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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. Prof. Dr. Günter Bentele Öffentlichkeitsarbeit/PR: Einführung in die Theorie und Praxis(2. Sitzung) |Öffentlichkeit, Arenen und IuKModell, Typen öffentlicher Kommunikation Dr. Tobias Liebert PR als OrganisationsKommunikation und als Bereich öffentlicher Kommunikation I.|Einführung in Theorie und Praxis der Öffentlichkeitsarbeit 2 Grundlagenwissen: Öffentliche Kommunikation (Publizistik) Publizistik lässt sich nach Rühl im Rahmen einer funktional gegliederten Gesellschaft als soziales Teilsystem neben der Politik, der Wirtschaft, der Wissenschaft etc. begreifen. Insbesondere das System des Journalismus (was nicht als identisch mit dem Mediensystem verstanden wird) und das System der Public Relations konstituieren das publizistische Teilsystem, das insgesamt entscheidend wichtige Funktionen für die Gesamtgesellschaft ausübt: Es ermöglicht der Gesellschaft nicht nur die Beobachtung von Ereignissen und Sachverhalten außerhalb der jeweiligen Gesellschaften, sondern auch die Selbstbeobachtung. Das publizistische Teilsystem generiert, stellt bereit, verarbeitet und verbreitet(häufig in Interaktion mit anderen sozialen Teilsystemen) Informationen, vor allem in der Form öffentlich relevanter Themen. Individuelle und korporative Akteure in der Gesellschaft (in allen sozialen Subsystemen) sind nur durch das publizistische System in der Lage, wahrnehmen, was überhaupt geschieht und sich dadurch in der Welt zu orientieren. Die Themen werden in die Öffentlichkeit eingebracht Öffentlichkeit/Öffentliche Meinung: Öffentlichkeit wird verstanden als offenes Kommunikationssystem auf mehreren Ebenen (EncounterÖffentlichkeit, Themenbzw. Versammlungsöffentlichkeit, Massenkommunikation), als „offenes Kommunikationsforum“, in dem Themen und Meinungen gesammelt, verarbeitet und weitergegeben werden. Akteure agieren wie in einer Arena vor einer mehr oder weniger großen Zahl von Beobachtern, dem Publikum. Öffentliche Meinung entsteht durch Konsonanz zwischen Akteuren und Publikum. Zentrale Akteure: Sprecher(Repräsentanten, Advokaten, Experten, Intellektuelle, Journalisten als Kommunikatoren) und Medien. Das Arenamodell:

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. Prof. Dr. Günter Bentele Öffentlichkeitsarbeit/PR: Einführung in die Theorie und Praxis(2. Sitzung) |Öffentlichkeit, Arenen und IuK‐Modell, Typen öffentlicher Kommunikation 

Dr. Tobias Liebert PR als Organisations‐Kommunikation und als Bereich öffentlicher Kommunikation I.|Einführung in Theorie und Praxis der Öffentlichkeitsarbeit 2 

Grundlagenwissen: Öffentliche Kommunikation (Publizistik)

Publizistik lässt sich ‐nach Rühl ‐im Rahmen einer funktional gegliederten Gesellschaft ‐als soziales Teilsystem neben der Politik, der Wirtschaft, der Wissenschaft etc. begreifen. Insbesondere das System des Journalismus (was nicht als identisch mit dem Mediensystem verstanden wird) und das System der Public Relations konstituieren das publizistische Teilsystem, das insgesamt entscheidend wichtige Funktionen für die Gesamtgesellschaft ausübt: Es ermöglicht der Gesellschaft nicht nur die Beobachtung von Ereignissen und Sachverhalten außerhalb der jeweiligen Gesellschaften, sondern auch die Selbstbeobachtung.  Das publizistische Teilsystem generiert, stellt bereit, verarbeitet und verbreitet(häufig  in  Interaktion mit anderen  sozialen  Teilsystemen)  Informationen,  vor  allem  in  der  Form  öffentlich  relevanter  Themen. Individuelle und korporative Akteure in der Gesellschaft (in allen sozialen Subsystemen) sind nur durch das publizistische System in der Lage, wahrnehmen, was überhaupt geschieht und sich dadurch in der Welt zu orientieren.  Die Themen werden in die Öffentlichkeit eingebracht  Öffentlichkeit/Öffentliche Meinung: Öffentlichkeit wird verstanden als offenes Kommunikationssystem auf mehreren Ebenen (Encounter‐Öffentlichkeit, Themen‐bzw. Versammlungsöffentlichkeit, Massenkommunikation), als „offenes Kommunikationsforum“, in dem Themen und Meinungen gesammelt, verarbeitet und weitergegeben werden. Akteure agieren wie in einer Arena vor einer mehr oder weniger großen Zahl von Beobachtern, dem Publikum. Öffentliche Meinung entsteht durch Konsonanz zwischen Akteuren und Publikum.  Zentrale Akteure: Sprecher(Repräsentanten, Advokaten, Experten, Intellektuelle, Journalisten als Kommunikatoren) und Medien.  

Das Arenamodell:

 

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. Natürliche Ereignisse: Sind alle Ereignisse, die sich prinzipiell ohne das intentionaleZutun von menschlichen Akteuren ereignen/passieren, über die das publizistische System aber durchaus berichten kann. Beispiele: Naturereignisse wie Vulkanausbrüche, das Wachsen und Vergehen von Pflanzen, Wetter, etc.  Soziale Ereignisse: Sind alle Ereignisse, die wesentlich von menschlichen Akteuren (Einzelakteuren, Organisationen) häufig innerhalb von sozialen Kontexten (Kommunikation und Interaktion) generiert werden.  Beispiele: familiäre Ereignisse, Sitzungen kommunaler (und anderer) Parlamente, eine Unterhaltung im Zugabteil, der Wandertag einer Schulklasse, Unglücke, eine Vorlesung oder ein Seminar, etc.  Mediatisierte Ereignisse: Sind alle sozialen Ereignisse, bei denen die Medienlogik (z.B. Nachrichtenfaktoren) als wichtiger Einflussfaktor ins Spiel kommt. Beispiele: Parlamentssitzungen, große Kongresse, politische Veranstaltungen, Ereignisse mit großem Aufmerksamkeitswert  Medienereignisse: Sind alle Ereignisse, die von menschlichen Akteuren (Einzelakteuren, Organisationen) mit dem primären Ziel generiert werden, öffentliche Aufmerksamkeit und Medienberichterstattung (Publizität, Image) zu generieren. Beispiele: Pressekonferenzen, Pressemeldungen, PR‐Events, symbolische Politik, etc.  Typen öffentlicher Kommunikation:

• Public Relations  

• Marketing/Werbung 

• Journalismus 

• Propaganda  Definitionen: "Öffentlichkeitsarbeit = Information + Anpassung + Inte‐gration."                    Quelle: OECKL (1976, S.52.) ”Public relations is part of the management of communication between an organization and its publics."   

Quelle: GRUNIG/HUNT (1984, S.6) 

 

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. "Public Relations is the distinctive management function which helps establish and maintain mutual lines of communication, acceptance and cooperation between an organization and its public; involves the management of problems or issues; helps management to keep informed on and responsive to public opinion; defines and emphasizes the responsibility of management to serve the public interest; helps management keep abreast of and effectively utilize change, serving as an early warning system to help anticipate trends; and uses research and sound and ethical communication techniques as its principal tools." (Aus: HARLOW, Rex (1976), "Building a Public Relations Definition." In: Public Relations Review, Winter 1976, 2, S.36.) 

 [Harlow hat hier 472 verschiedene PR‐Definitionen gesammelt und eine Synthese der essentiellen Elemente vorgenommen] 

„Die GPRA versteht unter Public Relations: Public Relations ist Kommunikationsmanagement. Sie gestaltet den Prozess der Meinungsbildung. Das geschieht durch denstrategisch geplanten, effizienten und gezielten Einsatz der Kommunikationsmittel.“                    Quelle. www.gpra.de  Wenn ein junger Mann ein Mädchen kennenlernt und ihr erzählt, was für ein großartiger Kerl er ist, so ist das Reklame. Wenn er ihr sagt, wie reizend sie aussieht, so ist das Werbung. Wenn sie sich aber für ihn entscheidet, weil sie von anderen gehört hat, er sei ein feiner Kerl, so sind das Public Relations.             Alwin Münchmeyer  „Tue Gutes und rede darüber.“                   Georg‐Volkmar Graf Zedtwitz‐Arnim 

 Schema 1: Verschiedene Ausgangs- und Zielperspektiven zur Definition von PR

  Wissenschaftlich fundiertes Verständnis von Public Relations:

1. mikrosoziale Perspektive 2. makrosoziale Perspektive 

 

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V.

Mikrosoziologische Perspektive: „Öffentlichkeitsarbeit oder Public Relations sind das Management von Informations‐ und Kommunikationsprozessen zwischen Organisationen einerseits und ihren internen oder externen Umwelten (Teilöffentlichkeiten) andererseits. Funktionen von Public Relations sind Information, Kommunikation, Persuasion, Imagegestaltung, kontinuierlicher Vertrauenserwerb, Konfliktmanagement und das Herstellen von gesellschaftlichem Konsens.“  (Bentele 1997 und 1998) 

 Was ist eine Organisation? Eine Organisation ist ein soziales Gebilde, das dauerhaft ein Ziel verfolgt und eine formale Struktur aufweist, durch die die Aktivitäten der Organisationsmitglieder auf das verfolgte Ziel ausgerichtet werden. 

Quelle: Kieser/Walgenbach 2004 

Beispiele für Organisationen: o Unternehmen (AGs, GmbHs etc.)      o Kommunen (Städte, Gemeinden, Kreise) o Vereine (wie z.B. der HSV, Bayern München)    o Verbände (wie z.B. der DFB, der VCI, die DPRG) o Universitäten u.a. öffentl. Körperschaften    o Kirchen o auch illegale Zusammenschlüsse  Organisationen als Soziale Gebilde: Organisationen sind von und aus Menschen „gemacht“. Das bringt es mit sich, dass … o sie nicht „gottgegebene“ Strukturen, sondern veränderbar sind (Stichwort: Change‐Management). o das, was „in den Köpfen“ steckt genauso wichtig ist wie die „Realität“; o Kommunikation/Interaktion der „Klebstoff“ ist, der eine Organisation zusammenhält;  

 

  

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. Struktur in der Organisation PR‐Stabsstelle: O Stabsstelle berät und hilft „Chef“ O wenig Entscheidungsbefugnis, aber evtl. großer Einfluss O wenig Handlungsfreiheit (= eigenes Budget)  PR als Linienfunktion: als Marketing‐Instrument: O kein Kommunikationsmanagement! O PR/ÖA = Produkt‐PR, Presse‐ und Medienarbeit O Assimilation durch Marketing‐ / Werbekultur  PR als Direktionsstelle/Führungsfunktion: O Kommunikationsmanager mit hoher Seniorität O evtl. integrierte Kommunikation (Marketingkomm.) O hohe Handlungsfreiheit (substanzielles eigenes Budget)  Was heißt Management: O Begriffs‐Etymologie „to manage“ kontrovers 

o manus agere „an der Hand führen“ / „Pferd in allen Gangarten üben“ (Braverman 1974) o mansionem agere „Haus für einen Eigentümer bestellen“ 

(Boetticher 1963) O Mngt. als Institution vs. Mngt. als Funktion. O J. Burnham The Managerial Revolution (1941): Begriff bleibt in dt. Übersetzung, bürgert sich ein.  

Management als Institution O Steinmann/Schreyögg: „Gruppe von Personen, die in einer Organisation mit Anweisungsbefugnissen betraut ist.“ O Im angelsächsischen Verständnis vom Meister bis zum Vorstandsvors., in Deutschland leitende Angestellte. O unteres, mittleres, oberes Management     

Kommunikationsarbeit vs. Kommunikationsmanagement Kommunikationsarbeit o oberster Kommunikationsverantwortlicher handwerklich organisatorischer „Handlanger“ der Führungsriege, kein oder wenig Einfluss: „Sektglashalter“, „Orga‐Nudel“ o niedrige, allenfalls mittlere Seniorität (kein direkter Zugang zu Organisationsspitze) o Kommunikation orientiert sich an internen Vorgaben: taktisch, kurzfristig, aktionistisch, o Kommunikationsfunktion wenig autonom, kein eigenes Budget, Spielball anderer, „Mädchen für alles“  Achtung! Gründe hierfür häufig nicht PR‐Person, sondern Org.kultur, Person an der Org.spitze, Tradition etc.    

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. Kommunikationsmanagement o oberster Kommunikationsverantwortlicher hat Einfluss auf Führungsriege (dominant coalition) insgesamt. o hohe Seniorität des obersten Kommunikationsverantwortlichen, direkter Zugang zu Organisationsspitze o Kommunikation orientiert sich an Organisationszielen: strategisches Kommunikationsmanagement o Kommunikationsfunktion agiert relativ autonom gemäß „Kommunikationslogik“ / eigenes Budget  Was „bringt“ Public Relations?

Mikro-Ebene (Akteure) (Beobachtung) Voraussetzung und Ergebnis jedweder Kommunikation Information Darstellung von etwas, der Selbstdarstellung inhärent ist Kommunikation inhärenter Versuch, Antwort zu erhalten Persuasion inhärenter Versuch, etwas zu bewirken 

Meso-Ebene (Organisationen) Die einfachste Formel: 1) Organisationen setzen sich Ziele. 2) Kommunikationsmanagement hilft einer Organisation, ihre jeweiligen Ziele zu erreichen. 

Hoffjann (2001) postuliert, die eine, die zentrale Funktion von PR sei es, das übergeordnete System gegenüber der Umwelt zu legitimieren. 

Viele, vor allem us‐amerikanische Autoren sehen die Funktion von PR darin, gute Beziehungen zu verschiedenen Anspruchsgruppen des Unternehmens aufzubauen/zu erhalten.  

   PR als Übersetzung von Unternehmenspolitik in Information „Public Relations ist eine unternehmenspolitische Disziplin, sie übersetzt 

–Unternehmenspolitik    –in Informationspolitik.“                        Albert Koch 1973 

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V.  PR schafft für eine Organisation Handlungsspielraum „Öffentlichkeitsarbeit will den 

–politischen,  –wirtschaftlichen und    –sozialen Handlungsspielraum einer Organisation im Prozess öffentlicher Meinungsbildung schaffen und sichern. 

Dabei besteht ihre Aufgabe darin, –Identität, Zielsetzungen und Interessen einer Organisation sowie deren –Tätigkeiten und Verhaltensweisen nach innen und außen zu vermitteln (...)“            Deutsche Akademie für Public Relations (DAPR) 1991 

 PR als Führungs-und Managementfunktion „Public Relations sind eine Management‐Funktion, die dazu beiträgt, 

–Organisationsziele und –philosophien zu definieren und (ist Korridor für PR) –Organisationswandel zu erleichtern. 

Die PR‐Praktiker kommunizieren mit allen relevanten internen und externen Teilöffentlichkeiten  –und zwar in dem Bemühen,  –zwischen den Zielen der Organisation und den –Erwartungen der Gesellschaft  Übereinstimmung zu erreichen.“           Aronoff/Baskin1983 

 „PR/ÖA sind eine Führungs‐und Managementfunktion von Institutions‐, Organisationsleitungen. Sie sollen zwischen 

den Interessen der Institution/Organisation und den allgemeinen Interessen der Gesellschaft bzw. denen des gesellschaftlichen Umfeldes vermitteln,  –um durch wechselseitige Anpassung –den Bestand und die Weiterentwicklung der Institution/Organisation zu sichern.“                       Günther Schulze‐Fürstenow1986 

„Public Relations ist eine unterscheidbare Management‐Funktion, die dazu dient, 

–wechselseitige Kommunikationsverbindungen,   –Akzeptanz und    –Kooperationen zwischen einer Organisation und ihren Öffentlichkeiten herzustellen und aufrecht zu erhalten. Sie bezieht die Handhabung von Problemen und Streitfragen ein; sie unterstützt das Management im Bemühen, über die öffentliche Meinung informiert zu sein und auf sie zu reagieren; sie definiert die Verantwortung des Managements in ihrem Dienst gegenüber dem öffentlichen Interesse und verleiht ihm Nachdruck; sie unterstützt das Management, um mit dem Wandel Schritt halten zu können und ihn wirksam zu nutzen; sie dient als Frühwarnsystem, um Trends zu antizipieren; und sie verwendet Forschung sowie gesunde und ethische Kommunikationstechniken als ihre Hauptinstrumente.“ 

Rex Harlow1976 „Building a Public Relations Definition“. Übersetzt durch: Ronneberger/Rühl 1991 

 Zusammenfassung PR als Organisationsfunktion

 

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. Organisations-Kommunikation ist immer da „Organisationskommunikation umfasst die Gesamtheit des Kommunikationsflusses, in den eine Organisation schon ob  

ihrer bloßen Existenz eingebunden ist. Öffentlichkeitsarbeit und alle in der Berufspraxis synonym verwandten Begriffe stehen für ein Tätigkeitsfeld, das mit der Absicht besteht, –den Fluss der Organisationskommunikation der völligen Beliebigkeit und Verselbstständigung zu entziehen und –im Sinne eigener Interessen mitzugestalten.“                           Peter Szyszka 1991 

 Gesteuerte und nicht beeinflusste „PR“

 Makrosoziologische Perspektive: Public Relations lässt sich als publizistisches Teilsystem auffassen, das neben dem journalistischen Teilsystem (und dem Werbesystem) entscheidend wichtige Funktionen für die Gesellschaft ausübt: Es ermöglichst der Gesellschaft nicht nur die Beobachtung von Ereignissen und Sachverhalten außerhalb der jeweiligen Gesellschaften, sondern auch der Selbstbeobachtung. Das publizistische Teilsystem generiert, stellt bereit, verarbeitet und verbreitet Informationen, vor allem in Form öffentlich relevanter Themen, die dann von den Akteuren der öffentlichen Arena öffentlich diskutiert werden. Die Akteure der Gesellschaft sind nur durch das publizistische Teilsystem in der Lage, wahrzunehmen, was überhaupt geschieht. Das PR‐System ist charakterisierbar durch soziale Funktionen, Arbeitsorganisationen, Berufsrollen, berufliche Entscheidungsprogramme sowie einen für dieses soziale System typischen Mix aus Methoden, Instrumenten und Verfahren.  

Quelle: Bentele (1997, 1998) o Die gesellschaftliche Funktion von PR ist nicht von der Gesellschaft zugewiesen, wie etwa die des Journalismus – sie ist emergent. o häufiges Missverständnis, wenn über gesellschaftliche Funktionen des „PR‐Systems“ gesprochen wird! o „Emergent“ bedeutet: gesellschaftliche Funktionen/ Dysfunktionen „entstehen“ aus Aktionen/ Interaktionen der PR Akteure auf Mikro‐ und Makroebene. o Sie emergieren mitunter, ohne dass die Akteure sie beabsichtigen o Anders ausgedrückt: indem PR‐Praktiker versuchen, Vorteile für sich oder ihre Organisationen zu verwirklichen, tragen sie zu höherer Transparenz, besserer Kommunikation etc. bei  Gesellschaftliche Aufgaben Öffentlichkeitsarbeit: ‐ Bei Behörden: Auskunftsanspruch    ‐ Politik: informierter Bürger  Gesellschaftliche Aufgaben Journalismus: ‐ “vierte Macht” im Staat  Publizistisches System mit drei Teilsystemen „PR lässt sich in einer gesamtgesellschaftlich orientierten Sichtweiseals publizistisches Teilsystem definieren, 

–das –zusammen mit dem journalistischen Teilsystem und dem System der Werbung ‐ das publizistische System einer funktional gegliederten Gesellschaft ausmacht. Das PR‐System als publizistisches Teilsystem ist charakterisierbar –durch soziale Funktionen,  

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. –Arbeitsorganisationen, –Berufsrollen, –berufliche Entscheidungsprogramme sowie –einen für dieses soziale System typischen Mix aus Mitteln, Methoden und Instrumenten.“          Bentele 1998 

 Funktionen des publizistischen Systems Das publizistische System „ermöglicht der Gesellschaft nicht nur die 

–Beobachtung von Ereignissen und Sachverhalten außerhalb der jeweiligen Gesellschaften, –sondern auch die Selbstbeobachtung.“ 

... Es „generiert, stellt bereit, verarbeitet und verbreitet Informationen, –vor allem in Form öffentlich relevanter Themen, –die dann von den Akteuren der öffentlichen Arena öffentlich diskutiert werden. 

Die Akteure der Gesellschaft sind (... dadurch) in der Lage, wahrzunehmen, was überhaupt geschieht.“                                          Bentele 1997 und 1998 EXKURS: Ereignistypen: GB‐Folien 9‐25  EXKURS: Öffentlichkeit(Arenamodell): GB‐Folien 6‐8 oder Mediensystem (unterschiedliche Akzente) beobachtet die Welt unter Nutzung eines binären Codes Information / Nicht‐Information                                Luhmann 1996 

 PR als „Grenzstelle“ anderer Systeme Andere systemtheoretische Auffassung •Auf der Systemebene setzt das eben referierte Verständnis gleichrangige publizistische Teilsysteme voraus                           vgl. z.B. Dernbach2002). •Dass PR allerdings ‐analog zum Journalismus ‐ein solches Teilsystem ist, wird nicht von allen Forschern so gesehen                           vgl. z.B. Hoffjann2002, S. 185). •Autonomes System „Journalismus” •„PR” als „Grenzstelle“ oder Teilsystem anderer Systeme (z.B. Wirtschaft, Politik etc.) •„Werbung” als eigenes System oder Teilsystem eines anderen Systems (v.a. Wirtschaft) –Werbung als gesellschaftliches Funktionssystem (Code Teilnahmebereitschaft / Teilnahmeverzicht) –Werbung als Subsystem des Wirtschaftssystems (Code Zahlen / Nichtzahlen) –Werbung als Kunst? etc.                Zurstiege2002u.a.  Die gesellschaftlichen Teilsysteme

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. PR als Teilbereich öffentlicher Kommunikation (Programm-) Bereiche öffentlicher Kommunikation •Ein ähnliches Verständnis wie das des publizistischen Teilsystems PR innerhalb eines Publizistik‐Systems lässt sich auch ohne Rückgriff auf die Systemtheorie pflegen. •Z.B. angelehnt an die „Programmbereiche“ in Luhmanns „Realität der Massenmedien“(erstmals 1994), aber ohne dessen systemtheoretische Ambitionen... –Nachrichten und Berichte  –Werbung  –Unterhaltung (etc.?)  Publizistische Teilbereiche

 Public Relations: •Uni‐und bidirektionale Kommunikationsform •„unbezahlte“ Kommunikation •sachlich‐argumentativer Kommunikationsstil  •Soziale und gesellschaftliche Funktionen: Information, Kommunikation, Persuasion, Vertrauen herstellen, Kritik nach innen •vielfältigste Kommunikationsinstrumente, ‐medien und ‐verfahren •primär auf Themen gerichtet, die für die eigene Organisationrelevant sind •an alle Anspruchsgruppen (Teilöffentlichkeiten) gerichtet •spezifischer Normenkatalog 

PR und Werbung/ Marketing/ Journalismus/ Propaganda  Was ist Werbung? Definitionen “Werbung lässt sich als der Versuch der Verhaltensbeeinflussung mittels besonderer Kommunikationsmittel    auffassen.”                       Quelle: Kroeber‐Riel(1990, 29) “Werbung zielt auf eine ziel‐und marktadäquate Verhaltenssteuerung tatsächlicher und potentieller Abnehmer über  

sogenannte Massenkommunikationsmittel. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, für Produkte (Leistungen) des Unternehmens am Markt einen möglichst hohen Bekanntheitsgrad sowie(...) ein möglichst unverwechselbares Image aufzubauen.”                       Quelle: Becker (1993, 469) 

„Unter Werbung versteht man die beabsichtigte Beeinflussung von marketingrelevanten Einstellungen und    Verhaltensweisen (...) unter Einsatz von Werbemitteln und bezahlten Medien.“ 

Schweiger/Schrattenecker1995, S. 9 „Werbung sind alle Maßnahmen, die auf die unmittelbare Auslösung eines Kaufentschlusses oder auf die    Inanspruchnahme von Dienstleistungen abzielen.“                        DPRG, nach Brown 1982, S. 431 „Während sich die Werbung auf Aussagen für den Absatzmarkt des Unternehmens beschränkt, richten sich PR‐   Botschaften an alle für das Unternehmen relevanten Zielgruppen. PR haben somit umfassendere Zielgruppen    als die Werbung.“                        Köcher/Birchmeier1992, S. 43 

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V.  Marketing „Marketing wird heute als Ausdruck eines marktorientierten unternehmerischen Denkstils verstanden, der sich durch    eine schöpferische, systematische und zuweilen auch aggressive Note auszeichnet.“ 

 Quelle: Nieschlag/Dichtl/Hörschgen1991, 8 „Marketing bedeutet dementsprechend Planung, Koordination und Kontrolle aller auf die aktuellen und potentiellen 

Märkte ausgerichteten Unternehmensaktivitäten. Durch eine dauerhafte Befriedigung der Kundenbedürfnisse  sollen die Unternehmensziele im gesamtwirtschaftlichen Güterversorgungsprozess verwirklicht werden.“  

 Quelle: Meffert, 1993, 21 

 Marketing-Mix nach Nieschlag/ Dichtl/ Hörschgen:

 Kritik an diesen Modellen: •PR in nicht‐unternehmerischen Sektoren wird ausgeschlossen •PR wird auch im Unternehmenssektor auf eine Hilfs‐bzw. Unterfunktion von Marketing reduziert •dieses Verständnis widerspricht der Unternehmenswirklichkeit •Reduktion auf ein rein oder primär „instrumentelles Verständnis“ von PR •wichtige Bereiche von PR (z.B. interne Kommunikation) werden ausgeblendet •Aber sinnvolle Perspektive: Integrierte Unternehmenskommunikation  Werbekommunikation •primär unidirektionale Kommunikationsform •bezahlte Kommunikation •persuasiver Kommunikationsstil •Soziale und gesellschaftliche Funktionen: Information, Persuasion,  primär: ökonomische Funktionen  •Kommunikationsinstrumente: eher eingeschränkt •thematisch primär auf Produkte und Dienstleistungen gerichtet •primär an potenzielle und aktuelle Käufer (Kunden) gerichtet  Was ist Journalismus? Definitionen „Journalismus: Hauptberufliche Tätigkeit von Personen, die an der Sammlung, Prüfung, Auswahl, Verarbeitung von    Nachrichten, Kommentaren sowie Unterhaltungsstoffen durch Massenmedien beteiligt sind. Journalisten [...] 

arbeiten in fester Anstellung oder als freie Mitarbeiter für Presse und Rundfunk, Agenturen und Pressedienste, aber auch in Pressestellen von Firmen, Verbänden und der Verwaltung.“          Quelle: Koszyk/Pruys, 1981, S.96 

„Die besonderen Leistungen und die besonderen Wirkungen des Journalismus, durch die sich sein Handeln von anderen, an der Öffentlichkeit orientierten Sozialsystemen unterscheidet, bestehen in der Ausrichtung auf die Herstellung und Bereitstellung von Themen zur öffentlichen Kommunikation“         Quelle: Rühl, 1980, S. 322 f. 

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V.  Was ist Propaganda? Definitionen Propaganda ist “eine Form der Werbung, bes. für bestimmte geistige Ziele und politische, religiöse, wirtschaftliche, 

aber auch künstliche oder humanitäre Ideen; allg. die publizistische Beeinflussung, ihre Inhalte und Methoden”                     Quelle: Brockhaus Enzyklopädie 1987, Bd. 17, S. 536 

“Propaganda” sollen geplante Versuche heißen, durch Kommunikation die Meinung, Attitüden, Verhaltensweisen von Zielgruppen unter politischer Zielsetzung zu beeinflussen.”         Quelle: Maletzke 1972, S. 157 

Propaganda ist unidirektionale, beeinflussende (persuasive) Kommunikation vor allem im politischen Bereich, für die wahrheitsgemäße Information untergeordnet ist oder bewusst negiert wird, die in der Regel mit typischen Kommunikations‐mitteln(starke Durchdringung, Wiederholungen, einfache Stereotype, klare Wertungen, Vermischung von Information und Meinung), häufig emotionalisiert und mit Feindbildern arbeitet. Propaganda ist ‐aufgrund gesellschaftlicher Organisationsstrukturen ‐in der Lage, Themen einseitig zu selegieren bzw. zu tabuisieren und soziale Wirklichkeit damit partiell zu verfälschen. 

Quelle: Bentele 1998  Typen der öffentlichen Kommunikation

 

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. Unterschiede von Werbung u. PR (nach Albert Oeckl) Werbung:             Public Relations: –produkt‐oder dienstleistungsbezogen    –auf natürliche oder juristische Personenausgerichtet –soll verkaufen helfen und Umsatzsteigern     –soll Verständnis und Vertrauen in der Öffentlichkeit aufbauen –dient der Information des Marktes über Produkte   –wendet sich an die gesamte Öffentlichkeit –soll Konsumenten zum Kaufentschluss veranlassen –soll unterschiedliche Kreise der Bevölkerung informieren –sollen Marktanteile vergrößern      –soll Sympathieanteil vergrößern –ist eine Funktion des Verkaufs      –ist eine Führungsfunktion 

Oeckl: Handbuch der PR 

  

Unterschiede von Werbung u. PR (nach Günter Bentele)

 

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. Werbung als Oberbegriff für verschied. Formen persuasiver Kommunikation

  „Unter dem Oberbegriff Werbung für alle Versuche, große Menschenmassen zu beeinflussen, unterscheidet man  

zwischen  –Propaganda, die für geistige Werte, Ideen, für Ziele der öffentlichen Sphäre wirbt, und  –Wirtschaftswerbung für Waren und Dienstleistungen, für absatzwirtschaftliche Ziele.“ 

Noelle‐Neumann, Elisabeth: Fischer‐Lexikon Publizistik. 1971. S.304. 

 Bedeutungswandel von Reklame •ursprünglicher Begriff für „Werbung“ •zunehmend negative Konnotation im Sinne „marktschreierischer Werbung“   

Zusammenfassung •Öffentlichkeitwird als „offenes Kommunikationsforum“(Arena) verstanden. In diesem Forum werden Themen/ Mitteilungen gesammelt, generiert/inszeniert, verarbeitet, weitergegeben und öffentlich diskutiert  •Akteure sind u.a. Experten, Sprecher, Organisationen, aber auch Medien, die das Publikum informieren und orientieren, von ihm gleichzeitig beobachtet werden •Modell des gesellschaftlichen IuK mit der Unterscheidung unterschiedlicher Ereignistypen •Publizistik (öffentliche Kommunikation) wird –systemtheoretisch –als soziales Teilsystem differenzierter Gesellschaften begriffen. Es ermöglicht die Beobachtung und Selbstbeobachtung der Gesellschaft  •Unterscheidung von vier Typen öffentlicher Kommunikation: Public Relations, Werbung/Marketing, Journalismus und Propaganda   

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V.

Grundlagenwissen: Öffentliche Kommunikation (Publizistik)

PR als Organisationskommunikation und als Bereich öffentlicher Kommunikation II. PR und Journalismus – Unterschiede  Definition Journalismus • „Journalismus: Hauptberufliche Tätigkeit von Personen, die an der Sammlung, Prüfung, Auswahl, Verarbeitung von Nachrichten, Kommentaren sowie Unterhaltungsstoffen durch Massenmedien beteiligt sind.“          Koszyk/Pruys1981 

•J hat aktuelles Wissen, aktuelle Informationen aus der Gesellschaft, den verschiedensten sozialen Systemen und der gesamten Umwelt zu sammeln, auszuwählen, zu bearbeiten und dann der Gesellschaft und den verschiedensten sozialen Systemen wieder zur Verfügung zu stellen. •J stellt Themen für die Öffentlichkeit zur Verfügung, die Neuigkeitswert und Faktizität besitzen und an die reale Wirklichkeit(oder vorsichtiger: an sozial verbindliche Wirklichkeitsmodelle) gebunden sind. •zentrales Berichterstattungsmuster: Objektivität 

–nach ARD‐Funkkolleg  

Unterschiede von Journalismus u. PR (nach Barbara Baerns) •Journalismus:          •Public Relations: –Medienberichterstattung im öffentlichen  –interessengerichtete Darstellung; Selbstdarstellung (gesamtgesellschaftlichen Interesse)     –will Vertrauen in Partikularinteresse erwecken –der Aktualität verpflichtet      –PR‐Abteilungen –Massenmedien        –Informant –Journalist          –Sprecher –Redakteur  

Unterschiede von Journalismus u. PR (nach Peter Szyszka) •Journalismus:         •Public Relations: –öffentliche Aufgabe, in den       –organisationspolitische Aufgabe Pressegesetzen verankert  –durch inhaltliche Ausgestaltung und formale Regelung  –Information, Mitwirkung bei der     kommunikativer Beziehungen zur Meinungsbildung, Kritik und Kontrolle     Funktionsfähigkeit und Existenzsicherung der Organisation  –analysiert die Ereignishaftigkeit der Welt,   beitragen wählt aus, vermittelt und kommentiert    –analysiert Meinungsumfelder und entwickelt strategische  –Vermittlung: Prozess eher linear    Kommunikationskonzepte •In: Bentele/Szyszka: PR‐Ausbildung in D, 1995, S. 326  –Verhandlung: Prozess eher dialogorientiert  

Unterschiede von Journalismus u. PR (nach Klaus Merten, Einf. in die KW, S. 264) 

  Journalismus  PR 

Handel  Reagiert auf Ereignissen, Anlässe  Erzeugt Ereignisse, Anlässe 

Qualifikation  Hoch  Hoch

Experte zum Thema  Eher nein  Eher ja 

Ressourcen (Zeit, Mittel)  Eher gering  Eher hoch 

Tätigkeiten  Auswahl, Prüfung, Recherche, Redaktion 

Auswahl, Prüfung, Redaktion sowie Kontakt, Kreation, Organisation 

  

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. Unterschiede von Journalismus u. PR (nach Günter Bentele, z.T. ergänzt) 

  

PR als Quelle bzw. Zulieferer oder als Spielart des Journalismus •PR als eine Quelle des Journalismus unter vielen •PR als „subsidiärer Journalismus“ •„PR‐Journalist“  

Definition von Propaganda (Auswahl, Bentele 1998) •„Propaganda ist die unidirektionale, beeinflussende (persuasive) Kommunikation v.a. im polit. Bereich, –für die wahrheitsgemäße Information untergeordnet ist oder bewusst negiert wird, –die in der Regel mit typischen Kommunikationsmitteln (starke Durchdringung, Wiederholungen, einfache Stereotype, klare Wertungen, Vermischung von Information und Meinungen), –häufig emotionalisiert und mit Feindbildern arbeitet. •Propaganda ist –auf Grund gesellschaftlicher Organisationsstrukturen –in der Lage, –Themen einseitig zu selegieren bzw. zu tabuisieren –und soziale Wirklichkeit damit partiell zu verfälschen.“  

Merkmale von Propaganda (nach Klaus Merten, Einf. in die KW, S. 261.) •Manipulation als Sonderform der Überredung •betont nicht nur wie bei der Werbung die besonders positiven Aspekte des auszuführenden Aktes, (bei Werbung: des zu kaufenden Produkts), sondern sie signalisiert zugleich auf geeignete Weise Sanktionen gegen die Person für den Fall, dass diese sich weigert, den gewünschten Akt auszuführen •aller Propaganda liegt folgende Struktur zu Grunde: –eine bestimmte Idee, ein ganz bestimmtes Handeln wird als einzig richtigpropagiert –und damit ein Ausschließlichkeitscharaktererzeugt, die Freiheit eigener Entscheidung wird vorab entzogen –es werden positive und insbesondere negative Sanktionen skizziert –und zwar so, dass sie nicht überprüft werden können (Verlegung in die Zukunft als Drohung oder auch Heilsgewissheit) •Beispiel: Die christliche Lehre als Propaganda –„1. Die bestimmte Idee, die propagiert wird, ist der Glaube an einen ganz bestimmten Gott. –2. Das Alleinstellungsmerkmal lautet: ‚Ich bin der Herr, dein Gott. Du sollst keine anderen Götter neben mir haben...‘ 

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. –3. Die Sanktion liegt in der Erfindung des Bösen, dem man –sofern man nicht gottgläubig wird –auf ewig und an dem mit besonderen Schikanen ausgestatteten Ort (die Hölle mit Fegefeuer und ewiger Verdammnis) ausgeliefert wird. Umgekehrt wird (weit weniger wirksam) das ewige Leben verheißen. –4. Die Nichtprüfbarkeit dieser Sanktionen ist –höchst raffiniert –auf ewig gesichert dadurch, dass diese Sanktionen erst nach dem Tode greifen.“  

Unterschiede von Propaganda u. PR (nach Harry Pross) •Propaganda:            •Public Relations: –Proselyten machen          –Personen und Institutionen selbst‐darstellen, etwa  –Subjekte zu bestimmten Meinungen bekehren   Betriebe nach außen und innen –Gefolgschaft herstellen        –Organisationen in der öffentlichen Meinung       •Pross: Teil III: Der Kommunikationsprozess, S. 78  vorteilhaft erscheinen lassen 

–das Erscheinungsbildbestimmen 

Unterschiede von Propaganda u. PR (nach Klaus Merten, Einf. in die KW, S. 261) 

  Propaganda  PR 

Funktion  Manipulation  Überzeugung 

Ziel  Akzeptanz einer vorgegebenenEntscheidung 

Erzeugen von Vertrauen 

Situation  Immer und ewig Auf lange Zeit 

Mentaler Zugriff (Wirkung) 

Ängstigend/verheißen, mit Ausschließlichkeitscharakter 

Vertrauensbildend, Glaubwürdigkeitssteigernd 

Modus  Emotiv/kognitiv  Emotiv/kognitiv 

Reflexive Modi  Reflexive Bewertungen („Richtige Werte“) 

Bewertung, Erfolg, Orientierung an Anderen 

 Unterschiede von Propaganda und PR (nach Günter Bentele) 

Kriterien  (polit.) Propaganda  PR 

Kommunikationsform  Unidirektional Uni‐ & bidirektional 

Kommunikationsziel und  –funktionen 

Persuasion, Mobilisierung und Kontrolle 

Öffentliches Vertrauen herstellen über Information, Persuasion, Kommunikation und Kritik nach innen 

Gesellschaftliche Funktionen 

Formierung und ideologische Ausrichtung der Bevölkerung 

Gesellschaftliche Information, Konfliktreduktion 

Wichtige Instrumente  Politische Lenkungsinstrumente Presse‐ und Medienarbeit, strategische PR

Primäre Thematisierungsobjekte 

Politische Ideologien, die eigene Partei, der eigene Staat 

Die eigene Organisation 

Themenspektrum (‐breite)  Eingeschränkte Universalität  Organisationsebene:     Monoversalität,  gesellschaftliche Ebene: eingeschränkte         Universalität 

Wichtigste Zielgruppe  Gesellschaft  Alle relevanten Teilöffentlichkeiten 

Ethische Grundlage  Parteilichkeit  Kodizes, wie Code d´ Athénes, Code de Lisbonne, etc. 

