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Dr. Martin Glatt, Volker Mayer Das neue Basisfach Latein in der Kursstufe Die Mündliche Prüfung im Basis- oder Leistungsfach Latein RP Stuttgart Juli 2019

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Dr. Martin Glatt, Volker Mayer Das neue Basisfach Latein in der Kursstufe

Die Mündliche Prüfung im Basis-oder Leistungsfach Latein

RP StuttgartJuli 2019

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Dr. Martin Glatt, Volker Mayer Das neue Basisfach Latein in der Kursstufe

Rechtsgrundlagen der Mündlichen Prüfung im Basis- oder Leistungsfach

DurchführungsvorschriftenAbiturverordnung Gymnasien der Normalform (AGVO, 19. Okt. 2018, bes. § 26)Schreiben Siefert „Neue Oberstufe 2021“ (7. Jan. 2019, bes. Anlagen 4a und 4b)Schwerpunktthemenerlass für die Schriftliche Abiturprüfung 2020 (bes. Anhang c: Hinweise zu

der mündlichen Abiturprüfung in den alten Sprachen)

1. Mündliche Prüfung im Basis- und LeistungsfachIn der Durchführung der Mündlichen Prüfung gibt es keinen Unterschied zwischen Basis- und Leistungsfach. Ein Unterschied besteht nur insofern, als eine Mündliche Prüfung im Basisfach die Normalform der Prüfung ist, im Leistungsfach dagegen die Ausnahme (AGVO § 26,1).2. PrüfungsaufgabenDer Fachlehrer erstellt 2 Prüfungsaufgaben mehr als es Prüfungskandidaten gibt (Empfehlung ZPG Febr. 2019). Aus diesen Prüfungsaufgaben wählt der Vorsitzende aus (AGVO § 26,4).Durch die Prüfungsaufgaben sollen erstens die Übersetzungs- und Interpretationsfähigkeiten geprüft werden (Schreiben Siefert, Anhang 4a und 4b). Die Prüfungsaufgaben auf dem Schülerblatt bestehen also am besten aus einer Textvorerschließungsaufgabe, einer Übersetzungsaufgabe aus ca. 20 bis 35 Wörtern mit einzelnen Wortangaben (Empfehlung ZPG Febr. 2019) und einer Interpretationsaufgabe, die so offen ist, dass der Prüfling mit der Beantwortung aller Aufgaben 10 Minuten füllen kann.Durch die Prüfungsaufgaben sollen zweitens Inhalte aus unterschiedlichen Kurshalbjahren und Kompetenzbereichen (Reflektierende Sprachbetrachtung, Text- und Literaturkompetenz, Interkulturelle Kompetenz, Methodenkompetenz, Personal- und Sozialkompetenz) abgedeckt sein (Schreiben Siefert, Anhang 4a und 4b). Die Prüfungsaufgaben beziehen sich also am besten auf einen Inhalt des 1. oder 2. Kurshalbjahres sowie das gewöhnlich im 3. Kurshalbjahr behandelte Abiturinterpretationsschwerpunktthema (Behandlung eines Schwerpunktthemas im Basisfach wird ohnehin vorausgesetzt; Schreiben Siefert, Anh. 4a und 4b).Durch die Prüfungsaufgaben sollen drittens Leistungen aus allen drei Anforderungsbereichen (Reproduktion, Reorganisation, Transfer/Bewertung) eingefordert werden (Schreiben Siefert, Anh. 4a und 4b).3. Vorbereitungszeit und WörterbuchDie Vorbereitungszeit beträgt 20 Minuten (AGVO § 26,4). In der Vorbereitungszeit darf vom Prüfling ein Wörterbuch benützt werden (Schreiben Siefert, Anlage 4a und 4b).4. Bekanntgabe des Erwartungshorizonts an den VorsitzendenDer Erwartungshorizont ist durch den Prüfer vor Beginn der Prüfung mündlich vorzutragen (Schreiben Siefert, Anh. 4a und 4b).5. Prüfungszeit und PrüfungsteileDie Prüfungszeit beträgt ebenfalls 20 Minuten (AGVO § 26, 5). In der Prüfungszeit soll der Prüfling zunächst in 10-minütiger zusammenhängender Rede seine Lösungen der

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Aufgaben auf dem Prüfungsblatt vortragen und sich dann in einem 10-minütigen Prüfungsgespräch zu weiteren Aufgaben äußern (Schwerpunktthemenerlass Anhang c).

