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175 Jahre IHK Düsseldorf Handeln für Unternehmen Schriften zur rheinisch-westfälischen Wirtschaftsgeschichte Sonderband Stiftung Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv zu Köln Köln 2006 Industrie- und Handelskammer zu Düsseldorf Jahre 1831 – 2006

175 Jahre IHK Düsseldorf Handeln für Unternehmen · und „anderen Behörden“ besser arti-kulieren zu können, war nicht neu – Beispiele aus anderen Städten gab es zur Genüge

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175 Jahre IHK DüsseldorfHandeln für Unternehmen

Schriften zur rheinisch-westfälischen WirtschaftsgeschichteSonderband

Stiftung Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv zu KölnKöln 2006

Industrie- und Handelskammerzu Düsseldorf

Jahre1831

– 2

006

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3175 Jahre IHK Düsseldorf – Handeln für Unternehmen

175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

Inhalt Seite

Vorwort 5

Von der Gründung bis zum Ersten Weltkrieg1831 bis 1914 6

Schwere Zeiten 1914 bis 1945 18

Wiederaufbau: Das erste Jahrzehnt nach dem Zweiten Weltkrieg 32

Der IHK-Bezirk Düsseldorf:Eine Region im Wandel 40

Standortpolitik:Die Region stärken 46

Recht und Unternehmensförderung:Von der Wiege bis zur Bahre 68

International:Der Duft der großen weiten Welt 76

Wiedervereinigung:Aus 2 mach 1 85

Innovation und Umwelt:Mit der Industrie in die Zukunft 88

Aus- und Weiterbildung:Für das Leben lernen 102

Öffentlichkeitsarbeit:Tue Gutes und rede darüber 120

Selbstverständnis und Gremien:Wie die IHK funktioniert 124

Und die Zukunft? 128

Präsidenten und Hauptgeschäftsführerder IHK Düsseldorf 130

Quellen, Literatur und Bildnachweis 131

Impressum 132

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175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

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5175 Jahre IHK Düsseldorf – Handeln für Unternehmen

175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

Zum 175-jährigen Bestehen der IHK Düsseldorf

„Man muss das Gestern kennen, wenn man das Morgen wirklich gut und dauerhaft gestaltenwill“. Diese Worte des großen Konrad Adenauer beherzigend, haben wir uns im 175. Jahr desBestehens der IHK Düsseldorf auf die Spurensuche in eigener Sache gemacht. Im Ergebnis, sohoffen wir, ist mit der vorliegenden Festschrift ein interessanter Aufriss von 175 Jahren Kam-mergeschichte entstanden. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der jüngeren IHK-Geschichte seitdem Ende des Zweiten Weltkrieges, für die bislang eine Gesamtdarstellung fehlte.

Während des Quellenstudiums in Archiven, in alten Akten, Kammerzeitschriften und Jahres-berichten konnten wir erkennen: Manches, was heute zur Arbeit einer IHK gehört, ist keine Erfindung der letzten Jahrzehnte, sondern war zumindest in Ansätzen lange vor unserer Zeitzum Nutzen der Unternehmen bereits vorhanden. Geändert haben sich gleichwohl Methoden,Instrumentarien und Techniken.

„Handeln für Unternehmen“, das wollten die Kaufleute, die 1831 die „Königliche Handelskam-mer zu Düsseldorf“ gründeten, und dieses Ziel bestimmt unser Tun auch heute.

Professor Dr. Dr. h. c. Ernst Schneider, Präsident der IHK Düsseldorf von 1949 bis 1968, hat zuRecht betont: „Wirtschaft betreibt man nicht im luftleeren Raum, sondern immer in einerstaatlichen und gesellschaftlichen Ordnung“. In diesem Sinne will dieses Buch zeigen, wie diewirtschaftliche Selbstverwaltung in Düsseldorf entstand und wie sie sich unter wechselndenpolitischen und wirtschaftlichen Bedingungen bis heute entwickelt hat.

So beschäftigt sich diese Festschrift nicht nur mit der Kammergeschichte, sondern berichtetauch über die Entwicklung der Region Düsseldorf.

In der Rückschau wird deutlich, dass der IHK-Bezirk stets von einer hervorragenden Standort-qualität profitieren konnte. Seine ökonomische Leistungsfähigkeit aber verdankt er vor allemden Unternehmen, die sich von den Anfängen der Industrialisierung bis heute hier angesiedelthaben.

Hermann Franzen Dr. Udo SiepmannPräsident Hauptgeschäftsführer

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6Von der Gründung bis zum Ersten Weltkrieg

175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

Kurfürst Maximilian Josef,in Personalunion Herzogvon Berg und Herzog vonOber- und Niederbayern,genehmigte 1801 die Ein-richtung einer Handelsge-sellschaft und des Hand-lungsvorstands in Düssel-dorf, dem Vorläufer der späteren Handelskammer.

Von der Gründung bis zum Ersten Weltkrieg

1831 bis 1914Kaufleute schließen sich zusammenUm wöchentlich das „Wohl unsererhiesigen Angelegenheiten“ zu bera-ten, insbesondere aber um „alles das-jenige vorzunehmen und zu verrich-ten, was sie zum besten des hiesigenHandels, zu Wasser und zu Lande nö-thig, oder nützlich zu seyn erachten“,wählte die seit 1785 in Düsseldorf or-ganisierte Kaufmannschaft am 21.Oktober 1798 aus ihrer Mitte achtVorsteher, den so genannten Hand-lungsvorstand, eine Vorläuferorgani-sation der späteren Handelskammer.

Die Idee, sich in einer Gemein-schaft zusammenzuschließen, um soseine Interessen gegenüber Regierungund „anderen Behörden“ besser arti-kulieren zu können, war nicht neu –Beispiele aus anderen Städten gab eszur Genüge. Dennoch war der Zeit-punkt gut gewählt: Beflügelt von denIdeen der Französischen Revolutionforderte das (Wirtschafts-)Bürgertumallerorten sein Mitspracherecht ein.Und so sah sich der damalige Landes-herr, Kurfürst Maximilian Joseph, inPersonalunion Herzog von Berg undHerzog von Ober- und Niederbayern,bereits 1799 mit dem ganz pragmati-schen Anliegen des DüsseldorferHandlungsvorstands konfrontiert, in eigener Regie ei-ne Handelsgesellschaft gründen zu wollen, um „Handelund Schiffahrt zu befördern“.

Auf die Antwort mussten die Kaufleute in Düssel-dorf jedoch zwei Jahre warten – zu sehr war der Kur-fürst mit den anrückenden Heeren Napoleons beschäf-tigt, die Frankreichs Staatsgrenze de facto inzwischenbis an den Rhein verschoben hatten. Erst nach dem Frie-densschluss nahm sich der Kurfürst 1801 des Düssel-dorfer Anliegens an und genehmigte die Einrichtungder Handelsgesellschaft und des Handlungsvorstands,weil er die „Vortheile gemeinschaftlicher Berathschla-gungen und Verabredungen“ durchaus anerkannte, so-fern sie sich im Rahmen bestehender Gesetze beweg-ten und keinem Außenstehenden Schaden zufügten.

Zum Vorsitzenden des Handlungsvorstands ernannteder Kurfürst einen Regierungskommissar.

Vom Empire zu Preußens Glanz und Gloria1815, nach Beendigung der napoleonischen und demBeginn der preußischen Ära, verloren die Kaufleute dasInteresse an dem Handlungsvorstand – denn mit derauf dem Wiener Kongress beschlossenen politischenund territorialen Neuordnung fehlte ihm zunächst diegesetzliche Grundlage. Erst 1818 ernannte die preußi-sche Regierung quasi als „Rechtsnachfolger“ des ehe-maligen Regierungskommissars den Düsseldorfer Ober-bürgermeister zum neuen Vorsitzenden des Hand-lungsvorstands. Diese Entscheidung erwies sich schonbald als folgenschwer, denn Stadtverwaltung und

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Kaufmannschaft zogen aufgrund unterschiedlicherInteressen nicht immer an einem Strang. Auch dieses„Erbe“ ist den Industrie- und Handelskammern bis heu-te erhalten geblieben!

Die Zeit des Handlungsvorstands neigte sich balddarauf ihrem Ende entgegen, als sich die Stimmen nachErrichtung einer „richtigen“ Handelskammer mehrten.Vorbild dafür waren die seit 1803 noch unter Napole-on errichteten Kammern links des Rheins, die unter derpreußischen Ägide zwar fortbestanden, aber bis zu die-sem Zeitpunkt keine Entsprechungen auf rechtsrheini-schem Gebiet gefunden hatten.

Das änderte sich, als im Jahre 1830 in Elberfeld undBarmen Kaufleute eine Handelskammer gründeten, de-ren Statut König Friedrich Wilhelm III. am 22. Juni 1830genehmigte. Dieses Beispiel sollte Schule machen.

Eine Handelskammer für DüsseldorfDie Düsseldorfer Unternehmerschaft, mit besten Bezie-hungen zu ihren Kaufmannskollegen in Elberfeld undBarmen, zögerte dann auch nicht lange: Bereits am 8.Juli 1830 trafen sich Handlungsvorstand mit Oberbür-germeister, Landrat und Bezirksregierung, um über dieGründung einer Handelskammer auch in Düsseldorf zuberaten. Die Düsseldorfer Initiative fand ebenfalls beider königlichen Regierung Anklang, man erbat ein Sta-tut in Anlehnung an dasjenige der Handelskammer fürElberfeld und Barmen inklusive der Erweiterung umHafen- und Schifffahrtsfragen. Mit dem im Januar1831 eingereichten Entwurf schoss der Handlungsvor-stand allerdings weit über das angepeilte Ziel hinaus,wollte er doch alle öffentlichen Anstalten „welche aufHandel, Fabriken und Schiffahrt Bezug haben“ der Han-delskammer unterstellen. Ferner sah der Entwurf vor,dass die Handelskammer künftig Abfahrten, das Ein-und Ausladen der Schiffe etc. bestimmen und verwal-ten sollte. Das ging nicht nur dem Düsseldorfer Ober-bürgermeister zu weit, der um die Autonomie der städ-tischen Wirtschaftsverwaltung fürchtete, sondern auchdas am 23. Mai 1831 vom preußischen König gnädigstgenehmigte Statut beschnitt die hochfliegenden Plänedes Handlungsvorstands auf die „Beaufsichtigung der-jenigen öffentlichen Anstalten und Anordnungen“ fürHandel und Schifffahrt. Weitaus bedeutsamer – undzeitloser – war jedoch eine in § 4 des Statuts festge-schriebene Aufgabe der künftigen Handelskammer:

„Die Bestimmung der Handels-Kammer ist, denStaats-Behörden ihre Wahrnehmungen über denGang des Handels, des Manufaktur-Gewerbes undder Schiffahrt, und ihre Ansichten über die Mittelzur Beförderung der einen und der anderen darzu-

legen, denselben die Hindernisse, welche der Errei-chung dieses Zweckes entgegenstehen, bekannt zumachen, und ihnen die Auswege anzuzeigen, wel-che sich zur Hebung derselben darbieten.“

Heute heißt es dazu in § 1 Abs. 1 des IHK-Gesetzes:Die Industrie- und Handelskammern sollen:

„…durch Vorschläge, Gutachten und Berichte dieBehörden (…) unterstützen und (…) beraten…“.

Selbstverwaltung und Staat – eine schwierige BeziehungIm Vordergrund der Handelskammertätigkeit nachpreußischem Recht standen also nicht – wie im fran-zösischen Kammersystem – die Ausführung behörd-licher Aufgaben, sondern die Wahrnehmung der In-ter-essen der Wirtschaft. Wählen durften diejenigen Ein-wohner des Gemeindebezirks, die wenigstens zwölf

Das Statut der KöniglichenHandelskammerzu Düsseldorf, genehmigt am 23. Mai 1831.

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Taler Gewerbesteuer pro Jahr entrichteten. Gewähltwerden konnten nach § 3 zunächst sechs Mitglieder,wenn sie

„dreißig Jahre und darüber alt (waren), ein Hand-lungs- oder Fabrikgeschäft wenigstens fünf Jahrelang, für eigene Rechnung persönlich und selb-ständig betrieben, auch in dem Gemeinde-Bezirkvon Düsseldorf (ihren) ordentlichen Wohnsitz, undden Hauptsitz (ihres) Gewerbes (hatten), unddurchaus unbescholtenen Rufes (waren).“

Diese sechs Mitglieder (später Vollversammlungs-mitglieder genannt) wählten aus ihrer Mitte den Vor-sitzenden (= Präsidenten). Erster Vorsitzender der „Königlichen Handelskammer zu Düsseldorf“ war von1831 bis 1833 der Düsseldorfer Kaufmann und Fabri-kant Franz Schimmelbusch. Zu seinem Vertreter wurde Gerhard Baum (Präsident von 1834 bis 1868) bestellt.Beiden zur Seite stand als Sekretär (= der spätereHauptgeschäftsführer) Johann Ferdinand Wilhelmi, derbereits über Erfahrungen aus der Zeit des Handlungs-vorstands verfügte, für den er in gleicher Funktion tätig gewesen war.

Die Statuten der Handelskammern in Elberfeld(1830) und Düsseldorf (1831) ähnelten einander, unter-schieden sich jedoch in einem wichtigen Punkt: Wäh-rend die Barmer und Elberfelder Unternehmer es nochentschieden und erfolgreich abgelehnt hatten, denOberbürgermeister als preußischen Beamten an ihrenSitzungen teilnehmen und in diesem Falle auch denVorsitz führen zu lassen, wurde dieses Recht im Düssel-dorfer Statut in § 2 verbrieft. Darüber hinaus wurde perKabinettsorder das Düsseldorfer Statut für alle weite-ren Kammergründungen obligatorisch, auch die älte-ren linksrheinischen Handelskammern übernahmenseine Bestimmungen. Wenn auch de jure der staatliche

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Blick auf den DüsseldorferMarktplatz um 1840.

Franz SchimmelbuschPräsident von 1831 bis 1833

Franz Schimmelbusch war in Kommissionsgeschäf-ten tätig, als er zum ersten Präsidenten der König-lichen Handelskammer zu Düsseldorf gewählt wur-de. In den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts be-trieb er eine Eisengießerei auf der Kanalstraße, derheutigen Westseite der Königsallee. Von ihm gin-gen entscheidende Impulse für die Gewerbe- undIndustrieausstellung 1838 aus, wie er auch als Mitbegründer der Eisenindustrie in Düsseldorf gilt.

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Einfluss auf diese Weise festgeschrieben wurde, so hat-te er praktisch kaum Auswirkungen, denn de facto leitete der aus der Mitte der Kaufmannschaft frei gewählte Präsident die Sitzungen und führte die Geschäfte der Handelskammer.

Daran änderte auch die Tatsache nichts, dass dieKammer von 1831 bis 1870 Quartier im DüsseldorferRathaus nahm: Aus der per Königsdekret verfügtenMesalliance wurde auch durch die räumliche Nähe keine Liebesheirat! Vielmehr weigerte sich Oberbürger-meister Philipp Schoeller zunächst, der Kammer im Rathaus dauerhaft Obdach zu gewähren und Stadt-rentmeister von Franz zeigte sich entrüstet über dasAnsinnen der Handelskammer, im Zuge der Amtshilfedie Kammerbeiträge auf Grundlage der Gewerbesteu-er festzustellen. Auch die Beziehung zum Nachfolgerim Amt des Oberbürgermeisters, Josef von Fuchsius, gestaltete sich schwierig: Anlässlich des Todes von Kö-nig Friedrich Wilhelm III. hatte die Kammer pflicht-schuldigst per Depesche kondoliert und ihre Glück-wünsche zum Regierungsantritt von Friedrich WilhelmIV. übermittelt – allerdings ohne die Stadt davon vor-ab in Kenntnis zu setzen (denn der Oberbürgermeisterhatte ja schließlich das Recht, an den Sitzungen teilzu-nehmen und sich zu informieren!). Von Fuchsius be-fürchtete nun, dass das Kammerschreiben Berlin vorseinem Brief erreichen könnte, was offenbar einem ge-sellschaftlichen Faux Pas gleichgekommen wäre. DieHandelskammer beantwortete das Schreiben des Ober-bürgermeisters höflich, aber bestimmt:

„Wir hielten es dem Zwecke der Sache, der lediglichdie Handelskammer und den von ihr vertretenenHandelsstand betrifft, angemessen, nur von derHandelskammer selbst, die Erlassung eines solchenActes ausgehen zu lassen.“

Weitere Scharmützel mit der Stadtspitze solltenfolgen, auch scheute sich die Handelskammer nicht,sich mit Vertretern der preußischen Staatsregierunganzulegen. So zog sie sich 1837 den Zorn des Finanz-ministers Albrecht Graf von Alvensleben zu, weil sie –ohne ihn in dieser Frage vorab konsultiert zu haben –bei der Rheinschifffahrtskommission die gleichenRechte für den Düsseldorfer Freihafen wie in Köln ge-fordert hatte. Die Drohung von Alvenslebens, die Kam-mer ob dieser Insubordination aufzulösen, wurde gott-lob nicht in die Tat umgesetzt.

Im Gegenteil: Der Staat entließ nach und nach mitder königlichen Verordnung vom 11. Februar 1848(Handelskammergesetz) und der Novelle zum Handels-kammergesetz vom 24. Februar 1870 die Selbstverwal-

tungseinrichtungen der Wirtschaft in die Unabhängig-keit – am 19. August 1897 folgte die Anerkennung derHandelskammern als „juristische Personen“.