Wichtigste moralische Grundsätze 

Parteilichkeit  Wahrheit, Offenheit 

   

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V.

PR = Propaganda 

•„Insgesamt gesehen sind alle Versuche, Werbung, Public Relations und Propaganda unterscheiden zu wollen, lediglich semantische Spielereien.“ •„Die Gleichsetzung von Propaganda und PR, wonach PR nur ein anderes Wort für Propaganda ist, steht durchaus in der Tradition der PR. Bernaysschreibt…“ 

–Michael Kunczik: PR. Konzepte u. Theorien. 1993. S. 15f. 

Propaganda‐Begriff auf verschiedenen Ebenen 

•Ebene kommunikativer Grundfunktionen: Information über etwas anderes –Information über sich selbst –Persuasion (= Propaganda?) •Ebene der Organisation u. Steuerung des Kommunikations‐u. Mediensystems(Propaganda u. Staat) •Ebene der Bereiche der öff. Kommunikation 

–Liebert, Tobias: Persuasion u. Prop. in der öff. K. Leipzig, 1999. S. 8ff.  

Propaganda stärker historisch und situativbetrachten, weil…(I) •„Viele Propaganda‐Definitionen und Unterscheidungsvorschläge zur ÖA/PR sind ahistorisch, sie gehen explizit oder implizit von heutiger, bundesrepublikanischer Gesellschaft aus oder sie sind an totalitäre Gesellschaft gebunden.“ •„Die heute weit verbreitete einseitige Negativ‐Stigmatisierung von Propaganda wird zwar auch, aber nicht durch alle historische Erfahrung gestützt. Ebenso ist fraglich, ob heutige Kommunikationsethik unbesehen auf frühere Epochen mit anderer Sozial‐u. Machtstruktur übertragen werden kann. •…Propaganda sollte stärker von der Funktionalität(bzw. Dysfunktionalität) für ihre jeweiligen Absender und(!) Adressaten betrachtet werden. •Diese hängt mindestens ab von der soziohistorischen Lage und der organisationsgeschichtlichen Situation der propagandierenden Entität (soziale Gruppe etc., Minderheits‐od. Mehrheitsposition, mit od. ohne politische Macht etc.), alles dies beeinflusst die Qualität der Sender‐Empfänger‐Beziehung.“ 

–Liebert, Tobias: Der Take‐offvon Öffentlichkeitsarbeit. Leipzig, 2003. S. 7.  

Propaganda als Unterform von Gesinnungs‐Publizistik bzw. als Werte‐Kommunikation •Propaganda = Bezeichnung für eine historische und auch heute noch mögliche situative Kommunikationspraxis, die solange und insoweit existiert, wie die Möglichkeit und/oder Absicht besteht, die „Indifferenten“(Nichtpolitisierten) oder andere Gemeinschaften in die eigene soziale(oder religiöse, nationale etc.) Gemeinschaftinkludieren zu können. •emanzipative und manipulative Propaganda •manipulativ dann, wenn eine behauptete Interessen‐bzw. Werteidentität zwischen der propagierenden Gemeinschaft und dem „Außen“ tatsächlich nicht besteht oder wenn das „Außen“ der propagandierenden Gemeinschaft nicht in seinem Anderssein akzeptiert, sondern als „Expansionsraum“ von Gemeinschaft aufgefasst wird.  

–Liebert, Tobias: Der Take‐offvon Öffentlichkeitsarbeit. Leipzig, 2003. S. 17f.  

 

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V.

VL #2: Das Berufsfeld PR Daten, Fakten, Profile 

1. Berufsfeld PR: Ergebnisse der Berufsfeldforschung 1.1 Schwierigkeiten der Berufsfeldforschung • das Berufsfeld ist schwer definierbar: klare Kerne, aber keine scharfen Ränder • Überlappung mit Journalismus einer‐ / Werbung andererseits 

‐>Freie Journalisten arbeiten zunehmend auch in der PR ‐>Werbeagenturen bieten PR‐Leistungen an ‐>Unternehmensberatungen bieten PR‐Leistungen an 

• Niemand kennt die genaue Größe des PR‐Berufsfeldes; es gibt nur Indikatoren  1.2 Die Größe des Berufsfeldes (Deutschland) • Niemand kennt die genaue Größe des Berufsfeldes • Es gibt keine Liste registrierter PR‐Praktiker, wie es eine Liste registrierter Anwälte, Apotheken oder Ärzte gibt • Es gibt lediglich Indikatoren: 

‐> Vollerhebungen in Regionen (z.B. Röttger 2000) ‐> Hochrechnungen und Extrapolationen (Agenturrankings) ‐> Zahlen der Berufsverbände (organisierte Praktiker) ‐> Stellenanzeigen (Wachstumsindikator) 

Einige (fast) sichere Annahmen: • die tatsächliche Zahl der PR‐Praktiker insgesamt ist größer als die in der DPRG Organisierten ‐> Schätzung 1:15. (Quelle: Röttger, 2000, 221) • die tatsächliche Zahl der hauptberuflichen PR‐Praktiker ist größer als die in der DPRG Organisierten  ‐> Schätzung 1:7. (Quelle: Röttger, 2000, 221) • die Zahl der im Berufsfeld Tätigen steigt kontinuierlich: ‐> allein im Agentursektor 2.000 neue Arbeitsplätze in 2000. • die Größe des Berufsfelds steigt auch relativ zur Größe des Berufsfeldes Journalismus. • circa 25.000‐40.000 PR‐Praktiker in BRD (Fröhlich 2007)  1.3 Strukturen des Berufsfeldes (Dtl.) In welchen Bereichen arbeiten wie viele PR‐Praktiker? 

BDP 2007* Unternehmen         35‐40%     (56%) Institutionen         30‐35%     (26%) (Bundes‐, Länder‐ und kommunale Ebene, z.B. Ministerien, Justiz, etc.) 

Not‐for‐Profit‐Organisationen     15‐20%     (19%) (Verbände, Vereine etc.) 

PR‐ / Kommunikationsagenturen     10‐20 %     (‐‐) *) Im Bund deutscher Pressesprecher keine Agenturmitarbeiter 

Quelle: Bentele (1998) 

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V.

1.4 Berufsverständnisse (Röttger 2000, 321) 

 1.5 typische Tätigkeiten • Presse‐ und Medienarbeit größter Zeitanteil • PR‐Aktionen/Kampagnen auf Platz 2 Quelle: Bentele/Großkurth/Seidenglanz 2007 

 Zeitbudget von PR‐Praktikern (Merten 1997) 

1.6 Trends im Berufsfeld • Quantitative Vergrößerung des Berufsfeldes (vgl. 1.1) • Relevanzsteigerung 

‐> gegenüber anderen Kommunikationsfeldern; ‐> anderen Organisationen, der Gesellschaft ‐> Entwicklung hält trotz konjunktureller „Dellen“ an 

• Differenzierung und Spezialisierung des Berufsfelds • Feminisierung des Berufsfeldes • Akademisierung / Professionalisierung 

‐> Quereinsteiger‐Struktur nimmt ab, PR‐Ausbildung zu; ‐> akademische PR‐Ausbildung, weitere Studiengänge 

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V.

• Internationalisierung (wirtschaftl., kulturelle Globalisierung) 

 quantitative Vergrößerung  Relevanzsteigerung: einige Faktoren • Gesättigte/übersättigte Märkte erfordern Differenzierung durch Kommunikation: Marke, Image etc. • Quantitative Vergrößerung und Beschleunigung der Medienlandschaft, ab 1985 privater Rundfunk, dann WWW • Klassische Werbung verliert an Überzeugungskraft • Gestiegene Markt‐/Preistransparenz durch WWW; gestiegene Unternehmenstransparenz durch Blogosphäre • Moderne Konzepte der Unternehmensführung betonen „intangible assets“ und „weiche Erfolgsfaktoren“ • Gesellschaft fordert soziale Verantwortung von Unternehmen ein (Vorstandsgehälter, Heuschrecken‐Debatte etc.)  Internationalisierung • „Global Player“ wie DPWN, Siemens, DaimlerChrysler oder BASF operieren weltweit. • „Geld schläft nicht“: Der Finanzmarkt (Börsen in New York, London, Frankfurt, Tokio etc.) ist ein globales Netz. • Zeitverschiebung bedeutet, dass 24/7 etwas geschehen kann • Glocalization: Globalisierung einerseits, Lokalisierung (=Betonung regionaler Besonderheit) andererseits • Kulturelle Sensibilität ist Erfolgsfaktor • In Deutschland: zunehmend relevante „ausländische“ Communities: türkischstämmige, russischstämmige etc.  Feminisierung • PR als extrem attraktives Berufsfeld für Frauen. Warum eigentlich? „Die besseren Kommunikatoren?“ • Vorbild USA? „Velvet Ghetto of affirmative action“ 

‐> im Job: „gender switch“: mehr Frauen als Männer gemäß IABC‐Studie 2000: 70 Prozent Frauen. ‐> In den USA studieren 4x so viele Frauen wie Männer PR spezifische Studiengänge, 80% Frauen in PR‐Studiengängen 

• Aber: Feminisierung kontrovers diskutiert (in D & USA) ‐> Frauen häufiger Techniker, seltener Manager ‐> Prestigeverlust des Berufes, „Frauenberuf“ _ „Encroachment“ 

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V.

‐> geringere Gehälter/Frauen, Gehaltsniveau allgemein sinkt ‐> Fröhlich postuliert „Freundlichkeitsfalle“ 

„Gender Switch“        Quelle: Fröhlich 2005; Wienand 2003 

 „Opting Out“ der Frauen ab 36 Jahren 

 „Top PR‐Einheiten“ sind Männerdomäne 

 

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V.

 Differenzierung / Spezialisierung Differenzierung/Spezialisierung lässt sich am Beispiel der Dienstleister (=PR‐Agenturen) verfolgen. Spezialagenturen/spezialisierte Agenturen existieren bspw. für: 

‐> Healthcare (Medizin/Pharma), Tourismus, Automotive, Technology ‐> Finanzkommunikation/Investor Relations/Börsengänge (IPOs) ‐> Mergers & Acquisitions (Fusionen und Akquisitionen) ‐> Krisenkommunikation ‐> Change Communications (Veränderungsprozesse) ‐> Online‐Relations (Internet) ‐> Umwelt/Öko‐Kommunikation 

 1.7 PR‐Ausbildung Woher kommen Pressesprecher? 

    

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Ausbildungsniveau Pressesprecher 

 Studium der Pressesprecher 

 weitere Qualifikationen 

 

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1.8 Einkommenssituation (in Dtl.) 

 • das Einkommen DER PRESSESPRECHER (nicht der PR‐Praktiker insgesamt) ist überdurchschnittlich: • 68.468€ im Vergleich (Quelle: stat. Bundesamt 2006) mit •   Architekten, Bauingenieure:   54.529€ 

Ärzte:         75.985€ Unternehmensberater:    76.172€ 

• Unternehmen ~80.050€; öffentl./staatl. Institutionen ~57.233€ • 12 Prozent 100.000‐250.000€; 1 Prozent >250.000€ • Frauen durchschnittl. 60.165€, Männer 75.636€ 

 

2. Professionalisierung & Akademisierung • seit Beginn der neunziger Jahre Entwicklung einer kontinuierlichen PR‐Forschung / PR‐Wissenschaft • Professionalisierung des Berufsfelds 

a) höhere Anforderungen ‐> z.B. Evaluation, Wertschöpfungsbeitrag ‐> Konkurrenz mit Marketing, Unternehmensberatung ‐> ökonomischer Druck in Organisationen 

b) Verbesserung der Ausbildung c) Diskussion ethischer Fragen und Probleme 

Professionalisierung Vor 40 Jahren: Und endlich werden viele Berufe den Anspruch auf professionellen Status erheben und doch schließlich einsehen müssen, dass niemand diesen Anspruch honoriert, außer ihnen selbst. Ich neige dazu, darunter alle die Berufe zu rechnen, in denen die kommerzielle Marktorientierung deutlich überwiegt, also etwa die Public Relations‐Manager, Werbeleute und Beerdigungsunternehmer.      Harold Wilensky, 1972 „PR wird voraussichtlich nie den Status einer klassischen Profession erreichen, aber durch Professionalisierung kann PR als „Profession neuen Typs“ hohe Standards erreichen.“  Günter Bentele, 2003 

Was ist eine Profession? Klassische Professionen wenden 

• spezialisierte Kenntnisse an, die auf einer • theoretischen Grundlage beruhen, die • in systematischer Ausbildung erworben, • und in einem Test geprüft wird, • der den Berufseintritt regelt. 

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Sie verfügen über eine • berufsständische Organisation, • sind einer Standesethik verpflichtet, • besitzen hohe persönliche Verantwortlichkeit • verfügen über relative Autonomie (=Unabhängigkeit von Laienurteilen/‐kontrolle) • Die Tätigkeit der Professionsangehörigen geschieht im Dienste allgemein anerkannter gesellschaftlicher Werte. 

PR als Profession neuen Typs (Bentele) 1.These: 

Obwohl das PR‐Berufsfeld wohl aus prinzipiellen Gründen nie den Status einer klassischen Profession erreichen wird, ist ein Vergleich mit diesen Professionen aufschlussreich und eine Orientierung an deren Standards hilfreich. 

2. These Auch für Professionen neuen Typs gilt, dass eine an Hochschulen verankerte Ausbildung und ein anschließender Direkteinstieg in den Beruf den Normalfall darstellen (sollten). Der hohe Anteil von Quereinsteigern und nebenberuflichen PR‐Praktikern im Berufsfeld ist ein wichtiger Indikator derzeit noch mangelhafter Professionalisierung. 

3. These Um höhere Professionalität, ein adäquates Verständnis von Kommunikationsmanagement sowie Akzeptanz in der Gesellschaft zu erzielen, bedarf es von Seiten der PR‐Forschung: • Grundlagenforschung / angewandte Forschung, • ambitionierte sozialwissenschaftliche Theoriebildung • praxisbezogene Organisations‐/Optimierungsverfahren • gehaltvolle, aussagekräftige empirische Studien 

4. These In der PR‐Ausbildung sind erforderlich • von Hochschulen, Verbänden und beruflichen Akteuren (große Unternehmen, Branchen) konsentierte, konkretisierte Mustercurricula • Qualitätssicherungsverfahren (z.B. Akkreditierung und Evaluation von Seminaren, Berufsakademien, Studiengängen) 

5. These PR‐Praktiker und Totengräber sind nicht in einen Topf zu werfen! 

Akademisierung „Wichtiger als ein Kommunikationsstudium sind Praktika. Denn PR ist ein Kunsthandwerk und nicht wissenschaftlich zu erlernen. Vor allem sollte man begeisterungsfähig sein und eine gereifte Persönlichkeit sowie eine Neigung zur PR‐Arbeit verspüren.“ Jürgen Pitzer, 2003, zu der Zeit Präsident der Deutschen Public‐Relations‐Gesellschaft (passim) 

• 88% der Pressesprecher haben Hochschulabschluss; aber lediglich 24% PR‐Seminare/PR‐Schwerpunkt im Studium • 1994 erste dezidierte Professur für Öffentlichkeitsarbeit/Public Relations in Deutschland: Leipzig • 2002 mit B.A. Public Relations/Kommunikationsmanagement erster grundständiger universitärer PR‐Studiengang • heute: sich differenzierendes Angebot an Studiengängen an FHen und Universitäten • weitere Differenzierung im Rahmen Bologna‐Prozess???  

3. Das Image der Image­Macher „Image der Image‐Macher“: Methodische Vorgehensweise a) Bevölkerungsumfrage 

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Stichprobe: n = 1100; repräsentativ, Feldphase 15.‐24.04.2003 Erhebung von Mediennutzung, Bekanntheit und Bedeutung von PR‐Begriffen, Bedeutung und Bewertung von PR (20 Fragen; 120 Einzelfragen)  b) Journalistenumfrage: Stichprobe: n = 105, Feldphase: von 30. April bis 6. Mai 2003 Erhebung von Bekanntheit und Bedeutung von PR‐Begriffen, Bedeutung und Bewertung von PR (20 Fragen; 100 Einzelfragen)  Welche Begriffe haben sie schon gehört?  Wo wissen sie, was darunter zu verstehen ist? PR      78%        65% Public Relations   77%        59% Öff.arbeit    90%        85% Pressekonferenz  95%        90% Pressesprecher   93%        89% Promotion    89%        70% Pressearbeit    85%        78% Sponsoring    79%        72% Lobbying    52%        33% Spin Doctor    14%        6% Aussagen zu PR und anderen Typen öffentlicher Kommunikation PR ist eine Form von Journalismus      77% Lobbying ist eine Form von PR        66% PR und Werbung sind überwiegend dasselbe    59% PR ist überwiegend dasselbe wie Propaganda    54%   Zustimmung zu den einzelnen Aussagen (Anteil der Befragten) 

Stellenwert von PR im Vergleich zu anderen Bereichen Wissenschaft    82% Journalismus    74% Politik      74% Werbung    31% PR      41%  Anteil der Befragten (Bevölkerung), die die Bereiche als wichtig oder 

sehr wichtig für die Gesellschaft erachten. 

Bewertung von PR‐Aufgaben für die Gesellschaft über eine Gesetzesinitiative informieren      82% Vertrauen schaffen            81% Planung einer Anti‐AIDS‐Kampagne        80% Sponsoren finden            79% Konfliktparteien zum Dialog bewegen        74% von guten Absichten eines Unternehmens überzeugen    64% Anteil der Befragten (Bevölkerung), die die PR‐Aufgaben als wichtig oder sehr wichtig für die Gesellschaft erachten 

    

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Geschätzter PR‐Einfluss auf Politik und Journalismus 

 Vertrauen in Akteure und Institutionen BundesVerfGericht    72%    90% Polizei        71%    59% Bundeswehr      39%    22% Kirche        29%    31% Gewerkschaften    26%    11% Politische Parteien    13%    8% Radio        56%    42% Tageszeitungen     56%    77% Fernsehen      41%    24% Internet      31%    17% Journalisten      42%    50% Werbefachleute    12%    2% PR‐Berater / PR‐Manager  17%    3% Anteil der Befragten (Bevölkerung), die den Akteuren und Institutionen hohes und sehr hohes Vertrauen entgegenbringen Anteil der Befragten (Journalisten), die den Akteuren und Institutionen hohes und sehr hohes Vertrauen entgegenbringen 

Notwendigkeit einer fundierten PR‐Ausbildung Notwendig       74% Nicht notwendig    21% Anteil der Befragten (Bevölkerung) 

Soll‐ und Ist‐ Beurteilung von PR‐Praktikern 

 „Das Image der Image Macher“: Wichtigste Ergebnisse • überraschend hohe Bekanntheit der Branche, Kenntnisse über sie in der Bevölkerung • Unsicherheiten PR von Journalismus, Werbung oder Propaganda abzugrenzen (auch bei Journalisten) • Relevanz der PR für die Gesellschaft: hoch (Journalismus: höher; Werbung: niedriger) • Einfluss der PR auf aktuelle Berichterstattung: verblüffend präzise bei der Bevölkerung, bei Journalisten unterschätzt 

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• PR‐Einfluss in politischen Wahlkämpfen: recht hoch • Vertrauen in PR geringer als in Journalisten oder Medien, aber höher als in politische Parteien und Werbung • fundierte PR‐Ausbildung an Hochschulen und Standesregeln (Professionsmerkmale) wichtig • Die Bevölkerung hat hohe Erwartungen an PR‐Praktiker; glaubt aber, dass sie nur wenig erfüllt werden; • Einfluss der Parteipräferenz: je wirtschaftsfreundlicher die Partei, desto positivere Position gegenüber PR und umgekehrt • Ost‐West‐Differenz: deutlich geringere Bekanntheit ausgewählter PR‐Praktiker in den NBL • überraschend hoher Erinnerungswert an Fall Hunzinger – diejenigen, die den Fall kennen, sehen deutlich höheren Einfluss der PR (Lobbying) auf die Politik 

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Prof. Dr. Günter Bentele Öffentlichkeitsarbeit/PR: 

Einführung in die Theorie und Praxis (3.&4. Sitzung) 

Theoretische Grundlagen: 

 VL Einf. Theorie & Praxis, WS 08/09 Schichtenmodell zur PR‐Entwicklungsgeschichte:                                      Public Relations als soziales System; 20. Jahrhundert                             Public Relations(PR als Beruf und Berufsfeld); 19. Jahrhundert                   Organisationskommunikation(funkt. PR, PR‐Instrumente); ausgehendes Mittelalter, Neuzeit          Öffentliche Kommunikation(Publizistik); Altertum, Mittelalter Interpersonale Kommunikation(versch. Kommunikationsfunktionen); Menschheitsgeschichte 

Quelle: Bentele (1997, 157) 

Funktional‐integrativer Schichtenansatz: •keine „Urknall‐Theorie“, sondern jede Schicht baut auf einer älteren Schicht auf •neue Schichten bauen auf den älteren auf, enthalten jedoch wesentliche Elemente der älteren Schichten •Entwicklungsprinzipien: Differenzierung; Spezialisierung; Hierarchisierung, etc.   

Entwicklung der PR in den USA •Kommunikationsaktivitäten vor dem industriellen Zeitalter •PR‐Perioden im 20. Jahrhundert 1. Phase: Seedbed Ära(1900 bis 1917) 2. Phase: 1. Weltkrieg(1917 bis 1919) 3. Phase: Booming Twenties Ära(1919 bis 1933)  4. Phase: Roosevelt Ära (1933 bis 1945)  5. Phase: Nachkriegsära(1945 bis 1965)  6. Phase: Ära der Informationsgesellschaft(1965 bis zur Gegenwart)    

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Kommunikationsaktivitäten vor dem 20. Jahrhundert •Organisationen werden eingerichtet, um z. B. Kampagnen durchzuführen (z.B. Sonsof Liberty, 1766) •Gebrauch von Symbolen (z.B. Liberty Tree) •Gebrauch von Slogans (z.B. „Taxationwithoutrepresentationistyranny“) •Durchführen von Großereignissen, um öffentliche Aufmerksamkeit zu bekommen, Diskussion zu provozieren: Boston Tea Party •Die Wichtigkeit, die eigene Interpretation von Ereignissen zuerst in die Öffentlichkeit zu bringen (Boston Massacre) •Publicity‐Aktivitäten (paradigmatisch: P.T. Barnum) beginnen Ende des 19. Jhds. und dominieren erste  Periode der PR‐Entwicklung  1. Phase: Seedbed Ära(1900 bis 1917) •Beginnende PR war auch Reaktion auf den amerikanischen „Muckraking Journalism“(Upton Sinclair, David Graham Phillips, Lincoln Steffens, etc.) •1900: in Boston Gründung der ersten amerikanische PR‐Agentur (The Publicity Bureau). Methoden: fact finding; publicity; personal contact to saturate the nation‘spress; particularly weeklies, etc. (Verdeckte Pressearbeit!) •Rekrutierung von Journalisten in großem Stil, um als Sprecher (Interpreten) von Unternehmen und anderen Organisationen zu arbeiten •Die Präsidenten Roosevelt und Wilson benutzen Instrumente politischer PR  Declarationof Principles(1906) Dies ist kein geheimes Pressebüro. Unsere Arbeit wird in aller Öffentlichkeit gemacht. Unser Ziel ist es, Nachrichten bereitzustellen. Wir sind keine Werbeagentur. Wenn Sie glauben, dass eine Angelegenheit geradewegs den Geschäftsweg zu Ihrem Geschäftsbüro gehen sollte, dann sind Sie bei uns an der falschen Stelle. Unsere Sache ist es, genau (accurate) zu sein. Informationen und Einzelheiten über ein von uns behandeltes Thema werden so schnell wie möglich bereitgestellt und jedem Redakteur wird mit Vergnügen beim Verifizieren von Aussagen und Fakten geholfen. Kurz gesagt, unser Vorhaben ist es, die Presse und Öffentlichkeit der Vereinigten Staaten offen und ehrlich, schnell und zuverlässig ‐zugunsten der Anliegen der Unternehmen und öffentlichen Institutionen ‐mit solchen Informationen zu versorgen, die für die Öffentlichkeit von Bedeutung und Interesse sind.  2. Phase: 1. Weltkrieg(1917 bis 1919) •1914 Gründung des Comitteeon Public Information (CPI) von Präsident Woodrow Wilson. Leiter: George Creel(hatte kein Kampagnen‐Manual; erfand die „FourMinutemen“) •Politische PR‐Kampagnen (z.B. um Kriegsanleihen bei der Bevölkerung zu erhalten) demonstrierten die Macht der PR, die Bevölkerung zu mobilisieren •Erarbeitung eines grundlegenden PR‐Instrumentariums •das Creel‐Comitteeschulte viele PR‐Praktiker, darunter Edward L. Bernaysund Carl Byoir(dieser gründete 1930 eine der größten PR‐Agenturen)  Im Grunde genommen ist PR, wenn nicht ein Kriegsprodukt, so doch eines, das durch den Krieg gewaltig gewachsen ist. Für Freiheitsanleihen musste im ganzen Land erst geworben werden. Dies wurde durch Publicity getan. Fünfmal, in kurzen Abständen, stellten sich die Zeitungen der Nation an und machten dem Mann am Frühstückstisch und in seinem Büro, in der Fabrik, im Bergwerk ‐kurz: überall in Handel und Industrie ‐begreiflich, warum tief in seine Taschen gelangt wurde. Es klappte. Sehr schön und effektiv.  (Aus der TIMES im Jahr 1920) 

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Creelhatte nicht nur einen Stab von Presseagenten, die direkt unter ihm in einem zentralen Büro arbeiteten; er dezentralisierte das System in einer Weise, dass jede Art von Industrie im Land eine spezielle Gruppe von PR‐Praktikern hatte. Auf diese Weise, mehr als auf jede andere, wurden die Führer und Leiter von Bewegungen jeglicher Art auf den Wert, sich auf Publicity durch so genannte "drives" (=Kampagnen) zu konzentrieren, bekannt und bewusst gemacht.  3. Phase: Booming Twenties Ära(1919 bis 1933)  •Herausbildung von PR‐Prinzipien in der Politik, Wirtschaft, den Kirchen, dem Sozialbereich und der Arbeiterbewegung •1921: Bernays‘Crystallizing Public Opinion; 1922 Walter Lippmanns Public Opinion •1927 Gründung einer PR‐Firma durch John W. Hill in Manhattan (1933 Partnerschaft mit Don Knowlton) •1922 Gründung des „Publicity counselforWelfareServices“; diese Organisation ist heute die PRSA mit etwa 18.000 Mitgliedern  4. Phase: Roosevelt Ära (1933 bis 1945)  •Entwicklung des PR‐Instrumentariums •Entwicklung der präzisen Meinungsforschung (Öffentliche Meinung Roper, Gallup) •1933 gründeten Clem Whitaker und Leone Baxter die erste Agentur, die sich auf politische Kampagnen spezialisierte •Kriegs‐PR während des 2. Weltkriegs •1942 Office of War Information (OWI), nach Pearl Harbour. Director: Elmer Davis •Bezahlte Werbung als PR‐Instrument während des Kriegs  •Eine Wendung hin zu öffentlicher Verantwortung im privaten Unternehmensbereich (Bernays)  5. Phase: Nachkriegsära(1945 bis 1965)  •Etwa 75.000 Praktiker wurden während des Kriegs ausgebildet •Fortschritte in der Telekommunikation, im Mediensystem (Fernsehen) und im Transport •Ständiges Wachstum von PR‐Aktivitäten in allen gesellschaftlichen Bereichen •Stabilisierung der Zahl unabhängiger PR‐Agenturen (in Kommunikationszentren wie New York, Washington, Chicago, LA, etc.) •enormes Wachstum der Bücherzahl, Artikel, Zeitschriften  •Entwicklung der PR‐Verbände und der Ausbildungsstandards  6. Phase: Ära der Informationsgesellschaft(1965 bis zur Gegenwart) •Anwachsen der Relevanz und Komplexität der PR •Regierungsaufgaben werden wesentlich zu PR‐Aufgaben •Issues Management und andere Verfahren entstehen •World Wide Web verändert auch PR‐Arbeit •deutliche Professionalisierung •Globalisierung •Feminisierung des PR‐Berufsfelds    

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1. Deutschland Entwicklung der Public Relations in Deutschland 1.1 Vorgeschichte Hoch‐und Spätmittelalter: •11. und 12. Jh.: Religiöse Propaganda der Kreuzzüge: Kreuz als Symbol; Schlachtruf: Kyrie eleyson (Herr, erbarme Dich); Wanderprediger als „Verbreitungsmedien“ •13. Jh. Staatliche Kommunikationspolitik/Propaganda von Kaiser Friedrich II(1194‐1250): Aktionen im Krieg gegen die Lombarden; öffentliche Auseinandersetzung mit Papst Gregor IX und Papst Innozenz IV •13. Jh.: Walther von der Vogelweide(1170‐1230) politische Dichtung im Auftrag von Fürsten und Landgrafen: antipäpstliche öffentliche Kommunikation •14.‐16. Jh.: Selbstdarstellung der Hanse: soziale Stiftungen, Bauten, Repräsentation und Bräuche als Mittel der Imagepflege1 •15. Jh.: Kaiser Maximilian I. als „Kaiser mit Gespür für Öffentlichkeitsarbeit“(Löckl1993). Holzschnitte (u.a. von Albrecht Dürer), Gedenkmünzen, Heraldik als Mittel öffentlicher Kommunikation  •16. Jh.: Mäzenatentum (Augsburger Fuggerei), Architektur und Bildende Kunst als Ansätze für Imagepflege bei den Fuggern •16. Jh.: Flugblätter, öffentliche Disputationen in der Reformationszeit, Martin Luthernutzt u.a. rhetorische Grundsätze und symbolische Handlungen •Bildpropaganda des Bauernkriegs; Flugschriftpropaganda •18. Jh.: Justus Möser, Berater des Preußenkönigs Friedrich II., fordert die Berücksichtigung der öffentlichen Meinung als integralen Teil staatlicher Kommunikationspolitik •Friedrich II (1712‐1788) wusste seine Außenpolitik publizistisch zu stützen, günstige Nachrichten zu verbreiten und ungünstige zu verhindern •1810 Johann Wolfgang von Goethe fertigt im Auftrag des Karlsbader Stadtparlaments Gedichte zur Begrüßung der Kaiserin Maria Ludovica von Österreich (frühes Beispiel der Fremdenverkehrswerbung) •1815 Preußische Denkschrift. Autor: Karl August Varnhagen van Ense(1785‐1858). Er war schon 1914/15 „Pressechef“ des preußischen Staatskanzlers Fürst von Hardenberg auf dem Wiener Kongress (Neuordnung Europas nach dem Sturz Napoleons, Völkerschlacht in Leipzig) und schrieb Artikel im Sinne Preußens für verschiede Zeitungen. In der Denkschrift wies er auf die Wichtigkeit der öffentlichen Meinung hin und schlug die Gründung einer Zeitung in Berlin vor, die das Vertrauen der Regierung habe  

1.2 Periode: Entstehung des Berufes(Mitte des 19. Jh. bis 1918) •1841 Gründung des preußischen „Ministerial‐Zeitungsbüros“; ab 1848 „Literarisches Kabinett“(überwiegend Zensur‐und Berichtigungsaufgaben) •1851 Teilnahme von Krupp auf der Londoner Weltausstellung (2 to schwerer Stahlblock als imageprägendes „Event“) •1866 Alfred Krupp fordert Einstellung eines „Literaten“ •1871 Einrichtung des „Preßdezernats“ beim Auswärtigen Amt •1893 Einrichtung einer Presseabteilung (Nachrichtenbüro) bei Krupp, erst 1925 kommt eine Werbeabteilung hinzu •1894 im Rahmen der Marinepolitik Einrichtung von für Besucherinformation zuständige Offiziere auf allen größeren Kriegsschiffen. •1898 Einrichtung eines „Literarischen Büros“ unter Hans Dominik bei der „Union Elektrizitätsgesellschaft“(später AEG) •1901 Im deutschen Reich existieren 153 Zeitungskorrespondenzen, darunter 48 politische und parlamentarische  •1906 Gründung der ersten kommunalen Pressestelle in Magdeburg Entwicklung erster Presseabteilungen in Politik und Wirtschaft;  

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•Kriegspressearbeit und Kulturpropaganda im 1. Weltkrieg: 5.10.1914 Erlass des Reichskanzlers: Gründung der Zentralstelle für Auslandsdienst (ZfA); Aufgaben: Beobachtung der feindlichen Presse, Betreuung der neutralen ausländischen Presse; Herstellung und Versand von Druckschriften und Broschüren für das Ausland. •Kampagnen für die Kriegsanleihen: 1914 1. Kriegsanleihe: 4,5 Milliarden Mark; 2. Anleihe 9,1Milliarden, 3. Anleihe (Sept. 1915: 12,16 Milliarden Mark). Organisation der Kampagne: Deutsche Reichsbank; Ende 1916 wurde ein „Nachrichtenbüro für die Kriegsanleihen“ eingerichtet (4 Beamte, 2 Dutzend Hilfskräfte); darüber hinaus: Zeitungspropaganda, Werbefilme im Kino, Plakate •Dolchstoß‐Legende als Rationalisierung des Krieges   

Erste Periode insgesamt:  1.Beruf entsteht, spezialisierte Teilorganisationen (Abteilungen) entstehen und differenzieren sich aus 2.Instrumente und Medien werden übernommen, werden der ÖA angepasst oder entwickeln sich neu 3.Organisatorische PR‐Basisfunktionen entwickeln sich (Beobachtung, Information, Kommunikation, Persuasion) 

 

1.3 Periode: Konsolidierung und Wachstum(1918 bis 1933) •1917 erster Nachweis der Verwendung des Begriffs „Öffentlichkeitsarbeit“ von Ernst Hindererim Zusammenhang einer Diskussion der „Evangelischen Preßverbände“ •1.10.1919 Vereinigte Presseabteilung der Reichsregierung und des Auswärtigen Amtes: über 200 Beschäftigte  •1.03.1918 Gründung der Reichszentrale für den Heimatdienst (RdH): Rednerschulung; Flugblätter, Plakate, Rheinische Volkspflege; Referat „Rundtelefonat“, Stimmungsberichte, etc. •Starker Aufschwung kommunaler Öffentlichkeitsarbeit unter den neuen demokratischen Vorzeichen: 1927 besitzen 65 von 91 befragten Städten mit mehr als 50.000 Einw. selbstständige Nachrichtenämteroder Zentralstellen für Nachrichtenwesen  •1920 Gründung der „Reichszentrale für deutsche Verkehrswerbung e.V.“, um der Bevölkerung die Dienste der Reichsbahn näher zu bringen •1925 Gründung einer Pressestelle bei der IG Farben (Leiter: Hans Brettner) •Insgesamt: starke Ausbreitung von Presseabteilungen in den meisten gesellschaftlichen Bereichen: Wirtschaft, Politik, kommunale Verwaltung; Kultur, etc. Entwicklung und Ausdifferenzierung des Instrumentariums der Pressearbeit1 Organisation:  Leiter, Dirigent, darunter Referenten Inland und Ausland, Lektoren. Wichtigste Koordinationsfunktion: I‐Referat (prüft, ob Nachrichten „politisch einwandfrei“ sind Hauptaufgaben:  Information der Reichsregierung über Inhalte der in‐und ausländischen Presse; Information der Presse über Politik der Reichsregierung (one‐voice‐policy) Instrumente:  •Pressekonferenz (vom Kriegspresseamt (August 1914 gegr.) im 1. Weltkrieg geschaffen •Pressetee seit 1924 jeden Freitag, um Beziehungen zur Auslandspresse, ausländischen Politikern und Referenten zu verbessern Wichtigster Nachrichtenkanal: 

Wolffsches Telegraphenbüro •Politische Information über Presseämter  •Kritik an der ÖA: Kommunale Presseämter als „Nachrichtenverhinderungsämter“ 

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•Kritik an der Kriegspressearbeit („Lügenzentrale“ Hellmuth v. Gerlach, 1925) oder der staatlichen Pressearbeit der Nachkriegszeit von Kurt Tucholsky (1920)  •Erste Werbeagenturen in den 20iger Jahren und erste Beispiele integrierter Unternehmenskommunikation (z.B. Lingner‐Werke, Dresden; Marke „Odol“) •Dies auf dem Hintergrund der ersten deutschen Republik, d.h. mit einer parlamentarischen Demokratie und einem vergleichsweise unabhängigen Mediensystem. •Gleichzeitig war die politische Kultur der Weimarer Republik stark polarisiert: die Zeitungen waren großenteils Zeitungen, die sich als Instrumente politischer Lager definierten •weit verbreiteter propagandistischer Stil in der öffentlichen Kommunikation (Journalismus, Parteien‐PR)  •informative und einigermaßen sachliche Information durch Presseämter  

1.4 Periode: NS­Pressearbeit(1933 bis 1945) •Parteiideologisch dominierte Pressearbeit im Rahmen politischer Propagandavorgaben und unter Bedingungen eines zentralen, diktatorisch verfassten, staatlich gelenkten und organisierten Mediensystems  •staatliche und parteiliche Lenkung von Journalismus und Pressearbeit •staatliche Öffentlichkeitsarbeit im Inland und Ausland nimmt die Form der Propaganda an  •Propaganda: formal und inhaltlich einseitige (unidirektionale), beeinflussende (persuasive) Kommunikation im politischen Bereich, für die wahrheitsgemäße Information untergeordnet ist oder bewusst negiert wird •typische Kommunikationsmittel der Propaganda: starke Durchdringung, Wiederholungen, einfache Stereotype, klare Wertungen, Vermischung von Information und Meinung, häufig emotionalisiert und (wichtig!) arbeitet mit Feindbildern •Propaganda ist ‐aufgrund gesellschaftlicher Organisationsstrukturen ‐in der Lage, öffentlich relevante Themen einseitig auszuwählen, zu tabuisieren, damit zu steuern und soziale Wirklichkeit damit zu verfälschen (dies hat aber Grenzen) •Nationalsozialistische Propaganda war in allen Phasen auch deshalb erfolgreich, weil sie mit realer Gewalt (anfangs der Parteiorganisationen SA und SS auf der Straße, später des Staates und der Gestapo) verbunden war   

1.5 Periode: Neubeginn und Aufschwung(1945 bis 1958) •Wirtschaftlicher Aufschwung und Orientierung an amerikanischen Vorbildern ab Anfang der fünfziger Jahre •Entwicklung eines neuen beruflichen Selbstverständnisses im Rahmen demokratischer Öffentlichkeitsstrukturen (Abgrenzung der PR von Propaganda und Werbung) •erstes Buch über PR im Jahr 1951 (Carl Hundhausen: Werbung um öffentliches Vertrauen ‐Public Relations) •schnelle Entwicklung des Berufsfeldes vor allem in der Wirtschaft, aber auch der anderen gesellschaftliche Bereiche •erste PR‐Agentur 1952: Contactdienst GmbH ‐Erste Gesellschaft zur Förderung der Beziehungen zur Öffentlichkeit (Leitung: Walter H. Seiter)  

1.6 Periode: Konsolidierung des Berufsfeldes (1958 bis 1985) •Entwicklung eines beruflichen Selbstbewusstseins: Existenz lokaler und regionaler Gruppen •8.12.1958 Gründung des Berufsverbandes DPRG; Erster Vorsitzender: Prof. Dr. Carl Hundhausen. Wachstum und Ausdifferenzierung, Ausbildung: Berufsbild, etc.  