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Beispiel für einen Basis-Leistungsfach-Aufsetzerkurs in LateinStoffverteilungAbi-Schwerpunktthemen 2021: Cicero, De officiis; Ovid, Metamorphosen

Fach Übersetzung Interpretation Klausuren

11.1Bf 1 Ws Ciceros Pflichten 1

Cic.off.12 Ws Rom

Verg.Aen. und Liv.

Zweiteilige Kl.: Cic.off.1 u. Verg.Aen.

Lf 2 Ws 3 Ws Interpretationskl.: Verg.Aen.Übersetzungskl.: Cic.off.1

11.2Bf 1 Ws Ciceros Pflichten 2

Cic.off.22 Ws Rom

R. gest. div. Aug. und Tac.Agr.Zweiteilige Kl.: Cic.off.2 u. Tac.Agr.

Lf 2 Ws 3 Ws Übersetzungskl.: Cic.off.2Interpretationskl.: Tac.Agr.

12.1Bf 1 Ws Ciceros Pflichten 3

Cic.off.32 Ws Ovids Metamorphosen

Ov.met.Zweiteilige Kl.: Cic.off.3 u. Ov.met.

Lf 2 Ws 3 Ws Übersetzungskl.: Cic.off.3Interpretationskl.: Ov.met.

12.2Bf 3 Ws Best of Roman Literature

Hor.carm.; Ov.am.; Mart.Zweiteilige Kl.: Ov.am. u. Hor.carm.

Lf 5 Ws Zweiteilige Kl.: Ov.am. u. Hor.carm.

Wochenplan Mündliches Abitur Basisfach / Leistungsfach1. Ws Lf / Bf Übersetzung Textvorerschließungs- und Übersetzungsaufgabe zu Cic.off.1 od.

2 / Verg.Aen. / Liv. / R. gest. / Tac.Agr. und Interpretationsaufgabe zu Ov.met.– Die Behandlung eines Schwerpunktthemas im Unterricht des

Basisfachs wird vorausgesetzt.– In der Prüfung müssen Inhalte aus unterschiedlichen

Kurshalbjahren abgedeckt sein.– Die Prüfungsaufgabe darf nicht im Text einer Klausur der

Qualifikationsphase oder derselben Textstelle wie in der schriftlichen Prüfung des Leistungsfachs bestehen

2. Ws Lf / BfInterpretation

3. Ws Lf / Bf4. Ws Lf

Übersetzung und Interpretation im Wechsel5. Ws Lf

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Prüfungsaufgabe 1: Ruhm bei Cicero und OvidCicero spricht über die Bedeutung von Taten im Frieden und im Krieg. Dabei bezieht er sich auf die Niederschlagung der Catilinarischen Verschwörung im Jahr 63 v. Chr. unter seinem Konsulat:

Sed cum plerique arbitrentur res bellicas maiores esse quam urbanas, minuenda est haec opinio.

Auch wenn aber die meisten glauben, Kriegstaten seien von höherer Bedeutung als Staatsverwaltung, muss ich dieser Meinung entgegentreten.

Cicero bringt nun zunächst einige Beispiele aus der griechischen und römischen Geschichte, an denen er zeigt, dass politische Leistungen gleich viel bzw. mehr wert waren als militärische, ehe er auf seine eigenen Leistungen zu sprechen kommt.

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Illud autem optimum est, in quod invadi solere ab improbis et invidis audio: „Cedant arma togae, concedat laurea laudi!“1 Nobis rem publicam gubernantibus nonne togae arma cesserunt?