Stadt, Land, FlussLange, bevor man über europäische Hauptentwick-lungsachsen sprach, profitierte Düsseldorf von seiner

Gerhard BaumPräsident von 1834 bis 1868

Seit 1828 war Gerhard Baum Mitglied des Hand-lungsvorstandes. Er war zunächst als Mitinhaberdes Kommissions- und Speditionsgeschäftes seinesSchwiegervaters Wilhelm Cleff tätig. Dieses Unter-nehmen entwickelte er zum Bankgeschäft, das1850 in Baum, Boeddinghaus & Co. umfirmiert undspäter von der Deutschen Bank übernommen wur-de. 1831 wählten ihn die Kaufleute zum Vizepräsi-denten der neuen Handelskammer und 1834 zu ih-rem Präsidenten. Auf seine Initiative hin wurden1836 die Mittel- und Niederrheinische Dampf-schifffahrtsgesellschaft, 1842 die Düsseldorfer All-gemeine Versicherungsgesellschaft für See-, Fluss-und Landtransport sowie 1846 die Niederrheini-sche Dampfschleppschifffahrts-AG ins Leben ge-rufen. Er war maßgeblicher Initiator der Düssel-dorf-Elberfelder Eisenbahngesellschaft und langeJahre Vorsteher des Handelsgerichts. Seit 1827 warGerhard Baum Mitglied des Stadtrates, seit 1843vertrat er 30 Jahre lang Düsseldorfer Interessen imRheinischen Provinzial-Landtag, 1847 darüberhinaus im Vereinigten Landtag. In Anerkennungseiner Verdienste verlieh ihm König Friedrich Wil-helm IV. 1840 den Titel eines Kommerzienrates.1868 wurde er von Wilhelm I. zum Geheimen Kom-merzienrat ernannt.

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Standortgunst: Der Nähe zum Rhein, dem wirtschaft-lich starken bergisch-märkischen Hinterland und demRepräsentativcharakter einer ehemaligen Residenz-stadt. Daraus ergaben sich – neben der berichtendenund beratenden Tätigkeit – die ersten Handlungsfelderder Handelskammer fast schon von selbst. Im Sinne derVerbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingun-gen gehörten dazu in erster Linie Verkehr (Hafen,Rheinschifffahrt sowie Auf- und Ausbau des Schienen-netzes), Warenhandel, Börsen- und Ausstellungswesen,Rechtspflege und Fortbildung sowie Stellungnahmenzu zollrechtlichen und anderen Fragen. Die Standort-gunst wie auch die stärkere Vernetzung mit benach-barten Wirtschaftsräumen bedingten darüber hinaus,dass die Kammer sich eben nicht nur mit den Angele-genheiten der vor Ort ansässigen Unternehmen, son-dern mit Wirtschaftsthemen, die weit über den Kam-merbezirk hinaus von Bedeutung waren, befasste.

Ein Dorf mit EntwicklungspotenzialZu Beginn des 19. Jahrhunderts war Düsseldorf „ein bescheidenes, durch die Unbilden der kriegerischen undpolitischen Verwicklungen heruntergekommenes,schlecht verwaltetes, bevölkerungsarmes Städtchen“,so charakterisierte Otto Most die Stadt in seiner „Ge-schichte der Stadt Düsseldorf“ von 1921. Wenn auchdiese Beschreibung zu hart ausgefallen sein dürfte, soübernahm der preußische Staat am 5. April 1815 mitdem Bergischen Land (nebst dem dazugehörigen Düs-seldorf) doch ein schweres Erbe: Stadt und Umland waren durch die napoleonischen Kriege arg in Mitlei-denschaft gezogen, die Gemeinden hoch verschuldetund die Wirtschaft musste fast vollständig reorganisiertwerden.

Bereits in einer Eingabe zum Erhalt der Residenz-stadt vom August 1808 meinte der Handlungsvorstandfeststellen zu müssen:

„…zu Fabriken sei Düsseldorf aus dem Grunde un-geeignet, dass die Ländereien umher nicht von derbesten Qualität seien, die Lebensmittel zu einemsehr hohen Preise ständen und die hiesigen Ein-wohner schon ihre ständige mit dem Dasein der Residenz mehr oder minder in Verbindung stehen-de Beschäftigung hätten.“

Damit hatte der Handlungsvorstand Recht und Un-recht zugleich, wie die spätere Entwicklung zeigen soll-te. Denn: Schon zum damaligen Zeitpunkt verstand sich„Klein-Paris“ auf das savoir vivre – für ein glanzvollesLeben der knapp 50.000 Einwohner sorgten 1816 meh-rere hier ansässige Regierungsbehörden, 186 Kaufleu-te, 24 Spezialhändler, 59 Kleinkrämer, Trödler oder Hausierer, 61 Brauer, 38 Branntweinbrenner, 70 Schän-ker, 23 Weinhäuser, 17 Kaffeehäuser und Konditoreien,35 Fuhrleute, 19 Schiffer, drei Tanzmeister und 43 Mu-sikanten. Mit nur 13 Fabrikanten (zumeist vorindu-strielle Textilproduzenten) war Düsseldorf industriellstark unterrepräsentiert.

Dafür erfreuten sich die Bewohner dieses „Lieb-lings-Wohnsitzes der Musen“ neben den aufwerten-den gesellschaftlichen Komponenten (Provinzialland-tag ab 1826, Anwesenheit von einem Hohenzollern-prinzen in Schloss Jägerhof und rheinischem Adel), den Gartenanlagen, Alleen und Parks eines weit überdie Stadtgrenzen hinaus berühmten Theaters, der zeit-weise in der Stadt anwesenden, bedeutenden Kompo-nisten wie Felix Mendelssohn Bartholdy, Robert Schu-mann und Johannes Brahms sowie der Einrichtung derKunstakademie im Jahre 1819. Diese „weichen“ Stand-ortfaktoren sollten die Industrialisierung wie auch denZuzug von Unternehmern vor allem in der zweitenJahrhunderthälfte begünstigen.

Der Hafen als Tor zum Ruhrgebiet und nach WesteuropaAls Trumpfkarte konnte Düsseldorf in der ersten Hälf-te des 19. Jahrhunderts seine Lagevorteile, vor allem dieRheinnähe und den Hafen, voll ausspielen. Das hingeinerseits mit der Umstellung der bergischen Textilpro-duktion von Leinen auf Baumwolle zusammen (wäh-rend Flachs und Garn aus dem für Düsseldorf ungün-stiger gelegenen Westfalen kamen, war Baumwolle fastnur über England zu beziehen), aber auch mit der Zu-nahme des allgemeinen Warenaustausches, der Schaf-fung eines größeren Wirtschaftsgebietes zwischen1818 und 1834 (Gründung des deutschen Zollvereins),der Verbesserung der Verkehrsverhältnisse (Dampf-schifffahrt und Eisenbahnverkehr), vor allem aber mitder beginnenden industriellen Entwicklung im Ruhr-gebiet.

Für die bergischen Produzenten erwies sich der Düs-seldorfer Hafen alsbald in zweifacher Hinsicht als gün-stig gelegener Warenumschlagplatz: Sowohl für dieTextilwirtschaft, die über Düsseldorf Seide, Samt, Spit-zen, Batiste, Leinen, Baumwolle, Tuche, Pottasche,Alaun sowie Farbstoffe einschließlich Indigo bezog und

Einzug Napoleons in Düs-seldorf am 3. November1811 durch den von Vage-des errichteten Triumph-bogen in Höhe der Elber-felder Straße. Nach einerLithographie von Petersen.

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von hier aus Seide, Garne, Bänder, Decken und Tucheexportierte, als auch für die nach 1815 einsetzende Ei-sen verarbeitende Industrie, die ihre Rohstoffe vor-nehmlich aus England und später aus dem Ruhrgebietbezog. Der Handel mit Rohstoffen, Halbfabrikaten undFertigprodukten wiederum schuf die Voraussetzungdafür, dass sich auch in Düsseldorf Textil- und nach1850 Eisen verarbeitende Industrie ansiedelte. Lage-vorteile und „weiche“ Standortfaktoren zogen in derzweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vermehrt Unter-nehmer zumeist aus Belgien, der Aachener Region, der Eifel und dem bergisch-märkischen Raum nach Düssel-dorf, wie Albert Poensgen, Ferdinand Heye, Hermann-August Flender, Fritz Henkel, J. P. Piedboeuf und dieBrüder Mannesmann, um nur einige zu nennen.

Zu Beginn ihrer Tätigkeit bemühte sich die Han-delskammer daher in erster Linie um Erleichterungenfür die Schifffahrt, ordnete den Handelsverkehr undentwarf eine Hafenordnung. Ferner setzte sie sich –ganz im Sinne der ortsansässigen Wirtschaft – dafürein, den Schiffsverkehr behindernde Beschränkungenin den Niederlanden, aber auch in Köln, zu entschär-fen. Hatte die Mainzer Rheinschifffahrtskonventionvon 1831 bereits erhebliche Erleichterungen für denSchiffsverkehr gebracht (Wegfall des Kölner Stapel-rechts und der zollrechtlichen Beschränkungen in denNiederlanden) und so den Güterumschlag im Düssel-dorfer Hafen innerhalb eines Jahres explosionsartig aufmehr als 35.000 Tonnen steigen lassen, so ergab sichnun die Notwendigkeit, noch stärker von diesen Vor-teilen durch aktive Beteiligung an einer Dampfschiff-fahrtsgesellschaft zu profitieren. Auf Initiative derHandelskammern von Düsseldorf und Elberfeld wurde

Das Röhrenwalzwerk derFirma J. P. Piedboeuf &Comp. an der Ellerkirch-straße um 1900.

Gustav BloemPräsident von 1869 bis 1878

Im Jahre 1848 gründe-te Gustav Bloem in Düs-seldorf-Derendorf eineZündhütchenfabrik, diespäter eine Ergänzung inder Firma Braun & Bloemfand. In seine Amtsperiode fiel1874 die Gründung des Börsenver-eins. Innerhalb kurzer Zeit traten die-ser Vereinigung 500 Mitglieder aus Industrieund Handel bei, die an der zunächst reinen Pro-duktenbörse (Getreide, Saaten, Metalle, Kohle, Erze, Baustoffe) partizipierten. 1884 wurde dieBörse der Stadt Düsseldorf staatlich anerkannt, sodass sich der privat-rechtliche Verein auflöste. Ferner setzte sich während seiner Ägide die Indu-strialisierung des Bezirks mit der Ansiedlung che-mischer Fabriken und Maschinenbauunternehmenfort. Bloem engagierte sich für das Markenschutz-gesetz, für die Errichtung einer neuen Rheinbrü-cke und für die „Hebung Düsseldorfs als Hafen-platz“. Die 1887 gegründete Fortbildungsschule fürKaufmannslehrlinge, deren Kuratoriumsvorsitzen-der er war, nahm unter seiner Ägide einen beson-deren Aufschwung. Als Vorsitzender des Düssel-dorfer Ruder-Vereins wirkte er in der DüsseldorferGesellschaft.

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daher am 13. Mai 1836 die „Dampfschifffahrtsgesell-schaft für den Niederrhein und Mittelrhein“ gegründet,die ab 1838 regelmäßig zwischen den Häfen Mainz undRotterdam verkehrte. 1842 folgte – ebenfalls untermaßgeblicher Beteiligung der Düsseldorfer Handels-kammer – die Gründung der „Düsseldorfer AllgemeinenVersicherungs-AG für See-, Fluss- und Landtransport“.Ferner lag das Hauptaugenmerk der Handelskammerauf der künftigen Hafenentwicklung. Der ursprünglichim Norden gelegene Hafen besaß relativ wenig Kapa-

zität. Da man sich jedoch lange über die endgültigeStandortwahl nicht einig war, verhinderte dies zu-nächst den kontinuierlichen Ausbau nach Süden. Zu-nächst jedoch veranlasste die Handelskammer die Re-stituierung der Freihafenrechte (1827 aufgehoben) undden Wiederaufbau des Freihafens (abgeschlossen1838), um eine Gleichstellung gegenüber Köln zu er-reichen (endgültig 1841), denn, so die Kammer:

„Es ist keinem Zweifel unterworfen, dass hierdurchder Verkehr in unserem Hafen bedeutend gewinnenund namentlich die Verbindung mit dem oberenRheine allmählig größeren Aufschwung erhaltenwird.“

Der Wunsch nach einem neuen beziehungsweise er-weiterten Hafen erfüllte sich hingegen erst 1890: „…imSüden der Stadt, oberhalb des an der Neustadt befind-lichen Parallelwerks, längs der nach Neuss führendenEisenbahn“ erfolgte der erste Spatenstich, 1896 wur-den die Anlagen vollendet.

Fahr’n, fahr’n, fahr’n mit der EisenbahnGrößter Konkurrent der prosperierenden Dampfschiff-fahrt wurde der Eisenbahnverkehr. Als sich Ende 1832die öffentliche Aufmerksamkeit einer Eisenbahnlinievon der Weser bis zum Rhein zuwandte, wollte die Han-delskammer sogleich „Düsseldorf an den Vorteilen ei-ner solchen Eisenbahnverbindung beteiligen“. Mitstrei-ter war hier erneut die Schwesterkammer in Elberfeld.Auf Betreiben der Kammern schlossen sich 1835 dieinteressierten Kreise beider Städte zur „Düsseldorf-El-berfelder Eisenbahngesellschaft“ zusammen. 1837wurde das Projekt genehmigt, 1838 der Streckenteil

Das Kaufhaus LeonhardTietz an der Schadowstraßeim Jahre 1902.

Rudolf LuppPräsident von 1879 bis 1885

In den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts verlegteRudolf Lupp seine Indigo-Blau-Druckerei vonMettmann nach Düsseldorf, weil hier im Hafen dasIndigo für die bergischen Textildruckereien umge-schlagen wurde. Während seiner Präsidentschaftlag Kommerzienrat Lupp der Ausbau des Düssel-dorfer Hafens besonders am Herzen, wie sich un-schwer an folgendem Auszug eines Festliedes an-lässlich seiner „fünfundzwanzigjährigen Thätig-keit“ in der Kammer 1885 erkennen lässt:„Jeder funkelneue Morgen Bracht’ der Kammer neue Sorgen,Brachte neue Mühen mit!Dann hieß es: Du Präses Luppe,Löffle aus die garst’ge Suppe,Uns verging der Appetit!Unser viel zu enger HafenLieß den Biedermann nicht schlafen,Die Behörden schrie er an:Steht uns bei in unserem Jammer,da die ganze Handelskammerdas Wasser ja nicht halten kann!“

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Düsseldorf-Erkrath und 1841 die gesamte Strecke bisnach Elberfeld eröffnet. Bereits 1842 beförderte dieBahn über 383.000 Personen und 370.000 Zentner Güter.

Ferner setzte sich die Düsseldorfer Kammer erfolg-reich für die Fortführung der Köln-Mindener-Bahnüber Düsseldorf nach Duisburg ein (Eröffnung derStrecke Deutz-Düsseldorf 1845, Eröffnung Düsseldorf-Duisburg 1846). Mit beiden neuen Verkehrsadern wurden das industriell geprägte bergisch-märkischeHinterland, aber auch das aufstrebende Ruhrgebiet mitseinen Zechen hervorragend an den prosperierendenHandels- und Umschlagplatz Düsseldorf angeschlossen.

Im Folgenden widmete sich die Handelskammerdem Ausbau der Eisenbahnlinie Aachen-Mönchenglad-bach-Oberkassel (Fertigstellung 1853/54) einschließ-lich des erforderlichen Brückenbaus, um die Anbindungdes rechtsrheinischen Raumes problemlos zu gewähr-leisten. Bis zur Fertigstellung der Hammer Brücke 1870mussten Fahrgäste und Güter über den Rhein von Ober-kassel/Neuss nach Düsseldorf übergesetzt werden.

Nach der Verstaatlichung der privaten Eisenbahnli-nien (1879 bis 1882) setzte sich die Kammer für denUmbau und die Zentrierung der bisher getrennt von-einander liegenden Bahnhöfe ein. Im Zuge der Errich-tung des neuen Hauptbahnhofes, der 1891 fertig ge-stellt wurde, plädierte sie bereits für einen Zugang vonund nach Oberbilk (was allerdings erst mit dem Bahn-hofsumbau in den 70er Jahren des 20. Jahrhundertsverwirklicht werden sollte). Mit der Zentrierung derBahnlinien in einem Bahnhof mussten Tarife angepasst,Fahrpläne koordiniert und die Fahrkartenbeschaffungerleichtert werden – im Interesse ihrer Unternehmenwurde die Kammer auch hier aktiv.

Düsseldorf: Sprungbrett für AuslandsbeziehungenWie berichtet, wirkte Düsseldorf wie ein Magnet: Nichtnur Industrielle, auch Verbände und Konzernzentralennahmen hier – vornehmlich in der zweiten Hälfte des19. Jahrhunderts – ihren Sitz: So wurde der „Schreib-tisch des Ruhrgebiets“ aus der Taufe gehoben. In zu-nächst bescheidenerem Maße siedelten sich Bankenund Versicherungen an.

Ganz im Interesse ihrer zugehörigen (Groß-)Han-dels- und Industrieunternehmen hat sich die Kammerbereits sehr früh mit allen Fragen der preußischen unddeutschen Handelspolitik auseinandergesetzt und siezum Teil nachhaltig beeinflusst. So wurden beispiels-weise Zugangsvoraussetzungen für europäische undinternationale Märkte mitgestaltet, etwa mit den bila-teralen Handelsverträgen Deutschland-Frankreich

(1860) oder Deutschland-Russland (1894). Um die Jahr-hundertwende rückten auch schon Japan und China insBlickfeld – zu Vertragsabschlüssen sollte es vor dem Ersten Weltkrieg allerdings nicht mehr kommen. Kernder internationalen Aktivitäten der wirtschaftlichenSelbstverwaltung war stets, sich als sachkundiger An-walt des Marktes für die heimische Wirtschaft – vor-nehmlich bei Erleichterungen im Zollverkehr – stark zumachen. Zeugnis legen davon mehrere „Denkschriften“ab, in denen die Kam-mer sich zu Fragen der Freihandels- undSchutzzollpolitik ge-äußert hat. Ziel alldieser Bemühungenwar es, den Düs-seldorfer Erzeugnis-sen neue Absatzmärk-te zu erschließen.