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•Erste Nachkriegskampagnen (z.B. „Die Waage‘“, ab 1962) •8. Mai 1973 Gründung der GPRA in Düsseldorf •Beginn einer außerakademischen Aus‐und Fortbildung. •Parallel dazu ab Mitte der sechziger Jahre Entwicklung einer parteilich dominierten „sozialistischen Öffentlichkeitsarbeit“ in der DDR  

1.7 Periode: Boom des Berufsfeldes, Professionalisierung(1985 bis heute) •Starke Entwicklung des PR‐Agentursektors •Akademisierung und Professionalisierung des Berufsfeldes  •Verbesserung der Ausbildungsstrukturen in der Praxis und unterschiedlichen Ausbildungsinstitutionen •immense Entwicklung der Praktikerliteratur und der wissenschaftlichen Literatur seit Beginn der 90er Jahre •Verwissenschaftlichung und Professionalisierung des Instrumentariums •Entwicklung einer PR‐Wissenschaft seit 1990 (KoWi) •Erster Lehrstuhl für Öffentlichkeitsarbeit/PR an der Universität Leipzig; Akademische PR‐Ausbildung seit Mitte der neunziger Jahre: Leipzig, Berlin, etc.  

 

2. PR­Pioniere in Deutschland Prof. Dr. Carl Hundhausen Prof. Dr. Albert Oeckl  Weitere Personen: Harry Damrow(Hoechst AG),  Friedrich W. Kleinlein(BDI Köln);  Dr. Friedrich Korte (Berater, Hamburg),  Dr. Friedrich Mörtzsch(AEG Frankfurt),  Dr. Sven von Müller (Esso AG Hamburg) u.v.a.  Wichtige Personen aus der Geschichte der PR‐Agenturen: Dr. Manfred Zapp(Gründungsmitglied DPRG),  Günter F. Thiele(ABC Agentur für Presseinformation),  Prof. Jürg W. Leipziger (Präsident der GPRA)  

2.1 Prof. Dr. Carl Hundhausen (1893­1977) •Vater Kolonialwarenhändler.  •Lehre als Schuhmacher •Bürotätigkeit bei Krupp  •Militärdienst während des 1. Weltkriegs; Bataillonsschreiber •Abitur 1912; Stipendium des Krupp‐Konzerns •Studienabschluss als Diplomkaufmann •1925 Dissertation: “Innerbetriebliche Standortfragen” •1927‐1931 Assistant Treasurer bei der Wall Street Bank in New York •PR‐Chef bei Krupp •Habilitation, Honorarprofessor1  

Definitionen von Public Relations: 

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•PR sind die “planmäßige Gestaltung aller Beziehungen einer Unternehmung (einer Organisation, einer Berufsgruppe, einer einzelnen Persönlichkeit) nach außen zur Öffentlichkeit, einschließlich der Beziehungen zu den einzelnen Mitarbeitern (Arbeitnehmern) und deren Vertretungen.“(1947) •„Eine Umschreibung des Phänomens Public Relations mit „Beziehungslehre der Unternehmung“, die durchaus zutreffend wäre...“(Hundhausen 1951, 16) •„Werbung um Vertrauen ist... Das entscheidende Mittel in der Gestaltung der Beziehungen einer Unternehmung zur Öffentlichkeit...“(beide Zitate aus Hundhausen 1951, 16) •„Public Relations ist die Unterrichtung der Öffentlichkeit (oder ihrer Teile) mit über sich selbst, mit dem Ziel, um Vertrauen zu werben“(1951) •„PR (haben) zu versuchen, die Menschen durch den Prozess der Überzeugung mittels aller verfügbaren Kanäle der Kommunikation zu motivieren... Hier spielt die Bedeutung des zweifachen (gegenseitigen) Weges der Kommunikation eine große Rolle, womit Public Relations befasst sind.“(1966) •„PR sind... ein sozialer Prozess gegenseitiger Kommunikation, in dem das Prinzip des Echos oder der Rückkopplung besonders wichtig ist.“(1967) •„Bei PR geht es um folgendes:  1. um die Herbeiführung von Übereinstimmungen,  2. um die Information und die Unterrichtung und,  3. um die Gewinnung von Überzeugungen,  Das sind die drei wichtigsten Merkmale der Public‐Relations‐Aufgaben.“(1967) Prinzipien der „Werbung um öffentliches Vertrauen“:(Hundhausen 1951, 160ff.) 1.Prinzip der Wahrheit (Wahrheit ist die Übereinstimmung des Denkens mit dem Sein oder der Wirklichkeit) 2.Prinzip der vollständigen Wahrheit(Wahrheit kann graduell sein; für die Unternehmerpersönlichkeit kann es erforderlich sein, gewisse Tatsachen erst nach und nach in ihrem gesamten Umfang bekannt zu machen) 3.Prinzip der Offenheit(Jahresbericht, Offenheit gegenüber eigenen Mitarbeitern; Offenheit über Fehler und Irrtümer) 4.Prinzip des ersten Schrittes(Unternehmen soll versuchen, immer den ersten Schritt zu tun, weil es in der stärkeren wirtschaftlichen und rechtlichen Position ist) 5.Prinzip der Selbsterziehung(Bereitschaft, an sich selber zu arbeiten, um das eigene Verhalten zu korrigieren; Bereitschaft, sich der Kritik Dritter auszusetzen) 6. Das Prinzip übereinstimmender Interessen(Kongruenz der Interessen zwischen Öffentlichkeit und Unternehmung ist die Voraussetzung einer echten Gemeinschaft...; der Herbeiführung dieser Gemeinschaft hat alle Public Relations‐Arbeit zu dienen...“ 

 Elemente des PR‐Prozesses als sozialer Prozess: 

1.Der Initiator(früher auch „Relator“, z.B. Einzelpersönlichkeit, industrielles Unternehmen; berufsständische Organisation; I. ist die Quelle, treibende Kraft, der Ausgang zwischenmenschlicher Bewegungsströme, deren Richtung er bestimmt) 2.Interessen des Initiators (Ziel der PR: Interessenangleichung. Je mehr sich die privaten Interessen des Initiators denen der Öffentlichkeit annähern, umso leichter ist die Übereinstimmung) 3.Zielgruppe oder Zielperson/Teile der Öffentlichkeit (Die Zielgruppe ist nur für die erste Phase eine solche, danach wird sie ‐durch Reaktionen ‐aktiv und selbst Beteiligter am sozialen Prozess) 4.Interessen der Öffentlichkeit (Öffentlichkeit ist eine Gruppe von Menschen, die einem Sachverhalt oder einer Streitfrage gegenübersteht, in der die Meinungen über Lösungsmöglichkeiten geteilt sind und 

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in der über den Sachverhalt oder über die Streitfrage diskutiert wird; Gruppenvertreten die und sprechen für die Öffentlichkeit) 

Leitsätze zu PR‐Prozessen (1969) 

1. Analyse der Ausgangssituation 2. Bereitschaft des Initiators zu einer Angleichung der Interessen, zu einem Adjustment, zu einer Adaption oder zu einer Herbeiführung einer Identität der Organisationsinteressen 3. Der Initiator muss von der Sache, die er vertritt, von der Idee, die ihn beherrscht, von den Zielen, die er zu erreichen versucht, innerlich überzeugt sein. 4.etc. 

 Wichtigste Publikationen: 

•„Public Relations.“In: Zeitschrift für Betriebswirtschaft XV (1938), Heft 1, S. 48‐61 (Erster Aufsatz über Public Relations in Deutschland). •Werbung um öffentliches Vertrauen ‐Public Relations. Essen 1951. •Industrielle Publizistik als Public Relations. Essen 1957. •Werbung. Grundlagen, Sammlung Göschen, Bd. 1231, Berlin 1969. •Public Relations. Theorie und Systematik, Göschen, Bd. 1233, Berlin.  

2.2 Prof. Dr. Albert Oeckl (1909­2001) •geb. in Nürnberg, Studium der Rechtswissenschaften und Volkswirtschaft in München.  •1934 Promotion zum Dr. oec. publ. •1936‐1945 in der Direktions‐und Presseabteilung der IG Farben tätig. 1939‐1941 Kriegsdienst.  •1950 ‐1959 Geschäftsführer und Leiter der Abt. Öffentlichkeitsarbeit beim Deutschen Industrie‐und Handelstag •1959 ‐1974 Leiter der Abt. Öffentlichkeitsarbeit der BASF •Seit 1960 Vorlesungen über Public Relations, Kommunikationswissenschaft und Sozialpsychologie an den Universitäten Heidelberg, Augsburg und der Freien Internationalen Universität Rom. •1995 Vorlesung in Leipzig: Ein halbes Jahrhundert ÖA 

 Definitionen von Öffentlichkeitsarbeit: 

•Öffentlichkeitsarbeit lässt sich definieren „als das planmäßige und unermüdliche Bemühen, gegenseitiges Verstehen und Vertrauen zwischen einem Auftraggeber und der Öffentlichkeit aufzubauen und zu pflegen.“            (Oeckl1961, 25) •„Öffentlichkeitsarbeit drückt ein Dreifaches aus: Arbeit mit der Öffentlichkeit, Arbeit für die Öffentlichkeit, Arbeit in der Öffentlichkeit“          (Oeckl1964, 16) •„Öffentlichkeit = Information + Anpassung + Integration.“      (Oeckl1976, 19) 

 Konzeptionslehre: (Oecklspricht von PR‐Techniken)      Oeckl(1976, 216 ff.) 1.Untersuchung der Ausgangslage: •Diagnose •Sammeln aller erreichbaren Unterlagen, •Erforschung des Vorstellungsbildes •Analyse 2.Planung: •Zielsetzung und Erscheinungsbild 

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•Festlegung der Zielgruppen •Bestimmung des Kommunikationsmediums •Zeitplan erstellen •Höhe des Etats •Strategie und Taktik 

 3.Durchführung: • Ansprechen der bestehenden Medien(Glaubwürdigkeit, Zusammenhang, Nachrichtenwert, Klarheit, Verständlichkeit, Konzentration auf das Wesentliche) • Informationsgebung über Bilder, Anzeigen, eigene Medien, Aktionen  4.Wirkungskontrolle: • Pretest (Image vor einer Kampagne) • Posttest (Image nach einer Kampagne)  

 

Wichtigste Publikationen: • Oeckl, Albert (1964), Handbuch der Public Relations. Theorie und PR‐Praxis der Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland und der Welt. München: Süddeutscher Verlag. • Oeckl, Albert (1976), PR‐Praxis. Der Schlüssel zur Öffentlichkeitsarbeit. Düsseldorf/Wien: Econ. • Oeckl, Albert (1981), Public Relations Politik. Düsseldorf: Econ. •Oeckl, Albert (1988), "Glaubwürdigkeit contra Angst ‐Kursbestimmung der Öffentlichkeitsarbeit." In: Schulze‐Fürstenow, Günther (Hrsg.)(1988), PR‐Perspektiven. Beiträge zum Selbstverständnis gesellschaftsorientierter Öffentlichkeitsarbeit." Neuwied: Luchterhand, S.13‐26. •Oeckl, Albert (1993), "Anfänge und Entwicklung der Öffentlichkeitsarbeit." In: Fischer, Heinz D./Ulrike Wahl(Hrsg.)(1993), S.33‐45.  

2.3 Dr. h.c. Günter F. Thiele •geb. 12. 02. 1934in Bitterfeld (Sachsen‐Anhalt); Abitur 1953 ebendort •nach Betriebspraktikum als Hilfsschmelzer im Elektrochemischen Kombinat Bitterfeld im Mansfeld‐Hüttenkombinat  

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•1954‐58 Studium der Germanistik an der Martin‐Luther‐Universität Halle und Journalistik/Publizistik in Leipzig; Abschluss Diplom der Philosophischen Fakultät •1958/59 Redaktionsassistent Radio DDR, Sender Leipzig  •1959 Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland; Werksjournalist bei den Henkel‐Werken, Düsseldorf •1962‐68 Texter und Cheftexter bei der Werbeagentur Eggert, Düsseldorf •Wechsel als Geschäftsführer und Gesellschafter in die PR‐Agentur ABC Presseinformation, Düsseldorf •Aufbau und Entwicklung der ABC zur größten deutschen PR‐Agentur in diesen Jahren mit zuletzt 175 Mitarbeitern und Büros in Düsseldorf, Berlin, Frankfurt und München mit einem Honorarumsatz von 22 Mio. DM pro Jahr •1989 Übertragung der Mehrheitsanteile von ABC an die internationale Agenturgruppe Eurocom, Paris  •Präsident der GPRA 19087‐1991, Jury‐Vorsitz „Goldene Brücke“ •Im Jahr 2000 Initiator und Mitbegründer der „Stiftung zur Förderung der PR‐Wissenschaft an der Universität Leipzig“ •2002 Verleihung der Ehrendoktorwürde der Universität Leipzig  

 3. Zusammenfassung •Entwicklung der PR in Deutschland kann in die Vorgeschichte sowie sechs Periodenunterteilt werden •Ab Mitte des 19. Jh. entstand der Beruf PR, erfüllte erste organisatorische Basisfunktionen; Entwicklung/Umwandlung neuer Methoden und Instrumente  •1917 erstmalige Begriffsverwendung „Öffentlichkeitsarbeit“ von Ernst Hinderer •In der NS‐Periode modifizierte PR zur Propaganda aufgrund strikter parteipolitischer Vorgaben, sowie der diktatorischen, staatlichen Lenkung von Journalismus und Pressearbeit •Nach 1945Neuentwicklung eines beruflichen Selbstverständnisses im Rahmen demokratischer Öffentlichkeitsstrukturen; Stetiger Wachstum und Festigung der PR •Ab 80er Jahre Verbesserung der Ausbildungsstrukturen, Professionalisierung, Entwicklung einer PR‐Wissenschaft •PR‐Pioniere in Deutschland waren/sind:  •Prof. Dr. Carl Hundhausen(1.11.1893‐15.4.1973): u.a. PR‐Chef bei Krupp; formulierte zahlreiche PR‐Definitionen entwickelte die Prinzipien der Werbung um öffentliches Vertrauen; verstand PR als sozialen Prozess; formulierte Leitsätze für PR; zahlreiche Publikationen •Prof. Dr. Albert Oeckl(27.12.1909‐23.04.2001): u.a. 1936‐1945 tätig in Direktions‐und Pressebereich der IG‐Farben, 1959‐1974 Chef der PR‐Abteilung von BASF, ab 1960 Vorlesungen über PR; formulierte zahl‐reiche Definitionen von PR, entwickelte PR‐Konzeptions‐lehre (PR‐Techniken); zahlreiche Publikationen •Dr. h.c. Günter F. Thiele: Gründer der größten PR‐Agentur (ABC) in den 80er Jahren, Initiator und Mitbegründer der PR‐Stiftung zur Förderung der PR‐Wissenschaft der Uni Leipzig  

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Integrierte Kommunikation •„Integrierte Kommunikation ist die Abstimmung eigenständiger Kommunikationsmaßnahmen und darf nicht als das Gegenteil oder die Rückführung der beschriebenen Ausdifferenzierung im Sinne einer Verschmelzung verstanden werden.“              –Theilmann/Mugele1999, S. 20 •„Wenn Werber und PR‐Leute in jüngerer Zeit tatsächlich enger zusammenrücken, knüpft sich hieran die Frage: Ist es Einsicht in Kompensations‐und Synergieeffekte von Markt‐und PR‐Kommunikation, die zu dieser Entwicklung führte, oder sind es schlicht ökonomische Argumente, die in jüngerer Zeit gegen Werbekosten und Werbeeffektivität ins Feld geführt werden. Zu fürchten ist Letzteres. Doch auch wenn ökonomischer Druck auf den richtigen Weg weist, wird daraus nicht ein falscher Weg. •Zu befürchten ist allerdings, dass integrierte Kommunikation im beschriebenen Sinne nicht von allen so verstanden wird, die dies teilweise vollmundig vorgeben: Die Erfordernisse des Marktes einer Kommunikationsgesellschaft werden auch sie lernfähig machen.“ –Peter Szyszka, Institut für Kommunikations‐Management der Fachhochschule Osnabrück/Lingen, im PR‐Report (2002) 

 

1. Impulse zur Integration aus verschiedenen Konzepten 1.1 Integriertes Marketing / Gesellschaftsorientiertes Marketing  Trend zur Integration zunächst vom Marketing aus •Marketingtheoretiker zu Beginn der neunziger Jahre: Konzept der Integrated Marketing Communications(IMC) •Von Seiten der Public Relations aus: interpretierte man dies als „marketingimperialistischen“ Ansatz und befürchtete, IMC würde die PR zu einer technischen Hilfsfunktion mit Blick auf bloße Product Publicity degradieren.    Wiederholung: Marketing •Marketing ist nach modernem Verständnis mehr als der marktnächste betriebliche Funktionsbereich „Absatz“ und damit funktional wie organisatorisch auch nicht auf eine Stellung analog beispielsweise zu solchen unternehmensinternen Voraussetzungen wie Technik, Finanzen, Betriebsmittel etc. zu reduzieren. •„Heute besteht weithin Einvernehmen darüber, den Begriff Marketing zu verwenden für ein bestimmtes Konzept der Unternehmensführung, das einen klaren Richtungswechsel im Denken und Planen von der Produktions‐zur Marktorientierung zur Grundlage hat, indem es in globaler Weise die Gegebenheiten des Marktes als die fundamentalen Eckdaten für die Steuerung und die Politik des Unternehmens in allen seinen Teilbereichen betrachtet.“ 

–(Pflaum/Pieper, S. 318)  

Mögliche Organisation eines integrierten Marketings  

 Quelle: Schweiger/Schrattenecker, S. 35    

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Gesellschaftsorient. Marketing (GOM) nach Wiedmann •wenig beachteter Ansatz aus den 1980er‐Jahren von Raffée/Wiedmann 

–1. Transaktionsmanagement = Austausch der Unternehmensleistungen gegen Geld –2. Reputations‐u. Beziehungsmanagement = Umgang mit Unterstützungspotenzialen –3. Kontextmanagement = Beeinflussung relevanter Rahmenbedingungen 

 

 Nach: Peter Szyszka, in: PR‐Magazin, 12/2003, S. 47.  •Drei Zielbereiche der Kommunikation: 

–1. Leistungsbezogene Kommunikation = Informations‐u. Anreizarbeit zur Annahme/Abgabe von Leistungen 

•Absatz‐/Produktwerbung, Lieferantenwerbung, Personalwerbung –2. Imagebezogene Kommunikation = Gewinnung von Unterstützungspotenzialen 

•Bekanntheit, Einstellungen, Verteidigung, Korrektur… –3. Kontextbezogene Kommunikation = Einflussnahme auf Rahmenbedingungen 

•interne Orientierung an gesellsch. Anforderungen, Antizipation des gesellsch. Wandels, Unterstützung in konkreten Fragen, Reduzierung der gesellsch. Anforderungen 

 1.2 Corporate Identity Trend zur Integration innerhalb CI‐Konzept •Eine Aufwertung auch aus Sicht der Marketing‐Strategen erfuhr PR durch den Aufschwung des Corporate‐Identity‐Konzepts in den 1980er‐Jahren. •„Sein Ziel ist es, durch die prägende Vereinheitlichung aller Verhaltensweisen, Erscheinungsformen und kommunikativen Äußerungen eines Unternehmens diesem nach innen wie nach außen ein unverwechselbares Gesicht, eben seine individuelle ‚Identität’ zu verleihen.“                       –(Pflaum/Pieper, S. 320) 

 CI‐Mix mit CCom 

 •Die Corporate Identity setzt sich aus verschiedenen Teilkomponenten zusammen (CI‐Mix), was in verschiedenen Lehrbüchern teilweise unterschiedlich dargestellt wird. Wir entschieden uns hier für eine übliche Systematisierung. –U.a. Pepels1994, S. 450; auch Reineke/Gollup/Schunk1997 

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Corporate, corporate, corporate! •Corporate Publishing •Corporate Wording •Corporate Speaking 

–Repräsentanz Expert. (Hg): Corporate Speaking. Auftritte des Spitzenmanagements. Positionierung, Exekutive Coaching, Dresscode. Bonn, Fribourg, Dover: InnoVatio, 2004. 

•Corporate Imagery –Entwicklung von starken u. einzigartigen Bilderwelten, unverkennbare Firmen‐Physiognomie (Dieter Herbst) 

 1.3 Reputation Management Image‐u. Reputationsmanagement nach Fombrun(1996) •Fombrun, der für ein konsequentes Reputation Management plädiert, empfiehlt die Etablierung eines Chief Reputation Officer–CRO –, der als Angehöriger des ranghöchsten Führungsgremiums / Vorstands die Verantwortung in Bezug auf Image und Reputation des Unternehmens in einer Hand vereinigt. •Aufgabe des CRO ist es, die Kommunikationsarbeit zu koordinieren und zu orchestrieren, um das „Reputationskapital“ der Organisation zu schützen und zu vermehren.  •Aus der Tatsache, dass PR in diesem Zusammenhang nur als eine der sechs Stabsabteilungen gesehen wird, lässt sich schlussfolgern, dass Fombrun von einem verkürzten Verständnis der Öffentlichkeitsarbeit als „Media Relations“/Presse‐und Medienarbeit ausgeht. •Tatsächlich deckt sich der Aufgabenbereich eines Chief Reputation Officer nach Fombrun mit Grunigs weiter gefasstem Verständnis von PR.  PR im Rahmen eines Reputation Management 

  2. Integrierte Gesamtkommunikation 2.1 Grundlagen Allgemeines •„Corporate Identity“ wurde in Deutschland spätestens ab Mitte der 1990er‐Jahre vom Paradigma der „Integrierten Kommunikation“ in den Hintergrund gedrängt.   –(u. a. Reineke/Weber 2001; Rolke2001). •Integrierte Gesamtkommunikation will materielle (Einsparung von Doppelarbeit) und immaterielle (Vermeidung von Widersprüchen und Unstimmigkeiten) Synergie‐Effekte zu erreichen. 

–(Merten 2000, S. 146‐151). 

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•Zielgrößen bilden die Unternehmensmarke (Corporate Brand/Image) bzw. die Produktmarke (Brand Image). „Die integrierte Gesamtkommunikation ist verantwortlich für die stetige Darstellung des Unternehmens im Prozess des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandels.“ 

–(Reineke/Weber 2001, S. 38) •Begriffe wie „Gesamtkommunikation“ oder „Corporate Communication(s)“können überwiegend als Synonyme von „Integrierter Kommunikation“ angesehen werden, wenngleich einige Autoren auch Unterschiede bemerken.                   –(z. B. Rolke2001, S. 169).   PR innerhalb integrierter Gesamtkommunikation •Public Relations (oder gelegentlich auch Subbereiche der PR wie Public Affairs etc.) gelten innerhalb der Integrierten Gesamtkommunikation als Teilmenge, die in der deutschsprachigen Literatur unterschiedlich kategorisiert wird: 

–„kategoriales Kommunikationsinstrument“ bei Bruhn 1992; –„Kommunikationsbereich“ bei Reineke/Gollub/Schunk1997; –„Disziplin“ bei Reineke/Weber 2001. 

•Häufig wird der PR innerhalb der integrierten Kommunikation auch eine besondere Bedeutung zugesprochen. „Betont wird vor allem ihre Planungsverantwortung und Koordinationsfunktion für die Unternehmenskommunikation.“            –(Zühlsdorf/Kötz1998, S. 36)  Wie vollzog sich die „Integration“ historisch? •1. Schritt: 

–Verschmelzung von interner Kommunikation (Organisationskommunikation) und externer Kommunikation (PR). Die entsprechenden Abteilungen in großen Unternehmen heißen meist übergreifend „Kommunikation“ oder „Corporate Communications“, nicht mehr „PR“. 

•2. Schritt: –für den es verschiedene Ansätze, aber noch kein voll überzeugendes Konzept gibt: Abstimmung zwischen Marktkommunikation und Unternehmenskommunikation(intern, extern). 

‐(Merten 2000, S. 147) Welche Integrationsleistungen erbringt Integrierte Gesamtkommunikation? •inhaltliche(gleiche Inhalte) und •funktionale(gemeinsame Ziele), 

–beide sowohl in •horizontaler(mehrere Instrumente in einer Zielgruppe) und •vertikaler (ein Instrument in mehreren Zielgruppen) Richtung. 

•formale(einheitliche Gestaltung aller Kommunikationsmaßnahmen hinsichtlich des äußeren  Erscheinungsbildes), 

•zeitliche (Widerspruchsfreiheit und gegenseitige Verstärkung verschiedener Kommunikationsaktivitäten  im Zeitverlauf)              –Bruhn 1992, S. 32ff.; Gentsch2001, S. 166 

 Formen der integrierten Kommunikation •Zusammenfassung nach Bruhn 1997, S. 100: 

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  Barrieren für integrierte Kommunikation  •Nach Bruhn 2000, S.14: 

  2.2 Wichtige Konzepte Betriebswirtschaftliche Sicht von Bruhn auf Unternehmenskomm. •Zwar bleibt bei Bruhn integrierte Unternehmenskommunikation letztlich marketingorientiert, Marketing wird aber eher als „Baukasten“ gesehen, der die Instrumente für die Kommunikation liefert. •Bruhn (1997, S. 130) nennt folgende Kommunikationsinstrumente: 

–Klassische Werbung –Verkaufsförderung –PR/Öffentlichkeitsarbeit –Messen/Ausstellungen –Direct Marketing –Event‐Marketing –Interne Kommunikation –Persönliche Kommunikation –Multimedia‐Kommunikation –Sponsoring 

 •Auf einer anderen Ebene unterteilt Bruhn (1992, S. 3f.) die Unternehmenskommunikation in drei Typen: 

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 •Integrierte Gesamtkommunikation schließt also trotz Marketingorientierung PR u. interne Kommunikation ein. •Volker Borraß, PR‐Report: „Inzwischen scheinen sich die PR‐Abteilungen gegenüber den Marketingfachleuten in Unternehmen zu emanzipieren. Welche Konsequenzen hat diese Gleichberechtigung für den Prozess der Integrierten Kommunikation?“ •Manfred Bruhn: „Meines Erachtens haben PR‐Abteilungen seit jeher eine strategische Bedeutung für die Kommunikationsarbeit von Unternehmen. 

–Eine Vernetzung ist aber auf Grund der unterschiedlichen Budgetverteilung in diesem Bereich besonders schwierig, da die PR‐Arbeit meist nicht aus markenbezogenen Etats unterstützt wird. Erfolgt die Integration auf der Ebene einzelner Marken, ist die Integration der PR‐Abteilung meist von nachrangiger Bedeutung. –Wird jedoch eine Integration sämtlicher Maßnahmen auf der Ebene der Gesamtkommunikation eines Unternehmens im Sinne von Corporate Communications angestrebt, so ist die Arbeit der PR‐Abteilung, die z. B. die Unternehmenswerbung oder Corporate Advertising umfassen, zwingend zu integrieren.“ (Bruhn 2000, S. 14)  

  Kommunikationswissenschaft Sicht von Grunig/ Grunig auf Kommunikationsmanagement •Obwohl es sich hierbei nicht explizit um ein Konzept integrierter Gesamtkommunikation handelt, kann es als solches verwendet werden, da es sehr breit angelegt ist. •Generell lässt sich durchaus formulieren: „Integrierte Kommunikation“ ist ein neuer Begriff für etwas, was fortschrittliche PR‐Manager und ‐Professoren immer schon meinten.  •1 Integration der Kommunikationsfunktion in die Unternehmensführung auf höchster Ebene: Dies geschieht entweder dadurch,  

–dass der oberste Kommunikationsverantwortliche entweder Mitglied der Unternehmensführung ist (sprich: er ist Vorstandsmitglied), –oder maßgeblichen Einfluss auf Entscheidungen der Unternehmensführung zu nehmen vermag (z.B. ein enges Vertrauensverhältnis zwischen Vorstandsvorsitzenden und PR‐Verantwortlichen). 

•2 Integration der Kommunikationsarbeit  

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–durch eine Person(der gegenüber alle mit Kommunikation befassten Bereiche verantwortlich sind und der einen übergreifenden Titel wie Senior Vice President for Corporate Communication trägt), –oder über eine Kommunikationsabteilung(der alle mit Kommunikation befassten Abteilungen „gehören“ und die über ein zusammengefasstes Kommunikationsbudget verfügt). 

•3 Hierarchische Gleichstellung der Public Relations mit anderen Unternehmensbereichen.  –Marketing und Public Relations bleiben voneinander getrennte Bereiche und auch als „Kulturen“ erhalten. –Einzig und allein die kommunikationsrelevanten Bereiche von Marketing und Verkauf –das, was gemeinhin als Marketing Communications–bezeichnet wird, werden der Kommunikationsabteilung übertragen. 

•4 Interne Organisation einer integrierten PR‐Abteilung: –Grunig et al. propagieren eine Lösung, bei der sich die Organisationsstruktur der PR‐Abteilung eines Unternehmens quasi spiegelbildlich am Geflecht der Bezugs‐und Anspruchsgruppen, in die das Unternehmen eingebunden ist, orientiert.  

  Kommunikationsmanagement nach Zerfaß •Zerfaß kombiniert wirtschafts‐und kommunikationswissenschaftliche Sichtweisen bzw. die Perspektiven der Unternehmensführung und der Gesellschaft. •Ausgangspunkt ist es für ihn, erfolgreiche Unternehmensstrategien zu formulieren und durchzusetzen. •Die Vielzahl divergierender Handlungen und Interessen müssen durch Kommunikationsprozesse abgestimmt werden. •Bereiche der Unternehmenskommunikation: 

 

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 •Organisatorisch wird die Integration vor allem durch überfunktionale Planungsteams umgesetzt. Die formalen Kommunikationsabteilungen bleiben bestehen.                  –(Zerfaß1996, S. 135) •Zerfaß vertritt somit bezüglich der für Integration notwendigen Organisationsstruktur eher eine weiche Linie, vor allem im Vergleich zu den Konzepten von Bruhn (...), indem er einer zentralistischen Struktur, in der sämtliche Kommunikationsfunktionen in einer Abteilung zusammengefasst sind, eher skeptisch gegenübersteht.“                        –(Kirchner 2001, S. 135)    Stufenweise Integration von Kirchner •Stellvertretend für verschiedene Stufenmodelle (u. a. Caywood/ Duncan; Caywood/ Clarke, Schultz / Schultz und Fortini‐Campell) hier das Fünf‐Stufen‐Modell von Kirchner (2001): 

 

  Konzept der Stakeholder Relations •Ausgehend von einem Wortspiel zwischen „stockholder“(Aktionär) und „stake“(Risiko, Gefahr) hat sich die Bezeichnung „stakeholder“ zwischenzeitlich eingebürgert. •„Der Stakeholder‐Ansatz betont, dass im Spannungsfeld konfliktärer gesellschaftlicher Interessenlagen unternehmenspolitische Entscheidungen erst auf Basis einer betriebs‐und problemspezifischen Stakeholder‐Analyse getroffen werden können.“ •Das gesellschaftliche Umfeld bestehe aus einer Reihe sehr heterogener Bezugsgruppen (oder eben: Stakeholder), einschließlich einer kritischen Öffentlichkeit.      –(Zühlsdorf/Kötz1998, S. 6f.) •Der Stakeholder‐Ansatz versucht, die Unterschiede zu überwinden, die schon in der „Denke“ zwischen Public Relations und Marketing bestehen. Wo die Marketingexperten mit Kunden und Märkten rechnen und Public‐Relations‐Praktiker von Beziehungen und Öffentlichkeiten sprechen, führt dieser Ansatz die 

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beiden konfligierenden Geisteshaltungen im übergeordneten Konzept der strategischen Bezugs‐oder Anspruchsgruppe (Stakeholder) zusammen. •Das Konzept des Stakeholders umfasst alle Personen oder Personengruppen, die Unternehmensziele beeinträchtigen oder gefährden können bzw. durch Unternehmensziele beeinträchtigt oder gefährdet werden können.                           –(vgl. Gronstedt1996, S. 292)  Stakeholder eines Unternehmens (Tortenmodell) 

 Empfehlungen von Hunter •1. Co‐ordination and co‐operation between public relations and marketing. •2. Public relations and marketing are perceived as equally important by members of the organisation, especially by top management, regardless of their organizational relationship. •3. Marketing communication is moved from the marketing department to the public relations department that from now on will be known as communications department. The communications department will consist of three subdivisions: marketing communications, corporate communications, and internal communications. •4. Communications and marketing are placed on a hierarchical level immediately below the CEO, and both functions have their senior officer in the dominant coalition.  –Fortsetzung nächste Folie; Hunter 1997, S. 176 •5. Integration of the communications functions as proposed by  –stage seven of the Duncan/Caywoodmodel (1996), 

•Nicht nur die Kommunikationsfunktionen untereinander sind hundertprozentig integriert, die Integration findet auch auf gesamtorganisatorischer Ebene statt –die Kommunikationsfunktionen sind völlig in die Entscheidungsfindung auf höchster Ebene eingebunden.  

–Gronstedt’s stakeholder relations model (1996)  –and  J.Grunig’s view  on integration (1995).  

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  Zusammenfassung: Integrierte Kommunikation •Konzepte integrierter Kommunikation stellen die modernste Form des Nachdenkens über Unternehmenskommunikation dar •Integration kann verschiedene Stufen beziehungsweise Qualitäten annehmen •in der Regel finden in diesen Konzepten sowohl PR als auch Marketing ihren Platz •es lassen sich sowohl eher marketingorientierte Konzepte (integrierte Marketing‐Kommunikation) als auch eher kommunikationswissenschaftliche, PR‐orientierte Konzepte finden •die PR‐orientierten befürworten eine Integration aller Kommunikation, auch der so genannten Marketing‐Kommunikation, in einer integrierten Kommunikationsabteilung, indem die Marketing‐Kommunikation aus der eigentlichen Marketingabteilung herausgelöst wird. Die eigentliche Marketingabteilung bleibt dabei unabhängig von der integrierten Kommunikationsabteilung bestehen •die Konzepte setzen in der Regel auf eine flexible, matrixartige Binnenstruktur als auch Zusammenarbeit mit verwandten Abteilungen (beispielsweise der Marketing‐Kommunikation mit dem Marketing) •als sehr wichtig werden die Verankerung der Kommunikationsfunktion in der Unternehmensleitung sowie die Integrationskraft starker Persönlichkeiten angesehen 

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PR und Marketing 

1.1 Status quo: organisatorisch (Organisatorisches Verhältnis von PR und Marketing im Unternehmen)  Organisatorisches Verhältnis zwischen ‐ PR/Org.komm. und Marketing 

 Wie ist PR im Bezug auf das Marketing angesiedelt? (Angaben in Prozent) 

 1.2 Status quo: Bedeutungszuweisung Studie „Produkt‐ und Unternehmenskommunikation im Umbruch“ (Rolke 2003): 2002: Intensivbefragung von 388 Leitern aus Marketing,  PR und Integrierter Kommunikation der 1.200 umsatzstärksten Unternehmen in Deutschland  Produkt‐ und Unternehmenskommunikation im Umbruch • Weitere inhaltliche Hauptergebnisse: – Produkt‐ und Unternehmenskommunikation unter Druck, Neujustierung erforderlich, klassische Werbung wird weiter an Bedeutung verlieren – Presse‐ und Öffentlichkeitsarbeit übernimmt zunehmend auch Aufgaben der Marketingkommunikation, Rolle von Produkt‐PR im Marketing nimmt zu – 48 Prozent aller PR‐Aktivitäten fallen unter die Rubrik Produkt‐PR, Corporate‐PR macht durchschnittlich 52 Prozent aus – bessere Verzahnung von Marketing und PR erforderlich = entscheidender Erfolgsschlüssel  

2 Public Relations / Öffentlichkeitsarbeit Grundverständnis 

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PR als Kommunikations‐Management mit bestimmten Funktionen • „Öffentlichkeitsarbeit oder Public Relations sind das Management von Informations‐ und Kommunikationsprozessen zwischen Organisationen einerseits und ihren internen oder externen Umwelten (Teilöffentlichkeiten) andererseits. • Funktionen von PR sind Information, Kommunikation, Persuasion, Imagegestaltung, kontinuierlicher Vertrauenserwerb, Konfliktmanagement und das Herstellen von gesellschaftlichem Konsens.“ – Günter Bentele 1997, 1998ff.  PR schafft für eine Organisation Handlungsspielraum • „Öffentlichkeitsarbeit will den – politischen, – wirtschaftlichen und – sozialen Handlungsspielraum einer Organisation im Prozess öffentlicher Meinungsbildung schaffen und sichern. • Dabei besteht ihre Aufgabe darin, – Identität, Zielsetzungen und Interessen einer Organisation sowie deren – Tätigkeiten und Verhaltensweisen nach innen und außen zu vermitteln (...)“ • Deutsche Akademie für Public Relations (DAPR) 1991  Berufsfeldstudie Bentele/Seidenglanz 2005: Mitglieder des Pressesprecherverbandes Welche Bedeutung haben diese Ziele für die PR/OK Ihrer Organisation? 

