Pölnitz!

Freifrau von Pölnitz (CSU): Herr Staatsminister, ist die Staatsregierung bereit, ähnlich wie an den Auto­bahnen auch an den Staatsstraßen Notrufsäulen zu errichten?

Präsident Hanauer: Herr Minister!

Staatsminister Dr. Merk: Notrufsäulen sind beson­ders wichtig an Autobahnen, da diese hohe Ver­kehrsbelastungen aufweisen und kreuzungsfrei weit­gehend abseits jeder Bebauung geführt werden. Bei Staatsstraßen ist diese Notwendigkeit geringer we­gen der erheblichen niedrigeren Verkehrsbelastung und wegen der meist dichten Folge von Ortsdurch­fahrten, in denen heute schon Notrufe abgesetzt werden können.

Um Erfahrungen sammeln zu können, wie die vor­handenen Notrufmeldemöglichkeiten am sinnvollsten und am wirtschaftlichsten verdichtet werden können, werden in Bayern im Ral:lm Mittel-/Unterfranken Not­ruftelefone betrieben, die 1975 im Rahmen eines dreijährigen Modellversuchs durch etwa 200 weitere Notruftelefone ergänzt werden. Die gewonnenen Er­fahrungen sollen dem weiteren Ausbau zugrunde gelegt werden.

Präsident Hanauer: Zusatzfrage, Frau von Pölnitz!

Freifrau von Pölnitz (CSU): Herr Staatsminister, ist das der Raum Ansbach, wo dieser Versuch inzwi­schen auch noch gemacht worden ist?

Staatsminister Dr. Merk: Auch Ansbach.

Präsident Hanauer: Nächster Fragesteller ist Herr Kollege Dittmeier.

Dittmeier (SPD): Herr Staatsminister, ist die Staats­regierung in der Lage und bereit, noch vor der Landtagswahl den Standort der 3. Polizeidirektion für Niederbayern bekanntzugeben, und ist die Fest­legung des Standortes St rau b i n g für eine Ret­tungsleitstelle für die spätere Festlegung des Stand­ortes der Polizeidirektion unerheblich?

Präsident Hanauer: Herr Staatsminister!

Staatsminister Dr. Merk: Wir erstreben zwar in der Regel einen einheitlichen Standort für die Polizei­direktionen neuer Art und die Rettungsleitstellen. Das ist jedoch nicht zwingend. Aus der Entschei­dung für Straubing als Rettungsleitstelle kann da­nach nicht gefolgert werden, daß damit bereits über den Standort der Polizeidirektion entschieden ist. Dazu laufen derzeit noch vergleichende Untersu­chungen; diese sind noch nicht abgeschlossen.

Präsident Hanauer: Zusatzfrage, Herr Kollege Ditt­meier!

Dittmeier (SPD): Herr Staatsminister, wie beurteilen Sie die Aussage eines Mitglieds der Staatsregierung in Straubing, daß man sich um diesen Standort nicht mehr zu kümmern brauche, weil er bereits festgelegt sei und Straubing als Standort ausgewiesen sei?

Präsident Hanauer: Herr Kollege Dittmeier, diese Frage müssen Sie dem stellen, der diese Äußerung getan hat. Da Sie noch dazu keinen Namen genannt haben, ist die Zusatzfrage nicht zugelassen.

(Abg. Dittmeier: Herr Präsident, ich würde bitten ... )

- Nein, die Frage ist nicht zugelassen! Wenn, dann müssen Sie Roß und Reiter nennen!

Dittmeier (SPD): Ich möchte Sie bitten, Herr Mi­nister, mir die Frage zu beantworten, warum bis jetzt zwei Polizeidirektionen ihren Standort in Niederbay­ern haben und man sich vor der dritten Entschei­dung vor den Landtagswahlen scheut?

Präsident Hanauer: Herr Minister!

Staatsminister Dr. Merk: Die Frage ist sehr einfach zu beantworten. Sowohl für den Raum La n d s h u t wie für den Raum Passau bietet sich keine prak­tische Alternative an im Gegensatz zum dritten Be-

Page 12: 100. Sitzung · 2016. 3. 30. · Bayerischer Landtag · 1.Wahlperiode STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/1 00 25.09.74 100. Sitzung am Mittwoch, dem 25. September 1974, 9 Uhr, in München

5150 Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74

(Staatsminister Dr. Merk)

reich, wo sowohl St rau b i n g als auch D e g -g e n d o r f in der Tat in Frage kommen. Nun geht es darum, zu klären, welche Bedingungen, welche Kostenkonsequenzen und welche Möglichkeiten einer raschen und reibungslosen Realisierung sich im einen oder anderen Fall ergeben.

Präsident Hanauer: Zusatzfrage, Herr Kollege Ditt­meier!

Dittmeier (SPD): Herr Staatsminister, sind Sie bereit zu sagen, ob gleich nach der Landtagswahl die Ent­scheidung fällt?

Staatsminister Dr. Merk: Die Entscheidung fällt zu­sammen mit allen anderen bisher noch offenen Fällen und als Folgewirkung eines Gesetzesbe­schlusses, um den die künftige Staatsregierung die­ses Hohe Haus im Rahmen der Novellierung des Polizeiorganisationsgesetzes sehr bald ersuchen wird.

Präsident Hanauer: Nächster Fragesteller ist Herr Kollege Lucke.

Lucke (CSU): Was gedenkt die Staatsregierung in Erfüllung ihrer Aufsichtspflicht zu tun angesichts der Presseberichte, wonach ein Revisionsbericht bei der Stadtverwaltung M ü n c h e n Praktiken der Verga­be von Aufträgen an prominente Vertreter der Münchner SPD, darunter auch des „linken" Mehr­heitsflügels dieser Partei sowie an marxistische Autoren aufgedeckt hat, die zu staatsanwaltschaftli­chen Ermittlungen geführt haben?

Präsident Hanauer: Herr Minister!

Staatsminister Dr. Merk: Nicht zuletzt auf Betreiben der CSU-Stadtratsfraktion hat das Revisionsamt der Landeshauptstadt München in einer Sonderprüfung die Praxis der Stadt bei der Vergabe von For­schungsaufträgen untersucht. Es hat in einem ein­gehenden Prüfungsbericht eine Reihe von Prüfungs­feststellungen getroffen und dabei massive Kritik an der Vergabepraxis geübt.

Mit den Prüfungsfeststellungen müssen sich zu­nächst die zuständigen Organe der Landeshaupt­stadt München befassen. Dieses Verfahren läuft zur Zeit. Nach Abschluß des Verfahrens wird die Rechts­aufsichtsbehörde, die Regierung von Oberbayern, zu untersuchen haben, ob rechtsaufsichtliche Maßnah­men ergriffen werden müssen, d. h. ob sämtliche relevanten Gesichtspunkte dieses ganzen Vorganges auch tatsächlich richtig und ausreichend gewürdigt wurden.

Im Einvernehmen mit dem Bayerischen Staatsmi­nisterium der Justiz erkläre ich ferner, daß auch die Staatsanwaltschaft Ermittlungen zu diesem Fragen­komplex aufgenommen hat. Gegenstand des staats­anwaltlichen Ermittlungsverfahrens ist der Verdacht

der Untreue, des Betrugs, der Urkundenfälschung und der Steuerhinterziehung. Einzelheiten dazu kön­nen im Blick auf das schwebende Ermittlungsver­fahren noch nicht mitgeteilt werden.

Präsident Hanauer: Zusatzfrage, Herr Kollege Lucke!

Lucke (CSU): Herr Staatsminister, teilen Sie in die­sem Zusammenhang die in der Presse veröffentlichte Äußerung des Herrn SPD-Stadtratsfraktionsvorsit­zenden Preißinger - -

Präsident Hanauer: Bitte nicht ablesen!

(Abg. Kuhbandner: Der ist zu dumm dazu!)

- Herr Kollege, diesen beleidigenden Zwischenruf weise ich zurück.

Lucke (CSU): -- , daß diese Vergaben ein Versuch gewesen sind, gewisse politische Kräfte in das „Establishment" zu integrieren?

Präsident Hanauer: Herr Minister!

Staatsminister Dr. Merk: Meine sehr verehrten Da­men und Herren! Der Sinngehalt der Frage, der. unter den Zwischenrufen etwas untergegangen zu sein scheint, war der, ob ich die Meinung teile, daß die Vorwürfe und der Argwohn des Fraktionsvorsitzen­den der Sozialdemokratischen Partei zutreffen, daß mit diesen Aufträgen der „dilettantische" Versuch, wie er heute nach der „Süddeutschen Zeitung" ge­nannt wurde, unternommen worden sei, Linke zu integrieren. Ich meine, bei der Vielzahl der Aufträge, auch vom Gesamtvolumen der Vergabe her gesehen, kann ein solcher Verdacht nicht ohne weiteres aus­geschlossen werden.

Präsident Hanauer: Zusatzfrage, Herr Kollege Nau­mann !

Naumann (SPD): Herr Minister, gehört es zu Ihrer Aufsichtspflicht, von der Sie gesprochen haben, daß aus Ihrem Hause vertrauliche Informationen an Münchner Stadträte über jene Personen ergangen sind, von denen hier die Rede ist?

(Zuruf: Das hat nichts mit der Frage zu tun. - Abg. Naumann: Mit der Aufsichtspflicht!)

Präsident Hanauer: Ja gut, mit der Aufsichtspflicht schon; aber nicht mit der Fragestellung!

(Abg. Naumann: Aber mit der Aufsichtspflicht!)

- Aber nur sehr, sehr indirekt! - Herr Minister, bitte!

Staatsminister Dr. Merk: Herr Präsident, ich beant­worte diese Frage sehr gern, zumal darüber in den letzten Tagen bereits Äußerungen in der Öffentlich­keit gemacht worden sind.

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Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74 5151

{Staatsminister Dr. Merk)

Ich darf dazu feststellen: Erstens sind über eine Reihe von Auftragnehmern an die Landeshauptstadt München Informationen ergangen, und zwar sowohl an den Oberbürgermeister selbst wie auch an den Vorsitzenden der CSU-Stadtratsfraktion. Diese Infor­mationen ergingen ohne mein Wis.sen. Ich sehe keine Veranlassung, dies etwa zu beanstanden. Es handelt sich dabei um keine vertraulichen Informa­tionen. Vertrauliche Informationen des Verfassungs­schutzes liegen zwar - damit verletze ich die Ver­traulichkeit nicht, wenn ich das sage - über einige der in dieser Vergabeliste aufgeführten Auftragneh­mer vor. Vertrauliche Informationen wurden jedoch nicht erteilt. Jedoch wurden dem Oberbürgermeister wie auch dem Fraktionsvorsitzenden der CSU-Stadt­ratsfraktion Informationen gegeben, die völlig frei und offen jedermann zugänglich sind. Informationen dieser Art besitzt beispielsweise mit Sicherheit die Stadt selbst auch, und es hätte insoweit gar nicht der weiteren Beratung oder des Aufschlusses seitens des Ministeriums bedurft.

Ich bin persönlich der Meinung: Wenn es wirklich wahr ist, was man sagt, daß man an einer gründ­lichen und restlosen Aufklärung interessiert ist, dann sollte man sich gar nicht um Informationen bei an­deren Stellen bemühen müssen, wenn man die glei­chen Informationen selber ebenfalls geben kann.

{Beifall bei der CSU)

Präsident Hanauer: Nächste Zusatzfrage, Herr Kolle­ge Jaeger!

Jaeger {FDP): Halten Sie es für richtig, Herr Mi­nister, daß derartige Informationen nur an e i n e n der drei Fraktionsvorsitzenden gegeben werden?

Präsident Hanauer: Herr Minister!

Staatsminister Dr. Merk: Ich bin gerne bereit, auch jeder anderen Fraktion die gleiche Information zu geben. Ich habe mich überzeugt, daß wir gebeten wurden, über die Namensliste Aufschluß zu geben. Wir haben dem Antrag entsprochen, aber auch gleichzeitig den Oberbürgermeister davon verstän­digt. Wenn Sie die gleiche Information hi:iben wollen, geht sie Ihnen bzw. der Stadtratsfraktion selbstver­ständlich zu. Ich halte es für unmöglich, meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn einer der schwerwiegenden Vorwürfe und Bedenken unter­sucht und entweder entkräftet oder bestätigt werden soll, daß eine einseitige Vergabepraxis geübt wurde mit einer deutlichen Ausrichtung der Auftragsnehmer nach einer bestimmten politischen Orientierung und Profilierung, daß man dann dem Stadtrat, der das untersuchen und darüber entscheiden soll, nicht un­eingeschränkt jedwede Information zuteil werden läßt, die er braucht, um diese Frage deutlich und klar beurteilen zu können.

Präsident Hanauer: Zusatzfrage, Herr Kollege Naumann!

Naumann {SPD): Herr Minister, bedeutet dies, da Sie diese Information als „nicht vertraulich" bezeich­net haben, daß Informationen jenes Inhalts gewisser­maßen an jeden Bürgermeister und an jeden Stadt­oder Gemeinderat ergehen können?

Präsident Hanauer: Herr Minister!

Staatsminister Dr. Merk: Meine Damen und Herren, Hohes Haus! Jeder, der ein vernünftiges und berech­tigtes Interesse daran hat und haben kann, etwas zu erfahren, was er zur Beurteilung der ihm oblie­genden Fragen braucht, bekommt von uns die von ihm gewünschte Auskunft. Daß wir diese. Auskunft nicht in einer Presseverlautbarung veröffentlichen, hat seinen Grund darin, daß der Stadtrat München die Liste der Auftragnehmer salbst noch unter Ver­schluß hält, obwohl dafür eigentlich kein vernünfti­ger Grund und Anlaß besteht.

Präsident Hanauer: Letzte Zusatzfrage, Herr Kollege Klasen!

Klasen {SPD): Herr Staatsminister, nachdem Sie eben gesagt haben, daß es sich hier nicht um var­trauliche Informationen gehandelt hat, würden Sie uns bitte erklären, welcher Art Ihre Informationen sein können, die nicht vertraulich sind und trotzdem eine zusätzliche Sachaufklärung bedeuten könnten?

Präsident Hanauer: Zusatzfrage nicht zugelassen. Weitere Zusatzfragen? - Die Frage ist beendet. -Nächster Fragesteller ist Herr Kollege Dr. Wilhelm!

Dr. Wilhelm {CSU): Hat die Staatsregierung fest­gestellt, wer für die vom Revisionsamt der Stadt München aufgedeckten Mißstände bei der Vergabe von Forschungsaufträgen jeweils verantwortlich war, und welche Konsequenzen zieht sie daraus?

Präsident Hanauer: Herr Minister!

Staatsminister Dr. Merk: Der Prüfungsbericht des Re­visionsamtes der Landeshauptstadt München liegt zur Zeit dem Stadtrat vor. Die Feststellung der Ver­antwortlichkeit für die im Prüfungsbericht festge­stellten Mängel bei der Vergabe der Forschungsauf­träge ist zunächst Aufgabe der Landeshauptstadt selbst. Die Rechtsaufsichtsbehörde, in diesem Fall die Regierung von Oberbayern, wird aber nach Ab­schluß der Wertung des Prüfungsberichts durch die Landeshauptstadt ihrerseits zu untersuchen haben, ob die Wertung rechtmäßig und vollständig durch­geführt ist und ob die rechtlich gebotenen Maßnah­men gegen die Verantwortlichen getroffen wurden.

Präsident Hanauer: Zusatzfrage des Fragestellers!

Dr. Wilhelm {CSU): Herr Minister, halten Sie es für ausgeschlossen, daß der frühere Oberbürgermeister V o g e 1 zumindest für die Zeit unmittelbar verant­wortlich war, in der der Aufbau dieses Referats ge­schehen ist und wo er die Referatsfunktionen selber mit erfüllt hat?

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5152 Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT7/100 v. 25. 09. 74 ·,!:'!),

Präsident Hanauer: Herr Minister!

Staatsminister Dr. Merk: Der Oberbürgermeister lei­tet nach der Gemeindeordnung die Geschäfte der Stadt. Er führt die Dienstaufsicht. Er kann Weisun­gen und Anordnungen auch an die berufsmäßigen Stadträte geben und damit deren Verhalten steuern. Im Rahmen seiner Befugnisse zur Leitung der Ge­schäfte und zur Dienstaufsicht ist der Oberbürger­meister dafür verantwortlich, daß die Verwaltungs­angelegenheiten der Stadt ordnungsgemäß geführt werden. Eine Verantwortlichkeit des Oberbürger­meisters für die Vergabepraxis ist damit nicht von vornherein auszuschließen - zumindest nicht für die Zeit, in der er selbst die Verantwortung für dieses Referat geführt hat.

(Unruhe bei der SPD)

Präsident Hanauer: Nächster Fragesteller ist Herr Kollege Welsch.

Welsch (SPD): Da die Staatsregierung immer wieder erklärt, der Abwanderung im Zonenrandgebiet ent­gegenwirken zu wollen, frage ich die Staatsregie­rung, ob sie willens und in der Lage ist, den Ge­meinden in ihrem Bestreben zur Seßhaftmachung von Arbeitskräften zinsgünstige kurz- oder mittel­fristige Erschließungsdarlehen bereitzustellen, um tragbare Konditionen für den Eigenheimbau zu er­möglichen?

Präsident Hanauer: Herr Minister, bitte!

Staatsminister Dr. Merk: Der Freistaat Bayern bringt seit vielen Jahren Mittel zur Gewährung von Bau­landbeschaffungs- und Erschließungsdarlehen an Gemeinden auf. Aus dem Anteil des Staates am Ge­winn 1973 der Bayerischen Landesbank werden den Gemeinden auch in diesem Jahr wieder zinsgünstige Bauland- und Erschließungsdarlehen gewährt. Die Darlehen werden von der Bayerischen Landesbank nach Richtlinien gewährt, die im Einvernehmen mit den zuständigen Staatsministerien ergangen sind. Die Darlehen sollen den Gemeinden die Beschaffung und Erschließung von Grundstücken für den Bau öffentlich zu fördernder oder steuerbegünstigter Wohnungen, besonders von Familienheimen, ermög­lichen oder erleichtern, Die Darlehen haben eine Laufzeit von 5 Jahren, werden zu 100 Prozent aus­bezahlt und sind mit 8 Prozent jährlich zu verzinsen. Als Darlehenskontingent sind 1974 17,4 Millionen DM vorgesehen. E i n ü b e r d u r c h s c h n i t t 1 i c h großer Teil der Darlehen wird Ge­meinden im Zonenrandgebiet ge­w ä h r t. Die Staatsregierung wirkt also auch mit der Gewährung von Baulandbeschaffungs- und Er­schließungsdarlehen der Abwanderung aus dem Zonenrandgebiet entgegen.

Präsident Hanauer: Zusatzfrage, Herr Kollege Welsch!

Welsch (SPD): Herr Staatsminister, wie erklären Sie sich den Widerspruch, daß bei den öffentlichen mündelsicheren Sparkassen die Erklärung abgege­ben wird, daß die Laba ihre Darlehen für die Kom­munen mit 92 Prozent Auszahlungskurs und 10 bis 10% Prozent Verzinsung anbietet? Hier scheint mir etwas nicht zu stimmen.

Präsident Hanauer: Letzterer Zusatz war sicher nicht zulässig. Herr Minister!

Staatsminister Dr. Merk: Wenn ich recht verstanden habe, meinten Sie die Kommunaldarlehen allgemein, nicht die Baulandbeschaffungs- und Erschließungs­darlehen?

(Abg. Welsch: Auch diese mit einbezogen!)

- Nein; da habe ich die Konditionen ja gerade ge­nannt. Diese Darlehen werden zu den von mir ge­nannten Konditionen gewährt. Die übrigen Kommu­nalkredite können natürlich nur zu den Bedingungen gewährt werden - zwar möglichst optimal geschal­tet -, die sich den Bedingungen nähern, die all­gemein auf dem Kapitalmarkt bestehen; denn die Gelder stammen ja von Sparern, denen auch ein entsprechender Zinsertrag zugesichert werden muß.

Präsident Hanauer: Herr Kollege Ewald Lechner!

Lechner Ewald (CSU): Herr Minister, welche Mög­lichkeiten hat die Staatsregierung aufgrund des von der Technischen Universität München erstellten wissenschaftlichen Gutachtens, vom Bund für den weiteren Ausbau der Bundesfernstraßen den gerech­ten Anteil am Mineralölsteueraufkommen zu er­halten?

Präsident Hanauer: Herr Staatsminister!

Staatsminister Dr. Merk: Die Bayerische Staatsre­gierung sieht sich durch das Gutachten der Pro­fessoren Dr. M ü 1 1 e r und S c h a echte r 1 e über „die Zielvorstellungen für den weiteren Ausbau der Bundesfernstraßen in Bayern" in ihrer Ansicht be­stätigt, daß Bayern

1. ein höherer Anteil am Aufkommen an Mineralöl­steuer zusteht, nämlich statt derzeit etwa 16,6 Prozent mindestens 20 Prozent, und

2. in der 1. Dringlichkeitsstufe eine weit höhere Quote erhalten muß.

Die Entscheidung darüber liegt jedoch beim B u n d . Die Bayerische Staatsregierung bemüht sich seit langem, in Kontakten mit Vertretern der Bundesre­gierung und des Bundestages Verständnis und Un­terstützung für diese elementaren Belange des Lan­des zu gewinnen. Sie sucht ferner die Unterstützung der Öffentlichkeit durch eine breite Aufklärung. Sie erwartet, daß sie in ihren Bemühungen durch alle Kräfte der Politik, der Wirtschaft und durch alle ge­sellschaftlichen Gruppen, insbesondere auch die Ge­werkschaften, unterstützt wird. Es wird ein Prüfstein

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Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74 5153

(Staatsminister Dr. Merk)

sein, inwieweit es überhaupt noch möglich ist, mit überzeugenden Sachargumenten berechtigte Anlie­gen durchzusetzen, und inwieweit der Bonner Koali­tion angehörende politische Repräsentanten sich für Probleme unseres Landes einsetzen und mithelfen, diese durchzusetzen.

(Bravo! bei der CSU)

Präsident Hanauer: Herr Kollege Dr. Kaub!

Dr. Kaub (SPD): Herr Minister, in welchem Umfang ist es seit Vorlage des Umweltberichtes gelungen, im öffentlichen Bereich durch den Bau von Kläran­lagen das Verhältnis zwischen Reinigungsleistung und steigendem Abwasseranfall zu verbessern?

Präsident Hanauer: Herr Minister!

Staatsminister Dr. Merk: In den Jahren 1970 bis 1973 wurden für den Bau kommunaler Abwasseranlagen rund 1,23 Milliarden DM aufgewandt. Hierzu wurden etwa 446 Millionen DM staatliche Zuschüsse gege­ben. Der im Gewässerschutzbericht 1970 genannte Anschlußstand der Einwohner Bayerns an kommu­nale Abwasseranlagen konnte dadurch von 60 auf 70 Prozent angehoben und damit um 17 Prozent des bisherigen Anschlußstandes gesteigert werden. Im gleichen Zeitraum stieg die Ausbauleistung der Kläranlagen durch Inbetriebnahmen von weiteren 330 Anlagen um etwa 29 Prozent von 11,3 Millionen auf etwa 14,6 Millionen Abwassereinheiten. Danach hat sich das Verhältnis zwischen Abwasseranfall und Reinigungsleistung erheblich verbessert.

(Wortmeldung des Abg. Dr. Kaub)

Präsident Hanauer: Bitte!

Dr. Kaub (SPD): Herr Minister, können Sie einen Prozentsatz nennen für die Verbesserung, von der Sie gerade gesprochen haben?

Staatsminister Dr. Merk: Ich sagte gerade, beim An­schlußstand der Bevölkerung eine Steigerung um 17 Prozent und bei den Abwassereinheiten, die nun­mehr gereinigt werden, über den Gewässerschutz­bericht 1970 hinaus um 29 Prozent.

Präsident Hanauer: Weitere Zusatzfrage, Herr Kolle­ge Kaub!

Dr. Kaub (SPD): Die Zahl der Kläranlagen gibt noch keinen Aufschluß über die Reinigungsleistung.

Präsident Hanauer: Fragen, keine Feststellungen!

Dr. Kaub (SPD): Ich wiederhole die eingangs schon gestellte Frage, nämlich nach dem Verhältnis zwi­schen Reinigungsleistung und Abwasseranfall.

Staatsminister Dr. Merk: über den Abwasseranfall liegen keine statistisch auswertbaren Unterlagen vor.

Präsident Hanauer: Herr Kollege Höpfinger, nächste Frage!

Höpfinger (CSU): Herr Staatsminister! Mit welcher Begründung will die Staatsregierung dem amerikani­schen Chemiekonzern „Eli Lilly" die Genehmigung zur Errichtung einer pharmazeutischen Produktions­stätte zwischen L a n d s b e r g und K a u f e r i n g und die Einleitung von täglich 12 000 Kilogramm organischer Salze in den Lech erteilen, wenn nach Angaben eines Vertreters des „Bundes Naturschutz in Bayern", Kreisgruppe Augsburg, befürchtet wer­den muß, daß dadurch eine Beeinflussung des Grund­wassers im Wassereinzugsgebiet der Stadt A u g s -b u r g und somit eine Gefährdung der Trinkwasser­versorgung im Großstadtbereich die Folge ist?

Präsident Hanauer: Herr Minister!

Staatsminister Dr. Merk: Zur landesplanerischen Überprüfung der genannten Industrieansiedlung läuft derzeit ein Raumordnungsverfahren. Die Wasserwirt­schaftsbehörden sind in diesem Verfahren einge­schaltet. Sie werden auf das gewissenhafteste prü­fen, welche schädlichen Abwässer anfallen und ob und gegebenenfalls wie sie gereinigt und schadlos abgeleitet werden können.

Sollte nach dem Ergebnis der bereits laufenden Un­tersuchungen eine nachteilige Beeinflussung von Trinkwassernutzungen - auch aus dem Grundwasser­begleitstrom des Lechs, aus dem auch Augsburg Trinkwasser gewinnt - nicht auszuschließen sein, so werden wir das Vorhaben ablehnen. Im Falle eines positiven Ergebnisses dieser Untersuchungen besteht umgekehrt aber auch kein Anlaß, sich aus wasserwirtschaftlicher Sicht gegen das Vorhaben auszusprechen.

Die Untersuchungen werden unvoreingenommen ge­führt. Untersuchungsergebnisse sollten daher von allen Beteiligten und Interessierten nicht durch vor­schnelle Urteile vorweggenommen werden.

Präsident Hanauer: Zusatzfrage, Herr Kollege Höp­finger!

Höpfinger (CSU): Herr Staatsminister, wie kann da­für gesorgt werden, daß künftig bei Besprechungen in diesem Zusammenhang nicht nur Vertreter aus dem Bereich La n d s b e r g , sondern auch Ver­treter aus dem Bereich A u g s b u r g zugezogen werden, wo wir doch den Lech so abnehmen müs­sen, wie er von Landsberg entlassen wird?

Präsident Hanauer: Herr Minister!

Staatsminister Dr. Merk: Es ist der Stadt Augsburg unbenommen, bei der öffentlichen Ausschreibung dieses Vorhabens sich zu melden und auch ihre

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5154 Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74

(Staatsminister Dr. Merk)

eigenen Bedenken und Einwände vorzutragen. Sie werden selbstverständlich im Raumordnungsverfah­ren mit gewertet und gewürdigt werden.

Präsident Hanauer: Zusatzfrage, Herr Kollege Klasen !

Klasen (SPD): Herr Staatsminister, halten Sie das gegenwärtig durchgeführte verkürzte Raumord­nungsverfahren, das dorch unter erheblichem Zeit­druck, wie die Regierung von Oberbayern auch be­kanntgibt, abgewickelt wird, für geeignet, diese Pro­bleme ausreichend zu untersuchen?

Präsident Hanauer: Herr Minister!

Staatsminister Dr. Merk: Die Gutachter haben selber zu entscheiden, ob die Daten, die von dem Unter­nehmen zu liefern sind, ausreichend und auch ge­eignet sind, daraus schlüssige Untersuchungsergeb­nisse abzuleiten. Auf keinen Fall wird ein Gutachten erstellt werden, ohne daß alle Gesichtspunkte dabei einwandfrei und gründlich geprüft und geklärt wer­den.

Präsident Hanauer: Zusatzfrage, Herr Kollege Dr. Böddrich!

Böddrich (SPD): Herr Staatsminister, ist in dieses Verfahren das Staatsministerium für Umweltschutz einbezogen worden?

Präsident Hanauer: Herr Minister!

Staatsminister Dr. Merk: Sämtliche Ressorts sind beteiligt, sämtliche Gesichtspunkte werden geprüft.

Präsident Hanauer: Zusatzfrage, Herr Kollege Dr. Kaub!

Kaub (SPD): Herr Minister, sind Sie nicht auch der Meinung, daß die wasserrechtliche Genehmigung versagt werden muß, da dieses Werk im Endausbau 400 Liter pro Sekunde Kühlwasser benötigt und da­mit der Wasserhaushalt ganz ernsthaft gefährdet würde?

Präsident Hanauer: Herr Minister!

Staatsminister Dr. Merk: Diese Frage zu beantwor­ten, überlasse ich gerne den Fachleuten.

Präsident Hanauer: Zusatzfrage, Herr Kollege Klasen!

Klasen (SPD): Herr Staatsminister, was halten Sie von der Äußerung Ihres Kollegen J au m an n An­fang August dieses Jahres, in der dieser keinen Zweifel darüber aufkommen läßt, daß diese Firmen­gründung in Landsberg durchgeführt wird und die Widerstände aus dem Raum Kaufering - ich zitiere die Landsberger Zeitung - „aus dem Weg geräumt" werden?

Präsident Hanauer: Diese Zusatzfrage wird nicht zu­gelassen. Bitte an den Minister stellen, der die Äuße­rung gemacht hat! - Danke schön, Herr Minister, er­ledigt!

Herr Staatssekretär im Staatsministerium für Ernäh­rung, Landwirtschaft und Forsten! Nächste Frage, Herr Kollege Jaeger!

Jaeger (FDP): Durch welche Vorkehrungen ist sichergestellt, daß der Bayerische Bauernverband die ihm von Landtag aus Steuermitteli gewährten Zuschüsse nicht zur Organisation von Demonstra­tionen, insbesondere zum kostenlosen Antransport von Demonstrationsteilnehmern oder zu anderen sachfremden Zwecken verwendet, und wie wird ge­gebenenfalls die Einhaltung der dem Bayerischen Bauernverband gemachten Auflagen überprüft?

Präsident Hanauer: Herr Staatssekretär!

Staatssekretär Nüssel: Herr Präsident, Hohes Haus! Der Bayerische Bauernverband erhält auf der Grund­lage des Gesetzes zur Förderung der bayerischen Landwirtschaft Mittel für die Aufgaben, die ihm im Interesse der gesamten Landwirtschaft übertragen wurden. Im Bewilligungsbescheid, dessen Bedingun­gen der BBV jeweils durch Unterschrift anerkennt, ist die Z w e c k best i m m u n g dieser Mittel e i n­d e u t i g festgelegt. Darüber hinau$ ist der Bayeri­sche Bauernverband verpflichtet, unserem Haus all­jährlich den Haushaltsvoranschlag und den Rech­nungsabschluß vorzulegen. Aus diesen Unterlagen ist zu ersehen, daß der Bayerische Bauernverband für die Finanzierung von Demonstrationsmaßnah­men einen eigenen Aktionsfonds hat, der v ö 1 1 i g g e t r e n n t v o m N o r m a 1 h a u s h a 1 t des Ver­bandes geführt wird.

Präsident Hanauer: Danke schön! Zusatzfrage Herr Kollege Jaeger!

Jaeger (FDP): Herr Staatssekretär, werden Sie bei der alljährlich stattfindenden Prüfung genau darauf achten, ob diese Bestimmungen auch eingehalten werden oder ob es in der Tat nicht vorgekommen ist, daß hier eine Haushaltsstelle mit einer anderen verwechselt wurde?

Präsident Hanauer: Herr Staatssekretär!

Staatssekretär Nüssel: Herr Kollege Jaeger, ich glaube, dies ist eine Selbstverständlichkeit. Ich brau­che dazu nichts mehr zu erklären.

(Zurufe - Glocke des Präsidenten)

Präsident Hanauer: Herr Kollege von Truchseß!

Freiherr Truchseß von und zu Wetzhausen (SPD): Herr Staatssekretär, stellen sich die Dinge nicht viel­mehr so dar, daß aufgrund der Tatsache, daß die Staatsregierung dem Bauernverband beachtliche Zu-

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Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74 5155

{Freiherr Truchseß von und zu Wetzhausen [SPD])

schüsse gibt, der Bauernverband in der Lage ist, solche Demonstrationen überhaupt erst zu organi­sieren und zu finanzieren?

{Zurufe)

Präsident Hanauer: Herr Staatssekretär!

Staatssekretär Nüssel: Herr Kollege von Truchseß, ich glaube, Sie schätzen den Bauernverband völlig falsch ein.

{Beifall bei der CSU - Widerspruch bei der SPD)

Dieser Bayerische Bauernverband ist eine sehr in sich geschlossene Organisation und ist in der Lage, aus eigenen Kräften das zum Ausdruck zu bringen, was er für die berufsständische Aufgabe tun muß.

Präsident Hanauer: Danke schön! - Herr Staatsmi­nister für Arbeit und Sozialordnung, an Sie richtet sich die nächste Frage. Herr Kollege Gentner, bitte!

Gentner {SPD): Herr Staatsminister, sind Sie bereit, die Umwidmung des Versorgungskrankenhauses Bayreuth in ein staatliches allgemeines Krankenhaus so schnell wie möglich vornehmen zu 11:\ssen und eine baldige Entscheidung darüber zu treffen, welche Abteilungen in demselben untergebracht werden sollen, so daß die Planungen für das Zweckver­bandskrankenhaus Bayreuth nicht allzu lange unter­brochen werden müssen?

Präsident Hanauer: Herr Minister!

Staatsminister Dr. Pirkl: Die Frage des Kollegen Gentner darf ich dahingehend beantworten, daß die Umwidmung des Versorgungskrankenhauses Bay­reuth in ein staatliches allgemeines Krankenhaus m o r g e n erfolgt und anläßlich der Eröffnung des Rehabilitationszentrums, das im gleichen Hause un­tergebracht sein wird, der Öffentlichkeit mitgeteilt werden wird.

Der Schwerpunkt des neuen Krankenhauses wird bei der Querschnittsgelähmten-Abteilung liegen. Dar­über hinaus wird es folgende Abteilungen aufwei­sen: Eine Innere Abteilung, eine Chirurgische Ab­teilung, eine Neurologische Abteilung, eine Urolo­gische Abteilung sowie zwei Kurstationen und vor­aussichtlich auch eine Neurochirurgische Abteilung.

Nach der Umwidmung und der Aufnahme in den Krankenhausbedarfsplan wird die fachliche Vorprü­fung für das neue Zweckverbandskrankenhaus Bay­reuth zügig fortgeführt werden.

{Abg. Gentner: Danke!)

Präsident Hanauer: Danke schön! - Bitte, Herr Staatsminister für Landesentwicklung und Umwelt­fragen.

Nächster Fragesteller Herr Kollege Schraut!

Schraut {SPD): Welche Maßnahmen und Auflagen wurden in Heimertingen bei Memmingen anläßlich des Auffindens von Giftmüll wie 250 g Cyanid in einem Faß auf der gemeindlichen Mülldeponie sowie 1 O 000 Liter Flüssiggiftstoffes, im Freien gelagert, ergriffen bzw. erteilt?

Präsident Hanauer: Herr Minister!

Staatsminister Streibl: Herr Präsident, meine Damen und Herren!

a) Anläßlich einer am 7. August 1974 durchgeführ­ten Ortsbesichtigung wurde von der Fachbehörde ein Faß mit 250 g cyanidhaltigem Abfall auf dem Müll­platz Heimertingen geborgen, das wahrscheinlich aus einem Galvanisierbetrieb in diesem Bereich stammte. Als Sofortmaßnahme wurde auf die Wei­sung der Fachbehörde das Faß von der Gemeinde Heimertingen sichergestellt und in einem verschlos­senen Raum ordnungsgemäß zwischengelagert. Am 19. August 1974 wurde das Faß zur Sammelstelle der Gesellschaft zur Beseitigung von Sondermüll in Neu­Ulm gebracht und anschließend einer geordneten Beseitigung zugeführt.

b) Bei der Ortsbesichtigung am 7. August 1974 wurde auch ein Galvanisierbetrieb überprüft. Dabei wurde auf dem Betriebsgelände ein halbgefüllter Eisenbehälter angetroffen, der rund 10 Kubikmeter flüssigen cyanidhaltigen Abfall enthielt.

Der Vertreter des Landesamts für Umweltschutz er­klärte den sofortigen Abtransport zur Gesellschaft zur Beseitigung von Sondermüll für erforderlich. Noch am gleichen Tage wurde der Behälter von einem Spezialfuhrunternehmen entleert, zur Ge­sellschaft zur Beseitigung von Sondermüll verbracht und dort ordnungsgemäß beseitigt.

Das Landratsamt Unterallgäu erließ am 9. August 1974 gegen die Firma eine sofort vollziehbare An­ordnung, in der die Firma darauf hingewiesen wurde, daß auf der Gemeindedeponie Heimertingen keine Fässer abgelagert werden dürfen, in denen sich Gift­stoffe befinden, und die der Firma aufgab, die vor­handenen leeren Fässer auf dem Betriebsgelände sicherzustellen, zu entgiften, zu pressen und der Alteisenverwertung zum Einschmelzen abzugeben sowie das Betriebsgelände gegen unbefugten Zu­tritt zu sichern.

Präsident Hanauer: Zusatzfrage, Herr Kollege Schraut!

Schraut {SPD): Welches Ausmaß der Gefährdung be­züglich des Trink- oder Grundwassers war durch die unsachgerechte Lagerung des 10-Kubikmeter-Behäl­ters unter Umständen gegeben?

Präsident Hanauer: Herr Minister!

Staatsminister Streibl: Trinkwasserleitungen sind im allgemeinen Druckwasserleitungen. Ein Eindringen von Schadstoffen in solche Leitungen ist nicht mög-

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(Staatsminister Streibl) Präsident Hanauer: Herr Minister!

lieh. Wie die Untersuchung ergab, war der Behälter sonst im Gebäude untergebracht. Er wird dort auch später bei der Poduktion wieder untergebracht wer­den. Es handelte sich um eine Zwischenlagerung wegen eines Umbaues. Trotzdem wurde die sofortige Entfernung veranlaßt.

Präsident Hanauer: Zusatzfrage, Herr Kollege Schraut!

Schraut (SPD): Trifft es nach einem Bericht in der „Memminger Zeitung" zu, daß ein Vertreter des bayerischen Innenministeriums diesen Heimertinger Vorfall als Bagatellfall abgetan hat?

Präsident Hanauer: Die Frage wird nicht zugelassen, da soeben spezifiziert mitgeteilt 'wurde, daß eine Überprüfung erfolgt ist. - Herr Kollege Flath, näch­ste Frage! ·

Dr. Flath {FDP): Bezugnehmend auf meinen Schrift­wechsel mit dem Staatsministerium für Landesent­wicklung und Umweltfragen, veranlaßt durch die zu­nehmende Beunrunigung der betroffenen mittelfrän­kischen Bevölkerung, frage ich die Staatsregierung, welche Maßnahmen sie zu unternehmen gedenkt, um die Errichtung eines Rangierbahnhofs im Raum Nürnberg - sogenanntes Reichswaldgebiet - zu ver-hindern. ·

Präsident Hanauer: Herr Staatsminister!

Staatsminister Streibl: Für den geplanten neuen Rangierbahnhof Nürnberg im Reichswald wurde auf Antrag der Deutschen Bundesbahn von der hierfür zuständigen Regierung von Mittelfranken ein Raum­ordnungsverfahren eingeleitet. Im Zuge dieses Ver­fahrens wurden aus der Sicht des Umweltschutzes s c h w e r w i e g e n d e B e d e n k e n gegen den vorgesehenen Standort erhoben.

Die Regierung hat deshalb und aufgrund eines ent­sprechenden B e s c h 1 u s s e s d e s L a n d t a g s vom 8. Mai 1973 die Deutsche Bundesbahn gebeten, weitere Standortvorschläge zur Überprüfung im Raum­ordnungsverfahren zu unterbreiten.

Darüber hinausgehende Schritte sind gegenwärtig nicht veranlaßt, da die Deutsche Bundesbahn die Vorlage weiterer Standortvorschläge zugesagt hat. Gegenwärtig führt die Deutsche Bundesbahn die hierzu notwendigen Untersuchungen durch. Ich hoffe, daß dabei ein günstigerer Standort gefunden wird.

Präsident Hanauer: Zusatzfrage, Herr Kollege Dr. Flath!

Dr. Flath (FDP): Herr Staatsminister, bis wann kann ich mit der Beantwortung bzw. mit der in Ihrem Schrei­ben vom 3. Juni 1974 mir zugesicherten Benachrich­tigung und Beantwortung bezüglich der Alternativ­standorte rechnen?

Staatsminister Streibl: Das können Sie erst in dem Augenblick, in dem uns die Bundesbahn Vorschläge gemacht hat.

Präsident Hanauer: Zusatzfrage, Herr Kollege Schnell!

Schnell {SPD): Herr Staatsminister, sind Sie nicht auch mit mir und mit dem Bund Naturschutz der Auffassung, daß ein Standort für einen Rangierbahn­hof europäischen Ausmaßes, wie es immer heißt, im Nahbereich eines Ballungsraumes überhaupt nicht geeignet ist?

Präsident Hanauer: Herr Minister!

Staatsminister Streibl: Lassen Sie mich bitte hier als den Verantwortlichen für das Ministerium, das die Aufsicht über solche Verfahren zu führen hat, nicht zu dieser Sache Stellung nehmen. Sonst heißt es gleich, wir seien voreingenommen. Wir sind ver­pflichtet, für jeden Standort ein Raumordnungsver­fahren durchzuführen. -Bei diesem Raumordnungs­verfahren soll das Für und Wider geklärt werden.

Präsident Hanauer: Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Dr. Flath!

Dr. Flath {FDP): Herr Staatsminister, hat die Bundes­bahn von ihrem Einspruchsrecht gegen das Abhol­zungsgebiet gemäß § 6 ROG Gebrauch gemacht?

Präsident Hanauer; Herr Minister!

Staatsminister Streibl: Dazu war kein Raum, da das Raumordnungsverfahren ja nicht abgeschlossen ist.

Präsident Hanauer: Herr Kollege Heiden, nächste Frage!

Heiden {SPD): Herr Staatsminister, wann endlich wird das Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen die Förderungsrichtlinien aus sei­nem Programm „Freizeit und Erholung" bekanntge­ben, um der Stadt N ü r n b e r g einen dringend notwendigen Zuschußbetrag für ihren Tiergarten zu ermöglichen?

Präsident'Hanauer: Herr Minister!

Staat.sminister Streibl: Die Richtlinien zum Vollzug des Programms „Freizeit und Erholung" werden neu gefaßt. Die Förderung von Tierparken ist ausdrück­lich vorgesehen. Zur Zeit erfolgt die Abstimmung mit dem Staatsministerium der Finanzen. Die Förderung aufgrund der neuen Richtlinien erfolgt in jedem Fall

·im Jahre 1975.

Präsident Hanauer: Herr Kollege Heiden, eine Zu­satzfrage!

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Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74 5157

Heiden (SPD): Herr Staatsminister, ist es möglich, daß die Stadt Nürnberg im Rahmen ihrer Etatbera­tungen für das Jahr 1975, also im Vorgriff, einen solchen Antrag stellt?

Präsident Hanauer: Herr Minister!

Staatsminister Streibl: Ein Antrag kann in jedem Fall ge~tellt werden. Eine Zusage kann noch nicht ge­geben werden, da die Haushaltsmittel noch nicht bewilligt sind.

Präsident Hanauer: Die nächste Frage, Herr Kollege Koch!

Koch (SPD): Herr Staatsminister, was hat Sie veran­laßt, den für die Sanierung der Arnoldhütte in Neu -stad t bei Coburg schon im November 1973 von Ihrem Ministerium in Aussicht gestellten und dann bei einer Besichtigung am 21. März 1974 von Herrn Staatssekretär D i c k bestätigten Zuschuß von 33 V:i Prozent der beihilfefähigen Kosten für den zweiten Bauabschnitt zunächst wieder zu annullie­ren und auf Anregung eines im Stimmkreis Coburg wohnenden CSU-Kollegen in der ursprünglich zuge­sagten Höhe wiederum zu genehmigen?

Präsident Hanauer: Bitte keine Zusätze in die An­frage hineinschmuggeln!

Koch (SPD): Herr Präsident, ich habe sogar etwas herausgelassen.

Präsident Hanauer: Sie sollten etwas herauslassen, aber Sie haben zusätzlich etwas eingefügt!

Bitte, Herr Minister!

Staatsminister Streibl: Das Ministerium hat dem Ver­schönerungs- und Fremdenverkehrsverein e. V. Neu­stadt bei Coburg für die Sanierung der Arnoldhütte mit Bescheid vom 16. August 1974 einen Zuschuß in Höhe von 36 860 DM bewilligt. Der nach den Richt­linien im Regelfall vorgesehene Höchstzuschußsatz von 25 Prozent konnte im Hinblick auf die Bedeu­tung der Maßnahme und die finanzielle Situation des Vereins auf 33 % Prozent angehoben werden. Der Ab­geordnete M ö s 1 e i n hat sich mit Schreiben vom 21. Januar 1974 unter Darlegung der im einzelnen maßgebenden Gründe für die Erhöhung des Förder- · satzes nachdrücklich eingesetzt. Mit Schreiben vom 13. Februar 1974 konnte dem Verschönerungs- und Fremdenverkehrsverein e. V. Neustadt sowie dem Abgeordneten Möslein mitgeteilt werden, daß im Finanzierungsplan ein Zuschußsatz von 33 V:i Prozent der förderfähigen Kosten grundsätzlich vorgesehen werden kann. '

Auch Staatssekretär D i c k hat am 21. März 197 4 in Neustadt bei Coburg diese Möglichkeit bekanntge­geben. Das war noch nicht die Bewilligung. Die Be­willigung erfolgte im August. Dies habe ich dem Ab­geordneten Mösiein schriftlich mitgeteilt, da er sich sehr für die Förderung des Projektes eingesetzt hatte.

Von einer Annullierung der in Aussicht gestellten Zu­schußhöhe von 33 V:i Prozent war nie die Rede.

(Abg. Koch: Eine Zusatzfrage!)

Präsident Hanauer: Eine Zusatzfrage des Herrn Kol­legen Koch!

Koch (SPD): Herr Staatsminister, bedeutet das, nach­dem die Beamten Ihres Hauses schon im November 1973 den Zuschuß in dieser Höhe in Aussicht ge­stellt hatten, daß der Zuschuß nicht gewährt worden wäre, wenn sich nicht der betreffende CSU-Kollege dafür eingesetzt hätte? -

(Zuruf von der CSU: Das ist doch unser Recht!)

Staatsminister Streibl: Das bedeutet es sicher nicht. Die Zuschüsse sind in Aussicht gestellt worden, aber wenn sich ein Abgeordneter für ein Projekt einsetzt, so glaube ich, ist es auch richtig, daß man ihn ent­sprechend benachrichtigt.

(Beifall bei der CSU -Abg. Koch: Noch eine Zusatzfrage!)

Präsident Hanauer: Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Koch!

Koch (SPD): Herr Staatsminsiter, bedeutet das, was Sie eben gesagt haben, daß grundsätzlich von Ihrem Hause auch Zuschüsse gewährt werden, wenn ein Rechtsanspruch darauf besteht und wenn entspre­chende Richtlinien gegeben sind, ohne daß ein CSU­Abgeordneter s_ich dafür eingesetzt hat?

(Heiterkeit bei der CSU)

Staatsminister Streibl: Ich halte diese Frage fast für unmöglich. Ich muß sagen, das ist eine Selbst­verständlichkeit.

(Abg. Koch Zusatzfrage! - Unruhe bei der CSU und Zurufe: Was soll denn das?)

Koch (SPD): Herr Staatsminister, haben Sie Ver­ständnis dafür, daß solche Fragen gestellt werden, nachdem in der Öffentlichkeit immer wieder der Eindruck erweckt wird, als könne es solche Zu­schüsse nur geben, wenn sich ein - CSU-Kollege nachdrücklich vorher dafür eingesetzt hat?

(Beifall bei der SPD)

Präsident Hanauer: Diese Zusatzfrage wird, nicht mehr zugelassen. Wir haben lange genug über das Thema debattiert. Gibt es weitere Zusatzfragen? -Das ist nicht der Fall. Danke schön, Herr Minister!

Darf ich den Herrn Staatssekretär im Staatsmini­sterium der Finanzen bitten! Nächster Fragesteller ist Herr Kollege Kaps!

Kaps (CSU): Herr Staatssekretär, ich frage Sie, ob Behauptungen zutreffen, wonach aus Bundesmitteln von 1969 bis 1974 für den Straßenbau 5,3 Milliarden

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5158 Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74

(Kaps [CSU])

DM mehr, für Wohnungsbau 1,4 Milliarden DM mehr und für die Landwirtschaft 41 Milliarden DM mehr nach Bayern geflossen seien als in den fünf voraus­gegangenen Jahren?

Präsident Hanauer: Herr Staatssekretär, bitte!

Staatssekretär Dr. Hillermeier: Herr Präsident, Hohes Haus! Die Behauptungen über die nach Bayern ge­flossenen Bundesmittel treffen in keinem Bereich zu.

(Aha! und Hört, hört! bei der CSU)

Im einzelnen ist zu sagen:

Für den Bundesfernstraßenbau erhielt Bayern in den Jahren 1969 bis 1973 einschließlich des Strukturpro­gramms 4,54 Milli.arden DM, das sind 1,38 Milliarden DM mehr als in den Jahren 1964 bis 1968. Ein Ver­gleich der beiden 5-Jahreszeiträume ergibt eine Stei­gerungsrate von 43,7 Prozent. Die Mittel für den Bun­desfernstraßenbau im gesamten Bundesgebiet sind jedoch in den gleichen Zeiträumen von 17,2 Milliar­den DM auf 25,9 Milliarden DM, d. h. um 50,9 Prozent gestiegen. Damit ist die Benachteiligung Bayerns im Bundesfernstraßenbau eindeutig erwiesen.

(Abg. Schneier: Erwiesen ist gar nichts!)

Für den sozialen Wohnungsbau hat der Bund-in den Jahren 1969 bis 1973 590 Millionen DM öffentliche Baudarlehen zur Verfügung gestellt. In den Jahren 1964 bis 1968 waren es noch 990 Millionen DM. Das bedeutet eine M i n d e r u n g d e r B u n des m i t -t e 1 um 400 Millionen DM. Auch wenn man die Mittel des Regionalprogramms, nämlich beim sogenannten 2. Förderweg, die 1969 bis 1973 3750 Millionen DM betragen haben, zu den eben genannten 590 Millionen DM dazurechnet, kommt man nur auf 965 Millionen DM, also. immer noch weniger als in dem 5-Jahres­zeitraum vor 1969.

Zum dritten Punkt darf ich bemerken: In den Jahren 1969 bis 1974 sind für die Landwirtschaft insgesamt 4,1 Milliarden DM Bundesmittel nach Bayern geflos­sen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß in diesem Betrag nicht nur die Mittel für die Strukturverbesse­rung, sondern auch für Ausgleichszahlungen ent­halten sind, die allein aufgrund der Währungspolitik der jetzigen Bundesregierung zum Ausgleich von dadurch bedingten Schäden erforderlich waren. An Währungsausgleich allein sind ca. 1 Milliarde DM in diesem Betrag enthalten.

Zu berücksichtigen ist ferner, daß diese Steigerungs­sätze nicht einmal ausreichen, um die inflationsbe­dingten Teuerungsraten auszugleichen.

Für die Strukturverbesserung erhielt Bayern nur ca. 21,5 Prozent der Bundesmittel, obwohl sein An­teil an der land- und forstwirtschaftlichen Nutzfläche des Bundesgebietes und an der Zahl der landwirt­schaftlichen Betriebe bei rund 29 Prozent liegt. Der Anteil Bayerns am benachteiligten Gebiet des Bundes­gebiets beträgt sogar 50 Prozent.

Präsident Hanauer: Danke schön, Herr Staatssekre­tär, für Sie kommt nichts mehr.

Ich bitte den Herrn Ministerpräsidenten. Nächster Fragesteller ist Herr Kollege Rummel.

Rummel (SPD): Herr Ministerpräsident, wie darf die in der „Bayerischen Gemeindezeitung" vom 9. Sep­tember 1974 zitierte Äußerung verstanden werden? Ich zitiere:

Ministerpräsident Goppel schließt nicht aus, daß in der nächsten Legislaturperiode an der Land­kreisreform nochmals eine kleine Korrektur vorge­nommen wird, daß dies bald geschehen müsse, und zwar bevor sich die Verwaltung voll in den neuen Landkreisen etabliert hat.

Präsident Hanauer: Herr Ministerpräsident, bitte!

Ministerpräsident Dr. Goppel: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Reform der Kreisebene ist im wesentlichen abgeschlossen; es besteht kein An­laß, ihre Ergebnisse im Grundsätzlichen in _Frage zu stellen.

Das schließt - wie im Lauf der Diskussion um die Landkreisreform mehrfach gesagt wurde - nicht aus, daß Grenzkorrekturen kleineren Umfangs bei den bestehenden Landkreisen dann vorgenommen wer­den, wenn im Rahmen der Gemeindeneugliederung oder zur Lösung der Stadt-Umland-Probleme solche Änderungen für zweckmäßig oder notwendig erachtet werden, um sachgerechte Lösungen zu ermöglichen. So ist meine beiläufige Bemerkung zu verstehen. In jedem Fall kann es sich nur um Grenzkorrekturen handeln, die den Bestand der neugebildeten Land­kreise nicht in Frage stellen.

(Abg. Rummel: Eine Zusatzfrage!

Präsident Hanauer: Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Rummel!

Rummel (SPD): Herr Ministerpräsident, wie verstehen Sie dann die Äußerung der Staatskanzlei auf eine Frage des Abgeordneten Zeißner, daß die in der „Bayerischen Gemeindezeitung" erfolgte und von an­deren Blättern übernommene Darstellung über eine mögliche kleine Korrektur an der Landkreisreform in der nächsten. Legislaturperiode n i c h t der Meinung des Ministerpräsidenten entspricht?

Präsident Hanauer: Herr Ministerpräsident!

Ministerpräsident Dr. Goppel: Dies bezieht sich, wenn ich es richtig auslege, darauf, daß in der Ko­lumne der „Bayerischen Gemeindezeitung" ein Ab­satz stand: „Nach wie vor stehen die früheren Land­kreise L o h r in Unterfranken und Was s e r b u r g in Oberbayern zur Diskussion." Dies ist der Satz, er nicht meiner Meinung entspricht.

Präsident Hanauer: Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Kollegen Rummel!

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Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74 5159

Rummel (SPD): Herr Ministerpräsident, sind Sie mit mir der Meinung, daß eine solche Veröffentlichung, noch dazu in einer offiziellen Fachzeitung eines kom­munalen Spitzenverbandes, neue, wenn auch in die­sem Falle unberechtigte Hoffnungen z. B. für den Kreissitz L o h r weckt?

Ministerpräsident Dr. Goppel: Ich bin für die Ver­öffentlichung nicht verantwortlich.

(Zuruf von der CSU: Sehr gut!)

Präsident Hanauer: Danke, Herr Ministerpräsident! -Die nächste Gruppe von Fragen richtet sich an den Herrn Staatsminister für Wirtschaft und Verkehr. Meine Damen und Herren, ich bitte jetzt aber wirk­lich bei Fragen und Zusatzfragen auf die Uhr zu schauen, damit sich die Kollegen gegenseitig nicht behindern.

Herr Kollege Diethei, bitte!

Diethei (CSU): Herr Minister, sieht die Staatsregie­rung angesichts wiederholter, zum Teil schwerer Un­fälle auf dem Flugplatz Kempten-Durach eine Mög­lichkeit, aus Gründen der Sicherheit der Bevölkerung die Anlegung eines neuen Luftlandeplatzes zu be­schleunigen, und welche Sofortmaßnahmen sind u. a. zur Eindämmung des Fluglärms geboten?

Präsident Hanauer: Herr Staatsminister!

Staatsminister Jaumann: Herr Präsident, Hohes Haus! Auf dem Flugplatz Kempten-Durach hat sich am 15. September 1974 ein bedauerlicher Unfall mit einem einmotorigen Flugzeug ereignet, bei dem der Pilot und drei Fluggäste schwer verletzt wurden. Die Untersuchung des Unfalles durch das dafür zustän­dige Luftfahrtbundesamt ist noch nicht abgeschlos­sen. Die Umstände deuten jedenfalls darauf hin, daß es nicht am Flugplatz selbst, sondern offenbar doch am Flugzeugführer gelegen hat; aber das soll kein Vorgriff auf das Ergebnis dieser Untersuchun­gen sein.

Das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr begrüßt und unterstützt die Bemühungen der örtlichen Gebietskörperschaften unter Feder­führung der Stadt Kempten, einen Standort für einen neuen Flugplatz im Städtedreieck Kempten - Kauf­beuren - Memmingen ausfindig zu machen. Ein Zwischenbericht des mit der Standortuntersuchung beauftragten Ingenieurbüros liegt mir vor. Wir haben diesen Bericht zum Zwecke einer frühzeitigen Ab­stimmung der Standortwahl mit den Belangen der Flugsicherung der Bundesanstalt für Flugsicherung -Zentralstelle - übermittelt. Nach der vorläufigen gut­achtlichen Stellungnahme der Bundesanstalt für Flugsicherung haben die militärischen Diensstellen Bedenken gegen die Errichtung des Verkehrslande­platzes an einem der in Erwägung gezogenen Stand­orte, weil vier von den sieben in der engeren Wahl befindlichen Standorten im Bereich des dort verlaufen-

den militärischen Tag-Tieffluggebietes liegen. Wirwer­den hier weitere Verhandlungen pflegen müssen.

(Abg. Diethei: Zusatzfrage!)

Präsident Hanauer: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Diethei!

Diethei (CSU): Herr Staatsminister, werden Sie dar­auf drängen, daß noch in diesem Jahr ein Spitzen­gespräch zwischen dem Verteidigungsministerium und Ihrem Haus stattfindet?

Präsident Hanauer: Herr Staatsminister!

Staatsminister Jaumann: Ja. Im übrigen darf ich die etwas umfangreichere Antwort aus Zeitgründen dem Protokoll zur Verfügung stellen.

Von Staatsminister Jaumann zu Protokoll gegeben:

Das BStMWV hat daher mit Schreiben vom 5. März 1974 und 10. Juni 1974 den Bundesminister für Verkehr dringend gebeten, auf eine Ände­rung der ablehnenden Stellungnahme der militärischen Stellen der Luftverteidigung zu den Standortvorschlägen hinzuwirken.