Jenes ist aber die beste Aussage, auf die die Bösen und Missgünstigen – wie ich höre – immer wieder losgehen: „Die Waffen mögen der Toga weichen, der Lorbeerkranz möge dem Lob des Redners weichen!“ Sind nicht, als wir den Staat lenkten, die Waffen der Toga gewichen?

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Neque enim periculum gravius in re publica fuit umquam nec maius otium. Ita consiliis diligentiaque nostra arma ipsa celeriter de manibus audacissimo-rum civium ceciderunt.

umquamotium, otii n.diligentia, -ae f.

jemalshier: FriedeSorgfalt

Quae res igitur gesta umquam in bello tanta? Qui triumphus conferendus?

Welch so bedeutende Tat ist jemals im Krieg geschehen? Welcher Triumph lässt sich damit vergleichen?

Ovid verspricht sich am Ende der Metamorphosen von seinem Werk Folgendes:

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Iamque opus exegi, quod nec Iovis ira nec ignisnec poterit ferrum nec edax abolere vetustas.Cum volet, illa dies, quae nil nisi corporis huiusius habet, incerti spatium mihi finiat aevi.Parte tamen meliore mei super alta perennisastra ferar, nomenque erit indelebile nostrum.Quaque patet domitis Romana potentia terris,ore legar populi, perque omnia saecula fama,si quid habent veri vatum praesagia, vivam.

Und schon habe ich ein Werk vollendet, das weder der Zorn Jupiters noch Feuerund Schwert noch das gefräßige Alter werden vernichten können.Wenn er will, jener Tag, der kein Recht außer das auf diesen Körper hier besitzt, mag er ruhig die Dauer meines ungewissen Lebens beenden.Dennoch werde ich mit dem besseren Teil meiner selbst auf ewig über die hohenSterne hinweg getragen werden und mein Name wird unzerstörbar sein.Und überall, wo sich die römische Macht über die berherrschten Länder hin erstreckt,werde ich durch den Mund des Volkes gelesen werden, und über alle Zeiten hinweg durch meinen Ruhmwerde ich, falls die Voraussagen der Seher noch etwas gelten, leben

Aufgaben1. Cicero-Text, Zeilen 1 - 12: Nennen Sie aus dem lateinischen Text je vier Begriffe aus den Sachfeldern Krieg und Politik.

1 Cicero zitiert sich hier selbst aus dem Epos, das er über sein Konsulat verfasst hatte.4

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2. Cicero-Text, Zeilen 7 - 10: Übersetzen Sie diese (gerahmten) Zeilen.3. Ovid-Text: Erläutern Sie den Anspruch, den Ovid im unteren Text formuliert.

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Prüfungsaufgabe 1 (Cicero und Ovid): Lehrerblatt

Weitere Aufgaben4. Fassen Sie den Inhalt des Cicero-Textes mit eigenen Worten zusammen.5. Diskutieren Sie, inwiefern die beiden Textstellen vergleichbar sind.6. Erklären Sie die Unterschiede aus dem jeweiligen historischen Kontext.

Erwartungshorizont1. Cicero-Text, Zeilen 1 - 12: Nennen Sie aus dem lateinischen Text je vier Begriffe aus

den Sachfeldern Krieg und Politik.Sachfeld Krieg: res bellicas / arma / laurea / triumphus / bellumSachfeld Politik: res urbanas / toga / laus / rem publicam gubernare / otium

2. Cicero-Text, Zeilen 7 - 10: Übersetzen Sie den (gerahmten) lateinischen Text.3. Erläutern Sie den Anspruch, den Ovid im unteren Text formuliert.

Ovid erhebt den Anspruch, dass seine Metamorphosen die Launen der Götter, Katastrophen, Kriege und alle Alterungsprozesse überdauern werde. Sein leiblicher Tod wird seinen Ruhm nicht schmälern, seine Dichtung wird ihn unsterblich machen. Räumlich wird sein Ruhm so weit wie die Grenzen des Römischen Reiches reichen.