  

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PR in Abgrenzung zur Werbung (nach Albert Oeckl) 

 PR hat aber auch verschiedene Spielarten... • neben der gesellschaftsorientierten, öffentlichkeitsorientierten PR auch absatzorientierte PR • neben den (Corporate) Public Relations auch die Product Public Relations (Produkt‐PR)  

3.1 Traditionelles Marketing Traditionelles Marketing • „Marketing ist die Planung, Organisationen, Durchführung und Kontrolle sämtlicher Unternehmensaktivitäten, die durch eine Ausrichtung des Leistungsprogramms am Kundennutzen darauf abzielen, absatzmarktorientierte Unternehmensziele zu erreichen.“ – Bruhn, Manfred: Marketing. Grundlagen für Studium u. Praxis. 1990. S. 13  Übliches Marketing‐Mix "Politik"‐Bereiche im Marketing (Marketing‐Mix) 

 Instrumente der Kommunikationspolitik: Überblick I (weitgehend überholte Auffassung) Klassische versus Nicht‐Klassische Werbemittel (nach Pepels: KM. 1994, S. 232) 

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 Also: Öffentlichkeitsarbeit/PR als Subform der Werbung • Aus dieser weitgehend überholten Auffassung des Marketing‐Mixes folgt eine sehr eingeschränkte, strikt marketing‐instrumentalisierte Sicht auf ÖA/PR. • ÖA/PR als Unter‐ bzw. Sonderform der Werbung • „Umgehungscharakter“ der ÖA/PR (Pepels), weil sie indirekt wirke • ÖA/PR als besonders raffinierte, aber auch nicht unbedingt notwendige Form der Werbung • ÖA/PR als kostengünstigere Werbung etc.  Daraus folgt Einbindung der PR in Organigramm: 

  Instrumente nach Manfred Bruhn: Marketing... 

  Also: ÖA/PR der Werbung nebengeordnet • ... aber eingeordnet in die Kommunikationspolitik des Marketings. 

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• Breite und Umfang der ÖA/PR wird in verschiedenen Marketing‐Konzepten teilweise unterschiedlich gesehen • ebenso kann die Gliederung der anderen Instrumente variieren  Daraus folgt Einbindung der PR in Organigramm: 

  

3.2 Modernes Marketing Ursachen für Veränderungen im Marketingverständnis • in den 1970ern und 1980ern Übertragung des Marketing auf nicht‐kommerzielle Organisationen sowie den Dienstleistungssektor • spätestens in den 1990er‐Jahren zunehmender Einfluss von: – ökologischen Faktoren (Umweltschutz) – politischen Entwicklungen (europäischer Binnenmarkt) – technologischen Tendenzen (Technologiedynamik) – gesellschaftlichen Veränderungen (Wertewandel) • Unternehmen müssen diese Entwicklungen ihres Unternehmensumfeldes zunehmend berücksichtigen • Bruhn, Manfred: Marketing, S. 15f.  Modernes Marketing • nicht mehr nur Strategie zur optimalen Erfüllung der Ziele eines Unternehmens am Markt; • umfasst nicht mehr nur sämtliche Maßnahmen, die auf Verkauf, Vertrieb und Verteilung von Gütern und Dienstleistungen gerichtet sind, • sondern: ist auch auf die Sicherung der Unternehmensexistenz in Zukunft gerichtet  • Wandel des Marketing von einer Unternehmensphilosophie marktorientierten, absatzsteigernden Handelns hin • zu einer allgemeinen „Sozialtechnik“ (Meffert) eines Unternehmens, die nicht nur das wirtschaftliche, sondern auch das gesellschaftliche Leben, nicht nur die Konsumenten, sondern alle Anspruchsgruppen in den Blick nimmt  Exkurs: Gesellschaftsorient. Marketing (GOM) nach Wiedmann • wenig beachteter Ansatz aus den 1980er‐Jahren von Raffée/Wiedmann – 1. Transaktionsmanagement = Austausch der Unternehmensleistungen gegen Geld – 2. Reputations‐ u. Beziehungsmanagement = Umgang mit Unterstützungspotenzialen – 3. Kontextmanagement = Beeinflussung relevanter Rahmenbedingungen  

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 • Drei Zielbereiche der Kommunikation: – 1. Leistungsbezogene Kommunikation = Informations‐ u. Anreizarbeit zur Annahme/Abgabe von Leistungen • Absatz‐/Produktwerbung, Lieferantenwerbung, Personalwerbung – 2. Imagebezogene Kommunikation = Gewinnung von Unterstützungspotenzialen • Bekanntheit, Einstellungen, Verteidigung, Korrektur… – 3. Kontextbezogene Kommunikation = Einflussnahme auf Rahmenbedingungen • interne Orientierung an gesellsch. Anforderungen, Antizipation des gesellsch. Wandels, Unterstützung in konkreten Fragen, Reduzierung der gesellsch. Anforderungen  Modernes Marketing und PR • im Zuge der Ausweitung des Marketingverständnisses erhöhte sich auch die Aufmerksamkeit für ÖA/PR • immer mehr wurde in Wirtschaftswissenschaft und fortschrittlicher Marketingpraxis erkannt, dass v.a. ÖA/PR wesentlich mehr als reine, traditionelle Marketing‐Aufgaben umfassen • Trend zu einer Emanzipation der ÖA/PR aus dem Marketing hin zu einer eigenständigen Unternehmensfunktion  Nebenordnung von Marketing und ÖA/PR • Günter Haedrich erkannte als einer der ersten Wirtschaftswissenschaftler, dass ein Unternehmen in zwei verschiedenen Umwelten agiert: in Markt und Gesellschaft. • Sein Konzept (1980er/Anfang 1990er) bildet einen integrativen Ansatz, der Marketing und Public Relations unter dem Dach einer strategischen Unternehmensplanung vereint und zu gleichberechtigten Führungsinstrumenten macht. • „Öffentlichkeitsarbeit ist – kein Marketinginstrument, gleichzusetzen beispielsweise mit den übrigen Kommunikationsinstrumenten des Absatzmarketing, – sondern ist zentrales Kommunikationsmedium einer (...) Unternehmenspolitik, • die den Dialog mit allen relevanten Interessengruppen und den internen Dialog fördert und • auf diesem Wege dazu hilft, die unternehmerischen Ziele in Abstimmung mit den beteiligten Interessengruppen bestmöglich zu realisieren.“ – Günther Haedrich  Daraus folgt Einbindung der PR in Organigramm: 

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  Überordnung der PR über das Marketing? • „(...) auf Grund einer zunehmenden Verflechtung der Ansprüche aus dem marktlichen und sozio‐politischen Umfeld wird die Notwendigkeit einer Integration der Marketing‐ und PR‐Planung deutlich.“ – Haedrich/Jenner u. a. 1995, S. 615f. • Innerhalb dieser Diskussionen wurden auf beiden Seiten Ängste gegenüber einem „Imperialismus der jeweils anderen Funktion“ geschürt. – Kirchner 2001, S. 166.  Daraus folgt Einbindung der PR in Organigramm: 

  „Unternehmens‐Kommunikation“ etc. • Aufbauend auf diesen fortschrittlichen Verständnissen von einem gleichberechtigten Verhältnis zwischen Marketing und PR... • ...bildeten sich schließlich verstärkt ab etwa Mitte der 1990er Jahre eigenständige Ansätze, die den Rahmen der Denkmodelle „Marketing“ und „PR“ sprengten bzw. mit anderen Begriffen operierten. • Die „Unternehmenskommunikation“, die „ganzheitliche bzw. integrierte Kommunikation“ etc. ist ein eigenes interessantes Thema…  Daraus folgt Einbindung in Organigramm: 

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4 Systematisierung der Verhältnisse von Marketing und PR nach Kotler / Mindak 1978/1992 und Hallahan 1992 Marketing und PR in der Organisation, Varianten a) und b) 

 • Equal, but overlapping functions: Public Relations und Marketing sind voneinander getrennte Funktionen mit ähnlichem Stellenwert in der Organisation, in bestimmten Bereichen überlappen sich ihre Aufgabengebiete allerdings. – Dies gilt insbesondere mit Blick auf Product Publicity und Customer Relations. – Zusätzlich trägt die PR‐Funktion Sorge dafür, dass das Marketing in gesellschaftlich verantwortlicher Art und Weise geschieht (sog. „Watchdog“‐ Funktion der PR). • Separate, but equal functions: Public Relations und Marketing sind voneinander getrennte Funktionen mit unterschiedlichen Perspektiven, Möglichkeiten und Aufgaben.  Varianten c), d) u. e) 

 • Marketing as the dominant function/”Megamarketing”: Die Denkweise des Marketing ist dominant. Nicht nur Beziehungen zu Kunden, sondern Beziehungen zu allen Bezugs und Anspruchsgruppen des Unternehmens werden der Denkweise des Marketings unterworfen. • PR as the dominant function: Das Unternehmen geht davon aus, dass gute, stabile Beziehungen (relationships) zu strategischen Anspruchsgruppen das entscheidende Konzept sind. Gute, stabile Beziehungen zu Kunden aufzubauen und zu erhalten ist dabei die Aufgabe, auf die sich das Marketing spezialisiert hat. • Marketing and PR as the same function: Public Relations und Marketing konvergieren sowohl konzeptuell als auch von ihren Methoden her. Es existiert nur eine integrierte Abteilung. Die Abteilung ist für alle Beziehungen der Organisation, nach außen wie nach innen, verantwortlich. 

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Modelle 

  Empfehlungen • Hallahan geht davon aus, dass das kombinierte Modell (Modell No. 6, Combined) maximale Effizienz verspricht. Der entscheidende Vorzug der präferierten Konstellation liegt nach Hallahan dabei darin begründet, dass Marketing und Public Relations gegenüber der obersten Unternehmensführung mit einer Stimme auftreten. (Hallahan 1992, S. 12f.) • Eine Verschmelzung beider Abteilungen jedoch unter der Bezeichnung Marketing erscheint nicht sinnvoll, „weil die Kommunikation mit bestimmten Bezugsgruppen, in bestimmten Situationen, wie zum Beispiel während einer Krise, aus Glaubwürdigkeitsgründen nicht unter dem Deckmantel des Marketings geführt werden kann und Marketing dafür auch keine Strategien und Instrumente entwickelt hat.“ • Kirchner (2001, S. 166) meint jedoch weiterhin: „Eine Koordination sämtlicher Kommunikationsfunktionen (inklusive Marketing‐Kommunikation) sollte jedoch in einer Abteilung für integrierte Unternehmenskommunikation vorgenommen werden (…)“  Integrierte Kommunikationsabteilung nach Grunig / Grunig 

 

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nach Hunter 

  Empfehlungen • Grunig (beispielsweise in Grunig/Grunig 1991) und Broom/Lauzen/Tucker (1991) wiesen – einerseits auf das Erfordernis hin, dass Marketing und PR eng kooperieren müssen, – andererseits aber die Aufgaben klar abgegrenzt sein sollen. • Die Gefahr, die bei einer Integration von Marketing und PR besteht, ist unter anderen auch, dass grundverschiedene „Denkweisen“ vermengt werden, wobei die eine Denkweise die andere über kurz oder lang assimiliert. • Welche Kommunikationsphilosophie sich als die dominantere Denkweise durchsetzt, dürfte dabei im wesentlichen von der vorherrschenden Unternehmenskultur abhängen. – Pettegrew verweist z. B. auf sehr stark marketing lastige Unternehmen wie NIKE und Procter & Gamble, die Marketing Communications in beispielhafter Art und Weise integriert haben, darüber aber Mitarbeiterkommunikation und generell ihr Reputation Management vernachlässigten. – Dass der Ruf der Unternehmen darunter gelitten habe, bewiesen z.B. die Vorwürfe, die gegenüber NIKE mit Blick auf Kinderarbeit in Asien erhoben wurden (Pettegrew 2000/2001, S. 33).   

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Einführung in die Theorie und Praxis Theorien, allgemeine PR‐Theorien und einige PR‐Theorien mittlerer Reichweite 

1. Theoretisches Grundlagenwissen Zitate: „Grau, teurer Freund, ist alle Theorie // Und grün des Lebens goldnen Baum“(Johann Wolfgang von Goethe, Faust I, 2038 f. / Mephistopheles) "Es gibt nichts Praktischeres als eine gute Theorie“–Kurt Lewin „Grau ist alle Theorie, und graumeliert sind ihre Verkünder“(Gerhard Kocher) "Immer wenn dir eine Theorie als die wirklich einzig mögliche erscheint, nimm das als Zeichen, dass du weder die Theorie noch das zu lösende Problem verstanden hast." –Karl Raimund Popper, Objektive Erkenntnis. Ein evolutionärer Entwurf, Die Evolution und der Baum der Erkenntnis  "Jede theoretische Erklärung ist eine Reduzierung der Intuition." –Peter Hoeg, Fräulein Smillas Gespür für Schnee  

 

1.1 Was ist eine Theorie? Was ist eine Theorie?  •Der Begriff „Theorie“ kommt etymologisch aus dem Griechischen: „theorein“= (an)schauen, betrachten, erwägen  •theoría: das Anschauen, Überlegung, Erkenntnis, die wissenschaftliche Betrachtung) bezeichnete ursprünglich die Betrachtung der Wahrheit durch reines Denken, unabhängig von ihrer Realisierung. Definition:„Eine wissenschaftliche Theorie ist ein System von Aussagen oder Sätzen, das in gewissem Umfang der Zusammenfassung, Beschreibung, Erklärung und Vorhersage von Phänomenen dient.“ 

Quelle: Brockhaus Deutsche Enzyklopädie (1993), Bd. 22, S. 841 GrundlagenEine wiss. Theorie entwirft ein Bild bzw. ein Modell der Wirklichkeit. Weil sie Aussagen über den Lauf der Welt trifft, ist sie auch immer eine Prognose, die per Experiment zur Rechenschaft gezogen werden kann. Das Ergebnis des Experimentes bestätigt (verifiziert) oder widerlegt (falsifiziert) eine Theorie. Theoretisch widerlegbare Annahmen, die noch nicht experimentell entschieden sind, sind Hypothesen. Theorien, deren Entscheidung nach heutigem Wissensstand absehbar nicht möglich ist, aber potentiell möglich wäre, bezeichnet man als spekulativ und ordnet sie den Parawissenschaften zu. Theorien, die etwas über die Welt aussagen, ohne ein Experiment anzubieten, das sie gegebenenfalls widerlegt –also keinerlei Aussagen ihrer Entscheidbarkeit beinhalten –sind nicht Teil der Wissen‐schaften: Sie können dann entweder den Pseudowissen‐schaften, der Religion oder der Esoterik zugeordnet werden.  

Funktionen von Theorien:  •systematische Beschreibung(Beispiel: Mediensystem einer Gesellschaft)  •Erklärung(Beispiel: wie kam es (historisch) dazu, welche gesellschaftliche Funktionen hat das System, welche Auswirkungen, etc.)  •Prognose(Beispiel: wie wird es sich weiterentwickeln) 

Theorietypen der Public Relations: Kriterium:   Herkunft (Überprüfbarkeit) 

•Alltagstheorien •Berufstheorien (Praktikertheorien) •Wissenschaftliche Theorien 

Kriterium:   Reichweite •Theorien globaler Reichweite •Theorien mittlerer Reichweite 

Kriterium:   Disziplinäre Herkunft 

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Soziologie •gesellschaftsorientierte Sichtweise      Kommunikationswissenschaft  •organisations‐theoretische Sichtweise     Wirtschaftswissenschaft 

Kriterium:   unterschiedliche Wissenschaftsparadigmen •deskriptive und typologische Ansätze (u.a. Bernays, Grunig, viele andere) •kybernetische Ansätze (Cutlip/Center/ Broom;  •systemtheoretische Ansätze (Ronneberger/Rühl)  •handlungstheoretische Ansätze (z.B. Burkart) •kombinierte handlungs‐und systemtheoretische Ansätze (Jarren, Jarren/Röttger)  •konstruktivistischer Ansatz (Merten) •rekonstruktiver Ansatz (Bentele) •Deskriptiv‐analytische Ansätze  •Normative Ansätze1 

 

1.2 Alltagstheorien •Alltagserfahrungen/‐beobachtungen werden systematisiert und zu Theoremen/Theorien verdichtet. Alltagstheorien sind in allen Lebensbereichen wirksam und beeinflussen z. B. das Wahlverhalten, die Haltung gegenüber Ausländern oder Minderheiten, die Freizeitgestaltung, die Art und Weise, wie man Werte in der Öffentlichkeit vertritt oder die Einstellung zu Medien (oder Public Relations). A. sind für das Erkennen von Welt und für das Überleben im Alltag notwendig •A. basieren auf Erfahrungswissen, werden aber nicht systematisch empirisch überprüft •Beispiele aus dem Kommunikationsbereich: Zeitungen lügen, Fernsehen gibt die Wirklichkeit so wieder, wie sie ist, Nachrichten berichten die Wahrheit, Videospiele sind schuld an der Gewalt von Jugendlichen. 

 

1.3 Praktikertheorien •a) normative Theorien (Howto do itbest) oder •b) operationale Theorien  •basieren auf systematisierten Berufserfahrungen •nicht systematisch testbar •Beispiele für a): Nachrichten müssen wahr und objektiv sein; PR muss dialogisch sein; etc. •Beispiele für b) Selektionsregeln bzw. Nachrichtenfaktoren; wie unterhält man das Publikum, wie produziert/gestaltet man effektive Werbung, etc. 

 

1.4 (Sozial­)wissenschaftliche Theorien •ein System aufeinander bezogener Aussagen über einen bestimmten Ausschnitt der Wirklichkeit •Sie sollen weiter Angaben über die Voraussetzungen und Randbedingungen, unter denen die Aussagen gelten sollen, enthalten  •Sozialwissenschaftliche Theorien müssen (wie alle wissenschaftlichen T.) konsistent (widerspruchsfrei) sein und durch die Erfahrungswirklichkeit überprüfbar sein, also empirische Testbarkeit/Überprüfbarkeit der Theorien über Hypothesenbildung und deren Überprüfung  •Weiterentwicklung und Differenzierung der Theorien •Theorien „mittlerer Reichweite“ 

 

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2.Wissenschaftliche PR­Theorien 2.1 PR­Theorien globaler Reichweite Theorieentwurf von Ronneberger/Rühl(1992) 

•PR‐Wissenschaft: Aufgabe der PR‐Wissenschaft und PR‐Theorie: PR‐Wirklichkeit der Praxis zum Untersuchungsproblem zu machen •Von der PR‐Kunde zu einer interdisziplinären PR‐Theorie (Kommunikationswissenschaft, Soziologie und Sozialpsychologie, Wirtschaftswissenschaft, insbesondere Marketinglehre; Politikwissenschaft, Sprachwissen‐schaften) •PR‐Geschichte:„Emergenz“ der Public Relations mit Entstehung der Industriegesellschaften •Öffentliche Aufmerksamkeit, Wettbewerbsprinzip und öffentliche Kommunikation als drei konstitutive Prinzipien der Public Relations PR als gesellschaftliches Teilsystem: •Public Relations wird als eigenes Teilsystem des gesellschaftlichen Teilsystems öffentliche Kommunikation (Publizistik) konzipiert; das allerdings ‐verglichen mit dem Journalismus ‐noch eine geringere Eigenkomplexität aufweist. 

Unterscheidung in drei Ebenen: •Makroebene: Verhältnis der PR zur Gesamtgesellschaft; PR‐Funktion •Mesoebene: Verhältnis der PR zu gesellschaftlichen Funktionssystemen (Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Recht, Familie, Recht, Freizeit, etc.); All diese Beziehungen vollziehen sich über PR‐Märkte und werden Sache von PR‐Leistungen •Mikroebene: inner‐und interorganisatorische Beziehungen; steuern innerorganisatorisch hergestellte Entscheidungsprogramme und werden so konkrete PR‐Aufgaben. 

„Die Funktion, deretwegen PR/ÖA gesellschaftlich ausdifferenziert ist, liegt in autonom entwickelten Entscheidungsstandards zur Herstellung und Bereitstellung durchsetzungsfähiger Themen(effectivetopicsoder effectiveissues), die ‐mehr oder weniger ‐mit anderen Themen in der öffentlichen Kommunikation um Aufmerksamkeit konkurrieren. Die besondere gesellschaftliche Wirkungsabsicht von Public Relations ist es, durch Anschlusshandeln, genauer durch Anschlusskommunikation und Anschlussinteraktion öffentliche Interessen(Gemeinwohl) und das soziale Vertrauen der Öffentlichkeit zu stärken ‐zumindest das Auseinanderdriften von Partikularinteressen zu steuern und das Entstehen von Misstrauen zu verhindern.“          Quelle: Ronneberger/Rühl, 1992: 252.1 

 

2.2 PR­Theorien mittlerer Reichweite Übersicht PR‐Theorien mittlerer Reichweite: 

•(Organisationsbezogene) Systemtheorien der PR •Vier‐Typen‐Modell (Grunig) und Weiterentwicklungen 

I. Fortsetzung 6. Sitzung: •Theorie der situativenTeilöffentlichkeiten (Grunig) •Verständigungsorientierte Öffentlichkeitsarbeit (Burkart) •Determinationsthese (Baernsu.a.) •Intereffikationsansatz (Benteleu.a.) 

II. Fortsetzung 7. Sitzung: •Rekonstruktiver Ansatz •Theorie öffentlichen Vertrauens und Diskrepanzhypo‐these(Bentele) 

Systemtheoretische Ansätze 

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 Vier‐Typen‐Model (James E. Grunig) 

 

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  Vorgehensweise          Erläuterung *Reines asymmetrisches Modell      Kommunikation kommt zum Einsatz, damit die                Kerngruppe dominiert und die Position der internen                Führungsschicht akzeptiert wird. *Reines Kooperationsmodell        Kommunikation kommt zum Einsatz, um die  

Kerngruppe davon zu überzeugen, dass den Interessen der Bezugsgruppe nachzugeben ist. 

*Zweiseitiges Modell   Kommunikation dient dazu, die Bezugsgruppe, die interne Führungsschicht oder beide in eine akzeptable Win‐Win‐Zone zu manövrieren.  

 

3. Zusammenfassung •Theorien haben die Funktion Phänomene systematisch zu beschreiben, zu erklären und zu prognostizieren. •Unterscheidung: Alltagstheorien(systematisiertes Alltagswissen), Berufs‐bzw. Praktikertheorien (normative und/ oder operationale Theorien basierend auf Berufserfahrungen) und wissenschaftliche Theorien (empirisch überprüfte Erkenntnisse). •Kriterien von Theorien: Überprüfbarkeit, Reichweite, disziplinäre Herkunft.  

Theorien globaler Reichweite: •Theorieentwurf von Ronneberger/Rühl: PR wird als soziales Teilsystem der Publizistik konzipiert; Unterscheidung in Makro‐(PR‐Funktion), Meso‐(PR‐Leistungen) und Mikroebene (PR‐Aufgaben). 

 

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Theorien mittlerer Reichweite:  •Systemtheoretische Ansätze/Kybernetische PR‐Modelle: Organisationen werden als offene Systeme betrachtet, PR managt/steuert –durch Anpassung –Konflikte und baut Beziehungen zu Teilöffentlichkeiten auf. •Vier‐Typen‐Modell: beschreibt die evolutionäre Entw. der ÖA in den USA, die vier Modelle stellen situative Kommunikationskonzepte dar, Organisationen neigen dazu, mehrere Modelle gleichzeitig anzuwenden. •Zweiseitiges Modell exzellenter PR: Interessenkonfliktzwischen Organisation und Bezugsgruppe, Konfliktlösung wichtiges Ziel von PR, PR‐Praktiker sind Vermittler, Annäherung beider Interessen in einer „Win‐Win‐Zone“. Bewertung: realistisches Modell. 

 

Theorie situativerTeilöffentlichkeiten (Grunig) 

Begriff der Teilöffentlichkeit (TÖ): •PR‐theoretischer Fachbegriff, engl.„a public“ bezeichnet eine Gruppe von Menschen •Die Öffentlichkeit allgemein „the general public“ gibt es in dieser Theorie nicht: „publics are always specific“ 

Definition:  •TÖ beschreibt eine Gruppe von Menschen, die  a)einem ähnlichen Problem gegenüberstehen,  b)erkennen, dass dieses Problem besteht und  c)sich organisieren, um mit diesem Problem umzugehen. 

Typen von Teilöffentlichkeiten (TÖ): •Nicht‐TÖ: kein Problem •Latente TÖ: Problem vorhanden, aber noch nicht erkannt •Bewusste TÖ: Problem wird als solches erkannt •Aktive TÖ: Selbstorganisation beginnt •Aktivistische TÖ: Streben die Aktivierung der bewussten und aktiven TÖ an, um diese zur Durchsetzung ihrer Ziele zu mobilisieren 

 •Teilöffentlichkeiten entstehen durch Konsequenzen, die Verhalten einer Gruppe von Menschen auf die Organisation bzw. die Verhalten einer Organisation auf eine Gruppe von Menschen hat. •Der Aktivitätsgrad von Teilöffentlichkeiten wird durch: Themen, Kommunikation, Problembewusstsein, Betroffenheits‐grad, Reaktionsempfinden und Aktive/Passive Informationssuche beeinflusst. 

Bedeutung des Models: •Aufgabe der PR: Frühzeitiges Erkennen von Konsequenzen und einem der TÖ entsprechenden, situationsspezifischen Kommunikationsmanagement •Nützliche Anknüpfungspunkte für weitere Systematisierungs‐versuche 

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•Führt „Teilöffentlichkeit“ als einen PR‐Begriff ein (Alternativbegriff: Zielgruppe)  

Verständigungsorientierte ÖA (Burkart u.a.) 

Theoretische Grundlage: Theorie des kommunikativen Handeln nach Habermas (1981) Zentrale Begriffe 

•Kommunikative Kompetenz: Fähigkeit des Sprechers sprachlich wohlgeformte Ausdrücke und Sätze zu bilden •Verständigung: Herbeiführung eines Einverständnisses, welches auf wechselseitigem Verstehen, geteiltem Wissen, gegenseitigem Vertrauen und miteinander Übereinstimmen basiert •Universale Geltungsansprüche(Verständlichkeit, Wahrheit, Wahrhaftigkeit, Richtigkeit) •Diskurs: problematisch gewordene Einverständnisse (Geltungsansprüche) durch Begründung wieder herzustellen •Ideale Sprechsituation: weder äußere Zwänge auf den Kommunikationspartner noch innere Zwänge der Kommunikationsstruktur behindern die Sprechhandlung1 

Voraussetzung für mögliche Verständigung: •Kommunikationspartner, die mit ihrer Sprechhandlung an einem Verständigungsprozess teilnehmen wollen •Kommunikative Kompetenz •Reziproke Anerkennung der universalen Geltungsansprüche •Vorwegnahme einer idealen Sprechsituation1 

Ansatz der Verständigungsorientierten ÖA: •Risikogesellschaft, d.h. in der modernen Gesellschaft werden neben Reichtümer zunehmend Risiken produziert •Konfliktgesellschaft; Wandel der Vorstellungen über Mitsprache und Mitgestaltungsmöglichkeiten in demokratisch organisierten Gesellschaften •Normativer Anspruch: PR hat sich in Risiko‐und Konfliktgesellschaften an den Grundlagen der Verständigung zu orientieren;  •Bewertung/Kritik: Normative Theorie in mehrfacher Hinsicht; schmale empirische Basis: bislang nur an einem einzigen Beispiel dargestellt 

    

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 Determinationsthese (Baerns) 

Studien von Barbara Baerns •Ausgangspunkt: Konsonanz in medialer Berichterstattung –Widerspruch zur Berufsrolle Journalist in einem unabhängigen Mediensystem •Zentrale Fragestellung: Inwieweit wird die Informationsleistung tagesaktueller Medien von Öffentlichkeitsarbeit determiniert? •Studien 1979 und 1985 durchgeführt bzw. publiziert •Methode: Input‐Output‐Analyse; Inhaltsanalyse 

Zwei wichtige Ergebnisse:  •„…in den Einzelleistungen der Medien, seien es Primär‐oder Sekundärmedien, Druck‐oder Funkmedien, (...) sich konstant hohe Anteile von Beiträgen [zeigten], die auf Öffentlichkeitsarbeit basieren. Öffentlichkeitsarbeit dominierte nicht nur journalistische Recherche, sondern alle Quellentypen (...)“(Baerns1991, 87) •Öffentlichkeitsarbeit habe damit sowohl die Themen der Medienberichterstattung als auch das Timing unter Kontrolle (Baerns1991, 98). 

 Public Relations      Journalismus  

These wird aus empirischem Ergebnis abgeleitet, mit dem gezeigt werden konnte, dass etwa 2/3 der Berichterstattung auf Quellen der Öffentlichkeitsarbeit zurück gehen.  

Öffentlichkeitsarbeit hat damit sowohl die Themen der Medienberichterstattung als auch das Timing unter Kontrolle. 

Kritik an den Studien von Babara Baerns •Studien untersuchen nur den Einfluss des PR‐Systems auf den Journalismus, obwohl es auch Einflussfaktoren seitens des Mediensystems auf die PR gibt •Das heterogene Funktionssystem Journalismus kann heute kaum generalisierend als der Journalismus bezeichnet werden •Determinationshypothese wird nicht problemgerecht im Kontext anderer intervenierender Variablen (Medientyp, Medienarbeitsfeld, Medienakteur etc. interpretiert1 

   

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Intereffikationsmodell (Bentele/Liebert/Seeling) 

 Zentrale Begriffe: 

•Intereffikation: kommt von lat. efficare, etwas ermöglichen,  •jede Leistung der einen Seite ermöglicht die Leistung der anderen Seite •Induktionen: intendierte, gerichtete Kommunikationsleistungen •Adaptionen: kommunikatives, organisatorisches Anpassungshandeln, um den eigenen Erfolg zu steigern 

 Das PR‐System: 

•Induktionsleistungen: Themensetzung, Themengenerierung, Timing, Bewertung von Sachverhalten/Ereignissen/Personen •Adaptionsleistungen: Anpassung an zeitlich, sachliche und soziale Regeln und Routinen des Journalismus 

Das journalistische System: •Induktionsleistungen: Selektion von Informationsangeboten, Platzierung und Gewichtung, Journalistische Eigenbewertung, Veränderung der Information (Nachrecherche) •Adaptionsleistungen: Orientierung an organisatorischen, sachlichen, thematischen und zeitlichen Vorgaben des PR‐Systems 

Einschätzung heute: •Intereffikationsmodell ist mittlerweile in der einführenden Literatur der Kommunikationswissenschaft als Grundmodell voll akzeptiert  •Es wurden in Leipzig (und anderswo) eine Reihe von empirischen Studien (Input‐Output‐Analysen, Inhaltsanalysen, Befragungen) durchgeführt, die einerseits den starken Einfluss der Öffentlichkeitsarbeit auf den Journalismus bestätigen, andererseits differenzierte Ergebnisse auch zu Adaptionen liefern  

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•Theoretische Weiterentwicklung des Intereffikationsmodells: Anlassinduktion, thematische Induktion, Tendenzinduktion, ökonomische Dimension, u.a. (Bentele/Nothhaft2004) •Es sollten weitere Studien durchgeführt werden, um v. a. journalistische Induktionen auf die PR, gegenseitige Adaptionen zu untersuchen •Eine befriedigende Einordnung des IE‐Modells in eine Theorie der Öffentlichkeit ist wichtig und steht noch aus •Einflüsse des politischen System (z.B. Wechsel des politischen Systems, Einflüsse anderer politischer Systeme, etc.) und des Wirtschaftssystems einer Gesellschaft auf das Verhältnis von Journalismus und PR sollten verstärkt untersucht werden 

 

Zusammenfassung 

Theorien mittlerer Reichweite:  •Theorie situativer Teilöffentlichkeiten (TÖ): Teilöffentlichkeit ist eine Gruppe von Menschen („specific public“); Unterscheidung in: Nicht TÖ, latente TÖ, Bewusste TÖ, Aktive TÖ und Aktivistische TÖ; Aktivitätsgrad ist von bestimmten Variablen abhängig (Themen, Problembewusst‐sein, Betroffenheit, Art der Informationssuche, etc.); Aufgabe der PR: Frühzeitiges Erkennen von TÖ und spezifisches situatives Kommunikationsmanagement. •Verständigungsorientierte ÖA: PR muss sich in Risiko‐und Konfliktgesellschaften an Grundlagen der Verständigung(Habermas) orientieren; Ziele von PR: Kommunikation, Verständigung, Einverständnis. Dies soll in mehreren Phasenerreicht werden. Bewertung: normative Theorie; bislang nur ein einziges Beispiel  •Determinationshypothese: Ausgangsfragestellung, Inwieweit determiniert ÖA die Informationsangebote tagesaktueller Medien, Drei Studien(1979, 1985, 1991), Ergebnis: PR kontrolliert das Thema und Timing in der Berichterstattung, Kritik: einseitige Betrachtung, andere Variablen (Medienakteur, Medientyp, Krisensituation, etc.) werden nicht berücksichtigt.  •Intereffikationsansatz: Komplexere Betrachtung des Verhältnisses von PR und Journalismus; Beide Systeme ermöglichen sich durch ihre Leistungen gegenseitig; Das Verhältnis beider wird durch Induktions‐und Adaptionstionsleistungen konkretisiert; Induktions‐und Anpassungsleistungen finden in der sozialen, sachlichen und zeitlichen Dimension statt. Ist empirisch konkretisiert und weiterentwickelt worden.  

 

VL #3: Unternehmenskommunikation & Kommunikationsmanagement 

1 Der Stakeholder­Ansatz 

Stakeholder ≠ Shareholder / Stockholder (=Aktionär) Was sind Stakeholder? 

„Stakeholders are those groups who have a stake in or claim on the firm. Specifically we include suppliers, customers, employees, stockholders, and the local community as well as the management in its role as agent for these groups.“ Freeman/Evan, 1993 Klartext: Stakeholder sind Gruppierungen, die Einfluss auf Organisationsziele haben können (z.B. Störung, Blockade oder Begünstigung, Förderung) oder die durch Organisationsziele beeinflusst werden. • Der Stakeholder‐Ansatz konzipiert die Organisation als eingebunden in ein Interessen‐ & Anspruchsgeflecht • Unternehmen sind demnach nicht nur ihren Kunden und Kapitaleigentümern (Shareholdern) verantwortlich… 

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• … sondern allen Gruppierungen, die durch sie tangiert werden oder die Organisation tangieren könnten. • Konsequenterweise sollten Organisationen mit ihren Stakeholdern wechselseitig vorteilhafte Beziehungen pflegen • … denn Stakeholder können dem Erfolg der Organisation behindern oder nutzen. 

 Typen von Beziehungen / Ansprüchen 

• Wechselseitig vorteilhafte Beziehungen zu Stakeholdern aufzubauen und zu erhalten ist nicht Aufgabe der Kommunikation allein. • Es ist Aufgabe der Unternehmensführung insgesamt! • Aber: Kommunikation spielt fast immer eine Rolle bei Aufbau und Pflege von Beziehungen. • Hinsichtlich mancher Anspruchsgruppen spielt sie eine unterstützende Rolle… • … hinsichtlich anderer wiederum eine entscheidende! • Ferner gibt es Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Stakeholder‐Gruppierungen. 

    

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 Wechselwirkungen (Beispiele) 

• Ein Unternehmen, das seine Mitarbeiter schlecht behandelt, könnte von Kunden boykottiert werden (LIDL, ALDI) • Eine Unternehmen, das die Umwelt verschmutzt, WIRD von Kunden boykottiert (SHELL, Brent Spar) • Ein Unternehmen, das in der Presse als inhuman und ausbeuterisch dargestellt wird, findet keine Top‐Mitarbeiter • Unzufriedene Mitarbeiter sind häufiger krank und arbeiten schlechter als zufriedene Mitarbeiter • Wer in der Presse schlecht dasteht, bekommt u.U. kein Geld von der Bank oder zu schlechteren Konditionen 

 

2 Teilöffentlichkeiten vs. Zielgruppen 

Zielgruppen sind Aggregationen von Individuen. Teilöffentlichkeiten sind soziale Systeme. ‐> „In der Realität“ existiert die Unterscheidung i.d.R. nicht! ‐> Menschen sind sowohl Kunde als auch Bürger etc.  Zielgruppen definieren sich über bestimmte demographische Merkmale oder über das Konsumverhalten.   Frage: Wer würde, auf Grund welcher individueller Eigenschaften, unser Produkt x kaufen? Teilöffentlichkeiten definieren sich über bestimmte Themen und Issues.   Frage: Wer könnte sich mit welchen Wünschen, Forderungen, Vorwürfen an oder gegen unsere 

 Organisation wenden?    

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Zielgruppensegmentierung für Fortgeschrittene 

 Situative Theorie der Teilöffentlichkeiten (Grunig) 

  

3 Klassische Kommunikationsfelder 

Beziehung ≠ Ansprache 

    

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  Interne Kommunikation      = Kommunikation mit Mitarbeitern eines Unternehmens / Angehörigen einer Organisation, Führungskräftekommunikation    = Kommunikation speziell mit den Führungskräften, dem oberen Management und Top‐Management einer Organisation, unabhängig von der allgemeinen internen Kommunikation. Presse‐ und Medienarbeit (Media Relations)  = der professionelle Umgang mit und die professionelle „Zusammenarbeit“ mit Journalisten, Medien, Redaktionen. Produkt‐PR          = PR‐Arbeit, insbesondere Presse‐ und Medienarbeit, die auf Produktthemen fokussiert ist (zu unterscheiden von Werbung) Sponsoring          „Sponsoring bezeichnet die systematische Bereitstellung von Geld‐, Sachmitteln oder Dienstleistungen durch Unternehmen für Personen oder Organisationen zur Erreichung unternehmerischer Marketing bzw. Kommunikationsziele. Insofern ist Sponsoring ein Instrument der Unternehmenskommunikation (…)“ Bentele 2008, 623 Fundraising          = der Versuch von Non‐Profit‐Organisationen, Geld‐ oder Sachmittel (Spenden) respektive Fördermitgliedschaften einzuwerben. Investor Relations        = die Kommunikation mit Kapitaleigentümern (Aktionären), Kapital‐ und Finanzmärkten, institutionellen und privaten Anlegern, Analysten sowie der Wirtschafts‐ und Finanzpresse. Community Relations (Nachbarschafts‐PR)  = Kommunikation mit Anwohnern, Nachbarn und Anrainern wichtiger Standorte der Organisation, (Werke, Anlagen) – insbesondere, wenn die Anlagen risikobehaftet sind. Lobbying          = der Versuch, politische/administrative Entscheidungsträger im Sinne der Organisation zu beeinflussen. Public Affairs          = der Versuch, das politisch‐gesellschaftliche Meinungsklima im Sinne der Organisation zu beeinflussen.  