Klein-Paris putztsich herausNeben der „großen“ Politik galt es für die Han-delskammer auch, sich mit den Vor-Ort-Fragen desinnerstädtischen Handels zu beschäftigen. Denn nebenden Speditions-, Kolonialwaren- und Materialhändlern,die alle dem Groß- beziehungsweise Zwischenhandel

Kunstakademie am Eiskeller-berg, im Vordergrund der Sicherheitshafen, um 1890.

Wilhelm PfeifferPräsident von 1886 bis 1895

An den Düsseldorfer Bankier und Geheimen Kom-merzienrat Wilhelm Pfeiffer erinnert heute nochdie Pfeiffer-Straße in Gerresheim. Er gründete diePfeifferstiftung zur Pflege der Parkanlagen in Gra-fenberg und auf der Hardt.

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14Von der Gründung bis zum Ersten Weltkrieg

175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

zugerechnet werden müssen, gab es kleinteiligen Ein-zelhandel, Reisende und Marktbeschicker.

Während Letztere für die Versorgung der Bevölke-rung mit Dingen des täglichen Bedarfs ihr Geld ver-dienten, klagten die ortsansässigen Einzelhändlerschon um 1830 über den „unlauteren Wettbewerb“ unddie Zunahme der Reisenden. Die Kammer sah sich des-halb 1833 veranlasst, in ihrem Bericht darauf hinzu-weisen, dass

„nahe und entfernte Fabrikanten, Manufakturistenund Großhändler ein Gewerbe daraus machen, dieProdukte ihres Etablissements auch im Kleinen inder Art an die Konsumenten abzusetzen, dass dieReisenden hier fast von Haus zu Haus umherzie-hen, um Bestellungen en detail aufzunehmen“.

Die Kammer erwirkte daraufhin zum Schutze derKleinhändler eine gesetzliche Regelung, die schon baldAbhilfe schuf.

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts nahm der Einzel-handel einen raschen Aufschwung, der sich in einerweiteren Spezialisierung und einem größeren Waren-sortiment niederschlug. Düsseldorf galt schon bald alsdas führende Zentrum für modische Damenoberbe-kleidung im Rheinland, auch entwickelte sich hier einelebhafte Kunsthandelsszene sowie der Handel mitwertvollen Einrichtungsgegenständen.

Während der kleinteilige Einzelhandel über die ge-samte Stadt verstreut war, konzentrierten sich die Spe-zialgeschäfte und die aus den früheren Magazinen her-vorgegangenen Warenhäuser in der Innenstadt. Dis-kussionen über die „Zentralität von Innenstädten“ undVerdrängungswettbewerb beherrschten schon damalsdas Tagesgeschäft. Als beispielsweise Kaufmann Leon-hard Tietz aus Platzgründen sein Warenhaus von derSchadowstraße an die Königsallee und Kasernenstraßeverlegen wollte, protestierten Stadtverwaltung undmittelständische Händler, befürchteten Letztere docheinen Konkurrenzkampf, in dem sie unterliegen würden.Nachdem die Wogen sich geglättet hatten, konnte Tietzden Neubau seines Warenhauses 1907 eröffnen.

Bereits 1804 hatte sich der Handlungsvorstand fürdie Einrichtung einer Warenhandelsbörse und 1817 fürdie Einrichtung eines Getreidemarktes stark gemacht.Beiden Unterfangen, wie auch späteren Versuchen fürFrucht- und Wollmärkte, war zunächst kein dauerhaf-ter Erfolg beschieden. Daher forcierte die Handelskam-mer die Idee einer zentralen Börse ab 1844 erneut, ge-nehmigt wurde diese endlich im Jahre 1884. Die er-folgreiche Gründung der Düsseldorfer Börse ist dabeiin erster Linie den Industriellen um William ThomasMulvany und Gustav Bloem, dem dritten Präsidentender Handelskammer (1869-1878), zu verdanken, dervon 1874 bis 1884 der Vorläufer-Organisation, demBörsenverein, vorstand. Seit 1896 lag die Börsenauf-sicht in den Händen der Handelskammer.

Düsseldorf ist eine Messe wertSehr früh, nämlich 1811 und 1817, hat es unter Betei-ligung des Handlungsvorstands Ausstellungen in Düs-seldorf gegeben. Allerdings dienten diese mehr einem„Schaulaufen“ vor dem jeweiligen Landesherrn, als dass sie den eigentlichen Zweck einer Gewerbeausstel-lung erfüllten. Das änderte sich erst 1837 mit der vonder Kammer initiierten und vom 1836 gegründeten„Gewerbeverein für den Regierungsbezirk Düsseldorf“organisierten Ausstellung. Ziel war es, den Absatz an-zukurbeln, und zwar indem

„die Warenausstellungen nicht auf einzelne, oft infremden Ländern gelegene Orte…zu beschränken

Ernst SchiessPräsident von 1895 bis 1897

Der Fabrikant ErnstSchiess kam 1865/66

nach Düsseldorf, um mit Unterstützung Albert

Poensgens seine kleineWerkstatt zu einer modernen

Werkzeugmaschinenfabrik aus-zubauen. Die Produktion umfasste

später Spezialmaschinen für den Ei-senbahnbedarf, den Schiffsbau, Werkzeug-

maschinen und Nähmaschinen. 1906 wurde die Fabrik in eine Aktiengesellschaft umgewandelt,1920/21 vom Duisburger Konzern Demag über-nommen. Neben seinem Amt als Handelskammer-Präsident leitete Ernst Schiess den „Verein Deut-scher Werkzeugmaschinen-Fabrikanten“ und warMitorganisator großer Veranstaltungen wie derGewerbeausstellungen von 1880 und 1902 oderdes Presseballs von 1913. Der Unternehmer Schiessengagierte sich darüber hinaus vorbildlich in derAusbildung des gewerblichen Nachwuchses. DemDüsseldorfer Stadtrat gehörte er von 1888 bis zuseinem Tod 1915 an. Als Vorsitzender der Orts-gruppe des Deutschen Flottenvereins setzte sichSchiess für eine starke Marineaufrüstung ein.

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175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

(sind), um den ansässigen Stadt- und Landbewoh-nern Gelegenheit darzubieten, den Ankauf ihrer Be-dürfnisse aus nächster Quelle zu beziehen“.

113 Firmen präsentierten rund 3.000 Produkte, fürdie sich rund 8.700 Besucher interessierten.

Unter Regie des Fabrikanten und früheren Han-delskammerpräsidenten Franz Schimmelbusch fandbereits 1838 mit 71 Firmen und rund 6.000 Besucherndie nächste heimische „Leistungsschau“ statt. 1852 gabes die erste „Provinzial-Gewerbe-Ausstellung fürRheinland und Westfalen“ mit 756 Ausstellern aus demgesamten preußischen Staatsgebiet, 60.000 Besucherwurden gezählt. Anlass für diese Ausstellung war dieLondoner Weltausstellung 1851, von der die dort aus-

stellenden 192 Firmen ausdem RegierungsbezirkDüsseldorf enttäuschtzurückgekommen wa-ren. Obwohl die Aus-stellung von 1852 dieErwartungen weit

übertroffen und die Absatzchancen der ortsansässigen Firmen enorm gesteigert hatte, folgte erst 1880 dienächste Gewerbe- und 1902 die große „Industrie- undGewerbeausstellung für Rheinland, Westfalen und be-nachbarte Bezirke“. Der Kronprinz übernahm dieSchirmherrschaft und kam zusammen mit Reichskanz-ler von Bülow zur Eröffnung am 1. Mai 1902. Für dieProdukte der 2.500 Aussteller interessierten sich bis zum 20. Oktober rund fünf Millionen Besucher. Bei-de Ausstellungen hatte die Handelskammer befördertund beide sollten den Ruf Düsseldorfs als Messe- undAusstellungsort begründen.

Alles, was Recht istSeit Beginn engagierte sich die Handelskammer in derRechtspflege. So beschäftigten sie neben handelsregi-sterlichen Fragen auch solche des Marken- und Pa-tentschutzes sowie des Konkursrechts. In erster Linieaber trat sie für die Errichtung eines Handelsgerichtsein.

So setzte sich die Kammer seit 1863 für ein Mar-kenschutzgesetz ein, das nach mehreren Anläufen end-

Gedenkblatt zur Gewerbe-ausstellung für Rheinlandund Westfalen in Düssel-dorf 1852.

Postkarte zur Industrie-und Gewerbeausstellung1902.

Von der Gründung bis zum Ersten Weltkrieg

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16Von der Gründung bis zum Ersten Weltkrieg

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gültig 1874 erlassen wurde, dafür aber dem Gesetzes-entwurf der Kammer fast völlig entsprach. Ebenso erfolgreich entschied sie die Auseinandersetzung mitder Handelskammer Köln um den Sitz einer Patentaus-legestelle für sich, die 1891 in Düsseldorf eingerichtetwurde. 1913 folgte der Entwurf eines Patent-, Gebrauchsmuster- und Warenzeichengesetzes.

In punkto Handelsregister votierte die Kammer1863 für die Eintragung aller Handelsfirmen, moniertedie ungleiche Behandlung von Eintragungen bei denGerichten (1868) und formulierte 1876 Abgrenzungs-kriterien für Handel und Handwerk. Ferner forderte sie1898 die Mitwirkung der Handelskammern bei der Füh-rung der Handelsregister.

Seit ihrer Gründung trat die Handelskammer mas-siv für die Einrichtung eines von Kaufleuten gebildetenHandelsgerichts ein, das die preußische Regierung erst1862 genehmigte.

Non scholae….…sed vitae – gemäß diesem Lehrsatz geriet auch dieAus- und Weiterbildung recht früh in den Fokus derHandelskammer. Bereits 1835 regte sie die Einrichtungeiner Real- und Gewerbeschule in Düsseldorf an, for-derte 1850 – unter Berufung auf das königliche Ver-sprechen, Düsseldorf ein polytechnisches Institut zu

gewähren – die Errichtung einer Maschinenbauschuleund machte sich 1871 für die Institution der Mittel-schulen stark. 1886/87 rückte die Idee einer kaufmän-nischen Fortbildungsschule auf freiwilliger Basis in denVordergrund des Kammerinteresses, die am 1. Oktober1888 unter Vorsitz des Geheimen Kommerzienrats Wil-helm Pfeiffer, Präsident der Handelskammer von 1886bis 1895, eröffnet wurde. Unterrichtet wurde dort inden Abendstunden (also berufsbegleitend!) in den Fä-chern kaufmännisches Rechnungswesen, Buchführungsowie in Korrespondenz in englischer und französischerSprache. Als 1902 der Fortbildungsunterricht Pflichtwurde, entstand neben der Handelskammer-Schule einstädtisches Institut. 1903 übernahm die Kammer fer-ner die Handelsschule für Mädchen, die der Düsseldor-fer Frauenverein 1897 gegründet hatte. 1908 entließdie Kammer beide Schulen in die Obhut der Stadt, be-zuschusste diese aber auch weiterhin.

Darüber hinaus lud die Handelskammer seit 1898regelmäßig ihre Mitglieder zu wissenschaftlichen Vor-trägen ein, die 1908 auch für den Mittelstand und dieArbeitnehmer zugänglich gemacht wurden. Diese Vor-tragsreihe bildete den Vorläufer für die AkademischenKurse, die Stadtverwaltung und Kammer ab 1911 ge-meinsam ins Leben riefen. Der Vorschlag der Kammervon 1911, auch für Fabriklehrlinge (= Auszubildende in

Der neue Hauptbahnhof,eröffnet 1891.

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175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

industriell-technischen Berufen) analog zum Hand-werk Ausbildungs-Abschlussprüfungen einzuführen,konnte vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges nicht mehrverwirklicht werden.

Mit der Wirtschaft wachsen Stadt und Handelskammer Das pulsierende Wirtschaftszentrum benötigte Arbeits-kräfte. Über die Zuwanderungen aus dem BergischenLand und vom Niederrhein (bis 1870/71) und späterauch aus Süd- und Ostdeutschland sowie aus den rus-sischen und österreichischen Gebieten Polens nahm die Bevölkerung zu: 1882 erreichte Düsseldorf die100.000-Grenze und wurde Großstadt. Seit den 60erJahren des 19. Jahrhunderts wurde die Citybildung vo-rangetrieben, die Stadt um- und neu gestaltet, benö-tigt wurde Platz für neue Gewerbe und Wohnraum fürArbeitskräfte. Über die Eingemeindungen vergrößertesich die „anbaufähige“ Fläche Düsseldorfs von 3,75Quadratkilometern (1854) auf 78,04 Quadratkilometer(1913). Wichtigster Impulsgeber dieser Entwicklungwar seit 1860 die Eisen verarbeitende Industrie und hiervor allem der Maschinenbau.

Mit steigender Wirtschaftskraft vergrößerten sichauch Aufgabenspektrum und Zuständigkeitsbereichder Handelskammer. Über die Novellierung des preußi-schen Handelskammergesetzes von 1870 gehörten be-reits neben Düsseldorf auch Gerresheim, Erkrath, Eckamp, Ratingen und Hilden zum Handelskammer-Bezirk. 1885 folgte Benrath, 1900 der restliche Land-kreis und über die städtischen Eingemeindungen kam1909 noch Heerdt-Oberkassel hinzu. Die Vollversamm-lung der Handelskammer wuchs von ursprünglich sechs Mitgliedern (1831) auf 26 Mitglieder vor Aus-bruch des Ersten Weltkrieges.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts manifestierte sichdie Tätigkeit der Kammer in fünf ständigen Ausschüs-sen: 1. Jahresbericht, Haushalt und allgemeine Verwal-tung, 2. Industrie und Verkehr, 3. Recht, 4. Kleinhandelund 5. Verwaltung der kaufmännischen Lehranstalten.

Diese Entwicklung schlug sich auch in einem ge-steigerten Personalbedarf und einer sich wiederholen-den Raumknappheit nieder: So musste die Handels-kammer mehrfach umziehen, und zwar vom Rathaus(1831-1870) über den Marien- (1870-1880) und Kö-nigsplatz (1880-1890) in die Elberfelder Straße (seit1890), bis sie endgültig ihre Zelte 1901 im eigenen Neubau an der Graf-Adolf-Straße aufschlagen konnte.Dieser Standort blieb Sitz der Kammer bis zu seiner Zerstörung im Zweiten Weltkrieg.

Das Gebäude der Handels-kammer an der Graf-Adolf-Straße 1901.

Adolf MöhlauPräsident von 1898 bis 1907

Adolf Möhlau war In-haber der Blau-Drucke-rei Ferd. Möhlau & Söhne(gegründet 1849), einerFärberei und Zeugdruckerei,die den seinerzeit bekanntenDerendorfer Blaudruck herstell-te. Wie fast alle Spitzen der Düs-seldorfer Gesellschaft partizipierte eraktiv am Vereinsleben, so bei der DeutschenKolonialgesellschaft, im Rheinischen Goethevereinfür Festspiele und im Bergischen Verein für Ge-meinwohl. Sein besonderes Engagement galt je-doch dem Kampf gegen die Tuberkulose. 1908wurde er zum Kommerzienrat ernannt, auch in sei-ner Eigenschaft als Vorsitzender des DüsseldorferVereins für das Gemeinwohl.

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18Schwere Zeiten – 1914 bis 1945

175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

Wirtschaft und Handelskammer im Ersten WeltkriegUnvorbereitet traf der Ausbruch des Ersten Weltkriegesim Sommer 1914 auch den Wirtschaftsstandort Düs-seldorf.

Bereits seit der Jahrhundertwende hatte sich hiereine blühende und vielfältige Wirtschaft entwickelt,Vorreiter waren die Eisen verarbeitende Industrie undder Dienstleistungssektor (öffentliche und häuslicheDienste, Verbände und Vereini-gungen, Banken und Versiche-rungen). Düsseldorf hatte damitdie einst zentrale Funktion El-berfelds für die Bergische undRuhr-Wirtschaft übernommenund konnte sich mit Städten wie Köln, Frankfurt am Mainund Hannover durchaus mes-sen. Düsseldorfer Unternehmenreüssierten bereits 1900 mit derbreitesten Produktpalette, wieeine Umfrage der „Vereinigungvon Handelskammern des nie-derrheinisch-westfälischen In-dustriebezirks“ (VHKnwI, ge-gründet 1899) bei den ihr an-geschlossenen Kammern ergab.

Hatte die verkehrsgeografi-sche Lage der Stadt die bisheri-ge wirtschaftliche Entwicklungbegünstigt, so begünstigte sienun die Einbindung Düsseldorfsin die Kriegswirtschaft. „Klein-Paris“ wurde Versor-gungsstadt für die Westfront, Lazarettstadt – und auf-grund des hohen Anteils der Eisen verarbeitenden In-dustrie – auch Zentrum der Rüstungsindustrie. Das bedeutete den kompletten Umbau der industriellenProduktion, der zunächst nur zögerlich anlief, weil manallseits mit einem kurzen und erfolgreichen Kriegsver-lauf rechnete. Die Umstellung von der Investitionsgü-ter- auf die Verbrauchsgüterproduktion (= Rüstungs-güter) bedeutete für die Wirtschaft zunächst steigen-de Auftragseingänge für Waffen, Munition und Trans-portmittel sowie für Armeekleidung, mittelfristig je-doch den Verlust des technologischen Vorsprungs undwichtiger Absatzmärkte, weil nichtkriegsbezogene Produkte und Verfahren nicht weiter entwickelt wer-

den durften. Ferner war es versäumt worden, Vorrats-lager für Rohstoffe und Halbfabrikate anzulegen. DieBlockadepolitik der Entente-Mächte verhinderte da-rüber hinaus bis ins Jahr 1919 die Versorgung mit die-sen dringend benötigten Gütern.