4. Fassen Sie den Inhalt des Cicero-Textes mit eigenen Worten zusammen.Die Zusammenfassung sollte folgende Aspekte beinhalten: Politische Leistungen sind (entgegen der landläufigen Ansicht) Leistungen im

Krieg überlegen. Cicero führt als bestes Beispiel die friedliche Beseitigung der catilinarischen

Verschwörung während seines Konsulats an. Diese Leistung übertrifft seiner Darstellung nach alle bisherigen Leistungen im

Krieg.5. Diskutieren Sie, inwiefern die beiden Textstellen vergleichbar sind.

Mögliche Argumente gegen eine Vergleichbarkeit: Ein Vergleich von Dichtung und Prosa ist nicht unproblematisch Cicero geht es um politischen Ruhm, Ovid um Ruhm durch LiteraturMögliche Argumente für eine Vergleichbarkeit: Thema: Ruhm Inhalt: Selbstdarstellung Selbsteinschätzung bezüglich der eigenen Großartigkeit

6. Erklären Sie die Unterschiede aus dem jeweiligen historischen Kontext. Cicero schrieb das philosophische Werk De officiis parallel zu seinen philippischen

Reden, also zur unsicheren Zeit des Bürgerkriegs zwischen Oktavian und Antonius. <-> Ovid schrieb die Metamorphosen, nachdem sich Oktavian/Augustus längst durchgesetzt hatte und in Rom Frieden und Wohlstand herrschte.

Für Cicero ist die philosophische Schriftstellerei Ersatz für seine eigentlich angestrebte politische Tätigkeit <-> Für Ovid ist die Dichtung Berufung und Selbstzweck

Cicero hat seine Schriftstellerei als Interimslösung betrachtet in der Hoffnung, dass die politische Situation sich schließlich in seinem Sinne entwickeln und sich wieder die Möglichkeit zu politischer Einflussnahme im Sinne der alten res publica ergeben würde. <–> Als Ovid die Metamorphoesen schrieb, war die Macht der Nobilität durch den Prinzipat entscheidend geschwächt, es gab keine Möglichkeit mehr, die Politik maßgeblich mitzubestimmen. Infolgedessen traten andere Lebensentwürfe wie der Ovids verstärkt an die Stelle der traditionellen politischen bzw. militärischen Karriere und wurden in der kulturellen Blütezeit der Pax Augusta

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auch gefördert (Maecenas-Kreis).[Textstellen: Cic.off.1,74 und 77; Ov.met.15,871-879]

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Prüfungsaufgabe 2: Stoische Lebenseinstellung bei Seneca und Vergil

Seneca beglückwünscht Lucilius dazu, dass dieser sein häufiges Herumreisen aufgegeben hat. Denn er ist der Meinung:

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Aegri animi ista iactatio est: Primum argumentum compositae mentis consistere et secum morari posse existimo. (...) Nusquam est, qui ubique est. Vitam in peregrinatione exigentibus hoc evenit, ut multa hospitia habeant, nullas amicitias.

Ein Merkmal für einen kranken Charakter ist dieses Herumreisen da: Für den ersten Beweis eines wohlgeordneten Geistes halte ich es, innehalten und es mit sich selbst aushalten zu können. (...) Nirgendwo ist der, der überall ist. Denen, die ihr Leben im Herumreisen verbringen, geschieht es, dass sie zwar viele Bekanntschaften haben, aber keine Freundschaften.

Und an anderer Stelle schreibt er zum gleichen Thema:Quid novitas terrarum iuvare potest? In irritum cedit ista iactatio. Quaeris, quare te fuga ista non adiuvet? Tecum fugis. Onus animi deponendum est: Non antea tibi ullus placebit locus.

iuvarein irritum cedereiactatio, -onis f.adiuvare mit Akk.onus, oneris n.

helfenzum Scheitern führendas HerumreisenhelfenLast

10 Magis, qualis veneris quam quo, interest Es ist wichtiger, wie du kommst als wohin.

Aufgaben1. Zeilen 1 - 5: a) Stellen Sie die Merkmale eines aeger animus bzw. der mens composita einander gegenüber (mit lateinischen

Textbelegen).b) Untersuchen Sie die sprachliche und stilistische Gestaltung dieser Zeilen.