Das StMWV wird diese Unterstützung der Standortuntersuchung mit Nachdruck gegenüber dem Bundesminister für Verkehr und der Bun­desanstalt für Flugsicherung fortsetzen.

Der Flugplatz Kempten-Durach ist wegen seiner Nähe zu Wohnge­bieten lärmungünstlg gelegen. Zur Verbesserung der Lärmsituation hat das zuständige Luftamt Südbayern deshalb mit Verfügung vom 27. April 1974 als S o f o r t m a ß n a h m e die Einstellung des Platz­rundenbetriebs an Samstagen nach 14.00 Uhr und an Sonn- und Feiertagen ganztägig angeordnet. Dieses P 1 a t z r u n d e n v e r -b o t soll vorläufig so lange wirksam bleiben, bis die von der Lan­deplatzgesellschaft mbH Kempten-Durach zur Verbesserung der Lärmsituation vorgeschlagenen Maßnahmen einer eingehenden Prü­fung unterzogen sind. Unter Zugrundelegung dieser Verbesserungs­vorschläge soll dann eine gemeinsame Besprechung mit allen Be­teiligten geführt werden. Eine endgültige Lösung des Fluglärm­problems in der Umgebung des Flugplatzes Kempten-Durach setzt die Schaffung eines neuen Flugplatzes an anderer, geeigneter Stelle voraus. Das StMWV würde es deshalb auch aus Fluglärmgründen begrüßen, wenn die anstehenden Fragen der militärischen Belange in diesem Raum baldmöglichst abgeklärt werden könnten, um den optimalen Standort aus den möglichen Varianten auszuwählen. Der besonders iärmintensive Tiefflugbetrieb militärischer Strahlflugzeuge in diesem Raum müßte verlegt werden, wenn ein ziviler Flugplatz im Städtedreieck Kempten-Kaufbeuren-Memmingen errichtet würde.

Präsident Hanauer: Das ist nicht der Sinn einer solchen Fragestunde. Man kann eine schriftliche Anfrage stellen, und dann wird die Antwort abge­druckt.

Herr Kollege Schneier, die nächste Frage bitte!

Schneier (SPD): Wie vielen Personen wurde in Bayern aufgrund des am 1. Februar 1974 in Kraft getretenen Nachtragsgesetzes zum Schutze der Be­rufsbezeichnung „ Ingenieur" der Ingenieurtitel zuer­kannt und wie verteilt sich diese Zahl auf die sieben Regierungsbezirke?

Präsident Hanauer: Herr Minister!

Staatsminister Jaumann: Herr Präsident, Hohes Haus! Aufgrund des im Februar beschlossenen Ge­setzes wurden 1896 Anzeigen erstattet. Für 1166 An-

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5160 Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74

(Staatsminister Jaumann)

zeigen konnten die Regierungen die vorgeschrie­benen Eingangsbestätigungen bereits erteilen, d. h. daß sich durch die Verlängerung der Anzeigefrist bis jetzt 1166 Personen die Berechtigung zur Weiter­führung der Berufsbezeichnung „ Ingenieur" haben sichern können. Auf die einzelnen Regierungsbezirke verteilt, enthält meine Antwort eine umfangreiche Tabelle, die ich ebenfalls der Einfachheit halber zu Protokoll geben darf.

Von Staatsminister Jaumann zu Protokoll gegeben:

Regierungsbezirk

Oberbayern

Niederbayern

Oberpfalz

Oberfranken

Mittelfranken

Unterfranken

Schwaben

1 Eingegangene ! Bestätigte [ Anzeigen , Anzeigen

680 425

121 83

120 35

117 63

431 265

208 129

219 166

Noch in Bear­beitung befindliche

255

38

85

54

166

79

53

Bayern nicht 132 Millionen DM, sondern nur 66 Mil­lionen DM; die restlichen 66 Millionen DM der Ge­meinschaftsaufgabe 1974 sind Haushaltsmittel des Freistaates Bayern. Selbst wenn Bayern also 9 Mil­lionen DM dieser Bundesmittel, wie behauptet wurde, in welcher Form auch immer in Anspruch genom­men haben würde, so würde dies bedeuten, daß es bereits ein Prozentsatz von 13,6 und nicht von 6,8 wäre.

Aber auch im Bereich der absoluten Zahlen läßt diese Behauptung die Genauigkeit vermissen, auf die es im Bereich des strukturpolitischen Zahlen­werkes ankommt, wenn daraus allgemeingültige Schlüsse gezogen werden sollen. Bayern hatte zum 31. August 1974 nicht, wie behauptet wurde, im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe 1974 9 Millionen DM, son­dern bereits Bewilligungen allein im lnfrastruktur­bereich in Höhe von 25 Millionen DM ausgesprochen.

Außerdem weise ich darauf hin, daß von den Ge­samtmitteln der Gemeinschaftsaufgabe 1974 im Haushaltsjahr 1974 lediglich 80 Millionen DM kassen­mäßig in Anspruch genommen werden können, 52 Millionen DM - als Verpflichtungsermächtigun­

Präsident Hanauer: Zusatzfrage, Herr Kollege gen - frühestens jedoch im Jahre 1975. Schneier!

Schneier (SPD): Herr Minister, sind Sie. bereit, noch­mals darauf aufmerksam zu machen, daß die Frist für die Anmeldung am 31. Dezember 1974 endgültig abläuft?

Präsident Hanauer: Das ist keine Frage, sondern eine Aufforderung. - Nächste Frage, Herr Kollege Huber!

Huber Herbert (CSU): Herr Staatsminister! Recht­fertigt der gegenwärtige Abwicklungsstand der im Jahre 1974 zur Verfügung stehenden Prograinmittel im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesse­rung der regionalen Wirtschaftsstruktur" und der landeseigenen Regionalprogramme die Feststellung des Abgeordneten Dr. Roth e m u n d , daß der Wirtschaftsminister die im Rahmen der Gemein­schaftsaufgabe zur Verfügung stehenden Mittel des Jahres 1974 kaum in Anspruch nimmt?

Präsident Hanauer: Herr Staatsminister!

Staatsminister Jaumann : Herr Präsident, Hohes Haus! Dazu darf ich folgendes feststellen: Die Staats­regierung in direkten Zusammenhang mit dem „Abruf" der Mittel der Gemeinschaftsaufgabe zu bringen, ist falsch. Die Staatsregierung hat nämlich auf den „Abruf" der von ihr bewilligten Mittel keiner­lei Einfluß. Dieser obliegt allein den Maßnahme­trägern, je nach Fortschritt des geförderten Investi­tionsvorhabens. Derartige Feststellungen sind daher schon von ihrem Ausgangspunkt her falsch.

Auch wenn dami.t die angesprochenen Bewilligungen gemeint sein sollten, so sind auch die genannten Zahlen in mehrfacher Hinsicht falsch: Die „Bundes­mittel" der Gemeinschaftsaufgabe 1974 betragen für

Die angesprochenen Zahlen stellen für sich nur einen Teil der strukturpolitischen Aktivitäten des Wirtschaftsministeriums dar. Um das richtige Ge­samtbild aufzuzeigen, ist es deshalb notwendig, auf folgendes hinzuweisen:

Die Staatsregierung hat

Anfang dieses Jahres ein mit 325 Millionen DM ausgestattetes Konjunkturauffangprogramm durch­gefüh rt und damit weit vor den Ankurbelungsmaß­nahmen der Bundesregierung ein Investitionsvolu­men von insgesamt 530 Millionen DM ausgelöst, das der Wirtschaft dieses Landes, zugute kam;

ein So n d e r p r o g r a m m d es B u n d es , das durch Haushaltsmittel des Freistaates Bayern ergänzt werden mußte, innerhalb von wenigen Wo­chen im Frühjahr dieses Jahres durchgeführt und damit Investitionen in Höhe von rund 140 Millionen DM in Bayern ermöglicht - bei der Abwicklung dieses Programms liegt Bayern mit 39,3 Prozent der Abrufe an der zweiten Stelle hinter Rheinland­Pfalz aller betroffenen Bundesländer; der Bundes­minister für Wirtschaft, Herr Dr. Friderichs, hat sich bei mir bei der letzten Konjunkturratssitzung am Mont'ag ausdrücklich für die schnelle Durch­führung dieses Sonderprogramms bedankt-;

(Zuruf von der CSU: Hört, hört!)

neben der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" ein umfangrei­ches, landeseigenes Darlehensprogramm mit re­gionalwirtschaftlicher Zielsetzung zur Förderung der Infrastruktur, der Industrie, des Handwerks und des Fremdenverkehrs durchgeführt;

ein speziell auf die Förderung des gewerblichen Mittelstandes ausgerichtetes Refinanzierungspro­gramm abgewickelt;

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Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74 5161

(Staatsminister Jaumann)

im Rahmen des vom Bund federführend durchge­führten lnvestitionszulagengesetzes nicht unerheb­lich dazu beigetragen, daß diese Fördermittel auch der bayerischen Wirtschaft zufließen;

verstärkt darauf hingewirkt, daß die Mittel des vor­wiegend für Konsolidierungsfälle bestimmten und vor dem gegenwärtigen konjunkturellen Hinter­grund zu sehenden, wenn auch nicht ausreichen­den Sonderkreditprogramms der Kreditanstalt für Wiederaufbau der bayerischen Wirtschaft zugute kommen, und

im Rahmen des Grundwerwerbsteuerbefreiungsge­setzes für Investitionen der gewerblichen Wirt­schaft in den Fördergebieten umfangreiche Grund­erwerbsteuerbefreiungen ausgesprochen.

Es ist selbstverständlich, daß die Abwicklung der genannten Programme und Maßnahmen der differen­zierten konjunkturellen Entwicklung des Jahres 1974 angepaßt sein muß. Nach dem von mir aufgestellten strukturpolitischen Arbeitsplan ergibt sich bis zum 24. September 1974 - also bis gestern - folgender Stand:

1. Von den im Jahre 1974 insgesamt an Bundes- und Landesmitteln zur Verfügung stehenden Investi­tionszuschüssen in Höhe von 239 Millionen DM sind 150 Millionen DM, das sind 62,7 Prozent, bewilligt.

2. Von den im Jahre 1974 insgesamt an Landes­mitteln zur Verfügung stehenden Darlehen in Hö­he von 246 Millionen DM sind 116 Millionen DM, das sind rund 47 Prozent, rechtsverbindlich ver­plant.

Es sind damit an Zus c h ü s s e n b e r e i t s über 60 Prozent und an Darlehen na­hezu 5 0 Prozent der zur Verfügung stehenden M i t t e 1 bewilligt bzw. rechtsver­bindlich verplant, obwohl die Landes- und Bundes­programme - und das ist ein sehr wichtiger Ge­sichtspunkt, auf den ich besonders hinweisen darf -einen Abwicklungszeitraum von insgesamt je zwei Jahren, also bis zum Ende des Jahres 1975, vor­sehen. Bei der Beurteilung dieses Verplanungsstan­des sollte weiterhin nicht außer acht gelassen wer­den, daß aufgrund der konjunkturellen Situation und der Hochzinspolitik der Bundesregierung, vor allem im Bereich der Investitionszulagen, die Maßnahme­träger ihre Vorhaben häufig strecken oder ganz zurückstellen. :

Daneben hat das Wirtschaftsministerium allein in der Zeit vom 1. Januar bis 31. Juli 197 4 1385 Anträge auf Erteilung von Bescheinigungen nach § 2 des lnvestitionszulagengesetzes für ein Investitionsvolu­men von rund 2 Milliarden DM den Bundesbehörden entscheidungsreif zugeleitet.

Ich darf abschließeng darauf hinweisen, daß Bayern die zur Verfügung stehenden Mittel des Bundes im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe und ihres Vor­läufers, des Regionalen Förderungsprogramms der

Bundesregierung, noch in j e d e m J a h r v o 11 i n A n s p r u c h g e n o m m e n hat. Nach dem Verplanungsstand und nach dem Bewilligungsstand steht Bayern an zweiter Stelle.

Präsident Hanauer: Herr Staatsminister, Fragen, die so lange Antworten erheischen, würden freundlicher­weise besser schriftlich beantwortet werden. - Herr Kollege Huber!

Huber Herbert (CSU): Herr Minister, wie erklären Sie sich, daß bei den genannten Veröffentlichungen von ganz anderen Zahlen ausgegangen worden ist, und wie ist der Abwicklungsstand gegenüber dem Vorjahr?

Präsident Hanauer: Herr Minister!

Staatsminister Jaumann: Ich habe nur die eine Erklä­rung, daß die Mitteilung offenbar aus dem Computer des Bundeswirtschaftsministeriums stammt-ich habe keine andere Erklärung - und offenbar den momen­tanen Stand wahrscheinlich im Hinblick auf ein ganz spezielles Programm darstellt. Ob die Zahlen stimmen, die dort eingespeichert sind, weiß ich nicht; jedenfalls habe ich die Zahlen vorgetragen, die wir ermittelt haben. Ich habe keine Zahl selbst berechnet und keinen Akt selber nachstudiert; das haben mei­ne Beamten gemacht. Ich habe keine Zahl mani-puliert. '

Präsident Hanauer: Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Schnell!

Schnell Heinrich (SPD): Herr Staatsminister, sind Sie nicht auch der Meinung, daß derartige umfang­reiche Selbstdarstellungen nicht in den Rahmen der mündlichen Fragestunde gehören?

(Heiterkeit)

Präsident Hanauer: Die Zusatzfrage ist nicht zuge­lassen.

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Weich!

Weich (SPD): Herr Minister! Selbst wenn die Zahlen, die Sie hier in bezug auf die Gemeinschaftsaufgabe vorgetragen haben, stimmen, halten Sie es nicht für notwendig, daß auf Grund der konjunkturellen Situa­tion den Antragstellern im Bereich der Gemein­schaftsaufgabe in einem schnelleren Maße hätte Be­scheid gegeben werden müssen, als es bisher der Fall ist? Es sind nach ihren eigenen Aussagen 30 Pro­zent. Bei d,er Situation der Bauwirtschaft hätte ich es für sinnvoll gehalten, daß auf diesem Gebiet die Bescheide früher gegeben worden wären.

Präsident Hanauer: Das sind Kommentare, keine Fragen. Bitte, zur Zusatzfrage, Herr Minister!

Staatsminister Jaumann: Ich kann Ihnen nur eines sagen: Ich habe meinen Herren gesagt: Haut hinaus, was überhaupt geht. Diese Weisung habe ich vor 4 Monaten gegeben. Ich gebe aber zu, meine Damen

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5162 Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74

(Staatsminister Jaumann)

und Herren, daß dieses Verfahren nicht unbedenklich ist. Denn wir haben diese Mittel für 1974 und für 1975. Und was mache ich, meine Damen und Herren, wenn beispielsweise im Frühjahr 1975 interessante Pro­jekte kommen und ich möglicherweise die Mittel alle schon für 1974 ausgegeben habe? Das ist nämlich die zweite Seite der Medaille.

Präsident Hanauer: Herr Kollege Röhrl, bitte die nächste Frage!

Röhrl (CSU): Herr Staatsminister, ich frage Sie: Wie beabsichtigt die Staatsregierung die Gemeinschafts­aufgabe 1974 und die landeseigenen Darlehenspro­gramme weiter abzuwickeln?

Präsident Hanauer: Ich bitte um eine kurze Antwort. Herr Minister!

Staatsminister Jaumann: Nach dem bereits erwähn­ten Arbeitsplan sind alles in allem die Mittel dispo­niert, es sind alle verplant, und die sind in wenigen Wochen auch alle bewilligt.

Präsident Hariauer: Bitte schön, nächster Fragestel­ler, Herr Kollege Naumann !

(Abg. Röhrl: Zusatzfrage!)

- Bitte schneller!

Röhrl (CSU): Herr Staatsminister! Halten Sie eine stark beschleunigte Programmabwicklung überhaupt in jedem Fall für zweckmäßig?

Präsident Hanauer: Herr Minister!

Staatsminister Jaumann: Ich halte eine stark be­schleunigte Programmabwicklung bei den Program­men zur Ankurbelung der Konjunktur oder zur Besei­tigung von regionaler Arbeitslosigkeit für absolut richtig. Bei der Frage der Gemeinschaftsaufgabe muß ich eine etwas moderierte Auffassung vertreten, weil es sich hier nicht um die Beseitigung momenta­ner Arbeitslosigkeit handelt, sondern darum, daß langfristig die Struktur verbessert wird. Ich habe mich einmal bei den anderen Ländern umgesehen, wie die es gemacht haben.

Meine Damen und Herren! Die Anträge nach Eingang zu bearbeiten und zu bewilligen, halte ich für falsch, weil das dazu führt, daß man u. U. schlechtere Be­triebe ansiedelt und gute dann nicht mehr ansiedeln kann.

(Beifall bei der CSU)

Präsident Hanauer: Herr Kollege Naumann, die näch­ste Frage!

Naumann (SPD): Stimmt es, daß die Bayerische Staatsregierung am 5. Juni 1973 im Bundesrat einer Senkung der Investitionszulage von 10 auf 7,5 Pro­zent zugestimmt hat?

Präsident Hanauer: Herr Minister!

Staatsminister Jaumann: Herr Präsident, Hohes Haus! Die Bayerische Staatsregierung hat am 15. Juni 1973 im Bundesrat dem Steueränderungsgesetz 1973 zugestimmt. In einer Erklärung, die ich in dieser Sitzung für die Bayerische Staatsregierung abgege­ben habe, wurde von mir mit Nachdruck darauf hingewiesen, daß dieses Gesetz auch Änderungen des lnvestitionszulagengesetzes - wie z. B. die Herabsetzung des Zulagensatzes von 10 auf 7,5 Pro­zent - vorsieht, die in keinem sachlichen oder zeit­lichen Zusammenhang mit der stabilitätsorientierten Zielsetzung des Steueränderungsgesetzes 1973 ste­hen.

Leider hat die B u n d es reg i e r u n g auf einer Koppelung der Änderungen des lnvestitionszulagen­gesetzes mit den auch von mir grundsätzlich be­grüßten stabilitätspolitischen Maßnahmen bestanden. Um sich nicht dem Vorwurf auszusetzen, die stabili­tätspolitischen Bemühungen zu torpedieren, hat sich die Bayerische Staatsregierung für eine Zustimmung zum ganzen Gesetzeskomplex entscheiden müssen. Ich habe aber im Bundesrat ausdrücklich erklärt, daß mit der Zustimmung zum Steueränderungsgesetz 1973 nicht die Billigung der von mir beanstandeten Änderungen des lnvestitionszulagengesetzes verbun­den ist. Es war dies die einzige politische Möglich­keit, die wir damals gehabt haben.

Angesichts der konjunkturellen Entwicklung in den Fördergebieten hat die CDU/CSU-Fraktion im Deut­schen Bundestag Ende 1973 einen Gesetzentwurf eingebracht, der eine Anhebung der Investitionszu­lage von 7,5 auf 10 Prozent vorsah. Dieser Entwurf wurde Anfang 1974, wie Sie ja wissen, von den Frak­tionen der SPD und FDP, die bekanntlich im Bundes­tag die Mehrheit stellen, a b g e 1 e h n t.

Präsident Hanauer: Herr Kollege Winklhofer als nächster Fragesteller!

Winklhofer (CSU): Herr Staatsminister, trifft die Be­hauptung zu, daß für die in Bayern gelegenen För­dergebiete ausgewiesenen Bundesmittel von Ihrem Ministerium kaum in Anspruch genommen werden?

Präsident Hanauer: Herr Minister!

Staatsminister Jaumann: Darf ich darauf hinweisen, daß diese Frage schon beantwortet worden ist, und zwar auf die Anfrage des Abgeordneten Huber. Ich bitte, damit einverstanden zu sein.

Präsident Hanauer: Herr Kollege Geiser!

Geiser (SPD): Herr Staatsminister, welchen Erfolg hatten bisher die von Ihnen angekündigten Bemü­hungen zur Sicherung der Arbeitsplätze für die Ar­beitnehmer bei den Olympia Werken in Kaufbeuren?

Präsident Hanauer: Herr Minister!

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Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74 5163

Staatsminister Jaumann: Herr Präsident, Hohes Haus! Wie ich dem Hause bereits vortragen konnte, habe ich in Verhandlungen mit den Unternehmens­leitungen der Firmen Olympia Werke AG und AEG -die Firma Olympia Werke AG ist eine 100prozentige Tocht1?r der AEG - die Zusage erhalten, daß bis zu Beginn des Jahres 1975 keine weiteren, d. h. über die bereits bekannten rund 450 Freisetzungen in der Schreibmaschinenproduktion hinausgehen­den E n t 1 a s s u n gen in Kaufbeuren vorgenom­men werden. Der Vorstand der Olympia Werke hat in den Besprechungen ferner angekündigt, daß dem­nächst ein detailliertes Konzept für die weitere Zu­kunft des Werkes Kaufbeuren der Firma vorgelegt wird. Ich habe heute nachmittag eine Besprechung mit den Herren.

Wie ich ferner bereits in der Beantwortung der mündlichen Anfrage des Herrn Abgeordneten Seit z am 16. Juli 1974 ausgeführt habe, wird die Zwischenzeit intensiv genutzt, um den Verlust an industriellen Arbeitsplätzen für den Raum Kaufbeu­ren aufzufangen. über den endgültigen Erfolg dieser Bemühungen läßt sich in Anbetracht des langfristi­gen Charakters von Investitionsentscheidungen so­wie der zu wahrenden Vertraulichkeit über noch laufende Verhandlungen kein abschließender Bericht geben. Von den im Rahmen der ständigen Industrie­standortberatung meines Hauses angesprochenen Unternehmen haben sich bisher z w e i F i r m e n für den Standort Kaufbeuren ent­schieden.

Das eine Unternehmen, das elektronische Bauteile und Widerstände herstellt, wird zunächst in gepach­teten Räumen voraussichtlich ab Anfang 1975 den Betrieb aufnehmen; bei guter geschäftlicher Entwick­lung soll nach Ablauf von 2 bis 3 Jahren ein eigenes Betriebsgebäude in Kaufbeuren errichtet werden. Bei dem zweiten Unternehmen, das einen Betrieb für die Herstellung elektronischer Regelgeräte nach Kaufbeuren verlagern will, steht die Investitionsge­nehmigung durch die ausländische Muttergesell­schaft noch aus. In diesen Tagen finden ferner unter meiner Leitung weitere Verhandlungen mit einer großen Unternehmensgruppe statt, die zum einen an der Übernahme eines der beiden Kaufbeurer Werke der Firma Olympia Werke AG, zum anderen an der Errichtung einer Produktionsstätte auf der grünen Wiese in Kaufbeuren interessiert ist. Diesen Verhandlungen liegen bereits konkrete Investitions­planungen zugrunde; es kann jedoch noch nicht gesagt werden, ob und in welchem Umfang diese Projekte realisiert werden können. Ich darf in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, daß die sich in Kaufbeuren bietenden Investitions­möglichkeiten, das dort zur Verfügung stehende hochqualifizierte Arbeitskräftepotential und die Mög­lichkeit einer großzügigen staatlichen Förderung von Investitionen am Standort Kaufbeuren allen interes­sierten Firmen zugegangen sind. Besonderer Wert wird dabei darauf gelegt, Produktionsbetriebe aus dem Grenzbereich Feinmechanik/Elektronik anzu­sprechen, deren Arbeitsplatzanforderungen den Qualifikationen der von den Olympia Werken freige­setzen Arbeitskräfte in etwa entsprechen.

Im übrigen darf ich darauf hinweisen, daß auf unse­ren Antrag hin der Raum Kaufbeuren aller Wahr­scheinlichkeit nach ab 1. Januar 1975 Fördergebiet der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regio­nalen Wirtschaftsstruktur" werden wird.

Präsident Hanauer: An und für sich ist die Frage­stunde beendet. Ich habe noch vier Fragen. Ich bin bereit, sie noch stellen zu lassen, wenn Sie bereit sind, einen Beschluß zu fassen, daß Zusatzfragen nicht mehr gestellt werden können. Dann können wir sie noch abwickeln.

(Zahlreiche zustimmende Zurufe)

- Widerspruch erhebt sich nicht.

Bitte, dann die nächste Frage, Herr Kollege Daum!

Daum (CSU): Herr Staatsminister! Ist neben dem 900-Millionen-Programm der Bundesregierung auch ein bayerisches Programm vorgesehen, um der im Zusammenhang mit der Rückläufigkeit der Konjunk­tur in den strukturschwachen Gebieten teilweise entstandenen Arbeitslosigkeit wirkungsvoll zu be­gegnen?

Präsident Hanauer: Herr Minister!

Staatsminister Jaumann: Herr Präsident, Hohes Haus! Das sogenannte 900-Millionen-Programm -nach den Beschlüssen von gestern ein 950-Millionen­Programm - der Bundesregierung gliedert sich in einen Te i 1 A, der von Bund und Ländern gemein­sam finanziert wird und für den Bund und Länder nach dem letzten Stand der Überlegungen jeweils 350 Millionen DM zur Verfügung stellen. Der Te i 1 B wird voraussichtlich mit einem Volumen von 250 Mil­lionen DM ausgestattet und beinhaltet reine Bundes­investitionen. Die Bayerische Staatsregierung betei­ligt sich somit an dem Teil A des Sonderprogramms hinsichtlich des auf Bayern entfallenden Betrages in gleicher Höhe wie der Bund. Das werden, nach­dem wir Bundesleistungen aus diesem 950-Millionen­Programm von etwa 62 Millionen DM bekommen, weitere 62 Millionen DM aus dem Haushalt des Lan­des Bayern sein.

Das Bayerische Konjunkturauffangprogramm, das die Staatsregierung im Jahr 1971 als ständiges In­strument zur Sicherung der Arbeitsplätze geschaffen hat und das wir, glaube ich, mit großem Erfolg schon durchgeführt haben, wie das lfo-lnstitut uns mitge­teilt hat, werden wir laufend fortschreiben und, falls notwendig, auch einsetzen.

Im übrigen wird sich die Wirtschaftsministerkonfe­renz - das habe ich mit dem Bundeswirtschaftsmi­nister abgesprochen - in etwa 4 Wochen noch ein­mal treffen und Überlegungen anstellen, ob das jetzige Programm ausreichend ist.

Präsident Hanauer: Herr Kollege Schnell!

Schnell Heinrich (SPD): Was hat die Bayerische Staatsregierung veranlaßt vorzuschlagen, die Stadt Bad Windsheim aus der Schwerpunktförderung des

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5164 Bayerischer Landtag ·STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74

:Heinrich Schnell [SPD])

Bundes für Neuansiedlung von Industrie und Ge­.verbe herauszunehmen bzw. was hat sie zwischen­~eitlich· alles unternommen, um eine solche Heraus-1Jahme zu unterbinden?

Präsident Hanauer: Herr Minister!

itaatsminister Jaumann: Herr Präsident, Hohes '-laus! Dem Bund liegt kein Vorschlag der Bayeri­:ichen Staatsregierung vor, die Stadt Windsheim aus ~r Schwerpunktförderung im Rahmen der Gemein­;chaftsaufgabe herauszunehmen. Richtig ist vielmehr, jaß der R a u m B a d W i n d s h e i m nach den 3eschlüssen des Planungsausschusses des Bundes Jnd der Länder der Gemeinschaftsaufgabe bei der Jemeindescharfen Abgrenzung der künftigen Förder­Jebiete der Gemeinschaftsaufgabe wegen seiner ierflechtungen mit dem Wirtschaftsraum Nürnberg n seiner F ö r d e r g e b i et s e i g e n s c h a f t g e­' ä h r d e t ist. Die Bayerische Staatsregierung hat jen Beschlüssen des Planungsausschusses, wie Sie Nissen, insgesamt nicht zugestimmt. Sie wird sich )emühen, im Rahmen der Feinabgrenzung zu korri­Jieren. Das Ergebnis dieser Bemühungen hängt von jen künftigen Entscheidungen des Planungsaus­:ichusses der Gemeinschaftsaufgabe ab, in dem 3eschlüsse mit einer Dreiviertelmehrheit gefaßt wer­jen und in dem Bayern ebenso wie jedes andere Land :iber jeweils nur eine Stimme, der Bund aber über ~lf Stimmen verfügt.

>räsident Hanauer: Frau Kollegin Bäuerlein!

=rau Bäuerlein (CSU): Was ist inzwischen über das Nirtschaftsministerium im Benehmen mit der .Bun­jesregierung veranlaßt worden, um die Benzinpreise m Zonenrandgebiet bei der an sich schon starken 3enachteiligung der Bevölkerung wenigstens an-1ähernd den Preisen in München, Augsburg und i.Jürnberg anzugleichen?

>räsident Hanauer: Herr Minister!

:aaatsminister Jaumann: Hohes Haus! Bei Benzin­>reisen in Gebieten, in denen Wettbewerb durch ~ine Mehrzahl von Tankstellen herrscht, ist in jüng­;ter Zeit ein starker Preiseinbruch zu beobachten iewesen. Dies gilt nicht nur für die städtischen Be­·eiche, sondern auch in ländlichen Gebieten, sofern jort mehrere Tankstellen in Wettbewerb stehen.

n den Gebieten, in denen wenig oder kein Wettbe­'lerb herrscht - also auch in den Zonenrandgebie­en - liegen allerdings teilweise die Bezugspreise ieutlich höher als in Bereichen mit starkem Wett­>ewerb, eine strukturpolitisch bedauerliche Erschei-1ung. Diesbezüglich sind bereits V e r h a n d 1 u n -J e n zwischen meinem Haus und den Mineralölge­;ellschaften eingeleitet.

eh werde sehr darauf drängen, daß hier eine Rege­ung gefunden wird, die jedenfalls in etwa sich dem 'reisniveau in strukturstarken Gebieten anpaßt. Aber

Z w a n g s m ö g 1 i c h k e i t e n habe ich in dieser Richtung nicht.

Ferner führt die La n d es karte 1 1 b eh ö r d e in diesem Zusammenhang jetzt Ermittlungen durch. Allerdings kommen als kartellrechtliche Maßnahmen lediglich solche der Mißbrauchsaufsicht nach § 22 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen in Frage, soweit der Tatbestand der Marktbeherr­schung gegeben ist, was ja im Einzelfall durch eine konkrete Marktanalyse festzustellen ist. Jedoch dürf­ten die Weisungen für die Preisgestaltung von den Mineralölkonzernen bundesweit gehandhabt werden, so daß nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbe­schränkungen das B u n d es k a r t e 11 am t zu­ständig wäre. Ich sage ausdrücklich, ich werde mich nicht scheuen, auch an das Bundeskartellamt heran­zutreten, wenn meinen Verhandlungen kein Erfolg beschieden sein sollte.

Präsident Hanauer: Herr Kollege von Truchseß, die letzte Frage! Herr von Truchseß, darf ich Sie bitten! Ich bitte, die Frage zu stellen.

Freiherr Truchseß von und zu Wetzhausen (SPD): Wann wird die Staatsregierung die von der Süd­deutschen Wohnungsbau- und Grundstücksgesell­schaft mbH & Co KG, Landau/Pfalz, zum Bau einer Hotelfachschule in Bad Kissingen im Rahmen der Grenzlandhilfe in Anspruch genommenen öffentli­chen Investitionshilfen zurückfordern, nachdem das 18-Millionen-Projekt seit 1 % Jahren ungenützt leer steht?

Präsident Hanauer: Herr Minister!

Staatsminister Jaumann: Hohes Haus! Das Bayeri­sche Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr hat in seinen Stellungnahmen im Jahre 1972 die volkswirtschaftliche Förderungswürdigkeit der Er­richtung einer Hotel- und Diätfachschule in Bad Kissingen gegenüber dem Bundesminister für Wirt­schaft verneint.

Gleichwohl hat der - hierfür allein zuständige - Bun­desminister für Wirtschaft die Bescheinigung nach dem lnvestitionszulagengesetz erteilt und dabei le­diglich die Bedingung gestellt, daß die Betriebsstätte in Bad Kissingen tatsächlich auf Dauer als Hotel­und Diätfachschule genutzt wird. Damit wurde der Bauträger - ich sage: leider - in die Lage versetzt, die Auszahlung der Investitionszulage bei dem zu­ständigen Finanzamt zu beantragen.

Eine Rückforderung der ausgezahlten Investitions­zulage setzt den Widerruf der erteilten Bescheini­gung voraus. Die Entscheidung hierüber fällt in die alleinige Zuständigkeit des Bundes­m i n i s t e r s f ü r W i r t s c h a f t. Hier sieht man wieder: Es wäre manchmal gut, wenn der Bundes­minister für Wirtschaft uns mehr zuhören würde.

(Beifall bei der CSU)

Präsident Hanauer: Danke schön! Damit ist die Fragestunde beendet.

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Bayerischer Landtag ·STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74 5165

(Präsident Hanauer)

Punkt 9 der Tagesordnung: Zweite Lesung zum

Antrag der Abgeordneten Kaps, Neubauer und ande­rer betreffend Drittes Gesetz zur Änderung grunder­werbsteuerlicher Vorschriften (Drucksache 6924)

Den Bericht über die Beratungen des Ausschusses für den Staatshaushalt und Finanzfragen (Druck­sache 7137) erstattet der Herr Kollege Neubauer.

Neubauer (CSU), B e r i c h t e r statte r : Herr Prä­sident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Ausschuß für den Staatshaushalt und Finanzfragen hat den Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Ände­rung grunderwerbsteuerlicher Vorschriften - Druck­sache 6924 - in seiner 101. Sitzt:mg am 11. Septem­ber 1974 behandelt. Mitberichterstatter war der Kol­lege H a r t m a n n , Berichterstatter war ich.

Als Be r i c h t e r statte r führte ich aus, daß das Gesetz über Grunder\11Jerbsteuerbefreiung bei Ände­rung der Unternehmensform und bei Betriebsinvesti­tionen in volkswirtschaftlich förderungswürdigen Ge­bieten Vergünstigungen für Grundstückserwerb in den bayerischen Fördergebieten vorsehe, wenn der Erwerb von Grundstücken der Errichtung, der Er­weiterung, der Umstellung oder der grundlegenden Rationalisierung der Betriebsstätte dient. Die Steuer­freiheit werde nach der derzeit gültigen Fassung nur für solche Grundstücke gewährt, die bis zum 31. De­zember 1974 rechtswirksam erworben werden. Würde diese Frist nicht verlängert, so würde künftighin in solchen Fällen der Grundstückserwerb in den För­dergebieten nicht mehr von der Grunderwerbsteuer freigestellt, wenn das Grundstück nach dem 31. De­zember 1974 erworben wird. Es steht außer Frage -so führte ich weiter aus -, daß die Förderungsnot­wendigkeit aus strukturpolitischer Sicht nach wie vor gegeben sei, mit der Folge, daß diese F r ist u m w e i t e r e f ü n f J a h r e v e r 1 ä n g e r t werden sollte.

Nach Artikel 1 Absatz 1 Nr. 5 des gleichen Gesetzes sei der Zwischenerwerb eines Grundstücks durch eine Gemeinde zur 8-ereitstellung für die genannten steuerbegünstigten Zwecke von der Steuer befreit, wenn die Weiterveräußerung bis zum 31. Dezember 1974 erfolge. Diese Frist für begünstigten Zwischen­erwerb durch Gemeinden erscheine ebenfalls, ins­besondere im Hinblick auf die gegebene Wirtschafts­lage, als zu kurz. Deswegen sei es notwendig, a u c h d i e s e F r i s t entsprechend z u v e r 1 ä n g e r n.

Schließlich sei bisher im Falle des Zwischenerwerbs durch eine Gemeinde nur die Weiterveräußerung begünstigt. Häufig würden die Gemeinden aber Grundstücke erwerben, um sie im Wege des Erbbau­rechts weiterzugeben. Daher sollte eine Erweiterung in der Weise erfolgen, daß auch die Vergabe von Grundstücken durch Gemeinden im Wege des Erb­baurechts begünstigt werden solle.

Der zweite Fragenkreis des vorliegenden Gesetzent­wurfs, so führte ich weiter aus, befasse sich mit der

Grunderwerbsteuerbefreiung für den sozialen Woh­nungsbau. Nach Artikel 1 Nr. 3 Buchst. a) des Ge­setzes über die Grunderwerbsteuerbefreiung für den sozialen Wohnungsbau sei von der Besteuerung nach dem Grunderwerbsteuergesetz ausgenommen der Erwerb eines unbebauten Grundstücks oder eines Ruinengrundstücks durch eine Gemeinde oder einen Gemeindeverband zur Weiterveräußerung oder Vergabe im Wege des Erbbaurechts binnen fünf Jah­ren an eine Person, die auf dem Grundstück ein grundsteuerbegünstigtes Gebäude errichte. Es hand­le sich also um einen Zwischenerwerb durch die Gemeinde zur Weitergabe im Wege des sozialen Wohnungsbaues. Auch hier, so legte ich dar, habe es sich erwiesen, daß sehr viele Gemeinden zwischen­erworbene Grundstücke nicht absetzen können, ob­wohl die Zielvorstellungei und auch die entspre­chende gesetzliche Förderung aus bodenpolitischen Gründen absolut sinnvoll erschienen. Es sei daher zweckmäßig, a u c h d i es e Fr i s t für den Zwi­schenerwerb durch Gemeinden zur Weitervergabe für die Bebauung im sozialen Wohnungsbau au f z e h n J a h r e zu v e r 1 ä n g e r n.

In diesem Zusammenhang stelle sich, so legte ich weiter dar, die Frage nach der Regelung der Bebau­ungsfristen innerhalb des Gesetzes über die Grund­erwerbsteuerbefreiung für den sozialen Wohnungs­bau schlechthin. Ich wies dabei darauf hin, daß vor zwei Jahren die Bebauungsfrist für Eigenheime und Eigentumswohnungen von fünf auf zehn Jahre ver­längert worden sei. Im Hinblick auf die inzwischen eingetretene wirtschaftliche Entwicklung sollte aber die Bebauungsfrist generell für alle Bauträger auf zehn Jahre ausgedehnt werden. Denn zum einen könne derzeit innerhalb von fünf Jahren ein größeres Bauvorhaben unmöglich durchgeführt werden; zum zweiten seien derzeit viele Unternehmen insbeson­dere wegen der zu zahlenden Zinssätze nicht in der lage, schon erworbene Grundstücke innerhalb von fünf Jahren zu bebauen. Wenn dann nach fünf Jah­ren Grunderwerbsteuer bezahlt werden müßte, würde die Zahl der lnsolvenzen von Wohnungsbauunterneh­men auf lange Sicht möglicherweise noch steigen und würden weitere Arbeitsplätze in nicht unerheb­lichem Maße gefährdet.

Im übrigen hätten auch eine Reihe anderer Länder bereits Überlegungen in dieser Richtung angestellt und die Fristen verlängert.

Als Berichterstatter stellte ich sodann den Antrag , die Frist für die Bebauung von Grundstücken zur Er­langung der Grunderwerbsteuerfreiheit des sozialen Wohnungsbaus generell für alle Bauträger und für Zwischenerwerbsfälle auf zehn Jahre zu verlängern. Dieser Antrag ging wesentlich über den ursprünglich vorgelegten und der Beratung zugrunde gelegten Ge­setzesantrag hinaus. Wenn aber nun die Frist gene­rell von fünf auf zehn Jahre verlängert werden soll, hat das eine Vielzahl von Änderungen zur Konse­quenz, so daß sich der auf D r u c k s ach e 6924 vorliegende Gesetzentwurf zur weiteren Beratung nicht mehr eignet. Deshalb habe ich dem Ausschuß einen n e u e n E n t w u r f vervielfältigt vorgelegt,

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5166 Bayerischer Landtag ·STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74

(Neubauer [CSU])

der dann zum Gegenstand der Beratungen des Haus­haltsausschusses gemacht worden ist. Dieser Ent­wurf liegt nunmehr auf D r u c k s ach e 7137 dem Hohen Hause vor.

Der Haushaltsausschuß hat sodann auf der Grund­lage dieses Entwurfes seine Beratungen fortgesetzt und schließlich dem Gesetzesantrag in der Fassung der Drucksache 7137 zugestimmt. Ich bitte . Sie, ebenso zu verfahren

(Bravo! und vereinzelter Beifall bei der CSU)

Präsident Hanauer: Herr Kollege Stein berichtet über die Beratungen des Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Kommunalfragen (Drucksache 7184).

Stein (CSU), B e r i c h t e r statte r : Herr Präsi­dent, meine Damen und Herren! Der Ausschuß für Verfassungs-, Rechts- und Kommunalfragen hat in seiner Sitzung am 18. September 1974 das Gesetz zur Änderung grunderwerbsteuerlicher Vorschriften (Drucksache 7137) behandelt. Den Inhalt des Ge­setzes hat soeben der Berichterstatter des Haus­haltsausschusses dargelegt. Der Rechtsausschuß hat diesem Gesetz einstimmig zugetimmt. Rechtliche Bedenken wurden nicht erhoben. Berichterstatter waren ich und Kollege G ü t h 1 e i n. Das Gesetz tritt rückwirkend zum 1. Januar 1974 in Kraft. Ich bitte ebenfalls um Zustimmung.

(Bravo! bei der CSU)

Präsident Hanauer: Danke. Ich eröffne die allge­meine Aussprache. - Dazu keine Wortmeldung.

Wir treten in die Ein z e 1 berat u n g ein. Der Abs t i m m u n g zugrunde liegen die vom Haus­haltsausschuß beschlossene geänderte Fassung des Gesetzes ( D ruck s ach e 7137) sowie die Be­schlüsse des Ausschusses für Verfassungs-, Rechts­und Kommunalfragen ( D ruck s ach e 7184). Der Ausschuß für Verfassungs-, Rechts- und Kommunal­fragen hat dieser geänderten Fassung die Zustim­mung erteilt.

Ich lasse über die geänderte Fassung, die in vollem Umfang einen neuen Text bringt, ab s t i m m e n und rufe auf den § 1 -, wenn sich Widerspruch nicht erhebt auch den § 2 - und den § 3 -. Wer diesen drei Paragraphen die Zustimmung geben will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke schön! Stimmt jemand dagegen? - Das ist nicht der Fall. Stimment­haltungen?- Keine.

§4 Absatz 1:

Das Gesetz tritt mit Wirkung vom 1. Januar 1974 in Kraft.

Absatz 2 ebenfalls in der vom Haushaltsausschuß empfohlenen Fassung.

Ner zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. -Janke. Gegenprobe! - Keine Gegenstimmen. Stimm­enthaltungen? - Keine. Einstimmig angenommen.

Damit ist die Einzelabstimmung abgeschlossen. Das Gesetz hat den T i t e 1 :

Drittes Gesetz zur Änderung grunderwerbsteuerlicher Vorschrirften

Ich schlage dem Hohen Hause vor, die d ritte L e -s u n g unmittelbar folgen zu lassen. - Widerspruch erhebt sich nicht. Allgemeine Aussprache. - Keine Wortmeldung. Einzelberatung. - Ebenfalls keine Wortmeldung.

Wir kommen zur A b s t i m m u n g in der d r i t t e n L es u n g. Ich rufe auf§ 1 -, 2 -, 3 - und 4 -.

S c h 1 u ß ab s t i m m u n g. Ich schlage vor, sie in einfacher Form durchzuführen. - Widerspruch erhebt sich nicht.

Wer dem Gesetz die Zustimmung geben will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. - Danke schön! Ich stelle Einstimmigkeit fest. - Widerspruch gegen diese Feststellung erhebt sich nicht.

Das Gesetz hat den T i t e 1 :

Drittes Gesetz zur Änderung grunderwerbsteuerlicher Vorschriften

P u n k t 11 : Z w e i t e L e s u n g zu den

Anträgen der Abgeordneten Gabert, Schmolcke, Kolo, Dr. Schlittmeier und Fraktion betreffend Gesetz zur Änderung · des Gesetzes über Sonderurlaub für Jugendleiter (Drucksache 1954) und

Glück, Möslein, Willi Müller, Widmann, Will, Geiss­Wittmann betreffend Gesetz zur Änderung des Ge­setzes über Sonderurlaub für Jugendleiter (Druck­sache 5763)

Zunächst berichtet Herr Kollege Schmolcke über die Beratungen des Ausschusses für Sozial- und Ge­sundheitspolitik (Drucksache 6710).

Schmolcke (SPD), Be r i c h t e r statte r : Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Ausschuß für Sozial- und Gesundheitspolitik hat sich in seiner 74. Sitzung am 30. Mai 1974 mit den genannten An­trägen befaßt. Um zusammenzufassen: Der Bericht­erstatter oder wechselweise Mitberichterstatter, der Kollege G 1 ü c k, und ich teilten uns die Bericht­erstattung und die Mitberichterstattung. Es konnte in der Zusammenfassung beider Anträge Einigkeit über die Verlängerung der Zeit des Sonderurlaubs für Jugendleiter erreicht werden. Es konnte Einigung erreicht werden über die Ausdehnung der Gegen­stände für diesen Sonderurlaub für Jugendleiter und es konnte auch Einigung erreicht werden über die Herabsetzung des Alters für Anspruchsberechtigte dieses Sonderurlaubs.

Differenzen bestanden in der Frage der Bezahlung des Sonderurlaubs. Hierzu wurde von uns vorge­tragen, daß die Jugendleiter, die in privatwirtschaft­lichen Betrieben beschäftigt sind, den Jugendleitern im öffentlichen Dienst gleichgestellt werden sollten.

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Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74 5167

(Schmolcke [SPD])

Da im öffentlichen Dienst die volle Lohn- und Ge­haltsfortzahlung gilt, wurde in unserem Antrag Ent­sprechendes für die im privatwirtschaftlichen Be­reich tätigen Jugendleiter gefordert. Dieser Auffas­sung konnte sich der Mitberichterstatter, Kollege G 1 ü c k, und die CSU nicht anschließen. Beide Auf­träge wurden dann zu einem neuen Antrag zusam­mengefaßt.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Dieser wurde in der Schlußabstimmung bei 6 Stimm­enthaltungen angenommen und wird nun dem Ple­num zur Annahme empfohlen.

Präsident Hanauer: über die Beratungen des Aus­schusses für Fragen des öffentlichen Dienstes (Drucksache 7131) berichtet für Herrn Kollegen Knip­fer Herr Kollege Will.

Will (CSU), Berichterstatter: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Ausschuß für Fragen des öffentlichen Dienstes befaßte sich mit beiden Initiativen von CSU und SPD, Drucksachen 1954 und 5763. Um Wiederholungen zu vermeiden, darf ich mich dem anschließen, was Kollege Sc h m o 1 c k e für den Sozialpolitischen Ausschuß vorgetragen hat. Der Ausschuß für Fragen des öffentlichen Dienstes stimmte im wesentlichen der Fassung des Sozial­politischen Ausschusses zu. Mit Mehrheit wurde schließlich dieser Vorschlag angenommen. Ich bitte das Hohe Haus, dem beizutreten.

Präsident Hanauer: Schließlich berichtet über die Beratungen des Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Kommunalfragen (Drucksache 7182) für Herrn Kollegen Wirth der Herr Kollege Schneier.

Schneier (SPD): B e r i c h t e r s t a t t e r : Herr Prä­sident, Hohes Haus! In seiner 136. Sitzung am 17. September 1974 hat sich der Ausschuß für Ver­fassungs-, Rechts- und Kommunalfragen mit dem Antrag der Abgeordneten Gabert, Schmolcke, Kolo, Dr. Schlittmeier und Fraktion (Drucksache 1954) und dem Antrag der Abgeordneten Alois Glück, Möslein, Willi Müller, Widmann, Will, Geiss-Wittmann (Druck­sache 5763) beschäftigt. Berichterstatter war der Kollege W i r t h , Mitberichterstatter der Kollege Sauer.

Nach kurzer Aussprache hat der Ausschuß den auf Drucksache 7182 festgelegten Beschluß ohne Gegenstimmen bei einigen Enthaltungen gefaßt. Ich bitte das Hohe Haus, ebenso zu beschließen.

Präsident Hanauer: Danke. Ich eröffne die allge­meine Aussprache. - Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Kollege Schmolcke. Für eine Minute!

Schmolcke (SPD): Herr Präsident, meine Damen und Herren, zwei kurze Anmerkungen!

Erstens: Der Gesetzesänderungsentwurf der SPD ist vor zwei Jahren und vier Monaten eingereicht wor­den, bevor er durch einen analogen Antrag der CSU erst jetzt zur Beratung kam. Ich bitte, das einmal zu bedenken! Rechtzeitig zum Wahljahr kommt eben dann noch etwas, kurz vor Torschluß.

zweitens: Wir hatten eine Gewährung der vollen Bezahlung, wenn Sonderurlaub für Jugendleiter ge­währt wird - ich hab's vorhin angedeutet -, analog wie es im öffentlichen Dienst gehandhabt wird, ge­fordert. Die Bedenken, daß Klein- und Mittelbetriebe das nicht zahlen könnten, versuchten wir auszu­räumen mit dem Hinweis, daß man das über einen Fonds der Kammern tun könnte. Dieser Vorstellung wurde nicht Rechnung getragen. Die Frage der Be­zahlung bleibt für uns unbefriedigend. Dennoch sind, was die Zeit des Sonderurlaubs, was die Alters­grenze angeht und was die Gegenstände des Son­derurlaubs angeht, Fortschritte zu erkennen, die uns veranlassen - bei allen Bedenken, die Bezahlung betreffend -, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen.

Präsident Hanauer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. - Damit ist die Aussprache geschlossen.

Wir treten in die E i n z e 1 b e rat u n g ein. Der Abstimm u n g zugrunde liegt die vom Ausschuß für Sozial- und Gesundheitspolitik beschlossene Fas­sung auf D r u c k s a c h e 6710. Ich verweise auf die Ausschußbeschlüsse auf D ruck s ach e n 7131 und 7182. Es wird vorgeschlagen, daß § 1 Nr. 3 durch einen Satz zu ergänzen ist.

Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein Handzei­chen. - Danke schön! Wer stimmt dagegen? - Nie­mand. Stimmenthaltungen? - Keine.

§ 2: „Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1975 in Kraft."

Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein Handzei­chen. - Danke schön! Gegenprobe! - Keine Gegen­stimmen. Stimmenthaltungen? - Keine.

Damit ist die Einzelabstimmung abgeschlossen.

Das Gesetz hat den T i t e 1 :

Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Sonderurlaub

für Jugendleiter

Ich schlage dem Hohen Hause vor, die d ritte L e -s u n g unmittelbar folgen zu lassen. Allgemeine Aus­sprache. - Keine Wortmeldung. Einzelberatung. -Desgleichen.

Wir kommen zur Abstimmung. Ich rufe auf § 1 - und 2-.

Ich bitte, die S c h 1 u ß a b s t i m m u n g gleich an­schließen und sie in einfacher Form durchführen zu dürfen. - Widerspruch erhebt sich nicht.

Wer dem Gesetz die Zustimmung gibt, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben.

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5168 Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74

'.Präsident Hanauer)

eh stelle ohne Widerspruch Einstimmigkeit der An-1ahme fest. Das Gesetz hat den T i t e 1 :

Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Sonderurlaub

für Jugendleiter

=>unkt 12: Zweite Lesung zum

~ntrag des Abgeordneten Wengenmeier und anderer letreffend Gesetz zur Änderung des Gesetzes über :lie Schulgeldfreiheit und des Gesetzes über das be­•ufliche Schulwesen (Drucksache 6911)

::s berichtet zunächst über die Beratungen des Aus­~chusses für kulturpolitische Fragen (Drucksache r116) Herr Kollege Harrer.

-larrer (CSU), B e r i c h t e r statte r : Herr Präsi­jent, meine Damen und Herren! Der Kulturpolitische !\usschuß hat in seiner 153. Sitzung am 10. Septem­)er 1974 über den Antrag der Abgeordneten Wen­Jenmeier und anderer betreffend Gesetz zur Ände­·ung des Gesetzes über die Schulgeldfreiheit und jes Gesetzes über das berufliche Schulwesen be­·aten.

!\ls B e r i c h t e r s t a t t e r erläuterte ich das Pro­)lem, daß nämlich einerseits die privaten Schulen iunmehr mit dem gesetzlich festgelegten Erstat­ungsbetrag von bisher 35 DM pro Schüler und Un­errichtsmonat nicht mehr den gestiegenen Personal­'edarf und den Sachkostenaufwand decken können, jaß es aber andererseits nicht möglich ist, von den 3chülern Schulgeld zu verlangen, weil damit das 'rinzip der Schulgeldfreiheit durchbrochen würde md die Schüler an staatliche Schulen abwandern '1ürden, die dann überfüllt wären.

Jer M i t b e r i c h t e r s t a t t e r Willi Schneier ;chloß sich dieser Argumentation an.

Jer V e r t r e t e r d e s K u 1 t u s m i n i s t e r i u m s )at darum, wenn wir schon dabei seien, die ent­;prechenden Gesetze zu ändern, daß wir auch die foderung der Volljährigkeit durch Bundesgesetz be­·ücksichtigen sollten, weil nach der bisherigen For­nulierung der Zuschußbetrag an die Erziehungs­>erechtigten erstattet worden sei und nunmehr Schü­er über 18 Jahre keine Erziehungsberechtigten mehr 1ätten. Es ist dann in der neuen Formulierung fest­Jelegt worden, daß für Schüler, die private Schulen >esuchen, das Schulgeld erstattet wird. Sie ersehen las aus der Ihnen vorliegenden D r u c k s a c h e '116.

~um Inkrafttreten des Gesetzes hatten die B e -i c h t e r s t a t t e r zunächst den 1. September 974 vorgeschlagen. Da der V e r t r et e r d es F i -1 a n z m i n i s t e r i u ms dagegen erhebliche Be­lenken äußerte, war unser Ausschuß der Meinung, laß die Festlegung des Termins des lnkrafttretens ~ngelegenheit des Haushaltsausschusses oder des ~echts- und Verfassungsausschusses sei.

Im übrigen haben wir im Kulturpolitischen Ausschuß diesem Gesetzesänderungsantrag einstimmig zuge­stimmt. Ich darf Sie bitten, im Plenum dasselbe zu tun.

Präsident Hanauer: Danke. Über die Beratungen des Ausschusses für den Staatshaushalt und Finanzfra­gen (Drucksache 7176) berichtet Herr Kollege Dr. Merkt.

Dr. Merkt (CSU), B e r i c h t e r statte r : Herr Präsident, Hohes Haus! Der Ausschuß für den Staats­haushalt und Finanzfragen hat sich mit dem vorlie­genden Antrag in seiner 112. Sitzung am 17. Septem­ber 1974 befaßt. Berichterstatter war ich selbst, Mit­berichterstatter Herr Kollege F r ö h 1 i c h.

Ich habe als B e r i c h t e r statte r einen über­blick· über Anlaß und Inhalt des Entwurfs gegeben, der bei einem Inkrafttreten am 1. September 1974 für das laufende Haushaltsjahr 3 bis 4 Millionen DM erfordert, für die folgenden Jahre etwa 11 Millio­nen DM.

Der M i t b e r i c h t e r s t a t t e r hat den Antrag als die logische Konsequenz des gemeinsamen Anlie­gens, die Schulgeldfreiheit zu garantieren, be­zeichnet.

Bei d e B e r i c h t e r statte r sprachen sich mit Rücksicht auf die bestehende Finanzsituation der privaten Schulen für den 1. September 1974 als Tag des lnkrafttretens aus. Diesem Antrag wurde vom Haushaltsausschuß einmütig entsprochen. Ich bitte das Hohe Haus, insbesondere auch bezüglich des lnkrafttretens, dem Antrag in der Fassung des Haus­haltsausschusses zuzustimmen.

Präsident Hanauer: Danke. über die Beratungen des Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Kom­munalfragen (Drucksache 7225) berichtet Herr Kol­lege Sauer.

Sauer (CSU), B e r i c h t e r statte r : Herr Präsi­dent, meine Damen und Herren! Der Ausschuß für Verfassungs-, Rechts- und Kommunalfragen befaßte sich in seiner 138. Sitzung am 19. September 1974 mit dem bereits genannten Antrag. Mitberichterstat­ter war Kollege S c h n e i e r , Berichterstatter war ich.

Als B e r i c h t e r statte r erklärte ich, daß keine rechtlichen oder verfassungsrechtlichen Bedenken bestünden. § 1 und § 2 wurden in der vom Kultur­politischen Ausschuß beschlossenen Fassung ein­stimmig angenommen.

Auf Befragen des M i t b e r i c h t e r s t a t t e r s er­klärte der R e g i e r u n g s v e r t r e t e r , daß das Gesetz ca. 11 Millionen DM Mehrkosten verursache. Wenn das Gesetz am 1. September 1974 in Kraft trete, bedeute dies, daß 3 bis 4 Millionen DM mehr anfallen.

B e i d e Be r i c h t e r statte r machten den Vor­schlag, als Tag des lnkrafttretens den 1. Januar 1975 einzusetzen. Der Antrag, in § 3, dem Beschluß des Haushaltsausschusses folgend, als Tag des lnkraft-

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Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74 5169

(Sauer [CSU])

tretens den 1. September 1974 einzusetzen, wurde mit Mehrheit abgelehnt. § 3 wurde dann in folgender Fassung einstimmig angenommen: „Das Gesetz tritt am 1. Januar 1975 in Kraft."

Ich bitte das Hohe Haus zu entscheiden.

Präsident Hanauer: Ich eröffne die allgemeine Aus­sprache. Wortmeldungen? - Frau Kollegin Laufer!

Frau Laufer (SPD): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bei der Finanznot der öffentlichen Haus- . halte fällt es natürlich schwer, zuzustimmen, weil es sich doch um einen Mehrbetrag von 3 bis 4 Millionen Mark handelt, wenn wir den 1. September 1974 als Tag des lnkrafttretens einsetzen.

Wenn die Mehrheit meiner Fraktion - und auch ich -trotzdem für den September stimmen wird, dann vor allen Dingen deswegen, weil wir die Interessen der Eltern vertreten. Es gibt in unserem lande weite Bereiche, in denen es besonders für Mädchen nur private Schulen gibt. Die Eltern haben also keine Auswahlmöglichkeit zwischen einer schulgeldfreien Schule und einer Schule, in der sie Schulgeld be­zahlen müssen. Das ist für uns der Grund, warum wir dem Antrag, das Gesetz ab September in Kraft treten zu lassen, zustimmen werden.

Wir haben dabei aber einen Wunsch an die Staats­regierung. Wenn wir der weiteren Unterstützung und damit auch der Förderung der privaten Schulen zustimmen, wenn wir die Eltern entlasten wollen, die ihre Kinder nur an solche Schulen schicken können oder auch nur an solche Schulen schicken wollen - an manchen Orten ist es den Eltern selbst über­lassen, an vielen leider nicht -, dann haben wir folgenden Wunsch: Ich habe vor kurzem eine An­frage gestellt, wie die Fächerverbindungen an den privaten Schulen sind; das sind meistens Mädchen­schulen. Für die Knaben gibt es staatliche Real­schulen, für Mädchen meistens nur private. Viele dieser Schulen haben nur Fächerverbindungen, die in kaufmännische Berufe führen; sie haben nicht den technischen Zweig und nicht den naturwissenschaft­lich-mathematischen Zweig. Ich würde die Staats­regierung bitten, daß sie, wenn wir diesen hohen Be­trag schon bewilligen, dann dafür Sorge trägt, daß wenigstens das Wahlpflichtfach Mathematik auch an den privaten Schulen eingeführt wird. Denn es sind immerhin 80 Prozent der Realschulen für Mädchen privat, und an diesen Schulen ist zum größten Teil das Wahlpflichtfach Mathematik nicht vorhanden. Für die Mädchen ist es dann sehr schwierig, weiter­führende Schulen zu besuchen.