Durch Produktionsumstellung und Einberufung(von den rund 400.000 Einwohnern Düsseldorfs warenbis zu 60.000 zeitweise oder ganz im Kriegseinsatz, fast10.000 davon sollten nicht mehr zurückkehren) kam eszur Stilllegung zahlreicher Betriebe, Arbeitslosigkeitwar die Folge. Die Verschlechterung der Einkommens-situation wie auch die durch die Kriegswinter 1914/15und 1916/17 („Steckrübenwinter“) zunehmend dra-matische Entwicklung der Versorgungsengpässe führ-ten zu massiven Unterstützungsmaßnahmen seitens

Schwere Zeiten

1914 bis 1945

Arbeitslosigkeit in den1920er Jahren: Düssel-dorfer auf Jobsuche.

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19Schwere Zeiten – 1914 bis 1945

175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

der Stadt. Das „Vaterländische Hilfsdienstgesetz“ vom5. Dezember 1916 verpflichtete darüber hinaus nichtnur die nicht eingezogenen Männer vom 17. bis 60. Lebensjahr zum Dienst in der Rüstungsindustrie oder inkriegswichtigen Einrichtungen, sondern erhöhte auchden Frauenanteil an den Erwerbstätigen und ebneteden Weg für die Mitbestimmung der Arbeitnehmerdurch obligatorische Arbeiter- und Angestelltenaus-schüsse in den Betrieben und paritätisch besetzteSchlichtungsausschüsse. Am Ende des Krieges stelltenim Raum Düsseldorf 532 Unternehmen mit über 90.000Beschäftigten Kriegsmaterial her: So beschäftigte bei-spielsweise die Rheinmetall AG 1913/14 8.000 Mitar-beiter und 1918 48.000 Mitarbeiter, Mannesmann erhöhte im gleichen Zeitraum die Beschäftigtenzahlvon 10.200 auf 20.500.

Die Kammer vor neuen HerausforderungenDer Krieg war der „Vater aller Dinge“ – und nahm des-halb auch Einfluss auf die Handelskammeraktivitäten.Diese sah sich vor gänzlich fremde und neue Aufgabengestellt. Beratend – aber auch federführend – galt es,den Mangel zu verwalten und Engpässe bei der Versor-gung von Bevölkerung und Armee zu verhindern. Fürdie Kriegswirtschaft war die Handelskammer erste An-laufstelle, wenn Unternehmen Aufträge von der Hee-resverwaltung erhalten sollten: Auskünfte über Zuver-lässigkeit, Leistungsfähigkeit und Solidität der Firmenwaren hier gefordert. Darüber hinaus war die Kammer-meinung gefragt, wenn es galt, Zurückstellungen vomWehrdienst zu erwirken beziehungsweise die Kriegs-wichtigkeit von Betrieben feststellen zu lassen.

Der sozialen oder Fürsorge-Pflicht kam die Han-delskammer nach, indem sie zu Kriegsbeginn die Kauf-leute ermahnte, nicht vorschnell Betriebe zu schließenund Mitarbeiter zu entlassen, um Arbeitslosigkeit undVersorgungsengpässen nicht zusätzlich Vorschub zuleisten. Gefragt war der Rat der Kammer bei der Flutder sich ständig ändernden Gesetze, Verordnungen undbehördlichen Anordnungen für Handel und Industrie,aber auch das aktive Eingreifen, wenn es um Verbesse-rungen dieser Gesetze und Verordnungen ging.

Engagiert hat sich die Kammer um die Versorgungmit Nahrungsmitteln gekümmert, hier in erster Linieum die Sicherung der Zufuhr über die Eisenbahn, tarif-liche Erleichterungen sowie um eine Steigerung der Le-bensmittelproduktion. Aktiv hat sie zwei Webstofflagerder Kriegswirtschafts-AG verwaltet, Roh- und Ersatz-stoffe sowie Nahrungsmittel zugeteilt. Darüber hinausgalt ihr Augenmerk der Preisfestlegung. Hier benanntesie Ende 1915 Beisitzer zum Schiedsgericht für Höchst-preise, das sich mit Einführung der Bezugsscheine fürBekleidung seit 1916 mit Preisstreitigkeiten beim Ver-kauf von Web-, Wirk-, Strick- und Schuhwaren zu be-fassen hatte. Tätig wurde die Kammer auch, als es 1918galt, Düsseldorf mit Notgeld zu versorgen.

Um den Eisenbahn-, Güter-, Post-, Telegrafen- undFernsprechverkehr wenigstens notdürftig für die Wirt-schaft aufrechtzuerhalten, hat die Kammer während

Sanitätswache des RotenKreuzes auf dem Bilker Bahn-hof 1915.

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20Schwere Zeiten – 1914 bis 1945

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der Kriegsjahre engen Kontakt mit den Eisenbahn- undPostbehörden, aber auch mit den Militär- und zivilenVerwaltungsbehörden des Inlandes und des besetztenGebietes (Belgien) gehalten. Damit der Außenhandelnicht völlig zum Erliegen kam, setzte sie sich für eineneingeschränkten Personen- und Warenverkehr mit demneutralen Ausland ein und bearbeitete zahlreiche An-fragen zu Ausfuhr- und Durchfuhrverboten.

Bereits während des Krieges dachte die Handels-kammer nach vorn. Zwei Denkschriften von 1916 ge-ben Aufschluss darüber, was nach Beendigung des Krie-ges vordringlich zu erledigen sei: Abbau der Kriegsein-richtungen, Aufbau der Rohstoffversorgung, Ordnungder Staats- und Gemeindefinanzen sowie Wiederbele-bung des Außenhandels.

Zwischenspiel: 1918 bis 1932Der Waffenstillstand von Compiègne (11. November1918) und der Friedensschluss mitUnterzeichnung des Versailler Vertra-ges (28. Juni 1919) beendeten den Ers-ten Weltkrieg. Als Erblast der jungenRepublik wirkten sich in erster Linie fol-gende Bestimmungen des VersaillerVertrages aus: Anerkennung derKriegsschuld und damit Verlust derinternationalen Gleichberechtigungdes Deutschen Reiches sowie finanziel-le Kriegsfolgen. Das betraf nicht nur die zu leistenden Reparationen in Formvon Kohle, Maschinen und Vieh, son-

dern auch die durch die neun Kriegsanleihenhervorgerufene Entwertung des Geldes, die sichdurch hohen Kaufkraftüberhang bei geringerGüterproduktion wie auch durch die fortschrei-tende staatliche Verschuldung enorm beschleu-nigte. Beides, wie auch die Besetzung des links-rheinischen Gebietes mit Brückenköpfen in Köln,Koblenz und Mainz für fünf, zehn beziehungs-weise 15 Jahre diskreditierte die junge WeimarerRepublik im Inland rasch, vor allem bei Selbstän-

digen und im Mittelstand, soweit diese von Vermö-gensverlusten betroffen waren.

Düsseldorf nach dem KriegWar Düsseldorf während des Krieges stark in die Kriegs-güterproduktion eingebunden, so war die wirtschaft-liche Lage nach dem Krieg hier besonders schlecht. Arbeitslosigkeit und Versorgungsmangel einerseits so-wie Kaufkraftüberhang andererseits waren vor Ort inhohem Maße ausgeprägt. Die geforderten Repara-tionsleistungen ließen im ehemaligen „Rüstungszen-trum“ so manche Firma bluten. Als Beispiel sei die Fir-ma Rheinmetall genannt, während des Krieges größterArbeitgeber vor Ort, deren Produktionsanlagen nachdem Krieg unter Aufsicht der englischen Besatzung zugroßen Teilen zerstört wurden. Auch der Übergang zurzivilen Wirtschaft vollzog sich nur schleppend: Rhein-metall etwa organisierte seine verbliebene Produktionauf „rollendes Eisenbahnmaterial“ um, der erste Wag-gon und die erste Lok konnten jedoch erst 1920 aus-geliefert werden.

Ferner wurde das städtische (Wirtschafts-)Leben durch den Spartakus/KPD-Aufstand (8. Januarbis 28. Februar 1919), die Besetzung Düsseldorfs, Duis-burgs und Ruhrort durch die französische Armee (8.März 1921 bis 25. August 1925) sowie durch die Ruhr-besetzung (1923) erheblich behindert. Letztere, wieauch der von der Reichsregierung ausgerufene „passi-

Düsseldorfer Not-geld vom September1923.

Umstellung auf zivile Wirtschaft: Dampfpflug der Firma Rheinmetall 1921.

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21Schwere Zeiten – 1914 bis 1945

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ve Widerstand“ brachten der Wirtschaft erhebliche Verluste. Der Kohletransport geriet ins Stocken, Eisen-und Stahlindustrie wurden über Monate unterversorgt,Telegrafen-, Telefon- und Eisenbahnverkehr waren fürlängere Zeit weitgehend unterbrochen. Daran konnteauch der – trotz guten Willens aller Beteiligten – 1923von Vertretern der Stadt, der Handelskammer, der Ge-werkschaft und der Besatzungstruppen eingerichteteWirtschaftsrat kaum etwas ändern.

Erst die Währungsreform im Herbst 1923 und dasEnde der Ruhrbesetzung sollten das einläuten, washeute allgemein unter den „Goldenen Zwanzigern“ be-kannt ist.

Handelskammer 1919 bis 1932Neben den politischen Umbrüchen der Nachkriegsjah-re bewegte die Menschen auch die Frage nach der Gestaltung einer künftigen Wirtschaftsordnung. Hiersprach sich die Handelskammer Düsseldorf 1919 vehe-ment gegen die im Reichswirtschaftsministerium ent-wickelten und am 7. Mai veröffentlichten Pläne einerPlanwirtschaft aus. Mit Minister und Unterstaatssekre-tär verschwanden diese nach wenigen Wochen zwarschnell in der Versenkung, Handelskammersyndikus Dr.Otto Brandt wollte aber auf Nummer sicher gehen undtrug das Thema deshalb am 4. Juli 1919 dem Haupt-ausschuss des Deutschen Industrie- und Handelstages(gegründet 1861) vor, der diesen Vortrag später auchpublizierte. Tenor: Es „war nicht alles schlecht inDeutschland, und das Beste und Erfolgreichste in ihmwar seine Volkswirtschaft“.

Konkret jedoch beschäftigte sich die Handelskam-mer in den ersten Nachkriegsjahren damit, die Produk-tion von Gütern des zivilen Bedarfs wieder in Gang zusetzen, die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungs-mitteln, Kleidung, Heizmaterial und Wohnungen zu organisieren und die Versorgung der Wirtschaft mitdringend benötigten Rohstoffen und Vorprodukten sicherzustellen. Unter dem Vorsitz der Kölner Kammerschlossen sich die linksrheinischen Handelskammernsowie einige rechtsrheinische, darunter Düsseldorf,zum „Wirtschaftsausschuss für das besetzte Gebiet“ zusammen. Im Gegenzug wurde der HandelskammerDüsseldorf dafür die „Reichshilfe zur Lohnsicherungund zur Kredithilfe“ übertragen, was nichts anderes bedeutete, als dass sie sich während des „passivenWiderstands“ um die Einkommenssicherung der Ar-beitnehmer wie auch um die Liquiditätssicherung derUnternehmen bemühte, um weitere Firmenzusammen-brüche zu verhindern. Während der gesamten Besat-zungszeit (der linksrheinische Teil des Handelskammer-

bezirkes war direkt nach Beendigung des Krieges vonden Briten, der Süden bis Benrath von den Belgiern unddie Stadt Düsseldorf sowie der restliche Bezirk seit März1921 von den Franzosen besetzt worden) fungierte dieHandelskammer als Mittler zwischen Unternehmen,Besatzern und Stadt. Über eine eigens in Oberkasseleingerichtete Zweigstelle konnten auch die in der bri-tischen Zone angesiedelten Unternehmen am Dienst-leistungsangebot der Handelskammer partizipieren.Kernpunkt des Kammergeschäftes blieb bis zum Endeder Besatzungszeit die Beratung der Unternehmen, diean Rohstoff- und Energiemangel, aber auch am Verlustihrer früheren Absatzmärkte litten.

Im Jahr 1924 änderte sich mit der Reform derSelbstverwaltung der deutschen Wirtschaft auch derName: Seit 1. April 1924 hieß es nun „Industrie- undHandelskammer“ – wobei verbal nur zum Ausdruckkam, was längst durch die wirtschaftliche Entwick-lung dokumentiert worden war: Die zunehmende Bedeutung der Industrie. Bereits 1919 hatte sich dieHandelskammer eine neue Wahlordnung gegeben.

Postkartenansicht vomQuartier Général des Armees du Rhin.

Abzug der französischenTruppen aus Düsseldorfam Ratinger Tor 1925.

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22Schwere Zeiten – 1914 bis 1945

175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

Gewählt wurde nun in Wahlgruppen statt – wie bisher– in Klassen nach Steueraufkommen. Der „Kleinhan-delsausschuss“ wurde 1921 in den „Einzelhandelsaus-schuss“ umbenannt, „Industrie- und Verkehrsaus-schuss“ wurden getrennt. Hinzu kamen 1924 der„Großhandelsausschuss“ sowie ein „Kommunalpoliti-scher Arbeitskreis“. Die Mitgliederzahl der Vollver-sammlung erhöhte sich 1924 auf 39 und 1928 erneutauf 42 Personen. Neu war auch der Vorstand, dem ne-ben dem Präsidenten und seinen zwei Stellvertreternzunächst zwei, später drei von der Vollversammlung gewählte Mitglieder angehörten.

Im Rahmen der kommunalen Neugliederung 1929wurde der IHK-Bezirk Düsseldorf neu gefasst. Er be-stand nun aus dem Landkreis Düsseldorf-Mettmannmit den Städten Düsseldorf, Hilden, Kettwig und Ra-tingen sowie den Ämtern Angermund, Eckamp, Erkrath,Hubbelrath und Mintard.

Hafen und SchifffahrtWährend des Krieges waren Rheinschifffahrt und Gü-terumschlag fast völlig zum Erliegen gekommen. Be-trug der Hafenumschlag 1913 1,8 Millionen TonnenGüter, so sank dieser zwischen 1915 und 1918 auf 0,5bis 0,6 Millionen Tonnen; erst 1927 konnte das Vor-kriegsniveau mit 1,4 Millionen Tonnen Güterumschlagannähernd wieder erreicht werden. Die Kammer enga-

gierte sich in den folgenden Jahren für Er-leichterungen im Schiffsverkehr und für dieVereinheitlichung der Tarife. Auch im Eisen-bahnverkehr galt es, im Interesse der Unter-nehmen auf Tarifpolitik, Preis- und Fahrplan-gestaltung Einfluss zu nehmen, den Reisever-kehr zu erleichtern und Anschluss an das Köl-ner Drehkreuz im Personenverkehr zu errei-chen.

StraßenbauMit dem Auto betrat ein neues Verkehrsmitteldie Bühne, auch wenn es in den ersten Jahrennoch nicht das Individualfahrzeug schlecht-hin war. So wurde zunächst auf öffentlicheKraftwagenlinien, sprich: Omibusse, gesetzt –die erste Linie verkehrte bereits 1908 vom Ha-fen nach Hamm. Der Überlandverkehr gestal-tete sich jedoch schwierig, 1929 übernahm dieStadt Düsseldorf die Rheinbahn von der 1924gegründeten und inzwischen Not leidenden„Rheinischen Kraftwagen BetriebsgesellschaftmbH“, um die Städte Solingen, Mülheim undLangenfeld verkehrlich besser anzubinden.

Der Bau von Landstraßen erfolgte über den Ausbau derChausseen, auch gab es bereits erste Pläne für den Bauvon Autobahnen und Umgehungsstraßen. Das ersteTeilstück der ersten Autobahn (Bonn-Köln) wurde 1932vom Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer er-öffnet und – östlich von Düsseldorf – weitergeführt insRuhrgebiet und nach Hannover.

Die Kammer beschäftigte sich in diesem Zu-sammenhang vornehmlich mit Wegebauabgaben,Kraftfahrzeugverordnungen, Fragen der Einführung einer Zwangshaftpflichtversicherung und Kraftfahr-zeugbesteuerung wie auch mit der Benutzung öffent-licher Wege durch Fuhrwerke.

Aus der „Handelskammer“wurde 1924 die „Industrie-und Handelskammer“.

1929 übernahm die StadtDüsseldorf die Rheinbahnvon der notleidenden„Rheinischen KraftwagenBetriebsgesellschaft mbH“.

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175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

FlughafenBereits 1909 waren auf der Golzheimer Heide eine Luft-schiffhalle und ein Luftschiffhafen der Deutschen Luft-verkehrsgesellschaft entstanden, 1911 hatte es sogarschon eine kleine Luftfahrt-Ausstellung gegeben. Die„Bruchlandung“ des Luftschiffes „Deutschland“ in Düs-seldorf im selben Jahr dämpfte jedoch die hochflie-genden Pläne deutlich. Nach dem Ersten Weltkriegwurde der Luftschiffverkehr eingestellt, man setzte nun auf die moderneren Flugzeuge. Die erste Flugzeug-linie verkehrte zwischen Berlin und Gelsenkirchen undveranlasste die Handelskammer bereits im November1920 zu der Forderung, die Linie bis Düsseldorf/Kölnauszudehnen, um Nachtflüge für Geschäftsreisendeanbieten zu können. Das scheiterte jedoch daran, dasssowohl die technischen Voraussetzungen fehlten, alsauch an den einschränkenden Bestimmungen des Ver-sailler Vertrages. Erst 1926 konnte der städtische Flug-hafen auf der Golzheimer Heide eröffnet werden, für

den die IHK bei den Unternehmen kräftig geworbenhatte. Von April bis Oktober 1926 wurden 2.100 Perso-nen befördert, ab 1927 flog die Lufthansa diesen an –Düsseldorf war damit an das Auslandsnetz der Flugge-sellschaft angebunden.