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VL #4: Unternehmenskommunikation 

1. Unternehmenskommunikation 

Unternehmenskommunikation / Corporate Communications  

• Unternehmenskommunikation / Corporate Communications: in Praxis wie Theorie häufig verwendeter Begriff • Begriffsverwendung (der Akteure) inhomogen, diffus • Oberste PR‐Verantwortliche in Unternehmen tragen Titel wie Direktor Unternehmenskommunikation oder Vice‐President Corporate Communications • In der Theorie grenzt sich Unternehmenskommunikation von Produkt‐PR und Marken‐PR als unternehmensbezogene Kommunikation ab – sprich: Unternehmensthemen 

Produktkommunikation vs. Unternehmenskommunikation 

Neuer BMW mit umweltschonendem,         BMW fortschrittlich im Bereich steuersparendem Antrieb, € 69.505,‐         alternativer Antriebstechnologie 

Produktthema                     Unternehmensthema McDonald‘s bietet frische neue          McDonald‘s bekennt sich zu Verantwortung Salate, jetzt in der Aktionswoche          für gesunde Ernährung 

Unternehmenskommunikation vs. Konzernkommunikation 

 Konzernkommunikation ist mit den Arbeitsbereichen befasst, die Konzern insgesamt betreffen: Lobbying/Public Affairs, Investor Relations, Corporate Social Responsibility etc. 

2. Unternehmenskommunikation & Marke: Das Beispiel BMW 

Das Unternehmen BMW 

BMW Group AG Firmensitz: München, Deutschland Kerngeschäft: Automobile, Motorräder operiert in 150 Ländern der Erde Mitarbeiter 2007: 107.539 Umsatz 2007: ~56,0 Mrd € Ergebnis v. Steuern 2006: ~3,9 Mrd € Marktkapitalisierung: ~ 30 Mrd € 15 Produktionsstandorte in 7 Ländern. 

Das Produkt Auto: kommunikative Herausforderungen 

• Autokauf i.d.R. überlegte Entscheidung (kein Spontankauf) • Insgesamt hohe Bedeutung der MARKE (keine no‐name‐Autos) 

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• High‐Involvement‐Entscheidung (i.d.R. viel Geld) • Häufig informierte Entscheidung: Fachpresse, Tests, ADAC • Aber auch Gewohnheitskäufer: Bindung an die Marke • Verhältnis Händler / Hersteller 

Die BMW Group und ihre Marken 

Mit ihren drei Marken BMW, MINI und Rolls‐Royce Motor Cars setzt die BMW Group gezielt auf ausgewählte Premium‐Segmente der internationalen Automobilmärkte – und nutzt damit die Stärken des Unternehmens mit einer Konsequenz, die in der Branche einmalig ist. Von der Entwicklung über die Produktion bis hin zur Vermarktung gilt eine kompromisslose Orientierung am Premium‐Anspruch. Quelle: www.bmwgroup.com 

Was heißt Premium‐Anspruch? 

‐ Upper Conservative ‐ Social Climber Quelle: Müller‐Stewens/Lechner 2005, 188 

Exkurs: Was ist eine Marke? 

Marken sind öffentliche Zeichenkomplexe und dynamische Phänomene mit einer bestimmten Struktur (z.B. verbale, visuelle Elemente). Sie besitzen einerseits unmittelbare Bezüge zu bestimmten Produkten, Dienstleistungen oder anderen Markenobjekten, die sie kommunikativ repräsentieren. Sie stehen andererseits in Beziehung zu bestimmten Publika (Käufer, Kunden), für die sie bestimmte Gebrauchs‐ und Kommunikationswerte repräsentieren (Images, Reputation). 

Markenwert vs. Unternehmenswert 

Marktkapitalisierung* ~29 Mrd. EUR Wert der Marke BMW ~14 Mrd. EUR *) Unter Börsenwert oder Marktkapitalisierung versteht man den Wert einer Aktiengesellschaft auf der Grundlage der Multiplikation des aktuellen Börsenkurses mit der Gesamtzahl der ausgegebenen Aktien. 

„Arbeitsteilung“ der Kommunikation 

Konzernkommunikation    BMW Group    Investor Relations  Rolls Royce      BMW      Mini Produktkommunikation    Produktkommunikation  Produktkommunikation 

Aufbau Abteilung Konzernkommunikation & Politik 

 

Aufbau Abteilung Konzernkommunikation & Politik 

Schöberls Vorgänger, die „Legende“ Richard Gaul, im Interview mit BR Alpha im Jahr 2005. 

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Beispiele von Aktivitäten 

Presse‐ und Medienarbeit Die Betreuung der Automobiljournalisten und der Fachpresse. Wichtigstes Instrument: Die Organisation von Testfahrten, um Berichterstattung zu generieren Investor Relations Als börsennotiertes Unternehmen ist die BMW Group verpflichtet, mit den Kapitalmärkten zu kommunizieren. Die so genannten Investor Relations werden von einem eigenständigen Team namens „IR Services“ verantwortet. Lobbying / Public Affairs BMW unterhält Repräsentanzen in München, Berlin, Brüssel und Washington. Politiker erhalten regelmäßig Informationen durch den „Politik‐Brief“. Sportsponsoring BMW Sauber F1Team BMW ist seit 2006 mit einem eigenen Team in der Formel 1 präsent. Dies unterstreicht das sportliche Image der Marke. Das „Issue“ Verbrennungsmotor / alternative Energie wurde weit vor der Konkurrenz erkannt. 

3. Fallbeispiel Stadtwerke Leipzig 

Das Unternehmen Stadtwerke Leipzig 

Stadtwerke Leipzig GmbH Firmensitz: Leipzig, Deutschland Kerngeschäft: Energieversorgung 

Multi‐Utility‐Unternehmen in den Bereichen Energieeinzelhandel, Energiegroßhandel, Erzeugung, Versorgungsnetze, energienahe Dienstleistungen) 

Mitarbeiter: 1.144 (31.12.2007) Umsatz 2005: 685,9 Millionen EUR. 

Die Stadtwerke als international agierendes Unternehmen 

‐ Know‐how‐Transfer in den Bereichen Kraftwerktechnik, Wärmetechnik, etc. ‐ Beratung im Bereich: 

> Management > Technik > Umwelt > Kaufmännisches 

‐ Beteiligungen in Bulgarien, Litauen und Polen ‐ GuD‐Projekte und Betrieb: Stromerzeugungsanlagen vom GuD‐Typ mit Fernwärmekopplung 

Energie als „Risikoprodukt“ 

• Schwierigkeiten nationales & internationales Energiegeschäft • Energie als unsichtbares, nicht greifbares, nicht erlebbares Gut • Energie als umstrittenes, krisenanfälliges Gut (Abhängigkeit) • Energiemarkt im Wandel, unter Druck: Politik verlangt weniger 

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Monopole, mehr Wettbewerb • Trend zum „Öko‐Strom“ • Die Stadtwerke Leipzig als relativ kostenintensiver Anbieter: wichtig den lokalen Bezug zu verdeutlichen! > besondere Anforderungen Unternehmenskommunikation 

Die Holding LVV 

• LVV Leipziger Versorgungs‐ und Verkehrsgesellschaft mbH • 1997 gegründet • agiert als Management‐Holding, Leitungs‐/Steuerungsfunktion • alleiniger Gesellschafter ist die Stadt Leipzig. • Die Geschäftstätigkeit der einzelnen LVV‐Unternehmen umfasst die Hauptsparten: > Strom, Gas, Fernwärme (Stadtwerke Leipzig GmbH), >Trinkwasser, Abwasser (Kommunale Wasserwerke Leipzig GmbH) >Verkehr (Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) GmbH). 

Die Stadtwerke als Leipziger Unternehmen 

• Eines der größten Stadtwerke Deutschlands • Bundesweite und internationale Geschäftsaktivitäten • eng mit der Stadt und Region verbundenes Unternehmen • Wichtiger Arbeitgeber und Ausbildungsbetrieb • Bedeutender Wirtschaftsfaktor für die Region • Einer der wichtigsten regionalen Sponsoren • Unter dem Dach der LVV: „Leipziger“ Traditionsbetriebe • Spagat zwischen Leistungsfähigkeit und Verantwortung • besondere lokale und regionale Verpflichtungen • Enge lokale und regionale Verflechtungen (LVV) > besondere Anforderungen an Unternehmenskommunikation 

Die Abteilung PR / Kommunikation unter Leitung von Frau Danneboom 

 

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Externe Kommunikation – Zielgruppen 

Unter der Dachmarke „Stadtwerke Leipzig – Alles ganz einfach“ kommuniziert die Abteilung folgende Kernkompetenzen / Imagewerte der Stadtwerke Leipzig: Die Stadtwerke Leipzig sind: 

‐ sympathisch, emotional, akzeptiert ‐ zuverlässig (Versorgungszuverlässigkeit, Ansprechbarkeit) ‐ wettbewerbsfähig (Preis‐Leistungs‐Verhältnis, Produkte) ‐ servicefähig (flexibel, schnell und kompetent) •Haushaltskunden •Bundesweite potentielle Kunden (inkl. Vertriebspartner) •Wirtschaftliche Multiplikatoren in Leipzig •Aufsichtsrat/Gesellschafter •Politische Multiplikatoren •Presse •Financiers/Investoren (inkl. Handelspartner und Banken) •Markt in Pommern (inkl. Gesellschaftliches Umfeld) •Aufsichtsbehörden (z.B. Energieaufsicht) •Mitarbeiter der Stadtwerke Leipzig – Gruppe 

Externe Kommunikation – Instrumente 

1) Kundenzeitung 2) Internetauftritt 3) Komplette Pressearbeit 4) Umsetzung von Sponsoringverträgen 5) Messen 6) Veranstaltungsmanagement 7) Aufbereitung Informationen für Öffentlichkeit / spezielle ZG 8) Schulkontaktpflege 

Wichtige Arbeitsbereiche 

• Presse‐ und Medienarbeit (Danneboom) • Pressespiegel • Sponsoring • Produktion Kommunikationsmittel • Corporate Design • Redaktion Kundenmagazin „energie plus“ 

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• Redaktion Mitarbeiterzeitung • Elektronische Medien/E‐Commerce • Veranstaltungsmanagement • Messen und Kongresse • Schulkontaktpflege • Kampagnen • Kundenveranstaltungen • Fachinformationsdienst 

Kundenmagazin 

Für alle Kunden der Stadtwerke Leipzig. „energieplus“ online: www.swl.de 

Pflichtpublikation: Geschäftsbericht 

Specials 

REGJO – Das Regional‐Journal für den Wirtschaftsraum Leipzig/Halle Sonderausgabe im Auftrag der Stadtwerke Unter dem Titel "Power aus Leipzig" widmet sich das 32‐seitige Heft den Stadtwerken Leipzig als modernen Energiedienstleister mit bundesweiter Geschäftstätigkeit und internationalem Engagement. Außerdem werden ausgewählte Berliner Referenzkunden der Stadtwerke Leipzig im Porträt vorgestellt. Die Gesamtauflage des Magazins beträgt 105.000 Exemplare. Neben der Verwendung als Kundenmagazin durch die Stadtwerke Leipzig wird das Spezial auch den REGJO‐Ausgaben in Hamburg, Göttingen und Leipzig als Beileger enthalten sein. 

Beispiele lokaler/regionaler PR­Aktivitäten 

ExperiNat – naturwissenschaftlicher Wettbewerb Schülerwettbewerb für schlaue Köpfe, Experimente in den Bereichen Chemie, Physik, Biologie Unsere jüngste Idee: familien extra Kampagne, um Leipzig als „Familienstadt“ zu stärken Kultursponsoring / Engagement in Leipzig Engagement für den Tourismus 

Interne Kommunikation 

Ziele der internen Kommunikation 

‐ Integration der Mitarbeiter in das Unternehmen ‐ Schaffung von Identifikation mit dem Unternehmen ‐ Motivation der Mitarbeiter ‐ Informationen über Strategien und Maßnahmen zur Erreichung der Unternehmensziele ‐ Integration in Kommunikationsmaßnahmen ‐ Partizipation am Unternehmensgeschehen 

Instrumente der internen Kommunikation 

1. Mitarbeiterinformationen (Informationsschreiben) 2. Mitarbeiterzeitung (10x jährlich) 3. Mitarbeiterveranstaltungen 4. Mitarbeiteraktionen 5. Fachinformationsdienst (Bibliothek, Pressespiegel) 6. Intranet (Newsletter, etc) 

Mitarbeitermagazin 

Erscheint 10mal im Jahr Für alle Mitarbeiter der Stadtwerke Leipzig 

   

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Fazit 

• Unternehmenskommunikation # Produktkommunikation • Unternehmenskommunikation # Pressearbeit • Unternehmenskommunikation ist vielfältig, wendet sich an unterschiedliche Stakeholder mit sehr unterschiedlichen Interessen • Unternehmenskommunikation sollte integriert sein (sachlich, zeitlich, gestalterisch, organisatorisch, etc.) 

 

Public Relations in Deutschland ‐ VL #5: Unternehmenskommunikation Krisen‐PR & Issues Management 

1. Krisen­PR 

Was heißt Krise? 

Das gr. krisis oder lat. crisis bedeutet wörtlich “Wende‐”oder “Entscheidungspunkt” (mathematisch: Scheitelpunkt) Ursprünglich bezeichnet die “krisis” den Höhepunkt einer Krankheit: entweder der Patient gesundet oder stirbt. Wie jeder weiß, bedeutet das chinesische Schriftzeichen für “Krise” gleichzeitig auch “Chance”. Apropos Krise… F: Stimmt es, dass die Chinesen das gleiche Zeichen für "Krise" und "Chance" benutzen? A: ja, das eine Zeichen kommt sowohl in dem Begriff "Chance" (=Gelegenheit), als auch in "Krise" (=Risiko, Gefahr etc.) vor. Und: nein, das Zeichen wird selten einzeln benutzt und wenn, dann bedeutet es "Chance" oder "Maschine". Die "Krise" ist ‐ wörtlich aus dem Chinesischen rückübersetzt – eine "gefahrvolle Gelegenheit". Insofern könnte man tatsächlich verteidigen, dass jede Krise auch eine Chance in sich birgt, die man nur nutzen muss, um das Blatt zu wenden. Das heißt aber nicht, dass das Zeichen diese Ambivalenz besitzt (genauso wenig wie das "e", das in den beiden deutschen Wörtern vorkommt) oder dass den Chinesen auf irgendeiner Ebene eine solche Verbindung bewusst wäre. Nur in der Zusammensetzung aus zwei oder mehr Zeichen wird der Begriff eindeutig definiert ‐ ansonsten könnte es noch einige Verwirrung mit dem Zeichen geben: es kommt u.a. auch in "Maschine" und in "Flugzeug" vor: Vielleicht hat man die Chance, mit einer Maschine in einem Flugzeug eine Krise zu überstehen... Bsp. Für Krisen 

Paris, 25. Juli 2000, 16.42 Uhr: Absturz der Concorde Nordsee, Brent Spar, Shell vs. Greenpeace, 1995 Die A‐Klasse und der Elchtest, 1997 Frankfurt‐Griesheim, 1993 V für Vodafone? ‐ Josef Ackermanns “Victory”‐Zeichen, 2004 

Krisenmanagement (KM) & Krisenkommunikation (KK) 

 

 

 

   

KM KK 

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„Königsdisziplin“ Krisenkommunikation    Typische Antagonisten 

 

Grundsätze der Krisenkommunikation 

Was die Praktiker‐Lehrbücher so generell raten… O nicht „mauern“, offen kommunizieren O nichts Falsches, nichts Diskrepantes sagen O die Initiative ergreifen bzw. zurückgewinnen O One‐Voice‐Policy: Ein Sprecher, eine Geschichte O Krisen sind „Chefsache“ O nichts vertuschen (?) 

Grundsatz: Nichts Diskrepantes äußern “In einem Bergwerk gab es immer wieder Vorfälle durch exzessiven Alkoholgenuss der Belegschaft. Bei einem Interview wurde der Vorarbeiter von einer Fernsehreporterin gefragt, ob die Bergleute immer noch Alkohol bei der Arbeit trinken. Er erläutert, dass dort alles seinen normalen Gang nach tariflichen Vorgaben gehe.” Quelle: www.business‐wissen.de 

Grundsatz: Ein Sprecher, eine Geschichte ZEIT: Wir möchten Sie zu einem aktuellen Fall befragen: zu Klaus Kleinfeld, dem Siemens‐Chef. Er steht in der Kritik, weil er 2005 die Handysparte an BenQ verkauft hat und diese nun in Deutschland Insolvenz angemeldet hat, und das kurz nachdem bekannt wurde, dass Kleinfeld und seine Vorstandskollegen um 30 Prozent höhere Gehälter bekommen sollten. Es heißt, Kleinfeld habe vor allem kommunikative Fehler gemacht. Sehen Sie das auch so? Kocks: Allerdings. Als ich hörte, er tritt in den Tagesthemen auf, am Montag voriger Woche war das, habe ich es allen meinen Mitarbeitern gesagt (…). Es war schrecklich. Es fing ja schon damit an, dass er offenbar die Regel nicht kannte: Nur stilles Wasser vor einem Fernsehinterview, damit man hinterher kein Bäuerchen machen muss. ZEIT: Sicher noch verzeihlich, oder? Kocks: Vielleicht, aber wenn so was einem meiner Praktikanten auf einem Podium passiert, dann schmeiß ich ihn im Zweifelsfall raus. Nein: Der Mann war in diesem Interview stimm‐ und atemlos. Der stotterte richtig. Seine Sinnkrise und die seiner Firma kamen verbal rüber. ZEIT: Sie glauben, dass er keinen persönlichen Presseberater hat? Kocks: Doch, natürlich hat er einen, aber der versteht nichts. (…) Und das in einer Situation, in der der Zuschauer den reuigen Sünder Kleinfeld sehen will, den zu Tode zerknirschten.  ZEIT: Das ist also Ihr Rezept für die Krise: Reue demonstrieren? Kocks: Das wäre wenigstens das Notfallrezept für diese Tage gewesen. Reue kommt erst dann, wenn ich nichts mehr erklären kann. Das Problem beginnt schon viel früher: Er hat keine Geschichte, die plausibel ist. 

   

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Welche Typen von Krisen gibt es? 

 Welche Auslöser haben Krisen? ‐ Quelle: Roselieb,1999,7 

Medien 20,9% Produktionsprozesse 19,4% Transportprozesse 14,7% 

Ein Auslöser / viele verstärkende Ursachen 

 

Welche Typen von Krisen gibt es? 

Prozessdauer der Krise (n. Roselieb, 1999) 

    

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Krisenauswirkungen / Schäden (n. Roselieb, 1999) 

 

2. Issues Management 

 

Issues, die heutzutage jeder kennt 

‐ Alterspyramide ‐ Fettleibigkeit ‐ Feinstaub ‐ Alternative Antriebe 

Definition Issues Management  

… the capacity to understand, mobilize, coordinate and direct all strategic and policy planning functions and all public affairs/public relations skills towards achievement of one objective that affects personal and institutional destiny.                     Chase, 1976; zit. Nach Heath/Nelson 1986 Unter Issues Management ist ein strukturiertes PR‐Verfahren zu verstehen, in dem – strategisch eingebunden und geplant – eine proaktive Antizipation, Beobachtung, Planung, Kommunikation und Evaluation derjenigen unternehmensrelevanten Issues stattfindet, die die Organisation und ihre Teilöffentlichkeiten tangieren. 

Quelle: vgl. Bentele / Rutsch 2004, 10 … der strukturierte, systematische Prozess des koordinierten Zusammenwirkens von strategischen Planungs‐ und Kommunikationsfunktionen einer Organisation mit dem Ziel der proaktiven Antizipation, Beobachtung, Planung, Kommunikation und Evaluation unternehmensrelevanter Issues, die die Organisation und ihre Teilöffentlichkeiten tangieren.           Quelle: Ingenhoff 2004, 18 

Theorie des Issues Management in Kurzform 

Themen auf der Agenda der Medien tauchen nicht aus dem Nichts auf. Ehe Massenmedien oder „die Öffentlichkeit“ ein Thema entdecken, werden diese in begrenzten „Teilöffentlichkeiten“ diskutiert – z.B. in Expertenkreisen. Wenn ein Thema für eine Organisation potenziell gefährlich ist (oder Chancen bietet), handelt es sich um ein „Issue“. Organisationen versuchen Issues frühzeitig zu entdecken und zu „bearbeiten“ – wenn diese noch „gestaltbar sind“.    

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Verlauf von Issues 

 

Zusammenhang IM / Krisenmanagement 

 

Der Issues‐Management‐Workflow (Idealfall) 

 

   

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3. Der Fall Allianz: Krisen­PR 

Ausgangsproblem: Wie erklärt man bei Rekordumsätzen / Milliardengewinn Abbau von 7.500 Arbeitsplätzen?  

  

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PR‐Theorien mittlerer Reichweite 1. Der rekonstruktive Ansatz (G. Bentele) 

Basisaussagen: 1.   Wirklichkeiten enthalten unendlich viel potentielle Information, von denen im Prozess der Wirklichkeitswahrnehmung ein Teil der Wirklichkeit nach drei Grundprinzipien (Perspektivität, Selektivität, Konstruktivität) aktualisiert wird. Dies wird kognitive Rekonstruktion genannt.  2.   Die Produktion von kommunikativer Wirklichkeit (PR‐Wirklichkeit und Medienwirklichkeit) ist ‐ebenso wie die Rezeption ‐wesentlich ein Rekonstruktionsprozess(kommunikative Rekonstruktion).  3.   Dieser Prozess (kommunikatives Handeln, Texte, Themen) unterliegt ebenfalls den drei genannten Grundprinzipien. 4.   Akteure (z.B. Fachkommunikatoren, PR‐Kommunikatoren, Medienkommunikatoren) nehmen Ereignisse wahr (Beobachtungsfunktion), transformieren sie nach bestimmten Regeln und Routinen und (re‐)konstruieren PR‐und Medienwirklichkeit, die aus Zeichen, Texten und Themen besteht (Darstellungsfunktion) 5.   Texte und Themen bestehen aus Deskriptionen, Bewertungen und Bewertungsbewertungen 6.   Akteure agieren in organisatorischen Kontexten (Unterorganisationen z.B. Abteilungen) und sind so abhängig nicht nur von ihren individuellen Bedingungen, sondern auch von organisatorischen und (über‐) geordneten gesellschaftlichen Bedingungen. 7.   Wenn es sich um Deskriptionen (faktenorientierte Darstellungsformen wie Nachrichten/Berichte, Pressemitteilungen, Geschäftsberichte, etc.) handelt, wird von der kommunikativen Wirklichkeit erwartet, dass diese in einer Adäquatheits‐bzw. Passungsrelation zur (vormedialen) Wirklichkeit steht. Fiktionale Beiträge (z.B. Unterhaltung) gehorchen anderen Regeln 8.   Für PR und Medien gelten ähnliche/dieselben Regeln des Wirklichkeitsbezugs. 9.  Texte und Themen werden produziert, über die verschiedenen Kommunikationsarenen (Öffentlichkeit) an unterschiedliche Publika vermittelt. Dabei spielen spezielle Beziehungen zwischen PR‐Akteuren und Journalisten eine besondere Rolle (Intereffikationsmodell) 10.   Verlassen kommunikative Beschreibungen den „Rekonstruktionskorridor“ oder werden eingegangene kommunikative Verpflichtungen (z.B. Wahlversprechen) nicht eingehalten, so entstehen Diskrepanzen für die Beobachter (Publika), die wiederum Kommunikationsprobleme für die Kommunikatoren (z.B. Unglaubwürdigkeit, Vertrauensverluste) zur Folge haben. 11.  Im Rahmen der PR‐bezogenen und medialen Wirklichkeits(re)konstruktion spielen unterschiedliche Ereignistypeneine Rolle: natürliche, soziale, mediatisierte und inszenierte Ereignisse(Medienereignisse) eine wichtige Rolle. Insbesondere die letzten beiden werden in Kommunikationsgesellschaften als „Ausgangsereignisse“ wichtig, um kommunikative Zielsetzungen von Organisationen (Publizität, positives Image, etc.) zu erreichen. 

 

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. Natürliche Ereignisse: Sind alle Ereignisse, die sich prinzipiell ohne das Zutun von menschlichen Akteuren ereignen/passieren, über die das publizistische System aber durchaus berichtet. Soziale Ereignisse: Sind alle Ereignisse, die von menschlichen Akteuren (Einzelakteuren, Organisationen) generiert werden, ohne dass die Medienlogik als wichtiger Einflussfaktor daran beteiligt wäre. Mediatisierte Ereignisse: Sind alle Ereignisse, die von menschlichen Akteuren (Einzelakteuren, Organisationen) generiert werden, wobei die Medienlogik als wichtiger Einflussfaktor ins Spiel kommt. Medienereignisse: Sind alle Ereignisse, die von menschlichen Akteuren (Einzelakteuren, Organisationen) mit dem Hauptziel generiert werden, wiederum Medienberichterstattung (Aufmerksamkeit, Publizität, Image) zu generieren.  

2. Die Theorie öffentlichen Vertrauens (G. Bentele) •Öffentliches Vertrauen wird in Informations‐/Medien‐/ Kommunikationsgesellschaften immer wichtiger •Vertrauen von politischen und wirtschaftlichen Akteuren sinkt seit geraumer Zeit •Vertrauenskrisen werden wichtige Herausforderungen für PR‐Kommunikation   Definition Öffentliches Vertrauen: „Öffentliches Vertrauen ist ein kommunikativer Mechanismus zur Reduktion von Komplexität, in dem öffentliche Personen, Institutionen und das gesamte gesellschaftliche System in der Rolle des ´Vertrauensobjekts` fungieren. Öffentliches Vertrauen ist ein medienvermittelter Prozess, in dem die ´Vertrauenssubjekte` zukunftsgerichtete Erwartungen haben, die stark von vergangenen Erfahrungen geprägt sind.“     Quelle: Bentele (1992) 

 Elemente im öffentlichen Vertrauensprozess:  •Vertrauenssubjekte(Bevölkerung) •Vertrauensobjekte(Personen, Unternehmen, andere Organisationen, gesellschaftliches System, etc.) •Vertrauensvermittler (Journalisten/Medien, PublicRelations) •Sachverhalte und Ereignisse •Texte, Botschaften, Themen  Vier Typen (öffentlichen) Vertrauens: 

1. interpersonales Basisvertrauen 2. öffentliches Systemvertrauen 3. öffentliches Institutionenvertrauen 4. öffentliches Personenvertrauen 

 

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  Kommunikative Diskrepanzen als Ursache für Vertrauensprobleme 

1.  Diskrepanzen zwischen Informationen und zugrunde‐liegenden Sachverhalten (Beispiele: Wahrheitsproblem; Lügen, beschönigende Informationen, vgl. den Störfall bei Hoechst AG, Frankfurt, Ende Februar 1993). 2.  Diskrepanzen zwischen verbalen Aussagen einerseits und tatsächlichem Handeln andererseits (Beispiele: Hinhaltetaktiken; Ablenkungsmanöver, bestimmte Formen symbolischer Politik). 3.  Diskrepanzen zwischen verschiedenen Verhalten bzw. verschiedenen Handlungen derselben oder ähnlicher Institutionen (Beispiele: widersprüchliches Verwaltungshandeln, Unterschiede zwischen verschiedenen Bundesländern). 4.   Diskrepanzen zwischen verschiedenen Aussagen derselben Akteure zu unterschiedlichen Zeitpunkten (Beispiel: Aussagen von Bundeskanzler Kohl zur Steuererhöhung vor und nach der vorletzten Bundestagswahl; generell: Diskrepanzen zwischen Versprechen und nachfolgendem Handeln). 5.  Diskrepanzen zwischen Aussagen unterschiedlicher Akteure innerhalb derselben oder vergleichbarer Institutionen (Beispiel: diskrepante Äußerungen verschiedener SPD‐Entscheidungsträger zur Asylfrage, unterschiedliche Aussagen von führenden Vertretern der Energiewirtschaft zu einem möglichen „Energiekonsens“ in den nächsten Jahrzehnten). 6.  Diskrepanzen zwischen allgemein anerkannten rechtlichen und/oder moralischen Normen und tatsächlichem Verhalten/Handeln (diverse Beispiele im Bereich der Politik, Fall Steinkühler). 

   

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. 3. Zusammenfassung 

 Theorien mittlerer Reichweite: Rekonstruktiver Ansatz: Wirklichkeit enthält (informations‐theoretisch betrachtet) unendlich viel Information; Drei Grundprinzipien: Selektivität, Perspektivität, Konstruktivität; Akteure beobachten, verarbeiten und generieren kommunikative Wirklichkeiten nach Regeln; Wirklichkeitsbezug von Texten und Themen; Passungsrelation und Diskrepanzen; Ereignisstypen: natürliche Ereignisse, soziale Ereignisse, mediatisierte und Medien‐Ereignisse. Theorie öffentlichen Vertrauens: Öffentliches Vertrauen ist ein kommunikativer Mechanismus, um Komplexität zu reduzieren; Elemente im öffentlichen Vertrauensprozess sind Vertrauensobjekte, ‐subjekte und –vermittler, sowie Ereignisse und Botschaften; Typen öffentlichen Vertrauens sind (interpersonales) Basisvertrauen, (öffentliches) Systemvertrauen, (öffentliches Institutionenvertrauen und (öffentlichen) Personenvertrauen, die Zusammenhänge der vier Typen sind noch unerforscht; Zentrale Ursache für Vertrauensverluste ist die Wahrnehmung unterschiedlicher Diskrepanzen in der Kommunikation.  

1. Überblick über das Berufsfeld PR und wichtige Ergebnisse der empirischen PR‐Berufsfeldforschung 

Weltweit: •Niemand kennt die genaue Größe des PR‐Berufsfeldes; es gibt nur Indikatoren. Reeds Worldwide Directory of Public Relations Organizations (1994): insgesamt 150.000 Mitglieder von Verbänden •das Berufsfeld ist nur schwer definierbar: klare Kerne, aber keine scharfen Ränder. Beispiele: Überlappungen mit Journalismus einerseits und Werbung andererseits. Etwa 300 nationale, teilweise regionale Verbände.  

Beispiele: •Public Relations Society of America (PRSA) (14.000 Mitgl.),  •International Association of Business Communicators(IABC) (USA),  •Bangladesh Public Relations Association (127 Mitgl.),  •Public Relations Society of India(3.000 Mitgl.), •Deutsche Public Relations Gesellschaft (DPRG) (2000 Mitgl.),  •Dubai Public Relations Group (20 Mitgl.) etc. 

Deutschland: •geschätzt (Jahr 2000): 16.000 ‐20.000 hauptberufliche PR‐Praktiker  •Böckelmann(1991): Ende der 80er Jahre existieren in der Bundesrepublik Deutschland etwa 5.000 Pressestellen, in denen 10.000 Personen arbeiten (nur Pressestellen!)  •im Jahr 1997 arbeiteten knapp 5.400 Mitarbeiter in PR‐Agenturen, darunter 1.800 freiberufliche (Agentur‐Index)  •im Jahr 2001 arbeiteten in den 200 Agenturen des PR‐Ranking insgesamt 4.466 feste Mitarbeiter   

 

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. Wahrscheinliche Annahmen: •die tatsächliche Zahl der PR‐Praktiker insgesamt ist deutlich größer als die in der DPRG Organisierten (Schätzung 1:15); (Quelle: Röttger, 2000, 221) •die tatsächliche Zahl der hauptberuflichen PR‐Praktikerist ebenfalls größer als die in der DPRG Organisierten (Schätzung 1:7); (Quelle: Röttger, 2000, 221) •die Zahl der im Berufsfeld Tätigen steigt kontinuierlich (allein im Agentursektor sind 2.000 neue Arbeitsplätze im Jahr 2000 hinzugekommen) •die Größe des Berufsfeldes PR steigt auch relativ zur Größe des Berufsfelds Journalismus  

2. Struktur In welchen Bereichen arbeiten wie viele PR‐Praktiker? Unternehmen                       35‐40 %  Institutionen (Bundes‐, Länder‐und kommunale Ebene, z.B. Ministerien, Justiz, etc.)     30‐35 %  Organisationen (Verbände, Vereine, etc.)               15‐20 %  PR‐und andere Kommunikationsagenturen              10‐20 % 

Einkommen •das Einkommen ist insgesamt überdurchschnittlich  •am niedrigsten bei den Non‐Profit‐Organisationen (etwa 74 Prozent verdienen zwischen 1.500 und 4.000 Euro) •am höchsten bei den Unternehmen (35 Prozent zwischen 3.500 und 5.500 Euro; 44 Prozent über 5.500 Euro) •Frauen verdienen im Monat durchschnittlich 3.100 Euro, Männer 5.000 Euro, Frauen also um 1.900 Euro weniger (USA: 1 Million Dollar penalty)  PR als Quereinsteiger‐Beruf Quereinsteigerberuf PR: Woher kommen die PR‐Praktiker? •1975 ergab die Befragung von DPRG‐Mitgliedern (Müller/Wilke), dass über 2/3 der Befragten (68 Prozent) über 40 Jahren aus dem Journalismus kommen, bei den unter 40jährigen waren es nur 1/3 (32 Prozent) •1989 ergab eine DPRG‐Umfrage, dass 34 Prozent aus dem Journalismus kommen, 33 Prozent aus der Wirtschaft oder der öffentlichen Verwaltung; 14 Prozent aus der Werbung, 2 Prozent aus der Marktforschung. Etwa 20 Prozent waren Direkteinsteiger (ähnliche Werte bei Becher 1996)  •Dieser Anteil dürfte sich heute noch erhöht haben; Schätzung: 1/3 der Berufsangehörigen kommt heute direkt in den PR‐Beruf, Tendenz steigend  

3. PR‐Ausbildung Ausbildung? •1973 (DPRG‐Mitgliederumfrage): 82 Prozent Abitur; 32 Prozent Hochschulabschluss •1989 (DPRG‐Umfrage): 67 Prozent Hochschulabschluss •1987/88 Böckelmann‐Studie: Studienabschluss bei etwa 60 Prozent •2000 Röttger‐Studie: 68 Prozent Studienabschluss bei „PR‐Experten“, also hauptberuflich arbeitenden PR‐Praktikern; 16 Prozent Promotion, bei „PR‐Beauftragten“ nur unwesentlich weniger: 67 Prozent Studienabschluss, 11 Prozent Promotion •2005 Bentele/Großkurth/Seidenglanz‐Studie: 87 Prozent haben Hochschulabschluss, weitere 9 Prozent sind promoviert (14 Prozent haben KoWi/Publ./Journ. stud)   

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. Erwartungen an die PR‐Ausbildung: •Wissensbereiche: Grundlagen der PR (8,6), Rhetorik, Kommunikationstraining (8,5); Grundlagen des Journalismus (8,4), Fremdsprachen (7,8), Management/Marketing (7,6), Grundlagen der Kommunikationswissenschaft (7,0), Multimedia/Internet (7,0), Ethik (7,0) •erwünschte Fähigkeiten: Sich in Sachen schnell eindenken(9,2), Konzeptionsfähigkeiten (9,0), gute Allgemeinbildung (9,0), Kontaktfähigkeit (9,0); Schreiben von Texten (8,0); Organisationstalent (8,8) •persönliche Eigenschaften: Flexibilität (9,0), Belastbarkeit (9,0), Kreativität (8,9); rhetorisches Potential (8,4); Ehrlichkeit (8,2), „Biss“(8,1), Humor (7,7)  

 4. Berufsverständnisse von Pressestellenleitern 

 

 

   

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. 5. Tätigkeitsbereiche 

 

  

6. Feminisierung  Ergebnisse zum Feminisierungstrend des PR‐Berufsfeldes:  •in den USA waren 1968 nur 25 Prozent der Berufsangehörigen weiblich, 1992 58 Prozent; die PRSA hatte 1998 schon 61 Prozent weiblicher Mitglieder •in Deutschland waren nach der Böckelmann‐Studie1988 15 Prozent der Befragten (Pressestellen) weiblich die Merten‐Studie (1996) ergab einen weiblichen Anteil von 42 Prozent; bei den DPRG‐Mitgliedern gab es 1983 nur 16 Prozent weibliche Mitglieder, um 1990 etwa ein Drittel zu erreichen. Aktueller Stand (2000): knapp 50 Prozent •ähnliche Entwicklung im Berufsfeld Werbung Probleme (mit) der Feminisierung •Frauen kommen verstärkt in den Beruf, verdienen aber gleichzeitig ‐im Durchschnitt ‐deutlich weniger •Bentele/Großkurth/Seidenglanz‐Studie2005 ergab, dass der Durchschnittsverdienst der Pressesprecher in Deutschland 6.370 Euro beträgt. Frauen –auch in den gleichen Positionen verdienen monatlich etwa 1000 Euro weniger.  •da Frauen auch eher in untergeordneten Berufsrollen arbeiten (Manager‐Rolle vs. Techniker‐Rolle), entstehen Befürchtungen, dass die Anerkennung des Berufs in den Organisationen insgesamt dadurch leidet. Probleme und evtl. Lösung des Problems •Barbara Baerns: Es könnte sich „(...) mit der Dominanz von Frauen in der Öffentlichkeitsarbeit eine Dominanz der Technikerrolle (...) ergeben (...), während die Managementfunktionen an Raum verlören. Mit der „Feminisierung“ der Öffentlichkeitsarbeit wäre der Professionalisierung der Öffentlichkeitsarbeit so nicht gedient.“(Baerns, 1990, 273) •Frauen in denselben Positionen (Alter und Hierarchie) werden ebenso wie Männer bezahlt •Lösung aber vermutlich nur gesamtgesellschaftlich möglich  

7. Trends seit den 90er Jahren •Quantitative Vergrößerung des Berufsfeldes •Relevanzsteigerung der PR bzw. des Kommunikationsmanagements bei den Unternehmen (gegenüber anderen Kommunikationsfeldern), anderen Organisationen und der Gesellschaft insgesamt. Entwicklung hält trotz konjunktureller „Delle“2001‐2003 an •Feminisierung des Berufsfeldes 

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. •Akademisierungstrend des Berufsfeldes, Quereinsteiger‐Struktur nimmt ab, PR‐Ausbildung nimmt zu; akademische PR‐Ausbildung: Studiengänge werden eingerichtet •Professionalisierungsentwicklung durch die Ausbildungsverbesserung und die höheren beruflichen Anforderungen; Professionalisierung wird durch Entwicklung der PR‐Forschung/PR‐Wissenschaft ebenso verstärkt  

8. PR‐Image in Deutschland Methodische Vorgehensweise ‐Allgemeines: a) Bevölkerungsumfrage: Stichprobe: n = 1100; repräsentativ  Feldphase: von 15. bis 24. April 2003 Erhebung von Mediennutzung, Bekanntheit und Bedeutung von PR‐Begriffen, Bedeutung und Bewertung von PR bzw. Kommunikationsmanagement (20 Fragen, d.h. etwa 120 Einzelfragen) b) Journalistenumfrage: Stichprobe: n = 105 Feldphase: von 30. April bis 6. Mai 2003 Erhebung von Bekanntheit und Bedeutung von PR‐Begriffen, Bedeutung und Bewertung von PR bzw. Kommunikationsmanagement (20 Fragen –etwa 100 Einzelfragen)  Persönlicher Kommentar: Es folgen viele Diagramme, die teilweise schon mal vorkamen, mit vielen Zahlen die Keinen interessieren.  