Ich möchte recht herzlich bitten, daß wir die Eltern nicht nur mit dem Schulgeld entlasten, sondern auch die Chancengleichheit für die Mädchen durch ein besseres Angebot dadurch sichern.

(Beifall bei der SPD)

Präsident Hanauer: Das Wort hat Herr Kollege Dr. Seidl!

Dr. Seidl (CSU): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Fraktion der CSU hat sich gestern noch einmal mit der Frage befaßt, w a n n dieses Gesetz i n K r a f t t r et e n soll. Es ist nicht zu verkennen, daß nicht unerhebliche finanzrechtliche und finanz­wirtschaftliche Bedenken dagegen bestehen, das Gesetz nicht erst am 1. Januar 1975, sondern bereits am 1. September 1974 in Kraft treten zu lassen. Die Bedenken sind Ihnen natürlich geläufig.

Trotzdem haben wir uns entschlossen - und wir hoffen, daß innerhalb des Staatshaushalts für das Staatsministerium für Unterricht und Kultus ein Aus­gleich gefunden werden kann -, als Tag des lnkraft­tretens dieses Gesetzes dem Plenum den 1. Septem­ber 1974 vorzuschlagen.

(Beifall bei der CSU)

Präsident Hanauer: Damit ist die Aussprache ge­schlossen.

Wir treten in die E i n z e 1 b e rat u n g ein. Der A b s t i m m u n g zugrunde liegt die vom Kultur­politischen Ausschuß beschlossene Neufassung auf D r u c k s ach e 7116. Ich weise auf die Beschlüsse des Haushaltsausschusses auf D r u c k s a c h e 7176 und die des Rechts- und Verfassungsausschus­ses auf D r u c k s a c h e 7225 hin. Diese beiden Ausschüsse haben der Neufassung des Gesetzes die Zustimmung gegeben.

Ich rufe auf die §§ 1 und 2 in der neuen Fassung. Wer die Zustimmung geben will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Die Gegenprobe! -Stimmenthaltungen? - Keine.

§ 3. - Hier ist durch die eben gestellten Abände­rungsanträge der Beschluß des Haushaltsausschus­ses zugrunde zu legen, also:

Das Gesetz tritt am 1. September 197 4 in Kraft.

Wer dem zustimmen will, den bitte ich um ein Hand­zeichen. - Danke schön! Die Gegenprobe! - Eine Gegenstimme. Stimmenthaltungen? - Eine Stimment­haltung. Bei einer Gegenstimme und einer Stimment­haltung angenommen. Damit ist die Einzelabstim­mung abgeschlossen.

Das Gesetz hat den T i t e 1 :

Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Schulgeldfreiheit und des Gesetzes über

das berufliche Schulwesen

Ich bitte die d ritte L es u n g anschließen zu dürfen. - Widerspruch erhebt sich nicht. Wir kommen zur allgemeinen Aussprache. - Keine Wortmel­dungen.

Wir kommen zur E·i n z e 1 berat u n g. - Ebenfalls keine Wortmeldung.

Wir kommen zur Abs t i m m u n g in der dritten Lesung.

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i170 Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74

Präsident Hanauer)

eh rufe auf die §§ 1 -, 2 - und 3 -.

eh bitte die S c h 1 u ß ab s t i m m u n g in einfa­~her Form durchführen zu können. - Das Hohe Haus st damit einverstanden.

Ner dem Gesetz die Zustimmung geben will, den )itte ich, sich vom Platz zu erheben. - Danke schön! Ner stimmt dagegen? - Enthielt sich jemand der :>timme? - Beid~s ist nicht der Fall. Das Gesetz ist ~instimmig angenommen.

Jas Gesetz hat den T i t e 1 :

Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Schulgeldfreiheit und des Gesetzes über

das berufliche Schulwesen

=>unkt 13: Zweite Lesung zum

::ntwurf eines Bayerischen lmmissionsschutzgeset­~es (BaylmSchG} - Drucksache 6765

~unächst berichtet der Herr Kollege Wösner über jie Beratungen des Ausschusses für Wirtschaft und /erkehr (Drucksache 6956).

IVösner (CSU), Be r i c h t e r statte r : Herr Prä­;ident, meine Damen und Herren! Der Ausschuß für Nirtschaft und Verkehr behandelte in seiner Sitzung rom 9. Juli 1974 den Entwurf eines Bayerischen lm­nissionsschutzgesetzes, abgedruckt auf Drucksache l765. Mitberichterstatter war der Herr Kollege ) c h w a b 1 , Berichterstatter war ich.

\ls Be r i c h t e r statte r führte ich aus, daß das 3ayerische Immissionsschutzgesetz in einem engen ~usammenhang mit dem Bundes-lmmissionsschutz­iesetz zu sehen sei. Es bestimme im wesentlichen lie zuständigen Vollzugsbehörden und bringe dar­iber hinaus ergänzende Vorschriften. Es sollten im '-'esentlichen die Kreisbehörden, also die Landrats­imter und die kreisfreien Gemeinden, zuständig sein. m Bereich des Bergbaues sollten wie bisher die 3ergbauämter und im Bereich der Feuerungsanlagen n Verbindung mit überwachungsbedürftigen Dampf­'esseln die Gewerbeaufsichtsämter zuständig sein.

)ie Überwachung von Stoffen und Erzeugnissen wer­le nach dem Regierungsentwurf dem Landesamt für Jmweltschutz übertragen. Darüber hinaus erhalte liese Behörde die Zuständigkeit für den Aufbau und lie Führung des Emissionskatasters und die Luft­iberwachung in Bayern. Dafür sei maßgebend, daß jas Landesamt für Umweltschutz die notwendigen euren Geräte und Einrichtungen für Stoffanalysen 1sw. besitze, zum anderen aber auch, daß die Luft­iberwachung am besten zentral mit einem Emissi­>nskataster geregelt werde. Dabei könne die im _andesamt vorhandene EDV-Anlage benutzt werden.

Jer zweite Teil des Gesetzentwurfs befasse sich mit ~inem Bereich, der im Bundes-lmmissionsschutz­iesetz nicht abschließend geregelt worden sei, näm­ich m.it dem Lärm und der Luftverunreinigung.

Der Mitberichterstatter Schwa b 1 bezeichnete es als Manko, daß die kommunalen Spitzenverbände, insbesondere der Landkreisverband, zu dem Entwurf nicht gehört worden seien, obwohl im wesentlichen die Kreisverwaltungsbehörden das Gesetz zu voll­ziehen hätten. Das Gesetz werde so lange Makulatur bleiben, solange der Staat den Kreisverwaltungs­behörden nicht die erforderlichen Umweltingenieure zur Verfügung stellen könne.

Herr Staatsminister St r e i b 1 ging auf den Inhalt des Gesetzes ein und erklärte zu den vom Mitbericht­erstatter aufgeworfenen Fragen: Was den Einsatz von Fachleuten betreffe, habe sich Bayern frühzeitig um sogenannte Umweltingenieure bemüht. Mit ihrer Ausbildung werde ab dem kommenden Herbstseme­ster an der Fachhochschule München begonnen. Bis sie den Kreisverwaltungsbehörden zur Verfügung stehen und als Betriebsbeauftragte fungieren könn­ten, müsse man sich mit den Kursen behelfen, die laufend im Landesamt für Umweltschutz durchge­führt und in denen die Leute in die technische und juristische Problematik eingeführt würden.

Daß der Landkreisverband nicht gehört worden sei, lasse sich so pauschal nicht sagen. Informelle Kon­takte hätten bestanden, und er selbst habe auch Aussagen auf der Tagung in Berchtesgaden ge­macht. Dabei habe die Frage nach dem Personal die größte Rolle gespielt.

In der E i n z e 1 b e rat u n g wurden die A r t i k e 1 3, 4, 5, 7, 8, 9, 10, 12, 13, 15, 16, 17, 18 und 19 einstim­mig oder mit einer Stimmenthaltung angenommen;

A r t i k e 1 1 mit der Maßgabe, daß in Absatz 2 Buch­stabe b die Verweisung „§ 57 Abs. 1 Satz 2" durch „§ 55 Abs. 1 Satz 2" berichtigt wird;

A r t i k e 1 2 mit der Maßgabe, daß Absatz 2 Buch­stabe b die Fassung erhält:

b) für Anlagen, die Teile einer Dampfkesselanlage sind, die nach § 24 d der Gewerbeordnung zustän­dige Behörde.

Art i k e 1 6 mit der Maßgabe, daß in Absatz 1 Satz 2 die Worte „den Grundstücken zu" gestrichen werden;

A r t i k e 1 11 mit der Maßgabe, daß Absatz 2 Ziffer 3 die Fassung erhält:

3. in landwirtschaftlichen und gewerblichen Be­trieben, wenn in ihnen Arbeiten zur Nachtzeit üb­lich oder notwendig sind

und in Absatz 4 vor „stören" das Wort „nachhaltig" eingefügt wird;

Art i k e 1 14 mit der Maßgabe, daß nach „Zuberei­ten von Speisen" eingefügt wird: „außerhalb ge­schlossener Räume";

und schließlich A r t i k e 1 20 mit der Maßgabe, daß in Absatz 1 als Tag des lnkrafttretens der Artikel 1 mit 4der1. April 1974 eingesetzt wird.

Die Schlußabstimmung über den ganzen Gesetzent­wurf erfolgte ohne Gegenstimme bei einer Stimm­enthaltung.

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Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74 5171

Präsident Hanauer: Da.nke schön! Über die Beratun­gen des Ausschusses für Sozial- und Gesundheits­politik (Drucksache 7139) berichtet der Herr Kollege Schön.

Schön (CSU), B e r i c h t e r statte r : Herr Präsi­dent, meine Damen und Herren! Der Ausschuß für Sozial- und Gesundheitspolitik behandelte das Baye­rische Immissionsschutzgesetz in seiner 80. Sitzung am 12. September 1974. Als Grundlage unserer Bera­tungen dienten die Ergebnisse der Beratungen des Wirtschaftsausschusses.

Mitberichterstatter war Herr Kollege So 1 dm an n , Berichterstatter war ich. Das vorliegende Se n a t s -g u t achte n sowie fünf E i n g ab e n - eine vom Landkreisverband und vier von Einzelpersonen -wurden in unseren Beratungen ausführlich gewürdigt.

In meiner B e r i c h t e r statt u n g legte ich die Notwendigkeit der Gesetzesfassung nach Artikel 77 der Bayerischen Verfassung dar. Das Gesetz sei das Ausführungsgesetz für das Bundes-Immissions­schutzgesetz vom 1. April 1974. Es lege die Zu­ständigkeit der Vollzugsbehörden fest und regle den Schutz gegen einzelne Belästigungen. Ich sei im großen und ganzen mit dem vorliegenden Gesetz­entwurf einverstanden; drei Artikel bedürften aber nach meiner: Meinung einer eingehenden Beratung und möglicherweise einer Veränderung.

Zum ersten erschienen mir die finanziellen Belastun­gen für die unteren Vollzugsbehörden als zu hoch. Hierzu legte auch der Vorsitzende unseres Aus­schusses, Herr v o n P r ü m m e r, einen Antrag an die Staatsregierung vor, dessen Wortlaut ich Ihnen am Ende meiner Berichterstattung vortragen werde.

Zum zweiten scheine mir der Art i k e 1 12 hinsicht­lich, der Motoren von Krafträdern zu eng gefaßt.

Zum dritten schließlich scheine mir in Art i k e 1 14 „Verordnungen der Gemeinden" die Möglichkeit des Verbots des Zubereitens von Speisen außerhalb ge­schlossener Räume als zu weitgehend.

Ich erlaubte mir noch zwei Schlußbemerkungen. Ich vermißte im vorliegenden Gesetzentwurf - soweit ich informiert bin, ist auch im Bundes-Immissions­schutzgesetz darüber nichts enthalten -, daß man bei der Produktion und Ausrüstung von Kraftfahr­zeugen nicht dem Verursacherprinzip folge. Es sei für mich immer wieder unerträglich, zu lesen oder zu hören, deutsche Autos würden für den Export nach den USA besser und umweltfreundlicher ausgerüstet sein. Ich halte das für einen unguten Zustand. Auch gab ich der Hoffnung Ausdruck, daß mit diesem Ge­setz der bayerische Bürger nicht zu sehr reglemen­tiert werde.

Der Herr Mitberichterstatter So 1 d m an n stimmte meiner Berichterstattung zu und ging dann speziell auf die Einwendungen des Senats ein.

Herr Staatssekretär Alfred D i c k legte ausführlich den Inhalt des Gesetzentwurfes dar und zeigte sich den aufgeworfenen Fragen sehr zugänglich.

An der allgemeinen Aussprache beteiligten sich der Vorsitzende v o n P r ü m m e r, der stellvertretende Vorsitzende W e i s h ä u p 1 , die Kollegen H ö p -f i n g e r , Frau W e s t p h a 1 , N i e d e r m a y e r , K a m m , . K o 1 o und verschiedene Herren des Um­weltministeriums.

In der E i n z e 1 b e rat u n g wurden die Ergebnisse des Wirtschaftsausschusses im großen und ganzen übernommen. Verschiedene kleinere Abänderungen sind in der D ruck s ach e 7139 wiedergegeben. Ein paar größere Änderungen darf ich Ihnen kurz darstellen.

In A r t i k e 1 11 wurde die Wiederherstellung der Regierungsvorlage beschlossen.

Zu Art i k e 1 12 Absatz 1 Nr. 3 wurde mit Hilfe des Staatssekretärs folgende Fassung vorgeschlagen und beschlossen:

Verbrennungsmotoren von Krafträdern oder Ver­brennungshilfsmotoren von Fahrrädern in unmit­telbarer Nähe fremder Wohnungen, ausgenommen Auf- und Abfahrtsrampen, sowie in der freien Natur anzulassen und laufen zu lassen.

In Art i k e 1 14 wurden die Worte „und das Zube­reiten von Speisen in der Nähe fremder Wohnungen" total gestrichen. '

Zu Art i k e 1 20 faßten wir folgenden Beschluß: In Absatz 1 wurde als Tag des lnkrafttretens der 1. April 1974 festgelegt; die Festsetzung des Tages des lnkrafttretens in Absatz 2 soll unserer Mei­nung nach der Rechts- und Verfassungsausschuß vornehmen.

Fast alle 20 Artikel des Gesetzes wurden einstimmig, wenige bei einzelnen Gegenstimmen angenommen. die Schlußabstimmung endete eir:istimmig.

Im Anschluß an die Beschlußfassung wurde über den schon genannten An t r a g an die Bayerische Staatsregierung unseres Vorsitzenden v o n P r ü m -m e r beraten.

Herr Kollege K o 1 o brachte einen Gegenvorschlag ein, in dem festgelegt war, daß die Kreisverwaltungs­ämter die entstehenden Kosten voll und unmittelbar ersetzt bekommen sollten. Dieser Vorschlag wurde mit 9 zu 7 Stimmen abgelehnt.

Es wurde dann der Vorschlag von Franz von Prüm­mer beraten und angenommen. Er hat folgenden Wortlaut:

Die Staatsregierung wird ersucht, den Landrats­ämtern die für den Vollzug des Bundes-Immis­sionsschutzgesetzes und des Bayerischen Immis­sionsschutzgesetzes erforderlichen fachlich aus­reichend vorgebildeten Bediensteten zuzuweisen. Im übrigen sind den Kreisverwaltungsbehörden die Personal- und Sachausgaben auf geeignete Weise zu erstatten.

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Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74

Schön [CSU])

Jieser Antrag wurde mit 10 Ja-Stimmen bei Enthal­ung der SPD angenommen.

lleine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf >ie bitten, das einmütige Votum des Sozialaus­;chusses zu übernehmen.

>räsident Hanauer: Danke schön! Über die Beratun-1en des Ausschusses für den Staatshaushalt und :inanzfragen (Drucksache 7178) berichtet Herr Kol­ege Kaps. Ich erteile ihm das Wort.

Caps (CSU), B e r i c h t e r s t a t t e r : Herr Präsi­lent, verehrte Damen und Herren! Der Ausschuß für len Staatshaushalt und Finanzfragen befaßte sich in ;einer 112. Sitzung vom 17. September 1974 mit dem 1enannten Gesetz. Als B e r i c h t e r s t a t t e r wies eh darauf hin, daß dieses Ausführungsgesetz zum 3undes-lmmissionsschutzgesetz eine Reihe derzeit JOch nicht bezifferbarer Kosten, insbesondere auch ür die Landkreise und kreisfreien Städte, bringen verde. Ich schlug vor, einen Beschluß zu fassen, der lhnlich dem lautet, den der Herr Kollege S c h ö n iben vorgetragen hat. Ich werde ihn Ihnen hinterher >ekanntgeben.

ierr Kollege F r ö h 1 i c h als Mitberichterstatter 'ertrat die Auffassung, daß ein A r t i k e 1 9 a einge­ügt werden solle, mit dem Inhalt, nachweisbare \uflagen und Aufwendungen, die den Gemeinden m Vollzug des Gesetzes entstehen werden, diesen 'Om Freistaat Bayern voll zu erstatten.

)er Ausschußvorsitzende Dr. F i s c h e r wies dar­tut hin, daß nach meinem Antrag die Mittel nicht, vie befürchtet worden ist, der allgemeinen Schlüs­;elmasse des Finanzausgleichs entnommen werden nüßten, sondern daß die Zuweisungen bei den Fi­ianzzuweisungen berücksichtigt werden müßten.

ierr Kollege Dr. M e y e r verwies darauf, daß nur lurch eine gesetzliche Regelung, wie sie der Mit­>erichterstatter vorgeschlagen hatte, den Finanz­nferessen der Landkreise und kreisfreien Städte tusreichend Rechnung getragen werden könne.

n der Schlußabstimmung stimmten die SPD und der fertreter der FDP gegen das Gesetz. Im Anschluß laran wurde über meinen Antrag abgestimmt, den )ie auf Drucksache 7178 vorliegen haben und len ich hier kurz vorlesen darf, weil er inhaltlich itwas von der Fassung abweicht, die der Herr Kolle-1e Schön vorgetragen hat:

Die Staatsregierung wird ersucht, den Landrats­ämtern die für den Vollzug des Bundes-Immis­sionsschutzgesetzes und des Bayerischen Immis­sionsschutzgesetzes erforderlichen Stellen für fachlich vorgebildete Bedienstete zuzuweisen. Im übrigen sind die zusätzlichen Personal- und Sach­ausgaben der Kreisverwaltungsbehörden bei der Bemessung der Finanzzuweisungen zu berück­sichtigen.

Ich bitte, in der folgenden Abstimmung nach dem Wort „Finanzzuweisungen" das Wort „angemessen" einzufügen. Ich bitte Sie, dem Gesetz in dem vorge­tragenen Sinne zuzustimmen.

(Zuruf: Ist das Ausschußbeschluß?)

Präsident Hanauer: Danke. - Ja, Ausschußbe­schluß! - über die Beratungen des Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Kommunalfragen (Druck­sache 7186) berichtet schließlich Herr Kollege Diethei. Er hat das Wort.

Diethei (CSU), B e r i c h t e r statte r : In seiner 127. Sitzung vom 18. September 1974 befaßte sich der Ausschuß für Verfassungs-, Rechts- und Kom­munalfragen mit dem Entwurf eines Bayerischen Im­missionsschutzgesetzes. Mitberichterstatter war Herr Kollege S c h n e 1 1 , der den Entwurf grundsätzlich befürwortete.

Der vom Haushaltsausschuß zu Art i k e 1 4 gefaßte Beschluß wurde nach längerer Diskussion unter Ein­fügung des Wortes „angemessen" ohne Gegenstim­me gebilligt.

Gegenstand weiterer Beratungen, in die sich wieder­holt Staatssekretär D i c k einschaltete, waren das Verbot des sogenannten Grillens, die Zuständigkeits­regelung in Art i k e 1 10 sowie Art i k e 1 12, wo das unnnötige laufenlassen von Motoren in der freien Natur geregelt wird. Als Zeitpunkt des lnkrafttretens wurde der 1. April 1974, im übrigen der 1. November 1974 bestimmt. Ich darf Sie bitten, ebenso zu be­schließen.

Ich darf, Herr Präsident, da ich schon das Wort habe, gleichzeitig einen Ab ä n d e r u n g s an trag rein redaktioneller Art einfügen. Ich beantrage, in Art i -k e 1 16 Absatz 4 in Satz 2 das Wort „bis" und die Zahl „3" zu streichen. Es handelt sich hier nur um ein redaktionelles Versehen, das zu korrigieren wäre.

Präsident Hanauer: Danke, das ist mir bekannt, wird zur Kenntnis genommen und bei der Abstimmung von mir bekanntgegeben.

Ich eröffne die a 1 1 g e m e i n e Au s s p r a c h e. Das Wort hat Herr Dr. Syring.

Dr. Syring (FDP): Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen, meine Herren! Lassen Sie mich zu diesem Gesetzentwurf noch einige grundsätzliche Bemerkungen anbringen. Zunächst einmal ist es erfreulich, daß Bayern mit das erste Land ist, das den Rahmen des Bundes-Immissionsschutz­gesetzes so schnell und so prompt auszufüllen im Begriffe ist.

(Zuruf bei der CSU: Das ist doch etwas! -Beifall bei der CSU)

- Bitte schön! Aber ich habe den Eindruck, daß hier des Guten etwas zuviel getan worden ist. Vor allen Dingen stört der Perfektionismus, der in diesem Ge­setz zum Ausdruck kommt. Ich habe den Eindruck,

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Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74 5173

(Dr. Syring [FDP])

daß man bemüht ist, hier das Leben von A bis Z in Paragraphen einzufügen; das läßt sich einfach nicht praktizieren. Es muß doch die Voraussetzung für ein Gesetz sein, daß es auch in der Praxis realisiert wer­den kann.

Nur zwei Beispiele dafür. So wie der Gesetzentwurf zunächst aussah, sollte das Grillen in der Nähe frem­der Wohnungen durch Gemeindeverordnungen ver­boten werden können. Ich bin sehr dankbar dafür -da ich im Wirtschaftsausschuß der einzige war, der gegen diese Bestimmung sein Votum eingelegt hat-, daß die nachfolgenden Ausschüsse nun offensicht­lich Einsehen hatten und diese Bestimmung heraus­nahmen.

(Vereinzelter Beifall bei der FDP)

Weiter möchte ich feststellen: Wenn man Theorie und Praxis vergleicht, ist es doch schwer einzuse­hen, daß heute noch Fernstraßen in unmittelbarer Nähe von Ansiedlungen gebaut werden, daß bei­spielsweise in Neu-Ulm ein Autobahnzubringer - 20 Meter von Wohnräumen entfernt - zunächst einmal dem Verkehr übergeben werden sollte, ohne daß Schallschutzmaßnahmen eingebaut sind, nur mit der Begründung, daß sich eine Bürgerinitiative von Anlie­gern, Verwaltungsgerichte und das Innenministerium darüber streiten, in welchem Ausmaße Schallschutz­maßnahmen vorgenommen werden sollen. Hier zeigt sich augenscheinlich der Gegensatz zwischen Theo­rie und Praxis. Gott sei Dank ist in der Zwischenzeit vom Verwaltungsgerichtshof angeordnet worden, daß diese Inbetriebnahme ohne Schallschutzmaßnahmen nicht erfolgen kann. Sie stünde ja auch ganz offen­sichtlich im Widerspruch zu dem berechtigten Sinn gerade dieses. Gesetzes.

Eine zweite Bestimmung, die Ansatzpunkte für Kritik liefert, ist A r t i k e 1 12, der das laufenlassen von Motorrädern betrifft. Meine Damen und Herren, ich bin durchaus der Auffassung, daß die Mopeds von Rowdys in den Städten und Dörfern oft einen uner­träglichen Lärm verursachen. Aber ob gerade mit dieser Bestimmung diesem Unfug wirksam entgegen­gewirkt werden kann, wage ich füglich zu bezweifeln. Denn vergegenwärtigen Sie sich einmal die Praxis! Wenn ein Motorradfahrer von einer Hauptstraße zu einem· Baggersee fährt, also von der öffentlichen Verkehrsstraße wegfährt, muß er den Motor abstel­len und das Motorrad zum Baggersee schieben. Die BMW-, die Opel- und die Ford-Pkw-Fahrer können getrost mit dem laufenden Motor zum Baggersee fah­ren. Die Begründung, daß man das Auto ja nicht schieben könne, ist insofern völlig fehl am Platze, weil nicht das Schieben-Können oder Nicht-schie­ben-Können die Ursache für diese Bestimmung ist, sondern doch offensichtlich der Lärm. überdies gibt es heute genügend Motorräder, die leiser laufen als so mancher Kleinwagen.

Ich bin also der Auffassung, daß in der Praxis so et­was einfach nicht durchführbar ist, auch wenn es bisher im Landesstraf- und Verordnungsgesetz ent­halten war. Das macht diese Bestimmung nicht prak-

tikabler, schon deshalb nicht, wenn man überlegt, wie viele Verstöße gegen diese Bestimmung bisher überhaupt festgehalten worden sind. Ich bin der Überzeugung, daß hier Fehlanzeige gemeldet wer­den muß. Deshalb ist dieses Gesetz, wie sich in der Vergangenheit erwiesen hat, insofern nicht praktika­bel. Wir haben in der Zwischenzeit gehört, daß an Rampen dieses Verbot nicht gelten soll - Gott sei Dank!

Lassen Sie mich zum Schluß noch eines feststellen: Die Zustimmung der FDP zu diesem Gesetzentwurf müssen wir davon abhängig machen, ob die Bemü­hungen der Ausschüsse hier im Plenum Erfolg haben werden, um wenigstens die gröbsten Ungereimt­heiten in diesem Entwurf zu beseitigen. Wenn das möglich ist, würden wir mit erheblichen Bedenken, aber dem Sinne des Gesetzes entsprechend, dann doch unsere Zustimmung erteilen.

(Beifall bei der FDP)

Präsident Hanauer: Herr Kollege Dr. Helmut Meyer!

Dr. Meyer Helmut (SPD): Herr Präsident, meine Da­men und Herren! Das vorliegende Immissionsschutz­gesetz ist nach Auffassung der SPD-Fraktion eine vernünftige Ausfüllung des entsprechenden Bundes­gesetzes; wir können dem zustimmen.

Dieses Gesetz hat allerdings einen schwerwiegenden Haken. Die Ausführung des Gesetzes erfordert einen großen Aufwand an Personal. Dieses Personal ist von den kreisfreien Gemeinden, den Städten also, und von den Landkreisen bzw., da es sich um eine Staatsaufgabe handelt, von den Landratsämtern be­reitzustellen. Das Gesetz sieht nun leider in keiner Bestimmung vor, daß - wie es der Bayerischen Ver­fassung an sich entspräche - für die Übertragung dieser weiteren wichtigen und kostspieligen Staats­aufgaben der Staat den Gemeinden die hierfür erforderlichen Mittel zur Verfügung stellt. Es han­delt sich hier nicht um einen Einzelfall, sondern um einen erneuten Ausdruck des gleichen Grundsatzes, der leider im Bayerischen Landtag von der Mehrheit seit vielen Jahren praktiziert wird, den kreisfreien Gemeinden Staatsaufgaben zur Erledigung zu über­tragen, o h n e ihnen gleichzeitig d i e e r f o r de r -1 i c h e n M i t t e 1 zur Verfügung zu stellen.

Was die Landkreise betrifft, so ist das nicht so gra­vierend, da dort Staatsverwaltung vorliegt und es An­gelegenheit der Staatsregierung ist, entsprechende Planstellen zur Verfügung zu stellen. Ansonsten wür­de im Bereich der Landkreise auf diesem Gebiet eben nichts geschehen und das Gesetz insoweit Pa­P!er bleiben.

Die kreisfreien Gemeinden werden dagegen durch die Rechtsaufsicht angewiesen, das entsprechende Personal auf ihre Kosten anzustellen. Wenn sie es nicht tun, kann der Staat dies über die Aufsicht er­zwingen, und anschließend können die Gemeinden, wie schon so oft, darum betteln, daß ihnen vom Staat wenigstens ein Teil der Aufwendungen ersetzt wird.

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Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74

Dr. Helmut Meyer [SPD])

Vir haben mit Befriedigung zur Kenntnis genommen, laß auch auf seiten der M e h r h e i t s f r a kt i o n m Bayerischen Landtag offenbar das Gefühl vorhan­len ist, daß es so nicht länger geht. Daher hat diese :raktion zum Gesetz einen s e p a rat e n A n t r a g dngebracht, der hier bereits von Vertretern der Frak­ion begründet wurde, wonach die Staatsregierung 1ufgefordet wird, den kreisfreien Gemeinden die 1ierfür erforderlichen Mittel angemessen zu erset­en.

Jun würde ich nichts dazu sagen, wenn wir nicht :iider schlechte Erfahrungen gemacht hätten. Ein olcher Antrag ist nicht mehr als eine Bitte an die itaatsregierung, bei den nächsten Haushaltsver-1andlungen doch dies zu berücksichtigen. Ob die !egierung das tut, bleibt ihr überlassen. Es wäre licht das erste Mal, daß bei künftigen Haushaltsbe­atungen die Staatsregierung erklärt, sie habe leider lern Antrag und dem Wunsch des Bayerischen Land­::igs nicht Rechnung tragen können, weil es die Fi-1anzen des Staates nicht zuließen. Ich könnte genü­rend Beispiele dafür aufzählen, daß selbst innerhalb !iner Legislaturperiode vom Landtag verabschiedete ~nträge mit finanziellen Folgen von der Staatsregie­ung dann im darauffolgenden Haushalt nicht oder 1icht voll erfüllt wurden.

>aher sind wir der Auffassung, daß eine Sich e -ung des Anspruchs der Gemeinden : u f E r s atz d e r Koste n , die dadurch entste-1en, daß sie dieses an sich gute Gesetz auch wirk­ch ausführen, i m G es et z s e 1 b s t v e r a n -. e r t werden muß. Nur wenn ein einklagbarer lechtsanspruch der Gemeinden gegen den Staat ge­chaffen wird, können wir sicher sein, daß die Ge-1einden nicht zum wiederholten Male leer ausgehen.

:::h möchte bei dieser Gelegenheit betonen, daß es ich hier nicht um eine Bagatelle handelt. Der man­relhafte Kostenersatz für die Ausführung von Slaats­:ufgaben in den letzten 10 bis 15 Jahren hat z. B. bei er Landeshauptstadt M ü n c h e n dazu geführt, aß sie heute etwa 30 Millionen DM im Jahr mehr ufwendet für die Besoldung von Beamten und An­estellten zur Erfüllung ausschließlicher Staatsauf­:aben, als sie über die verschiedenen Zuschüsse 1ieder hereinbekommt. Dem sollte ein Ende gesetzt 1erden.

laher hat die SPD-Landtagsfraktion folgenden Abän­lerungsantrag eingebracht:

Es soll folgender Art i k e 1 9 a eingefügt werden:

Nachgewiesene Sach- und Personalkosten, die den kreisfreien Städten im Vollzug dieses Geset­zes entstehen, werden diesen durch den Freistaat Bayern voll ersetzt.

la hier die allgemeine Meinung die ist - soviel habe :::h der Diskussion entnommen -, nachgewiesene .usgaben zu ersetzen, bin ich zuversichtlich und offe sehr, daß sich für den vernünftigen Antrag, die itierte Vorschrift ins Gesetz aufzunehmen, auch eine ~ehrheit finden wird.

Ich möchte noch eines anfügen: Wir haben erst ge­stern die Ausführungen von Herrn Staatsminister J au m an n zum sogenannten Mittelstandsförde­rungsgesetz gehört. Wir haben dort erklärt, da in dem Gesetz keine konkreten Zahlen, sondern bloß Kann-Vorschriften drin seien, wäre es nicht notwen­dig, ein Gesetz zu machen, sondern es würde auch ein Programm oder eine Absichtserklärung genügen. Daraufhin hat uns Herr Jaumann gestern ausdrück­lich gesagt, es sei ein großer Unterschied, ob man Ansprüche in einem Gesetz verankert, weil dann die Betreffenden darauf vertrauen könnten, daß etwas geschieht, während das in einer bloßen Absichtser­klärung oder in einem Programm bei weitem nicht der Fall sei. Wenn diese - von der Mehrheit geteilte! - Auffassung auch heute noch andauert, können Sie gar nicht anders, als das, was Sie gestern gegenüber dem Mittelstand gesagt haben, auch heute gegen­über den Gemeinden zu dokumentieren. Ich bitte daher um Zustimmung.

(Beifall bei der SPD)

Präsident Hanauer: Nächste Wortmeldung, Herr Kol­lege Kaps!

Kaps (CSU): Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Selbst wenn Herrn Dr. M e y e r alle seine forensische Beredsamkeit aufwendet, wird er es nicht schaffen, die Staatsregierung und die sie tragende Partei, die CSU, in diesem Hause etwa der Kommunalfeindlichkeit zeihen zu können.

(Sehr richtig! bei der CSU)

Die Wirklichkeit zeigt ein völlig anderes Bild. Meine Damen und Herren, 95 Prozent meiner Kollegen von der CSU-Fraktion sind selbst Kommunalpolitiker. Al­lein schon aus dieser Funktion und Interessenlage haben sie im Interesse ihrer Bürger in der Vergan­genheit alles getan, was der Staatshaushalt zuließ, um den Gemeinden unter die Arme zu greifen. Die Leistungen des Freistaates Bayern waren doch in den letzten vier Jahren großartig!

(Lachen bei der SPD)

Von 1970 bis 1974 sind die Mittel für den kommuna­len Finanzausgleich von 1,99 auf 3,96 Milliarden DM angestiegen; sie haben sich also verdoppelt. Das be­deutet immerhin, daß der Freistaat Bayern jede fünfte Mark, die er ausgibt, für seine Gemeinden ausgibt. Der kommunale Anteil am Staatshaushalt beträgt

(Zurufe von der SPD)

- Sie können rufen, soviel Sie wollen, Sie bringen mich nicht draus - 16,1 Prozent, während der gesam­te Staatshaushalt lediglich um 13,3 Prozent gestiegen ist.

Meine Damen und Herren! Die Behandlung des Im­missionsschutzgesetzes ist nach meiner Überzeu­gung der ungeeignetste Anlaß, eine solche Attacke zu führen. Denn dieses Gesetz ist, wenn Sie so wol­len, nichts anderes als ein uns v o m B u n d auf -g e z w u n g e n e s A u s f ü h r u n g s g e s e t z.

(Zuruf von der SPD: Wollen Sie es denn nicht?)

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Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74 5175

(Kaps [CSU])

- Natürlich wollen wir es. Wir haben nie ein Hehl daraus gemacht, daß dieses Gesetz von der Sache her berechtigt ist. Aber es ist der Zusammenhang wohl nicht zu weit hergeholt, wenn wir davon aus­gehen, daß dieses Gesetz durch die Bundesgesetz­gebung verursacht ist und daß deshalb aus Artikel 106 des Grundgesetzes dann auch abgeleitet wer­den muß, daß der B u n d d a f ü r d i e M i t t e 1 zur Verfügung stellt.

(Sehr gut! bei der CSU)

Aber, wie Sie wissen, denkt der Bund gar nicht dar­an, ebensowenig wie er daran denkt, den Gemeinden den Steuerausfall zu ersetzen, der durch die Erhö­hung des Eingangsfreibetrags bei der Gewerbe­steuer von 7200 auf 15100 DM eintreten wird. Auch hier sind wir von der Sache her völlig einer Meinung, nämlich, daß die Erhöhung erforderlich ist. Aber, meine Damen und Herren, es nutzt doch gar nichts, sich hierher zu stellen und, wie ich sagen möchte, Krokodilstränen zu weinen über das, was wir mögli­cherweise nicht optimal tun können, während Sie über den Steuerausfall bei der Gewerbesteuer in der Höhe zwischen 2,5 und 3 Milliarden DM ab 1. Januar nächsten Jahres hinweggehen, als ob nichts gesche­hen wäre.

Präsident Hanauer: Herr Kollege Kaps, gestatten Sie dem Herrn Kollegen Dr. Meyer, daß er, um Sie zu zitie­ren, noch einige Krokodilstränen von sich gibt? -Einverstanden. Bitte schön!

Dr. Meyer Helmut (SPD): Herr Kollege Kaps, wollen Sie mit diesen Ausführungen etwa sagen, daß Sie dagegen sind, daß ab 1. Januar 1975 für den Mittel­stand die Gewerbesteuer entfällt?

Kaps (CSU): Aber, Herr Kollege Dr. Meyer, Sie wissen doch ganz genau, daß es die Forderung von CDU/ CSU seit vielen Jahren ist, die Gewerbesteuer schritt­weise abzubauen, weil die Bundesrepublik Deutsch­land das einzige Land im EWG-Raum ist, das diese wettbewerbsverzerrende Steuer hat.

(Widerspruch und Zurufe von der SPD)

- Sie argumentieren völlig an der Sache vorbei. Sie können uns doch nicht den Vorwurf machen, wir würden im Zusammenhang mit diesem Ausführungs­gesetz für die Gemeinden nicht alles tun, während Sie selbst überhaupt nichts unternehmen, um den Gemeinden den Steuerausfall in Milliardenhöhe zu ersetzen.

(Beifall bei der CSU - Abg. Dr. Rosenbauer: Sehr richtig!)

Präsident Hanauer: Herr Kollege Kaps, ich hätte noch eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Gabert. Gestatten Sie?

Kaps (CSU): Aber selbstverständlich, Herr Opposi­tionsführer!

(Heiterkeit bei der CSU)

Gabert (SPD): Herr Kollege Kaps, ist Ihnen bekannt, daß die CDU/CSU im Deutschen Bundestag den An­trag gestellt hat, den Gemeinden den Ausfall zu er­statten?

Kaps (CSU): Ich habe den sibyllinischen Sinn Ihrer Frage nicht erkannt.

(Heiterkeit)

Gabert (SPD): Der war sehr deutlich. Ist Ihnen be­kannt, daß die Fraktion der CDU/CSU im Deutschen Bundestag den Antrag gestellt hat, den Gemeinden den Ausfall zu ersetzen?

Kaps (CSU): - Das ist mir nicht bekannt.

(Heiterkeit - Zuruf von der SPD: Interessiert Sie das überhaupt?)

- Das interessiert mich schon. Im übrigen, meine Damen und Herren, sagen Sie immer, wenn wir den Zusammenhang von Bundes- und Landesgesetzge­bung behandeln: „Wir sind doch im Bayerischen Landtag!" Deshalb einmal zurück: Wir sind hier im Bayerischen Landtag und fragen uns, was Sie in dem angesprochenen Bereich zu tun bereit sind.

Genauso ist es übrigens auch bei dem Ausfall, der ab 1. Januar des nächsten Jahres entsteht, wenn die Lohn- und die Einkommensteuer niedriger werden, hinsichtlich des den Gemeinden wegen des Steuer­verbunds zustehenden Anteils.

Sie haben gestern im „ Landtagsdienst" sicherlich gelesen, daß der Präsident des Deutschen Gemein­detages, Herr Bundestagsvizepräsident S c h m i t t -V o c k e n h au s e n , ebenfalls die Frage stellte, was denn der Bund zu tun gedenke, um nach dem Ausfall bei der Gewerbesteuer die zusätzlichen Ein­bußen beim Anteil an der Einkommensteuer und der Lohnsteuer auszugleichen.

Präsident Hanauer: Herr Kollege Kaps, Herr Kollege Dr. Meyer bittet noch um eine Zwischenfrage. Ist sie genehmigt?

Kaps (CSU): Natürlich.

Dr. Meyer Helmut (SPD): Herr Kollege Kaps, ist Ih­nen bekannt, daß über die Verteilung der Steuern, die in der Bundesrepublik Deutschland aufkommen, partnerschaftlich Bund und Land entscheiden, wäh­rend die Gemeinden kein Mitspracherecht haben, so daß also das Land sich mit seinen Vorstellungen un­mittelbar Geltung verschaffen kann?

Kaps (CSU): Herr Kollege, selbstverständlich ist mir das bekannt. W e i 1 es eine Gemeinschaftsangele­genheit aller ist, müssen wir doch erwarten, daß der­jenige, der den stärksten Part hat, der B u n d , für den Sie hier in diesem Hause immer so sehr eintre­ten, den ersten Schritt tut. Daß wir vom Bund mehr Hilfe für unsere Gemeinden erwarten, ist doch wohl schon deswegen nicht unbegründet, weil schon sei-

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Kaps [CSU])

1erzeit der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt nünchen und Präsident des Deutschen Städtetages, lerr Dr. V o g e 1 , in dieser seiner Funktion ein An-1eben des Kommunalanteils an Einkommen- und .ohnsteuer von 14 auf 18 Prozent forderte. Heute ist on Herrn Dr. Vogel in dieser Richtung nichts mehr zu 1ören, obwohl er inzwischen Mitglied der Bundes­egierung geworden ist und die Gemeinden sich heu­a weithin in echter Finanznot befinden.

~eine Damen und Herren! Etwas Zusätzliches: Der )berbürgermeister

(Abg. Kuhbandner: Ihr lest nie Zeitung!)

. ich lese sie sehr gut - von Frankfurt, Rudi 1 r n d t, hatte im Auftrag der SPD ein Kommunal-1rogramm entworfen. Er hat dabei schüchtern den 'ersuch unternommen, den Kommunalanteil von 14 uf 15' Prozent zu erhöhen. Sie wissen, daß er des-1alb vom Bundeskanzler und vom Bundesfinanzmini­ter zurückgepfiffen worden ist.

~eine Damen und Herren! Zeihen Sie also nicht die ~ayerische Staatsregierung und die CSU der Kom­mnalfeindlichkeit! Wir haben, das wissen Sie genau, lle unsere Möglichkeiten ausgeschöpft und werden as auch in Zukunft tun. Wir machen nicht Sprüche, ondern wir handeln; ich habe die Zahlen genannt. )eshalb sind wir auch der Auffassung,. daß wir mit em Antrag, den wir gestellt haben, den von der Ko­tenmehrung betroffenen Landkreisen und kreis­·eien Städten in angemessener Weise helfen kön­en. Ihre Attacke geht also ins leere. Nun, „Attacke" eißt, wenn man den Brockhaus nachschlägt, aber icht bloß „Angriff", sondern auch „Krankheitszu­tand". Es scheint mir tasächlich ein gewisser deso­lter Gesundheitszustand bei Ihnen vorzuliegen, 1enn Sie immer das gleiche wiederholen, obwohl >ie wissen, daß das Gegenteil der Fall ist.

(Heiterkeit bei der CSU)

lun, meine Damen und Herren, ich kann Sie von ieser Krankheit nicht befreien. Aber ich kenne einen 1edicus, der kann das. Und das ist unsere Bevölke­ung draußen in den Gemeinden. Der wollen wir all as vortragen, sie weiß es auch, und, meine Damen nd Herren, der Medicus wird kurieren. In knapp 5 \.lochen ist es soweit!

(Heiterkeit und Beifall bei der CSU -Wahlkampfgeschichten! bei der SPD)

1räsident Hanauer: Das Wort hat der Herr Staats-1inister der Finanzen. - Er verzichtet.

lerr Kollege Jaeger!

aeger (FDP): Herr Präsident, meine Damen und Her­an! Als ich die Tagesordnung durchsah und mir dar­ber Gedanken machte, wo hier eventuell Wahl­ampf hineinkommen könnte, habe ich auf keinen all daran gedacht, daß das bei Tagesordnungs­unkt Nr. 13 der Fall sein könnte. Denn das Im-

missionsschutzgesetz ist im Grunde genommen eine Materie - das hat auch die sachliche Beratung in den Ausschüssen deutlich gezeigt-, die sich für derartige Wahlkampfauseinandersetzungen nicht eignet. Ich war infolgedessen sehr davon überrascht, daß wir eben in der Aussprache zur Erörterung grundsätzlicher Fra­gen der Rahmengesetzgebung des Bundes kamen, daß die kommunalpolitischen Ansichten des Frankfur­ter Oberbürgermeisters zur Diskussion gestellt wur­den und wir im Brockhaus nachsehen sollten, was der Begriff „Attacke" sei.

(Abg. Kaps: Sie sind universal gebildet, Sie wis­sen das von Haus aus, Sie brauchen nicht im

Brockhaus nachzuschlagen!)

- Meine Damen und Herren, wir sollten uns doch hier nicht gegenseitig beschuldigen, daß irgendeine der drei Parteien kommunalfeindlich und die ande­ren kommunalfreundlich seien.

(Abg. Kaps: Das geschieht hier aber fortgesetzt!)

Wir alle müssen uns doch bemühen, unserem Wäh­lerauftrag gerecht zu werden und für Lösungen zu sorgen, die unseren Kommunen gerecht werden.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen von der CSU! Ich muß sagen, ich hatte eigentlich Ihre Absichtserklärung ernst genommen. Ich habe seiner­zeit, als wir im Ausschuß für Verfassungs-, Rechts­und Kommunalfragen darüber sprachen, überlegt, ob es besser sei, eine derartige Formulierung ins Ge­setz aufzunehmen, wie sie von der SPD vorgeschla­gen worden ist, oder sich mit einer derartigen Ab­sichtserklärung zufrieden zu geben. Ich bin ehrlich, ich habe geschwankt, ob die eine oder die andere Meinung richtig ist. Wenn aber Ihre Ausführungen, Herr Kollege Kaps , zur Grundlage der Beratung gemacht werden, dann komme ich zu dem Ergebnis, daß ich im Grunde genommen Ihrer Absichtserklä­rung nicht mehr vertraue. Denn wenn Sie hier mit aller Deutlichkeit sagen, daß dieser Vorschlag der SPD falsch sei, dann verstärkt sich mein Argwohn, daß Sie es mit Ihrer Absichtserklärung nicht ernst nehmen, und das hat dann für uns Freie Demokraten zur Fo!ge, daß wir mit der Sozialdemokratischen Par­tei stimmen werden und daß wir auch diejenigen von Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren von der CSU, die in der Kommunalpolitik tätig sind und die die Not der Gemeinden kennen, sehr herzlich bitten müssen, diesen Antrag der SPD anzunehmen.

Da ich gerade das Wort habe, möchte ich bei dieser Gelegenheit auch meinen Abänderungsantrag zu Ar­tikel 10 begründen. Auch bisher bestand schon die Möglichkeit, zum Schutz vor schädlichen Ein­wirkungen durch Luftverunreinigungen, durch Geräu­sche und durch Erschütterungen Verordnungen zu erlassen, und auch bestimmte Ausnahmen zuzu­lassen. An eine Änderung dieser materiellen Rechts­lage ist nicht gedacht. Geändert aber werden soll die Zuständigkeitsfrage, und zwar dahingehend, daß dieser Komplex jetzt auf die Gemeinden delegiert werden soll. Hier müssen wir miteinander darüber

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Bayerischer Landtag ·STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74 5177

(Jaeger [FDP])

diskutieren, ob eine derartige Delegation an die Ge­meinden erstens überhaupt und zweitens im derzei­tigen Zeitpunkt angemessen ist. Sie wissen, daß wi.r uns als Freie Demokraten bei jeder Gelegenheit immer dazu bekannt haben, so viele Aufgaben wie nur irgend möglich an die Gemeinden zu delegieren. Wir tun das auch heute, wir fragen aber, ob gerade diese Sache hierfür geeignet ist, und hier sagen wir ein klares Nein.

Ich möchte das ganz kurz b e g r ü n d e n. Es gibt doch gerade im gemeindlichen Sektor eine relativ starke Verfilzung von Problemen der jeweiligen Ge­meinden mit denen der einzelnen Firmen. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn eine der Firmen die Firma am Ort ist und infoigedessen eine sehr starke Position hat. Es können folgende zwei Fälle eintreten, einmal, der Fall, daß eine Verfilzung von Macht ein­zelner Firmen und der Gemeinden dazu führt, daß bestimmte Verordnungen, die erlassen werden müß­ten, oder bestimmte Ausnahmegenehmigungen, die nicht erteilt werden dürften, deswegen nicht erlassen oder deswegen erteilt werden, weil man im Grund genommen das tut, was die jeweilige Firma will; hier kann die Verfilzung darauf zurückzuführen sein, daß die jeweiligen Gemeinderäte auch leitende Funktio­nen in den jeweiligen Firmen haben. Andererseits besteht aber auch die Gefahr, daß allzu aktive Bür­gerinitiativen gegen einzelne Firmen vorgehen, Ihr Anliegen hochtreiben und dann der Gemeinderat mehr oder weniger unter Druck vor vielleicht einer bevorstehenden Wahl Verordnungen erläßt oder Aus­nahmegenehmigungen nicht erteilt, wo es im Grunde genommen von der Sache her geboten wäre, es nicht zu tun bzw. sie zu erteilen. Daran, meine sehr ver­ehrten Damen und Herren, ändert auch nichts, daß es notwendig ist, die Genehmigung der jeweiligen Auf­sichtsbehörde einzuholen; denn wir wissen, welche Verfilzungen auch von einzelnen Firmen zu den jewei­ligen Landratsämtern bestehen und welche Gefahren auch hier von gewissen Bürgerinitiativen zumindest ausgehen können. Infolgedessen sind wir dafür, es bei der derzeitigen Rechtslage zu belassen, und bit­ten Sie daher, unserem Abänderungsantrag zu Arti­kel 10 die Zustimmung zu geben.

(Beifall bei FDP und SPD)

Präsident Hanauer: Herr Staatsminister für Landes­entwicklung und Umweltfragen!

Staatsminister Streibl: Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit der Verabschie­dung dieses Immissionsschutzgesetzes hat der Bayerische Landtag als e r s t e s L a n d es p a r -1 a m e n t i n d e r B u n d e s r e p u b 1 i k nun den größten und wichtigsten Teil der Umweltgesetzge­bung vollzogen: an der Spitze das Naturschutzge­setz, dann das Abfallbeseitigungsgesetz und nun das Immissionsschutzgesetz. Ich möchte die Gelegenheit benützen, mich beim Bayerischen Senat und bei den vier Ausschüssen für die zügige und sachgerechte Behandlung dieses Entwurfs vielmals zu bedanken.

Mit Recht wurde festgestellt, daß der. Vollzug des Immissionsschutzgesetzes des Bundes und des Bayerischen Immissionsschutzgesetzes eine ganze Anzahl neuer Aufgaben für die damit befaßten Be­hörden mit sich bringen wird. Gegenüber dem bisher geltenden lmmissionschutzrecht enthält das neue Recht eine Reihe echter sachlicher Erweiterungen. Naturgemäß erfordert dann der Vollzug des neuen Rechts zusätzliche sachliche und personelle Mittel. Ich bin deshalb dem Bayerischen Landtag besonders für den Beschluß dankbar, den er gewissermaßen als flankierende Maßnahme zu diesem Gesetz ge­troffen hat, nämlich den Landratsämtern in Zukunft Umweltingenieure zuzuweisen. Die praxisbezogene Anwendung der neuen gesetzlichen Bestimmungen setzt ein rasches fachliches Erkennen und Handeln voraus. Ich weiß sehr genau, daß damit die Fach­behörden des Landesamts für Gewässerschutz oder des Landesamts für Umweltschutz nicht ersetzt werden können. Ich meine aber, daß durch die ent­sprechende Ausstattung der mit dem Vollzug ~n­

mittelbar befaßten Behörden die Gesetzesdurchfuh­rung doch wesentlich erleichtert wird. Durch den Beschluß des Landtags ist in vorbildlicher Weise die Voraussetzung dafür geschaffen, daß es in Bayern kein Vollzugsdefizit bei der Durchführung dieser Ge­setze geben sollte. Darüber hinaus sollen die kreis­freien Gemeinden, denen kein staatliches Personal zugeteilt werden kann, ersatzweise höhere Finanz­zuweisungen erhalten. Ebenso werden die steigen­den Sachkosten der Landkreise und der kreisfreien Gemeinden nach diesem Beschluß berücksichtigt werden. Die Finanzzuweisungen werden aus staat­lichen Mitteln gegeben; es handelt sich also nicht lediglich um eine Umverteilung des kommunalen Finanzausgleichs.

Die gewünschte vollständig im Gesetz verankerte Kostenerstattung wäre mit dem geltenden System des Finanzausgleichs zwischen Staat und Kommu­nen wohl schwer vereinbar gewesen. Auch im Hin­blick auf die sonst unvermeidbaren Abrechnungs­schwierigkeiten muß im Grundsatz wohl daran fest­gehalten werden, daß der Aufwand der Kommunen für den Vollzug der gesamten Staatsaufgaben durch jährlich pauschalierte Pro-Kopf-Beträge erstattet wird.

Zu diesem Punkt darf ich noch darauf hinweisen, daß der Freistaat Bayern den Aufbau des Landes­amts für Umweltschutz besonders forciert und da­mit eine Einrichtung geschaffen hat, die auch den Kreisverwaltungsbehörden mit zur Verfügung steht, wie gerade die vergangene Zeit gezeigt hat. Außer­dem wird das vom Bundesimmissionsschutzgesetz geforderte Luftüberwachungssystem in den einzel­nen Belastungsgebieten nach diesem Gesetz vom Freistaat Bayern aufgebaut und betrieben und nicht. wie es in anderen Ländern vorgesehen ist, zur kom­munalen Pflichtaufgabe erklärt. Ich glaube also, daß damit der Staat den Kommunen schon weitgehend entgegengekommen ist. Man sollte diese Dinge nicht übersehen.

Besondere Aufmerksamkeit hat natürlicherweise der zweite Teil des Gesetzes gefunden, insbesondere die

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Staatsminister Streibl)

'orschriften über den Lärmschutz. Ich darf noch ein-1al feststellen, daß ein Großteil der dort getroffenen tegelungen bereits im geltenden Landesstraf- und 'erordnungsgesetz enthalten war und daß eine zu­ätzliche Gängelung des Bürgers, wie hier ausgeführt 1orden ist, sicher jedem fernliegt. Wenn heute, wie on Herrn Syring erwähnt, das Bundesfernstraßenge­etz leider noch nicht die Bestimmung enthält, daß be­eits beim Bau und bei der Planung von Bundes-3rnstraßen auch die Immissionen und die Emis­ionen Berücksichtigung finden müssen, dann liegt as nicht an Bayern. Bayern hat im Bundesrat en entsprechenden Antrag gestellt, ist aber leider icht durchgekommen. Wir haben es dann allerdings eschafft, jetzt im Bundesimmissionsschutzgesetz inige, wenn auch nicht ganz so wirksame Regelun­en in den§§ 41 ff. mit hineinzubringen.

lun, die hart umstrittene Vorschrift über das un-1ötige Betreiben von Motorrädern, meine Damen und lerren, hat eine gewisse Einschränkung erfahren. lerade diese Vorschrift gibt natürlich Gelegenheit u breitesten Debatten. Wir hatten diese Vorschrift 1 der Fassung des Regierungsentwurfes vorgesehen 1ehabt, weil sie so schon seit 1966 geltendes Recht rar. Die Vorschrift richtet sich nicht gegen das 1otorradfahren als solches, sondern eben gegen ie von der Polizei weitgehend schwer kontrollier­are mißbräuchliche Verwendung.

lerade in jüngster Zeit waren uns einige Beschwer­en zugegangen; aber ich glaube, die Regelung, die 3tzt gefunden worden ist, dürfte vollziehbar sein.

.uch einer weiteren Entwicklung, nämlich dem un­ontrollierten Einsatz von Motorschlitten in den Ser­en, wollte das Gesetz vorbeugen aufgrund der Er­ihrungen, die wir in den letzten Jahren gemacht aben.

lun zu Ihrem A n t r a g , Herr Kollege J a e g e r ! ~h verstehe Ihr Anliegen durchaus und stehe ihm uch aufgeschlossen gegenüber. Ich bin aber der 1einung, daß Ihr Anliegen bereits im Artikel 10 Ab­atz 4 berücksichtigt ist. Die dort genannten ge-1eindlichen Verordnungen bedürfen der Genehmi­ung der Rechtsaufsichtsbehörde und damit des andratsamts. Das heißt also, das Landratsamt hat ie Koordinierung in der Hand und kann absolut afür sorgen, daß nicht eine unterschiedliche :echtshandhabung in den einzelnen Gemeinden er­)lgt.

1eine Damen und Herren! Mit der Verabschiedung es Immissionsschutzgesetzes hat der Bayerische andtag in dieser Legislaturperiode ein drittes Um-1eltschutzgesetz beschlossen. Nach dem Bayeri­chen Abfallbeseitigungsgesetz und dem Natur­chutzgesetz soll nun das Bayerische lmmissions­chutzgesetz den Bürger vor Belästigungen und Ge­ihren schützen, die durch Verunreinigung der Luft nd durch Lärm verursacht werden.

~h darf mit Befriedigung feststellen, daß der Bayeri­che Landtag das erste Parlament ist, das in dieser egislaturperiode den größten und wichtigsten Teil

der Umweltschutzgesetzgebung neu geordnet hat. In der kommenden Legislaturperiode wird es nun Aufgabe der Verwaltung sein, diese Gesetze in effek­tiver und praxisnaher Weise zu vollziehen, zum Wohl unseres Bürgers.

(Beifall)

Präsident Hanauer: Das Wort hat Herr Abgeordneter Diethei.

Diethei (CSU): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich darf zu den beiden vorliegenden Ab­änderungsanträgen der SPD-Fraktion einerseits und des FDP-Kollegen andererseits in der gebotenen Kürze folgendes feststellen:

Herr Kollege Dr. M e y e r, Ihr Vorschlag und der Ihrer Fraktion ist nicht praktikabel

(Widerspruch des Abg. Dr. Helmut Meyer)

- bitte, hören Sie mir bei diesem Satz noch zu -, weil ich glaube, daß es ungleich schwieriger ist, beim Sachbearbeiter des Landratsamtes, der Kreis­verwaltungsbehörde oder bei der Gemeinde nach­träglich zu ermitteln, zu welchem Prozentsatz der betreffende Beamte oder seine Mitarbeiter und Mit­arbeiterinnen an den Aufgaben des Immissions­schutzes jeweils beteiligt waren. Da die Sachbear­beiter ja nicht nur mit Immissionsschutzaufgaben be­schäftigt sind, müßte das immer von Fall zu Fall festgestellt werden. Ich glaube, daß eine Pauschal­abgeltung im Sinne des Finanzausgleiches die einzig richtige und optimale Lösung darstellt und, wie ich meine, auch die einzige praktikable Lösung ist.

Präsident Hanauer: Herr Kollege Diethei, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Meyer?

Diethei (CSU): Ja.

Dr. Meyer Helmut (SPD): Herr Kollege, ist Ihnen be­kannt, daß im Bereich der Staatsverwaltung häufig spitz abgerechnet wird, wie z. 8. im Bereich der ge­meindlichen Schulen?