Neben diesen Transportfragen beschäftigte sich dieIHK auch immer wieder mit dem Nachrichtenwesen,also mit Post, Telegraf, Telefon – und zunehmend auchmit dem Rundfunk.

HandelWährend der Jahre 1924 bis 1932 nahmen im Handeldie Anfragen nach Vergleichsverfahren, Ausverkaufs-und Versteigerungsanträgen zu. Beklagt wurden vonden Händlern in erster Linie die hohen Mieten. Die IHKlud daraufhin Einzelhandelsverband und Haus- undGrundbesitzerverein zu einer Aussprache ein. Letzterergelobte Besserung und bat in schwierigen Fällen umVermittlung durch die IHK.

Im Interesse ihrer angeschlossenen Einzelhandels-unternehmen wandte sich die IHK gegen den zuneh-menden Bahnhofshandel wie den „Beamtenhandel“,informierte über Inventur- und Saisonverkäufe, Markt-ordnung und Ausnahmesonntage (= verkaufsoffeneSonntage) und wandte sich gegen den unlauterenWettbewerb. Ganz modern und entschieden wandtesich ein Vollversammlungsbeschluss von 1926 gegendas „Rabatt- und Zugabe(un)wesen“, denn:

„Die Rabattgewährung, die in letzter Zeit mehr undmehr weite Kreise des Einzelhandels zu erfassensucht, ist geeignet, dem Einzelhandel und der Wirt-schaft empfindliche Schädigungen zuzuführen.“

Mit Maschinen vom TypJunkers F 13 betrieb dieLufthansa 1927 die Verbindung Düsseldorf – Berlin.

Das Luftschiff „Deutsch-land II“ wurde bei der Aus-fahrt aus der Halle auf derGolzheimer Heide von einer Windböe erfasst undvöllig zerstört.

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So würde nur das „Vertrauen derKäuferschicht“ erschüttert und dasImage des Einzelhandels empfindlichbeschädigt: Unsolide Kalkulation wür-de der Vorwurf lauten!

Steuern und Abgaben fest im BlickSteuern und Abgaben, aber auch dieVerschwendung öffentlicher Mittel,belasteten die Wirtschaft – und deshalbhatte die IHK diese stets fest im Blick.So forderte sie 1924 in der Denkschrift„Einfluss der Baupolitik der öffent-lichen Körperschaften auf die Wirt-schaftslage“ an den Reichskanzler äu-ßerste Sparsamkeit mit öffentlichenGeldern, Beschränkung auf das wirklichNotwendige, feste Preise, Termintreue

und vor allem solide Etatansätze – damit keine Mehr-ausgaben auf „Pump“ entstünden. Diese Denkschriftfand in ganz Deutschland große Beachtung – offenbarwar die öffentliche Verschwendung nicht nur für dieDüsseldorfer Wirtschaft ein Problem!

Im Fokus standen darüber hinaus die Reichsfinanz-und Steuerreform, die Befreiung der Ausfuhr und derReparationslieferungen von der Umsatzsteuer, Fragendes Finanzausgleichs zwischen Reich, Staat und Ge-meinden sowie einzelne Steuerarten.

Ferner begutachtete die Kammer gemäß ihres ge-setzlichen Auftrages auch die Haushaltspläne der ihrzugehörigen Kommunen und konnte im Jahresbericht1925 zufrieden feststellen:

„In allen Fällen hat sich eine Einigung erzielen las-sen; lediglich die Stadt Hilden glaubte, dem Vor-schlag der Kammer nicht Rechnung tragen zu kön-nen, so dass hier besondere Auseinandersetzungennotwendig waren. Auch diese sind in durchausfreundschaftlicher Weise erfolgt und werden, wiezu erwarten ist, zu einem guten Ausgang für beideTeile führen“.

AußenwirtschaftWaren durch den Krieg und die einseitige Ausrichtungauf die Rüstungsindustrie sowie durch Blockadepolitikund Versailler Vertrag die ausländischen Märkte verlo-ren gegangen, so war die IHK Düsseldorf kurz nach demKriege bestrebt, die so wichtigen Auslandsbeziehungenwieder zu beleben.

Der Wegfall der handelspolitischen Fesseln des Versailler Vertrages am 10. Januar 1925 löste einen An-sturm auf die Außenhandelsabteilung der Kammer aus

– gefragt waren Informationen über Zollbestimmun-gen und Wirtschaftsverhältnisse in den einzelnen Län-dern, über Liefer- und Bezugsadressen – aber auch dieSchiedsgerichtsbarkeit im internationalen Handel wur-de zunehmend wichtiger. Eine eigens eingerichteteZollauskunftsstelle wie auch die 1924/25 in Düsseldorfeingerichtete Reichsnachrichtenstelle für Außenhan-del (1930 nach Wuppertal verlegt) half den Unterneh-men bei der Informationsbeschaffung.

Die Kammer organisierte darüber hinaus Auslands-tage, gab Merkblätter zu Außenhandelspapieren, kon-sularischen Vertretungen sowie zu deutschen Zoll- undAußenhandelsvorschriften heraus. Ferner nahm dieKammer Stellung zu den Handelsvertragsentwürfenmit europäischen Staaten, aber auch mit Kanada undSiam. Darüber hinaus machte sie sich für die Ansied-lung von Konsulaten und ausländischen Handelsför-dereinrichtungen in Düsseldorf stark, so zum Beispielfür die Länder Brasilien, Estland und die Niederlande.

Bereits 1924 hatte die IHK-Vollversammlung dieLeitsätze für eine „thatkräftige Außenhandelspolitik“formuliert. Gefordert wurden darin: Beseitigung vonEin- und Ausfuhrverboten, Exportförderung, Werbungfür deutsche Produkte im Ausland, Ausbau des Konsu-latswesens, Aufbau von Auslandshandelskammern,Mustermessen und Ausstellungen. Im Sinne eines freienWarenverkehrs über die Grenzen hinweg begrüßte dieIHK 1928 den Entwurf zur Gründung des Völkerbundes.

Aus- und WeiterbildungWährend der Kriegsjahre konnten zunächst keine Ver-besserungen für Aus- und Fortbildung erzielt werden.Um die größte Not zu lindern, regte die Kammer 1919den Bau eines „Ledigenheims“ für junge Kaufleute mit200 Zimmern an, um dem kaufmännischen Nachwuchseine sichere Unterkunft am Standort Düsseldorf zu er-möglichen.

1921 wurde in der Kammerpublikation „RheinischeWirtschaftszeitung“ ein Beitrag über das „Lehrlingswe-sen in der Zukunft“ veröffentlicht. 1922 unterstütztedie Handelskammer den Aufruf des Berufsamtes an dieUnternehmen, auch wirklich jede freie Lehrstelle zumelden, wie sie auch während der gesamten 1920erJahre immer wieder an die Pflicht, auszubilden, appel-lierte. Seit 1923 fanden regelmäßig Stenografenprü-fungen statt, wenn auch zunächst ohne ordentlichePrüfungsordnung. 1925 endlich konnte an das Bemü-hen von 1911, eine Abschlussprüfung auch für indu-striell-gewerbliche Lehrlinge einzuführen, angeknüpftwerden: Gemeinsam mit der Düsseldorfer Industriel-len-Vereinigung wurde eine Facharbeiterprüfung nebst

Eine – 1918 noch vertrau-liche – Denkschrift derHandelskammer Düssel-dorf über „DeutschlandsHandelspolitik nach demKriege“.

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dazugehörigem Prüfungsausschuss installiert, ein wei-terer Prüfungsausschuss konnte 1930 in Ratingen ein-gerichtet werden. Die erste Prüfung in Düsseldorf fand1925 bei der Jagenberg AG statt, von 24 Prüflingen bestanden 19. Dazu die Kammer in „Wirtschaft undVerkehr“:

„Alle Beteiligten schieden von der ersten Prüfungmit dem Bewusstsein, dass hier ein Weg beschrit-ten ist, der sicher segensreiche Auswirkungen fürWerkstatt und Jugend zeitigen wird“.

1926 wehrte sich die Kammer gegen den Versuch,die Not der älteren kaufmännischen Arbeitslosen übereine Beschränkung der Zahl der Auszubildenden zu lin-dern. Derartige dirigistische Maßnahmen seien völligungeeignet, vielmehr sei der Heranbildung des Fach-kräftenachwuchses größte Aufmerksamkeit zu wid-men, garantiere diese doch letztlich die Wettbewerbs-fähigkeit der deutschen Wirtschaft. Und das sei, wieauch Fortbildungs- und Umschulungsmaßnahmen, diedas Düsseldorfer Arbeitsamt in vorbildlicher Weise or-ganisiere, der beste Schutz für Arbeitnehmer zum Er-halt des Arbeitsplatzes.

1927 arbeitete die IHK Düsseldorf maßgeblich anden Entwürfen eines Berufsbildungsgesetzes mit undrichtete gemeinsam mit neun Unternehmen unter-schiedlicher Wirtschaftszweige eine Musterlehrwerk-statt ein. Auch die auf Initiative der IHK organisierteAusstellung mit Lehrlingsarbeiten im selben Jahr wur-de ein großer Erfolg. Ziel war es, den Besuchern die Vor-teile einer soliden Ausbildung in der Industrie zu ver-mitteln.

Die Wirtschaftskrise seit 1929 bedeutete auch denVerlust vieler Ausbildungsplätze. Trotz der schlechtenWirtschaftslage gab es Anlass zu ungewöhnlicher Kla-ge. So konstatierte die IHK in ihrem Jahresbericht von1930: Die Jugendlichen „lassen sich nicht für ihrenStand ausreichend vorbilden, verlieren den Arbeitsan-

trieb und den Lerneifer“. Zum Vergleich: In einer IHK-Umfrage aus dem Jahr 2004 bemängeln die befragtenBetriebe als größte Ausbildungshemmnisse nicht nurfehlende Kenntnisse der Schulabgänger in Mathematikund Deutsch, sondern auch mangelnde Motivation undLeistungsbereitschaft!

1931 sprach sich die Kammer gegen die Erweite-rung der Berufsschulpflicht aus und schloss sich 1932mit anderen großen Kammern zu einem Berufsschul-verband zusammen, der sich mit Fragen der beruflichenAusbildung befasste.

In Sachen Fortbildung bot die IHK neben den Aka-demischen Kursen ihren Vollversammlungs- und Aus-schussmitgliedern Vorträge zu speziellen Wirt-schaftsthemen an. Geschäfts-führer, wissenschaftliche Mit-arbeiter, aber auch Mitgliederdes IHK-Ehrenamts referiertenzum Beispiel über Themen wie:„Wirtschaft und Reparationen“oder „Aufgabe und Wege neu-zeitlicher Verkehrspolitik“.

Wirtschaftskrise und NS-DiktaturBereits im Winter 1927/28 stagnierte die Industrie-produktion in Deutschland. Der New Yorker Börsen-krach („Schwarzer Freitag“ am 25. Oktober 1929) unddie Wirtschaftskrise in Deutschland schürten Ängsteund führten zur Not. Es kam 1930 zum Wahlerfolg derNationalsozialisten, die stärkste Partei wurden. Infla-tion und fehlendes Inlandskapital hatten in den ver-gangenen Jahren vermehrt Auslandskapital nachDeutschland fließen lassen, das jedoch – sollten dieGeldgeber selbst in Schwierigkeiten geraten oder ihnendie Verhältnisse in Deutschland zu unsicher erscheinen– jederzeit wieder abgezogen werden konnte. Eine Notverordnung der Regierung vom 5. Juni 1931 brach-

Facharbeiterprüfungs-zeugnis der Industrie- undHandelskammer 1927.

Blick in eine Lehrwerkstatt 1928.

Auszubildende der FirmaMannesmann stellen sichdem Fotografen.

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te das Fass zum Überlaufen. Der Versuch von Reichs-kanzler Heinrich Brüning, Steuererhöhungen, Gehalts-kürzungen und Senkung der Sozialleistungen der Be-völkerung mit folgenden Worten schmackhafter zumachen: „Die aufs äußerste bedrohte wirtschaftlicheund finanzielle Lage des Reiches [zwingt] gebieterischzur Entlastung Deutschlands von untragbaren Repara-tionsverpflichtungen“ wurde im In- und Ausland alsBankrotterklärung der Weimarer Republik verstanden.Firmenzusammenbrüche, Bankkräche und Devisenbe-wirtschaftung führten in eine tiefe Depression. Indu-strieproduktion und Volkseinkommen sanken von 1929bis 1932 um 40 Prozent, das Arbeitseinkommen sogarnoch stärker. 1931 waren zwischen 4 und 5,6 MillionenMenschen arbeitslos, 1932 wurde der traurige Spitzen-wert von 6,1 Millionen erreicht.

Der Vertrauensverlust in Staat und Regierung triebgroße Bevölkerungskreise in die Arme der radikalenParteien, allen voran die Bauern und den Mittelstand.Hatten 1928 von 41,2 Millionen Wahlberechtigten 30,8Millionen ihre Stimme abgegeben und davon 0,8 Milli-onen (= zwei Prozent) für die NSDAP votiert, so ent-schieden sich 1933 von 39,3 Millionen Wählern (Wahl-berechtigte: 44,7 Millionen) 17,3 Millionen oder 38,7Prozent für die Partei Adolf Hitlers.

Da über eine demokratische Wahl die absoluteMehrheit nicht zu erzielen war, kam es zum „Staats-streich“ mit „formal legalen Mitteln“: Die ErnennungAdolf Hitlers zum Reichskanzler (30. Januar 1933), die„Verordnung zum Schutz von Volk und Staat“ vom 28.Februar 1933 und das „Ermächtigungsgesetz“ vom 24.März des gleichen Jahres machten den Weg frei für dentotalitären Staat. Spätestens seit Ende 1933 war die enge Verbindung von Partei-, Staats- und Verwal-tungsämtern vollzogen, mit dem „Führerprinzip“ (Füh-rerentscheidungen und von diesem gebilligte Minis-

tererlasse wurden „Gesetz“) wurden die Weichen fürGleich- und Ausschaltung gestellt.

Die IHK in der WirtschaftskriseAuch die Düsseldorfer Industrie litt 1928 unter der ab-flauenden Konjunktur – wie auch unter den drücken-den Reparationsleistungen. Ferner wurde sie zusätzlichdurch Streiks in der Eisen- und Stahlindustrie zurDurchsetzung höherer Lohnforderungen belastet. DieIHK sah ihre Aufgabe in der Vermittlerrolle: „Maßhal-ten“ müsse für beide Parteien das Gebot der Stundelauten, denn sowohl höhere Löhne würden die Wett-bewerbsfähigkeit deutscher Produkte auf dem Welt-markt gefährden, wie auch höhere Preise im Inlandnicht durchsetzbar seien, um Beamte und andere „Fest-besoldete“ nicht noch stärker zu belasten. Als „Hüterinder Wirtschaft“ machte sich die IHK für das freie Unter-nehmertum stark und wandte sich strikt gegen diewirtschaftliche Betätigung von Beamtenorganisatio-nen, die eigene Verteilstellen und Banken eingerichtethatten. Ein Dorn im Auge waren ihr auch die Versuche,die in bedenkliche Schieflage geratenen Gemeindefi-nanzen über den „so beliebten und oft gegangenenWeg“ der Gewerbesteuererhöhung zu sanieren, denndies helfe nicht aus der Not, sondern verschärfe sie nur.

Als die Regierung 1930 per Notverordnung Maß-nahmen zur Preissenkung erließ, wurde dies von der IHKbegrüßt, da sie sich davon positive Auswirkungen auchauf die ihr angeschlossenen Unternehmen erhoffte.Denn verantwortlich für die Preisgestaltung seien nichtzuletzt hohe Energie- und Frachtkosten, staatliche Ab-gaben wie Zölle und Steuern, sondern auch Monopoleauf Post und Telefon, die die Produktionskosten in die Höhe treiben würden. In einer Eingabe an den Reichs-kanzler machte sie dennoch klar, dass der Preisabbau„frei von behördlichen Zwangseingriffen“ bleiben

Düsseldorf „rüstet“ auf:Blick in die Geschützbau-halle von Rheinmetall imJahre 1939.

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müsse, denn beispielsweise habe die Preisbindung vonMarkenartikeln auch eine Schutzfunktion für kleinereEinzelhändler.

Ebenfalls 1930 entwickelte die IHK einen Zehn-Punkte-Katalog mit Reformvorschlägen für Wirtschaftund Staat. Gefordert wurden unter anderem eineStaatsgewalt mit einfacher und klar gegliederter Ver-waltung, freie Entfaltung der individualistischen Wirtschaft, nur subsidiäre öffentliche wirtschaftlicheBetätigung, Abschaffung der staatlich-fürsorgendenKultur- und Sozialpolitik, Stärkung des Binnenmarktesunter Berücksichtigung des Welthandels, sparsamesWirtschaften der öffentlichen Hand „unter weitgehen-der Schonung der Steuerquellen“, eine Steuerreformmit gerechtem Lastenausgleich sowie eine Vereinfa-chung des Schul- und Bildungswesens.