9. Zusammenfassung Wichtigste Ergebnisse:  •überraschend hohe Bekanntheit der Branche und Kenntnisse über sie in der Bevölkerung •Unsicherheiten, PR von Journalismus, Werbung oder Propaganda abzugrenzen (auch bei Journalisten) •Relevanz der PR für die Gesellschaft: hoch (Journalismus: höher; Werbung: niedriger); Einzelaktivitäten werden als sehr wichtig eingeschätzt •Einfluss der PR auf die aktuelle Berichterstattung: verblüffend präzise bei der Bevölkerung, bei Journalisten unterschätzt •Einfluss der PR innerhalb von politischen Wahlkämpfen: recht hoch •Vertrauen in PR geringer als in Journalisten oder Medien, aber höher als in politische Parteien und Werbung; derselbe (geringe) Vertrauenswert wie Kirchen und Gewerkschaften •fundierte PR‐Ausbildung an Hochschulen und Standesregeln (Professionsmerkmale) wichtig  •An PR‐Leute bestehen hohe Erwartungen, die aber innerhalb der meisten Dimensionen als nur wenig erfüllt betrachtet werden •Einfluss der Parteibindung: je wirtschaftsfreundlicher die bevorzugte Partei, desto positivere Position gegenüber PR und umgekehrt  •Ost‐West‐Differenz: deutlich geringere Bekanntheit ausgewählter PR‐Praktiker in den NBL •überraschend hoher Erinnerungswert an Fall Hunzinger–diejenigen, die den Fall kennen, sehen deutlich höheren Einfluss der PR (Lobbying) auf die Politik   

1. Thesen zur Professionalisierung der PR Was ist eine Profession? Was ist Professionalisierung? Klassische Professionen wenden  •spezialisierte Kenntnisse an, die auf einer  •theoretischen Grundlageberuhen, die •in einer systematischen Ausbildung erworben wurden, deren Beherrschung in einem  

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. •speziellen Testgeprüft wird, der damit  •den Berufseintritt regelt. Sie verfügen über  •eine berufsständische Organisation, sind  •einer Standesethikverpflichtet, besitzen  •eine große persönliche Verantwortlichkeit und verfügen deshalb über eine •relative Autonomieim Sinne der Unabhängigkeit von Laienurteilen und –kontrolle. Die Tätigkeit der Professions‐angehörigen geschieht im Dienste •allgemeiner anerkannter gesellschaftlicher Werte.   Thesen zur Professionalisierung 1.These: Obwohl das PR‐Berufsfeld wohl aus prinzipiellen Gründen nie den Status einer klassischen Profession erreichen wird, ist ein Vergleich mit diesen Professionen aufschlussreich und eine Orientierung an deren Standards hilfreich.  2. These: Auch für Professionen neuen Typs gilt, dass eine an Hochschulen verankerte Ausbildung und ein anschließender Direkteinstieg in den Beruf den Normalfall darstellen (sollten). Der hohe Anteil von Quereinsteigern und nebenberuflichen PR‐Praktikern im Berufsfeld ist ein Grandmesser mangelnder Professionalisierung 3. These: In der jetzigen Situation benötigen wir mehrerlei (Ziel: höhere Professionalität, adäquates Verständnis und Akzeptanz von Kommunikationsmanagement in gesellschaftlichen Organisationen): •Verstärkung der Grundlagenforschung, angewandte Forschung, Entwicklung von (sozialwissenschaftlichen) Theorien, und deren Überprüfung; Entwicklung von praxisbezogenen Organisations‐und Optimierungstheorien und –verfahren, Messverfahren, Durchführung empirischer Studien; Verbesserung von Qualitätssicherungsverfahren in der Ausbildung (z.B. Akkreditierung und Evaluation von Studiengängen) •Ausbildung: von Hochschulen und wichtigen beruflichen Akteuren (Großunternehmen, Verbänden) konsentierte und für verschiedene Ebenen und Abschlüsse konkretisierte Mustercurricula  

2. Zusammenfassung •PR‐Berufsfeld: stetige Vergrößerung des Berufsfeldes, steigende Anzahl von PR‐Praktikern, überdurchschnittliches Einkommen Relative hohe Anzahl von Quereinsteigern, jedoch deutlicher Anstieg (1/3) der Direkteinsteiger  •PR‐Ausbildung: steigende Akademisierung Anforderungen an PR‐Experten: kommunikationstheoretisches Grundwissen, rhetorische Fähigkeiten, Fremdsprachen und Managementkenntnisse erwünschte Fähigkeiten: schnelles Eindenken in Problemstellungen, Konzeptionsfähigkeit, gute Allgemeinbildung persönliche Eigenschaften: Flexibilität, Belastbarkeit, Kreativität1 •PR‐Tätigkeitsbereiche: Verfassen von Pressemitteilungen, Organisation von Pressekonferenzen sowie Pressegespräche zählen zu den zentralen externen Tätigkeiten, intern nimmt die Pressebeobachtung sowie die interne Informationsbeschaffung, ‐aufbereitung und ‐weitergabe zentrale Stellung ein •Feminisierung: steigende Anzahl weiblicher PR‐Fachkräfte, Probleme sind die schlechtere Bezahlung sowie untergeordnete Berufsrollen, Lösungsansätze wären beispielsweise flächendeckend gleiche Bezahlungsweise einzuführen •Trends der 90er:Relevanzsteigerung von PR und Kommunikationsmanagement, Ausbildungsverbesserung PR als akademisches Fach entwickelt sich •Professionalisierung: PR wird wohl nie den Status einer klassischen Profession erreichen, aber durch die Verstärkung und Verbesserung von Forschung und Ausbildung kann diese „Profession neuen Typs“ hohe Standards erreichen und mit dem Journalismus oder anderen Berufen/Professionen gleichziehen    

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V.

VL #6: Politik I 1. Grundlagen politischer Öffentlichkeitsarbeit 

Was ist politische Öffentlichkeitsarbeit? Politische Öffentlichkeitsarbeit oder politische Public Relations lassen sich ‐ in organisationsbezogener Perspektive ‐ als ein Teil des Kommunikationsmanagements politischer Institutionen und Akteure mit ihren externen und internen Umwelten definieren. In einem weiteren Sinn sind auch die thematisch spezifischen Kommunikationsaktivitäten nicht‐politischer Akteure (z.B. Unternehmen, Verbände, NGOs) auch als politische PR zu begreifen. Hier spricht man aber eher von Public Affairs, Governmental Relations, etc. Quelle: Bentele 1998  

 Zwei Typen politischer PÖA Institutionalisierte PÖA        Funktionale PÖA • von Abteilungen oder Teilorganisationen ausgeübt  • Politiker (Einzelakteure) betreiben PÖA in  • institutionelle und organisierte ÖA       Teilfunktion ihrer beruflichen Rolle • PR‐Stil: Routine‐PR, aber auch Spontan‐PR; wenig  • mittlerweile häufig von PR‐Spezialisten geplant strategisch geplant          • Instrumente/Methoden: Interviews,  • Instrumente/Medien: gesamte Bandbreite    unterhaltungsbezogene Formen wie Talk‐Shows, 

Events  Verschiedene Stile politischer Öffentlichkeitsarbeit • Informativer Stil. Mitteilung von Sachverhalten und Tatbeständen, Meinungen; Bedeutungsvermittlung; Verständigung alleiniges Kommunikationsziel • Argumentativer Stil. Begründete Einsicht, freiwillige Einsicht durch Dialog • Persuasiver Stil. Werblicher Stil; emotionale Bindungen und Präferenzen nutzen, um eigene Interessen durchzusetzen • Propagandistischer Stil. Rhetorik und Strategien, die moralischen Kriterien nicht genügen – Einschüchterung, Gleichschaltung, „Einhämmern“ etc.  Staatliche Öffentlichkeitsarbeit als Pflichtaufgabe • Demokratiegebot: Grundgesetz Art. 20; Abs. 1 und 2 • Pressefreiheit: Grundgesetz Art.5, Abs.1 • Landespressegesetze: Recht der Presse auf Information impliziert die Pflicht der Kommunen zur selbstständigen Auskunft • Bekanntmachungspflicht 

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. • Urteil Bundesverfassungsgericht 1977 zur Öffentlichkeitsarbeit • von Staatsorganen  Urteil Bundesverfassungsgericht: Inhalte • Willensbildung und politische Meinungsbildung muss frei von staatlichen Zwängen und Einflüssen sein. • Staatsorgane dürfen sich nicht mit politischen Parteien identifizieren. Neutralität insbesondere zu Wahlkampfzeiten • Die Regierung soll bzw. muss Öffentlichkeitsarbeit betreiben, aber nur im informativen Sinne • Politische Öffentlichkeitsarbeit und politische Wahlwerbung werden deutlich unterschieden  Der Bürger muss informiert werden… „Eine verantwortliche Teilhabe der Bürger an der politischen Willensbildung des Volkes setzt voraus, dass der Einzelne von den zu entscheidenden Sachfragen, von den durch die verfassten Staatsorgane getroffenen Entscheidungen, Maßnahmen und Lösungsvorschlägen genügend weiß, um sie beurteilen, billigen oder verwerfen zu können. Auch dazu vermag staatliche Öffentlichkeitsarbeit einen wesentlichen Beitrag zu leisten.“ Zitiert nach Kunczik/Zipfel, 2002, S.28f 

 Öffentlichkeitsarbeit erhält demokratischen Grundkonsens „Öffentlichkeitsarbeit von Regierungen und gesetzgebenden Körperschaften ist in Grenzen nicht nur verfassungsrechtlich zulässig, sondern auch notwendig. Die Demokratie des Grundgesetzes bedarf – unbeschadet sachlicher Differenzen in Einzelfragen – eines weitgehenden Einverständnisses der Bürger mit der vom Grundgesetz geschaffenen Staatsordnung. (…) Diesen Grundkonsens lebendig zu erhalten, ist Aufgabe staatlicher Öffentlichkeitsarbeit.“ (zitiert nach Furchert, 2000, S. 138)  

Aber: Grenze zu Wahlwerbung „Die Öffentlichkeitsarbeit der Regierung findet dort ihre Grenze, wo die Wahlwerbung beginnt. […] Tritt der informative Gehalt einer Druckschrift oder Anzeige eindeutig hinter die reklamehafte Aufmachung zurück, so kann das ein Anzeichen dafür sein, dass die Grenze zu unzulässiger Wahlwerbung überschritten ist.“ (zitiert nach Furchert, 2000, S. 138)  

2. Fallstudie: Das Presse‐ und Informationsamt der Bundesregierung (BPA) Das Bundespresseamt Das Presse‐ und Informationsamt der Bundesregierung, oder auch kurz Bundespresseamt (BPA): „Das Presse‐ und Informationsamt der Bundesregierung ist die Informationsdrehscheibe zwischen Bürgern, Medien und Bundestag“ [Kohlhoff 2004] Es ist das zentrale Kommunikationsorgan der Bundesregierung – die „hauseigene“ PR‐Agentur der Regierung. Die wichtigste Organisationseinheit mit der Aufgabe, die Politik der Regierung öffentlich darzustellen. Als Gründungszeitpunkt gilt der 16.09.1949, der Tag nach Konrad Adenauers Wahl zum ersten Bundeskanzler der BRD Bundespresseamt: Pressestelle und selbstständige, oberste Bundesbehörde, die unmittelbar dem Kanzler untersteht.  

Funktionen des Bundespresseamtes Die Beobachtungs‐Funktion Beobachtung der Nachrichtenlage weltweit Die Informations‐Funktion a) Information der Bundesregierung, des Bundestages, der Bundeskanzlerin, des Bundespräsidenten und deren Mitarbeiter über aktuelle Nachrichtenlage und Meinungsbild in den Medien in der BRD und der Welt. b) Unterrichtung der Öffentlichkeit, d.h. Bürger und Medien (insbesondere Journalisten) in In‐ und Ausland über die Politik der Bundesregierung 

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. Koordinierende Funktion Einheitlichkeit der Selbstdarstellung der Bundesregierung  Das BPA als Informationsdrehscheibe 

 Funktionen des BPA  

Das BPA der Bundesregierung ist die Informationsdrehscheibe zwischen Bürgerinnen und Bürgern, Medien und der Bundesregierung ‐ allen Seiten verpflichtet und für sie aktiv. Das Amt erfüllt deshalb zwei wesentliche Aufgaben: Information über die Arbeit der Bundesregierung (nach außen) und Information für die Arbeit Bundesregierung (nach innen).          

Information nach außen ‐ Information der Bürgerinnen und Bürger. ‐ Information der Medien über die Politik der Bundesregierung. ‐>Dies ist Teil der verfassungsmäßigen Aufgabe des Amtes. Meinungsfreiheit und Urteilsfähigkeit setzen Information und Sachkenntnis voraus.  Information nach innen ‐ Information der Bundesregierung und des Bundeskanzlers/der Bundeskanzlerin über die Nachrichtenlage ‐> Denn für angemessene und verantwortliche politische Entscheidungen und Strategien sind umfassende und zuverlässige Informationen aus dem In‐ und Ausland ebenfalls unverzichtbar. ‐> Als Pressestelle der Bundeskanzlerin oder des Bundeskanzlers organisiert das Amt die Presse‐ und Öffentlichkeitsarbeit für die Regierungschefin oder den Regierungschef.    

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. Abteilungen des BPA 

 Der Regierungssprecher An der Spitze des BPA steht der Regierungssprecher. Er leitet das BPA, ist für dessen Arbeit verantwortlich und begleitet z.B. den/die Bundeskanzler/in auf Reisen.  Gruppe Koordination … dem Regierungssprecher untergeordnete Stabstelle. Ihre Aufgaben: 

• aktuelle Presseinformationen der Bundesregierung liefern • Journalisten betreuen • Akkreditierung 

Zutritt zum Bundestag haben derzeit ca. 5000 Journalisten. „Ein Regierungssprecher sagte…“ Chefs vom Dienst dürfen Journalisten Auskunft erteilen. Sie werden auch „anonyme Regierungssprecher“ [Kohlhoff 2004] genannt.  Abteilung 2: Medienmonitoring/Dokumentation Rund 80 Mitarbeiter sammeln, filtern und bewerten rund um die Uhr alle Informationen aller Medien aus dem In‐ und Ausland und geben sie an Regierungsmitglieder und Mitarbeiter der Bundesregierung aller Ministerien weiter. Publikationen für den/die Bundeskanzler/in: • zweimal täglich eine Pressemappe mit den wichtigsten Meldungen • Stündliche Auswertung der wichtigsten Agenturmeldungen  Abteilung 3: Presse‐ und Öffentlichkeitsarbeit Periodisch erscheinende Veröffentlichungen der Bundesregierung: • Geschäftsbericht der Bundesregierung • Quartalsbericht legt Ausgaben der staatl. Öffentlichkeitsarbeit offen.  Abteilung 4: Agentur/Service Druckaufträge bei Publikationsvorhaben „Bundesbildstelle“: Offizielle Fotografen der Bundesregierung, die die Politiker begleiten. Besuchergruppen: Jeder Bundestagsabgeordnete darf pro Jahr zwei Gruppen aus seinem Wahlkreis (ca. 100 Leute) auf Kosten des Steuerzahlers nach Berlin bringen. Jährlich 40.000‐50.000 Besucher  

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. Die Website: www.bundesregierung.de • monatlich 2‐3 Mio. Besucher • aktuelle und umfangreiche Bereitstellung von Informationen, Materialien und Dokumente über die Arbeit der Bundesregierung • audiovisuelle und interaktive Medien und Printprodukte zum Download • fotografische Dokumentation von politischen Ereignissen, versorgt das Archiv der Bundesbildstelle  Die Bundespressekonferenz Instrument zur Information der Medien, dreimal wöchentlich. Sie ist keine Einrichtung der Bundesregierung, sondern ein Zusammenschluss der am Regierungssitz tätigen Journalisten. Regierungssprecher sowie die Sprecher der 14 Bundesministerien informieren Journalisten, stellen sich ihren Fragen. Ferner Hintergrundgespräche, in denen Journalisten vertraulich über politische Vorhaben und Vorgänge informiert werden.  

3. Fallstudie: Die Öffentlichkeitsarbeit einer Stadt: Leipzig Die Besonderheiten kommunaler PR Kommunale PR ist eine Pflichtaufgabe der Stadt, die aus den entsprechenden Gesetzesgrundlagen basiert. Sie dient in erster Linie dem Bürger im Sinne einer demokratischen Partizipation und politischer Willensbildung. • Normative Grundlagen (juristisch, historisch, demokratietheoretisch) • Informations‐/Auskunftspflicht! • Funktionale Vielfalt, thematische Breite • Berücksichtigung einer differenzierten Interessenstruktur • Vielzahl von Akteuren und Zielgruppen • kommunale PR wird durch den „kommunalen Kalender“ strukturiert  Ziele kommunaler PR • Die kommunale PR soll den Bürger objektiv, umfassend und überparteilich informieren, damit dieser an der kommunalen Demokratie teilhaben kann. • Regelmäßige und umfassenden Information der Medien • Schaffung von Transparenz bei politischen Entscheidungsprozessen und der Arbeit der Verwaltung • Vertrauensschaffung • Aufbau eines positiven Images • Akzeptanz bei den Bürgern Hauptadressat und zugleich Auftraggeber der kommunalen PR ist der Bürger. Ferner: Lokale, regionale und überregionale Medien; die Mitarbeiter der städtischen Verwaltung  Geschichtlicher Abriss kommunaler PR 1906 Gründung der ersten städtischen Pressestelle in Magdeburg Zwischen 1906 und 1927 Gründung von 68 Nachrichten‐, Presse‐ oder Verkehrsämtern in deutschen Städten Seit Beginn des 1. Weltkrieges massiver Zuwachs und Bedarf an Öffentlichkeitsarbeit Besonderer Aufschwung in der Weimarer Republik 1921 Gründung der „AG städtischer Nachrichten‐ und Presseämter“ Während der NS‐Zeit: Gleichschaltung aller Ämter Neugründung der Referate/Ämter für kommunale Öffentlichkeitsarbeit nach 1946  

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. Abgrenzung zum Stadtmarketing Das Stadtmarketing stellt eine freiwillige, aus Eigeninteresse praktizierte, Leistung der Stadt und/oder privatwirtschaftlich organisierter Organisationen, Vereine, etc. dar. Ziele des Stadtmarketings sind insbesondere: • Darstellung/Bekanntmachung der Stadt nach Außen • Aufbau eines positiven Stadtimages • Wirtschaftsförderung • Tourismusförderung • Stadtmarketing ist Wettbewerbsmarketing mit anderen Städten Stadtmarketing richtet sich vorzugsweise an externe (potentielle) Besucher, Unternehmen, Investoren, Reiseveranstalter, Medien, etc.  Maßnahmen Stadtmarketing • Imagekampagne (z.B. „Leipzig kommt!“, „Leipziger Freiheit“) • Pressereisen • PR‐Projekte („Bach über Leipzig“) • Pauschalangebote • Veranstaltungskalender • Touristenmagazin, Touristeninformation • Messeauftritte (ITB) • etc.  Unterschiedliche Zielgruppen 

 Wege der Informationsvermittlung 

   

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. Die Öffentlichkeitsarbeit in Leipzig Organigramm 

 

 Aufgaben Sachgebiet Medien • Herausgabe der Mediendienste der Stadt Leipzig an Medien und Nachrichtenagenturen • Organisation medienrelevanter Termine der Stadtverwaltung, operative Pressearbeit (Auskünfte/Kontaktvermittlung an Journalisten) • Pflege spezifischer Medienadressdatenbanken • Pflege eines Medienarchivs, eines medienrelevanten Bildarchivs • interner Dienstleister 

Aufgaben Sachgebiet Kommunikation • Koordinierung der Öffentlichkeitsarbeit bei gesamtstädtischen Themen und Projekten • Herausgabe des Behördenwegweisers • Auskünfte zu Publikationen der Stadtverwaltung • Herausgabe des Stadtwappens • Interner Dienstleister 

Redaktion des Amtsblattes • Herausgabe des 14‐täglich erscheinenden Leipziger Amtsblattes • Veröffentlichung der Beschlüsse der Ratsversammlung sowie von Hinweisen, Mitteilungen, amtlichen Bekanntmachungen, Satzungen und Verordnungen der Stadt, redaktionelle Veröffentlichungen • Konvertierung von Amtsblattdateien zur Nutzung für Blinde und Sehschwache 

Ziele des Amtsblattes • Transparenz der Verwaltung • Dialog mit den Bürgern • Möglichkeit, kommunale Politik zu erklären • Vorstellung der Arbeit der einzelnen Fraktionen • Informationspflicht: öffentliche Ausschreibungen & Bekanntmachungen 

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. Aufgaben Stadtbüro • Anlaufstelle für Anregungen zur Stadtpolitik • Stärkung nichtformeller Bürgerbeteiligung bei Planung und Entscheidungsprozessen der Ämter • Information zu städtischen Vorhaben durch Materialien, Ausstellungen und Veranstaltungen • Planung und Organisation der Sprechstunden des Oberbürgermeisters und der Bürgermeister • Vorbereitung von Stadtteilrundgänge und Betriebsbesichtigungen des Oberbürgermeisters • Kontaktstelle für Bürgervereine 

Das Stadtbüro • Das Stadtbüroteam sucht und pflegt den Kontakt zu vielen Vereinen und Initiativen • Es soll den Dialog zwischen Bürger und Verwaltung verbessern. Partner sind 42 Bürgervereine, die Freiwilligen Agentur Leipzig e. V. sowie andere Vereine, Verbände und Institutionen • Organisiert die Bürgersprechstunden des Oberbürgermeisters sowie der Bürgermeister/innen / Beigeordneten • Ansprechpartner für die Bürger: Information, kümmert sich um Anliegen, Hinweise, Hilfegesuche und Ideen 

Die Bürgersprechstunde des OB In jedem geraden Monat führt der Oberbürgermeister eine Bürgersprechstunde im Stadtbüro durch. Die Sprechstunde ist entweder offen oder thematisch festgelegt. In jedem ungeraden Monat findet die Bürgersprechstunde im Ortsteil, verbunden mit einem kleinen Rundgang, statt. Zusätzlich führt der Oberbürgermeister pro Jahr zwei Sprechstunden für Leipziger Unternehmen des Mittelstandes und vier Betriebsbesuche vor Ort durch.  

VL #8: Politik II 1. Was ist Lobbying? ‐ Was sind Public Affairs? 

Lobbying: Definitionen … zunächst eine sehr weite Definition von Lobbying:  „Lobbying ist der Versuch der Beeinflussung von Entscheidungsträgern durch Dritte.“ (Fischer, 1997) … die mit Köppl (1998) sehr stark verengt werden kann durch folgende Aspekte:  … durch Personen, die selbst nicht Teil des Entscheidungsprozesses sind; … sie wird über spezielle Kommunikationsinstrumente bewerkstelligt; … der Versuch zielt auf punktuelle, spezifische Sachentscheidungen, nicht auf die anhaltende Mitgestaltung der (staats‐)politischen Rahmenbedingungen (wie bei Parteien)  … diese Beeinflussung muss gewollt und beabsichtigt sein.  „Lobbying ist der vor allem politische Kommunikationsprozess, der sich zwischen Akteuren gesellschaftlicher Organisationen (Unternehmen, Verbänden, Vereinen, Gewerkschaften, Kirchen, Non‐ Profit‐Organisationen, etc.) und politischen Akteuren (Abgeordneten, Referenten, etc.) abspielt mit dem primären Ziel, mittelbaren oder unmittelbaren Einfluss auf den politischen Entscheidungsprozess zu nehmen. Lobbying arbeitet mit spezifischen Kommunikationsinstrumenten und ist in demokratischen Systemen an rechtliche und moralische Normen gebunden, d.h. bestimmte Verfahren (wie z.B. Bestechung) werden normativ ausgeschlossen. Einen Sonderfall stellen Lobbying‐Prozesse zwischen politischen Akteuren dar.“ (Bentele 2003)  

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. Public Affairs: Definitionen Public Affairs ist die Meinungspflege im öffentlichen Raum, die Mitgestaltung des gesellschaftspolitischen Klimas durch nicht‐politische Organisationen mit dem Ziel, der Organisation selbst oder ihren Zielen (die durchaus auch „gemeinnützig“ sein können) Vorschub zu leisten.  Verhältnis von Public Affairs / Lobbying Von Praktikern, aber auch in der Literatur ‐> uneinheitlicher, widersprüchlicher Begriffsgebrauch. Verhältnis Lobbying/Public Affairs oft vage und diffus. Lobbying und Public Affairs ist gemein, dass Organisationen in ihrem eigenen Interesse „politisch“ oder „gesellschaftlich“ mitreden, „sich einbringen“. ‐> Lobbying zielt direkt auf Entscheidungsträger in Politik und Administration. ‐> Public Affairs zielt indirekt auf diese, wirkt durch Gestaltung der öffentlichen Meinung, des gesellschaftlichen Klimas.  Verhältnis von Public Affairs / Lobbying Praktisch kommt es selten vor, dass lediglich Public Affairs stattfinden. Lobbying ohne Public Affairs geschieht, wo gesetzliche Regelungen kaum von öffentlichem Interesse ist. In der Regel ergänzen sich die Ansätze, wobei einer dominiert. Oder sie werden gar nicht unterschieden.  Normative Grundlagen: GRUNDGESETZ Artikel 5: [Meinungs‐, Informations‐, Pressefreiheit; Kunst und Wissenschaft] (1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt. (2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre. Artikel 9: [Vereinigungs‐, Koalitionsfreiheit] (1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden. (2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten. (3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits‐ und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. (…)  Artikel 20: (1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.  Normative Grundlagen: GGO Die Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien regelt, wie die Bundesministerien arbeiten bzw. wie Gesetzgebung konkret und praktisch geschieht. ‐> mehrfach überarbeitet, zuletzt 2000 und 2006, um die Verwaltung effizienter zu gestalten. ‐> formuliert an mehreren Stellen, dass Verbände und Wirtschaft im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens anzuhören und einzubinden sind. www.verwaltung‐innovativ.de   Gemeinsame Geschäftsordnung (GGO) §44: Gesetzesfolgen 

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. (…) (4) Im Benehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie sind darzustellen: 1. die Kosten für die Wirtschaft, insbesondere auch für mittelständische Unternehmen, sowie 2. die Auswirkungen des Gesetzes auf Einzelpreise, das Preisniveau sowie die Auswirkungen auf die Verbraucherinnen und Verbraucher. Das für den Gesetzentwurf fachlich zuständige Bundesministerium hat dazu Angaben der beteiligten Fachkreise und Verbände, insbesondere der mittelständischen Wirtschaft einzuholen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie ist frühzeitig zu beteiligen. § 47: Beteiligung von Ländern, kommunalen Spitzenverbänden, Fachkreisen und Verbänden (1) Der Entwurf einer Gesetzesvorlage ist Ländern, kommunalen Spitzenverbänden und den Vertretungen der Länder beim Bund möglichst frühzeitig zuzuleiten, wenn ihre Belange berührt sind. (…) (2) Das Bundeskanzleramt ist über die Beteiligung zu unterrichten. (…) (3) Für eine rechtzeitige Beteiligung von Zentral‐ und Gesamtverbänden sowie von Fachkreisen, die auf Bundesebene bestehen, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend. Zeitpunkt, Umfang und Auswahl bleiben, soweit keine Sondervorschriften bestehen, dem Ermessen des federführenden Bundesministeriums überlassen.  Die „Lobbyingliste“ des Deutschen Bundestages In der sogenannten „Lobbyingliste“ des deutschen Bundestages registrieren sich die Spitzen‐ und Dachverbände, die in Berlin verbandlich tätig sind. Die Liste ist jederzeit aktuell im WWW für jeden interessierten Bürger einsichtig. Vgl.: http://www.bundestag.de/ wissen/archiv/sachgeb/lobbyliste/index.html  Akzeptanz lobbyistischer Einflussnahme (comx 2003) Bevölkerung steht Einflussnahme von Interessengruppen auf (Wirtschafts‐)Politik durchaus aufgeschlossen gegenüber. In der Beziehung Wirtschaft/Politik fordert die Bevölkerung Transparenz (Öffentlichkeit), Redlichkeit (Normentreue) und genuinen, funktionierenden Pluralismus (Chancengleichheit). Bemerkenswert: Trotz der vorgestellten Ergebnisse sind annähernd die Hälfte der Bürgerinnen und Bürger gegen eine Einflussnahme von Firmen und Verbänden auf die Politik. Wie lässt sich der Widerspruch erklären? Die Güttler & Klewes‐Studie argumentiert: unter den genannten Bedingungen würde die Bevölkerung Einflussnahme akzeptieren – bei weiten Teilen besteht aber der Verdacht, dass die Interessenvertreter sich nicht an die Regeln halten.  Normative Grundlagen: Fazit Grundsätzlich gilt: In einer demokratischen, vor allem aber in einer pluralistischen Gesellschaft ist die Vertretung partikularer („eigener“) Interessen im Rahmen bestehender Gesetze legitim. Dies gilt selbstverständlich auch für die Vertretung gegenüber Volksvertretern und Verwaltungsangehörigen. Die (aus normativer Sicht keineswegs selbstverständliche) bereitwillige Einbindung (z.B. GGO der Bundesministerien) organisierter Interessenvertretungen in die politische Meinungs‐ und Willensbildung geschieht aus der Annahme heraus, dass dies funktional für das politische System ist. Der Zielwert des politischen Meinungs‐ und Willensbildung ist die am Gemeinwohl orientierte Sachentscheidung. Lobbying trägt zu dieser Entscheidungsfindung bei, wo Vertreter partikularer Interessen sich kommunikativ‐diskursiv, also mit Argumenten, in einem Disput widerstreitender Anliegen durchzusetzen suchen.  

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. 2. Lobbying in Berlin und Brüssel, am Beispiel des Verband der Chemischen Industrie (VCI) 

Der VCI organisiert ein branchenspezifisches Interesse: Vertreter der „wirtschaftspolitischen Interessen von 1.600 deutschen Chemieunternehmen und deutschen Tochterunternehmen ausländischer Konzerne gegenüber Politik, Behörden, anderen Bereichen der Wirtschaft, der Wissenschaft und den Medien.“ Staatshandbuch „Verbände der BRD“: „Im ständigen Dialog mit Parlamentariern, Ministerien und zahlreichen anderen Planungs‐, Koordinations‐ und Entscheidungsgremien nimmt der VCI häufig die Rolle eines fachlichen Beraters ein. So wirkt er an vielen wirtschafts‐, wissenschafts‐ und gesellschaftspolitischen Entscheidungsprozessen mit. 

 Ziele und Aktivitäten des VCL Der VCI verfügt über Expertenwissen, das der BRD und der EU fehlt. Artikulation und Kanalisation der vereinten Wirtschaftsinteressen Partizipation der Industrie am politischen Prozess Einbindung in die europäische Entscheidungsfindung. Den Institutionen fehlt „bürokratischer Unterbau“. Kommission akquiriert Expertenwissen aus Lobby‐Netzwerken: „Der Dialog hat sich für sich für alle Beteiligten als wertvoll erwiesen“ (Amtsblatt EG, 1993)  Der VCI als Vertreter chemiewirtschaftlicher Interessen in der EU 

 Der Entscheidungsfindungsprozess in der EU 

 Die 3 Phasen des Lobbyings beim VCI Phase 1: Europäische Kommission Beginn mit der Überarbeitung der Chemikalienpolitik Phase 2: Europäisches Parlament Verordnungsvorschlag der EU‐Kommission geht in die erste Lesung. Parlamentarier ist abhängig von der öffentlichen Meinung, weil er gewählt wird. Phase 3: Ministerrat Verordnungsvorschlag geht in die erste Lesung. Öffentlichwirksamer Maßnahmen wie zum Beispiel Studien initiieren 

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. Vorgehensweise des VCI VCI‐Positionspapier zur Entwicklung einer neuen Strategie der Chemikalienpolitik Öffentliche Stellungnahmen und Strategiepapiere Ziel: Mitarbeiter der VCI in die europäische Kommission bringen Gemeinsames Positionspapier Bundesregierung, VCI und IG BCE (Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie) zum Weißbuch Mitwirkung an Erarbeitung der CEFIC‐Stellungnahme zum REACH Konsultationsentwurf  Imagekampagne: „Chemie. Element unseres Lebens.“ Adressat und Initiator: Chemie Wirtschaftsförderungs‐Gesellschaft mbH Initiative „Chemie im Dialog“ Informationsangebot unter www.elementunsereslebens.de Strategie: Die Kampagne zeigt, dass Chemie als ständiger, aber oft unbemerkter Begleiter in fast allen Lebensbereichen eine wichtige Rolle spielt. Überraschender Bezug zwischen Alltag und Chemie.  Aufgaben des Berliner Büros Dienstleister für Mitgliedsfirmen, VCI‐Zentrale Informationsdrehscheibe über Gesetzgebung des Bundes Transport und Vertretung politischer Interessen der Mitgliedsfirmen Dialog mit Politik und Gesellschaft in der Bundeshauptstadt Vertretung der politischen Interessen der Mitgliedsfirmen in Veranstaltungen von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft Organisation politischer Gespräche Durchführung Parlamentarischer Abend Informationen über die politische Agenda – Frühwarnsystem Anlaufstelle für Mitgliedsfirmen, Fach‐ und Landesverbände  Fazit Mitarbeiter sind als Experten von zweifacher Bedeutung: Als Person: Mitarbeiter der Kommission Bundesregierung entsendet Experten des VCI in die EU‐Kommission In der Öffentlichkeit: Expertenwissen über Medien in die Öffentlichkeit bringen  

3. Die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) Was ist die INSM? Wirtschaftsliberaler Interessenverband? Überparteiliche Bewegung? Think Tank? Lobbyist? „branchen‐ und parteiübergreifende Plattform“ zur Anstoßung marktwirtschaftlicher Reformen? PR‐Kampagne?  Gründungskontext Die Zusammenbruch der kommunistischen Regime in Osteuropa „Die Wende“ Krise des Sozialstaates 

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. Globalisierung Trend zur Kapitalisierung der Gesellschaft Rückkehr zum Liberalismus Impuls für die Gründung: Umfrage des IfD Allensbach: ‐>nur 22% der Bevölkerung im Osten und 44% im Westen befürworten die Marktwirtschaft. ‐>Die meisten stehen marktorientierten Reformen ablehnend gegenüber. Die IfD‐Umfrage sorgte im Arbeitgeberlager für Unruhe: „In der Bevölkerung herrscht die Meinung vor, es solle alles so bleiben wie es ist. … Darin sahen wir die Gefahr einer erheblichen Stagnation.“ (Dr. Hans Werner Busch Hauptgeschäftsführer Gesamtmetall) ‐> Gesamtmetall und die Arbeitgeberverbände machten sich die Aufgabe zu eigen, die Notwendigkeit von Reformen in die Köpfen der Bürger zu bringen. ‐>Den Bürgerinnen und Bürgern sollte verdeutlicht werden, was aus Sicht der Wirtschaft notwendig sei. ‐>Vor allem war es das Ziel, ein wirtschaftsfreundlicheres Klima in der Gesellschaft zu schaffen.  Legende Ludwig Erhard Rückbesinnung auf und Anknüpfung an die Prinzipien von Ludwig Erhard: ‐ mehr Eigeninitiative ‐ mehr Leistungsbereitschaft ‐ mehr Wettbewerb ‐ weniger Staat  Kooperationen Als wissenschaftlicher Berater fungiert das arbeitgeberfinanzierte Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. Die Initiative arbeitet mit dem Institut für Demoskopie Allensbach zusammen. Die INSM steht in engem Kontakt zur Stiftung Marktwirtschaft und ist wie diese Mitglied im Stockholm Network, einer Dachorganisation wirtschaftsliberaler Denkfabriken.  Ziele Überzeugung der Bevölkerung von der "Notwendigkeit marktwirtschaftlicher Reformen" Anpassung der Sozialen Marktwirtschaft an die “Bedingungen des 21. Jahrhunderts“: ‐ Globalisierung ‐ Wissensgesellschaft ‐ Veränderungen in der Arbeitswelt ‐ demografischer Wandel  Weitere sozialliberale Ziele ‐ Beschränkung des Staates ‐ Abbau von Bürokratie ‐ Senkung von Steuern und Abgaben ‐ Abbau von Subventionen ‐ Deregulierung in der Beschäftigungspolitik ‐ Prinzip der „Hilfe zur Selbsthilfe“ in der Sozialpolitik ‐ Flexibilisierung der Arbeitszeiten 

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. ‐ Senkung der Lohnnebenkosten ‐ Mehr Wettbewerb und mehr Effizienz in der Bildungspolitik ‐ Einführung von Studiengebühren 

Zielgruppen ‐> Gesamtbevölkerung ‐ Unterteilung nach soziodemografischen Merkmalen, z.B. Ausbildungsstand, Alter, etc. ‐> Kernzielgruppe: Multiplikatoren (Politiker, Lehrer, Journalisten) 

Strategie (1) Strategie der integrierten Kommunikation: Nutzung aller möglichen Kommunikationskanäle (2) Aufgreifen und Besetzen aktueller Themen (3) Wissenschaftlichen Studien und Zusammenarbeit mit dem Institut für Demoskopie in Allensbach (4) Zielgruppen‐spezifische Angebote (5) Interaktive Elemente der Kampagne (6) Nutzung politischer und sonstiger Prominenz als „Kuratoren und Botschafter“ 

Agenturen Lead‐Agentur: Scholz & Friends, Berlin Berolino.pr: Die Agentur des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), begleitet die wissenschaftlich die Arbeit der Initiative und ist für die strategische Lenkung zuständig. Aperto AG (eine Tochter von Scholz & Friends) zuständig für Gestaltung, Technik und Inhalt des Internetauftrittes. 