Diethei (CSU): Herr Kollege Dr. Meyer, ist Ihnen be­kannt, daß wir alle Aufgaben des übertragenen Wir­kungskreises über das FAG abrechnen? Wir haben gar keine andere praktikable Lösung als die, es über den Finanzausgleich zu machen. Es gibt keinen Fall der von Ihnen genannten Art. Ich glaube, auch nach der Diskussion im Rechtsausschuß - auch Ihre Kollegen haben mit einer Ausnahme zugestimmt -kann man behaupten, daß dies die bessere Lösung ist und daß wir tatsächlich keine bessere finden können.

(Beifall bei der CSU)

Zum An t r a g des Kollegen J a e g e r folgendes: Ich konzediere Ihnen, Herr Kollege Jaeger, daß die Gemeinden zum Teil erheblich belastet sind mit verantwortungsvollen Entscheidungen, wenn es darum geht, Ausnahmen im Bereich des Immissions-

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Bayerischer Landtag ·STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74 5179

(Diethei [CSU])

schutzes zu genehmigen, die den einzelnen und die Umwelt sehr belasten können. Wir dürfen aber eines nicht vergessen: Alle Gemeinden haben die Mög­lichkeit - einmal abgesehen von der Zustimmung zur Rechtsverordnung durch die Aufsichtsbehörde-, sich der Fachbehörden zu bedienen. Jede Gemeinde hat die Möglichkeit und die Gelegenheit, das Lan­desamt für Umweltschutz, auch das Gewerbeauf­sichtsamt und die anderen Fachbehörden zu fragen. Der Bürgermeister selbst hat also alle Möglichkeiten, natürlich auch die der Fühlungnahme mit dem Land­ratsamt, der Aufsichtsbehörde. Ich sehe deshalb keine Gefahr. Insoweit habe ich meine Meinung kor­rigiert. Im Verlauf der Diskussion im Ausschuß sind diese Gesichtspunkte von den Herren Regierungs­vertretern sehr nachdrücklich betont worden ebenso wie von Ausschußmitgliedern. Deshalb sehe ich nicht mehr die Gefahr, daß die Gemeinden etwa überfor­dert wären, nachdem sie alle gebotenen Möglich­keiten ausschöpfen können, bei ihren Entscheidun­gen echte Fachleute zuzuziehen.

Ich möchte Ihnen deshalb vorschlagen und Sie bitten, zum Antrag der SPD-Fraktion die tatsächlich bessere und für unsere Gemeinden, die Kreisver­waltungsbehörden und die Landkreise praktikablere Lösung zu wählen, nicht aber den Weg des zusätz­lichen oder anteiligen Ersatzes zu gehen. Zum zwei­ten bitte ich Sie, es bei der Zuständigkeitsregelung des Artikels 10 zu belassen. Wenn wir schon immer über die Verlagerung von Aufgaben nach unten re­den und die Funktionalreform so stark betonen, dann sollten wir uns auch nicht scheuen, unseren Ge­meinden echte und verantwortungsvolle Aufgaben zu übertragen.

(Beifall bei der CSU)

Präsident Hanauer: Danke schön! Ich habe keine Wortmeldungen mehr vorliegen. Damit ist die Aus­sprache geschlossen.

Wir treten in die Ei n z e 1 berat u n g ein. Der A b s t i m m u n g zugrunde liegen die Regierungs­vorlage auf D r u c k s a c h e 6765 sowie die Aus­schußbeschlüsse auf den D r u c k s a c h e n 6956, 7139, 7178 und 7186.

E r s t e r Te i 1. - Die Überschrift bleibt unverändert.

Zu Art i k e 1 1 wird empfohlen, in Absatz 1 Buchstabe b) nach der Klammerbezeichnung das Wort „und" durch ein Komma zu ersetzen und nach der weiteren Klammerbezeichnung anzufügen: „und dem Gesetz über behälterlose unterirdische Spei­cherung von Gas vom 25. Oktober 1966 (GVBI S. 335)". Ferner schlagen die Ausschüsse vor, in Absatz 2 Buchstabe b) die Verweisung „§ 57 Abs. 1 Satz 2" durch „§ 55 Abs~ 1 Satz 2" zu ersetzen.

Wer dem Artikel 1 die Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön! Gegen­stimmen? - Keine. Stimmenthaltungen? - Keine.

Zu Art i k e 1 2 schlagen die Ausschüsse vor, in Ab -s atz 2 Buchstabe a) wie vorhin nach der Klammer-

bezeichnung das Wort „und" durch ein Komma zu ersetzen und nach der weiteren Klammerbezeich­nung eine Einfügung vorzunehmen. Buchstabe b) soll eine geänderte Fassung erhalten.

Wer dem Artikel 2 mit diesen Änderungen zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. Danke. Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Einstimmig angenommen.

A r t i k e 1 3 bleibt unverändert.

A r t i k e 1 4. - In A b s atz 1 Buchstabe a) ist die gleiche Ergänzung hinsichtlich der Fundstellen vor­zunehmen wie bei Artikel 1 und 2, sonst unverändert.

A r t i k e 1 5 - unverändert.

Zu A r t i k e 1 6 schlagen die Ausschüsse vor, in Absatz 1 Satz 2 die Worte „den Grundstücken zu" zu streichen.

Wer den Artikeln 3 bis 6 die Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke. Die Gegenprobe! - Keine Gegenstimmen. Stimmenthal­tungen? - Keine. Einstimmig angenommen.

A r t i k e 1 7, 8 und 9 - unverändert. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke. Die Gegenprobe! - Keine Gegenstimmen. Stimment­haltungen? - Keine. Einstimmig angenommen.

Wir kommen zum A b ä n d e r u n g s an t r a g der S P D - F r a kt i o n auf Einschaltung eines A r t i -k e 1 s 9 a. Wer für die Einschaltung dieses Arti­kels 9 a ist, dessen Inhalt soeben erörtert wurde, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Die Gegenprobe! - Letzteres ist die Mehrheit. Stimm­enthaltungen? - Keine Stimmenthaltung. Mit Mehr­heit abgelehnt.

Art i k e 1 10. - Dazu ist zunächst einschlägig der Ab ä n der u n g s an trag , den Artikel 10 in allen seinen 4 Absätzen anders zu formulieren. Er liegt vor auf der Vervielfältigung Nr. 4/13. Wer für die Annahme des Abänderungsantrages der Fraktion der Freien Demokratischen Partei zu Artikel 10 ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke. Die Gegen­probe! - Letzteres ist die Mehrheit. Stimmenthal­tungen? - Bei 3 Stimmenthaltungen mit Mehrheit abgelehnt.

Ich lasse a b s t i m m e n über den nunmehr unver­ändert gebliebenen Artikel 10. Wer für seine An­nahme ist, den bitte ich um das Handzeichen. -Danke. Die Gegenprobe! - Keine Gegenstimmen, Stimmenthaltungen? - Die Fraktionen der SPD und FDP, damit mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zum Z w e i t e n Te i 1 . Zur ü b e r -schritt empfehlen die Ausschüsse, vor dem Wort „Betätigungen" das Wort „störenden" einzufügen.

Zum Art i k e 1 11 wurden die Empfehlungen des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr von den übrigen Ausschüssen nicht angenommen, die wün­schen, die Regierungsvorlage wiederherzustellen mit der Maßgabe, daß die A b s ätze 3 und 4 in ihrer Reihenfolge verändert werden sollten. Ansonsten bleibt der Wortlaut unverändert.

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180 Bayerischer Landtag ·STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74

=>räsident Hanauer)

iei Art i k e 1 12 hat der Verfassungsausschuß den ~nderungen der Fachausschüsse zu Nr. 3 von •. b s atz 1 zugestimmt mit der Maßgabe, daß der ~tzte Satzteil eine andere Fassung erhalten soll.

i/er dem Artikel 11 und dem Artikel 12 zustimmen will, en bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Die Ge­enprobe ! - Keine Gegenstimme. Stimmenthaltun­en? - Keine. Einstimmig angenommen.

, r t i k e 1 13 - unverändert.

:u Art i k e 1 14 schlagen die Ausschüsse vor, die i/orte „und das Zubereiten von Speisen in der Nähe ·emder Wohnungen" zu streichen; ansonsten unver­ndert. Wer dem Artikel 13 und dem Artikel 14 zu­timmen will, den bitte ich um das Handzeichen. -1anke. Gegenstimmen? - Keine. Stimmenthaltun­en? - Keine.

, r t i k e 1 15 soll unverändert angenommen werden.

1 ritte r Te i 1 - Überschrift unverändert.

, r t i k e 1 16 unverändert, allerdings mit der Maß­abe, daß die vorhin vom Herrn Berichterstatter an­eregte redaktionelle Änderung erfolgt. In Artikel 16 .bsatz 4 heißt es nur „ nach Abs. 1 Nr. 1 ". Die Wörter bis 3" werden gestrichen. Es handelt sich um ein tedaktionsversehen, weil Absatz 1 überhaupt nur wei Nummern erhält und die Verweisung auf Nr. 2 berflüssig ist, weil die dort genannte Behörde mit er nach Absatz 4 Satz 2 zuständigen Behörde iden­sch ist.

~h lasse abstimmen über Artikel 15 und Ar­kel 16. Wer zustimmt, den bitte ich um das Hand­eichen. - Danke. Die Gegenprobe! - Keine Gegen­timme. Stimmenthaltungen? - Keine. Einstimmig ngenommen.

, r t i k e 1 17 - Der Verfassungsausschuß empfiehlt, 1 Absatz 2 das Wort „Enteignungsgesetzes" urch „Gesetzes über entschädigungspflichtige Ent­ignung" zu ersetzen, wiederum eine antizipierte :ntscheidung, die wir später noch bekräftigen 1üssen.

u Artikel 18 wird empfohlen, in Absatz 2 Ir. 1 die Zahl „4" durch die Zahl „3" und in Nr. 4 ie Zahl „3" durch die Zahl „4" zu ersetzen. Das ist ine notwendige Korrektur. Sonst praktisch unver­ndert.

.uch Art i k e 1 19 unverändert zur Annahme mpfohlen.

i/er den Artikeln 17 mit 19 zustimmt, den bitte ich m ein Handzeichen. - Danke. Gegenstimmen? -:eine. Stimmenthaltungen? - Keine. Einstimmig an­enommen.

, r t i k e 1 20. - Es wird empfohlen, in Absatz 1 ls Tag des lnkrafttretens den 1. April 1974 einzu­etzen. Weiter schlägt der Verfassungsausschuß vor, 1 Buchstabe a) die Einfügung einer Fundstelle vor­unehmen. In Absatz 2 wird als Tag des lnkraft­·etens der 1. November 197 4 eingesetzt. Dem Ab-

satz 2 wird ein n e u e r Satz 3 angefügt. Die An­fügung eines n e u e n A b s atz e s 3 wird empfohlen.

Wer dem Artikel 20 mit den bekanntgegebenen Än­derungen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke schön! Stimmt jemand da­gegen? - Niemand. Stimmenthaltungen? - Keine. Einstimmig angenommen.

Nach Beendigung der Einzelabstimmung habe ich noch über den A n t r a g des Sozial- und Gesund­heitspolitischen Ausschusses abstimmen zu lassen, dem der Haushaltsausschuß eine geänderte Fassung gegeben hat, die vom Verfassungsausschuß ange­nommen wurde mit der Maßgabe, daß das Wort „angemessen" vor dem Wort „berücksichtigen" ein­gefügt wird. Der Wortlaut ist aus der Diskussion bekannt.

Wer für die Annahme dieses Antrages ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke. Wer stimmt da­gegen? - Niemand. Stimmenthaltungen? - Eine Stimmenthaltung.

Ich stelle noch fest: Das G,esetz hat den Ti t e 1 :

Bayerisches Immissionsschutzgesetz (BaylmSchG)

Ich schlage dem Hohen Hause vor, die d ritte L e s u n g unmittelbar folgen zu lassen. - Wider­spruch erhebt sich nicht.

Allgemeine Aussprache. - Keine Wortmeldung. Zur Einzelberatung - ebenfalls keine Wortmeldung.

Ich rufe auf im Rahmen der A b s t i m m u n g zur dritten Lesung: Artikel 1 bis 10 -, 11 bis 19 - und Artikel 20 -.

Wir kommen zur S c h 1 u ß a b s t i m m u n g. Ich schlage vor, sie in einfacher Form durchzuführen. -Das Hohe Haus ist damit einverstanden.

Wer dem Gesetz die Zustimmung geben will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. - Danke schön! Wer stimmt dagegen? - Niemand. Wer enthält sich der Stimme? - Eine Stimmenthaltung.

(Zuruf von der CSU: Immer der Meyer! - Heiterkeit)

Damit ist das Gesetz bei einer Stimmenthaltung angenommen.

(Zuruf: Zwei Stimmenthaltungen!)

- Waren Sie auch aufgestanden? - Ich bitte um Nachsicht. Zwei Stimmenthaltungen, sonst ein­stimmig.

Das Gesetz hat den T i t e 1 :

Bayerische Immissionsschutzgesetz (BaylmSchG)

Page 43: 100. Sitzung · 2016. 3. 30. · Bayerischer Landtag · 1.Wahlperiode STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/1 00 25.09.74 100. Sitzung am Mittwoch, dem 25. September 1974, 9 Uhr, in München

Bayerischer Landtag ·STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74 5181

(Präsident Hanauer)

Meine Damen und Herren, ich überspringe jetzt aus zeittechnischen Gründen den Pu n kt 14 wegen seines Umfangs und bringe zum Aufruf die Punkte 15, 16 und 17 der Tagesordnung, die wir gestern in erster Lesung derart behandelt haben, daß wir sie nicht den Ausschüssen überwiesen haben, sondern übereingekommen sind, uns heute die Vorberatungs­ergebnisse anzuhören.

Zunächst Punkt 15: Zweite Lesung zum

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Kirchen­steuergesetzes (Drucksache 7107)

Ich bitte Herrn Kollegen Albert Meyer, über die Be­ratungen im Haushaltsausschuß (Drucksa.che 7175), Herrn Kollegen Stein über die Beratungen im Ver­fassungsausschuß (Drucksache 7185) zu berichten.

Meyer Albert (CSU), Be r i c h t e r statte r : Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Haushalts­ausschuß behandelte in seiner 121. Sitzung am 17. September 1974 den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Kirchensteuergesetzes (Drucksache 7107). Berichterstatter war ich, Mitberichterstatter Herr Kollege Dr. Helmut M e y e r.

Nach dem Bericht der beiden Berichterstatter war sich der Ausschuß darüber einig, daß das vorliegen­de Gesetz notwendig und zweckmäßig ist, um eine Benachteiligung der Kirchensteuerzahler mit Kindern nach dem Wegfall der Kinderfreibeträge bei der Ein­kommensteuer zu vermeiden.

Der Ausschuß stimmte daher dem Gesetzentwurf in unveränderter Fassung einstimmig zu. Ich bitte das Hohe Haus, diesem Votum beizutreten.

Präsident Hanauer: Herr Kollege Stein, bitte!

Stein (CSU), Be r i c h t e r statte r : Herr Präsi­dent, meine Damen und Herren! Der Ausschuß für Verfassungs-, Rechts- und Kommunalfragen emp­fiehlt dem Plenum einstimmig, dieses Gesetz ohne Änderung anzunehmen. Der vorliegende Gesetzent­wurf entlastet steuerlich Familien mit Kindern, ins­besondere kinderreiche Familien. Die Berichter­statter St e i n und La n g e n b e r g e r dankten den Kirchen für ihr Verständnis. Ich bitte um Zu­stimmung.

Präsident Hanauer: Danke. AIJgemeine Aussprache. - Keine Wortmeldung.

Ich eröffne die E i n z e 1 b e rat u n g. Ihr liegt zu­grunde die Regierungsvorlage auf D ruck s ach e 7107. Ich verweise auf die Ausschußbeschlüsse ( D ruck s ach e n 7175 und 7185). Es ist unver­änderte Annahme empfohlen.

Ich rufe auf die §§ 1 und 2. - Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke schön! Stimmt jemand dagegen? - Niemand. Stimmenthal­tungen? - Keine. Damit ist die Einzelabstimmung abgeschlossen; die einzelnen Paragraphen sind ein­stimmig angenommen.

Das Gesetz hat den T i t e 1 :

Gesetz zur Änderung des Kirchensteuergesetzes

Ich nehme an, die d r i t t e L e s u n g anschließen zu dürfen. - Allgemeine Aussprache! - Keine Wort­meldung.

Wir kommen zur Abstimmung. Ich rufe auf § 1 -, § 2 -. Keine Wortmeldungen.

Ich bitte, die S c h 1 u ß a b s t i m m u n g . in ein­facher Form durchführen zu dürfen. - Widerspruch erhebt sich nicht.

Wer dem Gesetz die ·Zustimmung geben will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. - Danke schön! Ich stelle Einstimmigkeit fest; Widerspruch dagegen erhebt sich nicht.

Das Gesetz hat den T i t e 1 :

Gesetz zur Änderung des Kirchensteuergesetzes

Ich rufe die Punkte 16 und 17 aus Zweckmäßig­keitsgründen gleich miteinander auf und bitte die Berichterstatter, zu beiden Punkten zusammen­fassend Bericht zu erstatten.

Z w e i t e L e s u n g zum

Vertrag zwischen dem HI. Stuhl und dem Freistaat Bayern zur Änderung und Ergänzung des Bayeri­schen Konkordats vom 29. März 1924, geändert durch den Vertrag vom 7. Oktober 1968 {Druck-sache 7108) und ·

z w e i t e L e s u n g zum

Vertrag zwischen dem Freistaat Bayern und der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern zur Än­derung des Vertrags zwischen dem Bayerischen Staate und der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern vom 15. November 1924 {Drucksache 7109)

Es berichten über die Beratungen des Kulturpoliti­schen Ausschusses (Drucksachen 7179 und 7180) Herr Kollege Dr. Keßler, die des Rechtsausschusses (Drucksachen 7227, 7228) Herr Kollege Dr. Hund­hammer und die des Haushaltsausschusses (Druck­sachen 7231, 7232) Herr Kollege Meyer.

Dr. Keßler (CSU), B e r i c h t e r s t a t t e r : Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Ausschuß für kulturpolitische Fragen behandelte am 17. September 1974 den Vertrag zwischen dem HI. Stuhl und dem Freistaat Bayern sowie den Vertrag zwischen der Evangelisch-Lutherischen Landeskir­che und dem Freistaat Bayern. Mitberichterstatter war Herr Kollege Dr. B ö d d r i c h.

Als Be r i c h t e r statte r wies ich auf die Gründe hin, die eine Änderung der Kirchenverträge notwen­dig machen: einmal die Neuordnung der Lehrerbil­dung zum 1. Oktober 1977, dann die Eingliederung der Pädagogischen Hochschulen in die Universitä-

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82 Bayerischer Landtag · STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74

1r. Keßler [CSU])

n, die Errichtung der Universitäten Bayreuth und lSsau, der Gesamthochschule B am b e r g und ir kirchlichen Gesamthochschule E i c h stät t. esen neuen Gegebenheiten sollen jetzt die Kir-1enverträge angeglichen werden.

1 weiteren Verlauf erläuterte ich die wesentlichen mkte der Konkordatsänderung und der Änderung is Vertrages mit der Evangelischen Kirche.

e Art i k e 1 3 und 4 der Änderungen des Kon-1rdats enthalten Bestimmungen über das an den )Chschulen verwendete Personal und das Lehran­ibot an den Hochschulen. A r t i k e 1 5 des Kon-1rdats schützt in seiner Neufassung den Bestand 1d die Rechte der kirchlichen Gesamthochschule chstätt nach Inkrafttreten der neuen Lehrerbil­mg.

:imit seien die Voraussetzungen für den weiteren Jsbau dieser Gesamthochschule gegeben.

e A r t i k e 1 6 und 7 befaßten sich mit den :hulen im allgemeinen, mit dem katholischen Re-1ionsunterricht an den Schulen und der Förderung ivater Schulen.

:ich kurzer Debatte, bei der vor allem Kollege Dr. ö d d r i c h die Frage nach den finanziellen Aus­rkungen der Konkordatsänderung stellte, fanden e beiden Entwürfe die einstimmige Zustimmung is Ausschusses für kulturpolitische Fragen.

h bitte das Hohe Haus, diesen Beschlüssen bei­treten.

äsident Hanauer: Herr Kollege Dr. Hundhammer!

·. Hundhammer (CSU), B e r i c h t e r statte r : Hr Präsident, meine Damen und Herren! Der Aus­huß für Verfassungs-, Rechts- und Kommunalfra­!n hat sich in seiner 138. Sitzung vom 19. Septem­!r 1974 mit dem Vertrag vom 4. September 1974 r Änderung und Ergänzung des Bayerischen Kon-1rdats mit Schlußprotokoll, das Bestandteil des Ver­iges ist, und mit dem Vertrag vom 12. September 74 zur Änderung und Ergänzung des Vertrages 1ischen dem Bayerischen Staate und der Evange­ch-Lutherischen Kirche in Bayern einschließlich ~s geführten Notenwechsels befaßt.

e Gründe für die notwendigen Änderungen wur­!n bereits vom Herrn Berichterstatter des Kultur-1litischen Ausschusses vorgetragen.

e Verträge bedürfen der Zustimmung des Bayeri­hen Landtags nach Artikel 72 Absatz 2 der Bayeri­hen Verfassung. Der Rechts- und Verfassungsaus­huß hält die Verträge einschließlich des Schluß­otokolls und des Notenwechsels für im Einklang t den Bestimmungen der Bayerischen Verfassung.

nsichtlich des Zeitpunkts des lnkrafttretens ist zu gen, daß die Verträge grundsätzlich mit dem Aus­Jsch der Ratifikationsurkunden in Kraft treten, mit 1er wesentlichen Ausnahme hinsichtlich der Be-

stimmungen, die sich auf die Neuordnung der Leh­rerbildung beziehen; hierfür soll der Tag des lnkraft­tretens der 1. Oktober 1977 sein.

Der Rechts- und Verfassungsausschuß empfiehlt ein­stimmig die Zustimmung zu den Verträgen ein­schließlich des Sehfußprotokolls zum Vertrag über das Konkordat und des Notenwechsels mit der Evangelisch-Lutherischen Kirche.

Präsident Hanauer: Herr Kollege Albert Meyer!

Meyer Albert (CSU), Be r i c h t e r statte r : Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Haushalts­ausschuß behandelte in seiner 113. Sitzung am 24. Sep­tember 1974 den Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Freistaat Bayern zur Änderung und Er­gänzung des Bayerischen Konkordats vom 29. März 1924 und den Vertrag zwischen dem Freistaat Bay­ern und der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern zur Änderung des Vertrags zwischen dem Bayerischen Staate und der Evangelisch-Lutheri­schen Kirche in Bayern vom 15. November 1924. Berichterstatter war ich, Mitberichterstatter der Herr Kollege Dr. Helmut Meyer.

Als B e r i c h t e r statte r wies ich darauf hin, daß beide Änderungsverträge inhaltlich parallel laufen und durch die Neuordnung der Lehrerbildung sowie durch die Neuerrichtung von Universitäten und Hochschulen in Bayern veranlaßt sind. Außerdem sei bei dieser Gelegenheit eine Revision der Verträge in einigen Punkten vorgenommen worden.

Der M i t b e r i c h t e r statte r hielt die durch die Vertragsänderung entstehenden Mehrausgaben, die durch den Reg i e r u n g s v e r t r et e r eingehend erläutert wurden, für vertretbar, wandte sich jedoch gegen die in der Note des Bayerischen Minister­präsidenten vom 4. September 1974 zum Änderungs­vertrag mit der Katholischen Kirche enthaltene Fest­stellung zu Artikel 5, § 1 und 2.

Der Kollege W a c h t e r erklärte, daß er aus rein ·finanziellen Gründen dem Vertrag mit der Katholi­schen Kirche nicht zustimmen könne.

Im Ergebnis hat der Ausschuß dem Vertrag mit der Katholischen Kirche gegen 2 Stimmen bei mehreren Stimmenthaltungen mehrheitlich zugestimmt; der No-

. tenwechsel hierzu wurde gegen 3 Stimmen bei 3 Stimmenthaltungen mehrheitlich zustimmend zur Kenntnis genommen. Dem Vertrag mit der Evangeli­schen Kirche wurde gegen 2 Stimmen bei 2 Stimm­enthaltungen zugestimmt. Der Notenwechsel zwischen dem Landesbischof und dem Bayerischen Minister­präsidenten wurde gegen 2 Stimmen bei 1 Stimment­haltung zustimmend zur Kenntnis genommen. Ich bitte das Hohe Haus, diesem Votum beizutreten.

Präsident Hanauer: Ich danke.

f\lach der zusammengefaßten Berichterstattung schlage ich vor, auch für die Beratung und die Ab­stimmung beide Tagesordnungspunkte zusammen­zuziehen. - Widerspruch erhebt sich nicht.

Ich eröffne die allgemeine Aussprache darüber. -Dazu keine Wortmeldung.

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Bayerischer Landtag ·STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74 5183

(Präsident Hanauer)

Wir kommen zur. Abstimmung in der zwei­te n L es u n g. Nach ständiger Übung kann ich nur über den gesamten Vertrag abstimmen lassen. -Damit besteht Einverständnis.

Wer den beiden Verträgen, dem Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Freistaat Bayern zur Änderung und Ergänzung des Bayerischen Konkor­dats vom 29. März 1924 und dem Vertrag zwischen dem Freistaat Bayern und der Evangelisch-Lutheri­schen Kirche in Bayern zur Änderung des Vertrages zwischen dem Bayerischen Staate und der Evange­lisch-Lutherischen Kirche in Bayern vom 15. Novem­ber 1924 zustimmen will, den bitte ich um das Hand­zeichen. - Danke schön! Wer stimmt dagegen? -Niemand. Stimmenthaltungen? - Keine. Damit sind die Verträge einstimmig angenommen.

Ich darf mit Ihrem Einverständnis die d ritte L e -s u n g anschließen. - Widerspruch erhebt sich nicht. Allgemeine Aussprache - Keine Wortmeldung.

Wir kommen zur Abs t i m m u n g über beide Ver­träge in der dritten Lesung.

Wir kommen zur Sc h 1 u ß ab s t i m m u n g. Ich schlage Ihnen die einfache Form vor. - Widerspruch dagegen erhebt sich nicht.

Wer den beiden Verträgen, dem Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Freistaat Bayern zur Änderung und Ergänzung des Bayerischen Konkor­dats vom 29. März 1924 und dem Vertrag zwischen dem Freistaat Bayern und der Evangelisch-Luthe­rischen Kirche in Bayern zur Änderung des Ver­trages zwischen dem Bayerischen Staate und der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern vom 15. November 1924 zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke schön! Darf ich fragen: Stimmt jemand dagegen? - Stimmenthaltungen? -Keine. Damit ist in beiden Lesungen einstimmig die Zustimmung zu den beiden Verträgen erteilt.

Ich darf Punkt 18 aufrufen: Zweite Lesung zum

Abkommen zur Änderung des Abkommens über die Errichtung und Finanzierung des Instituts für medi­zinische Prüfungsfragen (Drucksache 6874)

Den Bericht über die Verhandlungen des Aus­schusses für Verfassungs-, Rechts- und Kommunal­fragen (Drucksache 7117) erstattet Herr Kollege Dr. Hundhammer.

Dr. Hundhammer (CSU), Be r i c h t erstatte r: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Rechts- und Verfassungsausschuß behandelte in seiner 134. Sitzung am 10. September 1974 das Ab­kommen zur Änderung des Abkommens über die Errichtung und Finanzierung des Instituts für medi­zinische Prüfungsfragen. Mitberichterstatter war Herr Kollege Wirth.

Dem zu ändernden Abkommen hat der Bayerische Landtag am 30. März 1971 zugestimmt. Zweck des Instituts ist die Erarbeitung und einheitliche Hand­habung medizinischer Prüfungsfragen im ganzen Bundesgebiet.

Nun soll mit Hilfe des vorliegenden Änderungsab­kommens das pharmazeutische Prüfungswesen ein­bezogen und außerdem die Grundlage für eine spä­tere Einbeziehung des zahnärztlichen Ausbildungs­wesens geschaffen werden.

Das Änderungsabkommen bedarf der Zustimmung des Bayerischen Landtags gemäß Artikel 72 Absatz 2 der Bayerischen Verfassung.

Wegen des Sachzusammenhangs dieser Prüfungs­fächer bestehen weder sachliche noch verfassungs­rechtliche Bedenken. Der Rechts- und Verfassungs­ausschuß schlägt deshalb einstimmig dem Landtag die Zustimmung zu diesem Abkommen vor.

Präsident Hanauer: Danke schön! Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Dazu keine Wort­meldungen.

Der Verfassungsausschuß hat dem Abkommen zu­gestimmt gemäß Drucksache 7117. Der Re­gierungsentwurf liegt Ihnen als D ruck s ach e 6874 vor.

Ich schlage auch in diesem Falle wieder vor, eine G es a m t a b s t i m m u n g durchzuführen, wie bei Verträgen üblich.

Wer dem Abkommen zur Änderung des Abkommens über die Errichtung und Finanzierung des Instituts für medizinische Prüfungsfragen die Zustimmung ge­ben will, den bitte ich um das Handzeichen. -Danke! Stimmt jemand dagegen? Niemand. Stimmenthaltungen? - Keine. Das Abkommen ist einstimmig angenommen.

Die d r i t t e L es u n g folgt unmittelbar. - Wider­spruch erhebt sich nicht. Allgemeine Aussprache. -Keine Wortmeldung.

Abs t i m m u n g in der dritten Lesung. Es liegt ihr wieder der gesamte Vertrag zugrunde. -

Wir kommen zur S c h 1 u ß ab s t i m m u n g. Ich darf sie in einfacher Form durchführen. - Wer dem Abkommen zur Änderung des Abkommens über die Errichtung und Finanzierung des Instituts für medi­zinische Prüfungsfragen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke schön! Gegen­stimmen? - Keine. Stimmenthaltungen? - Keine. Der Vertrag ist einstimmig angenommen.

Die Verschiebung des Punktes 19 auf morgen hat Herr Kollege Wachte r, der heute nicht da ist, erbeten.

Den übersprungenen Pu n kt 14 möchte ich seiner Länge wegen, vormittags nicht mehr aufrufen.

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84 Bayerischer Landtag ·STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09: 74

räsident Hanauer)

h unterbreche daher jetzt die Sitzung und bitte e Mitglieder des Präsidiums, an die Sitzung um

Uhr erinnern zu dürfen. Wir finden uns wieder 1sammen um 15 Uhr.

(Unterbrechung der Sitzung: 12 Uhr 29 Minuten)

iederaufnahme der Sitzung: 15 Uhr 2 Minuten

·äsident Hanauer: Meine Damen und Herren! Die tzung wird wieder aufgenommen. Die Liste der für !Ute Nachmittag. entschuldigten Kollegen wird zu ·otokoll gegeben.*)

; freut mich - ich darf das allerdings mit etwas irspätung feststellen -, daß unser Kollege Leicht eder gesund in unserer Mitte weilt

(Allseitiger Beifall)

1d die Folgen des Unfalls bei ihrri behoben sind.

unkt 14 der Tagesordnung Zweite Lesung m

1twurf eines Bayerisches Enteignungsgesetzes ;ayEG) - Drucksache 5505

1m Bericht des Ausschusses für Ernährung und mdwirtschaft (Drucksache 6957) Herr Kollege Asen­!Ck!

;enbeck (CSU), B e r i c h t e r s t a t t e r : Herr ·äsident, meine Damen und Herren! Der Ausschuß r Ernährung und Landwirtschaft befaßte sich in iner 66. Sitzung am Dienstag, dem 18. Juni 1974, seiner 67. Sitzung· am Mittwoch, dem 19. Juni 1974,

1d in seiner 69. Sitzung am Mittwoch, dem 3. Juli 74, mit dem Gesetzentwurf zu einem Bayerischen iteignungsgesetz. Mitberichterstatter war der Herr >liege von Truchseß, Berichterstatter war ich !bst.

h machte in der Berichterstattung darauf aufmerk­m, daß Besitz von Grund und Boden für die Land­rtschaft zugleich Erhaltung der Produktionsgrund­~e bedeutet, daß der Grundbesitz der öffentlichen md in den letzten Jahrzehnten wesentlich zugenom­:in und der Grundbesitz der Landwirte wesentlich 1genommen habe. Ich erklärte weiter, ein Enteig­mgsrecht sei auch ein Bekenntnis für und nicht !gen das Privateigentum; das Privateigentum dürfe 1er nicht schrankenlos sein, wenn nicht die Erfüllung fentlicher Aufgaben unmöglich werden solle. Dabei !rücksichtige der vorliegende Entwurf den hohen !Sellschaftspolitischen Stellenwert des Privateigen­ms. Die Enteignung dürfe nur letztes Mittel zur Er-

Nach Artikel 4 Absatz 2 des Aufwandsentschädigungsge­tzes sind entschuldigt bzw. beurlaubt die Abgeordneten: :enhöfer, Bachmann, Dr. Blasy, Dr. Eberhard, Gassner, . Guhr, Jaud, Rau, Frau Rothgang-Rieger, Rupp, Schneider lli, Schwabl, Stechele und (ab 18.45 Uhr) Frau lijestphal.

füllung öffentlicher Aufgaben zum Wohl der Allge­meinheit sein. Damit werde das Eigentum als Siche­rung des Freiheitsraums des einzelnen und als unver­zichtbare Grundlage unserer Rechts- und Gesell­schaftsordnung anerkannt. Gleichwertig oder sogar noch höherwertig, so erklärte ich, müssen neben die Enteignung die Entschädigung treten. In der Baye­rischen Verfassung seien ja Entschädigung und Ent­eignung gleichwertig verankert. Deshalb würde mir als Überschrift - so zunächst im Landwirtschaftsaus­schuß - besser gefallen: Gesetz über die entschädi­gungspflichtige Enteignung aus Gründen des Wohles der Allgemeinheit. Dieses Gesetz solle nicht Rechts­unsicherheit, sondern Rechtssicherheit für den Bürger

. vermitteln, und die Entschädigung solle großzügig geregelt werden; und dieser Ausschuß, nämlich der Landwirtschaftsausschuß, sollte auch die berechtigten Wünsche der Landwirtschaft mit in die Beratung ein­fließen lassen.

Als Mitberichterstatter erklärte und bedauerte der Herr Kollege von T r u c h s e ß , daß dieses eine doch reichlich komplizierte und eine zersplitterte Materie beinhaltende Gesetz. erst jetzt in der sich dem Ende zuneigenden Legislaturperiode in den Landtag komme und zwar ohne die dazu gehören­den Eingaben -, obwohl die Staatsregierung seit der Verzichterklärung der Bundesregierung acht Jahre Zeit gehabt habe. Er meinte, bezüglich des Enteignungsverahrens sollte dieser Ausschuß dem Rechts- und Verfassungsausschuß nicht vorgreifen. Zu einem Enteignungskatalog - eine Generalklausel enthält auch die Verfassung - meinte Kollege von Truchseß, im wesentlichen werde dieses Gesetz ein Verfahrensgesetz sein müssen. Wenn auch Gerichte hin und wieder aufgrund der Generalklausel Ent­eignungen bejaht hätten, so schaffe doch die neue Ziffer 5 des Katalogs Rechtssicherheit; ferner würden die Gemeinden bei der Neuansiedlung von Betrieben in die Lage versetzt, Enteignungen dort vorzuneh­men, wo die Landbeschaffung freihändig nicht mög­lich sei.

Wie bereits erklärt, befaßte sich der Landwirtschafts­ausschuß insgesamt in drei Sitzungen und damit sehr eingehend mit diesem Gesetzentwurf.

Ich schlug während der Beratung dem Ausschuß vor, dieses Gesetz - da Entschädigung und Enteignung gleichwertig seien - umzubenennen in Bayerisches Gesetz über die entschädigungspflichtige Enteig­nung. Dafür fand sich eine Mehrheit; die Opposition war der Meinung, daß man den kürzeren Namen be­halten sollte. Aber, wie gesagt, dieses Gesetz wurde dann umbenannt in Bayerisches Gesetz über die entschädigungspflichtige Enteignung.

Es gab im Landwirtschaftsausschuß eine größere Menge an Abänderungen. Es wurde sehr eingehend diskutiert; beinahe alle Kollegen des Ausschusses beteiligten sich an den Beratungen. Der Bericht des Landwirtschaftsausschusses über die Beratungen dieses Ausschusses liegt Ihnen in der Drucksache 6957 vor. Die Beratungen selbst sind in den Proto­kollen niedergelegt, so daß ich meine, hier auf eine

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Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74 5185

(Asenbeck [CSU])

umfassende Berichterstattung, Herr Präsident, ver­zichten zu dürfen.

(Allseitiger Beifall)

Präsident Hanauer: Das Hohe Haus und der Präsi­dent danken!

(Heiterkeit und Beifall)

Asenbeck (CSU), Be r i c h t e r statte r : Ich darf zum Schluß nur darauf aufmerksam machen, daß bei der Schiußabstimmung im Ausschuß für Ernährung und Landwirtschaft

(Heitere Zurufe von der SPD: Und Forsten!)

- nicht Forsten! Ausschuß für Ernährung und Land­wirtschaft, Herr Kollege Kuhbandner! - das Gesetz mit einer Mehrheit von 8 Stimmen bei einer Gegen­stimme und bei 6 Stimmenthaltungen angenommen und empfohlen wurde. Ich darf die Annahme auch Ihnen empfehlen.

Präsident Hanauer: Danke! Über die Beratungen des Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Kommu­nalfragen (Drucksache 7229) berichtet Herr Kollege Lang.

Lang (CSU), Be r i c h t erstatte r : Herr Präsi­dent, meine Damen und Herren! Der Rechts- und Verfassungsausschuß hat in mehrtägigen Sitzungen das zur Verabschiedung anstehende Bayerische Ge­setz über die entschädigungspflichtige Enteignung beraten. Grundlage der Beratungen waren die Re­gierungsvorlage vom 4. Dezember 1973 ·_ Drucksache 7/5505, Drucksache 6957 - die Beschlüsse des Land­wirtschaftsausschusses vom 3. Juli 1974 - Drucksache 6957 -, und zahlreiche Eingaben verschiedener Kör­perschaften und Verbände.

Bei der allgemeinen Aussprache, bei der auch Innen­minister Dr. Bruno Merk die Grundzüge des Ge­setzentwurfes herausstellte, wurde durch die Spre­cher aller Fraktionen die Neufassung eines Baye­rischen Landesgesetzes, in dem die Vorschriften, über das Verfahren bei Enteignungseingriffen und die sich daraus ergebenden Entschädigungsleistun­gen vereinheitlicht enthalten sind, grundsätzlich be­grüßt. Es erschien allen Beteiligten nicht mehr län­ger vertretbar, die Rechtsgrundlage für das Enteig­nungsverfahren in Bayern in veralteten Gesetzen wie dem Zwangsabtretungsgesetz vom 17. November 1837, dem Ausführungsgesetz zur ZPO und KO in der Fassung vom 26. Juni 1899 und dem Gesetz über die Enteignung aus Gründen des Gemeinwohls vom 1. August 1933 zu belassen.

Bei den Beratungen wurde über die wesentlichen Fragen Einigung erzielt. Dies war unter anderem darauf zurückzuführen, daß die Staatsregierung nach dem ursprünglichen Entwurf vom 23. Mai 1973 die Senatsanregungen berücksichtigt und einen neuen Gesetzentwurf vorgelegt, der Landwirtschaftsaus­schuß verschiedene Bedenken gegen die Regie-

rungsvorlage ausgeräumt hat, und daß schließlich der vorliegende Entwurf in einer Zielsetzung konse­quent darauf abgestellt ist, in Anpassung an das Bundesbaugesetz, das Städtebauförderungsgesetz, die inhaltlich fortgeschrittenen Rechtsanschauungen und die Rechtsprechung ein einheitliches, einfaches und zeitgerechtes Gesetz Rechnung zu schaffen, das einerseits wirksame Mittel zur Verwirklichung öffentlicher Aufgaben und dadurch bedingter not­wendiger Enteignungen bietet und andererseits die rechtsstaatliche Sicherung des Privateigentums an Grund und Boden wahrt.

Bei der Einzelberatung gab es zu verschiedenen Rechtsfragen unterschiedliche Auffassungen zwi­schen der CSU und der SPD, die jedoch ausdisku­tiert und im wesentlichen bereinigt werden konnten.

Das Anliegen des Mitberichterstatters, des Herrn Kol­legen G ü t h 1 e i n , die Abgrenzung zwischen der Sozialbindung und der entschädigungspflichtigen Enteignung von Grund und Boden im Gesetz zu ver­ankern, wurde durch eine Ergänzung in Artikel 1 Absatz 3 berücksichtigt.

Eine weitergehende Begriffsdefinition erschien in diesem Verfahrensgesetz nicht zweckdienlich, weil sich die entschädigungslose Sozialpflichtigkeit des Eigentums und die entschädigungspflichtige Enteig­nung aus den jeweiligen Spezialgesetzen ergibt.

Die Entscheidungen des Landwirtschaftsausschus­ses wurden im wesentlichen übernommen. Abwei­chend davon wurden die Entscheidungen getroffen, wie sie nunmehr im Beschluß des Rechts- und Ver­fassungsausschusses vom 17. September 1974 auf Drucksache 7229 enthalten sind.

Bei diesen Abweichungen ließen wir uns davon lei­ten, daß einerseits die Verfahren beschleunigt wer­den und Veränderungen nicht zu Lasten der Gemein­schaft gehen, andererseits die Belange der betroffe­nen Eigentümer und Berechtigten noch stärker ge­wahrt bleiben, so zum Beispiel durch Einfügung einer Bestimmung über die notarielle Beurkundung bei Einigung über Grungdstücksübertragungen, die Erstattung der notwendigen Kosten und Auslagen für die Rechtsvertretung in Enteignungssachen sowie die stärkere Berücksichtigung der Belange der Fi­schereiberechtigten, die ihr Fischrecht an einem Ge­wässer verlieren, wenn ein Stausee angelegt wird.

Die Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Überschrift des Gesetzes wurden nicht ausgeräumt. Die Mehrheit des Ausschusses billigte die Formu­lierung des Landwirtschaftsausschusses. Es sollte deutlich gemacht werden, daß sich dieses Gesetz ausschließlich auf das Verfahren über die entschä­digungspflichtigen Enteignungseingriffe bezieht und nicht auf die entschädigungslose Sozialverpflichtung des Eigentums.

Die umfangreichen Ergänzungen des Gesetzentwur­fes, wie .sie nunmehr aus dem Beschluß des Rechts­und Verfassungsausschusses vom 17. September 1974 ersichtlich sind, sind in der Hauptsache im Hinblick auf die vielen notwendigen Gesetzesglei-

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5186 Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74

(Lang [CSU])

chungen erforderlich gewesen. In einer Reihe von Gesetzen sind Rechtsgrundlagen für Enteignungsein­griffe enthalten. Das neue Gesetz bedingt die Ge­setzesangleichungen.

Bestanden über einige Rechts- und Fachfragen un­terschiedliche Meinungen, so wurde dennoch über­wiegend Einigung erzielt. Die CSU- und die FDP­Fraktion haben dem vorliegenden Gesetz zuge­stimmt. Herr Kollege Güthlein hat die Zustimmung seiner Fraktion von einer nochmaligen Beratung seiner Fraktion abhängig gemacht.

Ich bitte, diesem notwendigen Gesetz zuzustimmen, wobei ich gemäß den Abschlußerklärungen in unse­rem Ausschuß nicht versäumen möchte, allen be­teiligten Kollegen, insbesondere dem Mitberichter­statter, Herrn Kollegen Güthlein und den zuständigen Minsterialbeamten für die eingehende Vorberatung und die sachlichen Beiträge zu danken.

(Beifall bei der CSU)

Präsident Hanauer: Ich danke für die Berichterstat­tung. A 11 gemeine Aussprache. - Keine Wortmeldungen. Dann darf ich sie schließen und in die Ei n z e 1 b e rat u n g eintreten.

Der A b s t i m m u n g zugrunde liegen die Regie­rungsvorlage auf Drucksache 5505 sowie die Aus­schußbeschlüsse auf Drucksache 6957 und 7229.

Die Ausschüsse schlagen vor, dem Ti t e 1 des Ge­setzes folgende Fassung zu geben: „Bayerisches Gesetz über die entschädigungspflichtige Enteig­nung". Ich darf dazu bemerken, daß wir eine zwei­malige Vorentscheidung schon bei anderen Geset­zen getroffen haben, die dort, falls die Zustimmung nicht erteilt wird, wieder korrigiert werden müßte.

Darf ich abstimmen lassen. Wer für die Änderung der Überschrift des Gesetzes ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Stimmt jemand dagegen? -Niemand. Stimmenthaltungen? - Einige wenige Stimmenthaltungen in den Reihen der SPD.

Te i 1 1. - Überschrift unverändert.

A r t i k e 1 1. - Die Ausschüsse empfehlen, die Zif­fern 5 und 6 zu streichen und aus den Ziffern 7 und 8 dann 5 und 6 zu machen. Außerdem schlägt der Verfassungsausschuß vor, einen neuen Absatz 3 anzufügen.

Der A r t i k e 1 2 ist zur unveränderten Annahme empfohlen.

Im A r t i k e 1 3 empfehlen die Ausschüsse, in Ab­satz 1 nach den Worten „zumutbare Weise" die Worte „insbesondere aus Grundbesitz des Antrag­stellers" einzufügen.

Wer den Artikeln 1 mit 3 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke schön! Die Gegen­stimmen! - Keine. Stimmenthaltungen? - Keine. Ein­stimmig angenommen.

Die A r t i k e 1 4, 5 und 6 werden zur unveränderten Annahme empfohlen. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Die Gegenprobe! 8 Stimmenthaltungen? - Keine. Einstimmig ange­nommen.

Art i k e 1 7. - Der Landwirtschaftsausschuß schlägt vor, dem Absatz 2 eine geänderte Fassung zu ge­ben. Der Verfassungsauss.chuß hat zugestimmt mit der Maßgabe, daß in der drittletzten Zeile das Wort „ unzumutbare" gestrichen wird.

Te i 1 II. - Unveränderte Überschrift. Abschnitt 1 und Überschrift unverändert.

A r t i k e 1 8. - Der Verfassungsausschuß schlägt vor, in Absatz 3 Satz 1 vor den Worten „zu berück­sichtigen" das Wort „mindernd" einzufügen.

Beim A r t i k e 1 9 ist unveränderte Annahme emp­fohlen.

Wer den Artikeln 7 bis 9 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Die Gegenprobe! - Keine Gegenstimmen. - Stimmenthaltungen? -Keine. Einstimmig angenommen.

Art i k e 1 10. - Hier hat einigen Vorschlägen des Landwirtschaftsausschusses der Verfassungsaus­schuß widersprochen und in Absatz 2 die Wieder­herstellung der Regierungsvorlage verlangt. Zuge­stimmt hat er nur einer Änderung im Absatz 3. Dort soll Nr. 1 eine geänderte Fassung erhalten. DieÄnde­rung für Nr. 2 in Absatz 2 wurde ebenfalls abgelehnt. Artikel 10 kommt daher zur Abstimmung nur mit der einen Änderung in Ziffer 1 von Absatz 3. Wer zustim­men will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Die Gegenprobe. - Keine Gegenstimmen. Stimment­haltungen? - Keine. Einstimmig angenommen.

Die Art i k e 1 11 und 12 sind in unveränderter Form zur Annahme empfohlen.

Art i k e 1 13. - Die Ausschüsse schlagen vor, in Absatz 2 die Worte „mit fünf vom Hundert" durch die Worte „mit zwei vom Hundert über dem Dis­kontsatz der Deutschen Bundesbank" zu ersetzen. Wer den Artikeln 11, 12 und 13 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Gegenstim­men? - Keine. Stimmenthaltungen? - Keine. Einstim­mig angenommen.

A r t i k e 1 14. - Der Einleitungssatz von Absatz 1 soll eine geänderte Fassung erhalten, sonst unverändert, ebenso A r t i k e 1 15.

Abs c h n i t t II. - Überschrift unverändert.

Art i k e 1 16. - Hier empfehlen die Ausschüsse, im Absatz 2 Ziffer 4 die Zahl 15 durch 20 zu ersetzen.

Ich lasse abstimmen über die Art i k e 1 14 mit 17, der ebenfalls zur unveränderten Annahme empfohlen ist. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Hand­zeichen. - Danke. Gegenstimmen? - Keine Stimm­enthaltungen? - Keine. Einstimmig angenommen.

Abschnitt 3. - Unveränderte Überschrift.

Art i k e 1 18. - Die Ausschüsse schlagen vor, dem ersten Halbsatz von Absatz 1 eine geänderte Fas­sung zu geben, sonst unverändert.

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Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74 5187

(Präsident Hanauer)

Teil III. - Überschrift unverändert, ebenso bei Ab­schnitt 1.

Die Art i k e 1 19, 20, 21, 22 und 23 werden zur un­veränderten Annahme empfohlen. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Ge­genstimmen? - Keine. Stimmenthaltungen? ~ Keine. Einstimmig angenommen.

A r t i k e 1 24. - Die Ausschüsse empfehlen, in Ab­satz 4 nach Satz 1 einen Satz einzufügen. Der bis­herige Satz 2 wird dadurch Satz 3.

A r t i k e 1 25. - In Absatz 2 Satz 1 werden die Worte „zwei Wochen" durch „eines Monats" ersetzt.

Zu A r t i k e 1 26 empfiehlt der Verfassungsaus­schuß, in Absatz 3 nach Satz 2 den Punkt durch einen Strichpunkt zu ersetzen und mit den Worten „die Gemeinde" klein fortzufahren. Ansonsten ist auch dieser Artikel unverändert; ebenso Art i k e 1 27 und 28.

Ich lasse einschließlich Artikel 28 abstimmen. Wer einverstanden ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Die Gegenprobe! - Keine Gegenstimmen. Stimmenthaltungen? - Keine.

A r t i k e 1 29. Hier wird empfohlen, Absatz 3 in ge­änderter Fassung anzunehmen. Sonst unverändert.

Bei A r t i k e 1 30 empfehlen die Ausschüsse, in Ab­satz 4 dem Satz 2 eine geänderte Fassung zu geben. Unverändert sollen die Art i k e 1 31 mit 35 bleiben. Wer dieser Artikelfolge einschließlich Artikel 35 zu­stimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Die Gegenprobe! - Keine Gegenstimmen. Stimment­haltungen? - Keine. Einstimmig angenommen.

A r t i k e 1 36. Die Ausschüsse schlagen vor, in Ab­satz 3 Nr. 3 das Wort „Verwaltungsgericht" durch „Verteilungsgericht" zu ersetzen; sonst unverändert. Ebenso A r t i k e 1 37 und 38. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke schön! Die Gegenprobe! - Keine Gegenstimmen. Stimment­haltungen? - Keine.

Abschnitt 2. - Unveränderte Überschrift.

A r t i k e 1 39. Die Ausschüsse schlagen vor, in Ab­satz 1 Satz 1 Zeile 5 nach dem Wort „Beschluß" die Worte „nach mündlicher Verhandlung" einzufügen. Der Satz 2 soll gestrichen werden. In Absatz 5 Satz 2 sollen nach .dem Wort „Frist" die Worte „,jedoch spätestens nach sechs Monaten," eingefügt werden; sonst unverändert.

Abschnitt 3. - Überschrift unverändert.

A r t i k e 1 40. Die Ausschüsse schlagen vor, in Ab­satz 3 Satz 2 Zeile 5 das Wort „zwei" durch „vier" zu ersetzen und in Satz 4 Zeile 10 die Worte „von zwei Wochen nach Ablauf" zu streichen. Alle üb­rigen Bestimmungen bleiben unverändert; ebenso wie auch A r t i k e 1 41, die Überschrift von Ab­schnitt 4 und A r t i k e 1 42 unverändert zur An­nahme empfohlen werden.

Ich lasse einschließlich Artikel 42 abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. -Danke. Stimmt jemand dagegen? - Niemand. Stimm­enthaltungen? - Keine.

A r t i k e 1 43. Hier schlagen die Ausschüsse vor, Absatz 3 zu streichen, womit die Absätze 4 und 5 zu 3 und 4 aufrücken.

Abschnitt 5. - Überschrift unverändert.

A r t i k e 1 44. Der Empfehlung des Landwirtschafts­ausschusses, in Absatz 2 den Satz 2 zu streichen, hat sich der Verfassungsausschuß widersetzt; er schlägt Wiederherstellung der Regierungsvorlage vor. Deshalb unverändert zur Annahme empfohlen; ebenso A r t i k e 1 45.

Ich lasse über Artikel 43 mit 45 abstimmen. Wer zu­stimmen will, den bitte ich um ein Randzeichen. -Danke. Wer stimmt dagegen? - Niemand. Stimm­enthaltung? - Keine. Einstimmig angenommen.

Art i k e 1 46. Der Verfassungsausschuß empfiehlt, vor dem Wort „sinngemäß" einzufügen: „mit Aus-· nahme der Bestimmungen über die notarielle Beur­kundung".

Te i 1 IV. - Überschrift unverändert.

A r t i k e 1 47, 48 und 49 zur unveränderten Annahme empfohlen.

Art i k e 1 50. Hier schlägt der Ausschuß vor, in der ersten Zeile die Worte „bis zu 1000 DM" zu streichen. Der A r t i k e 1 51 wird zur unveränderten Annahme empfohlen.

Abstimmung einschließlich Artikel 51. Wer zustim­men will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Stimmt jemand dagegen? - Niemand. Stimmenthal­tungen? - Keine.

Ich rufe auf den A r t i k e 1 52, der nach dem Vor­schlag des Verfassungsausschusses eine geänderte Fassung erhalten soll und in umfangreicher Form die Änderung von Gesetzen vorsieht. Ich stelle diesen Artikel 52 in seinen insgesamt 18 Absätzen - es sind 11 Seiten - zur Abstimmung. Wer dem Artikel 52 die Zustimmung geben will, den bitte ich um ein Hand­zeichen. - Danke. Gegenprobe! - Keine Gegenstim­men. Stimmenthaltungen? - Keine. Einstimmig ange­nommen.

Der Verfassungsausschuß schlägt vor, einen neuen Art i k e 1 53 - „Ermächtigung zu Neubekanntma­chungen" - einzufügen. Wer diese Ermächtigung aussprechen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke schön! - Gegenstimmen? - Keine Stimment­haltungen? - Keine. Ebenfalls einstimmig.

Dadurch wird der bisherige Artikel 53 zu Art i k e 1 54. Der Verfassungsausschuß schlägt eine geänderte Fassung vor. Die Einleitung zu Absatz 2 soll lauten: „Am 1. März 1975 treten außer Kraft". Der letzte Halbsatz von Nr. 1 erhält folgenden Wortlaut: „zu­letzt geändert durch Gesetz vom 27. Juli 1973 (GVBI s. 437),".

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5188 Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74

(Präsident Hanauer) P u n kt 21:

Ich lasse abstimmen über den neuen Artikel 54. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Wer stimmt dagegen? - Niemand. Stimm­enthaltungen? - Keine. Einstimmig angenommen.

Damit ist die Einzelabstimmung abgeschlossen. Das Gesetz hat den T i t e 1 :

Bayerisches Gesetz über die entschädigungslose Enteignung

(Heiterkeit - Zurufe: Jawohl! - Abg. Dr. Rothemund: Das wäre es! - Anhaltende

Heiterkeit)

- Bitte im Protokoll einen dicken Strich machen. Ich bitte um Entschuldigung; aber die Blendung meiner Augen hält immer noch an.

(Abg. Dr. Böddrich: Der Zeit voraus!)

- Das ist ein Irrtum, die kommt nicht, Herr Kollege Dr. Böddrich!

Das Gesetz lautet also:

Bayerisches Gesetz über die entschädigungspflichtige Enteignung

Bestehen darüber Zweifel? - Es ist klar. Damit ist die zweite Lesung beendet.

Ich schlage vor, die d r i t t e L e s u n g unmitelbar folgen zu lassen. - Widerspruch erhebt sich nicht.

Allgemeine Aussprache. - Einzelberatung. - Keine Wortmeldung.

Wir kommen zur Abs t i m m u n g in der dritten Lesung. Ich rufe auf die Artikel 1 bis 10 -, 11 bis 20 -, 21 bis 30 -, 31 bis 40 -, 41 bis 50 -, 51 -, 52 -, 53 -, und 54-.

Wir kommen zur Sc h 1 u ß ab s t i m m u n g. Ich schlage vor, diese in einfacher Form durchzuführen und unmittelbar folgen zu lassen. - Widerspruch erhebt sich nicht. Wer dem Gesetz die Zustimmung geben will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. - Danke schön! Ich stelle Einstimmigkeit fest. Wider­spruch gegen diese Feststellung erhebt sich nicht.

Das Gesetz hat den T i t e 1 :

Bayerisches Gesetz über die entschädigungspflichtige Enteigung.

(BayEG)

Damit ist auch dieses umfangreiche Gesetz abge­wickelt.

Der Punkt 19 kann erst morgen früh aufgerufen werden, wie heute schon erwähnt, weil der Herr Kollege Wachter nicht anwesend ist und um Ver­legung gebeten hat.

Bestätigung der Berufung eines Mitgliedes in den Landessportbeirat

Mit Schreiben vom 17. August 1974 teilte der Herr Staatsminister für Unterricht und Kultus mit, daß der Bayerische Landessportverband an Stelle des bis­herigen Mitglieds Rudolf Sedlmayr seinem Vizepräsi­denten, Herrn Erich Kies!, als Mitglied des Baye­rischen Landessportverbandes vorgeschlagen hat. Gemäß Artikel 2 Absatz 3 des Gesetzes über den Bayerischen Sportbeirat vom 21. Dezember 1964 hat der Landtag die Berufung des Genannten in den Landessportbeirat zu bestätigen.

Ich schlage dem Hohen Haus vor, diese Bestätigung in einfacher Form vorzunehmen. - Dagegen erhebt sich kein Widerspruch.

Wortmeldung, Herr Kollege Gabert.

Gabert (SPD): Meine Damen und Herren! Es ist ganz selbstverständlich, daß die Sozialdemokratische Fraktion den Vorschlag des Bayerischen Landes­sportverbandes akzeptiert. Jedoch hat sie grund­sätzliche Bedenken, daß für den Landessportbeirat, der die Regierung praktisch beraten soll, ein Kabi­nettsmitglied vorgeschlagen wird. Das ist aber nicht unsere Sache, weil der Bayerische Landessportver­band das Vorschlagsrecht hat.

Wir werden uns aber aus diesen Gründen - nur aus diesen Gründen - der Stimme enthalten.

Präsident Hanauer: Darf ich nun die Frage stellen: Wer mit der Berufung des Herrn Erich Kiesl zum Mitglied des Landessportbeirats einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke schön! - Wer stimmt dagegen? Niemand. Wer enthält sich der Stimme? - Die Fraktion der SPD.