Noch im Krisenjahr 1932 setzte die IHK Düsseldorfweiter auf die Selbsthilfe als erste Voraussetzung fürdie Gesundung der Wirtschaft. Syndikus Dr. Josef Wil-den bemerkte dazu – frei nach Schiller:

„Woran erkenne ich den besten Staat?Woran du die beste Frau kennst:daran, mein Freund, dass man von beiden nichtspricht.“

und weiter:„Heute spricht man leider auch in Wirtschaftskrei-sen viel zu viel vom Staate, von dem man Hilfeheischt und Hilfe erwartet.“

Düsseldorf nach 1933Die Reichstagswahl vom 5. März 1933 brachte in Düs-seldorf kein grundsätzlich anderes Ergebnis als imReich: 36,3 Prozent der abgegebenen gültigen Stim-men entfielen auf die NSDAP. Von 1932/33 bis 1938fiel die Arbeitslosenzahl von 60.000 (= 25 Prozent) auf5.689 (= zwei Prozent). Unabhängig von der Machter-greifung erholte sich die Wirtschaft nach der langenKrise ohnehin merklich über den Aufbau der Lagerbe-stände und über Rationalisierungsinvestitionen. Weite-re konjunkturelle Impulse gingen von Instandsetzungs-programmen und ab 1934/35 von der Aufrüstung(Staatsaufträge für Kasernen, Waffen, Uniformen) aus.Gerade die Düsseldorfer Industrie profitierte davon: Die Arbeitsplätze in der Metallindustrie wurden von 1933(31.000) bis 1939 (74.000) mehr als verdoppelt. Poli-tisch gewollt, wurde auch die Versorgungs- und Ge-brauchsgüterindustrie angekurbelt: Die Nachfragewurde bewusst auf heimische Produkte gelenkt, dieEinfuhr von Konsumgütern beschränkt und der Außen-handel kontrolliert.

Gleichschaltung oder der Anfang vom Ende derwirtschaftlichen SelbstverwaltungDie NS-Durchdringung von Staat, Verwaltung und Ge-sellschaft machte auch vor den Toren der Industrie- undHandelskammern nicht halt. Wenn auch diese bestehenblieben, so wurden bereits in den ersten Monaten nachder Machtergreifung Präsidien und Geschäftsführungausgetauscht und NS-Funktionären über Scheinwah-len zu den Vollversammlungen der Einzug in die „Par-lamente der Wirtschaft“ ermöglicht. In Düsseldorf wur-de der 70-jährige Carl Rudolf Poensgen, seit 25 Jahren

Carl Rudolf PoensgenPräsident von 1908 bis Carl Rudolf Poensgen,Mitinhaber und Vor-standsmitglied derDüsseldorfer Röhren-und Eisen-WalzwerkeAG (vormals PoensgenAG) sowie seit 1898 Aufsichtsratsmitglied der„Industrieterrains Düssel-dorf-Reisholz AG zu Benrath“,initiierte 1903 gemeinsam mitanderen Unternehmern die Grün-dung der „Arbeitgebervereinigung fürDüsseldorf-Oberbilk und Umgebung“, die sich zumZiel setzte, die „hiesigen Arbeitsverhältnisse“ zuverbessern. 1901 wurde er zum Kommerzienratund 1911 zum Geheimen Kommerzienrat ernannt.Verdient gemacht hat er sich ferner 1926 um die„Gesolei“ – Ausstellung für Gesundheitspflege, so-ziale Fürsorge und Leibesübungen – die ein ein-drucksvolles Zeichen für Düsseldorfer Lebens- undAufbauwillen setzte. Darüber hinaus hat Carl Ru-dolf Poensgen durch seine internationalen Ver-bindungen viel für die Entwicklung Düsseldorfs hinzu einem internationalen Handelsplatz geleistet.Als IHK-Präsident trat Carl Rudolf Poensgen nach25-jähriger Präsidentschaft 1933 auf Druck derNationalsozialisten zurück.

Sein Name und sein Wirken leben bis heute fortin der anlässlich des 125-jährigen Kammerjubi-läums 1956 gegründeten „C. Rudolf Poensgen-Stiftung e. V. zur Förderung von Führungskräftenin der Wirtschaft“.

Carl Rudolf PoensgenPräsident von 1908 bis 1933

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ununterbrochen Handelskammerpräsident, durch diewiderrechtliche Besetzung der IHK-Geschäftsstelledurch NSDAP-Kommissare und SA am 28. März 1933gedrängt, noch am selben Tag vor der Vollversammlungeine Erklärung abzugeben, in der sich die IHK bereit erklärte, „an den großen Aufgaben mitzuwirken, dieHerr Reichskanzler Hitler in seinem Regierungspro-gramm aufgezeichnet hat“. Am 12. April legten Präsi-dent und Mitglieder der Vollversammlung, nachdem siePoensgen zum Ehrenpräsidenten ernannt hatten, ihreÄmter nieder. Mit den folgenden Wahlen wurden diejüdischen Vollversammlungsmitglieder wie Oskar Ma-nes, seit 1910 Vollversammlungs- und seit 1925 Vor-standsmitglied der IHK sowie Vorsitzender des Düssel-dorfer Einzelhandels, aus der Wirtschaftsvertretungvertrieben.

IHK-Präsident war nun seit 8. Mai 1933 das NSDAP-Mitglied Karl Zucker, Mitinhaber der Hydro-Apparate-bau-Gesellschaft. Die Ausrichtung der Kammer änder-te sich spürbar: Zucker forderte bereits in seiner An-trittsrede die Einbindung der IHK in einen autoritärenStaatsaufbau, auch wäre sie in ihrer Arbeit erfolgrei-cher, „wenn sie die Durchführung ihrer Beschlüsse undAnordnungen erzwingen(!) könnte“.

Mit dem „Gesetz zur Vorbereitung des organischenAufbaus der Deutschen Wirtschaft“ (27. Februar 1934)und der Einführung des Führerprinzips (20. August1934) endete die Selbstverwaltung der Wirtschaft auchde jure. Ab jetzt beriefen die (systemtreuen) Präsiden-ten nach vorheriger „Freigabe“ durch die NSDAP dieneuen Mitglieder der Beiräte (vormals Vollversamm-lungen), aus deren Reihen sie früher frei gewählt wur-den. Die so ernannten Mitglieder konnten auch – beiunbotmäßigem Verhalten – wieder abberufen werden.

Die Wirtschaft wurde umorganisiert in ein fachlichund bezirklich geordnetes Kammersystem. Fachlichwurde sie in Fachgruppen auf Bezirks- und Reichsebe-ne gegliedert, bezirklich über Bezirkswirtschaftskam-mern (wiederum zusammengefasst in der Reichswirt-schaftskammer), denen die Industrie- und Handels-kammern sowie die Handwerkskammern unterstelltwurden. Der Bezirkswirtschaftskammer Düsseldorf ge-hörten danach die früheren IHK-Bezirke Düsseldorf,Duisburg, Essen, Krefeld, Mönchengladbach, Solingenund Wuppertal an. 1936 wurden ebenfalls die Bezirks-gruppen der Industrie- und Handelsverbände inte-griert. In der aufgeblähten Organisation kam es durchKompetenzstreitigkeiten und nicht eindeutig geregel-te Zuständigkeiten häufig zu einem unproduktiven Neben- wenn nicht Gegeneinander von „Industrie- und Handelskammerabteilung“ einerseits und „Indu-strie-“ oder „Handelsabteilung“ andererseits.

In diesem Zusammenhang liest sich die folgendePassage aus dem IHK-Jahresbericht von 1934 wie einDokument zwischen Hoffnung und Resignation:

„Die neue Organisation der gewerblichen Wirt-schaft ist für Düsseldorf als die Stadt, die nächstBerlin die meisten Wirtschaftsverbände beher-bergt, von großem Einfluss. Wie sich der Aufbau derwirtschaftlichen Selbstverwaltung unter der Gel-tung der neuen Bestimmungen im Düsseldorfer Be-zirk entwickeln wird, lässt sich jetzt noch nichtganz übersehen. Soviel steht aber fest, dass in sei-nem Mittelpunkt die Industrie- und Handelskam-mer stehen wird, deren Arbeit seit jeher nicht denBelangen einzelner Wirtschaftsgruppen gilt, son-dern dem Dienst an der Gesamtwirtschaft und andem Gemeinwohl.“

Und noch 1935 setzte die IHK auf Rechtstaatlich-keit kontra Willkür: Von 1933 bis 1935 hatte der Reichs-verband Deutscher Makler (RDM) nichts unversucht ge-lassen, einen jüdischen Immobilienmakler aus der Listeder vereidigten Sachverständigen der Düsseldorfer IHKentfernen zu lassen. Die gegen den Makler erhobenen

Karl ZuckerPräsident von 1933 bis 1943

Nach dem erzwunge-nen Rücktritt Carl Rudolf

Poensgens wählten dieneuen Mitglieder der

Industrie- und Handelskam-mer Düsseldorf am 8. Mai

1933 den NS-Kommissar KarlZucker, Mitinhaber der Hydro-

Apparatebau-Gesellschaft, zum IHK-Präsidenten. Dieses Amt hatte er bis zur

Auflösung der Industrie- und Handelskammern am31. Dezember 1942 inne. Er blieb aber noch im Amt,bis die neue Gauwirtschaftskammer am 31. Mai1943 ihre Tätigkeit aufnahm. Präsident dieser Ein-richtung wurde auf Vorschlag des Gauleiters biszum Ende des Zweiten Weltkriegs Fritz Höfermann,Direktor der Commerzbank-Niederlassung Düssel-dorf, seit 1933 Vorsitzender der Düsseldorfer Bör-se und seit 1939 auch Teilhaber des WuppertalerBankgeschäftes von der Heydt-Kersten & Söhne.

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juristischen Vorwürfe konnte der RDM auf Verlangender IHK jedoch nicht beibringen, so dass die Kammerdie Streichung ablehnte, denn „die bloßen Anschuldi-gungen des Maklervereins dürften unseres Erachtensnicht genügen, die Streichung durchzuführen“, schriebsie im August 1934. Die gleiche Position vertrat Syndi-kus Dr. Josef Wilden noch im November desselben Jah-res entschieden und erfolgreich bei seinem Besuch imReichswirtschaftsministerium. Im Juli 1935 gab der jü-dische Makler dennoch auf und legte sein Amt nieder.

Der staatliche Zugriff forcierte die Gründung wei-terer Zusammenschlüsse: Beispielsweise in Form vonEinzelhandelsvertretungen unter dem Dach der IHKoder als eigene Gruppe Verkehr, die alle Verkehrstrei-benden und -vermittler sowie die Unternehmen derKraftfahrzeugbewirtschaftung umfasste. Neu warauch, dass nun die nicht im Handelsregister eingetra-genen Minderkaufleute (heute: Kleingewerbetreiben-de) in der Kammer vertreten waren, ihre Position wur-de 1936 durch die Berufung ihres Repräsentanten KarlRieth zum Vizepräsidenten noch gestärkt. Ferner wur-den die Gremien neu geordnet. Fortan gab es je einenAusschuss für Einzelhandel, Großhandel, Großindustriesowie für kleinere und mittlere Industrie.

„Kammeraufgaben“ im Sinne der NS-Ideologie1938 wurde Syndikus Dr. Josef Wilden aus dem Amt ge-drängt und durch den strengen Parteisoldaten undGauwirtschaftsberater Emeran Amon ersetzt. Gang-und Tonart verschärften sich abermals. Der Jahresbe-richt von 1938 wertete rückblickend das Jahr dennauch als „Jahr der politischen Ernte nach fünf Jahrengewaltigster Aufbauarbeit der nationalsozialistischenFührung“, in dem die „Erfüllung des jahrhundertealten

großdeutschen Traumes“ durch den Anschluss Öster-reichs und die Besetzung des Sudetenlandes Wirklich-keit geworden sei.

Der IHK-Jahresbericht von 1938 widmete ferner einganzes Kapitel dem Thema „Entjudung der Wirtschaft“und beschrieb präzise die Rolle, die die IHK darin(zwangsweise) übernommen hatte. Beschrieben wirddie Gutachtertätigkeit der Kammer hinsichtlich der„Arisierung“ jüdischer Unternehmen. Begutachtet wer-den musste, ob die Überführung in „arisches“ Eigentumvolkswirtschaftlich angezeigt und ob der neue Eigen-tümer sachlich und persönlich geeignet sei. Ferner wur-de der vereinbarte Kaufpreis überprüft. Für die Bewer-tung der Warenbestände ehemaliger jüdischer Ge-schäfte wurden 33 Sachverständige benannt. Hier galtes, die Interessen von Beschäftigten und Gläubigern zuwahren wie auch die Verwertung ehemals jüdischenBesitzes, etwa Kunstgegenstände, im Sinne „der Belan-ge der Düsseldorfer Fachkreise“ zu betreiben.

Die nach den November-Pogromen einsetzendenVerfolgungsmaßnahmen – so der IHK-Bericht – hätten„mannigfache Gelegenheiten [für die Kammer] gebo-ten, die behördlichen Maßnahmen nachhaltig zuunterstützen“. IHK und Registergericht vereinbartenvon diesem Zeitpunkt an bereits bei der Beantragungdes Handelsregistereintrags die Vorlage des „Arier-nachweises“.

Bericht über die erste Sitzung der Wirtschafts-kammer Düsseldorf 1935.

„Hart wie …“ - die BrauneElite drückte auch der Berufsausbildung ihrenStempel auf.

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Aufgaben – fast ohne „politischen“ AnstrichNeben dieser staatlich verordneten Tätigkeit blieb dieKammer – wenn auch in eingeschränktem Maße – ih-ren angestammten Aufgaben in den Themen Verkehr,Handel, Außenwirtschaft und Berufsausbildung treu. In welchem Maße diese jedoch vom Staat beschnittenworden waren, zeigte bereits der IHK-Jahresbericht1936: Er war gegenüber den Vorjahren um die Hälftegeschrumpft, auch enthielt er nicht mehr – wie bis da-hin – einen Bericht zur allgemeinen Wirtschaftslage.

Die IHK engagierte sich beispielsweise im Rahmender Neuordnung des Güterfernverkehrs, setzte sich füreine neue D-Zugverbindung Essen-Heidelberg ein undarbeitete aktiv an der Fahrplangestaltung wie an derVerbesserung des Gütertarifs sowie an der Vermarktunganlässlich der Ausstellung „Schaffendes Volk“ 1937 inDüsseldorf mit. Ferner wollten – ebenfalls ab 1937 – inzunehmendem Maße Anträge auf „Erteilung der Er-laubnis zur Errichtung, Erweiterung oder Verlegungvon Versandgeschäften“ geprüft werden.

In enger Zusammenarbeit mit dem Reichsnährstanderstellte sie Gutachten für Eierhandel, Fleisch- undFischwirtschaft und richtete 1936 das Einigungsamt fürWettbewerbsstreitigkeiten ein.

Im Rahmen der Rohstoff- und Devisenbewirtschaf-tung stellte sie „Notwendigkeitsbescheinigungen“ überdie Zuteilung von Zahlungsmitteln bei Auslandsreisenaus und begutachtete Devisenanträge, für die bei Be-willigung „Dringlichkeitsbescheinigungen“ ausgestelltwurden.

Im Außenhandel kam der 1924/25 eingerichtetenAußenhandelsstelle eine völlig andere Bedeutung zu:Bestand ihr Kerngeschäft ursprünglich in der Informa-tionsbeschaffung für deutsche Unternehmen, so wur-de sie nun in Maßnahmen „zur Bekämpfung der Greu-elhetze und Boykottbewegung im Auslande“ einge-bunden.

Seit 1935 engagierte sich die IHK mit Einführungder Lehrlingsrolle noch stärker als bisher in der Berufs-ausbildung. 15 Prüfungsausschüsse mussten gebildetwerden, die 1935/36 200 Kaufmannsgehilfen prüften,von denen 150 bestanden. Geprüft wurden aber auch68 Lehrlinge in Kurzschrift und Maschineschreiben so-wie 443 industriell-gewerbliche Lehrlinge. Aufgrundihrer „umfangreichen Erfahrungen“ bot die IHK darü-ber hinaus ihre Mitwirkung bei der Erarbeitung einesBerufsbildungsgesetzes an.

Das Ende der NS-Diktatur – die Kammern werden aufgelöstMit der Gauwirtschaftskammerverordnung vom 20.April 1942 wurden die Industrie- und Handelskammerngeschlossen. Dies bedeutete den endgültigen Verlustder Selbstverwaltung, von der ohnehin kaum noch dieRede sein konnte. Die Kammern wurden zum „Hilfs-mittel des Staates zur Organisation der Kriegswirt-schaft“.

Über den „Aufbau derGauwirtschaftskammer“hielt der Leiter der Reichs-wirtschaftskammer 1942einen Vortrag in Düssel-dorf.

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31Schwere Zeiten – 1914 bis 1945

175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

Gemeinsam mit Wirtschafts- und Handwerkskam-mern sowie sonstigen Wirtschaftsorganisationen wurden die IHKs in die Gauwirtschaftskammer (= deckungsgleicher Bezirk mit NS-Gauen) überführt,unter deren Dach sie de facto bis Kriegsende weiter exi-stierten. Da sich der Konflikt um die Besetzung des Prä-sidentenamtes in der Gauwirtschaftskammer Düssel-dorf zwischen Gauleitung einerseits und den Reichsmi-nisterien Wirtschaft und Rüstung andererseits hinzog,fand die konstituierende Sitzung erst am 7. März 1944statt, so dass die Gauwirtschaftskammer praktisch kei-ne Aktivitäten mehr entfalten konnte. Präsident wur-de nicht Karl Zucker, sondern der Direktor der Commerzbank-Niederlassung, Fritz Höfermann.

Während des Krieges wurde die Kammer mehr undmehr zum verlängerten Arm des Reichswirtschaftsmi-nisteriums. So beschäftigten sie Fragen der Preisbin-dung, vornehmlich der Festlegung von Einheitspreisenfür Rüstungsaufträge, aber auch Themen der „Nach-wuchslenkung“. Wie bereits im Ersten Weltkrieg standdie Versorgung der „kriegswichtigen gewerblichenWirtschaft mit Arbeitskräften, Kohle und Energie“ da-bei an erster Stelle.