Die Kuratoren und Botschafter ‐ Multiplikatoren ‐ Prominenz / ideelle Nähe zu INSM ‐ Nähe zum jeweiligen Thema ‐ Wissenschaftliche Expertise ‐ prominentestes Beispiel: Ex‐Verfassungsrichter, Verfassungs‐ und Steuerrechtler Paul Kirchhof, als Finanzminister im Gespräch 

Presse‐ und Medienarbeit Klassisch: Pressekonferenzen und –mitteilungen Diverse Medienkooperationen z.B. mit ‐ Financial Times Deutschland ‐ Die ZEIT ‐ MTV ‐ Wirtschaftswoche, Impulse, etc. 

Corporate Publishing ‐ Broschüren ‐ Magazine ‐ Bücher 

Online‐Präsenz www.insm.de www.wassollwerden.de www.vision‐d.de www.wirtschaftundschule.de  

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. 

VL #8: Medien‐PR, Community Building Web 2.0, virales Marketing etc. 

1. Medien‐PR: Von Total‐ und Normaldistanz: theoretische Überlegungen Definition und Abgrenzung 

Medienjournalismus" thematisiert die "Medien" oder die Medien betreffende Sachverhalte, Ereignisse, Entwicklungen, Voraussetzungen usw. Medien‐PR" dagegen ist die Selbstdarstellung von Medienunternehmen. Eine Besonderheit ist, dass Medienunternehmen ihre eigenen Medien nutzen können, um sich selbst darzustellen. 

Zunahme von Medienjournalismus / Medien‐PR 1. Die Bedeutung der Medien im öffentlichen Diskurs ist gestiegen („Mediengesellschaft“) 2. Die politische Relevanz der Medien ist gestiegen („Mediatisierung“ der Politik) 3. Die Medien werden als „4. Macht“ anerkannt, aber ihre Funktionsfähigkeit gerät in Kritik: 

> Sensationalismus, Negativismus, Boulevardjournalismus > „Unterwanderung“ durch Public Relations, Lobbyismus 

4. Die Medien sind Konstituens der „Wissensgesellschaft“ 5. Gestiegenes Informations‐ und Orientierungsbedürfnis der Nutzer aufgrund immer stärkerer Ausdifferenzierung der Medienbranche Verhältnis Redaktion und PR‐Abteilung im Medienunternehmen Drei unterschiedliche Positionen 1. Symbiose 2. Normaldistanz 3. Totaldistanz Verhältnis Redaktion und PR‐Abteilung im Medienunternehmen Achtung: Ruß‐Mohls Kritik ist nur relevant für den redaktionellen, den Nachrichten‐Teil der Medien. 

 *Quelle: Stephan Ruß‐Mohl, 1997 1. Symbiotische Beziehung PR‐Abteilung und Redaktion arbeiten Hand in Hand, so dass Botschaften der PR‐Abteilung ungehindert ins Blatt fließen. Vorteil: Arbeitserleichterung, da eigene Recherche wegfällt; potentielle Konflikte mit der Unternehmensleitung sind ausgeschlossen. Nachteil: Möglicher Glaubwürdigkeitsverlust beim Publikum, da nicht deutlich ist, ob es sich um eine objektive Information oder um eine Form von PR und Imagewerbung handelt. 2. Normaldistanz Unternehmensleitung/Pressestelle und Redaktion haben ein objektiv‐professionelles Verhältnis zueinander und geben einander keine Vorzugsbehandlung. > Über Aktionen und Veranstaltungen des eigenen Hauses wird entsprechend Relevanz berichtet. > Über Konflikte im eigenen Haus wird genauso berichtet als handle es sich um Probleme anderswo. 3. Totaldistanz Die Redaktionen vermeiden Themen völlig, die das eigene Haus tangieren. > Über Konflikte und Problem wird ebenso wenig berichtet wie über Erfolge. Schwierig, da auf die Dauer ebenso unglaubwürdig.  2. „PR“ für eine Zeitung: Das Beispiel LVZ, klassische Leser‐Blatt‐Bindung Spezifika der Medien‐PR 

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. Größe des Unternehmens 

Eine eigene PR‐Abteilung ist i.d.R. nur bei großen Medienunternehmen anzutreffen: > z.B. Großverlage mit mehreren Produktion wie Gruner & Jahr, Burda, etc. und große TV‐Sender) Medien‐PR ist, vor allem bei kleinen Unternehmen, i.d.R. reine Produkt‐PR, die den Verbreitungsraum des eigenen Produkts, z.B. Tageszeitung, nicht überschreitet. > Ziel ist hier i. d. R. Neuwerbung bzw. das Halten von Kunden. 

Struktur und Umfeld des Unternehmens TV‐Sender haben gegenüber von Verlagen i.d.R. erheblich größere Ressourcen für die PR‐Arbeit. Erhöhte Anforderungen an PR, da Leitmedium Fernsehen mehr im „Rampenlicht“ steht und härterer Kritik ausgesetzt ist. Vor allem private TV‐Sender haben ein massives Glaubwürdigkeitsproblem und sind auf PR angewiesen. 

Aufgaben von Medien‐PR ‐ Information ‐ Erzeugung von Aufmerksamkeit ‐ Vertrauen entstehen lassen ‐ Kundenbindung (z.B. „Leser‐Blatt‐Bindung“) 

Medien‐PR und Vertrauen ‐ Öffentliches Vertrauen als Grundlage für Public Relations – normativ und sozial. ‐ In der heutigen Mediengesellschaft wird Vertrauen oft indirekt, nämlich medienvermittelt hergestellt. ‐ Medien sind in diesem Vertrauensbildungsprozess keine bloßen Mittler, sondern ihnen wird selbst mehr oder weniger Vertrauen entgegengebracht > Seit Ende der 70er Jahre ist das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Medien kontinuierlich zurückgegangen. ‐ Vor allem das Fernsehen hat in den letzten Jahren einen massiven Vertrauensverlust erfahren. Um einem möglichen Vertrauensverlust entgegenzuarbeiten, müssen Medienunternehmen… 1) journalistische Standards kontinuierlich überprüfen 2) durch Distanz zwischen Unternehmensleitung/Pressestelle und Medienredaktion Transparenz herstellen und Glaubwürdigkeit aufbauen. 3) Einsatz von dialogorientierten Kommunikationsstrategien in der Öffentlichkeitsarbeit 

Instrumente der Medien‐PR 1) Mittel der Unternehmenskommunikation innerhalb klassischer Marketing‐Strategien: PR als Mittel der Kommunikationspolitik 2) Instrumente der Product‐Publicity   ‐ Vorworte in Nachrichtenmagazinen 

‐ Vorabberichte und –informationen im jeweiligen Medium ‐ Pressemitteilungen ‐ Nachfassaktionen ‐ Events ‐ Cross‐Media‐Strategien ‐ Auftritte in Shows und Sendungen zur Vorabbewerbung von Medieninhalten (z.B. TV‐Spielfilm) 

3) „Klassische“ PR‐Strategien und –instrumente ‐ Ausstellungen, Ausstellungseröffnungen ‐ Betriebsbesichtigungen, Tage der offenen Tür ‐ Festschriften ‐ Filme über das Unternehmen ‐ Förderungen/Stiftungen (z.B. ZEIT‐Stiftung) ‐ Sponsoring 

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. ‐ Geschäfts‐/Jahresberichte ‐ Interne PR (Mitarbeitermagazin) ‐ Imagemaßnahmen (Events, Familientage, etc. ) ‐ Informationsveranstaltungen ‐ Podiumsdiskussionen ‐ Kundenveranstaltungen (z.B. für Anzeigenkunden) ‐ Stiftung von Preisen (z.B. Kunstpreis der LVZ) ‐ PR‐Anzeigen, Flyer, Broschüren und Co. ‐ Leserreisen ‐ Gewinnspiele 

4) Redaktionelle PR‐Aktivitäten ‐ Eigen‐PR durch Platzierung von Information und damit Generierung von Nachrichten über das Medium selbst ‐ Tabuisierung bestimmter Berichterstattungsbereiche (Konkurrenten, Konflikte oder Strategien im eigenen Haus) ‐ Personen, Aktionen etc. aus dem eigenen Haus als bevorzugter Berichterstattungsgegenstand 

3. Online‐Medien, Web 2.0 & Co: Community‐Building oder PR‐Masche? /Video Scholz & Friends/ 

Vier Funktionen des Internet für Organisationen allgemein a) Publicity‐Funktion – d.h. sich selbst im Internet zu präsentieren b) Themengenerierungsfunktion: das Internet kann als Kommunikationsplattform genutzt werden, über die Themen in den Agenda‐Setting‐Prozess eingestreut werden können c) Service‐Funktion: Bereitstellen von Informationen für die Öffentlichkeit d) Dialogfunktion: Herstellen von Dialogfähigkeit (z.B. durch News‐ und Chatforen) 

Dialogkommunikation im WWW ‐ Bereitstellen von Emailadressen, Anschriften / Telefonnummern ‐ Newsletter ‐ Onlineforen ‐ Chats ‐ Aufbau von Web‐Communities ‐ Direct‐Response‐Möglichkeiten 

Funktionen von Online‐Medien Onlinemedien können eigenständige Medien oder Ergänzungsmedium für ein anderes Medium sein. Es gibt nur sehr wenige eigenständige Onlinemedien im Mediensektor. In der Regel nutzen alle größeren Medienunternehmen ein Onlineprodukt als Ergänzungsmedium, z.B. www.stern.de, www.spiegel.de, www.pro7.de, www.mdr.de, etc. Der Mehrwert liegt hier vor allem in der stärkeren Aktualität und der leichten, kostenlosen Erreichbarkeit der Information. Die Ressorts aus dem Printbereich und die Struktur des „Muttermediums“ werden i.d.R. beibehalten. 

www.neon.de Es gibt aber auch relativ eigenständige Onlinemedien, die zwar mit einem Muttermedium verbunden sind, aber im Rahmen des Onlineauftrittes ein eigenes Profil gewinnen. Ein solches Beispiel ist der Onlineauftritt des Stern‐Magazins NEON. 

Schlagworte: Web 2.0 Social Software User Generated Content 

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. Dialogmarketing Media Community Virales Marketing 

Community‐Building oder PR‐Strategie? ‐ Im Mittelpunkt steht der direkte Dialog mit den Lesern und eine Ansprache von Endkunden mit gemeinsamen Interessen. ‐ Sog. „Media‐ oder Web‐Communities“ sollen organisch wachsen und mit den Markenwelten der Kunden verbunden werden. ‐ Die User sollen selbst aktiv an der Website mitwirken. Die Seite lebt sozusagen von den Nutzern. („User Generated Content“) ‐ Bei www.neon.de ist die Website nicht nur eine Fortsetzung des Heftes. Hier wollen die Leser nicht nur angesprochen werden sondern selbst schreiben. ‐ Solche Communities lösen ehemals soziodemografisch erfasste Zielgruppen ab. ‐ Anstatt an anonyme Zielgruppen richtet man sich an enge, hoch involvierte Teilöffentlichkeiten, die sich um Themen und Interessen formatieren. ‐ Dadurch wird eine außerordentlich hohe Kontaktqualität erreicht und Streuverluste auf ein Minimum reduziert. ‐ Dabei bleibt das Printprodukt aber zunächst unverzichtbar, es dient als thematischer Eckpfeiler. ‐ Internetauftritte wie www.neon.de nutzen den Trend der letzten Jahre, das Internet als Plattform zur Selbstpräsentation zu nutzen. ‐ Hier ist der User nicht Kunde/Consumer, sondern trägt selbst zum Erfolg dieser Seiten bei.(Prosumer) ‐ Die Macher von www.neon.de setzen in besonderem Maße auf Interaktivität. Die Seite lebt von ihren Nutzern. ‐ Es gibt keinen Online‐Redaktion im klassischen Sinne, sondern der Hauptteil der Beiträge wird von eingetragenen Nutzern verfasst. 

Die Rolle der „Experten“ Gesteuert wird die Communitiy von einer kleinen Onlineredaktion und sogenannten „Experten“. Dies sind Personen, die schon längere Zeit Teil der Community sind. Diese kontrollieren den Inhalt der Artikel und ob sie den richtigen Rubriken zugeordnet sind. Experten haben sich oft auf eine bestimmtes Thema spezialisiert und verfassen hierzu auch Artikel im Printmagazin. 

Die „NEON‐Community“ Der Communitycharakter ergibt sich erstens auf dem gemeinsamen Bezug zum Blatt/Website, zweitens dem ähnlichen sozio‐demografischen Hintergrund: Die NEON‐User bewegen sich fast alle in ähnlichen Lebensumständen (Ende Studium/ Berufsanfang), haben ähnliche Interessen und Probleme. Dazu kommt die Möglichkeit, mit anderen Usern in Kontakt zu treten. > in dem man gepostete Artikel anderer Neon‐User kommentiert > oder indem man sich direkt an den Verfasser wendet – denn jeder User legt ein eigenen Profil an, auf dem er sich der Community vorstellt.    

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. 

VL #9: NGOs und Verbände 1. Von Interessenartikulation & ‐aggregation Warum Interessenverbände? 

„Freiheitliche Gesellschaftsordnungen sind auf Verbände angewiesen. Erst die Existenz und Konkurrenz der Interessenrepräsentation durch Verbände spiegelt das breite Spektrum der Wünsche der Bürgerinnen und Bürger.“ (Bernd Rüthers) Wie nennt man sie noch? •Interessenorganisationen •Organisierte Interessen •Lobby •Pressure‐Groups •Initiativen •Arbeitsgemeinschaft •Bund •Bundesverband •Club oder Convent •Dachverband, Fachverband •Förderkreis Andere soziale Bewegungen: •Bürgerinitiativen •Selbsthilfegruppen 

Der Dritte Sektor Erster Sektor: Staat – hoheitliche Verwaltung z.B. staatliche Institutionen, die hoheitliche Aufgaben wahrnehmen Parlamente, Regierungen, Verwaltungen, Justiz Öffentliche Einrichtungen wie Schulen, Theater, Museen, Universitäten Zweiter Sektor: Markt – Gewinn und Konkurrenz Organisationsformen, die wirtschaftlichen und Erwerbszwecken dienen, Wie Konzerne, Unternehmen, Firmen, kommerzielle Veranstaltungen Dritter Sektor: Zwischen Staat und Markt Vereinigungen, Gesellschaften, Vereine, Verbände NPO (Non‐(for)‐Profit‐Organisationen NRO (Nicht‐Regierungs‐Organisationen) NGO (Non‐Govermental‐Organizations) 

Zweiter Sektor vs. Dritter Sektor 

  

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. 

 NGOs 

„operational“  „advocacy“ 

 Ökonomische Bedeutung des Dritten Sektors 

•3,9% des BIP •1 Mio. Arbeitsplätze in Deutschland •3,7% der Gesamtbeschäftigten •Mehr als das Banken‐ und Versicherungswesen (890 Tausend) •Doppelt so viel wie die chemische Industrie >> Der 3. Sektor ist in den letzten 25 Jahren stärker gewachsen als alle anderen Wirtschaftssektoren. 

Quelle: Anheier, 1997 Weitere Trends im Dritten Sektor 

•Staat zieht sich zunehmend aus der Förderung des 3. Sektors zurück •Bedarf nach sozialen, kulturellen und ökologischen Leistungen steigt •Immer mehr Unternehmen engagieren sich strategisch in sozialen Bereichen >> Notwendigkeit der Professionalisierung. Chance zum Überdenken der eigenen Organisation. 

Quelle: Bruhn, 2005; Bornholdt, 2006 Struktur des Dritten Sektors 

•107.000 NPO in Deutschland (nach Salamon/Anheier Definition) •Großteil der Arbeitsplätze bei staatlich geförderten NPO im Bereich soziale Dienste und Gesundheit, geringe Freiwilligenquote •Großteil der kleineren NPO in den übrigen Bereichen mit hoher Frewilligenquote •Insgesamt 95‐99% aller NPO regional und „mittelständisch“, d.h. keine nationale Bekanntheit, keine Millionetats, kaum klassische Werbung. >> Beziehungen sind das Kapital der NPO. 

Quelle: Anheier, 1997; Pohl, 2004 Definition Non‐(for)‐Profit‐Organsation 

Nonprofit (Not‐for‐Profit, Non‐Business)‐Organisationen bezeichnet man jene produktiven sozialen Systeme mit privater Trägerschaft, welche ergänzend zu Staat und marktgesteuerten  erwerbswirtschaftlichen Unternehmungen spezifische Zwecke der Bedarfsdeckung, Förderung und / oder Interessensvertretung/ Beeinflussung (Sachzieldominanz) für ihre Mitglieder (Selbsthilfe) oder Dritte wahrnehmen.                 Quelle: Purtschert et al., 2005    

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. Besonderheiten „Nonprofit‐Organisation“ 

•Systeminterne Unterschiede ‐ die NPO als Organisation – Organisationsziele (Mission driven) – Organisationsstruktur (komplexe Entscheidungsstrukturen, Ehrenamt) – Organisationskultur (ethisches Selbstverständnis, Marketing‐Aversion) •Die NPO als Produzent immaterieller Güter –Produkt zumeist eine Dienstleistung – Uno‐Actu‐Prinzip (Produktion/Konsumtion fallen zeitlich zusammen) ‐ Nicht konservierbar – Prinzip der Koproduktion – Prinzip der Einzigartigkeit in Erbringung und Wahrnehmung der Leistung •Nicht‐schlüssige Tauschbeziehung – Leistung und Gegenleistung meist nicht messbar gleichwertig – Marktplatzgedanke nur bedingt anwendbar 

Rechtliche Bestimmungen Vereinigung ist der juristische Oberbegriff für alle Verbände, Vereine, Interessengruppen und Gesellschaften > Art. 9 GG  „Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu gründen.“ > § 24 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien (GGO): „Verbände bzw. ihre Vertreter können an der Gesetzgebung beteiligt werden.“ 

Die Entstehungsgeschichte der Verbände Vorgeschichte Bürgerliche Gesellschaft im 19. Jh.: Frühe wirtschaftliche Verbände z.B. 1825: Börsenverein des deutschen Buchhandels Gewerkschaften 1848: Ansätze überlokaler Verbände wurden in Restauration zerschlagen Für Arbeiter galt unter Bismarck ein Vereinigungsverbot Nach 1890 konnten sich die Gewerkschaften entfalten Unternehmensverbände 1896: „Freie Vereine“ hatten mit Erlass des BGBs eine rechtliche Basis um 1900: Bewegungsaufschwung: Ausgangspunkt der Jugendbewegung Auffächerung in der Weimarer Republik Entfaltung und Untergang eines System organisierter Interessen wirtschaftliche Krisen fehlende Anerkennung demokratischer Werte Gleichschaltung im Nationalsozialismus Ständestaat als Vorbild: Zwangsmitgliedschaften Kapitulation: Aufhebung des NS‐Organisationswesen durch Alliierte Wiederaufbau nach 1945 In sozialer Marktwirtschaft spielen Verbände eine wichtige Rolle Studenten‐ Friedens‐ und Frauenbewegung gibt neue Impulse Verbände in der DDR Kein freies Verbandswesen; Ausnahme: Evangelische Kirche Offizielle Verbände hatten öffentliche Funktionen (FDJ) 

Wirtschaftsfaktor Verbandswesen Der deutsche Bundesbürger in Zahlen: 2500 organisatorisch selbstständige, bundesweit tätige Verbände 

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. 25 % der Bundesbürger sind Mitglied in einem Berufsverband oder einer Gewerkschaft 60% sind in Vereinsmitglied Ca. 5 Mio. ehrenamtliche aktive Vereinsmitglieder Zahl der Vereinsmitglieder ist deutlich höher als die der Parteimitglieder > Großer Bereich für ehrenamtliches Engagement, Mitbestimmung und Macht, und beträchtlicher Wirtschaftsfaktor.          (Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung) 

Handlungsfelder •Wirtschaft und Arbeit •Soziales Leben und Gesundheit •Freizeit und Erholung •Kultur, Bildung und Wissenschaft •Religionsgemeinschaften und gesellschaftspolitisches Engagement 

Verbände und Öffentlichkeit (‐sarbeit) Ziele der Öffentlichkeitsarbeit von Verbänden •Bekanntmachung, Sympathiewerbung und Imagepflege •Aufklärungskampagnen, um gegnerische Positionen in Frage zu stellen •Appell an die Mitglieder zur Unterstützung der Verbandsbelange > Medien werden von Verbänden genutzt, um auf die Politik, die politischen Entscheidungsträger einzuwirken. 

Verbände in der Pluralismustheorie Ideal und Wirklichkeit Die BRD ist eine pluralistische Gesellschaft Normative Debatte: Pluralismus als Leitidee einer guten Demokratie Ideal des Pluralismus: Machtgleichgewicht und Chancengleichheit in einem offenen System, in dem Grundkonsens über gemeinsame Spielregeln herrscht Ansatz des angenommenen Interessenausgleichs (Ernst Fraenkel) Gesellschaftliche Interessen organisieren sich in Verbänden, kommen infolge von Konkurrenz‐ und Kompromissbildung im politischen Prozess zu einem relativen Gleichgewicht. > Gemeinwohl als Ergebnis eines Kräftemessens der Interessen, die sich gegenseitig austarieren. 

Zukunft der Verbandsgesellschaft >Trotz Individualisierung verschwindet die organisierte Gesellschaft nicht. >Im Gegenteil: Die Vernetzung steigt. Die Komplexität nimmt zu. >Orientierung an Bedürfnissen der Mitglieder (Serviceorientierung) >Interessen werden auf europäischer und internationaler Ebene organisiert. 

2. Die PR‐Berufsverbände DPRG, BdP, GPRA Die Deutsche Public Relations‐Gesellschaft (DPRG) 

Ziele der DPRG: • Veranstaltungen und Publikationen für die Fortbildung von Public Relations‐Fachleuten und die Ausbildung des Nachwuchses • Förderung des Ansehens des Berufsstandes und Vertiefung der Kenntnisse über ihn in der Öffentlichkeit • Information und Unterstützung ihrer Mitglieder in berufsständischen Fragen und Verpflichtung auf fachgerechte Berufsausübung • Wissenschaftliche Durchdringung der Public Relations • Vertretung der beruflichen Interessen ihrer Mitglieder • Pflege und Förderung der internationalen Beziehungen • Veranstaltungen und Publikationen für die Fortbildung von Public Relations‐Fachleuten und die Ausbildung des Nachwuchses 

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. • Förderung des Ansehens des Berufsstandes und Vertiefung der Kenntnisse über ihn in der Öffentlichkeit • Information und Unterstützung ihrer Mitglieder in berufsständischen Fragen und Verpflichtung auf fachgerechte Berufsausübung • Wissenschaftliche Durchdringung der Public Relations • Vertretung der beruflichen Interessen ihrer Mitglieder • Pflege und Förderung der internationalen Beziehungen 

Die Deutsche Public Relations‐Gesellschaft (DPRG) Gründung: 08. Dezember 1958 in Bonn Sitz der Geschäftsstelle: St. Augustiner Str. 21, 53225 Bonn Präsident: Ulrich Nies Internet: www.dprg.de Auszeichnungen: 1. Seit 1971 Verleihung des Deutschen PR Preises (Goldene Brücke); höchste Auszeichnung der Branche für hervorragende PR 2. Albert‐Oeckl‐Nachwuchspreis (prämiert hervorragende wissenschaftliche Abschlussarbeiten) 

Der Bundesverband deutscher Pressesprecher (BdP) Zweck des Verbandes: • Vernetzung von Pressesprechern und Kommunikationsbeauftragten aus Unternehmen, Verbänden, Organisationen und Politik • Vertretung der Mitgliederinteressen und Positionierung in aktuellen Debatten des Berufsstands (z.B. Richtlinien für die Vergabe von Journalistengeschenken) • aktive Imagearbeit für den Berufsstand, klare Abgrenzung des Berufsstands von anderen, verwandten Berufen • Professionalisierung des Berufs durch die Unterstützung von Weiterbildungsmaßnahmen für den Nachwuchs Gründung: 31. Oktober 2003 in Berlin Sitz der Geschäftsstelle: Friedrichstraße 209, 10969 Berlin Präsident: Lars Großkurth, Thomas Ellerbeck (Vize‐Präsident), Uwe Dolderer (Vize‐Präsident), Michael Donnermeyer (Vize‐Präsident) Internet: www.pressesprecherverband.de Mitglieder: 2.806 (Stand 2008) Preise: „Goldener Apfel“ für herausragende journalistische Leistungen; „Fauler Apfel“ für schlechte journalistische Leistungen 

Die Gesellschaft Public Relations Agenturen (GPRA) Die Gesellschaft Public Relations Agenturen e.V. (GPRA) ist der Verband führender Public Relations‐Beratungsunternehmen Deutschlands. Die GPRA ist eine Gütegemeinschaft, deren Mitglieder gemeinsame Qualitätsstandards verbinden. Zweck des Verbandes: • Verbesserung der Leistungsfähigkeit und Qualität der in der GPRA zusammengeschlossenen Agenturen • Darstellung des Leistungspotenzials professioneller Agenturen Gründung: 08. Mai 1973 in Düsseldorf Sitz der Verbandsgeschäftsstelle: Schillerstraße 4, 60313 Frankfurt am Main Präsident: Dieter Schulze van Loon Internet: www.gpra.de Mitglieder: 33 PR‐Agenturen (die insgesamt etwa 1.800 Mitarbeiter und 200 Mio. Umsatz repräsentieren). Voraussetzung für Mitgliedschaft: • Leistungspotential 

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. • Marktbewährung (min. 3‐jähriges Bestehen der Agentur, Mindest‐Honorarumsatz) • Informationspflicht (Eigenkapital, Gesellschaftsstruktur) 

Der Deutsche Rat für Public Relations (DRPR) Organ der freiwilligen Selbstkontrolle in Deutschland tätiger PR Fachleute (www.drpr‐online.de) Vorsitzender: Richard Gaul Hauptaufgaben: • rügt Missstände/ bei Kommunikation mit Öffentlichkeiten auf Basis anerkannter Kodizes und Grundsätze • wirkt auf Offenheit und Fairness in den Beziehungen zwischen Organisationen und ihren Publika hin • fordert ein normenkonformes und verantwortungs‐bewusstes Handeln Zuständigkeit nicht an Personen/Verbände des Berufsstandes gebunden. 

International Public Relations Association (IPRA) Gründung: 01. Mai 1955 London 1961 Code of Conduct (Etablierung eines Verhaltenskodex); 1965 Code of Athens/Code d‘Athènes (Autor: Lucien Matrat, Frankreich) Zentrale: Surrey, United Kingdom Internet: www.ipra.org Ziele (Auswahl): • Forum für internationalen Austausch • Fachspezifische Weiterbildung (Kongresse etc.) • Verbesserung des Berufsbildes Name: European Public Relations Education and Research Association (EUPRERA) Gründung: 2000 (Nachfolgeorganisation von CERP Education) Zentrale: Anne‐Marie Cotton, Quastreet 26; B‐9270 Laarne, Belgium Internet: www.euprera.org Ziele (Auswahl): • „…stimulating and promoting the knowledge and practice of all public relations education and research in Europe“ • Collecting, communicating and exchanging all forms of public relations research, 

EUPRERA Name: European Public Relations Education and Research Association (EUPRERA) Gründung: 2000 (Nachfolgeorganisation von CERP Education) Zentrale: Anne‐Marie Cotton, Quastreet 26; B‐9270 Laarne, Belgium Internet: www.euprera.org Ziele (Auswahl): • „…stimulating and promoting the knowledge and practice of all public relations education and research in Europe“ • Collecting, communicating and exchanging all forms of public relations research, 

Global Alliance Name: Global Alliance for Public Relations and Communication Management Gründung: 25. Oktober 2000 in Chicago, Illinois, USA, als ein internationaler Zusammenschluss von Vereinigungen Mitglieder: 40 nationale und internationale Verbände, die zusammen mehr als 100.000 Praktiker repräsentieren Internet: www.globalpr.org Bedürfnisse und Ziele: • Austausch von Ideen und Praktiken • Formulierung gemeinsamer Interessen und Standards 

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. • besseres Verständnis verschiedener Kulturkreise • Kooperation durch die Bildung eines Netzwerks, u.a. 

Global Alliance Verabschiedung der Declaration of Principles (2002): Ziel: Optimierung von Kommunikation, von Verständnis und von Kooperation zwischen Individuen, Gruppen und Institutionen der Gesellschaft Selbstverpflichtungen: > Professionelles, integres, wahrhaftiges, genaues, faires und verantwortliches Verhalten gegenüber den Kunden, den Teilöffentlichkeiten und der informierten Gesellschaft >Steigerung der Kompetenz durch Aus‐ und Weiterbildung > Festhalten an ethischen Standards: Advocacy (Fürsprache), Honesty (Ehrlichkeit), Integrity (Rechtschaffenheit), Expertise (Sachkenntnis), Loyalty (Loyalität) 

Zusammenfassung • DPRG: Berufsverband, gegründet 1958, Ziele: Förderung des Berufsstandes, Nachwuchsförderung, Unterstützung der Mitglieder, Verleihung des Preises „Goldene Brücke“ und des Albert‐Oeckl‐Nachwuchspreises • GPRA: Verband führender PR‐Beratungsunternehmen, 1973 gegründet, 30 Mitglieder • DRPR, Organ zur Selbstkontrolle in Deutschland tätiger PR Experten, DAPR (1991) Verbesserung der PR‐Ausbildung, u.a. Etablierung allgemein anerkannter PR Prüfungsabschlüsse • Internationale Organisationen: IPRA (1955) 1961 Code of Conduct (Verhaltenskodex), 1965 Code of Athens; und EUPRERA (2000); Body of Knowledge, etc. GLOBAL ALLIANCE (2000) Declaration of Principles. 

3. Eine Verbraucherschutzorganisation: Stiftung Warentest Die strukturelle Unterlegenheit des Verbrauchers 

Die Gesamtheit der Bestrebungen und Maßnahmen, Verbraucher von Gütern oder Dienstleistungen schützen sollen. Die Annahme eines Schutzbedürfnisses beruht auf der Erfahrung, dass Verbraucher gegenüber den Herstellern und Dienstleistungsanbietern „strukturell unterlegen“ sind, das heißt infolge mangelnder Fachkenntnis, Information und/oder Erfahrung leicht benachteiligt werden können. Dieses Ungleichgewicht so weit als möglich auszugleichen ist das Anliegen des Verbraucherschutzes. 

Verbraucherschutz? Ist dafür nicht der Staat zuständig? Lebensmittelsicherheit •Gesundheit •Medienkommunikation & Neue Medien •Energie, Bauen und Wohnen •Markt 

Stiftung Warentest Hoher Bekanntheitsgrad: 96 Prozent aller Deutsche kennen die Stiftung Warentest. Vertrauenswürdigkeit: Die Stiftung hat mit ihren Bewertungen einen signifikanten Einfluss auf das Kaufverhalten der Verbraucher. Ein Drittel aller Deutscher verlässt sich bei wichtigen Kaufentscheidungen auf ihre Testergebnisse. Gute Bewertungen der Stiftung Warentest nehmen oft einen prominenten Platz in der Produktwerbung oder auf Verpackungen ein. Aufgaben >Vergleich von objektivierbaren Merkmalen des Nutzwertes, des Gebrauchswertes, und der Umweltverträglichkeit. 

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. >Aufklärung des Verbrauchers über wirtschaftliche Haushaltsführung sowie gesundheits‐ und umweltbewusstes Verhalten. 

Die Geschichte der Stiftung Warentest in Zahlen •1964: Gründung auf Betreiben der Bundesregierung als neutrales Wareninstitut •1966: Erscheinen der ersten Ausgabe der Zeitschrift „test“ •1968: Einführung der Qualitätsurteile wie „sehr gut“, „gut“ etc. •1974: Neben Produkten werden auch Dienstleistungen geprüft •1991: Markteinführung der Zeitschrift „FINANZtest“ •2004: Weiterbildungstests auf Initiative des BMBF •Bewertung ethischer, sozialer und ökologischer Verantwortung von Unternehmen Finanzierung Zu ihrer Gründung war sie mit Finanzmitteln des Bundeswirtschaftsministeriums ausgestattet. Jährliche Ausgleichszahlung vom Staat (13% ihres Etats) Oberstes Gebot ist die Neutralität. Laut Satzung darf sie keine Einnahmen durch die Aufnahme von Anzeigen in ihren Publikationen erzielen. Verkauf ihrer Publikationen macht Großteil des Umsatzes aus. (52 Mio. 2005, davon 6,5 Mio. vom Staat) Test (Auflage: 580.000 Exemplare) und „ FINANZtest“ (274.000) Organisation Die Stiftung Warentest ist satzungsgemäß mit drei Organen ausgestattet. Der Vorstand ist der Alleinvorstand Werner Brinkmann. Der Vorstand wird von einem siebenköpfigen Verwaltungsrat berufen und in seiner Tätigkeit überwacht. Vorstand und Verwaltungsrat werden vom 18‐köpfigen Kuratorium beraten. Die Stiftung Warentest gliedert sich in die drei Bereiche Untersuchungen, Publikationen und Marketing und Vertrieb und ferner in die Pressestelle und die Abteilungen Grundsatzfragen, Internationales und Leserservice, Controlling und Finanzen, EDV und Innerer Dienst, Recht und Personal und Weiterbildungstests. 

Warum verkauft die Stiftung Tests im Internet? 1. www.test.de ist ‐ wie alle Publikationen der Stiftung ‐ werbefrei. Anzeigeerlöse fallen damit als Finanzierung aus. 2. Die Stiftung kauft die Testgüter anonym im Handel und lässt sich nicht kostenlos Vorserienmodelle oder Prototypen von den Anbietern zur Verfügung stellen 3. Der staatliche Zuschuss, der ursprünglich mit der Begründung gewährt wurde, ein Ausgleich zur Werbefreiheit darzustellen, beträgt mit 6,5 Mio. Euro nur gut 10 Prozent des Gesamtetats der Stiftung. Zum Vergleich: Andere Verlage erzielen rund 2/3 ihres Umsatzes mit Anzeigeerlösen. 

Der Prüfungsprozess Marktforscher und wissenschaftliche Mitarbeiter sind für die Marktauswahl und die Durchführung der Tests verantwortlich. Jedes Untersuchungsvorhaben wird mit dem Kuratorium abgestimmt und in einem Fachbeirat mit externen Vertretern der Verbraucher diskutiert. Die Untersuchungen werden nicht durch Mitarbeiter der Stiftung Warentest durchgeführt, sondern weltweit an externe, neutrale Prüfinstitute vergeben. Die objektiven Prüfergebnisse werden nach der Prüfung und Auswertung durch die Stiftung Warentest und vor der Veröffentlichung an die Anbieter zur Kontrolle und Stellungnahme übermittelt. Redakteure bringen die Testergebnisse in eine lesbare Form. 

Robinsonliste Schwarze Listen mit Kontaktdaten von Personen, die keine unaufgeforderte Werbung erhalten wollen Diese Listen werden von Branchenverbänden der Direktmarketing‐Unternehmen sowie des Verbraucherschutzes geführt. 

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. Die in diesen Branchenverbänden organisierten Direktmarketing‐Unternehmen verpflichten sich, dem Wunsch der registrierten Verbraucher nach Werbefreiheit nachzukommen und in keiner Form kommerziell Kontakt zu ihnen aufzunehmen. Die „Robinsonliste“ ist nach der Romanfigur Robinson Crusoe benannt.  

Prof. Dr. Günter Bentele (i. V.: Dr. Tobias Liebert) 

Öffentlichkeitsarbeit/PR: Einführung in die Theorie und Praxis  Agenturbereich und Berufsverbände 

1. Das Berufsfeld der PR‐Agenturen 1.1 Einführung 

Definition: PR‐Agentur PR‐Agenturen sind von Organisationen, gesellschaftlichen Gruppen oder Einzelpersonen beauftragte Dienstleistungsunternehmen, die mit mindestens fünf festangestellten Mitarbeitern (eventuell auch projektweise mit freien Mitarbeitern) kommunikative Aufgaben lösen oder lösen helfen sollen. Dabei verwalten sie treuhänderisch die Kundenetats und erzielen dadurch als erwerbswirtschaftlich orientierte Dienstleister hauptsächlich oder vollständig ihre Erlöse. 

1.2 Gründe für externe Beratung 1.  Transfer von Know‐how: PR‐Berater übertragen bzw. stellen ihren Klienten Wissen, Erfahrungen und Fertigkeiten im Kommunikationsbereich zur Verfügung. Das Know‐how kann sich auf unterschiedliche Bereiche beziehen. 2.  Wirtschaftlichkeit: Externe PR‐Beratung ist dann preis‐werter als eine eigene PR‐Abteilung, wenn die variablen Kosten externer Beratung die sonst anfallenden Fixkosten unterschreiten. 3.  Flexibilität: Es ist schneller möglich, personelle Kapazität sowie Arbeitszeit auf‐oder abzubauen. Daher ist eine größere Flexibilität bei Unzufriedenheit und Sparzwängen gegeben. 4.  Beschleunigung: Externe Berater können Entscheidungsprozesse innerhalb von Organisationen verkürzen und Kommunikationsprojekte rascher durchführen.  5.  Objektivierung: Externe Berater sind nicht durch Ressorteigensinn und Routine belastet und sollten als Außenstehende im Gegensatz zu „betriebsblinden“ Angestellten über mehr Objektivität verfügen. 6.  Vermittlung: Externe Berater können als Katalysatoren dienen, indem sie eine stimulierende, moderierende Rolle einnehmen und damit Entscheidungen anregen und beschleunigen. Dies ist nach innen sowie nach außen denkbar (Beispiel: Pressekonferenzen). 7.  Durchsetzung: Die Reputation externer Experten kann bei der Durchsetzung von Kommunikationsprojekten und Kommunikationskampagnen gegenüber den Vorgesetzten oder Mitarbeitern hilfreich sein. 8.  Legitimation: Hier geht der Auftraggeber noch einen Schritt weiter. Die Berater werden zu Erfüllungsgehilfen degradiert, indem sie bereits vorbestimmte Projekte, Kampagnen durch ihre Expertenreputation und durch Untersuchungsergebnisse legitimieren sollen. 9.  Krisenbewältigung: Während Organisations‐und/oder Kommunikationskrisen können externe Krisenberater helfen, wenn sich die Organisation selbst nicht in der Lage sieht, eine entsprechende Krisenkommunikation durchzuführen. 10.  Ausstaffierung: Der Klient ist stolz, sich eine bestimmte Agentur, einen bestimmten Berater leisten zu können, der innerhalb der Branche einen guten Ruf hat. 