Punkt 22:

Bestellung von Mitgliedern des Landesdenkmalrats

Der Herr Staatsminister für Unterricht und Kultus bittet mit Schreiben von 1. August 1974, folgende Personen zu Mitgliedern des Landesdenkmalrats zu bestellen:

1. Nach Artikel 14 Absatz 2 Buchstabe c des Denk­malschutzgesetzes: an Stelle von Herrn Bezirkstags­präsidenten Anton Hergenröder Herrn Bezirkstags­präsidenten Johann Pösl, Regierung der Oberpfalz, Regensburg.

2. Nach Artikel 14 Absatz 2 Buchstabe d des Denk­malschutzgesetzes: an Stelle von Herrn Dekan Dr. Friedrich Kalb Herrn Baudirektor Albert Köhler, Mün­chen 71, lrmgardstraße 28.

Die Herren Hergenröder und Dr. Kalb sind infolge Arbeitsüberlastung nicht in der Lage, ihre Aufgaben als Mitglieder des Landesdenkmalrats voll wahrzu­nehmen, und haben daher um Entlassung gebeten.

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Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74 5189

(Präsident Hanauer)

3. Nach Artikel 14 Absatz 2 Buchstabe k des Denk­malschutzgesetzes: Herrn Oberbürgermeister a. D. August Fischer, 8960 Kempten, Pulvermüllerweg 40.

Die Fraktionen haben Abdruck des vorerwähnten Schreibens erhalten. Ich schlage vor, diese Wahl in einfacher Form durchzuführen. Widerspruch dage­gen erhebt sich nicht. Wer mit der Bestellung der eben genannten Herren Pösl, Köhler und Fischer zu Mitgliedern des Landesdenkmalrates einverstanden ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Stimmt jemand dagegen? - Niemand. Enthält sich jemand der Stimme? - Eine Stimmenthaltung, sonst bestätigt.

P u n kt 23: Berichte des Ausschusses für Verfas­sungs-, Rechts- und Kommunalfragen zu den Schrei­ben des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs.

Zunächst zu Pu n kt 23 a:

Schreiben des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs betreffend Antrag des Christoph Stenger in Traun­stein auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit des § 5 der Gemeindeverordnung der Stadt Traunstein vom 27. Februar 1963 über die Reinhaltung, Ruhe, Ordnung und Sicherheit auf öffentlichen Straßen

Ich bitte Herrn Kollegen Heiden um Berichterstattung (Drucksache 7135).

Heiden (SPD), Be r i c h t erstatte r : Herr Präsi­dent! Meine Damen und Herren! Der Ausschuß für Verfassungs-, Rechts- und Kommunalfragen hat sich in seiner 134. Sitzung vom 10. September 1974 mit dem Schreiben des Bayerischen Verfassungsge­richtshofes vom 29. Juli 1974 betreffend Antrag des Christoph Stenger in Traunstein auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit des § 5 der Gemeindeverord­nung der Stadt Traunstein vom 27. Februar 1963 über die Reinhaltung, Ruhe und Sicherheit auf öffentlichen Straßen beschäftigt.

Da der Bayerische Landtag am Zustandekommen dieser Gemeindeverordnung nicht beteiligt war, hat der Ausschuß einstimmig beschlossen: Der Baye­rische Landtag beteiligt sich nicht am Verfahren. Ich bitte Sie, diesem Votum beizutreten.

Präsident Hanauer: Wir kommen zur Abs tim -m u n g. Wer dem Votum beitreten will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke schön! Stimmt jemand dagegen? - Niemand. Stimmenthaltungen? - Keine. Dann ist es einstimmig so beschlossen.

Punkt 23 b:

Schreiben des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs betreffend Antrag des Herrn Dr. Hans Rudolf Hesse in München auf Feststellung der Verfassungswid­rigkeit des Artikel 13 des Bayerischen Personalver­tretungsgesetzes (BayPVG) vom 29. April 1974 (GVBI S.157)

Berichterstatter ist Herr Kollege Langenberger (Drucksache 7187).

Langenberger (SPD), Be r i c h t e r statte r : Herr Präsident, meine Damen und Herren! In seiner 137. Sitzung vom 18. September 1974 hat sich der Aus­schuß für Verfassungs-, Rechts- und Kommunalfra­gen mit dem Schreiben des Bayerischen Verfas­sungsgerichtshofes betreffend Antrag des Herrn Dr. Hans Rudolf Hesse in München auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit des Artikel 13 des Bayeri­scher;i Personalvertretungsgesetzes vom 29. April 197 4 befaßt.

Der Ausschuß kam einstimmig zu folgendem Ergebnis:

1. Der Landtag beteiligt sich am Verfahren.

II. Es wird Abweisung der Klage beantragt.

III. Zum Vertreter des Landtags wird der Abgeord­nete Langenberger bestellt.

IV. Auf mündliche Verhandlung wird verzichtet.

Ich bitte Sie, diesem Beschluß beizutreten.

Präsident Hanauer: Wir kommen zur Abs tim -m u n g über den Ihnen eben bekanntgegebenen Beschluß. Wer dem zustimmen will, bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. - Stimmt jemand dagegen? - Niemand. Stimmenthaltungen? - Keine. Einstimmig so beschlossen.

Punkt 24:

Anträge betreffend Änderung der Geschäftsordnung für den Bayerischen Landtag

1. der Abgeordneten Gabert, Haase und Fraktion, Bezold und Fraktion (Drucksache 2538),

2. der Abgeordneten Gabert, Haase und Fraktion (Drucksache 2539),

3. der Abgeordneten Dr. Seidl und Fraktion (Druck­sache 2941),

4. der Abgeordneten Frau Dr. Hamm-Brücher, Be-zold und Fraktion (Drucksache 5913)

Den Bericht über die Beratungen des Ausschusses für Geschäftsordnung und Wahlprüfung (Drucksa­chen 7014, 7165) erstattet Herr Kollege Dr. Hund­hammer.

Dr. Hundhammer (CSU), Berichterstatter: · Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Aus­schuß für Geschäftsordnung und Wahlprüfung hat sich in seinen Sitzungen vom 12. und 19. März, 2. April, 2. und 18. Juli und 10. September dieses Jahres mit einer Fülle von Abänderungsanträgen und Anregungen befaßt und sie ausführlich beraten. Mit­berichterstatter waren die Kollegen Dr. Schlittmeier, Dr. Kaub und Jaeger.

Die Beratungen waren - ich möchte nicht das meist unzutreffende und hochtrabende Wort „Reform" ge­brauchen - auf eine Korrektur, auf eine Verbesse­rung der Geschäftsordnung des Bayerischen Land­tags gerichtet. Ich habe herausgestellt, daß die Funktionsfähigkeit und die positive Arbeit eines Par­laments entscheidend von der kollegialen Zusam-

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(Dr. Hundhammer [CSU]}

menarbeit, der gegenseitigen Achtung und Toleranz seiner Mitglieder abhängen, ungeachtet unterschied­licher politischer Auffassungen und Betrachtungs­weisen. Bei über 200 Individualisten könne aber im Interesse einer wirkungsvollen Zusammenarbeit auf geschriebene Regeln nicht verzichtet werden. Diese müßten so gestaltet sein, daß möglichst wenig - ganz würden sie sich nie vermeiden lassen - unterschied­liche Auffassungen in der Auslegung dieser Arbeits­regeln auftreten können.

Die bedauerliche Verzögerung der Beratung sei dar-3.Uf zurückzuführen, daß der Bund und die Länder ;iemeinsame Beratungen vor allem über eine auf­:iinander abgestimmte Verbesserung auch der Stel­lung der Oppositionsfraktionen in deutschen Parla-11enten gepflogen haben. Der Ältestenrat hat sich nit einigen Regelungen der Geschäftsordnung be­faßt, und der Ausschuß hat seine Anregungen be­rücksichtigt.

Die vom Ausschuß nunmehr vorgeschlagenen Ände­'Ungen unserer Geschäftsordnung sind in den D ruck s ach e n 7014 und 7165 festgehalten. So­Neit es sich um redaktionelle Änderungen und Klar­stellungen handelt, darf ich auf diese Drucksachen ~erweisen.

3ei einer zweiten Gruppe von Änderungen han­folt es sich um solche, die nach ausführlicher Bera­:ung meist ohne Gegenstimmen beschlossen und wr Annahme durch das Hohe Haus empfohlen Nerden.

Schließlich darf ich noch auf Änderungs w ü n ->ehe seiten der Oppositionsfraktio-1 e n eingehen, denen von der Mehrheit der Aus­>chußmitglieder nicht stattgegeben wurde. Hierbei )estanden in einigen Fällen nicht nur unterschied­iche Meinungen zwischen der Mehrheitsfraktion und :Jen beiden Oppositionsfraktionen, sondern auch zwi­>chen den beiden Oppositionsfraktionen unterein­mder.

Ion den rund 80 vom Ausschuß vorgeschlagenen ~nderungen betrifft etwa ein Drittel rein redaktio-1elle Berichtigungen oder Klarstellungen, auf die eh nicht näher einzugehen brauche. Rund 30 Ände­·ungen stellen teils auf eine Verbesserung der An­ragsberechtigung der kleinsten Oppositionsfraktion md insgesamt auf eine Vereinheitlichung der Vor­i.ussetzungen für die Stellung eines Antrags oder ::rhebung eines Widerspruchs ab. Antrags- oder Wi­:lerspruchsquoren waren nämlich bisher in 30 Be­;timmungen unserer Geschäftsordnung verwirrend mterschiedlich geregelt, angefangen von der An­ragsberechtigung nur einer Fraktion oder 10, 15, 20 >der 25 Abgeordneter. Nunmehr sollen in all diesen =ällen eine Fraktion oder 20 Abgeordnete die An­ragsberechtigung haben. Die Zahl 20 wurde als Mit­ei gewählt. Sie stellt gleichzeitig 10 Prozent der \bgeordneten dieses Hauses dar.

3ezüglich der weiterhin vorgeschlagenen wesent­ichen sachlichen Änderungen unserer Geschäfts­>rdnung bzw. über Ablehnung von Änderungsan-

trägen darf ich der Übersichtlichkeit halber in der Reihenfolge der Bestimmungen unserer Geschäfts­ordnung berichten und ganz kurz erläutern.

Vorweg zu § 1. Hier wurde in Absatz 1 Satz 3 eine Änderung vorgeschlagen mit der Maßgabe, daß die erste konstituierende Sitzung spätestens am 15. Tage nach der Wahl, jedoch nicht vor Ablauf der Wahl­periode stattfinden darf. Das ist eine Klarstellung im Sinne der Bestimmung der Bayerischen Verfassung und des Landeswahlgesetzes und steht natürlich auch im Zusammenhang mit der nach unserem Be­schluß vorgezogenen Landtagswahl.

§ 8. Hier wurde einstimmig der bisherige Losent­scheid hinsichtlich der Reihenfolge der Fraktionen durch die bei der Wahl erzielte Gesamtstimmenzahl ersetzt.

§ 10. Wahl des Präsidiums, Zusammensetzung. Hier wurde in Abweichung vom sonst üblichen d'Hondt­schen Wahlsystem verankert, daß hiernach auch Fraktionen, auf die kein Sitz entfallen würde, einen Sitz im Präsidium bekommen.

§ 24. Hier wurden Anträge der Fraktionen der SPD und der FDP behandelt, die die Einrichtung eines großen Ausschusses für Landesentwicklung und Um­weltfragen gefordert hatten. Die Mehrheit des Aus­schusses war der Auffassung, daß ohne eine Ge­samtreform des gesamten Ausschußweseris ein solch weiterer großer Ausschuß der Arbeit des Par­laments nicht dienlich sein würde, weil nach der bisherigen Praxis mindestens vier weitere Ausschüs­se mit diesen Fragen befaßt werden müßten, nämlich meistens der Haushaltsausschuß, der Wirtschafts­ausschuß, der Landwirtschaftsausschuß und der Rechts- und Verfassungsausschuß. Diese Zwischen­schaltung eines 5. großen Ausschusses wäre also sicherlich einer Beschleunigung der Beratungen nicht förderlich, es sei denn, der neue Landtag wür­de die Zahl der Ausschüsse und auch die Größe der Ausschüsse verringern. Dann könnte man darüber reden. Der Ausschuß hat also mit Mehrheit diese Änderungsanträge abgelehnt.

Beim § 26, Stärke der Ausschüsse, wurde wieder zu Gunsten vor allem der kleinsten Oppositionsfrak­tion verankert, daß auch eine Fraktion, die nach dem d'Hondtschen System keinen Ausschußsitz erhalten würde, künftig in jedem Fall einen Ausschußsitz bekommt.

§ 28 behandelt das Zugriffsverfahren nach d'Hondt hinsichtlich der Ausschußvorsitzenden und der Stell­vertreter. Hier hatte die Fraktion der FDP gefordert, daß man nach dem d'Hondtschen System die Aus­schußvorsitzenden und die Stellvertreter zusammen­rechnen sollte, so daß sich nach dem d'Hondtschen System auch für die kleinste Fraktion mit 10 oder 11 Abgeordneten mindestens ein oder zwei stellver­tretende Ausschußvorsitzende ergeben hätten. Die Mehrheit des Ausschusses - die Vertreter der CSU und SPD - war der Auffassung, daß das zu einem unbilligen Ergebnis führen könnte, wenn nämlich der einzige Vertreter einer Fraktion in einem Aus­schuß gleichzeitig der Vorsitzende dieses großen Ausschusses wäre.

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(Dr. Hundhammer [CSU])

In § 41 wurde festgelegt, daß über in den Fachaus­schüssen einstimmig gefaßte Beschlüsse im Plenum in einem vereinfachten Verfahren berichtet werden kann. Allerdings haben wir festgelegt, daß der Be­richterstatter mindestens den ursprünglichen Antrag im Wortlaut und im Falle der Abänderung auch den abgeänderten Beschluß im Interesse der Kollegen vorzutragen hat, die nicht Mitglieder der Fachaus­schüsse sind, und im Interesse auch der Zuhörer, die sonst meist gar nicht mitbekommen, um welche Fragen es sich hier bei .unseren Abstimmungen handelt.

Zu § 42, Anhörung, schlägt der Ausschuß eine Erwei­terung und Verbesserung des bisher möglichen Ver­fahrens beim sog. Hearing vor, allerdings mit dem Vorteil, daß im Gegensatz zu einem Hearing die Abgeordneten des Ausschusses in eine Aussprache mit den Sachverständigen eintreten können. Die Aus­schußmehrheit konnte sich jedoch nicht dazu ent­schließen, dem Verlangen der Oppositionsfraktionen nachzukommen, daß bereits auf Grund des Antrags eines Viertels der Ausschußmitglieder ein solches Anhörungsverfahren zurückzuführen ist. Die Aus­schußmehrheit war der Auffassung, daß in den Fach­ausschüssen auch bei Verfahrensfragen das parla­mentarisch-demokratische System der Mehrheitsent­scheidung beibehalten werden sollte und nicht einer Minderheit die Einleitung eines Verfahrens überlas­sen werden dürfe im Gegensatz zu der Regelung bei den Untersuchungsausschüssen.

In § 48, Bildung von Kommissionen, wurde die Mög­lichkeit zur Bildung von Kommissionen erweitert. Nach der bisherigen Regelung konnten Kommissio­nen nur gemeinsam mit der Staatsregierung und nur auf Antrag der Staatsregierung gebildet werden, während wir nur vorschlagen, daß der Landtag allein entscheidet, ob und welche Kommissionen gebildet werden.

Zu § 56 schlägt der Ausschuß einstimmig vor, daß bei den Lesungen in der Vollversammlung ein ver­einfachtes Verfahren durch Wegfall einer dritten Le­sung möglich ist, sofern nicht der Ältestenrat, eine Fraktion oder zwanzig Abgeordnete widersprechen. Damit soll das wiederholte Vortragen von Gesetzes­bestimmungen bzw. sollen wiederholte Abstimmun­gen ohne gewünschte weitere Aussprache vermieden werden. Zuhörer und auch wir mußten doch oft den Eindruck gewinnen, daß, wenn ohne weitere Aus­sprache eine dritte Lesung und eine Schlußabstim­mung durchgeführt werden mußte, es sich hier wie bei einem Auktionsverfahren angehört hat, und das wollen wir durch diese Veränderung in § 56 (neu) bereinigen.

In § 58 haben wir die Änderung, daß im Gegensatz zur bisherigen Regelung der Präsident, sofern sich kein Widerspruch erhebt, über mehrere Bestimmun­gen nicht nur gleichzeitig beraten, sondern auch ab­stimmen lassen kann.

§ 65 bringt die Neuerung, daß Abänderungsanträge zu Gesetzesvorlagen, die eine Änderung bestehender

Gesetze zum Inhalt haben, künftig nur zu solchen Vorschriften gestellt werden dürfen, die bereits in den Ausschüssen behandelt worden sind. Dadurch soll verhindert werden, daß von irgendeiner Seite zu irgendeinem Problem in den Ausschußberatungen geschwiegen wird, dann aber als Überraschungs­coup in der zweiten oder Dritten Lesung hier eine Änderung zu einer Bestimmung vorgeschlagen wird, zu der sich die Ausschüsse überhaupt nicht geäußert haben. - Nur darf ich mit Genehmigung des Herrn Präsidenten jetzt schon ankündigen, daß ich im Ein­vernehmen aller Fraktionen hierzu einen redaktionel­len Änderungsantrag stellen werde, nämlich diese Bestimmung systemgerecht in § 60 unterzubringen.

Zu § 71, Interpellationen, schlägt der Ausschuß vor, daß anstelle eines Viertels nur ein Drittel der Mitglie­der des Ältestenrats eine Interpellation erzwingen kann. Zu berücksichtigen ist dabei, daß diese Bestim­mung sich nur dann auswirkt, wenn der Präsident den Antrag auf Interpellation für einen Mißbrauch hält. Es waren sich die Vertreter aller Fraktionen einig, das Quorum zu erhöhen.

In § 72 soll in einer Soll-Bestimmung in Absatz 2 si­chergestellt werden, daß Interpellationen geschlos­sen behandelt werden. Es soll also nach Möglichkeit nicht mehr vorkommen, daß eine Interpellation be­gründet wird, die Beantwortung der Interpellation und die Aussprache dann aber erst nach 4 oder 6 Wochen stattfinden.

In § 76, Fragestunde, wird klargestellt, daß· - wie es ja bereits in der letzten Zeit die Praxis war - Münd­liche Anfragen bereits einen Tag vor Sitzungsbeginn, also am Montag bis 12 Uhr, eingereicht sein müssen.

In diesem Zusammenhang muß ich einen Antrag der SPD und FDP erwähnen, die in unserer Geschäfts­ordnung eine sog. Kleine Anfrage eingebaut wissen wollten. Diese Kleine Anfrage wäre ein Mittelding zwischen unserer bisherigen Mündlichen Anfrage und der Schriftlichen Anfrage. - Die Ausschußmehr­heit war der Auffassung, daß das Instrumentarium unserer Geschäftsordnung - nämlich die Mündliche Anfrage, die Fragestunde, die Schriftliche Anfrage, die Aktuelle Stunde und die Interpellation - dem an­gestrebten Zweck gerecht werde, ausreiche und viel weiter geht als das in allen anderen Bundesländern, wo man nur 2 oder 3 dieser Institutionen in den Ge­schäftsordnungen verankert hat.

Zu § 78 Absatz 3 ist zu erwähnen, daß der Ausschuß aus einem konkreten Anlaß vorschlägt, daß die ein­zelnen Redner in der Aktuellen Stunde nur einmal sprechen dürfen. Es soll vermieden werden, daß die Aktuelle Stunde nur von einem einzigen Redner be­stritten wird, der jeweils allerdings nur fünf Minuten spricht. Die Aktuelle Stunde sollte möglichst bunt und unterschiedlich gestaltet werden, Dialog und Mono­loge sollten dadurch ausgeschaltet werden.

Wichtig auch § 79, wo insbesondere in Absatz 1 fest­gelegt wurde, daß Schriftliche Anfragen sich grund­sätzlich nur an e i n Ressort wenden sollten. Damit ist natürlich nicht gemeint, daß Fragen ausgeschlos­sen werden sollen, die sich notwendigerweise an

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[Dr. Hundhammer [CSU])

mehrere Ressorts wenden. Aber es ist vorgekom­men, daß in einer Schriftlichen Anfrage tatsächlich l\nfragen unterschiedlichen Charakters gestellt wur­fon, die verschiedene Ressorts betrafen. Das soll 3.Usgeschaltet sein.

Im § 84, Eingaben und Beschwerden, wurde die bis-1erige Unzulässigkeit in Kann-Bestimmungen umge­~taltet. Der Ausschuß „kann" künftig in bestimmten :=ällen von einer Beratung absehen. Grundsätzlich ~ind also Eingaben und Beschwerden zulässig. Die l\ufsichtsbeschwerde ist als Beratungshindernis eli­niniert worden. Der Ausschuß war sich darüber klar, faß die Möglichkeit, noch eine Dienstaufsichts­Jeschwerde einzulegen, nicht hinderlich sein kann, Neil die Einlegung einer Dienstaufsichtsbeschwerde 3.n keinerlei Frist gebunden ist.

~ 104, Wortmeldungen. Hier ist in Absatz 4 festgelegt Norden, daß eine Wortmeldung, die verfällt, wenn ~ich der Redner bei Aufruf nicht im Saal befindet, mm selben Gegenstand auch nicht erneuert werden <ann. Es soll dadurch ausgeschlossen werden, daß emand, der sich zu Wort gemeldet hat, selbstherr­ich die Reihenfolge der Wortmeldungen verändern <ann. Es fällt aber darunter selbstverständlich nicht for Fall, daß ein Redner, der aus einem ganz drin­~enden Grund den Plenarsaal verlassen muß, sich Jeim amtierenden Präsidenten abmeldet.

~ 106, Redeordnung. Hier wurden die Bestimmungen <0nkretisiert, auch aus konkretem Anlaß. Anträge auf 3chluß der Rednerliste der Verkürzung der Rede­~eit können nur nach Beginn der Aussprache gestellt .verden, wobei jede Fraktion in jedem Falle das =!echt hat, zur Sache zu sprechen. Ich glaube, daß rnch da der Ausschuß eine Verbesserung erreicht 1at.

} 111, Rededauer in besonderen Fällen. Dazu hatte jie FDP-Fraktion ursprünglich den Antrag gestellt, ~ine Redezeitbeschränkung gänzlich zu untersagen. Jann ist Antrag gestellt worden, allen Fraktionen, jer Mehrheitsfraktion und auch der kleinsten Frak­ion, die gleiche Redezeit einzuräumen, und der Al­ernativantrag der FDP, daß die die Regierung tra­ienden Fraktionen sich ihre Redezeit auf die Rede­~eit der Staatsregierung anrechnen lassen müssen.

Nir haben diesen Antrag für verfassungswidrig er-1chtet, weil auch die Redezeit der Mehrheitsfrak­ion, die die Staatsregierung trägt, nicht von der Re­lezeit der Staatsregierung abhängig gemacht wer­len kann. Es ist zu dem Kompromiß gekommen, eine 3rundredezeit vorzusehen, eine garantierte Mindest­edezeit.

i 115 betrifft Zuwiderhandlungen gegen Anordnun­ien des Bayerischen Landtags oder seines Präsiden­en. Hier ist entsprechend den Bestimmungen des .andesstraf- und Verordnungsgesetzes die Zustän­ligkeit des Direktors des Landtagsamts für die Ahn­lung von Ordnungswidrigkeiten festgelegt.

i 127 behandelt die Herbeirufung eines Mitglieds der >taatsregierung bzw. die Vertretungsmöglichkeit. Wir 1aben nach langer Diskussion in Absatz 2 eine For-

mulierung gefunden, die sowohl mit der Verfassung übereinstimmt als auch den Bedenken der Opposi­tionsfraktion · Rechnung trägt. Eine Stellvertretung soll nur aus ganz wichtigen Gründen möglich sein. Eine Stellvertretung des herbeizitierten Ministerprä­sidenten oder eines Staatsministers auszuschließen, geht bereits nach der Verfassung nicht, die festlegt, daß der Ministerpräsident oder die Staatsminister durch die Staatssekretäre vertreten werden, die dem Parlament verantwortlich sind.

In § 138 wurden die Ziffern 9 und 10 eingeführt, wo­nach es künftig nicht mehr zulässig ist, namentliche Abstimmung bei Anträgen zur Geschäftsordnung und Anträgen auf Erscheinen eines Mitglieds der Staats­regierung zu stellen. Es sind vorwiegend Geschäfts­ordnungsanträge, die gleichbehandelt werden müs­sen.

Bei § 141 konnten sich die Fraktionen im Ausschuß nicht einigen. Von der Ausschußmehrheit wird die Regelung vorgeschlagen, daß zwar jede Fraktion vor einer Abstimmung eine Erklärung zur Abstimmung abgeben kann, die einzelnen Abgeordneten aber künftig nur mehr nach erfolgter Abstimmung. Diese Regelung entspricht der Regelung in den anderen Bundesländern. Man hätte überlegen können, an Stelle dieser Erklärung nach der Abstimmung eine schriftliche Erklärung zu Protokoll zu nehmen. Das ist im Ausschuß erörtert worden, aber ich glaube, daß die nunmehr gefundene Regelung besser ist, weil eine schriftliche Erklärung zu Protokoll weder vom Präsidenten noch vom Hohen Haus erwidert oder kontrolliert werden könnte.

Meine Damen und Herren! Das wären im wesent­lichen die vorgeschlagenen Änderungen. Nach Ab­schluß der Einzelberatung stellte ich fest, daß zwar in einigen Punkten wie der Aufteilung der Ausschuß­vorsitze, der Einrichtung eines eigenen Ausschusses für Landesentwicklung und Umweltfragen, der obli­gatorischen Durchführung eines Anhörverfahrens auf Antrag von nur einem Viertel der Ausschußmit­glieder und der Einführung einer sog. Kleinen An­frage den Forderungen der Oppositionsfraktion nicht oder nicht in vollem Umfang Rechnung getragen worden sei, aber andererseits wesentliche Verbesse­rungen zugunsten auch der kleinsten Oppositions­fraktion vorgesehen seien, so die Änderung der An­tragsquoren in zahlreichen Fällen, die Berücksich­tigung auch der kleinsten Fraktion außerhalb des d'Hondtschen Wahlverfahrens im Präsidium und je­dem Ausschuß, die Garantierung einer Mindestrede­zeit für alle Fraktionen bei einer Beschränkung der Gesamtdebattendauer, Beschränkung der Redezeit auf nur 10 Minuten und nicht auf einen kürzeren Zeit­raum, wie ursprünglich von der CSU-Fraktion in Übereinstimmung mit den Regelungen in anderen Bundesländern vorgeschlagen worden war. Außer­dem seien wesentliche Änderungen der Geschäfts­ordnung vorgesehen, die allgemein einer Verbesse­rung der Parlamentsarbeit dienen, wie die Bestim­mungen zur Konkretisierung der Sachverständigen­anhörung mit Aussprachemöglichkeit, die Erweite­rung der Möglichkeit zur Einsetzung von Sachkom­missionen, über das mit den Lesungen von Gesetzes-

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(Dr. Hundhammer [CSU])

vorlagen zusammenhängende Abstimmungsverfah­ren, über die Behandlung einstimmiger Ausschußbe­schlüsse, über die KonkretisierunfJ der Bestimmung über Anträge auf Schluß der Rednerliste und anderes mehr.

Wegen all dieser Vorschläge sei es sinnvoll, so führte ich aus, wenn diese Änderungen der Geschäftsord­nung vom Plenum mit Wirkung ab 1. Oktober 1974 beschlossen würden, auch wenn die neue Geschäfts­ordnung für diese Legislaturperiode keine praktische Bedeutung mehr erlangen könne und die Bestim­mungen über die Zusammensetzung des Präsidiums und der Ausschüsse in dieser Legislaturperiode -darüber bestand Einigkeit im Ausschuß - auch nicht mehr angewendet werden. Der neugewählte Bayeri­sche Landtag könnte die Geschäftsordnung zur Grundlage seiner Arbeit machen und die Beratungen im Ausschuß bräuchten nicht wiederholt zu werden.

Vor der Schlußabstimmung im Ausschuß erklärten die Vertreter der Oppositionsfraktionen zur allgemei­nen Überraschung, daß zwar Verbesserungen anzu­erkennen seien, daß man sich aber dennoch wegen der Nichtberücksichtigung einiger Änderungswün­sche in der Abstimmung der Stimme enthalten ~~a .

Darauf erklärte ich für die Fraktion der CSU, daß ich diese Haltung etwas unüberlegt, ja unverständlich fände, weil wesentliche Änderungen zugunsten der Opposition beschlossen worden seien. Wenn die Op­position bei dieser Sachlage auf ihrer Haltung be­harre, könnten meine Kollegen von der Fraktion der CSU deshalb Veranlassung sehen, ebenfalls nicht für die Annahme der neuen Geschäftsordnung zu stim­men.

Bei der Abstimmung enthielten sich die Kollegen der Fraktionen der SPD und der FDP, aber auch meine Kollegen von der Fraktion der CSU der Stimme. Weil aber die vorgesehene Änderung auch wesentliche Verbesserungen für die Wirksamkeit der gesamten Parlamentarbeit enthält und ich die gemeinsam erar­beiteten Verbesserungsvorschläge als Basis einer guten parlamentarischen Zusammenarbeit nicht scheitern lassen wollte, stimmte ich mit Ja. Dieses Votum stellt damit auch das Votum des Ausschusses dar.

(Heiterkeit)·

Die Entscheidung hat nunmehr das Hohe Haus.

Präsident Hanauer: Meine Damen und Herren! Ich danke dem Herrn Berichterstatter für den Bericht über eine Materie, die natürlich trocken ist; denn die Geschäftsordnungen werden erst dann erwärmend, erheiternd und erhitzend, wenn sie zu Geschäftsord­nungsstreitigkeiten im Parlament führen.

Gibt es zur Aussprache eine Wortmeldung? - Herr Kollege Jaeger!

Jaeger (FDP): Herr Präsident, meine Damen und Her­ren! Die FDP bemüht sich seit nunmehr beinahe vier Jahren um eine umfassende Parlamentsreform mit

dem Ziel der Stärkung der Kontroll- und lnitiativfunk­tion des Parlaments im allgemeinen und der Opposi­tion im besonderen. Vor allem sind es drei Dinge, die wir erreichen wollten: Erstens eine Änderung der Geschäftsordnung, zweitens eine Verbesserung des Petitionsrechts und drittens eine Ehrenordnung, die für uns alle verbindlich ist. Wir haben es infolgedes­sen sehr begrüßt, daß sich auf Bundes- und Länder­ebene alle verantwortlichen Parlamentarier zusam­mengefunden haben, um die Oppositionsstellung zu festigen. Ich glaube, daß es ganz gut war, daß auch die CDU/CSU einmal in die leidvolle Position einer Oppositionspartei gekommen ist, um erkennen zu können, welche Rechte im Grunde genommen eine Oppositionspartei haben muß, und ich meine, daß es ohne diesen Lernvorgang innerhalb der CDU/CSU wohl kaum möglich gewesen w,äre, hier zu einem Einlenken zu kommen.

(Zuruf: Sehr gut!)

Heute steht das Werk vor uns, wie es uns der Herr Kollege Dr. Hundhammer eben geschildert hat. Wir erkennen an und wir erkennen es dankbar an, daß man von seiten. der CSU bemüht war, das, was man uns 3% Jahre angetan hat, zwar nicht gerade wieder gutzumachen, aber für die nächsten Jahre die Vor­aussetzungen zu schaffen, daß wir vernünftig mit­einander arbeiten können. Es liegt in der Natur der Sache, daß es bei derartigen Verhandlungen Kom­promisse geben muß und daß wir uns nicht in allen Punkten durchsetzen konnten. Das bedeutet aber nicht, daß wir das jetzt erzielte Ergebni$ als der Weisheit letzten Schluß anerkennen, sondern wir werden weiter für unsere Forderung kämpfen und werden versuchen, sie mit entsprechenden A n t r ä -g e n i m n ä c h st e n P a r 1 a m e n t durchzube­kommen. Das sind vor allen Dingen folgende Fragen:

Erstens Einrichtung eines Ausschusses für Landes­entwicklungs- und Umweltfragen; zweitens Institu­tionalisierung eines öffentlichen Anhörungsverfah­rens, wenn von einer Minderheit von 25 Prozent in einem Ausschuß ein derartiges Anhörungsverfahren gewünscht wird; drittens auch ein Vizepräsident für die kleinere Oppositionspartei; viertens eine günsti­gere Regelung der Redezeit und fünftens die Einrich­tung der Kleinen Anfrage.

Darüber hinaus wird es Aufgabe des nächsten Baye­rischen Landtags sein, die anderen beiden Dinge-zu vollenden, die ich eingangs erwähnt habe, nämlich einmal die Verbesserung des Petitionsrechts und zum anderen die Ehrenordnung.

Heute werden wir der Änderung der Geschäftsord­nung zu s t i m m e n.

(Beifall)

Präsident Hanauer: Herr Kollege Schlittmeier!

Dr. Schlittmeier (SPD): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Geschäftsordnung hat einige V e r -besser u n gen erfahren, die die SPD zum Teil schon im Juli 1972 eingereicht hat. Leider sind auch einige V e r s c h 1 e c h t e r u n g e n zu verzeich-

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(Dr. Schlittmeier [SPD])

nen, so z. B., daß bei der Aktuellen Stunde jeder Red­ner nur mehr einmal sprechen und dadurch nicht auf die Replik der Regierung eingehen kann. Die Kleine Anfrage wurde von der CSU abgelehnt ebenso wie die Installierung eines Ausschusses für Landesent­wicklung und Umweltfragen. Schließlich können die Abgeordneten nicht mehr vor einer Abstimmung ihr Verhalten in der Abstimmung bekanntgeben, sondern erst nachher. Was das Anhörungsverfahren betrifft, kann keine Minderheit in einem Ausschuß eine Anhö­rung herbeiführen. Das sind Nachteile, die. wir sehr bedauern.

Auf der anderen Seite möchte ich nicht verhehlen, daß einige Verbesserungen eingetreten sind. Des­halb wird die SPD-Fraktion trotz einiger Bedenken, um dieser Geschäftsordnung eine möglichst breite Grundlage zu geben, in ihrem größeren Teil dieser Geschäftsordnung z u s t i m m e n.

(Beifall bei der SPD)

Präsident Hanauer: Meine Damen und Herren, ich habe keine Wortmeldung mehr. Dann darf ich zur A b s t i m m u n g über die Geschäftsordnung kom­men.

(Zuruf von der CSU)

- Ja, der Antrag liegt mir vor; ich stelle ihn zur Ab­stimmung.

Der Ausschuß für Geschäftsordnung und Wahlprü­fung hat den Grundsatzbeschluß gefaßt, in der Ge­schäftsordnung den Begriff „Gesetzentwurf" in „Ge­setzesvorlage" abzuändern. In der Ihnen vorliegen­::len Drucksache 7014 findet sich in § 58 Absatz 4 noch der Begriff „Gesetzentwurf".

(Abg. Dr. Hundhammer: § 58 neu! Der betrifft wahrscheinlich das Volksbegehren!)

- Nein, die zweite Lesung. Es heißt in § 58 Absatz 4: Sind in der zweiten Lesung alle wesentlichen Teile eines Gesetzentwurfs abgelehnt worden ...

:-lier muß es genauso wie sonst statt „eines Gesetz­:intwurfs" heißen „einer Gesetzesvorlage", Das hat 1ichts mit Volksbegehren zu tun. Es ist übersehen Norden, hier auch den Grundsatzbeschluß anzuwen­:len.

eh rufe nun die einzelnen A b s c h n i t t e auf und )itte um Wortmeldung. Wenn keine Wortmeldung er­'olgt, nehme ich an, daß Zustimmung erfolgt.

. Die Abgeordneten. -

1. Die Fraktionen. -

II. Das Präsidium. -

V. Der Ältestenrat. -

/. Der Zwischenausschuß. -

II. Der Beirat der Bücherei. -

/II. Die Ausschüsse. -

/III. Die Untersuchungsausschüsse. -

IX. Die Kommissionen. -

X. Wahlen. -

XI. Drucklegung. -

XII. Gesetzesvorlagen.

Hier liegt ein Abänderungsantrag vor, wonach unter Streichung des zweiten Satzes in Absatz 1 von § 65 -Abschnitt XV - der § 60, Abänderungsanträge lauten soll:

Abänderungsanträge können bis zum Schluß der zweiten oder einer dritten Lesung, aber nur zu sol­chen Einzelbestimmungen gestellt werden, deren Änderung bereits in einem Ausschuß erörtert wor­den ist.

Ich nehme an, es besteht Klarheit, daß das eine wei­tergehende Bestimmung ist als die ursprüngliche Be­stimmung in § 65, die sich nur auf Novellierungs­gesetze bezieht, während hier eine generelle Be­stimmung getroffen wird. Ich nehme an, ich verstehe es auch richtig.

Herr Kollege Gabert!

Gabert (SPD): Ich bedauere sehr, daß uns dieser Ab­änderungsantrag vorher nicht gegeben worden ist.

(Abg. Dr. Hundhammer: Doch, dem Berichterstatter!)

- Ich habe ihn nicht gesehen. Da es sich um unser Grundgesetz handelt, möchte ich genau wissen, was drin steht. Die ursprüngliche Formulierung war so, daß wir hätten zustimmen können. Die jetzige For­mulierung wirkt sich in der Praxis so aus: Wenn wir eine Gesetzesvorlage beraten, dann kann es doch sein, daß plötzlich im Plenum oder in der Fraktions­sitzung vor der Plenarstitzung noch ein Abände­rungsantrag zur Gesetzesvorlage als notwendig er­achtet wird. Der könnte dann nach dieser Geschäfts­ordnungsbestimmung vielleicht nicht mehr gestellt werden, und das finde ich nicht richtig. Vorher war es anders. Da hat es geheißen; daß dann, wenn es sich um Änderungsgesetze und Novellierungsgesetze handelt, nur Abänderungsanträge zu den Novellie­rungen gestellt werden dürfen und nicht auch zu et­was aus dem ursprünglichen Gesetz, was gar nicht im Ausschuß war.

Dem hätten wir zugestimmt. Das, was aber jetzt be­antragt ist, geht wesentlich weiter. Es ist eine Ein­schränkung, die dahin geht, daß im Plenum praktisch nur noch das als Abänderungsantrag zu einer Geset­zesvorlage gestellt werden kann, was auch im Aus­schuß war. Das sollten wir nicht beschließen, weil wir uns sonst Fesseln anlegen. Das ist im allgemei­nen Interesse auch gar nicht notwendig. Deshalb würde ich bitten, von diesem Abänderungsantrag ab­zusehen.

(Beifall bei der SPD)

Präsident Hanauer: Herr Kollege Dr. Hundhammer.

(Abg. Schmidramsl: Gib ihm recht!)

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Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74 5195

Dr. Hundhammer (CSU): Herr Kollege Gabert, ich gebe Ihnen insoweit recht, als tatsächlich das An­liegen, das wir im Auge hatten, mit der vorliegenden Formulierung nicht ganz getroffen wird. Ich würde vorschlagen, zur Klarstellung, und ich hoffe, daß Sie damit einverstanden sind, in§ 60 Absatz 1 zu sagen:

Abänderungsanträge dürfen bei Gesetzesvorlagen, die eine Abänderung bestehender Gesetze zum In­halt haben, bis zum Schluß der zweiten oder einer dritten Lesung, aber nur zu solchen Einzelbestim­mungen gestellt werden, deren Änderung bereits in einem Ausschuß erörtert worden ist.

Das war Ihr Anliegen, dem wir damit Rechnung tra­gen wollen.

(Abg. Gabert: Damit wären wir einverstanden; denn dann ist es so, wie es vorher war!)

Präsident Hanauer: Jetzt brauche ich aber noch die nötige Klarheit. Das ist jetzt praktisch das Anliegen des § 65, das systematisch nach § 60 kommt. Aber der allgemeine erste Satz „Abänderungsanträge kön­nen bis zum Schluß der zweiten oder einer dritten Lesung gestellt werden" müßte dann stehen bleiben. Dann kommt die Ausnahme für Abänderungsanträge zu Novellierungen. Wenn also eine Novellierung zum Artikel 1 eines Gesetzes vorliegt, dann soll nicht plötzlich in der dritten Lesung überraschend auch etwa der Artikel 60 zur Änderung gestellt werden. Während andererseits, wenn ich ein Gesetz in seiner Gänze berate, nach meiner Ansicht die Möglichkeit bestehen müßte, ohne daß man es vorbesprochen hat, derartige Anregungen zu bringen. Das ist doch klar, aber jetzt brauche ich eine Formulierung. Ich bitte Sie, Herr Kollege Dr. Hundhammer, den § 60 nun ganz bekanntzugeben.

Dr. Hundhammer (CSU): Die Formulierung soll lau­ten:

Abänderungsanträge können bis zum Schluß der zweiten oder einer dritten Lesung gestellt werden. Anträge auf Wiederherstellung des ursprünglichen Wortlauts der Gesetzesvorlage sind Abänderungs­anträge. Abänderungsanträge dürfen bei Gesetzes­vorlagen, die eine Abänderung bestehender Geset­ze zum Inhalt haben, bis zum Schluß der zweiten oder einer dritten Lesung nur zu solchen Einzel­vorschriften gestellt werden, die bereits in den Ausschüssen behandelt worden sind.

Präsident Hanauer: Danke schön! Jetzt ist es klar. Es bleibt also § 60 in seinen zwei Sätzen unverän­dert, er bekommt lediglich eine kleine stilistische Anschlußformulierung entsprechend dem § 65 Ab­satz 1 Satz 2 als drittem Satz.

Ich lasse darüber gesondert abstimmen. Wer stimmt dem § 60 zu, der gebe ein Handzeichen. - Danke schön! Die Gegenstimmen? - Keine. Stimmenthal­tungen? - Keine. Einstimmig angenommen. Damit ist gleichzeitig im § 65 Absatz 1 der Satz 2 gestrichen.

Wir kommen zum Abschnitt XIII -, Ab -s c h n i t t XIV, Volksbegehren -, Abs c h n i t t XV, Anträge - Abs c h n i t t XVI, Anfrage. Hierzu liegt der Ab ä n d e r u n g s an trag der SPD-Fraktion auf Einfügung eines § 78 a, wenn man fortlaufend nu­meriert, wäre es § 78, vor, wonach die „Kleine An­frage" eingefügt werden soll. Der § 78 a gliedert sich in zwei Absätze. Wer für die Annahme dieses Antrags ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke. Die Gegenprobe! - Letzteres ist die Mehrheit. Stimment­haltungen? - Keine Stimmenthaltung. Damit ist der Antrag mit Mehrheit abgelehnt. Somit ist Abschnitt XVI erledigt.

Wir kommen zu Abschnitt XVII -, Auskunftserteilung durch die Staatsregierung - Abs c h n i t t XVIII, Eingaben und Beschwerden -, XIV, Verfahren bei An­klagen gegen Mitglieder der Staatsregierung oder des Landtags, Abschnitt XX, Verfahren bei Ver­fassungsstreitigkeiten, - Abschnitt XXI, Sitzun­gen, - A b s c h n i t t XXII, Landtag und Staatsregie­rung, - Abs c h n i t t XXIII, Abstimmung. Hierzu liegt ein Abänderungsantrag auf Neufassung des § 141 Absatz 2 vor, betreffend die kurze mündliche Erklärung vor der Abstimmung. Wer für die Annahme ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke schön! Wer ist dagegen? - Einen Moment bitte.

(Zurufe von der Opposition: Angenommen!)

Nein, wer für die Annahme des SPD-Antrags unter Nr. 2 ist--

(Heiterkeit und Widerspruch bei den Oppositionsparteien und Zuruf des Abg. Kamm)

- Herr Kollege Kamm, auf Irrtümern bauen wir keine Entscheidungen auf; den Irrtum haben Sie doch deutlich gesehen. Wer für die Annahme des Antrages ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke schön! Wer stimmt dagegen? - Danke schön. Jetzt ist es klar. Wer enthält sich der Stimme? - Ohne Ge­genstimmen mit Mehrheit abgelehnt.

(Widerspruch)

Selbstverständlich ohne Stimmenthaltung mit Mehr­heit abgelehnt.

(Abg. Hochleitner: Ihr müßt langsam einen Stimmführer anstellen!)

Abs c h n i t t XXIV, Beurkundung der Verhandlun­gen -, Abs c h n i t t XXV, Landtagsamt und Lan­desamt für Kurzschrift -, Abschnitt XXVI, Die Ge­schäftsordnung, Übergangsbestimmung. - Dann habe ich noch abstimmen zu lassen über den Beschluß des Geschäftsordnungsausschusses vom 10. Septem­ber: „Als Tag des 1 n kraft treten s wird der 1. Oktober 1974 bestimmt."

Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Hand­zeichen. - Danke schön! Die Gegenstimmen! -Keine. Enthaltungen? - Keine.

Ich bitte, weiterhin zu beschließen, daß die An -1 a g e 1, Gesetz über Untersuchungsausschüsse, und An 1 a g e II, Petitionswesen, Bestandteile der Ge­schäftsordnung sind. In der Geschäftsordnung wird

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5196 Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74

(Präsident Hanauer)

ausdrücklich darauf hingewiesen. Ich bitte um das Handzeichen bei Zustimmung. - Danke. Die Gegen­probe! - Keine Gegenstimmen. Stimmenthaltungen? - Keine. Einstimmig angenommen.

Der Beschluß des Ausschusses für die Geschäfts­ordnung und Wahlprüfung vom 10. September hat in seiner Ziffer 2 noch die Formulierung:

In den §§ 72 Absatz 3, 73 Satz 2 und 3, 74 Satz 1 und 2, 78 Absatz 1, 87 Absatz 2 und 102 Absatz 2 wird jeweils vor „20 Abgeordnete(n)" eingefügt: „eine(r) Fraktion oder".

Diese Formulierung soll grundsätzlich durch die gan­ze Geschäftsordnung laufen, nämlich „eine Fraktion oder 20 Abgeordnete".

Besteht Einverständnis mit dieser Angleichung in al­len einschlägigen Bestimmungen? - Widerspruch er­hebt sich nicht. Einstimmig angenommen.

Meine Damen und Herren, ich darf diese soeben in den Einzelabstimmungen beschlossene Geschäfts­ordnung einer S c h 1 u ß ab s t i m m u n g unterzie­hen, um sie dann, wie früher, durch Bekanntmachung im Gesetz- und Verordnungsblatt zur Veröffentli­chung zu bringen. Wer dieser Geschäftsordnung sei­ne Zustimmung geben will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. - Danke. Wer stimmt dagegen? -Wer enthält sich der Stimme? - Bei 2 Stimmenthal­tungen ohne Gegenstimmen angenommen. Damit haben wir dem neuen Landtag die Grundlage seines „Hausgesetzes" geschaffen.

Ich rufe auf den Pu n kt 1/1 der Tagesordnung, den

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Gabert, Dr. Kaub, Dr. Rothemund und Fraktion betreffend Publi­kationen der Staatsregierung (Drucksache 7238)

(Zuruf von der SPD)

- Ich rufe der Reihe nach zuerst einmal den ersten Punkt auf.

Herr Kollege Dr. Kaub, bitte.

Dr. Kaub (SPD): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Im Hinblick auf die fortgeschrittene Zeit wer­de ich mich bemühen, eine kurze Begründung zu ge­ben. Die SPD-Fraktion hat auf Drucksache 7238 fol­genden D r i n g 1 i c h k e i t s a n t r a g gestellt, den ich verlesen will:

Der Landtag wolle beschließen:

Der Oberste Rechnungshof wird gemäß Artikel 88 Absatz 3 der Bayerischen Haushaltsordnung er­sucht, eine gesonderte gutachtliche Äußerung über die von der Bayerischen Staatsregierung in der 7. Legislaturperiode des Landtags herausgege­benen Publikationen abzugeben. In diesem Gut­achten ist insbesondere zu prüfen, 1. ob sich alle Publikationen im Rahmen der vom Bundesverfas­sungsgericht im Urteil vom 19. Juli 1966 gezogenen Grenzen gehalten haben, 2. ob die Publikationen

auch unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlich­keit und Sparsamkeit gerechtfertigt waren, 3. wel­che Auflagen und welchen Verteiler die einzelnen Publikationen hatten, und 4. welche Kosten für die einzelnen Publikationen angefallen sind.

Meine Damen und Herren, zur Begründung darf ich darauf verweisen, daß unsere Fraktion der Meinung ist, daß ganz selbstverständlich auch die Bayerische Staatsregierung das Recht hat, ihre Arbeit in Publi­kationen darzustellen. Infolgedessen möchte ich gleich Ihren möglichen Einwand vorwegnehmen. Wir wissen, daß auch andere Länder ihre Arbeit darstel­len, daß dies auch in Ländern geschieht, die von So­zialdemokraten geführt werden und daß es dort man­che Kritik gibt, die wir auch im Prinzip für gerecht­fertigt halten. Aber wir haben hier nur zu untersu­chen, inwieweit sich die von der Bayerischen Staats­regierung im laufe der letzten Legislaturperiode her­ausgegebenen Broschüren noch im zulässigen Rah­men bewegen.

Ich darf darauf verweisen, daß das Bundesverfas­sungsgericht im Urteil vom 19. Juli 1966 unter ande­rem folgenden Satz festgestellt hat, den ich mit Er­laubnis des Herrn Präsidenten hier wörtlich zitieren darf:

Weiterhin ist unbedenklich, die sogenannte Öffent­lichkeitsarbeit von Regierung und gesetzgebenden Körperschaften, soweit sie, bezogen auf ihr Or­gantätigkeit, der Öffentlichkeit ihre Politik, ihre Maßnahmen und Vorhaben sowie die künftig zu lösenden Fragen darlegen und erläutern.

(Zuruf von der CSU)

Das ist der Entscheidungssatz des Bundesverfas­sungsgerichts. Meine Damen und Herren, eine Über­prüfung muß sich in diesem Rahmen bewegen. Außerdem muß jeweils geprüft werden, inwieweit die herausgegebenen Publikationen nach dem Gesichts­punkt der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit noch verantwortet werden können. Wir haben den Ein­druck, daß nicht alles, was im laufe der letzten Le­gislaturperiode publiziert wurde, an diesem Maßstab gemessen werden kann, daß es sich in dem zulässi­gen Rahmen noch hält.

Ich habe in diesen Tagen die An t wo r t auf m e i n e s c h r i f t 1 i c h e A n f r a g e zu diesem Thema bekommen, so daß wir heute schon etwas mehr über diese Problematik wissen. So wissen wir zum Beispiel, daß die Bayerische Staatsregierung im laufe der letzten vier Jahre zirka 300 Publikationen herausgab mit einer Gesamtauflage von etwa 40 Mil­lionen Exemplaren und dafür etwa 14 Millionen DM aufgewandt wurden. Leider hat uns die Staatsregie­rung keine Auskunft darüber gegeben, wie sich diese Kosten auf Honorare, Vertrieb und Herstellungsko­sten verteilen. Ich hoffe, daß wir durch die Überprü­fung durch den Obersten Rechnungshof nachher mehr wissen.

Meine Damen und Herren, ich will nur einige wenige Beispiele herausgreifen aus dem, was in den letzten Jahren publiziert wurde. So wurde beispielsweise schon vor einem Jahr vom Kollegen Klasen - -

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Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74 5197

Präsident Hanauer: Herr Kollege Meyer, bitte, nein! Wenn dem Redner keine Hilfsmittel genehmigt sind, kann man sie auch nicht dem einzelnen Abgeord­neten gestatten.

(Abg. Dr. Helmut Meyer, eine Broschüre hoch­. haltend: Ich habe mir nur erlaubt, herumzu­zeigen, was die Bayerische Staatsregierung her­

ausgibt!)

Dr. Kaub (SPD): - - der Kalender beanstandet, den das Ministerium für Landesentwicklung und Umwelt­fragen herausgegeben hat. Heute wissen wir, daß dieser Kalender 46 000 DM gekostet hat, nach unse­rer Auffassung eine unzulässige Ausgabe, die unter keinen Gesichtspunkten gerechtfertigt ist. Heute wis­sen wir, daß die Broschüre „Bayerns Zukunft si­chern" 350 000 DM gekostet hat. Und wenn wir jetzt durch die Antwort der Staatsregierung erfahren, daß der Auotaufkleber „Gast in Bayern" in einer Auflage von 500 000 Exemplaren hergestellt und über 20 000 DM gekostet hat, dann bin ich sicher, daß der Oberste Rechnungshof genügend Material hat, um festzustellen, daß sich die Publikationen der Staats­regierung nicht in dem zulässigen Rahmen gehalten haben.

(Abg. Neubauer: Das wollen wir abwarten! -Weitere Zurufe von der CSU)

- Ich verstehe ja Ihre Erregung!

(Abg. Diethei: Was heißt hier Erregung?! - Hei­terkeit und Zurufe bei der CSU - Abg. Kaps: Man müßte halt selbst Bayer sein, um dafür

Verständnis zu haben!)

- Herr Kollege Kaps, wenn Sie so sicher sind, daß sich die von mir zitierten Publikationen der Staats­regierung in dem zulässigen Rahmen halten, dann werden Sie nachher unserem Dringlichkeitsantrag zustimmen, denn dann haben Sie nichts zu verber­gen, sondern warten im Gegenteil darauf, daß Ihnen der Oberste Rechnungshof bestätigen wird, alles ist in bester Ordnung. Wenn dieser Tag kommt, Herr Kollege Kaps, gehen wir zusammen einen trinken, aber ich fürchte, darauf werde ich ewig warten müs­sen.

Oder schauen wir uns die Broschüre, diese sehr miß­glückte Broschüre „Och ihr Bayern!" an,

(Abg. Neubauer: Eine sehr gute Broschüre!)

die 29 000 DM gekostet hat, oder die Publikation „Neue Kraft in neuen Kreisen", wofür 74 000 DM aus­gegeben worden sind. Selbst wenn man den Betrag verzehnfachen würde und dafür 740 000 DM aufge­wendet hätte, wäre in die neuen Kreise immer noch keine neue Kraft hineingekommen, denn heute wis­sen wir, und Sie erzählen es uns ja auch im Ge­spräch draußen, daß diese Landkreisreform ohne eine tatsächliche Funktionsreform völlig für die Katz war und nicht einmal den Aufwand von 74 000 DM rechtfertigt.

(Beifall bei der SPD)

Schauen wir uns die Faltkarten an, die das Entwick­lungsministerium herausgegeben hat, die - ich hatte schon einmal Gelegenheit, sie zu glossieren - ein­fach unbrauchbar sind, weil kein Mensch danach wandern kann. Aber man hat sich dennoch nicht ge­scheut, dafür eigene Luftaufnahmen anfertigen zu lassen, um mit großem Aufwand und dem Bild des Ministers die Freizeitkartei unters Volk zu bringen.

Wenn ich lese, daß zum Beispiel die Publikationen über den bayerischen Alpenpark 21 400 DM gekostet haben, so frage ich mich,

(Abg. Neubauer: Daran ist doch die Bevölkerung interessiert!)

ob wir den Alpen-Nationalpark auch schon haben. Ich entsinne mich, daß im Frühjahr anläßlich des Deutschen Naturschutztages in Berchtesgaden der Bayerische Alpen-Nationalpark proklamiert wurde. Ich war in Berchtesgaden. Es wurde überhaupt nichts proklamiert, und das mit Fug und Recht, weil überhaupt noch nichts vorhanden war, überhaupt noch kein Beginn gemacht worden war. Es läuft erst das Raumordnungsverfahren, aber es gibt bereits eine Publikation über den Bayrischen Alpenpark in Höhe von 21 400 DM.

Präsident Hanauer: Herr Kollege Dr. Kaub, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Asenbeck?

Asenbeck (CSU): Herr Kollege Dr. Kaub, ist Ihnen bekannt, daß in allerletzter Zeit sämtlichen bayeri­schen Zeitungen eine sehr aufwendige Beilage des Bundesarbeitsministers Arendt beilag, und würden Sie meinen, daß man diese Beilage nicht auch unter dem Aspekt der bayerischen Wahl sehen muß?

(Abg. Dr. Helmut Meyer: Der informiert wenigstens richtig! - Heiterkeit bei der CSU und Zurufe)

Dr. Kaub (SPD): Herr Kollege Asenbeck, ich kann lh: ren Kollegen im Bundestag nur empfehlen, sich um diese Dinge zu kümmern und auch eine Überprü­fung zu verlangen. Wir fordern sie für die Publikatio­nen, die von der Bayerischen Staatsregierung her­ausgegeben wurden. Um kein anderes Thema kann es sich hier handeln.

(Abg. Neubauer: Das ist billig!)

- Aber natürlich, doch!

(Abg. Otto Meyer: Da reden wir aber auch noch mit!)

- Tun Sie das, Sie dürfen auch zustimmen. Ich be­daure, daß trotz des großen Aufwands, der da betrie­ben wurde, eines übersehen wurde: Man hat es nicht verstanden, alle Abgeordneten jeweils über die Pu­blikationen zu informieren. Ich muß gestehen, daß ich sehr viel Material selbst als Abgeordneter nicht bekommen habe. Ich vermute, Ihnen geht es genau so. Die Behauptung der Staatsregierung auf meine Anfrage, die Ministerien wären Anfang des Jahres nochmals verdonnert worden, allen Abgeordneten

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5198 Bayerischer Landtag ·STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74

(Dr. Kaub [SPD])

das Material doch auch zuzustellen, zeigt ja, daß es nicht funktioniert hat, zeigt aber auch, daß es jetzt noch nicht klappt. Es ist bedauerlich, daß bei einem solchen Riesenaufwand von 14 Millionen DM man nicht einmal der primitivsten Pflicht nachkommt, die Abgeordneten dieses Hauses zu informieren.

Ich bitte Sie, stimmen Sie unserem Dringlichkeits­antrag zu, damit wir die Möglichkeit haben, nach der Überprüfung durch den Obersten Rechnungshof uns erneut über die zulässigen Grenzen der Publikatio­nen der Staatsregierung zu unterhalten.

(Beifall bei der SPD)

Präsident Hanauer: Das Wort hat Abgeordneter Dr. Seid!.

Dr. Seidl (CSU): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der soeben begründete Dringlichkeitsantrag der Fraktion der SPD, abgedruckt auf Drucksache 7238, hat eine parlamentarische Vorgeschichte. Die Vorgeschichte besteht darin, daß der Kollege Dr. Kaub zwei s c h r i f t 1 ich e Anfragen an die Bayerische Staatsregierung gerichtet hat, und zwar eine Anfrage vom 8. Juli 1974 und eine zweite Anfrage vom 8. August 1974 über die Veröffentlichun­gen der Bayerischen Staatsregierung. In diesen bei­den Anfragen werden im Grunde schon die gleichen Fragen gestellt. Die beiden Anfragen betreffen den gleichen Gegenstand, der auch von diesem Dring­lichkeitsantrag mit umfaßt wird. Nun hat der Herr Kollege Dr. Kaub bereits erwähnt, daß die Baye­rische Staatsregierung diese beiden Anfragen inzwi­schen beantwortet hat. Aus rein technischen Grün­den war es noch nicht möglich, diese Antwort d e r B a y e r i s c h e n S t a a t s r e g i e r u n g ab­zudrucken. und allen Abgeordneten zuzuleiten. Mir scheint aber die Stellungnahme der Bayerischen Staatsregierung von so wesentlicher Bedeutung zu sein, daß ich sie wenigstens auszugsweise verlesen muß, und zwar deshalb, weil die Antwort der Bayeri­schen Staatsregierung auch Grundlage für die Ent­scheidung des Landtags sein muß.