Neben der Einbindung in die Kriegswirtschaft prüf-te die IHK 1942 1.333 kaufmännische und 1.677 ge-werbliche Lehrlinge. In die Lehrlingsrolle eingetragenwaren zum damaligen Zeitpunkt 2.913 „Stifte“.

Für Düsseldorf endete die NS-Diktatur am 17. April1945 mit der Besetzung durch US-ameri-kanische Truppen, die die Stadt kampflosübernahmen. Düsseldorf war ein Trümmer-feld, Deutschland lag am Boden – undwappnete sich für den Wiederaufbau.

Die Bildkollage oben zeigtvon links: Lageplan zurAusstellung „SchaffendesVolk“ im Jahre 1937, denStand der Firma Henkel,den Pavillon der Mannes-mann Röhrenwerke AG sowie Infotische zur industriellen Berufsausbil-dung.

Einmarsch der amerikani-schen Truppen in Düssel-dorf am 17. April 1945.

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32Wiederaufbau: Das erste Jahrzehnt nach dem Zweiten Weltkrieg

175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

Trostlos präsentierte sich Düsseldorf in der Stunde Null: Nach Kriegsende war die Stadt zu 50 Prozent zer-stört, 80 Prozent der Handelsgeschäfte existierten nichtmehr und zwei Fünftel der Industrieanlagen warenebenfalls nicht mehr vorhanden. Sämtliche Rheinbrük-ken waren gesprengt worden, zehn Millionen Kubik-meter Schutt und Trümmer bedeckten Straßen undPlätze. Von 535.800 Einwohnern im Mai 1939 lebten imApril 1945 noch 185.000 in Düsseldorf.

Dass es trotz dieser Zerstörungen in relativ kurzerZeit gelang, Düsseldorf wieder aufzubauen, ist mehre-ren Faktoren zu verdanken. So erhöhte sich die Ein-wohnerzahl bis 1951 erneut auf 541.517 durch die Rük-kkehr sowohl der vormals evakuierten Bevölkerung wie

auch durch die Rückkehr der deutschenSoldaten aus der Kriegsgefangenschaft.Mit dem kontinuierlichen Wiederaufbauder Industrie wurden ferner Flüchtlingeund Vertriebene aus Ostdeutschland undOsteuropa angezogen, auch gab es einenZustrom von Arbeitskräften, die aus derLandwirtschaft abwanderten.

Begünstigt wurde – wie in der ge-samten, von den Alliierten besetzenWestzone Deutschlands – der Wiederauf-bau in erster Linie durch die grundsätzli-che Übereinkunft, wie sich die wirt-schaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse in Deutschland gestaltensollten. Zur Diskussion standen von September 1944 bis 1947 der Plan desamerikanischen Finanzministers HenryMorgenthau, der die vollständige Ver-nichtung des industriellen Produktions-kapitals bedeutet hätte, ferner der Plan,große Teile der Wirtschaft zu verstaat-lichen und drittens die von Walter Eu-cken, Wilhelm Röpke, Franz Böhm und Alfred Müller-Armack entwickelte Ideeder „Sozialen Marktwirtschaft“. Erst mitder Tolerierung dieser Idee durch die US-amerikanische Besatzung seit der zwei-ten Jahreshälfte 1948 wurde es möglich,

dass „Deutschlands Weg zum Frieden“ eben nicht – wieseinerzeitvon Morgenthau gewünscht – „über den Bauernhofführt(e)“.

Verwirklicht wurde die „Soziale Marktwirtschaft“nach der Währungsreform (20. Juni 1948) von LudwigErhard, seit März 1948 Direktor der bizonalen Wirt-schaftsverwaltung. Neben der „Sozialen Marktwirt-schaft“ und der Währungsreform wurde das nun fol-gende „Wirtschaftswunder“ angeschoben durch dieDevisenhilfe des Marshall-Plans (1,3 Milliarden US-Dol-lar von 1948 bis 1952), dem erklärten Willen und dergroßen Bereitschaft der Bevölkerung zum Wiederauf-bau, einem Reservoir gut ausgebildeter Arbeitskräfte,

Wiederaufbau:

Das erste Jahrzehnt nach dem Zweiten Weltkrieg

Die Königsallee war imJahr 1946 wieder vonTrümmern befreit.

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33Wiederaufbau: Das erste Jahrzehnt nach dem Zweiten Weltkrieg

175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

dem Vorhandensein eines ausgeprägten unternehme-rischen Know-hows wie auch der zunehmenden Öff-nung der westeuropäischen Industriemärkte. Nebender Demontage, die in Düsseldorf bis Oktober 1947 24 Werke mit 18.000 Arbeitsplätzen betraf (darunterdie Firmen Rheinmetall, Hasenclever, Schenk, Liebe-Harkort, Schiess-Defries, Stahlwerke Klöckner, Haniel &Lueg, Deutsche Röhrenwerke und Mannesmann-Röh-renwerke) gab es zahlreiche Neugründungen vonUnternehmen, auch durch Flüchtlinge oder Vertriebe-ne. So wurde 1950 von der in Ingolstadt neu gegrün-deten Auto Union auf einem Gelände der RheinmetallBorsig AG in Düsseldorf die Pkw-Produktion aufge-nommen. Zu berücksichtigen ist ferner, dass die De-montage auch eine Chance enthielt: Der Wiederaufbaubeziehungsweise die Neuaufnahme unternehmerischerTätigkeit setzte Modernisierungskräfte frei, die halfen,den während der Kriegsjahre vernachlässigten techno-logischen Vorsprung der anderen Industriestaaten wie-der aufzuholen.

Die Auferstehung der wirtschaftlichen SelbstverwaltungMit Kriegsende waren die Gauwirtschaftskammernaufgelöst worden. Sowohl die Industrie- und Handels-kammern als auch die Handwerkskammern konnten –von den Einwirkungsmöglichkeiten der Alliierten ein-mal abgesehen – ihre Tätigkeit wie vor 1933 wiederaufnehmen. Die IHK Düsseldorf tat dies bereits vor dem8. Mai 1945: Am 25. April 1945 wurde der frühereHauptgeschäftsführer, Dr. Josef Wilden, mit der Reor-ganisation der Kammer beauftragt. Zuständig war dieIHK damit für den Wiederaufbau in ihren Bezirksgren-zen von 1929, also für die Stadt Düsseldorf und denLandkreis Düsseldorf-Mettmann mit den Städten Hil-

den, Kettwig und Ratingen sowie den Gemeinden Angermund, Breitscheid, Eckamp, Eggerscheid, Erkrath,Hasselbeck, Hösel, Homberg-Bracht-Bellscheid, Hub-belrath, Lintorf, Meierberg, Metzkausen und Wittlaer.

Quartier nahm die IHK zunächstim Gebäude der Commerzbank ander Benrather Straße, musste die-se Räume aber bereits im August1946 wieder verlassen, um daraufin die Räume der Firma C. & A.Brenninkmeyer in die Schadow-straße zu ziehen. Seit 1948 be-mühte sich die Kammer um denWiederaufbau ihres 1943 zerstör-ten Gebäudes in der Graf-Adolf-Straße, in das sie aber erst – nacheinem weiteren Zwischenstopp inder Bahnstraße – 1951 zurückkeh-ren konnte.

Die der Demontage unterliegenden Betriebe in der Verteilung auf die Einzelzweige der Industrie im Kammerbezirk Düsseldorf

Industrie-zweig

1) Zahlen z. T. geschätztQuelle: Düsseldorf vor neuen Aufgaben, Schriftenreihe der IHK Düsseldorf, 1948.

Zahl der zu demon-tierenden Betriebe

Arbeits-plätzen

Brutto-Produktions-

werten(in 1.000 RM.)

direktem Export

(in 1.000 RM.)

GroßeisenindustrieMaschinenbauSonstige Zweige 1)

insgesamt

7224

33

8.08017.3301.590

27.000

104.613123.83256.155

284.600

30.30020.300

400

51.000

Ausfälle durch Demontage auf der Grundlage der Zahlen vom Jahre 1936 an

Niels von BülowPräsident von 1945 bis 1946

Niels von Bülow, Vorstandsvor-sitzender der Aktiengesell-schaft der Gerresheimer Glas-hüttenwerke vorm. Ferd. Heye,und politisch unbelastet, wurdeim April 1945 von der US-ame-rikanischen Militärregierungzum IHK-Präsidenten ernannt.Neben dem Ausbau des Unternehmens zum größ-ten deutschen Glashersteller ließ von Bülow Ar-beiterwohnungen bauen, schuf Weiterbildungs-möglichkeiten für seine Werksangehörigen undgründete im Wintersemester 1951/52 zur Fortbil-dung von Angestellten und Arbeitern eine Volks-hochschule in Gerresheim. Als IHK-Präsident setzte er sich vornehmlich für die Erteilung vonProduktionsgenehmigungen ein. Im März 1946enthob ihn die Militärregierung seines Amtes, angeblich, weil er eine Besatzungsverordnungnicht beachtet hatte. 1948 wurde er erneut in dieVollversammlung der IHK Düsseldorf gewählt.1966 ernannte ihn das „Parlament der Wirtschaft“zum Ehrenmitglied, zwei Jahre zuvor hatte ihn dasoberste Kammergremium bereits mit der GoldenenEhrenplakette ausgezeichnet.

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34Wiederaufbau: Das erste Jahrzehnt nach dem Zweiten Weltkrieg

175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

Neben ihren wechselnden Hauptsitzen unterhieltdie IHK darüber hinaus nach dem Kriege für kurze Zeiteine Außenstelle in Oberkassel und bis Anfang 1954 eine in Benrath sowie Sprechstunden mit „Vertrauens-männern“ aus der IHK-Geschäftsführung in den Land-kreisgemeinden vor Ort. Ferner gab es seit Anfang der1950er Jahre regelmäßige Treffen mit Wirtschafts- undStädtevertretern in Mettmann. Lokale Arbeitskreise, etwa für Hilden, Kettwig und Ratingen, kamen erst Anfang der 1960er Jahre hinzu.

Neuer IHK-Präsident wurde nach dem Kriege Nielsvon Bülow, Vorstand der Gerresheimer Glashütte. Die-sen enthob die britische Militärregierung bereits am 25. März 1946 wieder seines Amtes, angeblich wegenNichtbeachtung einer Besatzungsverordnung. Zumnächsten IHK-Präsidenten ernannt wurde daraufhinam 12. April 1946 Dr. Josef Wilden, inzwischen Vize-präsident und Prokurist des August-Bagel-Verlages. Zuseinem Nachfolger als Hauptgeschäftsführer wurde

Dr. Hermann Bohley bestellt. Nachdem die vorläufigeIHK-Satzung am 17. Juli 1945 gebilligt worden war unddie Militärregierung die IHK in ihrer „Verordnung zurOrganisation der Wirtschaft“ vom 25. November 1945ausdrücklich anerkannt hatte, wurde die Wahlordnungder IHK vom NRW-Wirtschaftsminister im März 1947bestätigt. Im Herbst 1947 folgten die ersten freienKammerwahlen nach dem Krieg, die konstituierendeSitzung der Vollversammlung am 17. Oktober 1947 be-stätigte Dr. Josef Wilden in seinem Amt als IHK-Präsi-dent. Ferner beschloss die Vollversammlung 1947 dieEinsetzung von elf Ausschüssen. Hinzu kamen 1951 derHandelsvertreter- und 1955 der Fremdenverkehrsaus-schuss.

Im Fortgang dieser Restitutierung spielte die Fragenach der weiteren Organisationsform der IHK eine we-sentliche Rolle, ob nämlich die Mitgliedschaft künftigauf freiwillige oder verpflichtende Basis zu stellen sei.IHK-Präsident Wilden votierte in diesem Zusammen-hang 1948 für die Beibehaltung der Pflichtmitglied-schaft, denn nur als „Vertretung des Handels und derIndustrie als Ganzheit“ könne die Kammer das „Inte-resse aller Handels- und Gewerbetreibenden ... wahren“.Am 23. April 1948 beschloss die Vollversammlung da-raufhin ausdrücklich, am IHK-Status „Körperschaft öffentlichen Rechts“ festhalten zu wollen.

Kontrovers diskutiert wurde in den ersten Nach-kriegsjahren auch die Frage nach der paritätischen Be-setzung der IHKs mit Arbeitnehmern. Als Interessen-vertretung der Wirtschaft vor Ort lehnte die IHK diesesAnsinnen ab, plädierte jedoch für die Beibehaltung desWirtschaftsausschusses, dem neben Vertretern der In-dustrie- und Handels- sowie Handwerkskammern auchGewerkschaftsvertreter angehörten. Dieser Ausschussbeschäftigte sich vorwiegend mit Fragen der Demon-tage, Energieversorgung oder Preisgestaltung, aberauch mit den Folgen der Währungsreform. Für das The-ma „Soziale Marktwirtschaft“ konnte die IHK 1948 einen sehr prominenten Redner gewinnen: Ludwig Erhard referierte über dieses neue Wirtschaftsmodell.

IHK-Aufgaben in der Phase des WiederaufbausMit drei Abteilungen (Industrie, Handel und Allgemei-nes) kam die IHK Düsseldorf der Bitte von DüsseldorfsOberbürgermeister Wilhelm Füllenbach nach, sich umdie „an die Stadtverwaltung gelangenden Angelegen-heiten der Industrie, des Handwerks, des Großhandels,des Einzelhandels, des Handelsvertreter-Gewerbes unddes ambulanten Gewerbes“ zu kümmern. Dabei galt es zunächst, die Versorgungsprobleme der Bevölke-rung mit Wohnraum, Nahrungsmitteln und Kleidung

Professor Dr. Josef WildenPräsident von 1946 bis 1949

Professor Dr. Josef Wilden istder einzige Hauptgeschäfts-führer einer Industrie- undHandelskammer, der späterzum Präsidenten ernannt wur-de. Von 1922 bis zu seinem er-zwungenen Rücktritt 1938 underneut in den Jahren 1945/46war Wilden Hauptgeschäfts-führer der IHK Düsseldorf. AlsProkurist des August Bagel Ver-

lages wurde er nach der Abberufung von Bülowsdurch die US-amerikanische Militärregierung 1946in das Präsidentenamt der IHK Düsseldorf gewählt.1949 wurde Wilden Vizepräsident, 1952 Ehren-präsident der IHK Düsseldorf. Bekannt gewordenist Josef Wilden auch über seine zahlreichen Auf-sätze, Bücher und Schriften, in denen er sich mitKunst und Wissenschaft, Politik und Volkswirt-schaft, aber auch mit der Stadtgeschichte Düssel-dorfs und der Kammerhistorie befasste. Wilden engagierte sich darüber hinaus in vielen Ehrenäm-tern, etwa als Vorsitzender des Kunstvereins für dieRheinlande und Westfalen oder als Vorsitzenderder Gesellschaft von Freunden und Förderern derKunstakademie Düsseldorf.

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175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

zu lösen sowie dieUnternehmen mit Brennmaterial, Fachar-

beitskräften und Produktionsräumen zu versorgen.Aber auch der Spagat zwischen Ingangsetzung der Pro-duktion einerseits und den Demontage-Absichten derAlliierten andererseits wollte gemeistert werden. Mehr-fach gelang es hier, gemeinsam mit der Wirtschafts-verwaltung und den Gewerkschaften für betroffeneUnternehmen einen Demontagestopp oder einen Auf-schub zu erwirken. Bereits in ihrer ersten Sitzung ap-pellierten die IHK-Vollversammlungsmitglieder an dieAlliierten, die Demontageliste zu überprüfen, denn „derWert der Demontage (lässt) sich ebenso wenig durcheinfache Addition von Kapazitätszahlen ausdrücken(…), wie man das menschliche Herz im Verhältnis zumübrigen Körper in seinem Wert gewichtsmäßig beur-teilen kann.“

Alle Unternehmen mit mehr als 25 Mitarbeiternmussten darüber hinaus seit Mai 1945 einen Antrag aufProduktionserlaubnis stellen. 1.800 solcher Anträge be-gutachtete die IHK 1946. Für kleinere Unternehmenstellte die IHK so genannte Wiederanlaufgenehmigun-gen aus. Betriebe, denen beides versagt wurde, musstengeschlossen werden. Die IHK riet in diesen Fällen häu-fig zur Umstellung der Betriebstätigkeit oder zur „Neu-aufnahme von für die Gesamtheit wichtiger und vor-dringlicher Fertigungen“. Darüber hinaus beschäftigtendie IHK Fragen der wirtschaftlichen Verwendung vonBrennmaterial, die Zuteilung von Acetylen und Treib-riemen, die Zulassung von Groß- und Einzelhandelsbe-trieben sowie die Zulassung für Handelsvertreter, aberauch die Zulassung von Kraftfahrzeugen, womit man-cher Ärger verbunden war. Da Kommunikationsmittelwie Telefon und Post noch nicht wieder instand gesetztworden waren, erforderten all diese Aktivitäten daspersönliche Gespräch – ein zeitraubendes und oft müh-sames Geschäft für beide Seiten.

Allgemeine wirtschaftspolitische Fragen, Recht und SteuernWie schon in der Zeit vor 1933, so beschäftigten die IHKDüsseldorf in der Nachkriegszeit auch stets Fragen von

allgemeiner wirtschaftspolitischer Bedeutung, anderen Diskussion sie aktiv teilnahm. Das traf in ers-ter Linie auf die Zeit der Präsidentschaft von Pro-fessor Dr. Dr. h. c. Ernst Schneider von 1949 bis1968 zu, insbesondere für die Jahre 1963 bis1969, als Schneider auch Präsident des Deut-schen Industrie- und Handelstages war.