2. Zeilen 6 - 9: Übersetzen Sie diese (gerahmten) Zeilen.3. Erklären Sie auf Grundlage Ihrer Lektürekenntnisse, warum Senecas Ausführungen für Aeneas nicht gelten.

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Prüfungsaufgabe 2 (Seneca und Vergil): Lehrerblatt

Weitere Aufgaben4. Fassen Sie den Inhalt des gesamten Seneca-Textes mit eigenen Worten zusammen.5. Zeigen Sie Elemente der stoischen Philosophie im Text auf.6. Manche Interpreten vertreten die Meinung, Aeneas handle nach stoischen

Grundsätzen. Nehmen Sie kritisch Stellung dazu.

Erwartungshorizont1. Zeilen 1 - 5:

a) Stellen Sie die Merkmale eines aeger animus bzw. der mens composita einander gegenüber (mit lateinischen Textbelegen).

aeger animus mens compositaiactatio (Z. 1)nusquam esse (Z. 4)(multa hospitia), nullas amicitias habere (Z. 7f)

consistere posse (Z. 3)secum morari posse (Z. 3f)

b) Untersuchen Sie die sprachliche und stilistische Gestaltung dieser Zeilen.z.B.:Inversion: aegri animi ista iactatio (Z. 1)a- und i-Alliteration: aegri animi; ista iactatio (Z. 1)Antithese: aeger animus <-> mens composita, iactatio <-> consistere / secum

morari (Z. 1/2), nusquam <-> ubique (Z. 3)Paradoxon: nusquam est, qui ubique est (Z. 3)Parallelismus: multa hospitia habeant, nullas amicitias (Z. 4/5)Antithese: multa <-> nullas (Z. 4/5)

2. Zeilen 6 - 9: Übersetzen Sie diese (gerahmten) Zeilen.3. Erklären Sie auf Grundlage Ihrer Lektürekenntnisse, warum Senecas Ausführungen

für Aeneas nicht gelten.Aeneas ist kein Reisender, sondern ein Flüchtling wider Willen. Er macht auch keine Reisen, sondern Irrfahrten. Diese werden verursacht durch den Zorn der Juno (wie es schon im Prooemium der Aeneis heißt), die ihn nicht in Italien ankommen lassen will. Auf die Flucht aus Troja begibt er sich auf Götterbefehl, nachdem seine Heimatstadt von den Griechen zerstört worden war. Vom fatum ist ihm bestimmt, in Italien eine neue Heimat für sein Volk zu finden (wie es ebenfalls im Prooemium steht). Er flieht wider Willen, weil er aus eigenem Antrieb lieber beim Kampf um Troja gefallen wäre.

4. Fassen Sie den Inhalt des Textes mit eigenen Worten zusammen.Ständiges Herumreisen zeugt von einer inneren Belastung. Allerdings nützt es nichts, sondern ist lediglich eine Flucht vor sich selbst, die nichts bringt, weil man sich selbst nicht entfliehen kann. Stattdessen hat es zur Folge, dass man ohne Freundschaften lebt und nirgendwo zu Hause ist. Mit der richtigen Geisteshaltung dagegen wird das Umherreisen überflüssig: Man kommt zur Ruhe und muss nicht vor sich selbst fliehen.

5. Zeigen Sie Elemente der stoischen Philosophie im Text auf.Die stoische Philosophie kommt direkt vor allem in Z.2 durch das secum morari posse zum Ausdruck. Der stoische Weise ist sich selbst genug, er ruht in sich und ist unabhängig von äußeren Umständen wie z.B. Örtlichkeiten (quid novitas terrarum iuvare potest, Z. 6; non antea tibi ullus placebit locus, Z. 8f). Voraussetzung für eine solche Haltung ist die mens composita (Z. 2), die mittels der Philosophie erreicht werden kann. Einem nach stoischer Auffassung glücklichen Leben steht dagegen ein aeger animus (Z. 1) im Wege. Dieser ist belastet z.B. durch die Angst vor dem Tod oder

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das Streben nach falschen, z.B. materiellen Gütern. Davon muss er sich (mittels der Philosophie) befreien (onus animi deponendum est, Z. 8).