(Zuruf)

- Sie werden es gleich merken, wie lang es sein wird.

(Heiterkeit)

Die Antwort des Herrn Ministerpräsidenten ist vom 20. September 1974. Ich will sie, wie gesagt, nur aus- . zugsweise verlesen. Sie ist übrigens nicht sehr lang. Lang sind nur die Anlagen, die beigefügt worden sind. Aber die werde ich nicht alle verlesen; denn die werden Ihnen ohnehin im Abdruck zugeleitet werden.

Hier wird vom Herrn Ministerpräsidenten folgendes aufgeführt:

Die Anfrage des Abgeordneten Dr. Kaub beant­worte ich wie folgt:

Zu 1. b) und c): - Die Anfrage selbst brauche ich nicht zu verlesen, weil sich ja aus der Antwort der Sinn der Frage ohne weiteres ergibt. -

Titel, Auflagen, Kosten, Haushaltsstellen und Zeit­punkte der Fertigstellung der Publikationen sind in der Anlage 1 zusammengestellt.

Die Aufgliederung der Kosten in Herstellungsko­sten, Honorare und Kosten für die Verteilung ist nicht möglich. Nach§ 24 Nr. 1 derVerdingungsord­nung für Leistungen, ausgenommen Bauleistungen (VOL), sind die Angebote auch nach der Zu­schlagserteilung vertraulich zu behandeln. Bei Be­kanntgabe der Herstellungskosten in dieser Ant­wort könnten die Teilnehmer an Ausschreibungen erkennen, zu welchen Bedingungen Konkurrenten den Zuschlag erhalten haben.

Dieses Hindernis steht auch der Bekanntgabe der Kosten einer Anzeigenserie entgegen, die im Wege der Ausschreibung nach der VOL in Auftrag ge­geben wurde.

- Und jetzt fährt der Herr Ministerpräsident fort: -

Die Staatsregierung ist selbstverständlich bereit, den Landtag in einer Form zu unterrichten, die ein Bekanntwerden von Ausschreibungsunterlagen aussch 1 ießt.

- Soweit die Ausführungen des Herrn Ministerpräsi­denten zu dem ersten Komplex der Fragen des Herrn Kollegen Dr. Kaub.

Ich möchte von mir aus hinzufügen, daß von uns aus nicht die geringsten Bedenken dagegen bestehen, daß in einer nicht-öffentlichen Sitzung des Ausschus­ses für den Staatshaushalt und Finanzfragen auch die Probleme erörtert werden, die aus den dargeleg­ten und meiner Ansicht nach überzeugenden Grün­den in der Beantwortung der schriftlichen Anfragen noch nicht beantwortet werden konnten.

Der Herr Ministerpräsident führt weiter aus:

Zu 2.:

Bei der Staatskanzlei, den Staatsministerien und dem Staatsminister für Bundesangelegenheiten be­steht grundsätzlich die Übung, von'allen Broschü­ren gleich nach ihrem Erscheinen allen Mitgliedern des Landtags und des Senats Exemplare zuzusen­den, meist durch Einlegen in die Fächer in den Räumen des Landtags und des Senats. Diese Handhabung wurde erst wieder in einer Dienstbe­sprechung der Presse- und Informationsreferenten der Ressorts zu Beginn dieses Jahres dahin be­kräftigt, daß die Abgeordneten des Bayerischen Landtags und die Mitglieder des Senats ·über das Landtagsamt und das Senatsamt je ein Exemplar erhalten. Während längerer Sitzungspausen des Landtags und des Senats sollen diese Druckwerke den Abgeordneten an ihre Heimatadressen zuge­stellt werden.

- Soweit dieser Auszug aus der Stellungnahme des Herrn Ministerpräsidenten auf die beiden schrift­lichen Anfragen des Herrn Abgeordneten Dr. Kaub.

Nun, meine sehr geehrten Damen und Herren, habe ich vor mir die An 1 a g e n , die dieser schriftlichen Antwort des Herrn Ministerpräsidenten beigefügt wurden. Das sind insgesamt drei Anlagen. Die An-

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Bayerischer Landtag ·STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74 5199

(Dr. Seid! [CSU])

lage 1 - das ist wesentlich zu wissen, meine sehr geehrten Damen und Herren, damit Sie eine richtige Entscheidung über diesen Antrag der SPD-Fraktion treffen können - ist genau nach den Geschäftsberei­chen aufgegliedert. Es beginnt also mit der Staats­kanzlei, und in der Folge werden dann alle Ge­schäftsbereiche, also alle Staatsmiriisterien, aufge­führt. Es wird genau darüber Auskunft gegeben, wel­che Publikationen die Bayerische Staatsregierung, also die Staatskanzlei und die einzelnen Ministerien, in der in Frage kommenden Zeit, nämlich während dieser Legislaturperiode, veröffentlicht hat. Das sieht so aus - Sie werden es dann selbst lesen -: Zu­nächst der Titel der Veröffentlichung, dann die Auf­lage. Hier hießt es z. B.: Datenverarbeitung in der bayerischen Verwaltung, Auflage 3000. Die nächste Spalte enthält die Kosten: 10 000 DM. In der nächsten Spalte wird dann die Haushaltsstelle angegeben. Hier heißt es: Kapitel 02 03, Titel 54 701. In der näch­sten Spalte steht das Datum der Fertigstellung: 1. Juli, 1971.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin der Meinung, daß diese Aus k u n f t d es H e r r n M i n i s t e r p r ä s i d e n t e n u m f a s s e n d ist,

(Lebhafter Beifall bei der CSU)

und daß jeder Abgeordnete dieses Landtags, sofern er sich überhaupt nur die Mühe macht, von diesen Publikationen Kenntnis zu nehmen, ohne weiteres in der Lage ist, die Richtigkeit dieser Aufstellung der Staatsregierung nachzuprüfen. Wir brauchen dazu keinen Rechnungshof

(Bravo! und Beifall bei der CSU - Zurufe von der SPD)

- Ihrer mündlichen Begründung habe ich ja ent­nommen, daß Sie selbst schon die Kosten zusam­mengestellt haben. Sie haben bei der Begründung -und das ist eine ganz einfache Arbeit - auf Grund dieser Auskunft des Herrn Ministerpräsidenten fest­gestellt, wieviele Publikationen zahlenmäßig über­haupt erfolgt sind und wieviel diese Publikationen gekostet haben. Herr Kollege Dr. Kaub, ich stelle hier fest: Sie haben mit keinem einzigen Wort be­hauptet - und Sie können es auch nicht behaupten -, daß diese Aufstellung des Herrn Ministerpräsidenten unvollständig, falsch oder irreführend wäre.

(Zurufe)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin also der Meinung, daß allein schon auf Grund dieser Aus­kunft des Herrn Ministerpräsidenten alles getan ist, um das Informationsbedürfnis jedes einzelnen Abge­ordneten, aber darüber hiriaus der gesamten Öffent­lichkeit, zu befriedigen.

Nun hat, meine sehr geehrten Damen und Herren, der Bayerische Oberste Rechnungshof sich selbst be­reits und zwar wiederholt, zu der Frage geäußert, ob es vernünftig ist, daß der Rechnungshof mit dieser Frage überhaupt befaßt werden soll oder ob man nicht vielmehr sagen muß: Das, was Sie, Herr Kollege

Dr. Kaub, vom Rechnungshof verlangen, ist nicht eine Sache der Rechnungsprüfung durch den Rech­nungshof oder die Rechnungsämter, sondern das ist in Wirklichkeit eine Ausübung der Kontrollfunktion dieses Parlaments selbst.

(Sehr richtig! und Beifall bei der CSU)

Ich habe vor mir ein Sc h reiben des Vize -p r ä s i d e n t e n des Bayerischen Obersten Recf1.. nungshofs an die Fraktion der SPD im Bayerischen Landtag, zu Händen des Herrn Abgeordneten Dr. Reinhold Kaub - dieses Schreiben haben Sie natürlich nicht zitiert - vom 21. August 1974. Aber auch dieses Schreiben sollte man wörtlich zitieren· denn es ist instruktiv, wie der Rechnungshof selbst eine solche Sache beurteilt. Es heißt nämlich in diesem Schreiben auf der Seite 2 - ich darf mit Er­laubnis des Herrn Präsidenten wörtlich zitieren -:

Die von Ihnen zitierte Entscheidung des Bundes­verfassungsgerichts ist dem Obersten Rechnungs­hof selbstverständlich bekannt. Sie dient ihm wie auch den anderen Rechnungshöfen als Prüfungs­maßstab dafür, inwieweit auch aus der Sicht der Haushalts- und Wirtschaftsführung Einwirkungen von Staatsorganen auf den Prozeß der Meinungs­und Willensbildung des Volkes zulässig sind. Bei dem Bemühen, hier richtige und praktikable Ab­grenzungen zu finden, können allerdings auch Art und Umfang der Öffentlichkeitsarbeit der Bundes­und anderer Landesregierungen nicht ganz außer Betracht bleiben.

- Dazu werde ich nachher noch einige Bemerkungen machen. -

Außerdem wird der Rechnungshof streng darauf zu achten haben,

- Herr Kollege Dr. Kaub! -

sich einer politischen Qualifikation des Inhalts solcher Schriften zu enthalten, um nicht in die Rolle einer politischen Kontrollinstanz der Regie­rung zu geraten.

Ende des Zitats.

Ich meine, daß allein schon dieser Brief des Vize­präsidenten des Bayerischen Obersten Rechnungs­hofs Sie daran hätte hindern sollen, hier überhaupt einen solchen Dringlichkeitsantrag einzubringen.

(Lebhafter Beifall bei der CSU - Weiterhin Zurufe von der CSU: Wahlkampf!)

Und nun, meine sehr geehrten Damen und Herren, ein w e i t e r es S c h r e i b e n des Bayerischen Obersten Rechnungshofs, und zwar an einen einzel­nen Bürger, der, sich an den Bayerischen Obersten Rechnungshof gewandt hat. Den Namen will ich nicht zitieren. Es ist ein Schreiben des Rechnungshofs vom 12. August 1974:

Betreff: Broschüre „Bayerns Zukunft sichern". Zu Ihrem Schreiben vom 1. August 1974.

Mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten darf ich auch dieses Schreiben auszugsweise zitieren.

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5200 Bayerischer Landtag ·STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74

(Dr. Seidl [CSU])

Sehr geehrter Herr Professor!

- Es handelt sich um ein Schreiben des Präsidenten des Bayerischen Obersten Rechnungshofs. -

Auf Ihr Schreiben hin, für das wir Ihnen danken, haben wir uns über die Herausgabe und die Ver­teilung der Broschüre „Bayerns Zukunft sichern" informiert. Weder das eine noch das andere ist nach unserer Ansicht zu beanstanden. Mit der Herausgabe der Broschüre - das gleiche gilt für die Anzeigen „Die Bayerische Staatsregierung be­richtet" - hält sich die Bayerische Staatsregierung im Rahmen dessen, was das Bundesverfassungs­gericht in seinem Urteil über die Parteienfinanzie­rung vorn 19. Juli 1966

- Sie selbst haben das auszugsweise bereits ver­lesen -

für zulässig erachtet hat. Das Bundesverfassungs­gericht hat dort wörtlich ausgeführt:

„Weiterhin ist unbedenklich die sogenannte Öffent­lichkeitsarbeit von Regierung und gesetzgebenden Körperschaften, soweit sie bezogen auf ihre Or­gantätigkeit, der Öffentlichkeit ihre Politik, ihre Maßnahmen und Vorhaben sowie die künftig zu lösenden Fragen darlegt und erläutert."

Daß die von der Bayerischen Staatsregierung ver­folgte Politik auf den Grundvorstellungen der Partei beruht, von der die Staatsregierung nach dem Wählerwillen getragen wird, liegt im Sinne der Demokratie.

(Starker Beifall bei der CSU)

Die Informationsbroschüre wurde von der Bayeri­schen Staatsregierung den im Landtag vertretenen politischen Parteien zum kostenlosen Bezug ange­boten. Soweit von diesem Angebot Gebrauch ge­macht wurde, haben Abgeordnete diese Broschüre erhalten. Sie konnten sie auf eigene Kosten ver­teilen, sämtliche Parteien, sämtliche Fraktionen. Staatliche Mittel wurden für die Verteilung nicht aufgewendet, so daß auch insofern kein Anlaß zu einer Beanstandung des Obersten Rechnungs­hofs gegeben ist.

Ende des Zitats.

(Beifall bei der CSU)

Nun; meine sehr verehrten Damen und Herren, was mich persönlich an diesem Dringlichkeitsantrag stört, ist folgendes: Die Antragsteller gehen ganz offenkundig von einem Staatsbegriff aus, von dem ich bis jetzt angenommen habe, daß er eigentlich der Vergangenheit angehören sollte. Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren, in einem modernen Ver­fassungsstaat ist es nicht Aufgabe des Staates, der Staatsregierung, des Landtags, des Senats, nur oder in erster Linie Hoheitsakte zu erlassen, sondern die Hauptaufgabe in einem modernen, in einem neuzeit-

liehen Verfassungsstaat ist die Vorsorge für die Existenz des einzelnen Bürgers. Meine sehr geehr­ten Damen und Herren! Diese Aufgabe kann aber nicht gelöst werden, ohne die tätige Mitwirkung aller Schichten unserer Bevölkerung. Es ist die Auf­gabe jeder Staatsregierung, die notwendige Aufklä­rung zu leisten, um die Mitarbeit aller unserer Bür­ger bei den Maßnahmen zu finden, die die Regierung getroffen hat, die aber insbesondere auch dieser Landtag beschlossen hat. Aus diesem Grunde bin ich der Meinung, daß auf diesem Gebiet im Grunde eigentlich nicht genug getan werden kann.

(Beifall bei der CSU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir uns vor Augen halten, daß im Jahre 1974 der Frei„ staat Bayern ohne den Nachtragshaushalt 19,4 Mil­liarden DM ausgibt, wenn ich mir weiter vor Augen halte, daß wir fast eine Viertelmillion öffentliche Bedienstete im öffentlichen Dienst in Bayern haben, dann meine ich, daß dieser Betrag, der vom Kolle­gen Dr. Kaub genannt wurde, so gering ist, daß es sich nicht lohnt, näher darüber zu diskutieren, ob dieser Betrag noch angemessen ist.

(Beifall bei der CSU - Abg. Albert Meyer: Jede Waschmittelfirma gibt mehr

für die Werbung aus!)

Ich möchte abschließend noch folgendes bemerken: In dem schreiben des Obersten Rechnungshofs wur­de bereits darauf hingewiesen, daß z. B. die Bundes­regierung im laufenden Jahr ihre Ausgaben für das Presse- und Informationsamt ganz wesentlich erhöht hat. Die Zahlen der Bediensteten - die Zahlen sind Ihnen allen inzwischen bekannt geworden - sind erheblich angestiegen. Herr Kollege Dr. Kaub! Die Bundesregierung hat nach dem Ist-Ergebnis des Haushalts 1973 allein für die Inlandsarbeit 93,5 Mil­lionen DM ausgegeben. Im Haushalt 1974 sind dafür 131,5 Millionen DM veranschlagt.

(Hört! bei der CSU)

Das ist eine Steigerung von 40 Prozent in einem Jahr.

(Uii! bei der CSU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir würden diesem Antrag der Fraktion der SPD zustimmen, wenn die Opposition auch nur ein einziges Beispiel hätte nennen können, auch nur einen einzigen Fall, in dem die Bayerische Staatsregierung die Haus­haltsansätze überschritten hat. Alles andere zu prü­fen, ist nicht Aufgabe des Rechnungshofs, sondern ist die politische Aufgabe dieses Landtags. Wir wür­den uns selbst ein Armutszeugnis ausstellen, wenn wir die Kontrollfunktion des Landtags in einer so wichtigen Sache an den Rechnungshof .abtreten würden.

(Starker Beifall bei der CSU)

Aus diesem Grunde wird die Fraktion der CSU diesen Antrag ablehnen.

(Erneuter starker Beifall bei der CSU)

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Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74 5201

Präsident Hanauer: Das Wort hat der Herr Kollege Kuhbandner.

Kuhbandner (SPD): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich verstehe nicht, warum sich der Herr Kollege Seid! in einer leidenschaftlichen Rede gegen die Bestimmungen wendet, die dieses Haus insge­samt, und das auf Vorschlag der Staatsregierung selbst, beschlossen hat. Ich darf daran erinnern, daß sich dieses Hohe Haus eine Haushaltsordnung -auf Vorschlag der Staatsregierung - gegeben hat, daß dieses Hohe Haus mit dieser Haushaltsordnung einstimmig dem zugestimmt hat, daß der Oberste Rechnungshof auf Ersuchen des Landtags, des Se­nats oder der Staatsregierung Gutachten über Fra­gen zu erstellen hat, deren Beantwortung für die Haushaltsführung von Bedeutung ist, und daß es im Artikel 7 Absatz2 Satz 1 festgelegt hat: Für geeignete Maßnahmen von erheblicher finanzieller Bedeutung sind Nutzen-Kosten-Untersuchungen anzustellen.

Nun kann man natürlich streiten, ob das Ausgaben in erheblichem Umfang sind. Ich darf hier auf­zählen: Im Einzelplan 02 stehen dem Herrn Ministerpräsidenten zur Verfügung im Titel 529 01 110 000 DM, im Titel 531 01 185 000 DM, im Titel 526 71 200 000 DM, im Titel 547 01 1 500 000 DM, Im Titel 547 03 100 000 und im Titel 531 71 900 000 DM. Das sind 2 995 000 DM. Die Mittel sind gegenseitig deckungsfähig. Es braucht erst gar nicht mehr darüber geredet zu werden, wie sie verwandt werden. Der Innenminister hat zur Verfügung im Titel 531 01 355 000 DM und im Titel 531 01 012 200 000 DM,

(Abg. Wengenmeier: Das ist doch be­kannt, das ist beschlossen! - Mehrere

Zurufe von der CSU)

das sind 555 000 DM. Ich weiß, daß das nicht gut klingt, aber das müssen wir jetzt einmal, ob das von ausschlaggebender Bedeutung ist, in diesem Hause doch einmal bekannt machen.

(Abg. WengeniTieier: Das wissen wir doch alle!)

Der Justizminister hat zur Verfügung im Titel 531 01 150 000 DM; er ist sehr bescheiden. Der Kultusmini­ster hat im Titel 531 01 335 000 DM und im Titel 531 73 2 450 000 DM, das sind also 2 785 000 DM. Der Finanzminister ist der allerbescheidenste aller Minister, er hat nur 130 000 DM.

(Abg. Wengenmeier: Das wissen wir doch aus der Haushaltsberatung! - Zuruf

von der CSU: Das steht alles im Haus­halt! - Weitere zahlreiche Zurufe von

der CSU)

Meine Damen und Herren! Wir handeln heute haus­haltspolitisch etwas ab, und da müssen wir schon wirklich aufzeigen, wo die Mittel stehen; denn der Herr Kollege Seid 1 war ja vorhin der Meinung: Wir brauchen keinen Rechnungshof, wir üben die Kontrollfunktion mit 124Abgeordneten als Mehrheits­fraktion so aus, wie wir sie brauchen;

(Beifall bei der SPD)

und wenn's der Opposition nicht paßt - die kann sich ja dann hier aus dem Saal begeben!

(Beifall bei der SPD - Widerspruch bei der CSU)

So kann man die Minderheit in diesem Parlament nicht behandeln, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD - Lebhafte Zurufe von der CSU)

Der Herr Minister für Wirtschaft und Verkehr hat unter Titel 531 155 000 DM, der Herr Landwirt­schaftsminister nur 20 000 DM und 30 000 DM die Staatsforstverwaltung, der Sozialminister 430 000 DM, im Sammelansatz des Einzelplans 13 sind zur Verstärkung nochmal 440 000 DM unter Titel 53111 und im Streibl-Ministerium haben wir dann nur 220 000 DM - vorerst einmal!

(Heiterkeit bei der SPD)

Präsident Hanauer: Herr Kollege Kuhbandner, ge­statten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Dietz?

Dietz (CSU): Herr Kollege Kuhbandner, ich hätte gern schon früher eingegriffen, als Sie die Zahlen genannt haben - -

(Zurufe, u. a. vom Abg. Schneier: Einge­griffen ist gut! Welch eine Überheblich­keit! Wer ist denn der Herr Präsident?

Dietz? - Heiterkeit bei der SPD)

Präsident Hanauer: Ich weiß, der Kollege Dietz hätte gern früher von mir das Zeichen bekommen, aber ich mußte erst die Zahlenreihe des Herrn Kollegen Kuhbandner auslaufen lassen.

Dietz (CSU): Finden Sie nicht auch, daß die Summe, die Sie beispielsweise für den Herrn Ministerpräsi­denten genannt haben und die ihm zur Verfügung steht, mit etwas über 21/2 Millionen Mark ein beschei­dener Ansatz ist, gemessen an dem, was für Werk­verträge in München und solche Dinge ausgegeben wird?

(Vereinzelter Beifall bei der CSU - Zurufe von der SPD)

Kuhbandner (SPD): Herr Kollege Dietz, ich werde auf diesen „bescheidenen" Betrag und seine Ver­wendung noch einmal zurückkommen.

Ich darf aber jetzt hier zusammenfassend sagen, das sind immerhin 7 810 000 DM. Hinzu tritt - und das ist jetzi das Gravierende! - eine nicht bestimm­bare und nicht ausscheidbare Summe in dem Sam­melansatz der Sachausgaben des Nachtragshaus­halts, die mit 74 Millionen DM dort angesetzt sind, und aus denen, wie in der Erläuterung steht, alle übrigen Ansätze nach Bedarf bedient werden könllen.

(Zurufe von der CSU)

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5202 Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74

(Kuhbandner [SPD])

- Nein, ich rege mich wirklich nicht auf!

(Abg. Kaps: Sonst muß sich der Parteifreund Fritsch wieder von Dir distanzieren!)

- Nein, das braucht er wirklich nicht!

(Heiterkeit)

Ich darf also nur sagen, daß das natürlich eine gravierende Summe ist, über die wir auch einmal Rechnung gelegt haben wollen und über deren Ver­wendung noch etwas zu sagen ist.

Zu diesen Sachausgaben treten hinzu die P e r so -n a 1 k o s t e n der Pressereferate der Einzelministe­rien. Dazu ist festzustellen, daß B a y e r n die dop­pelte Zahl der Pressemitarbeiter der Staatsregierung hat als zum Beispiel das große Land N o r d r h e i n -West f a 1 e n.

(Zurufe von der CSU, u. a. vom Abg. Wengenmeier: Wir informieren halt auch

gründlicher!)

Nordrhein-Westfalen hat 40 Beschäftigte; das Land Bayern hat 80 Beschäftigte!

(Zurufe von der CSU)

Wenn ich diese 80 Beschäftigten, die in der Haupt­sache dem Höheren Dienst angehören, nur mit 35 000 DM ansetze, dann sind das wieder 2 800 000 DM. Wenn ich dann nur 10 Prozent Sach­bedarf dazunehme, sind das nochmal 280 000 DM und damit insgesamt 11 Millionen Mark für Öffent­lichkeitsarbeit bei einem Haushalt von 20,3 Milliar­den DM, also eine Summe, die wirklich beachtlich ist und die in der Rechnungslegung nie nachzuwei­sen ist, die gegenseitig übertragbar ist und damit auch nicht nachkontrollierbar wird. Und bei der gravierenden Haushaltslage, die auch der Herr Fi­nanzminister jetzt wiederholt betont, müßte es im Interesse dieses Parlaments sein und auch der Mehr­heitsfraktion, daß jetzt die Gebote, die wir uns selbst in der Bayerischen Haushaltsordnung gegeben ha­ben, bedacht werden.

Nun zu Ihrer Frage zurück, Herr Kollege Dietz. Sie wollten wissen, ob mir der Betrag, den der Herr Ministerpräsident zur Verfügung hat, zu hoch ist. Ich darf dazu sagen - wie mein Freund und Kollege Dr. Kaub bereits ausgeführt hat -, daß wir hier den bayerischen Etat zu beobachten haben und daß Sie das Recht haben, den Bundesetat über Ihre Bundes­tagsabgeordneten einer gleichen Überprüfung zuzu­führen.

(Zurufe von der CSU)

Meine Damen und Herren! Dieses schöne Heftehen „Bayerns Zukunft sichern",

(Zurufe von der CSU)

das sehr kostenaufwendig mit Steuermitteln bezahlt als Zeitungsbeilage verteilt wurde, hatte als Anlage und Inhalt dieses Flugblatt.

(Der Redner zeigt ein Flugblatt vor)

Es ist ein Flugblatt von zwei CSU-Kandidaten, dem Herrn Dietz und dem Herrn Lukas.

(Zurufe -Abg. Dr. Seidl: Das hätten Sie genau so machen können!)

Es ist nicht feststellbar, wer die Kosten dieser Bei­lage bezahlt hat.

(Lebhafte Zurufe von der SPD und der CSU)

Und wenn Sie sich jetzt so sicher sind und eine so saubere Weste haben, gibt's für Sie nur Zustim­mung zu unserem Antrag,

(Beifall bei der SPD)

denn nicht nur Ihre Mehrheit schützt Sie dann, son­dern auch ein Bericht des Rechnungshofes!

(Abg. Wacher: Weil Sie eine schmutzige Phantasie haben!)

Präsident Hanauer: Herr Dr. Flath!

Dr. Flath (FDP): Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Anhaltende Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Ich werde mich bemühen, leidenschaftslos diesen Dringlichkeitsantrag auf seinen Gehalt hin zu über­prüfen und vielleicht auch an Sie als die Regierungs­partei einige Fragen zu stellen, damit ich Aufklärung darüber bekomme, inwieweit dem Dringlichkeits­antrag zugestimmt werden kann oder nicht. Denn Sie entnehmen dem Datum vom 24. September 1974, daß wir ihn erst gestern zugestellt bekommen haben.

Ich glaube, Einigkeit besteht wohl darüber, daß im Bayerischen Landtag die Fragen des Parlaments an die Bayerische Staatsregierung gestellt werden und daß wir uns damit in diesem hohen Hause zu be­schäftigen haben. Klarheit besteht wohl auch dar­über, daß keiner von uns - keiner von uns Parla­mentariern und keiner von der Regierungsbank -daran zweifelt, daß die Öffentlichkeitsarbeit gerade in der Demokratie einen außerordentlich hohen Stellenwert hat. Es wurde zurecht d.as Urteil des Bayerischen Verfassungsgerichts vom 19. Juli 1966 angeführt, das darüber absolute Klarheit geschaffen hat. Aber ich glaube, wir sind uns auch darüber einig, daß wir als Volksvertretung und selbstver­ständlich die Regierung an der Spitze dazu aufge­rufen sind, das bei diesen Dingen zu beachten, was wir bei Gesetzesvorlagen immer wieder fordern, nämlich Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Somit ist die Forderung dieses Dringlichkeitsantrags - so wie ich sehe - nach Klarheit und Wahrheit durch­aus verständlich, und ich glaube, daß die Bevölke­rung ein Recht darauf hat zu wissen, in welcher Form ihre Steuergelder ausgegeben werden. Denn es handelt sich in diesem Falle um Steuergelder und, wie ich meine, nicht um Parteigelder. Eine Frage, die mich natürlich interessiert bzw. die ich an Sie richten möchte, wäre - und ich bedauere es, Herr Kaub, daß Sie diese nicht in Ihrem Antrag gestellt haben -, wie der Verteiler der jeweiligeri Veröffentlichungen ist. Zumindest müssen wir fest­stellen, daß die Parlamentarier nicht dabei sind.

(Abg. Otto Meyer: Nicht immer!)

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Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74 5203

(Dr. Flath [FDP])

- Nicht immer! Ich gebe zu: mit Einschränkung.

Zweitens würde mich natürlich durchaus interessie­ren, wie sich der Versandtermin und die Frequenz der Sendungen im Verhältnis zu dem Wahltermin abzeichnen, ob es eine kontinuierliche Arbeit ist oder ob es eine Arbeit ist, die ganz speziell vor Wahlterminen forciert wird. Ich glaube, darüber Aus­kunft zu erhalten, wäre recht wünschenswert. Und dazu brauchen wir keinen Obersten Rechnungshof. Dazu brauchen wir eine klare Auflistung der Dinge.

Nun zu Ihnen, Herr Kollege Seidl! Ich persönlich bin relativ neu im Parlament. Aber ich finde eigentlich nichts bei dem Verfahren, daß man durch eine oder mehrere Schriftliche Anfragen das aufbereitet, was um der Information willen erforderlich ist, um diese Dinge zu überprüfen.

(Abg. Dr. Seidl: Da finden wir auch nichts dabei!)

Ich glaube, daß diese Dinge auch lediglich auf die Fragen 3 und 4 Bezug haben, daß die Beantwortung dieser Anfragen lediglich die Punkte 3 und 4 des Dringlichkeitsantrages abdeckt, aber sicherlich nicht in der Lage ist, den P u n kt 2 zu beantworten. Denn dieser Punkt 2 sollte. - so meine ich - von einer neutralen Stelle beantwortet werden, und das scheint doch wohl der 0 berste Rech n u n g s h o f zu sein.

Des weiteren glaube ich schon, daß der Oberste Rechnungshof eine wertvolle Hilfestellung leistet. Denn dieser Oberste Rechnungshof in seiner neu­tralen Stellung und mit seinem neutralen Gutachten ist sicherlich eine notwendige und wünschenswerte Hilfe für unsere Arbeit. Keiner verlangt von ihm - und ich würde es auch ablehnen -, daß er politische Wertungen dabei setzt. Wir haben aus dem Ergebnis der Untersuchung dann unsere politischen Wertun­gen zu treffen, jeder nach seiner Art.

Auch dazu das eine: Ich habe einfach das Gefühl - und ich glaube, sehr viele meiner Freunde eben­falls -, daß gerade der Informationsfluß seitens der Regierung uns gegenüber oft zu wünschen übrig läßt und daß es leider sehr oft der Initiative der Oppositionsparteien bedarf - z. B. dieses Dringlich­keitsantrags -, um diesen Informationsfluß zu be­schleunigen und in seiner Quantität und Qualität zu verbessern.

Abschließend lassen Sie mich das eine sagen: Ich habe den Eindruck - und ich hoffe, daß Sie den Eindruck verwischen können -, daß Sie diesem Dringlichkeitsantrag deswegen skeptisch gegenüber­stehen, weil Sie glauben, daß dabei Dinge zur Spra­che kommen oder aufgedeckt werden könnten, die Sie verschleiert haben wollen.

(Beifall bei der Opposition)

Denn ich kann mir einfach nicht vorstellen, warum Sie einem absolut neutralen und klaren Antrag nicht zustimmen wollen. Sie begeben sich doch in dem Fall in den Verdacht, daß Sie etwas zu verschleiern haben und das Licht der Überprüfung scheuen.

Präsident Hanauer: Herr Kollege Dr. Flath, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Bruno Merk?

Dr. Flath (FDP): Ich bitte darum.

Dr. Merk (CSU): Herr Kollege Dr. Flath, wenn Sie von Verschleierungsabsichten sprechen, ist Ihnen bekannt, daß in der vom Herrn Ministerpräsidenten als Anlage 1 zugeleiteten Stellungnahme zu der An­frage von Herrn Dr. Kaub sämtliche Veröffentlichun­gen der Bayerischen Staatsregierung, auch in ihrer zeitlichen Abfolge vom Beginn dieser Legislaturpe­riode an von 1970 bis 1974, aufgeführt sind, und können Sie dann Ihren Verdacht, den Sie geäußert haben, noch aufrechterhalten, daß sich etwa eine einseitige Konzentration dieser Veröffentlichungen auf den Wahltermin ergebe und dabei weswegen die Staatsregierung oder die CSU-Fraktion die Absicht habe, etwas zu verschleiern?

Dr. Flath (FDP): Herr Kollege Dr. Merk, dazu zwei Antworten: Erstens habe ich diese Beilage überhaupt noch nicht in den Händen. Selbst wenn ich sie ge­stern in den Händen gehabt hätte, werden Sie doch zugeben müssen, daß eine qualitativ wichtige und in der Aussage nachher zu eventuellen kritischen Bemerkungen Anlaß gebende Überprüfung nicht in­nerhalb so kurzer Zeit erfolgen kann.

(Zurufe von der CSU)

Das ist einfach unmöglich; das ist eine zeitliche Überforderung.

zweitens habe ich nicht gesagt, daß Sie etwas ver­schleiern wollen, sondern ich habe lediglich gesagt: Wenn Sie den Eindruck vermeiden wollen, daß Sie etwas verschleiern, dann können Sie diesem Dring­lichkeitsantrag zustimmen.

Präsident Hanauer: Herr Kollege Dr. Flath, gestatten Sie eine zweite Zwischenfrage des Herrn Abgeord­neten Dr. Merk?

Dr. Flath (FDP): Bitte!

Dr. Merk (CSU): Herr Kollege Dr. Flath, finden Sie es nicht noch viel eigenartiger, daß diese Fragen, die ja bei der Beratung der Haushalte einschließlich der vorher zitierten Ansätze durchaus hätten erörtert werden können, von der Opposition ganz gezielt zum jetzigen Zeitpunkt im Vorfeld der Wahlen ge­stellt werden?

(Lebhafter Beifall bei der CSU)

Dr. Flath (FDP): Herr Kollege Dr. Merk, auch darauf eine sehr klare Antwort: Mir selber ist es so gegan­gen, daß die Flut der Veröffentlichungen gerade in der letzten Zeit bei mir den Verdacht erweckt hat, daß eben eine sehr starke Konzentration vor den Wahlen erfolgt.

(Beifall bei der Opposition)

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5204 Bayerischer Landtag ·STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74

(Dr. Flath [FDP])

Lassen Sie mich zum Abschluß das eine sagen: Ich glaube, wir sollten so wichtige Fragen, die letz­ten Endes auch für die Öffentlichkeit von großer Bedeutung sind, sine ira et studio überprüfen, werten und dann unsere Entscheidung treffen. Ich glaube, daß unsere Fraktion aus diesem Grund dem Dring­lichkeitsantrag zustimmen wird.

(Beifall bei der FDP) /

Präsident Hanauer: Das Wort hat Herr Kollege Dr. Seidl.

Dr. Seidl (CSU): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Ausführungen des letzten Sprechers der Fraktion der SPD zwingen mich, noch einige Be­merkungen zu machen.

Es wurde behauptet, daß in N o r d r h e i n - West -f a 1 e n für die Öffentlichkeitsarbeit noch einmal soviel Dienstkräfte eingesetzt werden wie bei uns in Bayern.

(Zurufe von der Opposition: Umgekehrt!)

- Die Hälfte - -

(Heiterkeit bei der Opposition)

Daß in Nordrhein-Westfalen · nur die Hälfte der Dienstkräfte für die Öffentlichkeitsarbeit eingesetzt wären im Vergleich zu Bayern.

(Zuruf von der SPD: Das andere würden Sie gern haben!)

Nun, meine Damen und Herren, wir haben Erkundi­gungen eingezogen.

(Zuruf von der SPD: Wir auch!)

Wir haben erstens festgestellt, daß die in Ihrer Par­tei-Korrespondenz veröffentlichten Zahlen unrichtig sind. Ich will Ihnen jetzt die genauen Zahlen sagen.

(Zuruf von der SPD: Und die sind richtig?)

In Bayern sind in der Staatskanzlei im Presse- und Informationsamt 23 Beamte und Angestellte beschäf­tigt,

(Hört, hört! bei der SPD)

und in Nordrhein-Westfalen - hört, hört! - 28.

m Innenministerium sind in Bayern 6 Personen be­~chäftigt, in Nordrhein-Westfalen 2; im Justizmini­~terium in Bayern 2, in Nordrhein-Westfalen 2; im =inanzministerium in Bayern 3, in Nordrhein-West­'alen ebenfalls 3; im Wirtschaftsministerium in Bayern 3 und in Nordrhein-Westfalen 2;

(Zurufe von der SPD: Aha!)

m Landwirtschaftsministerium in Bayern 8 und in \lordrhein-Westfalen 2.

(Anhaltendes Lachen bei der Opposition)

Präsident Hanauer: Darf ich wieder um Ruhe bitten! Ich bin zwar ob des fröhlichen Gemütes auf allen Seiten erfreut - -

(Anhaltende Heiterkeit und Zurufe)

Dr. Seidl (CSU): Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Tat ist ein Fehler dadurch entstan­den, daß ich Ihre Angaben zugrunde gelegt habe.

(Allgemeine große Heiterkeit)

Ich habe Ihnen doch vorher schon gesagt, daß wir Ihre Angaben nachgeprüft haben und sich heraus­gestellt hat, daß diese von Ihnen gemachten An­gaben eben nicht richtig sind.

(Lachen bei der Opposition)

Jezt wollen wir einmal genau gegenüberstellen, was Sie angegeben haben und was sich durch unsere Ermittlungen als richtig erwiesen hat.

Jetzt fangen wir wieder von vorne an, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Große Heiterkeit)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, da hat sich nun folgendes herausgestellt. Nach den Anga­ben der Bayerischen Staatskanzlei beschäftigt Bay­ern in der Staatskanzlei 23 Dienstkräfte,

(Heiterkeit)

- Jawohl! 23 Dienstkräfte, während in Nordrhein- · Westfalen nach den Behauptungen der SPK-Korres­pondenz nur 15, in Wirklichkeit aber 28 beschäftigt sind.

(Abg. Dr. Fischer: Hört, Hört! - Weitere Zurufe)

Also immerhin ein Unterschied von 13.

(Abg. Dr. Fischer: Jetzt schaut's anders aus!)

- Jetzt schaut's anders aus; das würde ich auch meinen.

(Heiterkeit - Abg. Schneier: Das haben Sie aber spät gemerkt!)

- Ja, weil ich eben Ihren Zahlen Glauben geschenkt habe.

(Große Heiterkeit)

Und dieser Fall hat mir gezeigt, daß nichts törichter wäre, als Ihren Angaben Glauben zu schenken.

(Anhaltende Heiterkeit)

Wir werden für alle Zukunft natürlich Ihre Angaben mit dem entsprechenden Vorbehalt behandeln;

(Erneute Heiterkeit)

darauf können Sie Gift nehmen.

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Bayerischer Landtag ·STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74 5205

Präsident Hanauer: Herr Kollege Dr. Seidl, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Rummel?

Dr. Seidl (CSU): Erst wenn ich diese Aufstellung ver­lesen habe. Dann wird der Herr Abgeordnete Rum­mel - -

(Anhaltende Unruhe)

Präsident Hanauer: Darf ich jetzt um Aufmerksamkeit bitten. Jetzt kommen die unwiderleglich richtigen Zahlen.

(Heiterkeit)

Erst dann werden Zwischenfragen zugelassen.

Dr. Seldl (CSU): Nun kommen wir zum Innenmini­sterium. In Bayern sind 6 Dienstkräfte beschäftigt, nach der Angabe des Kollegen Dr. Kaub in Nord­rhein-Westfalen nur 2, in Wahrheit aber 4.

(Abg. Schneier: Was ist jetzt die richtige _Wahrheit?-Weitere Zurufe)

- Was die richtige Wahrheit ist, werden wir schon noch sagen.

(Heiterkeit)

- Herr Kollege Kuhbandner, Sie haben diese Aus­einandersetzung angezettelt,

(Heiterkeit)

und ich habe mich gefragt: Woher nimmt eigentlich der Abgeordnl'lte Ku h b an d n e r den Mut, ange­sichts der offenkundig unwahren Behauptungen sei­ner eigenen SPK-Korrespondenz mit solchen Zahlen zu operieren?

(Zuruf des Abg. Schneier)

Man kann das im Grunde eigentlich als nichts ande­res als eine Unverfrorenheit bezeichnen.

(Heiterkeit bei der SPD - Zurufe)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jezt kom­men wir zum Justizministerium. Da sind beschäftigt in Bayern 2 Dienstkräfte, nach den Angaben des Herrn Dr. Kaub 2_ in Nordrhein-Westfalen, in Wirk­lichkeit aber 4.

(Abg. Rummel: Sie zählen die zusammen!)

Im Kultusministerium in Bayern sind Dienstkräfte - -

(Abg. Schneier: Die haben sich verzählt! -Abg. Dr. Rothemund: Wenn die so schlecht

zählen können!)

nach den Behauptungen cjes Herrn Abgeordneten Dr. Kaub 6 in Nordrhein-Westfalen und in Wirklich­keit 7.

(Heiterkeit und Oho! bei der SPD - Zuruf von der SPD: Neueinstellung!)

Ich frage mich ja schon, meine sehr verehrten Da­men und Herren, woher eigentlich die Fraktion der SPD nach einer solchen Blamage

(Große Heiterkeit bei der SPD)

noch den Mut nimmt,

(Anhaltende Heiterkeit)

sich überhaupt noch an dieser Auseinandersetzung zu beteiligen.

(Anhaltende Heiterkeit - Unruhe - Glocke des Präsidenten - Abg. von Truchseß:

Wie ehrlich!)

Jetzt kommen wir zum Wirtschaftsministerium.

(Heiterkeit)

Meine sehr geehrter Damen und Herren, in Bayern 9 Dienstkräfte, in Nordrhein-Westfalen nach den Be­hauptungen des Abgeordneten Dr. Kaub 2, in Wirk­lichkeit 4.

(Zuruf von der SPD: Immer die Hälfte!)

Dann das Landwirtschaftsministerium: In Bayern 8; in Nordrhein-Westfalen nach der Darstellung des Abgeordneten Dr. Kaub nur 2, in Wirklichkeit aber 5.

(Ui! bei der SPD)

Dann kommen wir zum Arbeitsministerium: In Bayern 8 Beschäftigte und eine Halbtagskraft; in Nordrhein­Westfalen nach den Darstellungen des Abgeordneten Dr. Kaub 3, in Wirklichkeit aber 6, wahrscheinlich sogar 7.

(Heiterkeit bei der SPD - Zurufe, u. a. Abg. Schneier: Warum „wahrscheinlich"?)

- 6 bis 7. (Heiterkeit)

Wahrscheinlich werden sie es so geschickt verstan­den haben, jemanden, der in Wirklichkeit nur für Öffentlichkeitsarbeit eingesetzt ist, in irgendeiner anderen Stelle des Haushaltsplans unterzubringen, wenn Sie schon diese Antwort haben wollen.

(Abg. Drexler: Da fehlt die Mengenlehre!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in Bayern im Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen 10, in Nordrhein-Westfalen überhaupt keiner, weil es dort einen solchen Geschäftsbereich überhaupt noch nicht gibt.

(Abg. Schneier: 10 zu O!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, was be­deutet das? Das bedeutet, daß Ihre Darstellung je­denfalls nicht den Tatsachen entspricht.

(Beifall bei der CSU)

Eine weitere Bemerkung muß ich zu den Ausführun­gen machen, die sich auf die Broschüre „Bayerns Zukunft sichern" bezogen haben. Meine sehr geehr­ten Damen und Herren, ich habe Ihnen eben schon die Stellungnahme des Bayerischen Obersten Rech-

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5206 Bayerischer Landtag ·STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74

{Dr. Seidl [CSU])

nungshofs zu dieser Broschüre auszugsweise zi­tiert. Der Oberste Rechnungshof hat diese Broschüre bereits geprüft und ist zu dem Ergebnis gekommen, daß diese Broschüre unter keinem irgendwie ge­arteten Gesichtspunkt beanstandet werden kann.

Herr Kollege Kuhbandner, diese Broschüre wurde allen Parteien zum Bezug angeboten. Daß Sie es abgelehnt haben, diese Broschüre zu verwerten, ist mir unverständlich.

{Heiterkeit bei der SPD)

Denn in dieser Broschüre ist ja nicht nur die Arbeit der Staatsregierung, sondern auch die Arbeit dieses ganzen Landtags dargestellt.

{Abg. Dr. Böddrich: Das ist ein Witzbold!)

Präsident Hanauer: Herr Kollege Dr. Seidl, darf ich Sie fragen, ob Sie jetzt Zwischenfragen zulassen.

Drexler {SPD): Herr Kollege Dr.Seid!, sind Sie bereit, Broschüren der Bundesministerien in Ihrem Bekann­tenkreis zu verteilen?

Dr. Seidl {CSU): Wenn sie einen entsprechenden In­formationswert haben, dann ohne weiteres. Ich kann Ihnen z. B. sagen, daß ich das Weißbuch der Bundes­regierung zur Sicherheit der Bundesrepublik an eine ganze Reihe von politischen Freunden verschickt habe,

{Beifall bei der SPD)

und zwar deshalb, weil dieses Weißbuch tatsächlich einen hohen Informationswert hat.

Ich könnte mir vorstellen, daß es eine ganze Reihe von Publikationen auch der Bundesregierung gibt, die sich ohne weiteres zur Auseinandersetzung im politischen Kampf eignen.

Präsident Hanauer: Gestatten Sie eine Zwischen­frage des Herrn Abgeordneten Kolo?

Kolo {SPD): Herr Dr. Seidl, Sie haben sehr viel über die richtige, über die ganze und über die volle Wahr­heit gesprochen. Können Sie uns sagen, aus welchen Quellen Sie Ihre jezt zitierte volle Wahrheit haben, inklusive der „6 bis 7" und ähnlicher Dinge?

{Abg. Otto Meyer: Das hat er schon gesagt!)

Dr. Seidl {CSU): Das kann ich Ihnen genau sagen. Wir haben natürlich auch Parteifreunde in Nord­rhein-Westfalen. Die haben natürlich auch die Mög­lichkeit, die Haushaltspläne einzusehen, sich Infor­mationen zu verschaffen. Wenn Sie die von mir be­kanntgegebenen Zahlen bestreiten wollen, dann würde ich Ihnen nur empfehlen, den Wahrheitsbe­weis dafür anzutreten, daß sie nicht richtig sind.

{Abg. Dr. Rothemund: Sie bestreiten es doch!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe vorhin bereits gesagt, daß der Oberste Rechnungs­hof diese Broschüre „Bayerns Zukunft sichern" ge­prüft und nicht beanstandet hat. Wenn Sie von dieser Broschüre keinen Gebrauch gemacht haben, dann war das Ihre Sache. Das ist mir aber unverständ­lich, nachdem in dieser Broschüre auch die Arbeit des Landtags in einer sehr eindringlichen und über­zeugenden Weise dargestellt ist.

Zu der von Ihnen, Herr Kollege Kuhbandner, erwähn­ten Beilage kann ich nur sagen, daß das mit der Staatsregierung überhaupt nichts zu tun hat.

(Abg. Gabert: Das wollen wir ja wissen!)

Das war eine Beilage, die der örtliche Landtags­oder Bezirkstagskandidat beigelegt hat, der ja auch den Vertrieb dieser Broschüre oder dieser Publi­kation der Bayerischen Staatsregierung vorgenom­men hat.

(Abg. von Prümmer: Auf seine eigenen Kosten! -Abg. Kamm: Er hat es bezahlt!)

- Bezahlen mußte es der einzelne Abgeordnete und nicht etwa die Staatsregierung. Die hat damit über­haupt nichts zu tun gehabt. Ich glaube, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß damit diese Frage eindeutig beantwortet ist.

Nun, meine 'sehr geehrten Damen und Herren, zu den Ausführungen des Kollegen Dr. F 1 a t h. Es kann doch gar keine Rede davon sein, daß hier irgend etwas verschleiert werden soll. Es wurde be­reits darauf hingewiesen, daß in der Anlage 1 - Sie kennen sie allerdings noch nicht - alles erschöpfend aufgezählt ist, und zwar nach dem Erscheinungstag, nach der Auflage, nach den angefallenen Kosten und nach dem Titel. Sie können sich diese Broschüre selbst ansehen. Herr Kollege Dr. Flath, wenn Sie sagen, es würde nach Ihrer Meinung insbesondere auf die Ziffer 2 des Dringlichkeitsantrages der SPD ankommen, der dahin lautet: In diesem Gutachten ist insbesondere zu prüfen, ob die Publikationen auch unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlich­keit und Sparsamkeit gerechtfertigt waren, so muß ich Ihnen sagen: Der Bayerische Oberste Rech­nungshof hat sich auch zu dieser Frage einmal an einer Stelle geäußert.

(Abg. Dr. Rothemund: Ist ja nicht wahr! Zu diesen Publikationen hat er sich überhaupt nicht geäußert, was erzählen Sie denn? -

Weitere Zurufe von der FDP)

- Nein, mir liegt diese Äußerung nicht vor. Aber der Bayerische Oberste Rechnungshof sagt zu Recht -wenn ich es richtig im Gedächtnis habe -, daß es außerordentlich schwierig sein wird, diese Frage zu prüfen, ohne nicht gleichzeitig in eine politische Wertung einzutreten. Eine solche politische Wertung lehnt der Bayerische Rechnungshof natürlich - aus guten Gründen! - ab.

{Abg. Dr. Rothemund: Dann brauchen Sie ja nichts zu befürchten!)

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Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74 5207

(Dr. Seidl [CSU])

Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, es kann doch auch gar keine objektiven Merkmale ge­ben, die den Obersten Rechnungshof in die Lage versetzen würden, ohne politische Wertung die Frage der Sparsamkeit oder der Wirtschaftlichkeit zu prü­fen und zu beantworten.

Präsident Hanauer: Herr Kollege Dr. Seidl, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Kuhbandner?

Dr. Seidl: Bitte sehr!

Kuhbandner (SPD): Herr Kollege Dr. Seidl! Ich unter­stelle Ihnen ehrenhafte Absichten und frage Sie nun: Sie haben sich in den Zahlen mit den Bediensteten vorhin geirrt. Ist nicht der beste Wahrheitsbeweis eine Überprüfung und das Ergebnis des Prüfungs­berichts des Rechnungshofes die beste Entlastung für eine Staatsregierung? Finden Sie deshalb nicht, daß unser Antrag gerade entlastend wirkt und erst gar nicht wahlwirksam werden kann, weil ja die Prü­fung über das nächste Jahr hinaus ergeht?

Dr. Seidl (CSU): Herr Kollege Kuhbandner, nicht ich habe mich über die Zahlen geirrt, sondern ich habe den großen Fehler begangen, die Zahlen, die Sie selber zugrunde gelegt haben, für wahr und richtig zu halten. Darin liegt mein Fehler, und ich bekenne mich zu dieser Schuld. Aber: Wenn es nun darauf ankommt, die Richtigkeit dieser Zahlen nachzuprü­fen, so ist auch der Bayerische Rechnungshof nicht die richtige Institution, denn dieser kann nicht prü­fen, ob die von Ihnen angegebenen Zahlen in Nord­rhein-Westfalen, Hessen oder sonstwo richtig sind. Aus diesem Grunde müssen wir hier natürlich andere Wege beschreiten. Wir haben diese Wege beschrit­ten, indem wir uns nämlich s.elbst erkundigt haben.

Eine allerletzte Bemerkung, Herr Dr. Flath: Es kann doch überhaupt keine Rede davon sein, daß hier der Versuch gemacht werden soll, einer Prüfung aus dem Wege zu gehen. Wir wenden uns nur gegen eine Prüfung dieser Publikationen unter dem Vor­wand bzw. mit der Behauptung, daß hier Anlaß be­stehen könnte, etwas verheimlichen zu wollen. Die Bayerische Staatsregierung, die Staatskanzlei, sämt­liche Geschäftsbereiche - also alle Staatsministe­rien - werden ja ohnehin jedes Jahr geprüft. Der Bayerische Oberste Rechnungshof wird natürlich auch diese Prüfung, soweit es sich um die laufende Legislaturperiode von 1970 bis zum Ende 1974 han­delt, vornehmen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Abschlie­ßend darf ich wiederholen, was ich vorher gesagt habe: Wenn auch nur der geringste Anhaltspunkt gegeben wäre, daß irgend etwas in der Darstellung der Staatsregierung bzw. des Herrn Ministerpräsi­denten unrichtig sei, dann würden wir doch heute einer solchen Sonderprüfung, die natürlich auch eine ganze Menge Geld kostet, zustimmen. Nach­dem Sie aber solche Beispiele oder Behauptungen

selbst nicht aufstellen konnten, sehen wir keinen Anlaß, diesem Antrag stattzugeben.

(Beifall bei der CSU)

Präsidet Hanauer: Das Wort hat der Herr Minister­präsident.

Ministerpräsident Dr. Goppel: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte Sie bitten, diesem Antrag nicht stattzugeben.

(Zurufe von der SPD)

Dieser Antrag wird nämlich als Dringlichkeitsantrag kurz vor Abschluß der Legislaturperiode gestellt - -

(Zuruf des Abg. Kuhbandner)

- und Herr Kuhbandner möchte den Anschein er­wecken, als fürchte unsere Fraktion Aufklärung. Sie erwecken den Anschein, als hätten wir irgend etwas vertuscht. Ich erkläre hier, wie ich stehe und wie ich Ihnen und der Verfassung verpflichtet bin: Wir haben alles angegeben und offengelegt.

(Abg. Dr. Rothemund: Dann geht's um die Prüfung Ihrer Regierung!)

Präsident Hanauer: Bitte, Herr Kollege Dr. Rothe­mund, es meldet sich gerade Herr Kollege Jaeger; ich bitte Sie, nicht die Zwischenfrage zu unterlaufen. Bitte, Herr Ministerpräsident, Sie haben das Wort.

Ministerpräsident Dr. Goppel: Der Oberste Rech­nungshof prüft Jahr für Jahr. Ich darf den Herrn Kollegen K u h b a n d n e r , der selbst im Haus­haltsausschuß sitzt, daran erinnern, daß ich die Titel für Veröffentlichungen und Öffentlichkeitsarbeit immer selbst im Haushaltsausschuß und auch im Senat vorgetragen habe.

(Beifall bei der CSU)

Es wird der Regierung nicht etwa vorgeworfen, sie habe diese Haushaltsansätze nicht beachtet oder verwendet. Warum will man diese Dringlichkeitsprü­fung? Doch nur um den Anschein zu erwecken, als ob. Ich will Ihnen eines sagen: Nach Artikel 90 unse­rer Haushaltsordnung, die Sie ja mitbeschlossen haben, Herr Kollege Kuhbandner, wird vom Rech­nungshof all das, was heute der Dringlichkeitsantrag gesondert zu prüfen wünscht, vorgenommen. Der Oberste Rechnungshof prüft all die Dinge in seiner laufenden Rechnungsprüfung.

(Abg. Dr. Rothemund: Dann können Sie erst recht zustimmen!)

Präsident Hanauer: Herr Ministerpräsident, darf ich Sie fragen, ob Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Jaeger genehmigen?

Ministerpräsident Dr. Goppel: Bitte sehr, Herr Kol­lege!

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5208 Bayerischer Landtag ·STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74

Jaeger {FDP): Herr Ministerpräsident! Glauben Sie, den Anschein der Verschleierung dadurch beseiti­tigen zu können, daß Sie diesen Antrag ablehnen, oder sind Sie nicht mit uns der Meinung,

{Ministerpräsident Dr. Goppel: Jawohl!)

daß es viel besser wäre, wenn der Oberste Rech­nungshof diesen Anschein wegnehmen würde?

{Beifall bei der SPD - Widerspruch bei der CSU - Abg. Otto Meyer: Der prüft sowieso!)

Ministerpräsident Dr. Goppel: Herr Kollege Jaeger, ich habe nichts zu verschleiern. Deswegen lasse ich mich auch nicht prüfen.

(Widerspruch bei der SPD)

Dieser „parlamentarische Striptease" müßte eigent­lich - -

(Allgemeine Unruhe)

Präsident Hanauer: Herr Ministerpräsident, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Klasen?

Ministerpräsident Dr. Goppel: Bitte!

Klasen {SPD): Herr Ministerpräsident, ist Ihre Ab­lehnung, diese Sache durch den Obersten Rech­nungshof überprüfen zu lassen, nicht eher darauf zurückzuführen, daß der Oberste Rechnungshof bis­lang sehr häufig Unkorrektheiten in dieser Staats­regierung festgestellt hat?

(Widerspruch bei der CSU - Zuruf: So eine · · Unverschämtheit!)

Ministerpräsident Dr. Goppel: Herr Kollege, ich bitte Sie zu erklären, welche Unkorrektheiten dieser Staats­regierung der Oberste Rechnungshof festgestellt hat!

{Beifall bei der CSU - Abg. Wengenmeier: Landeshauptstadt!)

Ich bitte Sie nochmals, den Antrag abzulehnen, und zwar aus dem Grund, der sich in Frage, Gegenfrage und Feststellung gezeigt hat, nämlich die Angelegen­heit durch den Antragsteller so vor dem Wähler dar­zustellen, als hätten wir irgend etwas verborgen oder etwas zu verbergen. Wir haben auf Anfragen hin alles angegeben, mit Haushaltsstellen und in anderer Weise. Ich habe sogar die Zahlen angegeben, wäh­rend Ihre Kollegen in Hessen dies glattweg verwei­gert haben.

Präsident Hanauer: Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Kaub.

Dr. Kaub {SPD): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Seid!, ich wollte mich eigentlich bei Ihnen bedanken, weil Sie uns wohl allen die seit Jahren erfreulichste und heiterste Stunde iri diesem Hause bereitet haben.

{Beifall bei der SPD)

Es ist Ihnen das erste Mal in Bayern gelungen, daß Fasching und Oktoberfest zur gleichen Zeit sind.

(Unruhe bei der CSU)

Präsident Hanauer: Herr Kollege Kaub, ich habe nichts dagegen, wenn Sie die Oktoberfest-Stimmung hier zitieren, aber ich halte es nicht für angebracht, hier den Begriff des Faschings für das Parlament zu verwenden.

(Zuruf bei der CSU: Wo kommen Sie denn her?)

Dr. Kaub (SPD): Ich finde, wir sollten bei allem Ernst, mit dem wir ja unserer politischen Arbeit nachgehen müssen, auch immer wieder einmal dankbar solche unvorhergesehenen Augenblicke hier genießen.

Aber der Beitrag, den der Ministerpräsident dann anschließend geliefert hat, hat mir auch sehr schnell die Stimmung verschlagen, muß ich gestehen.

Wenn vorhin der Kollege Dr. Se i d 1 meinte, wir hätten offensichtlich den falschen Staatsbegriff -so etwa drückten Sie sich aus, wenn ich Sie recht verstanden habe -, der noch so der Vergangenheit verhaftet wäre, wir gingen wohl noch von der Vor­stellung der Hoheitsverwaltung aus und hätten zu wenig begriffen von Daseinsvorsorge und Leistungs­verwaltung - eine Auffassung, die irrig ist -, dann muß ich aber jetzt dem Ministerpräsidenten entge­genhalten, daß er einen sehr merkwürdigen Staats­begriff hat.