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. 11.  Kommunikations‐/Sparringpartner: Der externe Berater fungiert hier als Gesprächspartner des Klienten, um den bereits erreichten Erkenntnisstand gemeinsam mit einem Außenstehenden möglichst ungezwungen zu reflektieren, ggf. durch Widerspruch andere Sichtweisen zu provozieren, Schwachstellen anzusprechen. 12.  Orientierung: Externe Berater sollen gezielt nach neuen Erkenntnissen suchen, durch Systematisierung Transparenz schaffen und Leitlinien zur Neuorientierung entwickeln. 13.  Kreativität und Innovation: Externe Berater sollen neue, kreative Ideen liefern und neue Sichtweisen in die Organisation tragen. Dadurch helfen sie der Organisation, neue Kommunikationsformen auszuprobieren. 14.  Motivation: Oftmals genügt die bloße Anwesenheit externer Berater, um mit „frischem Wind“von außen innerbetriebliche Routinen abzubauen, intern kreative Prozesse bei den Organisationsmitgliedern anzuregen und ihnen neue Motivation zu geben. 15.  Engagement: Externe Berater müssen laufend ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen. 

1.3 Organisation von PR‐Agenturen 1.4 PR‐Agenturen in Deutschland 

2. Nationale und internationale Berufs‐und Wirtschaftsverbände der PR 2.1 DPRG, GPRA 

Ziele der DPRG: •Veranstaltungen und Publikationen für die Fortbildung von Public Relations‐Fachleuten und die Ausbildung des Nachwuchses •Förderung des Ansehens des Berufsstandes und Vertiefung der Kenntnisse über ihn in der Öffentlichkeit •Information und Unterstützung ihrer Mitglieder in berufsständischen Fragen und Verpflichtung auf fachgerechte Berufsausübung •Wissenschaftliche Durchdringung der Public Relations •Vertretung der beruflichen Interessen ihrer Mitglieder •Pflege und Förderung der internationalen Beziehungen Gründung: 08. Dezember 1958 in Bonn Sitz der Geschäftsstelle: St. Augustiner Str. 21, 53225 Bonn Präsident: Ulrich Nies Internet: www.dprg.de Auszeichnungen: 1.  Seit 1971 Verleihung des Deutschen PR Preises (Goldene Brücke); höchste Auszeichnung der Branche für hervorragende PR 2.  Albert‐Oeckl‐Nachwuchspreis(prämiert sehr gute und hervorragende wissenschaftliche Abschlussarbeiten) 

Bundesverband deutscher Pressesprecher (BdP) Zweck des Verbandes: •Vernetzung von Pressesprechern und Kommunikationsbeauftragten aus Unternehmen, Verbänden, Organisationen und Politik •Vertretung der Mitgliederinteressen und Positionierung in aktuellen Debatten des Berufsstands (z.B. Richtlinien für die Vergabe von Journalistengeschenken) •aktive Imagearbeit für den Berufsstand, klare Abgrenzung des Berufsstands von anderen, verwandten Berufen •Professionalisierung des Berufs durch die Unterstützung von Weiterbildungsmaßnahmen für den Nachwuchs Gründung: 31. Oktober 2003 in Berlin  Sitz der Geschäftsstelle: Friedrichstraße 209, 10969 Berlin  

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. Präsident: Lars Großkurth  Thomas Ellerbeck (Vize‐Präsident) Uwe Dolderer(Vize‐Präsident) Michael Donnermeyer(Vize‐Präsident) Internet: www.pressesprecherverband.de Mitglieder: 2.443 (Stand 02.06.2006) Preise: „Goldener Apfel“ für herausragende journalistische Leistungen, „Fauler Apfel“ für schlechte journalistische Leistungen  Die Gesellschaft Public Relations Agenturen e.V. (GPRA)ist der Verband führender Public Relations‐Beratungsunternehmen Deutschlands. Die GPRA ist eine Gütegemeinschaft, deren Mitglieder gemeinsame Qualitätsstandards verbinden. Zweck des Verbandes: •Verbesserung der Leistungsfähigkeit und Qualität der in der GPRA zusammengeschlossenen Agenturen •Darstellung des Leistungspotenzials professioneller Agenturen Gründung: 08. Mai 1973 in Düsseldorf Sitz der Verbandsgeschäftsstelle: Schillerstraße 4, 60313 Frankfurt am Main Präsident: Dietrich Schulze van Loon Internet: www.gpra.de Mitglieder: 30 PR‐Agenturen (die insgesamt etwa 1.300 Mitarbeiter repräsentieren). Voraussetzung für Mitgliedschaft: •Leistungspotential •Marktbewährung (min. 3‐jähriges Bestehen der Agentur, Honorarumsatz) •Informationspflicht (Eigenkapital, Gesellschaftsstruktur) 

2.2 DRPR, DAPR Organ der freiwilligen Selbstkontrolle in Deutschland tätiger PR‐Fachleute (www.drpr‐online.de)  Vorsitzender: Dr. Horst Avenarius Hauptaufgaben: •benennt und rügt Missstände und Fehlverhalten bei der Kommunikation mit Öffentlichkeiten auf Basis anerkannter Kodizes und Grundsätze •wirkt auf Offenheit und Fairness in den Beziehungen zwischen Organisationen und ihren Publika hin •fordert ein normenkonformes und verantwortungs‐bewusstes Handeln Seine Zuständigkeit ist nicht an Personen oder Verbände des Berufsstandes gebunden.  Deutsche Akademie für Public Relations (DAPR) Gründung: 1991 Vorsitzender: Jürg W. Leipziger Ziele und Aufgaben: •Definition eines Qualitätsstandards für PR‐Assistenten, PR‐Berater und PR‐Führungskräfte •Etablierung allgemein anerkannter PR‐Prüfungs‐abschlüsse •Systematisierung der PR‐Aus‐und Weiterbildung •Fortbildungsangebote: Spezialseminare, berufsbegleitende Grundausbildung Seit 1991 über 2.000 AbsolventenInnen von Berater‐und Assistentenprüfungen. 

2.3  IPRA, EUPRERA, Global Alliance  International Public Relations Association (IPRA)  

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. Gründung: 01. Mai 1955 London 1961 Code of Conduct(Etablierung eines Verhaltens‐kodex) 1965Code of Athens/Code d‘Athènes(Autor: Lucien Matrat, Frankreich) Zentrale: Surrey, United Kingdom Internet:www.ipra.org Ziele (Auswahl): •Forum für internationalen Austausch •Fachspezifische Weiterbildung (Kongresse, Veranstaltungen) •Verbesserung des Berufsbildes  EUPRERA Name: European Public Relations Education and Research Association (EUPRERA) Gründung: 2000 (Nachfolgeorganisation von CERP Education) Zentrale: Anne‐Marie Cotton, Quastreet 26; B‐9270 Laarne, Belgium Internet:www.euprera.org Ziele (Auswahl): •„…stimulatingand promotingthe knowledgeand practiceof all public relations educationand researchin Europe“ •Collecting, communicatingand exchangingall formsof publicrelations research,  •encourigingfundamental and appliedresearch; •examiningthe educationmodelsin Europe,  •studyingPR methodsand theirpromotion…“  Global Alliance Name: Global Alliance for Public Relations and Communication Management Gründung: 25. Oktober 2000 in Chicago, Illinois, USA, als ein internationaler Zusammenschluss von Vereinigungen und Verbänden, nicht von individuellen Mitgliedern Mitglieder: 40 nationale und internationale Verbände, die zusammen mehr als 100.000 Praktiker repräsentieren (Juli 2003) Internet: www.globalpr.org Bedürfnisse und Ziele: •Austausch von Ideen und Praktiken •Formulierung gemeinsamer Interessen und Standards •besseres Verständnis verschiedener Kulturkreise •Kooperation durch die Bildung eines Netzwerks, um das Berufsfeld weltweit zu stärken (durch die Formulierung ethischer Standards, allgemein gültiger Zugangsmöglichkeiten u.a.)  Verabschiedung der Declaration of Principles im Sommer 2002: Ziel: Optimierung von Kommunikation, von Verständnis und von Kooperation zwischen Individuen, Gruppen und Institutionen der Gesellschaft Selbstverpflichtungen: •Professionelles, integres, wahrhaftiges, genaues, faires und verantwortliches Verhalten gegenüber den Kunden, den Teilöffentlichkeiten und der informierten Gesellschaft •Steigerung der Kompetenz durch kontinuierliche Aus‐und Weiterbildung •Festhalten an ethischen Standards: •Advocacy(Fürsprache) •Honesty(Ehrlichkeit) 

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. •Integrity(Rechtschaffenheit) •Expertise (Sachkenntnis) •Loyalty(Loyalität) 

3. Zusammenfassung •PR‐Agenturen sind Dienstleistungsunternehmen, die kommunikative Aufgaben lösen bzw. zur Lösung bei tragen. •Die wichtigsten Gründe für externe Beratung: Know‐how Transfer, Flexibilität, Objektivierung, Vermittlung, Kreativität/Innovation •Organisationsstruktur von PR‐Agenturen: Unterscheidung von Funktionsprinzip und Projektprinzip/ Arbeitsgruppenprinzip, generell sind Agenturen durch flache Hierarchieebenen gekennzeichnet •PR‐Agenturen in Deutschland: seit Mitte der 70er Jahren kontinuierlicher Anstieg von Agentur‐Neugründungen •DPRG: Berufsverband, gegründet 1958, Ziele: Förderung des Berufsstandes, Nachwuchsförderung, Unterstützung der Mitglieder, Verleihung des Preises „Goldene Brücke“ und des Albert‐Oeckl‐Nachwuchspreises •GPRA: Verband führender PR‐Beratungsunternehmen, 1973 gegründet, 30 Mitglieder •DRPR, Organ zur Selbstkontrolle in Deutschland tätiger PR‐Experten, DAPR(1991) Verbesserung der PR‐Ausbildung, u.a. Etablierung allgemein anerkannter PR‐Prüfungsabschlüsse  •Internationale Organisationen: IPRA (1955) 1961 Code of Conduct(Verhaltenskodex), 1965 Code of Athens; und EUPRERA (2000); Body of Knowledge, etc. GLOBAL ALLIANCE (2000) Declarationof Principles.  

Prof. Dr. Günter Bentele (i. V.: Dr. Tobias Liebert) 

Öffentlichkeitsarbeit/PR: Einführung in die Theorie und Praxis  

Methoden und Techniken der PR (hier nur wichtige) 

1. Methoden und Techniken der Public Relations I: Instrumente der Presse‐und Medienarbeit 1.1 Welche Instrumente werden verwendet? Eine Einführung 

Presseinformationen für Zielmedien: •Presseeinladung, Presseankündigung •Presseinformation (Standard‐Information) •Pressemitteilung, Presseerklärung  •Pressemeldung, Pressebericht •Pressefoto mit Bild •Fachzeitschriftenartikel •Magazin‐und Sonderveröffentlichungen •Presseinterview •Pressestory/Firmenreportage •Portraits •Brancheninfos •zielgruppenorientierte undzielmedienorientierte Texte •Artikel zur Pressemappe •Leserbrief/Gegendarstellung •Medienneutrale Texte 

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. Zielmedien und Ansprechpartner: •Tagespresse (lokal, regional) •Wirtschaftsredaktionen (regional, national) •Fachzeitschriften •Branchenblätter •Special Interest Magazine •Pubikumspresse •Magazine, Illustrierte •Informationsdienste •Nachrichtenagenturen •Anzeigenblätter •Rundfunk (regional)  •Fernsehen (regional)  •Internet‐Sites (Portale, Provider) •Journalisten (Reporter, Redakteure) •Redaktionen (Ressorts) •Multiplikatoren •(andere) Stakeholder  Dialoge mit Zielmedien: •Persönliche, direkte Kontakte zu Journalisten/Redakteuren •Pressegespräche (Jour fixe) •Kleine Pressekonferenz •(Große) Pressekonferenz •Fachpressekonferenz •Pressepräsentation •Weiter‐und Fortbildungsseminare •Symposien und Fachtagungen •Infomationsveranstaltungen/Informelle Kontakte •Sponsoringaktivitäten •Spenden, Mäzenatentum •Events  

1.2 Pressemitteilung und Presseinformation Pressemitteilungen(PMs) bzw. Presseinformationen (PIs) sind von PR‐Organisationen (PR‐/Presse‐Abteilungen, Agenturen) für Medienorganisationen (Redaktionen) verfasste Texte (inkl. Bilder), die nach journalistischen Kriterien (z.B. Beachtung der Nachrichtenwerte wie Aktualität, Relevanz, etc.) verfasst und in der Regel in der Pyramidenform (Climax‐first‐Prinzip) aufgebaut sind. Typen der Pressemitteilung/Presseinformation sind die  •(kurze) Pressemeldung,  •das eine Stellungnahme/Bewertung formulierende Statement,  •der (längere) Pressebericht und das  •Pressefoto(meist mit Bildunterschrift). Auch ganze •Redetexte werden gelegentlich als PM versandt   (Bentele 2000)   „Die Presseinformation ist sicherlich die universellste Form der Weitergabe von Informationen an die Presse. Sie bezeichnet alle umfangreichen Äußerungen, Erklärungen, Stellungnahmen, Mitteilungen und 

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. Hintergrundnachrichten aus dem Unternehmen an die Presse und Öffentlichkeit. Neben den Hauptkriterien der Aktualität, Verständlichkeit, Wahrheit und Zuverlässigkeit und der Beantwortung der W‐Fragen, hat die Presseinformation immer einen konkreten Hintergrund und Anlass, den sie zu erklären, zu beantworten oder zu beschreiben sucht“.            (Quelle: Rota, 1992, S. 85ff.)  Was eine gute Pressemitteilung auszeichnet 1. Die Information muss einen gewissen Neuigkeitswert (Aktualität) haben und von allgemeinem Interesse (Relevanz) sein. 2. Fasse dich kurz: so lange wie nötig, so kurz wie möglich. 3. Der Aufbau muss stimmen: Das Wichtigste nach vorn, also keine chronologische Schilderung (climax‐first‐Prinzip). 4. Die Darstellung muss sachlich sein.5.Die äußere Form muss stimmen.  (Quelle: Pauli 1993, 100ff.)  1. Kürze, Glaubwürdigkeit, Aktualität, Übersichtlichkeit. 2. Herausstellen, was neu ist und warum die Information für die Allgemeinheit von Interesse ist. 3. Der Information Leben geben: ‐durch die Nennung von Namen (Vor‐und Zuname), ‐durch Zitate und ‐durch eine genaue Terminierung (die sechs W‐Fra‐gen). 4. Lokalen Bezug schaffen.              (Quelle: Pauli 1993, 100ff.)  Das „Gesetz“ von einer professionellen PM Die sechs W‐Fragen ‐ Die Zehn Nachrichtenelemente 1.Wann?Aktualität 2.Wo?Nähe 3.Wer?Öffentliche Bedeutung 4.Was? oderFolgenschwere, Dramatik, Konflikt 5.Wie?Kuriosität 6.Warum?Liebe (Sex), Gefühl (human interest), Fortschritt (pos./neg.)    (Quelle: Pauli 1993, 100ff.)  

1.3 Die Presseeinladung Eine „Presseeinladung[ist] eine Art Ankündigung eines unternehmerischen oder organisatorischen Ereignisses. Sie gibt den Veranstalter, den Grund und die Art der Veranstaltung, den Ort und die Zeit, die Referenten und eventuell einen knappen Hinweis auf den wirtschaftlichen, politischen, gesellschaftlichen oder sozialen Zusammenhang an, in dem eine Veranstaltung möglicherweise steht. [Presseeinladungen] ... sollten neben der sachlichen Information auch einen Anreiz enthalten, warum die Presse diese und keine andere Veranstaltung wahrnehmen sollte“.(zit. nach: Rota,1992, S.84)  

1.4 Die Pressekonferenz  „Eine Pressekonferenz ist ein virtuelles Ereignis, zu dem Medienvertreter (offensiv) eingeladen werden mit dem Ziel, Publizität zu gewinnen. Der Anlass muss ein relevantes, berichtenswertes Ereignis (etwa: die Veröffentlichung der Bilanz eines Unternehmens, der Neubau eines Werkes, ein Jubiläum etc.) sein.“(Quelle: Merten 2000, S. 237)    „Pressekonferenzen sind ‐als PR‐Instrumente –Medienereignisse, d.h. in der Regel von PR‐Organisationen gestaltete Ereignisse, die mit dem Hauptzielveranstaltet/inszeniert werden, Medienberichterstattung zu generieren, d.h. über die jeweilige Organisation, über Themen und Sach‐verhalte zu informieren, damit Publizität(= öffentliche Aufmerksamkeit) herzustellen und damit z.T. auch weitere Ziele (z.B. Einstellungs‐und Verhaltensänderungen, Verkauf, etc.) zu verfolgen. Anlässe für PKs müssen ‐sollen diese erfolgreich 

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. sein ‐journalistischen Kriterien folgen (z.B. Aktualität, Mindestrelevanz, Mindestkomplexität). Adäquatheit und Angemessenheit der Berichterstattung lässt sich z.B. durch Input‐Output‐Analysen feststellen.  ( Bentele 2000)  Anlass und Termin: >Lohnt der Anlass eine Pressekonferenz? >Ist der Termin richtig gewählt? >Ist der Termin mit den Redaktionen bzw. anderen Koordinierungsstellen abgestimmt?  Technische Organisation: > Ist der Raum für die PK ruhig gelegen? > Sind Störungsmöglichkeiten ausgeschaltet? > Ist der Raum großgenug bzw. nicht zu groß? > Sind genügend Tische und Stühle vorhanden? > Sind Reservestühle vorhanden? > Ist die Heizung, Klimaanlage, Belüftung ausreichend? > Ist die Beleuchtung in Ordnung, kann einwandfrei verdunkelt werden? > Funktionieren Mikrofon‐und Verstärkeranlage? > Ist die Akustik in Ordnung?> Funktionieren Projektionsgeräte, wer bedient sie? > Sind Reservelampen vorhanden? > Steht eine Leinwand. OverheadProjektor, Beamer, etc. zur Verfügung? > Lage und Anzahl der Stromanschlüsse feststellen! > Wie stark darf das Stromnetz belastet werden? > Wo ist der Sicherungskasten? > Wird ein Rednerpult benötigt? > Dekoration (Namensschilder, Plakate, Tischkarten etc.)? > Sind die Namensschilder (Tischaufsteller) im ganzen Raum gut zu lesen? > Sind Parkplätze reserviert und markiert? > Sind Hinweistafeln im Gebäude angebracht, die den Weg zum Veranstaltungsraum weisen? > Ist die Begrüßung und Türkontrolle organisiert? > Ist ein Tonbandgerät für die Aufzeichnung der PK vorhanden und funktionstüchtig? > Sind evtl. Produktdemonstrationen für alle Teilnehmer gut sichtbar? > Werden Fotos zum Auswählen bereit gelegt? > Ist die Garderobe besetzt? > Sind für die Journalisten Möglichkeiten zum Online‐Kommunikation (Telefonieren?) vorhanden?  > Liegt Schreibmaterial für Teilnehmer bereit? > Ist ein Zeitungsausschnittdienst für Pressedokumentationen beauftragt?  Einladung:  > Hinweis auf PK ca. 5 Wochen vor dem vorgesehen Termin > Versand der Einladungen 3 Wochen vorher mit freigemachter Rückantwortkarte > Thema der Veranstaltung > Uhrzeit Beginn, Uhrzeit Ende (möglichst max. 1 Stunde) > Ort der Veranstaltung > Welche Redner sprechen über welche Themen? > Wer leitet die PK? > Information über Imbiss 

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. > Hinweis auf Parkmöglichkeiten  > Hinweis auf günstigste Anfahrt, ggf. Lageplan > Information über günstigste Zug‐und Flugzeugverbindungen > Hinweis auf evtl. Abholdienst > Telefonnummer für Rückfragen mit Namensangabe der zuständigen Personen > Hinweis auf die vom Gastgeber übernommenen Kosten > Telefonische Nachfass‐Aktion zwei Tage vor der PK bei denen, die nicht auf die Einladung reagiert haben  Pressemappe: > Pressemappe, in der der gesamte Inhalt geordnet eingelegt oder eingeheftet werden kann > Teilnehmerliste Veranstalter (Referenten mit Titel, Vor‐und Zunamen, Funktion im Unternehmen) > Teilnehmerliste Gäste > Pressefassungen der Referate: a) als Kurzfassung (Presseinformation) b) ausführlicher Text > Geschäftsbericht  > Informationsbroschüre, falls vorhanden und aktuell > Fotos 13x18 oder 18x24> Konzernschema bzw. Unternehmensorganigramm > evtl. Muster aus der Produktion, wenn in der Größe geeignet > Pressegeschenk, wenn in der Größe geeignet  

1.5 Die Pressemappe  „Eine Pressemappe ist eine Gesamtinformation zu einem bestimmten Anlass, z.B. zu Messen, Pressekonferenzen, Sonderveranstaltungen wie dem Tag der offenen Tür etc. (...) Pressemappen werden aufgrund ihres universellen Charakters oft mit Bild‐und Fotomaterial, Grafiken und Tabellen, Zahlenspiegeln, Hintergrundinformationen wie z.B. Studien und bereits erschienen Presseberichten bestückt.“(zit. nach Rota, 1994, S. 97ff.)  Anforderungen an die Pressemappe (Praxisregeln) 1. Presseinformationen sollten professionell aufgearbeitet sein. 2. Ein Inhaltsverzeichnis sorgt für Übersichtlichkeit. 3. Das Unternehmen wird vorgestellt. Dazu gehören: der offizielle und vollständige Firmenname, die Vor‐und Zunamen, Titel und Dienstbezeichnungen des Managements, das Gründungsdatum und markante Entwicklungsfakten, wichtige Kennzahlen wie Umsatzentwicklung, Gewinn, Beschäftigte, Investitionsvorhaben, Marktstellung, Dienstleistungsspektrum, Beteiligungen und langfristige Planungen. 4. Aussagekräftige und pressegerechte Fotos sollten beigelegt oder auf Anforderung angeboten werden. 5. Pressemappen sind kein Aufbewahrungsort für Werbeprospekte und Katalogpakete. 6. Bei Pressekonferenzen ist eine Liste der Gesprächs‐partnermit ihren Funktionen unerlässlich. 7. Original‐Fassungen der gehaltenen Referate und Reden sind grundsätzlich mit dem Zusatz „Es gilt das gesprochene Wort“ zu versehen. 8. Landkarten, Signets und andere Druckvorlagen erhöhen die Aufmerksamkeit des Journalisten. Der erwartet sie kostenlos, aber in professioneller Qualität.  

1.6 Periodische Informations‐bzw. Pressedienste Definition Pressedienst/Newsletter: Ein Pressedienst ist ein periodisch erscheinendes Informationsmedium von (nicht‐medialen) Organisationen, an alle oder an bestimmte Zielgruppenmedien gerichtet, in der Regel unspektakulär aufgemacht und produziert, um die Medien kontinuierlich mit organisationsbezogenen Nachrichten zu versorgen.   

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. 1.7 Der Newsletter (intern/extern) 

Newsletter sind nach innen oder außen gerichtete kontinuierliche (nicht unbedingt periodisch erscheinende) Nachrichtenmedien von Organisationen, die ebenfalls unspektakulär aufgemacht und produziert sind, um bestimmte Zielpublika kontinuierlich mit Nachrichten zu versorgen. Quelle: Bentele (2000)  

1.8 Die Kundenzeitschrift „Kundenmagazine unterscheiden sich von anderen Magazinen dadurch, dass sie nicht einzeln am Kiosk oder über ein Abonnement verkauft, sondern kostenlos vom Unternehmen an Kunden weitergegeben werden. Der Inhalt besteht aus einer Mischung von Information und Unterhaltung. (...) Das Problem von Kundenzeitschriften sind die unterschiedlichen Bezugsgruppen(...) Daher bieten Kundenzeitschriften ein breites Spektrum an Themen, die versuchen alle diese Bezugsgruppen zu erreichen.(zit. nach Herbst, 1997, S. 55f.)  

2. Zusammenfassung •Presse‐und Medienarbeit: ist für die PR ein zentraler Aufgabenbereich, da Medien Botschaften zwischen Organisation und Bezugsgruppen kommunizieren •Instrumente: Pressemitteilungen/‐informationen: sind von der PR‐Organisation für Medienorganisationen verfasste Texte, Formale Aspekte: Climax‐firstForm, Beantwortung der sechs W‐Fragen, Berücksichtigung der Nachrichtenwerte, Hauptkriterien: Aktualität, Verständlichkeit, Wahrheit und Zuverlässigkeit, Typen von PM: Pressemeldung, Pressebericht (evtl. mit Pressefoto), Statements und Redetexte. Pressekonferenzen: sind Medienereignisse, die mit dem Ziel veranstaltet werden, Publizität zu erzeugen. Sie informieren über die Organisation, über Sachverhalte und bestimmte Themen, Organisation: hoher Aufwand, Checklisten und Zeitpläne erleichtern die OrganisationPressemappen: sind Gesamtinformationen zu einen bestimmten Anlass (Pressekonferenzen), werden oft mit zusätzlichem Bild und Fotomaterial, Tabellen etc. versehen Weitere Instrumente der Presse‐und Medienarbeit: Pressedienste, Newsletter und Kundenmagazine dienen zur (teils) periodischen, gezielten Benachrichtigung bestimmter Bezugsgruppen von Organisationen.   

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. 

Die Moral der PR? 1. Welche Moral hat die PR? Einleitende Thesen 

1. Man kann nicht nichtmoralisch sein. 2. Richtig zu kommunizieren ist auch eine moralische Frage, eine Frage der moralischen Haltung derjenigen, die kommunizieren und derjenigen, die Texte rezipieren bzw. interpretieren. 3. Moralisch sauberes Berufsverhalten ist für PR‐Praktiker wichtiger als für Angehörige anderer Berufe, weil PR‐Praktiker unter ständiger „Beaufsichtigung“ von Journalisten bzw. Medien stehen. Individuelles Fehlverhalten in berufsethischer Hinsicht ‐auch in Einzelfällen ‐schadet der Branche sehr schnell insgesamt. Wie denkt die Bevölkerung, Journalisten und was denken PR‐Praktiker über Probleme der PR‐Moral und PR‐Ethik? Ergebnisse aus zwei Studien: 1) Repräsentative Bevölkerungsstudie 2003 (Telefonumfrage 1100 Befragte, Feldarbeit Forsa; Konzeption und Auswertung: G. Bentele und R. Seidenglanz 2) Repräsentative Umfrage der Mitglieder des Bundesverbandes der deutschen Pressesprecher (BdP). Bentele/Großkurth/Seidenglanz (2007) 

 2. Studien: Wie denkt die Bevölkerung und wie denken PR‐Praktiker über Probleme der PR‐Moral 

und PR‐Ethik? •Moral •Ethik  •Metaethik  •Individualethik vs. Organisationsethik  •situative Ethik vs. absolute Ethik  •Gesinnungsethik vs. Verantwortungsethik  •utilitaristische Ethik vs. altruistische Ethik  Ethische Problemzonen •Verhältnis PR‐Praktiker/Journalist  •Verhältnis PR‐Praktiker/Arbeitgeber   •Verhältnis PR‐Praktiker/innerorg. Öffentlichkeit  •Verhältnis PR‐Agenturen/Kunden   •Verhältnis PR‐Praktiker/Publika  •Verhältnis PR‐Praktiker/Sachverhalte und Ereignisse  Frage: Reichen die bestehenden Kodizes für die PR‐Praxis aus? Antwort: Nein, die Kodizes sind •zu allgemein und abstrakt •zu unsystematisch •zu unmodern/zu wenig aktuell •zu wenig auf PR bezogen 

Feststellung: Es existiert in Deutschland und auch im europäischen Rahmen noch kein moderner, optimaler PR‐Kodex, die bestehenden Codizes bieten aber eine gute Grundlage 

 3. Grundbegriffe der philosophischen Ethik und Ethiktypen 3.1 Der DRRR (Deutscher Rat für Public Relations) 

•1987 gegründet; von 1987 bis 1991 eher „stille“ Arbeit  •heute 15 Mitglieder Der DRPR ist ein Organ der freiwilligen Selbstkontrolle der in Deutschland tätigen PR‐Fachleute. Seine Träger sind:  •die Deutsche Public Relations‐Gesellschaft e.V. (DPRG) und  •die Gesellschaft Public Relations Agenturen e.V. (GPRA)  Hauptaufgabe des DRPR ist es, Missstände und Fehlverhalten bei der Kommunikation mit Öffentlichkeiten zu benennen und zu rügen. Er wirkt auf Offenheit und Fairness in den Beziehungen zwischen Organisationen und ihren Publika hin und fordert ein normenkonformes und verantwortungsbewußtes Handeln ein. Der DRPR handelt in Verantwortung gegenüber dem gesamten Feld der öffentlichen Kommunikation. Seine Zuständigkeit ist daher nicht an Personen oder Verbände des Berufsstandes 

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. gebunden. Er wird sich auch mit beanstandeten PR‐Vorgängen befassen, die von Nichtmitgliedern der Trägerorganisationen und Nichtfachleuten ausgelöst oder veranlasst wurden.(Quelle: http//:www.dprg.de)  

3.2 PR‐Kodizes •Code d’Athènes (beschlossen von der CERP am 11.5. 1965 in Athen)  •Code de Lisbonne (beschlossen von der CERP am 16.4. 1978 in Lissabon)  •Grundsätze der Deutschen Public Relations Gesellschaft(angenommen von der Mitgliederversammlung in Wiesbaden am 10.7.1964)   •Die Sieben Selbstverpflichtungen eines DPRG‐Mitglieds(verabschiedet von der DPRG‐Ethikkommission am 16.1.1991 in Gravenbruch bei Frankfurt/Main und 1995 übernommen)  •DRPR‐Richtlinien(verkündet vom Deutschen Rat für PR (DRPR) am 16. April 1997) und Leitsätze  

Anmerkung: Jetzt käme eine Abhandlung über sämtliche Kodizes mit Beispielen, was die PR alles Unterlassen soll. Das hab ich deshalb gekürzt, da man die Grundsätze des DRRR bei Bedarf auch googeln kann.

 Gründe für PR‐Kodizes 1. Man kann nicht nicht moralisch sein. 2. Ethische Grundsätze orientieren (Orientierungsfunktion). 3. Ethische Grundsätze erleichtern Entscheidungen in Konfliktsituationen(Entlastungsfunktion). 4. Ethische Grundsätze erzeugen Druck im Organisations‐inneren. Sie formulieren Verhaltensansprüche, denen eine Tendenz zur Demokratisierung innewohnt. 5. Ethische Grundsätze verstärken die Glaubwürdigkeit der Organisation selbst. 6. Ethische Grundsätze verstärken die Glaubwürdigkeit des gesamten PR‐Berufsstandes. 7. Ethische Grundsätze sind Voraussetzung und Vehikel für eine stärkere Professionalisierung der PR.  

4. Thesen zur zukünftigen Entwicklung von PR  These: Informations‐und Kommunikationsgesellschaft Die Informations‐und Kommunikationsgesellschaft ist nicht nur eine Metapher, sondern eine reale ‐ökonomisch, soziologisch und kommunikationswissenschaftlich präzisierbare ‐Entwicklung. Informations‐und Kommunikationsgesellschaften sind dadurch charakterisiert, dass der Informationssektor in diesen Gesellschaften bei einer bestimmten Größenordnung (etwa 50 Prozent) liegt, dass die technologische Entwicklung einen hohen Standard erreicht hat und dass PR das Mediensystem seine Logik anderen gesellschaftlichen Funktionssystemen „aufzwingt“. Medien und PR sind zu einem konstitutiven Faktor der Gesellschaft geworden.  These: Trends im Mediensektor Der Mediensektor in der Informations‐und Kommunikationsgesellschaft ist vor allem durch folgende Trends gekennzeichnet:•Vervielfachung der Kommunikationsmedien (insbesondere der elektronischen Medien),•Internationalisierung der Medienangebote •größere Unterhaltungsorientiertheit •Verstärkung der Visualisierung der Medien (auch im Printbereich),•stärkere Präsentationsorientiertheit der Medienproduktion •Mediatisierung (Ausrichtung an der Medienlogik) von Kernbereichen der Gesellschaft  These: Entwicklung der Marktkommunikation Die Entwicklung der Marktkommunikation nach dem zweiten Weltkrieg kann in einem –idealtypischen –Dreiphasen‐modellgesehen werden. Die erste Phase ist durch produktorientierte Kommunikation, die zweite Phase durch markenorientierte Kommunikation und die dritte Phase durch beziehungsorientierte Kommunikation charakterisiert. 

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. Zukunftstrends der Public Relations  1. Steigende Bedeutung der Public Relations  PR werden sowohl makrogesellschaftlich wie auch mikrogesellschaftlich (von ihrer Stellung innerhalb der Organisation her) gesehen wichtiger werden. Dies macht sich in einer quantitativen Ausdehnung, in einer Relevanzsteigerung gegenüber dem Mediensystem und in einer größeren Relevanz innerhalb der Organisationen bzw. Unternehmen fest.  2. Differenzierung des Berufsfelds Das Berufsfeld Public Relations wird sich deutlicher differenzieren und klare Binnenstrukturen entwickeln als bisher. Dies wird sich durch thematische Spezialisierungen, durch klarer unterschiedene Berufsrollen des PR‐Berufsfelds, aber auch durch differenzierte Teilöffentlichkeiten zeigen.  3. PR werden stärker in der Gesamtkommunikation integriert sein.  Verstärkte Integration wird sich bei den Unternehmen durch verbesserte Koordination mit der Marketingkommunikation, durch gemeinsame strategische Planung, Umsetzung und teilweise Evaluation zeigen, im Bereich der PR‐Agenturen durch verstärkte integrierte Gesamtangebote. PR als eigen‐ständiger Kommunikationstyp wird sich aber auch beispielsweise in der Politik oder im Non‐Profit‐Bereich stärker profilieren. Werbeähnliche Kommunikationsformen werden hier vor allem aus Glaubwürdigkeitsgründen zurückgedrängt werden.  4. PR wird sich vor allem in bestimmten thematischen Bereichen und Genres verstärken.  Thematische Bereiche: •Sponsoring, Umwelt‐PR, Krisen‐PR, lokale und regionale PR, internationale PR, Finanzkommunikation/Investor Relations, Genres: •Unterhaltung (z.B. Talkshows im Fernsehen), Sport •Issues Management (durch Personen)  5. Der Professionalisierungsprozess geht weiter. PR ist auf dem Weg zu einer „Profession neuen Typs“. Klassische Anforderungen an eine Profession sind u.a. die Anwendung spezialisierter Kenntnisse, die auf einer theoretischen Grundlage beruhen, die wiederum in einer systematischen Ausbildung erworben wurden. Die Beherrschung dieser Kenntnisse wird in einem akademischen Examen geprüft, das damit den Berufseintritt regelt. Professionen verfügen über eine berufsständische Organisation, die einer Standesethik verpflichtet, besitzen eine große persönliche Verantwortlichkeit und verfügen deshalb über eine relative Autonomie im Sinne einer Unabhängigkeit von Laienurteilen. Darüber hinaus geschieht die Tätigkeit der Professionsangehörigen im Dienste allgemeiner anerkannter gesellschaftlicher Werte.  6. Die „digitale Revolution“ hat Auswirkungen auf die Public Relations. Digitales Fernsehen, digitale Informationsdienste, Datenbanken und die gesamte Online‐Kommunikation werden unser Alltagsleben ebenso prägen, wie dies heute schon Hörfunk, Fernsehen und Printmedien tun. Dabei wird es nicht eine Ersetzung „alter“ Medien durch die „neuen“ Medien geben, sondern eine komplementäre Nutzung. Insbesondere durch das Internet wird auch die Kommunikations‐und PR‐Praxis von Unternehmen und anderen Organisationen tangiert: Verlagerung von Ressourcen, Imagekommunikation, Visualisierung und Anpassung der PR‐Information an das neue Medium werden wichtig.     

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Mit freundlicher Unterstützung von Roger V. 7. Die ethische Dimension wird für die PR zunehmend wichtiger.  Wahrheit, Fairness, Seriosität, Offenheit und sogar Selbst‐kritikwerden selbstverständliche und unverzichtbare Bestandteilezukünftiger PR‐Kommunikation sein. Die allenthalben angeforderte Dialogorientiertheit enthält implizit ohnehin schon moralische Normen wie kommunikative Offenheit, Wahrhaftigkeit, Transparenz. Moderne PR‐Ethik‐Kodizes werden für die gesamte PR‐Branche, aber auch für einzelne Unternehmen wichtiger. In einer Entwicklung, in der auch für Unternehmen Zielsetzungen wie „sustainable development“ und „responsiblecare“ zu einem Konkurrenzfaktor werden, gewinnen Glaubwürdigkeit, Verlässlichkeit und Verantwortlichkeit den Status von zentralen Zielen und gleichzeitig Qualitätsmerkmalen professioneller PR‐Praxis. Öffentliches Vertrauen (public trust) ist nicht nur normatives Ziel, sondern ein wichtiger gesellschaftlicher Kommunikationsmechanismus geworden.  8. PR wird systematischer und wissenschaftlich fundierter.  Situationsanalysen, strategische Planung und Evaluations‐verfahren werden verwissenschaftlicht, die Ausbildung wird sich verbessern, eine erst zunehmende PR‐Forschung an den Universitäten wird den Professionalisierungsprozess beschleunigen.  9. PR als konstitutives Element von demokratischen (Kommunikations‐) Gesellschaften Durch den Strukturwandel unserer Gesellschaften von industriellen Gesellschaften in Informations‐und Kommunikationsgesellschaften – gewinnt Public Relations wichtige gesellschaftliche Funktionen, die heute schon teilweise realisiert sind. PR wird nicht nur als notwendiger Informationsvermittler und Themengenerator fungieren, sondern auch als Frühwarnsystem und als gesellschaftlicher Konfliktregler. Dies wird aber gleichzeitig die heutige PR‐Praxis verändern. Weil die Informationsfunktion des Mediensystems ohne die Informationsfunktion des „PR‐Systems“ überhaupt nicht denkbar wäre, müssen auch dem „PR‐System“ in demokratischen Gesellschaften ähnlich demokratiekonstitutive Funktionen zugerechnet werden, wie dies in Bezug auf die Massenmedien selbstverständlich geschieht. PR ist ein konstitutiver Faktor zur Herstellung von Öffentlichkeit in modernen Gesellschaften.  

Anmerkung: Die Folien von Liebert waren nicht so wahnsinnig anders. Der einzige Unterschied bestand darin, dass genauer auf Ethiken und Moral, sowie Wahrheit eingegangen wurde. Dazu empfehle ich das Skript „108 -

Kommunikationsethik - Brosda - VL1-6 + Lit.“.