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6. Manche Interpreten vertreten die Meinung, Aeneas handle nach stoischen Grundsät-zen. Nehmen Sie kritisch Stellung dazu.[Die Inspiration zu dieser Aufgabe gab ep. 76,33, in der Seneca sagt, dass der stoische Weise drohenden Übeln mit Gleichmut gegenüberstehe, und dazu Aeneas zitiert, den Vergil im sechsten Buch nach den Offenbarungen der Sibylle sagen lässt: Non ulla laborum, o virgo, nova mi facies inopinave surgit; omnia praecepi atque animo mecum ante peregi (V. 103-105). Dieses Zitat kann während des Kolloquiums bei Bedarf als weiterer Impuls in Übersetzung gegeben werden.]Mögliche Argumente dafür:

Aeneas beugt sich stets dem fatum. Das Verhalten des Aeneas entspricht in einzelnen Situationen der virtus des

stoischen Weisen (z.B. Eichengleichnis: Zurückdrängen der Gefühle gegenüber Dido in Buch 4).

Aeneas ist bereit, seine persönlichen Wünsche und Bedürfnisse hinter seine Aufgabe zurückzustellen

Mögliche Argumente dagegen: Aeneas beugt sich dem fatum weniger aus Einsicht, aus seiner ratio heraus,

sondern aufgrund seiner pietas. Aeneas muss an sein fatum immer wieder erinnert werden (z.B. Buch 4:

Merkur, etc.) Aeneas handelt nicht immer vernunftgeleitet, teilweise ist sein Handeln von

Affekten bestimmt (z.B. das Liebesverhältnis mit Dido; die ira, vor allem am Ende des Zweikampfes mit Turnus, etc.)

Insgesamt erscheint Aeneas kaum als abgeklärter Philosoph, schon gar nicht als ein glücklicher Mensch im Sinne der stoischen Philosophie, sondern vielmehr sehr menschlich als ein leidender Held, der sich in seiner Aufgabe bestmöglich zu bewäh-ren versucht.

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Prüfungsaufgabe 3: Vergil, Aeneis

M1:

https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Batoni,_Pompeo_—_Aeneas_fleeing_from_Troy_—_1750.jpg https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:N05Flucht-a-Troja_x.jpg#file

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(Prüfungsaufgabe 3: Vergil, Aeneis)M2: Aeneas gibt seiner Familie letzte Anweisungen zur Flucht aus dem brennenden Troja.

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„Ergo age, care pater, cervici imponere nostrae!Ipse subibo umeris nec me labor iste gravabit;quo res cumque cadent, unum et commune per-iclum,una salus ambobus erit. Mihi parvus Iulussit comes et longe servet vestigia coniunx!“

age cervici imponere nostrae – Setze dich auf meinen Nacken!umeris subire – auf die Schultern nehmenquo res cumque cadent – was auch immer geschieht; periclum = periculumambobus – uns beidenvestigia servare - den Schritten folgen

M3: Kurz vor Erreichen des Stadttores wird die Familie von Geräuschen in Furcht versetzt. Als Aeneas mit Vater und Sohn deshalb einen Seitenpfad einschlägt, verliert er seine Ehefrau Creusa. Sobald er ihr Verschwinden bemerkt, stürmt er zurück, um sie zu suchen, begegnet aber nur ihrem Schattenbild, da sie bereits tot ist. Folgende Worte richtet sie an Aeneas:

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„Quid tantum insano iuvat indulgere dolori,o dulcis coniunx? Non haec sine numine divumeveniunt; nec te comitem hinc portare Creusamfas, aut ille sinit superi regnator Olympi.Longa tibi exsilia et vastum maris aequor arandumet terram Hesperiam venies, (…)Illic res laetae regnumque et regia coniunxparta tibi; lacrimas dilectae pelle Creusae!(…) Me magna deum genetrix his detinet oris.Iamque vale et nati serva communis amorem!“