{Lebhafter Beifall bei der SPD)

Wenn er sich hier als Chef der Regierung hinstellt und sagt, „ich lasse mich nicht überprüfen, weil ... " dann, muß ich sagen,

{Abg. Otto Meyer: Sonderprüfung!)

ist das ein starkes Stück,

(Starke Unruhe bei der CSU und Zuruf: Aber Sie wissen genau, was er gemeint hat!)

dann bekenne ich gerne, daß wir hier tatsächlich nicht den gleichen Staatsbegriff in diesem Hohen Hause haben.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Und nun zur Sache!

Präsident Hanauer: Herr Kollege Dr. Kaub, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Leeb?

Leeb (CSU): Herr Kollege Dr. Kaub, sind Sie mit mir der Auffassung, daß Ihre Auslegung der Erklärung des Herrn Ministerpräsidenten schon deswegen nicht richtig sein kann, weil der Ministerpräsident kurz zu­vor darauf hingewiesen hat, daß entsprechend Arti­kel 90 der Haushaltsordnung das, was hier geprüft werden soll, ohnedies alljährlich geprüft wird?

(Beifall bei der CSU)

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Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74 5209

Dr. Kaub (SPD): Nein, ich bin nicht Ihrer Auffassung. Er hat klipp und klar gesagt, warum er sich hier nicht überprüfen lassen will.

(Abg. Ernst Lechner: Das ist eine Sonderprüfung!)

Meine Damen und Herren, der Kollege Dr. Se i d 1 war vorhin so freundlich, den Brief des Vizepräsi­denten des Bayerischen Obersten Rechnungshofs vom 21. August 1974, den ich bekommen habe, zu zitieren. Herr Kollege Dr. Seidl, Sie begannen mit dem wörtlichen Zitat auf Seite ·2 Ziffer 2. Erlauben Sie mir bitte, da dies ja nur ein Teil dieses Briefes ist, daß ich jetzt den Brief einmal komplett vorlese. Mit Genehmigung des Herrn Präsidenten natürlich. Die Anrede darf ich wohl fortlassen; und dann beginnt der Brief:

In Vertretung des Präsidenten, der sich zur Zeit in Urlaub befindet, darf ich Ihnen für Ihr Schreiben vom 9. August 1974 danken. Ihre Hinweise wird der Oberste Rechnungshof bei seinen Prüfungen verwerten.

(Na also! bei der CSU)

- Meine Hinweise nämlich, daß die Publikationen ein­mal überprüft werden sollen. Freuen wir uns doch!

Auf einige grundsätzliche Fragen, die das von Ih­nen angesprochene Thema über die Finanzkon­trolle aufwirft, möchte ich aber schon jetzt kurz eingehen.

1. Der Oberste Rechnungshof untersucht im Rah­men seiner üblichen Prüfungen stets auch die Ausgaben der Staatsverwaltung für die sogenannte Öffentl i eh keitsarbeit.

(Na also! bei der CSU)

- Sie können von mir aus nach jedem Satz zustim­men! - Da sind wir uns einig.

In aller Regel muß dabei, schon um einen Über­blick zu gewinnen und um nicht auf bloße Zufalls­ergebnisse angewiesen zu sein, von der geilegten Rechnung ausgegangen werden. Das bedeutet, daß erst nach Ablauf des Haushaltsjahres ge­prüft werden kann.

(Na also! bei der CSU)

Die Ergebnisse solcher Prüfungen wird der Ober­ste Rechnungshof bei entsprechendem Gewicht dem Parlament in seinem Jahresbericht mitteilen.

(Also! bei der CSU)

Sogenannte Maßnahmeprüfungen, d. h. Prüfungen von Maßnahmen, die sich finanziell auswirken können - Artikel 89 Absatz 1 Nr. 2 Bayerische Haushaltsordnung -, kommen auf dem Gebiet der Öffentlichkeitsarbeit kaum in Betracht. Es wird sich hier meist um Fälle handeln, in denen die Haushaltsmittel bereits ausgegeben sind, eine mög­licherweise unwirtschaftliche Ausgabe also nicht mehr verhindert werden kann. Eine gesonderte gutachtliche Äußerung nach Artikel 88 Absatz 3 der Bayerischen Haushaltsordnung zum Thema „Publikationen der Bayerischen Staatsr~gierung"

könnte der Oberste Rechnungshof nur auf Ersuchen des Landtags oder des Senats oder auf Ansuchen der Staatsregierung selbst abgeben.

Wenn ich anfügen darf: Das heißt also, der Oberste Rechnungshof wird dann tätig, wenn er vom Land­tag einen solchen Auftrag bekommt. Weiter:

2. Die von Ihnen zitierte Entscheidung des Bun­desverfassungsgerichts ist dem Obersten Rech­nungshof selbstverständlich bekannt. Sie dient ihm, wie auch den anderen Rechnungshöfen, als Prüfungsmaßstab dafür, inwieweit auch aus der Sicht der Haushalts- und Wirtschaftsführung Ein­wirkungen von Staatsorganen auf den Prozeß der Meinungs- und Willensbildung des Volkes zulässig sind. Bei dem Bemühen, hier richtige und prakti­kable Abgrenzungen zu finden, können allerdings auch Art und Umfang der Öffentlichkeitsarbeit der Bundes- und anderer Landesregierungen nicht ganz außer Betracht bleiben.

- Völlig richtig!

Außerdem wird der Rechnungshof streng darauf zu achten haben, sich einer politischen Qualifika­tion des Inhalts solcher Schriften zu enthalten, um nicht in die Rolle einer politischen Kontrollin­stanz der Regierung zu geraten.

- Auch etwas Selbstverständliches; denn politisches Kontrollorgan sind wir ja wohl hier.

3. Nicht alle Veröffentlichungen einer Regierung sind als Einwirkungen auf den demokratischen Willensbildungsprozeß zu sehen und damit an den vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsätzen zu messen. Die Darlegung politscher Ziele einer Regierung ist z. B. nicht vergleichbar mit reinen Fachinformationen der Bürger beispiels­weise auf gesundheitlichem Gebiet. Solche Publi­kationen kann der Oberste Rechnungshof nur unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, d: h. des Verhältnisses von Auf­wand zum Erfolg, prüfen - Artikel 90 Nr. 3 und 4 Bayerische Haushaltsordnung -, wobei es aller­dings oft sehr schwer sein wird, den Erfolg oder Nutzen irgendwie meßbar zu machen.

(Eben! bei der CSU)

Auf Fragen des publizistischen Geschmacks kann der Oberste Rechnungshof dabei nicht eingehen.

Dann kommt noch die Grußformel; das ist der kom­plette Brief.

(Abg. Otto Meyer: Warum dann der Antrag?)

Meine Damen und Herren! Der Oberste Rechnungs­hof sagt also: Wir werden bei der normalen Haus­haltsprüfung auch die Publikationen mit überprüfen; eine Sonderuntersuchung können wir nur auf Auf­trag machen. - Deswegen haben wir Ihnen jetzt die­sen Dringlichkeitsantrag vorgelegt, den Sie beschlie­ßen sollen.

zweitens sagt der Oberste Rechnungshof, wir kön­nen nicht die politische Qualifikation überprüfen; wir können auch Fragen des Geschmacks nicht überprü­fen; unsere Prüfungsmöglichkeit erstreckt sich nur dar-

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(Dr. Kaub [SPD])

auf, ob es sich hier um Publikationen handelt, die zur notwendigen Information des Bürgers erforder­lich waren, und wiederum, ob die Publikationen sparsam und wirtschaftlich hergestellt wurden. - Das sind die Gesichtspunkte, nach denen der Oberste Rechnungshof bereit ist, Überprüfungen vorzuneh­men.

Herr Kollege Dr. S e i d 1 , ich begreife nicht ganz, wie Sie zu einer gegenteiligen Schlußfolgerung kom­men. Das muß ich Ihnen offen gestehen. Vielleicht haben Sie den Brief doch nicht in vollem Wortlaut in aller Ruhe gelesen. Mir scheint, er ist eindeutig. Und daraufhin haben wir diesen Dringlichkeitsantrag for­muliert.

Und wenn Sie, Herr Kollege Dr. Seid!, vorhin immer wieder betonten, daß vor wenigen Tagen die Staats­regierung auf meine Anfrage die Antwort gegeben habe, dann ist das völlig richtig, ich hatte ja diese Antwort selbst auch zitiert. Seit dieser Antwort weiß ich ja, was man für Kosten für die eine oder andere Publikation angegeben hat. Aber wir wollen doch, daß der Oberste Rechnungshof nun die notwendige Überprüfung vornimmt, nämlich ob sich alle Publi­kationen im Rahmen des vom Bundesverfassungs­gerichts gesetzten Urteils halten; und außerdem, ob die Publikationen sparsam und wirtschaftlich, also notwendig in der Form waren, wie sie gemacht wor­den sind.

Sie wissen doch alle, es gibt eine ganze Reihe von Publikationen; und je näher der Wahltag kommt, um so mehr haben sie leere Seiten und irgendein kleines Foto - oder von mir auch großes Foto - auf der ansonst leeren Seite. Die Druckerschwärze ist in diesen Publikationen nicht sehr reichhaltig verteilt worden. Und wenn ich auch manche andere Publi­kation sehe - ich glaube, ich darf sie nach der Ge­schäftsordnung nicht vorzeigen, also unterlasse ich das; ich blättere gerade in „Och, ihr Bayern!" -, dann frage ich mich, welcher Informationsgehalt da drin steckt, wenn ich an dieses Urteil des Bundes­verfassungsgericht vom Jahre 1966 denke.

(Beifall bei der SPD)

Und ich habe den Eindruck, der bayerische Minister­präsident billigt dem Ganzen auch keinen großen politischen Informationswert zu; denn in seinem Geleitwort schreibt er in dieser kleinen Flugschrift: „Liebe Landsleute, da sitzt man am Strand ... " - mit Genehmigung des Herrn Präsidenten -

Präsident Hanauer: Kommt aber spät!

(Heiterkeit)

Dr. Kaub (SPD): Ich bitte um Entschuldigung, Herr Präsident, also jetzt noch einmal:

Liebe Landsleute, da sitzt man am Strand und unterhält sich. Auf einmal kommt die Rede auf uns Bayern. Manchmal äußert dann einer, halb im Scherz und halb im Ernst, etwas über uns, was

uns nicht gefallen will. Damit Sie, liebe Lands­leute, in diesem Urlaub kräftig mitreden können, wenn es über die Bayern geht, wurden hier einige Argumente zusammengestellt, die sich hören las­sen können.

(Zuruf: Ausgezeichnet!)

Präsident Hanauer: Herr Kollege, es ist eine Zwi­schenfrage angemeldet; ich bitte, dann rechtzeitig den Einstieg zu ermöglichen. Aber zunächst möchte ich Sie fragen, ob Sie die ganze Broschüre in allen Seiten vorlesen oder nur den Eingangssatz.

(Widerspruch bei der SPD)

- Entschuldigen Sie, ich habe die Ermächtigung zu erteilen, ich wurde auch gar nicht gefragt; ich habe sie auch nicht erteilt. Ich schaue gelegentlich, Herr Kollege Dr. Rothemund, auch auf die Uhr.

Also ich bitte, wenn Sie länger lesen wollen, mir das zu sagen, damit ich die Genehmigung erteilen oder nicht erteilen kann, Herr Kollege.

Dr. Kaub (SPD): Ich möchte gern zu den Fragen, die mir gestellt wurden, Stellung nehmen. Das Zitat ist gleich zu Ende. Einen Satz noch, dann möchte ich sowieso Schluß machen. Wenn ich das Zitat beendet habe, bin ich gern bereit, eine Zwischenfrage zu be­antworten.

Ich darf also den letzten Satz noch bringen:

Mit diesem kleinen Rednerdienst für Urlaubsge­spräche am Strand begleiten Sie meine herzlichen Urlaubsgrüße.

Ihr Alfons Goppel, Bayerischer Ministerpräsident

(Beifall und Sehr gut! bei der CSU)

- Meine Damen und Herren von der CSU, habe ich denn gesagt, das wäre schlecht? Das finde ich auch ganz entzückend im Ton, ganz reizend. Die Frage ist doch nur, ob das der Steuerzahler bezahlen muß. Das interessiert uns doch.

(Beifall bei der SPD - Wortmeldung des Abg. Neubauer)

Präsident Hanauer: Herr Kollege Neubauer! Die Zwi­schenfrage ist genehmigt.

Neubauer (CSU): Herr Kollege Dr. Kaub, sind Sie nicht der Meinung, daß die Bayerische Staatsregie­rung und auch dieses Parlament, Sie vielleicht ein­geschlossen, ein dringendes Interesse daran haben sollten, völlig falsche Klischeevorstellungen über die­ses Land und seine Bevölkerung zu korrigieren?

(Beifall bei der CSU und Zurufe von der SPD)

Dr. Kaub (SPD): Herr Kollege, jetzt möchte ich fast ein persönliches Geständnis machen, wenn ich es so formulieren darf; es klingt sehr geschwollen. Aber Sie werden ja meiner Stimme anhören und wahr­scheinlich auch im Landtagshandbuch schon nach-

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(Dr. Kaub [SPD])

gelesen haben, daß ich nicht in diesem lande ge­boren bin, wenngleich hier aufgewachsen.

(Leider! bei der CSU)

- Es freut mich, daß Sie bedauern, daß Sie mich nicht zu den Bayern zählen können. Das ist ein Kompliment für mich, danke schön!

(Widerspruch und Zurufe bei der CSU)

- Meine Damen und Herren, aber dadurch, daß ich mit 12 Jahren nach Bayern kam, in München in die Schule ging und hier aufgewachsen bin, habe ich doch etwas Gespür für Bayerntum bekom­men. Ich muß Ihnen gestehen, ich bedauere außer­ordentlich, daß sich die gebürtigen Bayern in ihren Volksbühnen und im Fernsehen und überall, wo sie Möglichkeiten haben, öffentlich aufzutreten, so mise­rabel präsentieren. Das muß ich Ihnen sagen. Da sollten Sie einmal beginnen, wenn ich die Frage des Herrn Kollegen beantworten darf, da sollten Sie an­fangen, nicht mit diesen Flugblättern.

(Widerspruch und Zurufe bei der CSU)

Aber kehren wir wieder zurück zu unserem Thema! Herr Kollege Dr. Seidl - -

Präsident Hanauer: Herr Kollege Dr. Kaub, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Klasen?

Klasen (SPD): Herr Kollege Dr. Kaub! Könnte es nicht so sein, daß die Staatsregierung mit dieser Broschüre versucht, das schlechte Bild Bayerns, das vor allem durch den CSU-Landesvorsitzenden her­vorgerufen wird, zu korrigieren?

(Heiterkeit bei der CSU - Abg. Otto Meyer: Wahlkampf!)

Dr. Kaub (SPD): Ich habe vorhin gesagt, das Geleit­wort des Ministerpräsidenten ist außerordentlich charmant und nett. Aber ich kann mir nicht vorstel­len, daß man durch ein solches Geleitwort den Ein­druck, den der Landesvorsitzende der CSU in der ganzen Bundesrepublik hervorruft, korrigieren kann.

(Oho! bei der CSU -Abg. Otto Meyer: Laßt ihn weiterreden, er disqualifiziert sich

selber!)

Meine Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Seid 1, Sie sprachen vorhin davon, daß unsere Berechnun­gen über die Zahl der in Bayern und in Nordrhein­Westfalen in der Öffentlichkeitsarbeit Beschäftigten falsch seien. Kollege Dr. Seidl, ich bitte um Verständ­nis dafür, nachdem Sie vorhin einen so lebendigen Beweis für den alten Spruch der Römer, „iudex non calculat", daß die Juristen nicht rechnen können, gebracht haben, wenn wir bei unserer Berechnung bleiben und die Ihrige sehr heftig bestreiten. Im übrigen muß ich auch noch einmal betonen, was ich gleich eingangs sagte: Es interessiert uns hier nicht, was in anderen Ländern produziert wird.

(Zurufe von der CSU: Ihr habt es ja ange­fangen! - Siehe Bonn!)

- Das ist die Sache der dortigen Parlamentarier, uns interessiert, was die Bayerische Staatsregierung macht, und wir sind der Meinung, das muß durch den Obersten Rechnungshof geprüft werden. Deswegen möchte ich Sie noch einmal um Unterstützung des

· Antrags bitten.

(Beifall)

Präsident Hanauer: Herr Kollege Gabert!

Gabert (SPD): Meine Damen und Herren! Als erstes: Ich glaube, wir sind uns alle einig, daß der Dring­lichkeitsantrag ein legitimes parlamentarisches Mit­tel ist.

(Lachen bei der CSU)

- Sie werden gleich nicht mehr lachen, wenn Sie hören, warum ich das ausführe. - Das zweite ist: Es ist natürlich ganz klar, nachdem die Ausschüsse praktisch nur noch vor diesem Plenum getagt haben und die Beantwortung der Anfrage noch nicht lange zurückliegt, daß die einzige Möglichkeit für dieses Parlament, noch eine Entscheidung zu treffen, darin bestand, daß während der Plenarsitzung ein Dring­lichkeitsantrag eingereicht wird. Dieser Dringlich­keitsantrag wünscht etwas gar nicht so Ungewöhn­liches. Es gab sogar Zeiten, wo Regierungspartei und Opposition solche Anträge gemeinsam be­schlossen haben, nur liegen diese Zeiten länger zu­rück.

(Wo denn? bei der CSU)

- Das Datum kann ich Ihnen jetzt nicht ganz genau sagen. Es war sogar zu Zeiten der Viererkoalition, wo Regierungspartei und Opposition - das waren damals Sie - gemeinsam - -

(Abg. Dr. Fischer: Da gab es auch einen Anlaß! - Weiterer Zuruf: Da war es auch

nötig!)

- Entschuldigen Sie, aber ich gehe davon aus, daß wir gemeinsam beschlossen haben, daß der Oberste Rechnungshof eine Sonderprüfung durchführt.

(Zuruf von der CSU: Da war es auch notwendig!)

- Ob es notwendig ist, das hat der Rechnungshof nachher im Ergebnis vorzulegen. Ich kann nicht vor­wegnehmen, ob eine Prüfung so oder so ausgeht. Aber ich muß noch einmal sagen, ganz nüchtern: Wenn Sie sich so entschieden dagegen wehren, daß dieses Parlament dem Obersten Rechnungshof die­sen Auftrag gibt - er braucht ihn, sonst kann er keine Sonderprüfung durchführen - -

(Zuruf von der CSU)

- Das ist unsere Sache, ob er es muß oder nicht. Sie können ruhig so entscheiden, aber Sie können nicht verhindern, daß daraus der Eindruck entsteht, als ob tatsächlich diese Sonderprüfung nicht statt­finden sollte, weil sie dadurch verhindert wird, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und Zuruf des Abg. Otto Meyer)

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5212 Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74

(Gabert [SPD])

- Nein, Herr Kollege, Sie wissen ganz genau, wie geprüft wird. Es finden Sonderprüfungen statt, so­gar auf Wunsch der Regierung, auf Wunsch des Parlaments, auch, z. B. in Fragen der Forstgrund­stücke, auf Wunsch des Bayerischen Senats, mit vollem Recht.

(Abg. Dr. Rothemund: Da ist was herausgekommen!)

Es ist also gar nicht so, wie wenn das alles sehr neu wäre. Wir wollen also gar nichts anderes, als daß dieses Haus parlamentarisch legitim eine De­tailprüfung beantragt, wie es nach dem Rechnungs­hofgesetz vorgesehen ist, und das Instrument dazl), nämlich den Obersten Rechnungshof, der eine rich­terliche Unabhängigkeit hat, beauftragt, außerhalb des parteipolitischen Streits Feststellungen zu tref­fen, die dann zweifellos von allen zur Kenntnis ge­nommen werden müssen. Ich muß Ihnen sagen, Herr Ministerpräsident - ich will damit die Geschäfts­führung des Herrn Präsidenten nicht kritisieren, wahrscheinlich hat er es nicht gehört - : Daß Sie eine solche parlamentarische Behandlung als „parla­mentarischen Striptease" bezeichnen, finde ich un­erhört.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und Zurufe · von der CSU)

- Meine Damen und Herren, ich habe genau auf­gepaßt, daß der Herr Ministerpäsident diese Bera­tung hier und die Forderung als einen „parlamen­tarischen Striptease" bezeichnet hat. Ich habe gar nichts gegen Striptease, aber im Parlament ist das nicht ein Striptease, sondern im Parlament ist das die Ausübung des Rechtes eines Parlaments gegen­über der Regierung.

(Beifall bei der SPD)

Präsident Hanauer: Herr Kollege Gabert, Ihre Annah­me ist richtig, daß ich eine derartige Äußerung nicht gehört habe. Vielleicht ist sie untergegangen im et­was lautstarken Tumult des Hauses. Ich werde mir das Protokoll vorlegen lassen.

(Zurufe von der SPD)

Gabert (SPD): Ich habe deswegen sofort gesagt, daß ich nicht Ihre Geschäftsführung kritisieren möchte, sondern annehme, daß Sie es nicht gehört haben, weil Sie auch sonst, bei anderen Zwischenrufen, sehr rasch eingegriffen haben. Ich sitze in der ersten Rei­he, der Herr Ministerpräsident hat es nach der Seite hin gesagt, es haben alle gehört, Sie werden es auch nicht bestreiten.

(Abg. Dr. Rothemund: Sie bestreiten es auch nicht!)

- Sie bestreiten es auch nicht, richtig. Es fällt man­ches in der Erregung, aber ich muß sagen, im Zusam­menhang mit einer anderen Ausführung des Herrn Ministerpräsidenten erscheint mirdas doch ein wenig bedenklich. Einmal sagt er sehr erregt, daß er diesen „parlamentarischen Striptease" nicht mitmache, und

zum andern sagt er, er habe nichts zu verschleiern, er lasse sich nicht prüfen.

(Zuruf von der CSU: Sonderprüfung!)

- Entschuldigung, ob Sonderprüfung oder Prüfung, es geht doch um die Diskussion dieses Antrags, der eine Sonderprüfung nach der Haushaltsordnung ver­langt, und er hat wortwörtlich gesagt, ich habe mit­geschrieben: „ Ich habe nichts zu verschleiern, ich lasse mich nicht prüfen."

(Zuruf von der CSU: Den Antrag hat er gemeint!)

Ich muß es doch so auffassen, wie es gesagt worden ist. Wenn das Parlament beschließt, daß der Antrag durchgeführt wird, dann muß sich auch der bayeri­sche Ministerpräsident prüfen lassen. Das ist doch gar keine Frage.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Er muß sich auch einer Sonderprüfung unterziehen; er muß zurücktreten, wenn er es nicht tut, meine Da· men und Herren.

(Beifall bei SPD und FDP)

Ich wollte das einmal klar machen, weil mir diese Formulierungen etwas gefährlich erscheinen. Es wäre gut, wenn der Herr Ministerpräsident das zurecht­rückt; denn wenn das so stehen bleibt, dann muß dieser Eindruck ebenfalls bestehen bleiben.

Herr Kollege Dr. Sei d 1 , ich möchte gleich einmal sagen, daß wir Ihr Mißverständnis gar nicht irgendwie klassifizieren wollen, das kann jedem passieren. Aber was mich ein bißchen erschreckt hat, war Ihre Argu­mentation, die doch ein klein wenig in die Richtung ging, wie es auch die Staatskanzlei versucht hat: daß diese Opposition nicht das richtige Staatsverhältnis hätte, weil sie - so hat es die Staatskanzlei formu­liert - nicht mit dafür eintrete, daß der Bürger infor­miert werde und daß die volle Information des Bür­gers entstehe. Sie haben auch zum Ausdruck ge­bracht, daß das doch ein eigentümliches Verhalten der SPD zum Staat bedeuten würde, wenn sie daran Anstoß nimmt, daß diese Beträge, die angeführt wor­den sind, für diese Broschüren und alles Drum und Dran ausgegeben werden. Sie haben noch weiter ar­gumentiert, was für mich bedenklich ist. Ich hoffe, Sie haben es nicht so gemeint.

Aus Ihren Ausführungen müßte eigentlich der Rück­schluß möglich sein, daß die Mehrheit in diesem Par­lament, die ja die Regierung trägt, in der Lage sein müßte, grenzenlos aus Steuermitteln ihre Meinung über die Regierung darzulegen.

(Abg. Dr. Seidl: Davon kann überhaupt keine Rede sein!)

- Entschuldigung, da sind wir uns dann wieder einig, wenn Sie das nicht so gemeint haben. Ich bin froh, wenn Sie das sagen; denn das wäre erschreckend.

(Abg. Dr. Seidl: Darüber brauchen wir gar nicht zu reden!)

- Einverstanden; das ist bei mir gestrichen.

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Bayerischer Landtag ·STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74 5213

(Gabert [SPD])

Aber, wenn wir uns jetzt einmal die letzten Tage und Wochen überlegen, also bevor die Anfrage des Herrn Kollegen K a u b , sicher in genauer Arbeit, beant­wortet worden ist, dann müssen wir doch sehen, daß gerade in diesen Tagen und Wochen eine Menge von Hochglanzbroschüren und alles, was damit zu tun hat, in die Haushalte flattern, und Sie können doch nicht einfach so tun, als ob damit nicht das geschieht, wovon Sie gesagt haben, daß es nicht geschehen sollte, nämlich, daß die Regierung, die ja aus einer politischen Grundhaltung heraus von einer Partei ge­tragen wird, praktisch über Steuergelder ihre Mei­nung dann in die Haushaltungen in Bayern hinein­trägt. Gut, darüber kann man diskutieren. Ich habe ja gesagt, Öffentlichkeitsarbeit ist legitim. Ich bin auch der Meinung, daß eine Aufklärung erfolgen darf, und es wäre vollkommen falsch, einer Regierung ab­sprechen zu wollen, daß sie eine Öffentlichkeitsarbeit betreiben darf. Jede Regierung muß das tun. Es kommt nur auf das Ausmaß an und es kommt ein klein wenig auf den Zeitpunkt an.

(Genau!)

Das muß man doch dabei mit sehen.

(Beifall bei SPD und FDP)

Das muß man nüchtern sehen.

(Zuruf von der CSU: Bei der Anfrage kommt es auf den Zeitpunkt an!)

- Entschuldigen Sie, die Anfrage kam viel früher. Die Antwort kam jetzt und der Antrag kam aufgrund der Antwort, die gegeben worden ist. Was haben Sie ei­gentlich gegen diesen Antrag? Denn da wird doch nichts anderes verlangt als: Der Oberste Rechnungs­hof soll in einem Gutachten feststellen, ob die Publi­kationen auch unter dem Gesichtspunkt der Wirt­schaftlichkeit und Sparsamkeit gerechtfertigt sind. Ja, meine Damen und Herren, welches Parlament könnte sich eigentlich gegen einen solchen Auftrag an den Rechnungshof zur Wehr setzen?

(Beifall bei SPD und FDP)

Es ist doch etwas ganz Natürliches, daß ein solcher Auftrag praktisch gestellt werden sollte.

(Abg. Messner: Vor der Wahl!)

- Gerade das ist wichtig.

(Weiterer Zuruf von der CSU)

- Entschuldigen Sie, es wäre in Ihrem Interesse, wenn der Rechnungshof noch vor dem Wahltag feststellen würde, daß das alles Wirtschaftlichkeit und Sparsam­keit war.

(Abg. Messner: Vor der Wahl ... !)

- Weil Sie so belastet wären. Sie haben es doch in der Hand, dafür zu sorgen, daß die Rechnung sehr schnell geprüft wird.

(Abg. Dr. Fischer: Das geht doch nicht!)

- Aber die machen das doch gleich.

(Erneuter Zuruf des Abg. Dr. Fischer)

Präsident Hanauer: Herr Kollege Gabert gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Gabert (SPD): Des Herrn Abgeordneten Dr. Bruno Merk, gern!

(Zuruf)

- Entschuldigung, ich habe den zuerst gesehen.

Dr. Merk (CSU): Herr Kollege Gabert, ist Ihre Argu­mentation, daß die Regierung ein Interesse daran ha­ben müßte, möglichst jetzt noch v o r d e r W a h 1 eine Bestätigung des Rechnungshofs zu bekommen, daß alles in Ordnung sei, nicht fadenschenig; denn Sie wissen selbst - und auch Herr Kollege Dr. Kau b hat das durch die Zitierung des Schreibens des Ober­sten Rechnungshofs hier kundgetan -, daß der Rech­nungshof erst nach der Rechnungslegung prüfen kann. Und muß infolgedessen daraus nicht gefolgert werden, daß es Ihnen nur darauf ankommt, zunächst einmal vor den Wahlen in der Öffentlichkeit den An­schein zu erwecken, als ob irgend etwas aufzudek­ken wäre, was einer gesonderten Prüfung des Rech­nungshofs bedarf, während in Wirklichkeit das, was hier vorliegt, ohnehin durch den Rechnungshof ge­prüft werden muß?

(Beifall bei der CSU - Zurufe)

Präsident Hanauer: Es war in eine Frage gekleidet, nur war die Frage so lang, daß Sie am Schluß das Fragezeichen nicht mehr gemerkt haben.

Gabert (SPD): Daß der Abgeordnete Dr. Merk das kann, das wissen wir. Das kann er auch als Minister.

Herr Kollege Dr. M e r k , wenn Sie diesen Verdacht haben dann wäre es doch das beste, um diesen Ver­d~cht ~u zerstreuen, wenn die CSU-Fraktion dem An­trag zustimmen würde. Wenn sich der Herr Minister­präsident hierher stellen und sagen würde, prüft, Freunde, ich habe nichts zu verbergen, dann wäre alles, was gegen die Minister angeblich von dieser . SPD geplant ist, im Eimer.

(Beifall bei SPD und FDP)

Das wäre auch da~ Einfachste, meine Damen und Herren.

(Abg. Messner: Das ist schon ein bißchen scheinheilig!)

- Ich würde Sie bitten, aufzupassen, statt Zwischen­rufe zu machen.

(Abg. Messner: Ich habe gesagt, das ist ein bißchen scheinheilig!)

- Einverstanden.

(Abg. Messner: Nur ein bißchen?)

- Ich würde sagen, Sie haben den „berechtigten Ver­dacht der Vermutung". Da würde ich wieder mit Ihnen gehen.

(Zuruf von der CSU: Ehrenwerter Kollege!)

Page 76: 100. Sitzung · 2016. 3. 30. · Bayerischer Landtag · 1.Wahlperiode STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/1 00 25.09.74 100. Sitzung am Mittwoch, dem 25. September 1974, 9 Uhr, in München

5214 Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74

(Gabert [SPD])

Aber Spaß beiseite! - Ich sage Ihnen, ich verstehe die ganze Debatte nicht.

(Abg. Kaps: Sehr gut! - Lebhafter Beifall bei der CSU)

Ich verstehe sie deswegen nicht - und ich sehe, daß Sie mir beipflichten-, weil Sie mir zustimmen sollen, statt zu diskutieren, und dann wäre alles erledigt. Wenn Sie mir schon durch Ihren Beifall beipflichten, dann sollten Sie das auch tun.

Und zu Ihren Zahlen, Herr Kollege Dr. Seid 1 ! Da wir doch einen heißen Draht aus diesem Haus über das Telefon nach Düsseldorf haben, habe ich, nach­dem ich gemerkt habe - auch bei Ihnen - wie schwie­rig es ist, alles nochmals nachprüfen lassen. Es ist tatsächlich ein Feh 1 er i n der S P K passiert. Das sage ich Ihnen gleich.

(Zuruf von der CSU)

- Seien Sie vorsichtig! Sie lachen immer zu früh, Herr Kollege, viel zu früh.

- Ich lache, ich lache gern, ich habe einen goldenen Humor. Aber lassen wir das beiseite! Es sind tatsäch­lich bei der Aufzählung 15 Kräfte, Archivkräfte und Aushilfskräfte, vergessen worden. Das muß also an­erkannt werden. Tatsächlich ist die Gesamtzahl, wenn ich die dazurechne, 55. Es sind aber immer noch im größten Land der Bundesrepublik Deutsch­land ungefähr 25 weniger als im Land Bayern.

(Abg. Dr. Seid!: Es sind nicht 55, sondern 63!)

- Entschuldigung, ich habe die telefonische bzw. fernschriftliche Nachricht von Düsseldorf mit dieser Zahl bekommen. Ich nehme an, daß man doch - -

(Zuruf von der CSU)

- Entschuldigung, ich habe die Probleme nicht ange­fangen; Herr Kollege Dr. Seid! hat doch hier mit gro­ßer Erregung gesagt, was da alles falsch dargestellt wird. Das haben Sie getan, und deshalb möchte ich das ganz nüchtern hier richtigstellen und sagen, was tatsächlich passiert ist.

(Zurufe - Glocke des Präsidenten)

Aber, meine Damen und Herren, ich darf noch einmal zum Ausdruck bringen: Es handelt sich um einen le­gitimen Antrag, ein parlamentarisches Mittel und kei­nen „parlamentarischen Striptease", und alle, die meinen, daß damit auch nur ein Quentchen Verdacht von Unregelmäßigkeiten auf die Regierung geleitet werden sollte, sollten gerade diesem Antrag ihre Zu­stimmung geben.

(Beifall bei SPD und FDP)

Präsident Hanauer: Das Wort hat der Herr Minister­präsident.

Ministerpräsident Dr. Goppel: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst nehme ich den Aus­druck zurück. Er ist mir wirklich in der Hitze der De-

batte unterlaufen, veranlaßt allerdings dadurch, daß man sich ja hingesetzt hat und ein so dickes Buch über alle Veröffentlichungen der Staatsregie­rung geschrieben hat. Soll man die nochmals durch­sehen?

(Zuruf von der SPD: Sie doch nicht!)

- Einen Augenblick! Herr Dr. Kaub hat das sehr aus­führlich getan. Ich darf aber auf das Schreiben des Vizepräsidenten des Obersten Rechnungshofs an die Fraktion der SPD doch noch einmal zu sprechen kommen - und damit kommt auch die Frage des Prü­fenlassens heraus.

Ich habe selbst erklärt, daß immer geprüft wird und daß ich alles dargelegt habe. Meine Äußerung konnte sich in diesem Fall also nur auf diesen Sonderfall beziehen, das möchte ich ausdrücklich sagen. Selbst­verständlich: Wenn es der Landtag beschließt, muß ich mich prüfen lassen. Das ist ganz klar. Ich meine, diesen Beweis hätte ich schon oft genug erbracht. In dem genannten Schreiben heißt es:

Der Oberste Rechnungshof untersucht stets auch die Ausgaben der Staatsverwaltung für die soge­nannte Öffentlichkeitsarbeit.

- in aller Regel nur ausgehend von der gelegten Rechnung.

Das bedeutet, daß erst nach Ablauf des Haushalts­jahres geprüft werden kann. Die Ergebnisse sol­cher Prüfungen wird er dem Parlament mitteilen. Maßnahmeprüfungen hält der Oberste Rechnungs­hof nicht für möglich; ...

In den anderen Fällen, die Sie meinen, prüft der Rech­nungshof nicht, sondern - ich zitiere jetzt auch den Artikel 88 Absatz 3 der Haushaltsordnung-:

Der Rechnungshof erstattet auf Ersuchen des Landtags Gutachten über Fragen, deren Beantwor­tung für die Haushalts- und Wirtschaftsführung von Bedeutung sind.

Das heißt also, er prüft gar nicht.

(Widerspruch bei der SPD und Zuruf: Doch dazu muß er auch prüfen!)

- Nein, er prüft nicht, sondern er erstattet ein Gut­achten.

(Abg. Kamm: Auch für ein Gutachten muß er doch erst prüfen!)

Ein Gutachten ist etwas ganz anderes. Freilich kann er einzelne Dinge stichprobenartig prüfen.

(Zuruf von der SPD: Er kann prüfen, was er will!)

- Er kann auch alles prüfen, aber er wird keine Prü­fung durchführen, sondern ein Gutachten erstatten.

(Abg. Dr. Rothemund: Eine Prüfung kann man nicht erstatten, sondern ein Gutachten!)

- Er wird ein Gutachten erstatten, aber keinen Prü­fungsbericht vorlegen.

Page 77: 100. Sitzung · 2016. 3. 30. · Bayerischer Landtag · 1.Wahlperiode STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/1 00 25.09.74 100. Sitzung am Mittwoch, dem 25. September 1974, 9 Uhr, in München

Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74 5215

Präsident Hanauer: Herr Ministerpräsident, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Kaub?

Ministerpräsident Dr. Goppel: Ja.

Dr. Kaub (SPD): Darf ich Ihnen den Wortlaut unseres Antrages nochmals in Erinnerung rufen. Er lautet nämlich:

Der Oberste Rechnungshof wird gemäß Artikel

- und so weiter -

ersucht, eine gesonderte gutachtliche Äußerung über die von der Bayerischen Staatsregierung her­ausgegebenen Publikationen abzugeben. In diesem Gutachten ist insbesondere zu prüfen ...

- und dann wird aufgezählt. Der Antrag hält sich also ganz im Rahmen.

Ministerpräsident Dr. Goppel: Gut, aber Sie sprechen davon, wir hätten etwas zu verschleiern. Herr G a -b e r t und meine Damen und Herren von der Oppo­sition, wir haben doch alles veröffentlicht. Es handelt sich doch um Veröffentlichungen und nicht um Ver­schleierungen.

(Lachen und Bravo-Rufe bei der CSU)

Es ist dem Hohen Hause unbenommen, alle diese Veröffentlichungen hier aufzulegen und sich anzu­schauen. Ich kann gar nichts verschleiern. Ich kann lediglich, was ich auch mitgeteilt habe, nach der VOL die Konditionen nicht bekanntgeben. Alles andere ist offengelegt. Das möchte ich ausdrücklich feststellen. Für meinen Mißgriff mit dem Ausdruck „Striptease" bitte ich das Hohe Haus um Entschuldigung; er ist aus der Debatte heraus so entstanden. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, daß wir alles veröffent­licht haben und daß wir gerade deswegen den Ver­dacht haben müssen, wenn plötzlich ein solcher An­trag kommt, als unterschiebe man uns irgendwelche Dinge. Dagegen wehre ich mich mit aller Vehemenz.

(Zuruf von der SPD: Aber mit falschen Mitteln!)

- Warum mit falschen Mitteln?

Präsident Hanauer: Darf ich bitten, keine Privatge­spräche zu führen. Ich habe eine Meldung für eine Zwischenfrage vorliegen. Ich frage Sie, Herr Minister­präsident: Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Klasen?

Ministerpräsident Dr. Goppel: Bitte!

Klasen (SPD): Herr Ministerpräsident, ich komme mit meiner Zwischenfrage etwas spät, aber ich komme auf lhrWortspiel mit derVeröffentlichung zurück. Ge­stehen Sie zu, daß man mit Veröffentlichungen auch ver s c h 1 eiern kann?

Ministerpräsident Dr. Goppel: Ja, sehr.

(Heiterkeit - Zuruf von der CSU: Siehe Bonn!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, aus dem Grunde, den ich vorhin auch schon anführte, bitte ich das Hohe Haus, nicht jetzt, vier Wochen vor Ende der Legislaturperiode, zu einem Zeitpunkt, wo der Rechnungshof an die Angelegenheit gar nicht mehr herankommt und die Prüfung in vier Wochen gar nicht mehr durchführen kann - das hat mir der Prä­sident des Rechnungshofs selber erklärt -, so etwas zu fordern. Wenn Sie dies tun, so muß der Antrag doch den ganz besonderen Sinn haben, den ich Ihnen vorhin schon dargelegt habe. Aus diesem Grun­de bitte ich, den Antrag abzulehnen.

(Beifall bei der CSU)

Präsident Hanauer: Darf ich zuerst einmal feststellen, welche Wortmeldungen noch im Raume stehen. Es war, glaube ich, nur die Wortmeldung des Herrn Kol­legen Helmut Meyer; weitere Wortmeldungen liegen im Augenblick nicht vor.

(Zuruf von der SPD: Doch, Kollege Dr. Rothemund!)

- Also bitte, Herr Kollege Dr. Rothemund hat das Wort.

Dr. Rothemund (SPD): Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich werde eine kurze Rede halten, aber einige Bemerkungen kann ich mir nicht ganz verkneifen.

(Zuruf von der CSU: Was soll denn das alles?)

Zunächst noch einen Satz zu der Bemerkung über den „politischen Striptease", von dem der Herr Mi­nisterpräsident gesprochen hat.

Präsident Hanauer: Herr Kollege Dr. Rothemund, die Äußerung wurde von mir nicht gehört, vom Herrn Mi­nisterpräsident aber zugegeben; der Herr Minister­präsident hat sie zurückgenommen und sich dafür entschuldigt. Deshalb bitte ich, den Ausdruck nicht mehr in die Debatte einzuführen; das halte ich für eine Frage der Loyalität!

(Beifall bei der CSU und Unruhe)

Dr. Rothemund (SPD): Meine Damen und Herren, ich verstehe Ihre Aufregung gar nicht. Denn Sie wissen in keiner Weise, in welcher Form ich gedachte, die­sen „politischen Striptease" noch einmal einzu­führen.

(Abg. Kaps: Wir kennen unseren Vize-präsidenten!)

Ich habe selbstverständlich zur Kenntnis genommen, daß der Herr Ministerpräsident den Ausdruck zurück­genommen hat. Darf ich trotzdem dazu eine Bemer­kung machen? Die Tatsache, daß er ihn zurückge­nommen hat, bedeutet doch nicht, daß es dem Hohen Hause verwehrt wäre, immer und für alle Zeiten die­ses Wort noch einmal in den Mund zu nehmen.

(Heiterkeit und Beifall bei der Opposition)

Page 78: 100. Sitzung · 2016. 3. 30. · Bayerischer Landtag · 1.Wahlperiode STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/1 00 25.09.74 100. Sitzung am Mittwoch, dem 25. September 1974, 9 Uhr, in München

5216 Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74

(Dr. Rothemund [SPD])

Das bedeutet doch allenfalls, daß wir zur Kenntnis nehmen müssen - das tun wir hiermit-, daß sich der Herr Ministerpräsident im Ausdruck vergriffen hat.

(Unruhe)

Ich wollte aber eigentlich nur sagen - bitte, haben Sie die Liebenswürdigkeit, das noch zur Kenntnis zu nehmen, denn damit werden Sie meine Rede verkür­zen -: Wer so eine schöne Broschüre macht mit dem Titel "Enthüllungen über den Freistaat Bayern", der sollte wirklich nichts gegen einen "politischen Strip­tease" haben. Denn das bedeutet doch, daß man doch wohl auch bereit sein muß, alles offenzulegen, wenn man auf der anderen Seite mit solchen Voka­beln in der Öffentlichkeit wirbt.

(Abg. Otto Meyer: Das ist schon geschehen, das tun wir ja!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, als der Herr Ministerpräsident zum erstenmal ans Rednerpult trat, habe ich eigentlich erwartet-ich bitte um Nach­sicht für meine unwahrscheinliche Naivität, die ich mir trotz zwölfjähriger Zugehörigkeit zu diesem Ho­hen Hause immer noch bewahrt habe-, daß derjeni­ge, der geprüft werden soll, nach der langen Diskus­sion, die vorher stattgefunden hat, hier ans Pult tritt und sagt: Meine Damen und Herren, Hohes Haus, ich habe nichts zu verbergen;

(Zuruf: Das hat er ja gesagt!)

ich bin bereit und willens, mich prüfen zu lassen und ich bitte geradezu darum, eine solche Sonderprüfung durchzuführen, damit in der Öffentlichkeit kein fal­scher Eindruck entsteht.

(Heiterkeit bei der CSU - Beifall bei der SPD -Zuruf des Abg. Otto Meyer)

Das hätte ich schon erwartet, wenn sich derjenige überhaupt äußert, der zu prüfen ist. Im allgemeinen ist es völlig ungewöhnlich, daß derjenige sich zu Wort meldet, der geprüft werden soll. Denn das Prü­fungsrecht ist ein Teil des Rechtes dieses Hohen Hauses. Es ist ein Recht gegenüber der Staatsregie­rung. Nach meinem Gefühl für guten Stil kann das nur bedeuten, daß derjenige, der geprüft werden soll, wenn er dies nicht will, sich entweder überhaupt nicht äußert; aber wenn er sich schon äußert, dann sollte er schon deutlich machen, daß er nichts zu verbergen hat und der Prüfung zustimmt.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von der CSU: Ach wie nett!)

Präsident Hanauer: Nächste Wortmeldung, Herr Kol­lege Dr. Helmut Meyer!

Dr. Meyer Helmut (SPD): Herr Präsident, meine Da­men und Herren. Ich bin überrascht, daß ein Antrag einer Fraktion, in diesem Hause eine_ Sonderprüfung oder die Erholung eines Gutachtens zu beschließen,

auf derartigen Argwohn und derartige Ablehnung auf seiten der CSU und des Herrn Ministerpräsidenten stößt.

(Abg. von Prümmer: Den Argwohn hegt doch Ihr!)

- Wir haben nur den Verdacht,

(Zuruf von der CSU: Was denn für einen?)

aufgrund der Materialien, die uns zugänglich sind, daß sich die Staatsregierung bei ihrer sogenannten Öffentlichkeitsarbeit nicht in dem Rahmen gehalten hat, den das Bundesverfassungsgericht klar aufge­zeigt hat.

Und weil wir diesen Verdacht haben - ich werde auf Einzelheiten noch gerne eingehen, ich kann die Bei­spiele beliebig fortsetzen -, haben wir uns erlaubt, ehe wir Schlüsse daraus ziehen, eine unabhängige Instanz um Prüfung zu bitten, datnit wir anschließend nach dieser Prüfung fundiert sagen können: Unser Verdacht war unrichtig, oder: Unser Verdacht hat sich bestätigt. Wenn dieses von Ihnen als unkorrekte Handlungsweise angesehen wird, dann, meine Da­men und Herren von seiten der CSU, verstehen wir uns nicht mehr. Sie selbst, die Sie in Bonn in Oppo­sition sitzen, würden in eine Riesenwehklage und in ein Riesengeschrei ausbrechen, wenn Sie irgendei­nen Verdacht hätten und entsprechende Überprüfun­gen verlangten und der Bundeskanzler oder andere vors Parlament träten und erklärten: Ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen und infolgedessen brauche ich mich auch nicht prüfen zu lassen.

(Sehr richtig! bei der SPD)

Es ist erstaunlich, wie im Bereich der CSU jeweils das Bewußtsein wechselt je nach dem, ob sie in der Opposition in Bonn oder in Bayern in der Regierung ist.

(Beifall von der SPD)

Das überschreitet das Maß des Erträglichen, gerade wenn wir die jüngsten Vorfälle und Reaktionen der CSU, sei es in München, sei es in Bonn, nebeneinan­derlegen und die Äußerung des Herrn Ministerpräsi­denten und die Beifallsstürme zu seinen Äußerungen von seiten der CSU nebeneinanderlegen.

Meine Damen und Herren, "Heuchelei" ist hierfür ein zu milder Ausdruck. Ich weiß auch, daß ich vom Herrn Präsidenten gerügt werde, wenn ich sage: Das hier ist mehr als Heuchelei.

(Erregte Zurufe von seiten der CSU -Beifall bei der SPD)

Präsident Hanauer: Herr Kollege Dr. Meyer, es ist vorhin ob eines Ausdruckes, der keine direkte Belei­digung, sondern nur eine allgemeine Ungereimtheit war, nicht ohne Grund reklamiert worden. Ich würde bitten, das, was man von anderen verlangt, auch bei sich selbst als Maßstab anzulegen. Ich möchte den Ausdruck „Heuchelei" rügen.

Dr. Meyer Helmut (SPD): Herr Präsident, ich bin mir bewußt, daß Sie jeden Ausdruck von seiten der SPD rügen.

Page 79: 100. Sitzung · 2016. 3. 30. · Bayerischer Landtag · 1.Wahlperiode STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/1 00 25.09.74 100. Sitzung am Mittwoch, dem 25. September 1974, 9 Uhr, in München

Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74 5217

Präsident Hanauer: Herr Kollege Dr. Meyer, ich ver­bitte mir diese Kritik. Sie ist unsachlich und nicht berechtigt. Sie überhören offenbar die Klagen aus den Reihen meiner eigenen Fraktion.

Dr. Meyer Helmut (SPD): Herr Präsident, ich glaube, wir sollten uns an einem anderen Platz über diese Frage unterhalten. Ich habe Ihre Rüge zur Kenntnis genommen.

Meine Damen und Herren, die CSU sagt von sich selbst, sie sei eine Partei, die in besonderer Weise das Bewahrenswerte bewahren wolle, die gute alte Tradition, soweit sie in dieser Zeit noch einen Sinn hat, soll besonders gepflegt werden und eine beson­dere Heimstatt finden. Ich erinnere mich, daß es für einen Staatsbeamten in Bayern von jeher selbstver­ständlich war, daß er ein Disziplinarverfahren gegen sich selbst beantragt hat gerade dann, wenn er zu unrecht angegriffen wurde, weil er auf diese Weise die Möglichkeit hatte, in einer besonderen Art und Weise durch eine unabhängige Instanz seine Un­schuld darzutun.

Präsident Hanauer: Herr Kollege Dr. Meyer, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Streibl?

Dr. Meyer Helmut (SPD): Wenn ich fertig bin.

Wenn der Herr M i n i s t e r p r ä s i d e n t hier hier meint, daß er bereits von uns beschuldigt wird, wenn wir sag(;ln, wir haben den Verdacht, daß sich nicht alles im Rahmen des Verfassungsurteils befin­det, dann sollte es für ihn, weil er ein langjähriger Staatsbeamter ist und diese Gepflogenheit kennt, eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, dieser Ge­pflogenheit und alten Tradition auch als Ministerprä­sident in der ihm gemäßen Weise nachzukommen. Ich persönlich muß den Schluß daraus ziehen, daß der Herr Ministerpräsident in diesem Augenblick, wo er solches von sich gegeben hat wie heute, sich nicht mehr bewußt war, in welcher Stellung er als Minister­präsident in einem Parlament diesem Parlament oder der Öffentlichkeit gegenübersteht.

(Beifall bei der SPD)

Präsident Hanauer: Ist die Zusatzfrage jetzt geneh­migt? - Die Zwischenfrage ist genehmigt, Herr Kol­lege Streibl.

Streibl (CSU): Herr Kollege Dr. Meyer, ich wollte die Zwischenfrage schon vor etwa zehn Minuten stellen,

(Abg. Dr. Helmut Meyer: Da habe ich ja noch gar nicht gesprochen!)

leider wurde sie offensichtlich vom Präsidenten nicht bemerkt. Ich möchte trotzdem die Frage stellen: Glauben Sie nicht, daß die SPD zwei Gesichter zeigt und daß es langsam ein durchsichtiges Wahlkampf­manöver wird, wenn in eben diesem Augenblick auf der einen Seite in H esse n die Regierung lediglich den lapidaren Hinweis von sich gibt, daß sie Öffent­lichkeitsarbeit betreibe wie eben andere Landesre-

gierungen, Städte, Gemeinden und andere öffentliche Einrichtungen auch, aber nicht bereit ist, irgend et­was Näheres dazu auszusagen, während wir in Bay­ern doch ganz klar über den Zeitpunkt, die Auflage und die Kosten aller Publikationen Rechenschaft ge­geben haben? Glauben Sie nicht, daß der, der selbst im Glashaus sitzt, nicht mit Steinen werfen soll?

(Beifall bei der CSU)

Dr. Meyer Helmut (SPD): Herr Kollege Streibl, ich kann Ihnen nur empfehlen, Ihrem Freund D reg g e r den guten Rat mitzugeben, sich mit den parlamentari­schen Mitteln, die er drüben in Hessen hat, um den hessichen Splitter im Augen des lieben Bruders zu kümmern. Wir kümmern uns um die Splitter in den Augen dieser Regierung, für die wir verantwortlich sind und deren Kon~rolle uns vom Wähler zur Pflicht gemacht wurde.

(Abg. von Prümmer: Um den Balken, den ihr selber drin habt!)

- Nein, nein! -

Nun zu einem anderen Punkt, der ebenfalls ange­schnitten wurde und der meines Erachtens nicht im Raume stehen bleiben kann! Es wurde vonseiten des Herrn Kollegen Dr. Se i d 1 gesagt, wir gäben nur 10 oder 12 Millionen DM aus, der Bund an die 100 Mil­lionen DM.

(Abg. Dr. Seidl: Nicht 100,'sondern 131 Millionen DM!)

- Im nächsten Jahr!

(Abg. Dr. Seidl: Nein, in diesem Jahr!)

Ich bin manchmal erstaunt, wie sich die Bayerische Staatsregierung und die sie tragende Fraktion immer dann, wenn es darum geht, ein konkrete Sache an­zusprechen, mit dem B u n d mißt. Ich habe fast das Gefühl, daß die Kollegen von der CSU das Gefühl haben, der Bund und der Freistaat Bayern wären zwei in jeder Hinsicht vergleichbare Größen. Darf ich dar­an erinnern, daß der Bund nicht nur einen etwa zehn­mal größeren Jahresetat hat als der Freistaat Bayern, was allein schon vieles erklärt, sondern daß er dar­über hinaus die Fülle der Zuständigkeiten gerade auf den Gebieten hat, die für das tägliche Leben der Mit­bürger wichtig sind. Wenn zum Beispiel, meine Da­men und Herren, der Bund die Sozialversicherten dar­über aufklärt und aufklären muß, daß sich für sie in Form einer Gesetzesänderung wichtigste Dinge zu ihren Gunsten geändert haben, damit sie rechtzeitig davon Gebrauch machen, dann muß der Bund halt 20 oder 30 Millionen Broschüren herausgeben, damit je­der eine bekommt. Das brauchen Sie nicht, weil Sie hierfür keine Zuständigkeit haben. Und wenn z.B. die Krankenversicherung reformiert wird, müssen eben alle die, die in irgendeiner Weise von der Kranken­versicherung abhängen oder von ihr Gebrauch ma­chen können, darüber informiert werden.

(Abg. von Prümmer: Das gilt für den Landes­behindertenplan genauso!)

Page 80: 100. Sitzung · 2016. 3. 30. · Bayerischer Landtag · 1.Wahlperiode STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/1 00 25.09.74 100. Sitzung am Mittwoch, dem 25. September 1974, 9 Uhr, in München

5218 Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74

(Dr. Helmut Meyer [SPD])

Wenn zum Beispiel die Bundesregierung eine Steuer­reform auf den Weg gebracht hat, die praktisch jeden Bürger in der Bundesrepublik betrifft, dann muß sie eben Broschüren herausgeben, die es diesem Bürger erlauben, sich rechtzeitig zu informieren, Anträge zum Kindergeld zu stellen usw. All das brauchen Sie nicht.

(Abg. von Prümmer: Das gilt für das Kinder-gartengesetz genauso!)

- Schauen Sie nach, wofür Sie eine Zuständigkeit haben und ob sich die Staatsregierung darauf be­schränkt, dort, wo sie eine Zuständigkeit hat, über neue Gesetzesschritte dieses Landtags zu informie­ren in einer Auflage, die die Betroffenen erreicht, aber nicht mehr ist! Dann, würde ich sagen, hätten wir kei­nerlei Verdacht.

Aber ich kann Ihnen ja hier gleich einiges vorlesen,--

Präsident Hanauer: Herr Kollege, darf ich Sie einen Moment unterbrechen, damit der Herr Kollege Ditt-

Wenn wir nun dank der Information der Staatsre­gierung zu dieser Erkenntnis kommen, taucht in uns sofort die Frage auf: Was tut die Bayerische Staatsre­gierung gegen diese Gifte? Und wir lesen weiter: „Besonders unsere Nahrung muß von ihnen unbe­dingt freigehalten werden." - Das bejahen wir auch, und wir freuen uns, daß auch die Staatsregierung dieser Ansicht ist.

Jetzt kommt's, was sie tut: „Deshalb wird bei den Lebensmitteln alles und alle streng überwacht." -Nun möchte man wissen, wie z. B. Fremdstoffe in den Lebensmitteln erkannt werden, wie man sie her­ausdestilliert, wie man sie untersucht, wie man schon beim Erzeuger irgendwelche Prüfungen vornimmt und dergleichen mehr. Aber nichts gergleichen kommt.

Dafür kommt der Satz: „250 000 Beschäftigte in die­ser Branche werden z. B. jedes Jahr mindestens ein­mal amtsärztlich untersucht."

(Heiterkeit bei der SPD)

meier eine Zwischenfrage stellen kann? Wird diese Großartig! genehmigt?

Dittmeier (SPD): Herr Dr. Meyer, würden Sie nicht mit mir der Meinung sein, daß beispielsweise die Ausführungen des Herrn Ku 1 tu s m i n ist e r s vor etwa zwei oder drei Jahren, man könne den Eltern­beiräten kein Exemplar des Amtsblattes geben, weil das in ganz Bayern 70 000 Mark kosten würde, nun doch beweisen, daß 14 Millionen DM ein erheblicher Betrag sind?

Dr. Meyer Helmut (SPD): Ja selbstverständlich! Wir sind der Meinung, daß die echte Information darin bestehen würde, das zu liefern, was die Bevölkerung wünscht und nicht Reklameartikelehen auszuteilen.

Mit Genehmigung des Herrn Präsidenten möchte ich nun diese Beispiele, an denen sich unser Verdacht _ gebildet hat, Ihnen im einzelnen erläutern. Ich habe hier eine Broschüre, die heißt: „Appetitlich und gesund - Obst und Gemüse in Bayern". Vorn auf dieser Broschüre ist ein Bild von einem Obstge­schäft mit allen möglichen schönen Früchten. übri­gens die erste Erkenntnis, die ich hier gewonnen habe; denn das ist ja eine Informationsschrift: Offen­bar wachsen in Bayern auch Apfelsinen und Bana­nen; denn diese sind auf dem Bild besonders deut­lich dargestellt.

(Heiterkeit bei der SPD)

Und zwar unter der Überschrift: „Obst und Gemüse in Bayern".

Auf der Seite 2 heißt es: „Die Bayerische Staats­regierung schützt und informiert." Das interessiert natürlich schon, was sie schützt und wie sie infor­miert, und diese Information darf ich Ihnen keines­falls vorenthalten. Das ist nämlich umwerfend.

Hier heißt es: „Gifte bedrohen unsere Umwelt." -Das ist eine wichtige Erkenntnis, die wir bis jetzt noch nicht hatten.

Präsident Hanauer: Herr Kollege Dr. Meyer, nach­dem Sie ein längeres Zitat ohne meine Genehmi­gung vorgebracht haben, darf ich Sie fragen, ob Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Streibl genehmigen.

Dr. Meyer (SPD): Ich habe um Genehmigung gebe­ten. Ich möchte hier jetzt fortfahren beim Ztiatende und möchte folgendes sagen:

Zunächst einmal ist der, der diese Information liest, enttäuscht und genasführt. Denn die gesundheitliche Überwachung kann nur den Sinn haben, übertrag­bare Krankheiten zu bekämpfen, und die Übertra­gung zu verhindern. Sie kann in keiner Weise den Sinn haben, vor den Giften in unserer Umwelt oder vor den Giften in unserer Nahrung zu schützen. Dar­über steht überhaupt nichts drin.