„Was nützt es nur, sich einem sinnlosen Schmerz zu überlassen, mein lieber Gemahl? Es geschieht dies alles nicht ohne den Willen der Götter; nicht erlaubt dir das Schicksal, Creusa als Gefährtin von hierfortzuführen, noch erlaubt es jener Beherrscher des hohen Olymp.Lange wirst du in der Fremde weilen und du wirst die weite Meeresfläche durchmessen und du wirst in das Land Hesperien kommen, (…)Dort erwartet dich frohes Geschick, ein Reich und eine königliche Gemahlin;lass die Tränen um deine geliebte Creusa!(…) Es hält mich die erhabene Mutter der Götter an dieser Küste.Nun aber lebe wohl und bewahre die Liebe für unseren gemeinsamen Sohn!“

Aufgaben1. Erläutern Sie, welchen römischen Wertbegriff Aeneas in der in M1 dargestellten Situation verkörpert.

Ordnen Sie einzelnen Elementen dieser bildlichen Darstellungen Stellen aus dem lateinischen Text M2 zu.

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2. Übersetzen Sie den (gerahmten) Text M2 in angemessenes Deutsch.3. Fassen Sie die wichtigsten Aussagen Creusas in M3 in Bezug auf Aeneas‘ weiteres Schicksal zusammen.

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Prüfungsaufgabe 3 (Vergil, Aeneis): LehrerblattWeitere Aufgaben4. Frauengestalten in der Aeneis und in den Metamorphosen?5. Verhältnis des Augustus zu den Dichtern Vergil und Ovid?6. Einstellung der Stoa zu politischer Betätigung <-> Epikureismus

Erwartungshorizont1. Erläutern Sie, welchen römischen Wertbegriff Aeneas in der in M1 dargestellten

Situation verkörpert.Ordnen Sie einzelnen Elementen dieser bildlichen Darstellungen Stellen aus dem lateinischen Text M2 zu.pietas (Sorge für die Familie, Pflichtbewusstsein gegenüber dem Vaterland, Frömmigkeit gegenüber den Göttern – v.a. bei bildlicher Darstellung mit Penaten)Vater auf den Schultern care pater, cervici imponere nostrae; ipse subibo umerisSohn an Aeneas‘ Seite mihi parvus Iulus sit comesEhefrau geht hinter Aeneas et longe servet vestigia coniunxBrennende Stadt periclum

2. Übersetzen Sie den Text M2 in angemessenes Deutsch.3. Fassen Sie die wichtigsten Aussagen Creusas in Bezug auf Aeneas‘ weiteres

Schicksal zusammen (M3). ‒ Schicksal von Göttern bestimmt (non sine numine divum)‒ lange Reise / Irrfahrten (longa tibi exsilia et vastum maris aequor arandum)‒ Hesperien als Ziel (terram Hesperiam venies)‒ spätere Herrschaft und neue Gemahlin (regnum et regia coniunx)

4. Frauengestalten in der Aeneis und in den Metamorphosen?Aeneis: z.B. Amata, Allekto, Camilla, Sybille, IunoMetamorphosen: z.B. Thisbe, Arachne, Baucis, Latona, Niobe

5. Herrschaft des Augustus‒ Verhältnis Vergil – Augustus: befreundet, Vergil las immer wieder Stellen aus der

Aeneis vor, ‚Durchblicke‘ in der Aeneis‒ Verhältnis Augustus – Ovid: angespannt, Ars amatoria widerspricht dem Geist der

Ehegesetze, Verbannung 8 n. Chr.6. Einstellung der Stoa zu politischer Betätigung <-> Epikureismus

‒ Stoa: Mensch als Gemeinschaftswesen und Kosmopolit, für Ehe und Familie, Verpflichtungen für die Gemeinschaft

‒ Epikureismus: Leben im Verborgenen, Ablehnung von Ehe und Familie, Ablehnung staatlicher Bindungen

[Textstellen: Verg.Aen. 2,707-711 und 776-789]

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