Und zweitens: Wenn einer in dieser Hinsicht etwas gebildet ist, wird er wissen, daß die jährliche Unter­suchung derjenigen, die im Lebensmittelhandel be­schäftigt sind, eine Folge des Bundesseuchenge­setzes ist, eine reine Bundesangelegenheit, eine reine Bundesgesetzgebung. Ich finde es unerhört, daß die Bayerische Staatsregierung die Tatsache, daß sie das Bundesgesetz, das in Bonn beschlossen wurde, hier ausführt und nicht mehr tut, als wozu sie verpflichtet ist, als eine Besonderheit in ihrer eigenen Kompetenz hinstellen möchte. Das ist eine Hinters-Licht-Führung der Öffentlichkeit.

(Beifall bei der SPD)

Es geht aber dann auf der rechten Seite noch weiter.

Ich zitiere dies ebenfalls mit Genehmigung des Herrn Präsidenten; ich mache eine Pause, damit ich hier halten kann. Wird die Genehmigung erteilt, Herr Präsident?

Page 81: 100. Sitzung · 2016. 3. 30. · Bayerischer Landtag · 1.Wahlperiode STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/1 00 25.09.74 100. Sitzung am Mittwoch, dem 25. September 1974, 9 Uhr, in München

Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74 5219

Präsident Hanauer: Sie wird immer dann erteilt, wenn sie nicht ausdrücklich versagt wird. Das ist die allgemeine Übung des Hauses, von der Sie sicherlich auch Kenntnis genommen haben.

Dr. Meyer Helmut (SPD): Beim erstenmal hatte ich auch gefragt, und Sie haben hinterher bestritten, mir. die Genehmigung erteilt zu haben. Darum mache ich eine Pause, damit es auch wirklich unmißver­ständlich ist.

Auf der Seite 2 heißt es z. B. unter Punkt 4 der In­formation: „4151 Anzeigen wurden 1973 wegen Ver­brechen und Vergehen gegen das Lebensmittelge­setz erstattet (Höchststrafe 10 Jahre Haft und Be­rufsverbot)." - Auch das, nämlich die Androhung der Haft und des Berufsverbots, ist Bundesgesetz­gebung, deren sich die Bayerische Staatsregierung nicht zu rühmen bräuchte.

Die Tatsache der Anzeigen ist ja nun wirklich nicht etwas, dessen sich die Bayerische Staatsregierung rühmen müßte. Viel interessanter wäre, wie viele Ver­urteilungen in welchem Zeitraum erfolgt sind. Das würde uns interessieren.

Meine Damen und Herren! Es ist nämlich noch gar nicht so lange her, daß ein Oberbürgermeister in Rosenheim - übrigens ein Mitglied der CSU - sei­nem Schlachthausdirektor verboten hat, eine be­stimmte Untersuchung anzustellen. Dieser hatte nämlich den Verdacht, daß die aus der Tschecho­slowakei eingeführten Schweine unter Umständen mit Antibiotika behandelt wurden. Ihm wurde aber ver­boten, eine Untersuchung hierüber durchzuführen, und zwar mit der Begründung, daß das Geschäft der Stadt hierunter litte. Als ich diese Sache anschlie­ßend dem Herrn Innenminister vortrug, hatte dieser nichts anderes darauf zu antworten gewußt, als daß ja die einschlägige Gesetzgebung zur Zeit in Bonn revidiert werde, daß man abwarten müsse, bis das klargestellt sei, daß man also vorläufig nichts tun könne. Demgegenüber haben es andere Länder, ge­stützt auf eine entsprechende Rechtsprechung, die sicherlich nicht einheitlich war, gewagt, auch in diesem Bereich vorzuprellen. Wenn die Bayerische Staatsregierung in diesem Bereich der Bundesre­gierung und der Bundesgesetzgebung um einen Schritt voraus gewesen wäre, hätte mich und sicher auch die Bürger draußen diese Information sehr in­teressiert. Aber hier wird bloß informiert, daß - es steht nicht einmal da, wer diese Anzeigen erstattet hat - Behörden oder Bürger Anzeigen erstattet ha­ben. Ja, glauben Sie denn nicht, meine Damen und Herren, daß der Steuerzahler, wenn er das liest, nicht fragt: Ja bin ich denn verrückt? Zahle ich meine Steuergroschen dafür, damit so ein Unfug auf dem schönen Papier gedruckt wird?

Und das noch dazu in vierfacher Ausfertigung; denn derselbe „Käse" - entschuldigen Sie - kommt noch bei der Broschüre „Milch, Butter, Käse in Bayern", bei der Broschüre „Fleisch, Wurst in Bayern" und bei der Broschüre „Bier und Wein in Bayern". Es ist immer derselbe Text.

Meine Damen und Herren, dies nur zu der Frage, ob Sie sich mit dieser Information im Rahmen dessen halten, was das Bundesverfassungsgericht als Gren­ze gezogen hat! Damit wollte ich unseren Verdacht einmal durch Beispiele erhärten.

Aber es geht noch so weiter. Ich habe hier eine andere Broschüre. Ich muß sie leider aufmachen, weil sie - -

Präsident Hanauer: Herr Kollege, ich darf Sie noch einmal darauf hinweisen: Die Geschäftsordnung sieht vor, daß bei der Debatte die Verwendung ir­gendwelcher Hilfsmittel zum Vorzeigen und Auflegen der vorherigen Genehmigung des Ältestenrats be­darf. Die Geschäftsordnung ist nicht von mir ge­macht; ich habe nur die Verpflichtung, sie anzu­wenden.

Dr. Meyer: Helmut (SPD): Ich möchte aus dieser Broschüre der Bayerischen Staatsregierung zitieren. Infolgedessen muß ich sie auflegen, um Sie an­schließend um die Genehmigung zum Zitieren bitten zu dürfen. Wenn sie so groß ist, Herr Präsident, daß ich nicht anders kann, als sie so in die Hand zu nehmen, dann wenden Sie sich bitte an den Herrn Ministerpräsidenten!

(Beifall bei der SPD)

Präsident Hanauer: Herr Kollege Dr. Meyer, ich möchte Sie wirklich dringend bitten, wenn ich der­artige sachleitende Bemerkungen aufgrund der Ge­schäftsordnung machen muß, dann diese nicht in Zweifel zu ziehen. Ich meine, man kann solche Blätter auch zusammenfalten; man kann sich auch Notizen daraus machen, die man dann zitieren kann. Ein anderer Gebrauch ist halt einmal nicht zulässig. Die Praxis wurde auch ständig dementsprechend gehandhabt.

Dr. Meyer Helmut (SPD): Darf ich jetzt aus dieser Broschüre zitieren? - Die Broschüre heißt: „Stimmt Ihr Bayernbild?" In dieser Broschüre ist eine Fülle kleiner Bildchen mit Text. Davon sind sicher einige mit einem Informationswert, den ich gar nicht be­streiten will. Auf der anderen Seite sind Informa­tionen drin wie die folgende, die ich jetzt zitiere -Zitatanfang:

Bayerns Männer

Sie haben charakteristische Wesenszüge: Stand­festigkeit, kritischen Sinn, auch sich selbst gegen­über, Streitlust, Originalität, einen Hang zum Künst­lerischen, ob sie Heisenberg heißen oder Becken­bauer, Jennerwein, Ludwig II. oder Dürer.

Zitatende.

Meine Damen und Herren! Wenn ich dieser Bro­schüre in dieser Hinsicht einen aktuellen Informa­tionswert in der Bevölkerung beimessen möchte, dann würde ich sagen: Mir fehlen hier die Namen der Mitglieder der Bayerischen Staatsregierung.

(Große Heiterkeit bei SPD und FDP)

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5220 Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74

(Dr. Helmut Meyer [SPD])

Zweites Zitat. Unter einem Bild eines wunderschönen Ausschnitts aus einem Dirndl mit entsprechend wun­derschöner Füllung - Großaufnahme - steht: „ Bayern-Look". Zitatanfang:

Dirndlausschnitt und Lederhosen

- Leder h o s e n -

haben das Bayernbild schon immer mit geprägt. Die bayerische Tracht hat es zu internationaler Beliebtheit gebracht, neuerdings vielleicht auch wegen dem

.:... beachten Sie das bayerische „wegen dem"; nicht: „wegen des" -

vielzitierten Heimweh nach der heilen Welt, der Nostalgie.

Zitatende. - Informationswert?

Und drittes Zitat: „Bayerns Frauen".

(Aha! bei der SPD)

Zitatanfang:

Zwischen drallem Drindl und frommer Bäuerin ist viel Platz in Bayern.

(Schallende Heiterkeit bei SPD und FDP, teilweise auch bei der CSU)

Ich bin geneigt, mich an das schöne Sprüchlein aus meiner Studentenzeit zu erinnern, das so angeht: „Inter pedes ... " Ich will es nicht weiter sagen; Sie kennen es, Herr Dr. Seidl.

Zitatende. -Aber Informationswert dieser Äußerung?

Es geht dann noch weiter. Es werden alle möglichen aufgezählt, die auch ihren Platz in Bayern haben. Und dann heißt es - Zitatanfang -:

Und lange bevor es Illustrierte, Fernsehen und Kino gab,

- hört, hört! -

ließ Bayernkönig Ludwig 1. die schönsten Frauen seiner Zeit malen.

Zitatende. - Ich würde meinen, es wäre z. B. von einem Informationswert für die Bevölkerung, zu wissen, ob der Herr Ministerpräsident Alfons Goppel diese Tradition fortzusetzen gedenkt.

(Andauernde große Heiterkeit im ganzen Haus -Ministerpräsident Dr. Goppel schüttelt den Kopf)

Drittes und letztes Zitat:

(Zurufe: Das vierte!)

Darüber hängt in der Photographie ein Herzl: „Gruß vom Münchner Oktoberfest". Es ist sehr hübsch ge­macht. Darunter heißt es: „Heimat und Welt".

Zitatanfang:

Die Bayern lachen gern;

- das haben wir heute ausgiebig getan -

auch über sieht selbst.

Das würde ich Ihnen gelegentlich raten, meine Da­men und Herren von der CSU; Sie haben viel Ge­legenheit dazu gegeben.

Deshalb drang ihr Bild von gestern so leicht in die Masse,

- in welche, weiß ich nicht -

und es wirkte bis heute: Heimat und Welt, Herr­gottschnitzer und Franz von Klenze, Ludwig Gang­hofer und Joachim Ringelnatz, sie fanden stets nebeneinander Platz im Königreich und im Frei­staat.

Informationswert, meine Damen und Herren? Ich will mir hier eine sehr boshafte Bemerkung verkneifen.

Zusammengefaßt möchte ich sagen: Diese Zitate, die beliebig fortgesetzt werden können und die ich in Ihrem Interesse nicht fortsetzen möchte - sonst würden wir abends um 10 Uhr noch da sein; denn in der Zwischenzeit ist eine Flut von Broschüren herausgekommen -, haben in uns den begründeten Verdacht erweckt, daß die Staatsregierung bei der Ausgabe des Titels „Öffentlichkeitsarbeit" über das rechtlich zulässige Maß hinausgeschossen ist. Wir meinen, daß dieser begründete Verdacht genügen müßte, um das ganze Parlament, das, wir und auch Sie,_zur_lfonimUe_deLAusgabenpolitik_der_Regierung __ ·----­da ist, dazu zu bringen, eine solche Sonderprüfung durchzuführen. Wenn Sie das nicht tun, geben Sie wieder einmal mehr zu erkennen - einmal mehr und ich würde sagen, es wird allmählich bedroh-lich -, daß Sie sich fühlen als die alleinigen Stützer und Förderer der Regierung und nicht mehr in der Lage sind, Ihre Kontrollbefugnisse auszuüben, zum Schaden der Bevölkerung.

(Beifall bei SPD und FDP -Zuruf des Abg. Otto Meyer)

Präsident Hanauer: Das Wort hat der Herr Staats­minister für Wirtschaft und Verkehr.

(Zurufe von der SPD)

Staatsminister Jaumann: Meine Damen und Herren! Wenn Sie glauben, daß ein Minister die Aufgabe hat, einen Werbeprospekt zu entwerfen, dann täuschen Sie sich. Das ist nicht meine Aufgabe, das habe ich auch nie getan.

(Zurufe von der SPD)

- Natürlich, meine Damen und Herren, gibt es die eine oder andere Werbemaßnahme, über die wir durchaus sprechen können.

Den Entwurf dazu habe ich sogar gesehen. Wissen Sie, wer den gemacht hat? - Der bei Oberbürger­meister Dr. Vogel von 1960 bis 1967 beschäftigte Pressereferent, der heute bei mir ist,

(Heiterkeit bei der CSU - Zahlreiche Zurufe von der SPD)

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Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74 5221

(Staatsminister Jaumann)

der die Olympiawerbung gemacht hat und dem ich eine Fachkenntnis allein schon von seinem Herkom­men und Wirken her nicht abstreiten kann.

(Zuruf des Abg. Otto Meyer)

Präsident Hanauer: Herr Staatsminister! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Drexler?

Drex!er (SPD): Herr Staatsminister, wer hat Ihnen denn den aufgezwungen?

Staatsminister Jaumann: Mir werden Leute nicht auf­gezwungen. Ich nehme diejenigen, die gut sind, ganz gleich, welche politische Auffassung sie haben.

(Starker Beifall bei der CSU -Abg. Otto Meyer: Sehr gut!)

Daß Ähnliches dort, wo Sie regieren, nicht vor­kommt, wissen wir.

(Starker Beifall bei der CSU -Zurufe von der SPD)

Zweite Anmerkung; die hat mit dem was zu tun. Meine Damen und Herren! Heute sind Zahlen ver­glichen worden: In der Werbung oder in der Öffent­lichkeitsarbeit Beschäftigte, wie Sie wollen. Im Grun­de genommen kann man diese Zahlen überhaupt nicht vergleichen. Ich darf es Ihnen jetzt an einem Beispiel erläutern.

(Abg. Dr. Rothemund: Wenn sie nicht stimmen!)

Nordrhein-Westfalen hat z.B. eine Gesellschaft zur Ansiedlungswerbung. Diese Gesellschaft hat - ich weiß nicht, wie groß sie ist - einen enormen Haus­halt und sie hat mit Sicherheit mehr als 20 Leute, mit absoluter Sicherheit. Diese Gesellschaft gibt es in Bayern nicht.

(Zuruf des Abg. Dr. Rothemund)

Ansiedlungswerbung macht bei mir das Referat für Öffentlichkeitsarbeit; das heißt also, was dort, bloß an einer anderen Stelle vermerkt ist, ist bei mir im Haushalt ausgewiesen.

Ich wollte mit diesem einen Beispiel nur eines sa­gen: So schön das alles ist, Vergleiche, meine Damen und Herren, auch was die Zahl der Beschäf­tigten anlangt, setzen eigentlich voraus, daß man den Aufgabenkatalog, den diese Personen zu er­füllen haben, vorher vergleicht und aufeinander ab­stimmt. Erst dann kann man sagen, ob dort oder dort zu viel oder zu wenig Beschäftigte sind.

Noch einmal zurück zu diesem Bild! Tatsache ist -ich habe mich nur deswegen gemeldet, weil ich es so interessant finde -: Ich habe heute einen Vertrag - nicht einen Vertrag, aber so etwas Ähnliches -unterschrieben, in dem sich jemand auf diese Wer­bung bezieht und sagt, sie habe ihm so gut ge­fallen, daß er jetzt auch in Bayern investieren wolle. Ich kann das nur sagen.

(Starker Beifall bei allen Parteien)

Präsident Hanauer: Das Wort hat der Herr Minister­präsident!

Ministerpräsident Dr. Goppel:

(Zuruf von der SPD: Wegen dem Dekollete)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin eigentlich dem Herrn Kollegen Dr. M e y e r dankbar, daß er das ausgesprochen hat, was ich vermutet habe. Nur ist im Antrag, Herr Kolle­ge Dr. Kaub, der Verdacht nicht ausgesprochen, nicht substantiiert. Es ist in keiner Weise irgend etwas gesagt.

Aber jetzt kommt das Weitere. Der Herr Kollege Dr. Meyer, den Sie sicherlich für dazu entsprechend fähig halten, hat eine Prüfung gerade dieser Öffent­lichkeitsarbeit vorgenommen. Warum geben wir die weiter? Glauben Sie, daß Beamte diese Dinge bess.er beurteilen können als der Kollege Dr. Meyer?

(Zahlreich Zurufe und Unruhe bei der Opposition)

Das ist die Frage: Warum geben wir unser eigenes Kontrollrecht ab?

(Abg. Dr. Rothemund: Wir wollen eine neutrale Stelle!)

Präsident Hanauer: Herr Ministerpräsident! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Hochleitner?

Hochleitner (SPD): Herr Ministerpräsident! Wollen Sie damit zum Ausdruck bringen, daß Sie das Prü­fungsergebnis vom Herrn Kollegen Dr. Meyer aner­kennen? Dann wäre es für uns allerdings hinfällig, eine Überprüfung zu fordern.

Ministerpräsident Dr. Goppel: Nein, nein, in gar keiner Weise! Ich stelle nur fest, daß er sich dazu für be­fugt hält, ohne den Rechnungshof zu fragen.

(Beifall bei der CSU - Zurufe von der SPD)

Präsident Hanauer: Weitere Wortmeldung, Herr Kol­lege Kuhbandner.

Kuhbandner (SPD): Herr Präsident, meine sehr ver­ehrten Kolleginnen, meine Herren Kollegen! Ich komme zurück, nachdem das jetzt langsam wirklich nicht mehr überboten werden kann an

(Zuruf von der CSU: An Humor!)

- nein, ich möchte sagen: - heiliger Einfalt,

{Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

was sich hier jetzt abspielt, auf den Dringlichkeits­antrag meiner Fraktion, der besagt: „Der Landtag wolle beschließen: Der Oberste Rechnungshof wird gemäß Art." usw. „ersucht" usw.; die vier Punkte brauche ich nicht mehr vorlesen; der Antrag liegt

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5222 Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74

(Kuhbandner [SPD])

Ihnen vor. Dazu darf ich sagen, daß hier einschlägig ist die Bayerische Haushaltsordnung im Artikel 88 Absatz 3 und im Artikel 7 Absatz 2 Satz 1, die wir einstimmig beschlossen haben. Hier handelt es sich um einen Betrag, der nachweislich 14 Millionen DM ausmacht, der keine Angaben über Postgebühren zum Versand solcher Dinge und . ähnliches enthält, der auch gar keine Aussage trifft, wieviel Mittel aus dem Sammelansatz von 74 Millionen DM hier noch zusätz­lich gebraucht werden. Und wenn wir einer guten Haus­haltsberatung eine Vorleistung machen wollen, dann am besten mit diesem Prüfungsauftrag an den Rech­nungshof, der uns dann bei den Einzelberatungen der Haushalte viel Zeit erspart und uns eine fun­dierte Grundlage gibt, die wieder beweist, daß die Ansätze dort sparsam, wirtschaftlich usw. verwendet werden. Deshalb unser Antrag.

Und nun zum Herrn Ministerpräsidenten Dr. Goppel! Ich darf Ihnen, Herr Ministerpräsident, in Erinnerung rufen: Sie waren Innenminister, und auf einer Land­rätetagung hat der leider jetzt verstorbene Senator und Landrat Dr. Ditterich an den Innenminister die Frage gerichtet, wie das denn sei mit den Verfü­gungsmitteln der Landräte. Allein das Wort sage doch schon, daß der Landrat über diese Mittel frei verfügen könne. Der Prüfungsausschuß seines Kreis­tages nehme diese Dinge immer besonders unter die Lupe. Darauf hat der Herr Innenminister Dr. Goppel geantwortet, daß die beste Entlastung für derartige frei verfügbare Mittel die Überprüfung durch die zuständigen Gremien sei.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Warum wendet sich jetzt der Regierungschef Dr. Alfons Goppel gegen eine solche Überprüfung, wenn nach seiner Ansicht durchaus die Überprüfung die beste Entlastung und die Bestätigung der Redlich­keit und Ehrlichkeit ist? Das ist meine Frage.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Ich bitte Sie, im Interesse des Parlaments, im Inter­esse der Wahrung der Rechte der Minderheit durch die Mehrheitsfraktion und zur eigenen Rechtferti­gung unserem Antrag die Zustimmung zu geben. Von „Wahlmanöver" kann keine Rede sein!

(Stürmischer Widerspruch und Lachen bei der CSU - Abg. Ernst Lechner: Der muß gar nicht lachen! - Doch, jetzt lacht er selbst!)

Meine Damen und Herren! Haben Sie hier gelesen, daß wir eine Überprüfung v o r dem 27. Oktober 1974 gefordert haben?

(Zurufe von der CSU)

Wenn die Überprüfung stattfinden soll und wirklich kein Wahlmanöver ist, dann werden wir miteinander das Prüfungsergebnis erst beim Haushalt 1975 vor­gelegt erhalten. Das wissen Sie auch. Und wenn Sie dem jetzt nicht zustimmen, dann fürchten Sie,

(Widerspruch bei der CSU)

daß die Überprüfung auch schneller gehen könnte. Nichts anderes hindert Sie, unserem Antrag zuzu­stimmen. Und im Interesse der Offenheit, der Haus­haltswahrheit und der Haushaltsklarheit, von der so­wohl der Herr Finanzminister wie auch die Kollegen der CSU-Fraktion den Haushalt betreffend immer wieder sprechen, darf ich herzlich bitten, unserem Antrag die Zustimmung zu geben.

(Beifall bei der SPD)

Präsident Hanauer: Das Wort hat der Herr Staats­minister der Finanzen.

Staatsminister Dr. Huber: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Erörterungen der letzten Stunden geben mir doch Anlaß, nicht nur für dieses Haus, sondern für die Öffentlichkeit noch einmal etwas klarzustellen.

Es gibt niemanden in der Staatsregierung, und es gibt niemanden in diesem Hohen Hause, der sich einer Prüfung seitens des Obersten Rechnungshofes, so, wie sie im Artikel 88 Absatz 1 - der einschlä­gigen Gesetzesbestimmung - vorgesehen ist, wider­setzen würde. Der Trick - verzeihen Sie mir den Ausdruck -, den Sie gebrauchen, der besteht darin - -

(Zuruf von der SPD: Was für ein Trick?)

- der Täuschungsversuch, den Sie gegenüber der Öffentlichkeit unternehmen, meine Damen und Herren, --

(Beifall bei der CSU - Zurufe von der SPD: Das ist keine Täuschung!)

- die Irreführung der Öffentlichkeit, die Sie herbei­zuführen beabsichtigen. So können Sie es auch for­mulieren.

(Lebhafter Beifall bei der CSU -Zurufe von der Opposition)

- Jetzt wollen Sie es nicht hören.

(Weitere Zurufe von der SPD)

- Sie besteht schlicht und einfach darin, daß Sie hier in der Debatte jetzt verbal - nicht in dem Text Ihres Antrages, aber hier in der Debatte und in der Öffentlichkeit - den Ausdruck einer „Sonderprü­fung" erfunden haben, die es nach der einschlägi­gen Bestimmung überhaupt nicht gibt.

(Abg. Gabert: Wer hat den Ausdruck erfunden?)

Es geht nicht um Prüfung oder Nichtprüfung.

(Abg. Gabert: Doch, genau darum geht's!)

- Es geht nicht um Prüfung oder Nichtprüfung, weil die Prüfung nach Artikel 88 Absatz 1 der einschlä- · gigen Haushaltsordnung eine zwangsläufige, obliga­torische ist, der sich niemand widersetzen will und niemand widersetzen kann.

(Lebhafter Beifall bei der CSU)

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Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74 5223

(Staatsminister Dr. Huber)

Und Sie wollen in der Öffentlichkeit bewußt den Eindruck erwecken, als ob sich hier auf der CSU­Seite des Hauses oder auf den Regierungsbänken irgend jemand dieser Prüfung widersetzen wollte.

(Lebhafter Widerspruch bei der Opposition -Abg. Dr. Rothemund: Das ist geradezu

unanständig; das ist wirklich unanständig! -Zuruf des Abg. Dr. Kaub)

- Nein, Herr Kollege Dr. Kaub, im Augenblick stelle ich nur die Frage nach dem letzten Satz.

(Zuruf des Abg. Hochleitner)

- Nein! Herr Kollege Hochleitner, Sie bringen mich auch durch Zwischenreden nicht davon ab. Was Sie wollen ist,

(Abg. Dr. Rothemund: Sie lenken doch ab!)

daß Sie von der Prüfung ablenken, die im Artikel 88 Absatz 1 vorgesehen ist, und daß Sie eine gutacht­liche Äußerung hochstilisieren zu einer Sonderprü­fung, die es in Wirklichkeit gar nicht gibt. Und ich wiederhole es noch einmal: Darin liegt eine bewußte Irreführung der Öffentlichkeit.

(Lebhafter, anhaltender Beifall bei der CSU - Zuruf von der SPD: Das ist künstiche

Aufregung, die Sie da haben!)

- Bei Ihnen!

Präsident Hanauer: Herr Minister! Gestatten Sie jetzt eine Zwischenfrage?

Staatsminister Dr. Huber: Bitte sehr!

(Zuruf des Abg. Hochleitner)

Präsident Hanauer: Das Wort hat Herr Kollege Dr. Kaub, nicht Herr Kollege Hochleitner!

Dr. Kaub (SPD): Herr Minister, Sie zitieren immer den Artikel 88 Absatz 1. Nun muß ich gestehen, daß ich den Wortlaut leider nicht da habe. Aber, ist Ih­nen entgangen, Herr Minister, daß wir unseren An­trag auf Artikel 88 Absatz 3 gestützt haben?

Staatsminister Dr. Huber: Herr Kollege Dr. Kaub, mir ist unverständlich, wie es hier ein Mißverständnis geben soll. Sie stützen sich auf Artikel 88 Absatz 3, und im Artikel 88 Absatz 3 ist von einem Gutachten die Rede.

(Zurufe von der SPD)

- Moment! Und indem Sie ein Gutachten verlangen, bringen Sie die Begründung, wir wollten keine Prü­fung haben. Sie wollen doch - -

(Zuruf des Abg. Dr. Kaub)

- Nein, Herr Kollege Dr. Kaub! Sie bringen mich durch noch so viele Zwischenrufe nicht davon weg: Der Artikel 88 Absatz 1 - und das stelle ich vor der bayerischen Öffentlichkeit noch einmal fest - ist für

jedemann hier im Hohen Hause, für die Regierung und für jeden Parlamentarier verpflichtend. Daß eine Prüfung durchgeführt wird, unterliegt keinem Zwei­fel. Das ist zwangsläufig. Dazu braucht es keinen An­trag, und da ist Ihr Antrag in gar keiner Weise hilf­reich, um zu diesem Ergebnis zu kommen.

(Beifall bei der CSU)

Präsident Hanauer: Herr Staatsminister, es ist die Frage, ob Sie eine zweite Zwischenfrage zulassen. Hier stehen drei Kollegen, die sich gemeldet haben. Das geht nur außerhalb der Geschäftsordnung, wenn Sie überhaupt noch eine Frage zulassen.

Staatsminister Dr. Huber: Ich lasse noch eine zu.

Präsident Hanauer: Sie lassen noch eine zu. Dann bitte ich, sich zu entscheiden. Herr Kollege Dr. Rothemund!

Dr. Rothemund (SPD): Herr Staatsminister, würden Sie mir zugeben, daß dem Gutachten eine Prüfung vorauszugehen hat und daß derjenige, der dieses Gutachten ablehnt, damit auch die dem Gutachten vorauszugehende Prüfung ablehnt?

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Staatsminister Dr. Huber: Ich würde davon ausgehen, Herr Kollege Dr. Rothemund, daß der Oberste Rech­nungshof bei Erstellung eines Gutachtens selbstver­ständlich die Prüfungsfeststellungen berücksichtigt, die er nach Artikel 88 Absatz 1 zu treffen hat. Wenn derjenige, der das Gutachten erstattet, derselbe ist, der von Gesetzes wegen zu prüfen hat, wird dem überhaupt nicht im Weg stehen, daß er das, was er von Gesetzes wegen als Prüfungsfeststellung ge­winnt, auch in seinem Gutachten tatsächlich verwer­tet.

(Sehr gut! und Beifall bei der CSU)

Ich sehe da überhaupt keine Problematik.

Meine Damen und Herren, ich habe mich- ich wieder­hole das - nur deshalb gemeldet, damit nicht auf­grund dieser Debatte mit einem gezielten, falschen Eindruck kurz vor den Wahlen in der Öffentlichkeit bewußt ein falscher Eindruck hervorgerufen wird.

(Anhaltender, starker Beifall bei der CSU)

Präsident Hanauer: Wortmeldung, Herr Abgeordne­ter Kuhbandner.

Kuhbandner (SPD): Herr Präsident, meine sehr ge­ehrten Kolleginnen, meine Kollegen! Der Herr Fi­nanzminister sprach von einem Trick, den wir ver­suchen wollen.

(Zuruf von der CSU: So ist es!)

Offensichtlich wird jetzt der Trick nicht vom Parla­ment, sondern von der Staatsregierung aus ange­wandt.

(Widerspruch bei der CSU)

Page 86: 100. Sitzung · 2016. 3. 30. · Bayerischer Landtag · 1.Wahlperiode STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/1 00 25.09.74 100. Sitzung am Mittwoch, dem 25. September 1974, 9 Uhr, in München

5224 Bayerischer Landtag· STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74

(Kuhbandner [SPD])

Bis jetzt hat sich nur der Vorsitzende der CSU­Fraktion als Abgeordneter gegen unseren Prüfungs­antrag gewandt. Ansonsten haben sich nur der Herr Ministerpräsident und die Staatsregierung selbst ge­gen eine Prüfung gewandt.

(Beifall bei der SPD)

Wenn das das Parlament und die Mehrheitsfraktion dulden, dann muß sich diese die Unterstellung einer Begünstigung der Staatsregierung hinsichtlich der Öffentlichkeitsarbeit von uns gefallen lassen.

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CSU, u. a. Abg. Stein: Das ist doch unsere Regierung!)

Präsident Hanauer: Herr Kollege Kuhbandner, so wie ich Sie kenne, haben Sie das Wort Begünstigung als Sympathiekundgebung verstanden und nicht den Vorwurf einer kriminellen Handlung erhoben.

Herr Kollege Dr. Rothemund, Wortmeldung? - Bitte schön!

Dr. Rothemund (SPD): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe vorhin in einer Zwischenfrage dem Herrn Staatsminister bereits klarzumachen ver­sucht, daß ein Gutachten, wie es von uns gefordert wird, ohne eine vorausgehende Prüfung nicht er­stellt werden kann,

(Abg. Stein: Sicher, der prüft ja!)

und daß derjenige, der dieses Gutachten ablehnt -das tun Sie offensichtlich -, damit gleichzeitig die vorausgehende Prüfung nicht will. Jede andere Les­art, meine Damen und Herren, ist schlechterdings in sich unlogisch.

Lassen Sie mich eines hinzufügen!Wenn das so rich­tig wäre, wie es der Herr Staatsminister darzustellen beliebt, daß die Prüfung, die ohnehin stattfindet, die gleiche Prüfung wäre, die wir hier fordern, dann gäbe es ja erst recht keinen Grund dafür, dem von uns gestellten Antrag nicht zuzustimmen.

(Abg. Stein: Weil er überflüssig ist! -Abg. Otto Meyer: Es gibt keinen Grund - -)

Lassen Sie mich eine abschließende Bemerkung ma­chen! Ich habe nun erlebt, daß ein Minister nach dem anderen das Wort nimmt. Selbst der Herr Wirt­schaftsminister hat sich bemüht, ein Wort zu sagen. Allerdings benütze ich diese Gelegenheit gerne zu sagen, daß er vielleicht in seinem Wirtschaftsministe­rium einmal dafür sorgen sollte, daß einige Dinge ab­gestellt werden; z. B. die Tatsache, daß man die Kommunen draußen auffordert, für die Industriean­siedlungsanwerbung Geldbeträge für Annoncen zur Verfügung zu stellen, wenn man auf der anderen Seite für alle möglichen und unmöglichen Dinge der Werbung genügend Geld seitens des Wirtschafts­ministeriums ausgeben kann.

(Beifall bei der SPD)

Dann sollte man nicht die Gemeinden draußen, klei­ne Stadtgemeinden auffordern, so auf die Schnelle Tausende von Mark für solche Anzeigen jetzt in die­sem Zusammenhang auszugeben. Vielleicht hat man zu viel Geld für andere Werbungen ausgegeben, so daß man für die Werbung, um die es eigentlich zu tun ist, nämlich um die Werbung im Sinne einer Indu­strieansiedlung, nicht mehr genügend Geld zur Ver­fügung hat.

Aber ich habe erlebt, meine Damen und Herren, mit welchem Engagement sich diejenigen zu Wort ge­meldet haben,

(Starker Beifall bei der SPD)

die eigentlich heute hätten schweigen sollen, weil es um ihre Ausgaben geht, die geprüft werden sollen.

(Starker Beifall bei der SPD)

Und ich habJ es erlebt, wie diejenigen im Kern ge­schwiegen haben, die eigentlich mit uns dafür sor­gen sollten, daß man die Staatsregierung auch in Zu­kunft in jeder Hinsicht überprüft.

(Starker Beifall bei der SPD)

Präsident Hanauer: Die Aussprache ist geschlossen. Wortmeldungen liegen nicht mehr vor.

(Zurufe von der CSU: Abstimmung!)

Die Wortmeldung des Herrn Kollegen Kamm betrifft die Abstimmung. Wenn ich Prophet sein will, dann will er eine namentliche Abstimmung beantragen. Kann ich das Verfahren vereinfachen: Herr Kollege Kamm stellt im Namen der Fraktion der SPD den Antrag, die Abstimmung namentlich durchzuführen.

(Abg. Kamm tritt zum Rednerpult)

- Müssen Sie den Antrag selber stellen?

Kamm (SPD): Herr Präsident, ich habe gehört, daß Regierungen Pressesprecher haben, aber ich habe noch nicht gehört, daß das Parlament durch seinen Präsidenten auch die einzelnen Abgeordneten inter­pretieren läßt. Aber selbstverständlich haben Sie recht.

Präsident Hanauer: So war es auch nicht beabsich­tigt. Ich wollte das Verfahren abkürzen. Bitte sehr, Herr Abgeordneter!

Kamm (SPD): Namens der SPD-Fraktion stelle ich den Antrag, zu diesem Antrag eine namentliche Ab­stimmung durchzuführen.

Präsident Hanauer: Na also, bin ich Prophet oder nicht?

(Die Abgeordneten erheben sich)

- Einen Moment! Augenblick! Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, Platz zu behalten. Bevor das Abstimmungsverfahren durchgeführt wird, muß ich

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Bayerischer Landtag ·STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74 5225

(Präsident Hanauer)

die Verhandlung kurz unterbrechen und den Fort­gang der Tagesordnung klären.

(Abg. Dr. Fischer: Heute noch!)

Ich darf feststellen, daß ich überfällig bin, d. h. ich muß weg. Der Herr Kollege Dr. Rothemund, der ein­zige noch anwesende Vizepräsident, will sich beim nächsten Tagesordnungspunkt selbst zu Wort mel­den, ist also ausgeschaltet, das Präsidium zu führen.

Der zweite Dringlichkeitsantrag kann nicht mehr durchgeführt werden. Ich selbst habe, nachdem ich von Herrn Kollegen Gabert nach eingehender Rück­frage erfahren habe, daß der erste Punkt gar nicht so lang sein wird, auch mit einer anderen zeitlichen Dauer kalkuliert. Ich bin überrascht worden. Es liegt nicht in meiner Hand, wenn aus einer halben Stunde 3 oder 4 Stunden Aussprache gemacht werden. Darf ich deshalb dem Herrn Ministerpräsidenten, der, wie dem Ältestenrat bekanntgegeben wurde, morgen nicht hier sein kann, die Frage stellen, wann sich ihm die Möglichkeit bietet, sich zur Verfügung zu stellen; denn ich halte seine Anwesenheit für notwendig.

(Zurufe von der CSU: Jetzt sofort! (Abg. Dr. Fischer: Heute, jetzt!)

- Mit welchem Präsidenten?

(Zurufe)

- Nein, ich bin nicht mehr hier.

(Abg. Dr. Fischer: Was gibt es Wichtigeres als das Parlament? - Unruhe)

- Herr Kollege Dr. Fischer, ich werde laufend aus der Mitte des Hohen Hauses mit der Frage befaßt, daß sie dringend zu Veranstaltungen müßten oder Verpflichtungen hätten.

(Ministerpräsident Dr. Goppel spricht mit dem Präsidenten - Mehrere Zurufe: Heute wird es

gemacht!)

- Gut, morgen früh um 9 Uhr ist der Herr Minister­präsident noch da. Aber ich bitte Sie, dem Minister­präsidenten keine Vorwürfe zu machen, wenn sich die Debatte so lange ausdehnen sollte, daß er vor­zeitig weg muß.

(Dr. Rothemund: Das gibt's nicht! - Abg. Wen­genmeier, Dr. Fischer und viele andere: Heute!)

Wir kommen jetzt zur Abstimmung.

(Abg. Dr. Fischer: Zur Geschäftsordnung!)

- Das ist jetzt geklärt. Wir kommen zur Abstimmung. Die Modalitäten nehmen ihren Lauf.

(Abg. Dr. Fischer: Zur Geschäftsordnung!)

Mit Ja stimmt, wer dem Dringlichkeitsantrag zu­stimmt, mit Nein, wer ihn ablehnt. Ich bitte mit dem Namensaufruf zu beginnen.

Herr Kollege Dr. Rothemund, darf ich Sie bitten, zu­nächst einmal das Präsidium zu übernehmen.

Erster Vizepräsident Dr. Rothemund: Das Alphabet wird e i n m a 1 wiederholt. -

Ich unterbreche die Sitzung bis zur Auszählung des Ergebnisses.

(Unterbrechung der Sitzung: 19Uhr11 Minuten bis 19 Uhr 13 Minuten)

Erster Vizepräsident Dr. Rothemund: Meine Damen und Herren! Ich bitte, wieder Platz zu nehmen. Die Sitzung wird wieder aufgenommen. Ich gebe das Er­gebnis der Abstimmung bekannt: Mit Ja stimmten 52, mit Nein 86. Damit ist der Antrag in namentlicher Abstimmung abgelehnt.

Mit Ja stimmten die Abgeordneten: Adelmann, Al­brecht, Binder, Börner, Brunner, Degen, Dittmeier, Drexler, Eberle, Essl, Fink Otto, Dr. Flath, Fröhlich, Gabert, Geiser, Gentner, Güthlein, Heiden, Heinrich, Hochleitner, Jaeger, Kahler, Kamm, Dr. Kaub, Kick, Klasen, Koch, Kolo, Kuhbandner, Langenberger, Frau Lauter, Dr. Meyer Helmut, Moser, Naumann, Dr. Ro­themund, Rummel, Schaller Gabriel, Dr. Schlittmeier, Schmolcke, Schneier, Schneider Alfons, Schraut, Soldmann, Sommer, Sonntag, Stenglein, von Truch­seß, Weber, Welsch, Wirth, Zeitler, Zink.

Mit Nein stimmten die Abgeordneten: Asenbeck, Frau Bäuerlein, Bauer, Beck, Frau Bundschuh, Daum, Dick, Diethei, Dietz, Dürrbeck, Fendt, Feneberg, Fink, Dr. Fischer, Gastinger, Gerstl Max, Glück Alois, Dr. Glück, Dr. Goppel, Gruber, Hanauer, Harrer, Heim­schrott, Dr. Hillermeier, Höpfinger, Hofmann, Dr. Hu­ber Herbert, Huber Herbert, Dr. Huber Ludwig, Dr. Hundhammer, Jaumann, Kaps, Dr. Keßler, Kluger, Frau Krinner, Lauerbach, Lechner Ernst, Leeb, Lucke, Maurer, Dr. Merk, Messner, Meyer Albert, Meyer Otto, Möslein, Müller Werner, Müller Willi, Nieder­mayer, Nüsse!, Freifrau von Pölnitz, Pram!, von Prüm­mer, Ritter, Röhrl, Dr. Rosenbauer, Dr. Rost, Sauer, Dr. Seid!, Schäfer Karl, Schäffer Alfons, Dr. Schedl, Frau Schleicher, Schmidhuber, Schmidramsl, Schön, Scholl, Dr. Schosser, Seitz, Speth, Staudacher, Stein, Stuhlberger, Tandler, Vollkammer, Dr. Vorndran, Wa­cher, Wagner, Weiß, Frau Wiederer, Dr. Wilhelm, Will, Winklhofer, Wösner, Wünsche, Zeißner und Zenz.

Meine Damen und Herren, gemäß der vorigen Ab­sprache darf ich also die Sitzung nicht schließen, im rechten Zeitpunkt hat sich der Herr Kollege Hanauer wieder eingefunden.

(Beifall)

Präsident Hanauer: Ja, meine Damen und Herren, ich sehe die linke Seite weitgehend leer. Ich habe den Wunsch des Hauses bekommen, den nächsten Tages­ordnungspunkt noch aufzurufen. Ich habe inzwischen die notwendigen persönlichen Dispositionen getrof­fen, um dem Hohen Hause zur Verfügung zu stehen.

(Beifall)

Aber ich habe eben den Herrn Kollegen Gabert ge­troffen; ich habe ihn gebeten, doch wieder zur Ver­fügung zu stehen. Er hat gesagt, er täte es nicht und er würde es auch mit seiner Fraktion nicht tun. Das

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(Präsident Hanauer)

müßte wohl auch geklärt werden. Wenn ich jetzt den Fall aufrufe, Herr Kollege Kamm, dann müßte Ihre Fraktion dazu Stellung nehmen. Sonst würde dar­über abgestimmt.

Kamm (SPD): Herr Präsident, meine Damen und Her­ren! Der Herr Präsident hat vorhin ausdrücklich nach Rückfrage beim Herrn Ministerpräsidenten für mor­gen früh 9 Uhr diese Sitzung vereinbart. Aufgrund der Angabe des Herrn Präsidenten haben die Kelle- . gen der SPD-Fraktion selbstverständlich das Recht, sich darauf zu verlassen, daß das Wort des Präsiden­ten auch dementsprechend gilt.

(Lebhafte Zurufe von der CSU)

Ich beantrage deshalb, diesen Tagesordnungspunkt abzusetzen.

(Zurufe von der CSU: Eure Leute stehen doch alle draußen!)

Präsident Hanauer: Meine Damen und Herren, Herr Kollege Kamm, wir sollten aus der formellen Behand­lung keinen zusätzlichen Streitpunkt schaffen. Es ist meines Erachtens heute schon zuviel des Wahlkamp­fes in diesem Saale geführt worden. Es ist richtig, daß ich vorhin aus persönlichen Gründen gesagt habe, daß ich verhindert bin. Ich habe nun, weil aus der Mitte des Hauses der Wunsch an mich herangetragen wur­de, die entsprechenden Umdispositionen getroffen und stehe jetzt zur Verfügung. Jetzt handelt es sich um eine reine Frage der Geschäftsordnung, Herr Kol­lege Dr. Rothemund, nämlich um die Frage der Be­handlung eines Dringlichkeitsantrages, der jetzt auf­gerufen werden sollte und bei dem offenbar Ihre Frak­tion, die in großen Teilen draußen vor dem Sitzungs­saal steht, sich nicht mehr an einer Aussprache be­teiligen will.

(Zuruf von der CSU: Genauso ist es!)

Es hängt von Ihnen ab, ob Sie Ihre Kollegen bitten, den Saal wieder zu betreten.

Herr Kollege Dr. Rothemund hat das Wort.

Dr. Rothemund (SPD): Herr Präsident, meine .Damen und Herren! Ich will versuchen, den Punkt ohne große Leidenschaft zu erörtern, aber ich muß zunächst eine Bemerkung vorausschicken. Wir hatten heute mittag eine Rücksprache auch mit dem Herrn Präsidenten, die darauf hinauslief, daß der Tagesordnungspunkt Lauerbach aufgerufen werden sollte

(Abg. Kamm: Um 15 Uhr sollte er aufgerufen werden!)

nach der Behandlung der Gesetzentwürfe, die in der zweiten und dritten Lesung zu beraten waren. Dies war auch sinnvoll, weil insoweit Einwendungen des Senates hätten kommen können~ Der Herr Präsident hat, nachdem diese Gesetzesentwürfe in zweiter und dritter Lesung abgewickelt waren, den Punkt Lauer­bach aber nicht aufgerufen, sondern er hat eine Reihe anderer Tagesordnungspunkte aufgerufen, die eine gewisse Zeit in Anspruch genommen haben.

~urufvonderCSU:Dasdauertedochnurku~D

wobei er sich darauf berief, daß insoweit Kollege Kaub namens unserer Fraktion seine Zustimmung ge­geben hätte. Kollege Kaub hat dies nachdrücklich be­stritten. Ich habe, während der Präsident diese Ta­gesordnungspunkte in zweiter und dritter Lesung be­handelt hat, mit ihm selbst gesprochen. Er hat mir in diesem Gespräch zugesichert, daß unmittelbar da­nach der Fall Lauerbach aufgerufen werde. Er hat aber dann den Fall Lauerbach nicht aufgerufen, son­dern den ersten Punkt der Nachtragstagesordnung. Den Versuch des Kollegen Kaub, den Fall Lauerbach vorzuziehen, hat er abgeblockt mit dem Hinweis, daß er bereits diesen ersten Punkt aufgerufen habe und daß er in der Folge der Nachtragstagesordnung ver­fährt, obwohl ich hier erklärte, daß er mir selber zuge­sichert hatte, nach Abwicklung der bereits laufenden Tagesordnungpunkte den Fall Lauerbach aufzurufen. Das ist also der Sachverhalt.

Meine Damen und Herren, wir brauchen uns darüber gar nichts vorzumachen, warum so verfahren wird. Ich möchte jedem, der mir insoweit widerspricht, aus­drücklich das Attribut zuerkennen, daß er scheinheilig ist. Um was geht es? Sie bemühen sich mit vereinten Kräften--

(Abg. Kaps: Das ist das Vokabular unseres Landtagsvizepräsidenten!)

- Ich würde mich auch als scheinheilig bezeichnen, wenn ich es so sehen würde. Sie bemühen sich also mit vereinten Kräften, außerhalb der Zeit zu gelangen, wo im Rundfunk und Fernsehen vernünftigerweise be­richtet wird.

(Widerspruch bei der CSU)

Wenn Sie das bestreiten sollten

(Zahlreiche Zurufe von der CSU, u. a. Abg. Ernst Lechner: Dann machen Sie es also nur deshalb!)

- lassen Sie mich halt mal ausreden -, dann muß ich noch ein bißchen von dem abstreichen, was ich Ihnen in der Vergangenheit immer noch zugetraut habe. Un­ser Bemühen ist es natürlich, diesen Fall nicht unter Ausschluß der Presseöffentlichkeit zu erörtern.

(Zurufe von der CSU: Die sitzt doch dort oben!)

Ja, natürlich, aber Sie kennen doch die Probleme, die gerade bei den Tageszeitungen bestehen. Wir sind doch so alte Hasen, daß wir uns da gegenseitig nichts vormachen sollten. Was passiert denn nun? Wir ha­ben gestern bis, ich weiß es nicht genau, ich glaube um Y2 7 Uhr getagt.

Wir haben in den vorausgegangenen Sitzungen nie länger als bis 7 Uhr getagt.

(Abg. Stein: Beim Rundfunkgesetz über 12 Uhr!)

- Reden Sie doch nicht vom Rundfunkgesetz, Sie wissen doch ganz genau, daß der 29. Februar der ent­scheidende Punkt war, so daß noch alles an diesem Tag erledigt werden mußte. Herr Kollege Stein, wenn Sie sich hier einen Namen machen wollen, mit Zwi­schenrufen werden Sie sich keinen Namen machen, da fehlt es am - -, na ja, lassen wir das.

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Bayerischer Landtag ·STENOGRAPHISCHER BERICHT 7/100 v. 25. 09. 74 5227

(Dr. Rothemund [SPD])

Lassen Sie mich noch einmal sagen: Vorhin ist auch noch einmal in Übereinstimmung mit dem Herrn Mini­sterpräsidenten festgestellt worden, ob es morgen früh um 9 Uhr möglich sein kann. Der Ministerpräsi­dent hat dies möglich gemacht, und jetzt meinen Sie, daß Sie mit Ihrer Mehrheitsfraktion, obwohl wir dar­auf vertraut haben, daß es jetzt so abläuft nach den Äußerungen des Herrn Präsidenten,

(Zuruf von der CSU: „Scheinheilig" !)

uns das aufzwingen können. Ich weiß nicht, welchen Sinn es hat, wenn wir eine Geschäftsordnung verab­schieden. Eine Geschäftsordnung setzt auch noch eine gewisse Fairneß im Umgang miteinander voraus. Das Spiel, das Sie mit uns zu treiben versuchen, hat mit Fairneß einer Opposition gegenüber ganz gewiß nichts zu tun. Ich weiß nicht, ob ich Sie im Interesse auch eines vernünftigen Klimas überzeugen kann. Wir haben die lange Diskussion vorhin nicht provo­ziert.

(Lebhafter Widerspruch bei der CSU)

Meine Damen und Herren, wir wußten nicht, was Herr Dr. Seidl sagen wird. Es hätte ja sein können, daß Sie zustimmen. Ich hatte, bis ich diesen Sitzungssaal betreten habe, damit gerechnet, daß zugestimmt wird. Ich habe nicht erwartet, daß es abgelehnt wird und hatte keine längere Zeit einkalkuliert.

(Zuruf von der CSU: Scheinheiligkeit!)

Ich weiß nicht, ob es noch einen Sinn hat, Sie auf eine Fairneß gegenüber der Opposition ins Wort zu nehmen. Aber alles, was heute gelaufen ist, würde bedingen, daß Sie zu dem stehen, was vorhin verein­bart worden ist, unwidersprochen auch von Ihnen ver­einbart worden ist, daß dieser Punkt morgen früh um 9 Uhr aufgerufen wird. Das hat der Herr Präsident festgestellt.

(Zurufe von der CSU)

Das hat der Herr Präsident festgestellt. Wenn Sie sich darauf verlassen, daß Sie die Angelegenheit ohne Opposition abwickeln können, nun gut.

(Abg. Dr. Fischer: Sie zogen ja selber aus!)

- Sicher sind noch einige Kollegen draußen, holen Sie sie herein! Es geht darum, daß wir uns nicht von Ihnen in dieser Weise in dieser Angelegenheit behan­deln lassen, in der Sie glauben, es tun zu können. Es ist eine Herausforderung an die Opposition. Ich möchte Ihr Geschrei bis hierher nach Bayern hören, wenn das, was Sie uns hier zumuten, auch nur einmal im Deutschen Bundestag umgekehrt von der Mehrheit der CDU/CSU gegenüber unternommen würde.

(Zurufe von der CSU)

- Ich weiß, daß Sie die Mehreren sind. Es sind nur noch Herr Kollege Dr. Kaub und Herr Kollege Kamm als Stallwache anwesend. Sie sind entschieden die Mehreren. Sie können mich auch rein akustisch und stimmlich zu überschreien versuchen, aber ich glau­be, es wird Ihnen kaum gelingen, weil ich noch das Mikrophon zur Verfügung habe.

Lassen Sie mich zu einem Ergebnis kommen: Wir haben uns auf das verlassen, was hier erklärt worden ist. Wenn Sie jetzt glauben, daß Sie in unserer Abwe­senheit verhandeln und den Antrag ablehnen können, ich weiß nicht, Herr Kollege Dr. Seidl, es gibt noch viele Möglichkeiten, wie dann dieses Thema in gebüh­render Weise zur Sprache gebracht werden kann. Und darauf können Sie sich mit Sicherheit verlassen.

(Abg. Dr. Fischer: Ist das eine Drohung?!­Abg. Leeb: Der Versuch einer Nötigung!)

Präsident Hanauer: Herr Kollege Dr. Rothemund, hochverehrter Herr Vizepräsident! Ich muß Ihnen lei­der zur Richtigstellung in zwei Punkten widerspre­chen. Ich darf wiederholen, auch wenn es Herr Kolle­ge Dr. Kaub - vielleicht lag bei ihm ein Mißverständ­nis vor - es nicht mehr so in Erinnerung hat, daß er zu mir kam und nach dem etwaigen Zeitpunkt des Ablaufs der Nachtragstagesordnung fragte und ich ihm sagte, ich möchte noch diese kurzen Formalien durchführen. Ich habe mich sogar erkundigt, ob die Geschäftsordnung irgendwelche Zeit beanspruche. Von Herrn Kollegen Gabert wurde mir gesagt: Nein, da haben wir nur einen Antrag, und der wird abge­lehnt. Der hält nicht auf.

Ich habe gesagt, ich möchte diese Punkte - ich habe auf die Tagesordnung gedeutet - noch abwickeln, worauf er gesagt hat: Das können wir ruhig machen. Herr Kollege Dr. Kaub, ich unterstelle Ihnen, daß Sie diesen Punkt vielleicht nicht mit einbezogen haben. Die anderen haben aber wirklich nur Minuten gedau­ert, und wir waren vor 16 Uhr fertig.

Der zweite Punkt, den ich berichtigen muß: Es ist bei den Gesprächen, die ich mit Ihnen und anderen ge­führt habe, nie vom Fall Lauerbach gesprochen wor­den, sondern es wurde immer nur gefragt: Wann kom­men unsere Dringlichkeitsanträge dran? Ich habe darauf gesagt, ich rufe die Dringlichkeitsanträge nach Behandlung der Geschäftsordnung auf. Ich habe sie dann der Tagesordnung nach aufgerufen, und, Herr Kollege Dr. Rothemund, auch dazu eine Feststel­lung - ich bin gleich fertig, meine Damen und Her­ren -: Als ich den Herrn Kollegen Gabert, um mich zu informieren, gefragt habe, ob zum ersten Punkt eine längere Debatte stattfindet, wurde mir darauf gesagt: Man kann ja hierzu, weil es nur ein Prüfungsantrag ist, gar nichts Näheres anführen, es werde deshalb neben einer Erklärung, von der er noch gar nicht wisse, wer sie abgeben werde, zu keiner längeren Aussprache kommen.

Daher war ich guten Glaubens, Herr Kollege Dr. Ro­themund, daß ich, wenn ich der Reihenfolge der Nachtragstagesordnung folgend aufrufe, den ersten Dringlichkeitsantrag sehr schnell abwickeln kann und dann bis sechs oder sieben Uhr mit dem anderen fertig bin. Ich habe mich geirrt. Meine Erwartung war nicht richtig.

Ich muß nun festsellen, daß ich den Herrn Kollegen Gabert gerade davon verständigt habe, daß ich die Sitzung wieder übernehme, worauf er mir erklärte, er

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(Präsident Hanauer)

denke nicht daran, wieder heraufzugehen, und sollte die Sache - darf ich jetzt die Damen und Herren der CSU-Fraktion bitten, obacht zu geben, - aufgerufen werden, dann gebe er Weisung, den Antrag sofort zurückzuziehen und eine Interpellation einzubringen.

Nun glaube ich, daß das nicht der Sinn der Angele­genheit ist, daß wir noch weitere Tagungen in die zweite und in die dritte Oktoberwoche hineinlegen. Das ist natürlich die Möglichkeit der Fraktion der SPD, die natürlich auch mit einem Stützpunktmann durchaus in der Lage ist, die Beschlußunfähigkeit festzustellen. Auch das ist natürlich eine Frage, die wir ganz sachlich und nüchtern erörtern müssen.

Es ist zweifellos richtig, Herr Kollege Dr. Rothemund, daß ich Sie vorhin auf Grund meiner Situation darum gebeten habe, Sie sollten die Verhandlungsführung übernehmen. Sie haben mir erklärt, sie könnten nicht weiter die Verhandlungen führen, weil sie zur Sache sprechen wollten. Deshalb habe ich den Herrn Ministerpräsidenten gefragt, wann er anwesend sein kann.

Ich darf jetzt dem Herrn Kollegen Dr. Seidl als Spre­cher der CSU-Fraktion das Wort erteilen.

Dr. Seidl (CSU): Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Selbstverständlich ist niemand, Herr Kollege Dr. Rothemund, von uns davon ausge­gangen, daß sich die Behandlung des ersten Dring­lichkeitsantrags solange hinziehen werde, wie dies tatsächlich der Fall war. Wir sind vielmehr davon aus­gegangen, daß auch dieser zweite Dringlichkeitsan­trag, der sich auf den Staatssekretär Lauerbach be­zieht, heute nachmittag noch in einer vernünftigen Zeit behandelt werden kann.

Auf der anderen Seite ist uns natürlich klar, daß die Geschäftsordnung unseres Landtags Ihnen auch noch andere parlamentarische Möglichkeiten eröff­net, um diesen Gegenstand noch in dieser Legislatur­periode behandeln -zu lassen.

Nachdem es nun inzwischen 19.30 Uhr geworden ist und nachdem der Herr Ministerpräsident erklärt hat,

daß er trotz größter Schwierigkeiten - er muß, wie ich soeben erfahre, drei Termine für Veranstaltungen ab­setzen lassen - anwesend sein will, bin ich, auch wenn vielleicht manche meiner Fraktionskollegen meinen Entschluß nicht ganz billigen werden, den­noch der Meinung, daß wir die Sache morgen um 9 Uhr aufrufen sollten. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir müssen aber darauf hinweisen, daß der Herr Ministerpräsident, wie er uns erklärt hat, zwar um 9 Uhr da sein kann, daß er aber natürlich nur beschränkt zur Verfügung steht, so daß unsere dringende Bitte dahin geht, - -

(Abg. Dr. Flath: Bis wann?)

- Ja vielleicht bis 11 Uhr! Ich meine, man müßte die­sen Komplex in zwei Stunden behandeln können.

(Zuruf: Schon um 8.30 Uhr anfangen!)

Wenn man all diese Gesichtspunkte abwägt, sollte man, glaube ich, nicht darauf bestehen, daß diese Sache heute noch behandelt wird; denn behandelt im parlamentarischen Sinne würde sie ohnehin nicht mehr werden. Wir würden dann also morgen um 9 Uhr diesen Tagesordnungspunkt als ersten Punkt aufru­fen und behandeln.

Präsident Hanauer: Ich danke dem Herrn Kollegen Dr. Seidl.

Ich hätte aber an die anwesenden Vertreter der SPD­Fraktion und der Opposition schlechthin, an die bei­den Fraktionen die Bitte, daß bei dieser zeitlichen Umstrukturierung keine Vorwürfe gemacht oder Fol­gerungen gezogen werden, wenn der Herr Minister­präsident etwa gegen 11 Uhr den Saal verlassen muß. Es liegt also bei uns, die Sache konzentriert abzu­wickeln. Das bitte ich zur Kenntnis zu nehmen. Denn die Tatsache steht fest, daß von dieser Abwesenheit am Donnerstag der Ältestenrat von mir rechtzeitig in Kenntnis gesetzt wurde. Daß es heute so lange gedauert hat, ist ein Vorgang, den ich nicht zu ver­treten habe, den ich nur bedauern kann.

Die Sitzung ist damit geschlossen.

(Schluß der Sitzung: 19 Uhr 31 Minuten)