So protestierte die IHK-Vollversammlungetwa 1954 gegen den in ihren Augen völlig unzurei-chenden Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Fi-nanz- und Steuerreform – den sie, wie auch der dama-lige NRW-Finanzminister Flecken, schlichtweg ablehn-te. Das oberste Gremium der Kammer forderte statt-dessen die Entlastung mittlerer Einkommen, Gewinn-ermittlung nach betriebswirtschaftlichen Grundsät-zen und Steuersenkungen – eine Ergänzungsabgabewurde hingegen abgelehnt. Im März 1956 gelang esPräsident Schneider in einer mehrstündigen Unterre-dung endlich, Bundesfinanzminister Fritz Schäffer voneiner „wenn auch temporären“ Steuersenkung zu über-zeugen.

Anlässlich einer weiteren Diskussion über die Wirt-schaftspolitik Deutschlands verabschiedete die IHK-Vollversammlung am 21. November 1955 eine Stel-lungnahme, in der sie – wie auch der Bundesfinanzmi-nister und die Bank deutscher Länder – an das „Maß-halten bei Preisen und Löhnen“ appellierte.

Ebenso engagiert vertrat die IHK die Interessen derWirtschaft in der Landesgesetzgebung. Seit 1947 be-schäftigte sich ein Ausschuss unter Leitung von Präsi-dent Dr. Josef Wilden mit der Ausgestaltung der Lan-

Gebäudeschäden in Düsseldorf

Artder Gebäude

Bestand im Jahre 1939

schwer be-schädigt

Total-schaden

Schwer- und Total-schaden insgesamt

WohngebäudeGeschäfts- undLagerhäuserIndustriebetriebeÖffentl. Gebäude

WohngebäudeGeschäfts- undLagerhäuserIndustriebetriebeÖffentl. Gebäude

37.000

6.586956490

100

100100100

5.680

1.560175125

15

241826

12.580

3.676220145

35

552329

18.260

5.236395270

50

794155

Zahl

in Prozent

1951 konnte die IHK anlässlich der Einweihungdes wieder aufgebautenKammergebäudes an derGraf-Adolf-Straße als prominenten GastrednerBundeswirtschaftministerLudwig Erhard begrüßen.

Quelle: Düsseldorf vor neuen Aufgaben, Schriftenreihe der IHK Düsseldorf, 1948.

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175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

desverfassung, in der wirtschaftliche Belange stärkerberücksichtigt werden sollten. 1953 fand erstmals – ge-meinsam von den IHKs Düsseldorf, Neuss und Solingenausgerichtet – ein „Bierabend“ mit Richtern, Staatsan-wälten und Handelsrichtern zum Thema „unlautererWettbewerb“ statt.

Im Rechtsgeschäft galt es auch, sich gegen „Sach-bezeichnungen oder gar Phantasienamen anstelle desInhabernamens“ auszusprechen (1954), oder zu klären,ob „Napoleon“ eine übliche Bezeichnung für Wermutsei (1955) oder aber festzustellen, dass eine Beimi-schung von 35 Prozent Erdnüssen im Studentenfuttereine Täuschung des Verbrauchers darstelle (1955). Da-rüber hinaus übertrug der Landesgesetzgeber 1957 den

IHKs erneut die Aufgabe, Sachverständige zu berufen(was die Kammern bereits seit dem preußischen Kam-mergesetz von 1870 getan hatten). Wieder eingerich-tet wurde bei der IHK 1957 auch die Einigungsstelle für Wettbewerbsstreitigkeiten, wie es sie bereits seit1932 gegeben hatte, deren gesetzliche Grundlage aber1945 von den Alliierten außer Kraft gesetzt wordenwar.

Lokale und regionale Standortpolitik1948 formulierte die IHK als Akteur lokaler und regio-naler Standortpolitik ihre Vorstellungen von der zu-künftigen Gestaltung des IHK-Bezirks. Um die „Innen-stadt als City“ stärker zu betonen, sollte dort die An-

Professor Dr. Dr. h. c. Ernst SchneiderPräsident von 1949 bis 1968

Eine der bedeutendsten Un-ternehmerpersönlichkeiten derdeutschen Nachkriegszeit warvon 1949 bis 1968 Präsident derIHK Düsseldorf und von 1963 bis1969 auch Präsident des Deut-schen Industrie- und Handelsta-ges: Professor Dr. Dr. h. c. ErnstSchneider. Schneider promovierte

1922 zum Dr. rer. pol., wurde Mitarbeiter einerSchweizer Finanzgruppe und später Juniorpartnerdes Berliner Industriellen Dr. Siegfried Arndt (unteranderem Odol-Werke). Nach dem Kriege verlegteSchneider den Firmensitz nach Düsseldorf, wurdeVorstandsvorsitzender der Konzernmutter Kohlen-säure-Industrie AG sowie deren Töchter, der Lingner-und Odol-Werke. Ferner betätigte er sich als Unter-nehmer im Stahl- und Schiffsbau sowie in der Che-mischen und Kosmetischen Industrie. Schneider warVerfechter der freien Marktwirtschaft und der Wett-bewerbsfreiheit, Mahner einer vernünftigen Preispo-litik, Vorreiter der Globalisierung und Förderer desunternehmerischen Nachwuchses. Sein Interesse alsKammerpräsident galt der Gesellschafts- und Bil-dungspolitik sowie der Intensivierung der Öffent-lichkeitsarbeit von Unternehmen und Kammer hin zueiner möglichst großen Transparenz wirtschaftlicherTatbestände für alle Marktteilnehmer. So gehörte erzu den Gründervätern der Kammergemeinschaft Öffentlichkeitsarbeit wie auch der C. Rudolf Poens-

gen-Stiftung e. V. zur Förderung von Führungskräf-ten in der Wirtschaft. Schneider genoss als Berater inder Politik hohes Ansehen.

Neben seinen zahlreichen Ehrenämtern widmetesich Ernst Schneider als Gegengewicht zu seiner wirt-schaftlichen Tätigkeit der Kunst und Literatur. Sosammelte er neben moderner Kunst altes Meissner-Porzellan, Silber und Möbel aus dem 18. Jahrhundert.Große Teile seiner Sammlung sind heute in SchlossLustheim bei München, ein kleinerer Teil in SchlossJägerhof in Düsseldorf zu besichtigen. Schneider warTräger des Großen Verdienstkreuzes mit Stern undSchulterband des Verdienstordens der Bundesrepu-blik Deutschland, Träger des Großen Ehrenrings derStadt Düsseldorf und Ehrendoktor der MedizinischenFakultät der Universität Düsseldorf. Das Land Nord-rhein-Westfalen ernannte ihn in Anerkennung seinerVerdienste zum Professor ehrenhalber. Die Vollver-sammlung der IHK Düsseldorf berief Ernst Schneider1972 zu ihrem Ehrenpräsidenten. Heute erinnern ansein Wirken der 1970 noch von ihm ins Leben geru-fene „IHK-Ernst-Schneider-Medienpreis“, mit demdie Kammern jährlich vorbildliche Wirtschaftssen-dungen in Fernsehen und Hörfunk sowie inzwischenauch in der Zeitungsberichterstattung auszeichnen,die Hausanschrift der IHK Düsseldorf „Ernst-Schnei-der-Platz 1“ sowie der 1983 von DIHK und IHKs gestiftete Ernst-Schneider-Brunnen in seinem Geburtsort Heldenbergen, der heute zur GemeindeNidderau gehört.

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175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

siedlung von Großgewerbe unterbunden, dafüraber die Ansiedlung von „Verwaltungsbetriebenaller Art, Großhandel, qualifiziertem Einzelhan-del, besonderen Erscheinungen der freien Berufe etc.“gefördert werden. Der „City-Charakter“ sollte durchden Städtebau unterstützt werden, Alt- und Karlstadtsollten erhalten bleiben. Industriegebiete sollten nachIHK-Vorstellungen vornehmlich im Nordosten Düssel-dorfs (Rath, Unterrath), in Ratingen und im Süden derStadt (Reisholz) ausgebaut werden, auch müsse der Hafen Reisholz erweitert werden. Bemängelt wur-de von der Kammer fehlender (bewachter) Parkraum inder Innenstadt. Entwicklungspotenziale für Düsseldorfsah die IHK seinerzeit vor allem im Flughafen, als Mo-destandort sowie als Banken-, Börsen- und Messeplatz.

Um Letzteren zu befördern, hatte das IHK-Präsi-dium bereits im Oktober 1946 für die Einrichtung einerMessegesellschaft gestimmt, die 1947 als Nordwest-deutsche Ausstellungs-Gesellschaft mbH (NOWEA) ge-gründet wurde.

1949 bildete die IHK einen „Bau- und Wohnungs-wirtschaftlichen Ausschuss“, der sich mit den städti-schen Bebauungsplänen auseinandersetzte. Auch inden Gemeinden des Landkreises Mettmann engagiertesich die IHK bei der Entwicklung von Leit- und Flä-chennutzungsplänen – wobei in den ersten Nach-kriegsjahren das Thema „Wohnungsbau“ ganz oben aufder Agenda stand.

Mit der städtebaulichen Fokussierung auf dieInnenstadt verfolgte die IHK bereits 1950 den Gedan-ken, Düsseldorf als „Leitregion“ oder „Marke“ für dengesamten IHK-Bezirk zu positionieren. Ein Pfund, mitdem die Stadt schon in Vorkriegszeiten habe wuchernkönnen, sei die Eleganz und Formschönheit des Einzel-handels, den es auszubauen gelte. In diesem Zu-

sammenhang plädierte die IHK in den Folgejahren da-für, Geschäftsstraßen für Passantenströme nicht zu zerschneiden, die Handelszone Altstadt mit den ande-ren Geschäftsstraßen zu verbinden, die Verkehrsströmebesser zu lenken, den schienenungebundenen ÖPNVauszubauen, die Planungen für eine Untergrundbahnvoranzutreiben sowie – angesichts des kontinuierlichsteigenden Kraftfahrzeugbestandes – in ausreichen-dem Maße Flächen für die Parkraumbewirtschaftungvorzuhalten.

Als Träger öffentlicher Belange hat sich die IHKauch immer wieder mit den kommunalen Haushaltenauseinandergesetzt. Trotz des regelmäßigen Gedanken-austausches zwischen Düsseldorfer Stadt- und IHK-Spitze (das erste Gespräch fand bereits 1949 statt) zuThemen wie Ausbildung, Verkehrsführung oder Regio-nalplanung klafften die Vorstellungen über das, wasmachbar, sinnvoll und finanzierbar sei, häufig ausei-nander.

Bereits 1955 attestierte IHK-Präsident Schneiderder Stadt Düsseldorf, dass sie über ihre Verhältnisse lebe, Kosten steigen würden und das Vermögen schwin-de. Denn „die gegenwärtige Steuerkraft unserer Wirt-schaft (könne) nicht als etwas Selbstverständliches“hingenommen werden. Um dieser Ausgabefreudigkeitvorzubeugen, rief Schneider daraufhin den „Ausschussfür Kommunalwirtschaft“ ins Leben, der sich mit Ge-meindefinanzen, Raumordnung, Stadtplanung, Ener-gie- und Wasserwirtschaftsfragen sowie mit Verkehrs-themen auseinandersetzte. 1956 gelang es, einigeUnternehmer zur Kandidatur für die Kommunalwahl zubewegen, um wirtschaftliches Know-how in den

1955 lud die Kö erneutzum Bummeln und Verwei-len ein.

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Stadtrat einfließen zu lassen. Auch hielt die IHK „mög-lichst enge Fühlung“ zu den Fraktionsvorsitzenden imRat, um diese für die Belange der Wirtschaft zu sensi-bilisieren. Ferner reagierte die Stadt 1956 auf die IHK-Vorschläge und senkte – wenn auch nur kurzzeitig – dieHebesätze für die Gemeindesteuern. Doch bereits 1957wurde der „Burgfriede“ erneut gestört: Die Stadt er-höhte die Gewerbesteuer, um die neuen Ausstellungs-hallen zu finanzieren. Die IHK zeigte sich „tief ent-täuscht“ darüber, dass ihr Angebot, mit freiwilligenMaßnahmen einen kurzzeitigen finanziellen Engpasszu überbrücken, ausgeschlagen worden sei.

Früh plädierte die IHK auch für ein anderes Mittel,um kommunale Haushalte zu konsolidieren, nämlichdie Trennung von städtischem Eigentum. Votierte sie –zunächst vorsichtig – nur für die Verwaltung der städ-tischen Wohnungen durch private Anbieter, so forder-te sie 1953 schon deren Privatisierung wie auch dieAufgabe der städtischen „Regiebetriebe“.

Verkehr, Hafen und FlughafenIn der frühen Phase des Wiederaufbaus setzte sich dieIHK in erster Linie für den Auf- und Ausbau der inner-städtischen Verkehrswege und Landstraßen sowie fürden Wiederaufbau der im Krieg vollständig zerstörtenRheinbrücken ein. Thematisiert wurden die Verbreite-rung der Fahrbahnen ebenso wie eine ausreichende Beschilderung und die Schaffung von Parkplätzen. Mitder Rheinischen Bahngesellschaft beriet die IHK überdie Versorgung der Außenbezirke, die Einrichtung neu-er Linien wie auch über eine Tarifreform. Konfrontiertsah sich die Kammer 1951 auch schon mit dem moder-nen Gedanken einer „Mitfahrzentrale“, als ein Unter-nehmer die „Errichtung einer Reisevermittlung fürPkw-Fahrten“ eintragen lassen wollte, was seinerzeitauf allerhöchster Ebene – nämlich durch das Bundes-

verkehrsministerium – abschlägig be-schieden wurde.

1953 forderte das Güterkraftver-kehrsgesetz den Nachweis über fachli-che Eignung und Sachkunde von An-tragstellern, die sich im Güterkraftver-kehr selbständig machen wollten. Fürden Nahverkehr sollten die Kammern je-weils die Prüfung abnehmen, für denGüter- und Möbelfernverkehr jeweilsdie IHK am Sitz des Regierungspräsiden-ten. Für die IHK Düsseldorf bedeutetedies, bis 1960 sämtliche Fernverkehrs-prüfungen für den RegierungsbezirkDüsseldorf abnehmen zu müssen.

Neben dem Wiederaufbau und Ausbau des Stra-ßennetzes beschäftigte sich die IHK auch mit Fragendes Schienenverkehrs. Im Vordergrund stand hier dieIHK-Forderung nach einer besseren Anbindung desDüsseldorfer Raumes an den Hafen Antwerpen – alsodie Wiederinbetriebnahme der alten Güterstrecke überMönchengladbach, Roermond und Herentals, besserbekannt unter dem Namen „Eiserner Rhein“. Im Sinneeiner zukunftsgerichteten Hafenpolitik beschloss dieVollversammlung 1948, einen eigenen Hafenausschusseinzurichten. Thema im Jahr 1949 war die verkehrlicheAnbindung des Hafens an das Straßen- und Schienen-netz, aber auch die räumliche Einbindung in das Stadt-bild. 1952 wurde darüber hinaus ein Verein zur Förde-rung der wirtschaftlichen Interessen des DüsseldorferHafens unter Vorsitz von IHK-Vizepräsident HermannAdloff gegründet.

Ferner setzte sich die IHK bereits kurz nach Kriegs-ende für den Ausbau des Düsseldorfer Flughafens ein.Im Verbund mit der Stadtverwaltung war es 1949 ge-lungen, europäische Luftverkehrslinien für Düsseldorfzu interessieren. Seit 1953 betrieb die Luftverkehrsbe-darfs AG (LUFTAG) von hier aus einen Teil ihrer Linien,die 1955 in die Lufthansa AG aufging. So alt wie dieIdee des Flughafenausbaus ist auch die Auseinander-setzung mit dem Problem Fluglärm und den Ausbau-gegnern.

38Wiederaufbau: Das erste Jahrzehnt nach dem Zweiten Weltkrieg

Im Aufwind: Der Düssel-dorfer Flughafen in den1950er Jahren.

Die Börse handelte 1957im Wilhelm-Marx-Haus.

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39Wiederaufbau: Das erste Jahrzehnt nach dem Zweiten Weltkrieg

175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

InternationalTrotz der Autarkiebe-strebungen des NS-Staates war Düssel-dorf vor dem Kriegeiner der wichtigs-ten Außenhandelsplätze desDeutschen Reiches geblieben. Hier konn-ten sich ausländische Interessenten über Investitions-güter und Produktionstechniken informieren, auch eignete sich der Handelsplatz für Niederlassungen aus-ländischer Unternehmen und konsularischer Vertre-tungen. Diese Bedeutung erreichte die Landeshaupt-stadt zwischen 1945 und 1950 rasch wieder. Zusätzli-che Impulse erhielt Düsseldorf als geografisch günstiggelegenes Standbein für außereuropäische Unterneh-mensniederlassungen in der sich bildenden Europäi-schen Gemeinschaft. Bereits 1951 erwirtschaftete derIHK-Bezirk mit einer Milliarde Mark sieben Prozent derbundesdeutschen und 15 Prozent der nordrheinwest-fälischen Exportumsätze. Kam der Export zunächst un-ter dem Diktat der Militärregierung nur schleppend voran, so förderte die IHK das internationale Geschäft ihrer angeschlossenen Unternehmen 1948 mit einemdreisprachigen Handbuch über „Außenhandelsverbin-dungen der Unternehmen im IHK-Bezirk Düsseldorf“und 1949 mit der Einrichtung einer speziellen Außen-wirtschaftsabteilung – für deren Nutzung zunächst ein eigener Mitgliedsbeitrag erhoben wurde. Seit 1947 erhielten die Unternehmen bereits ein „Außenwirt-schaftsrundschreiben“, das 1948 von allen IHKs in deramerikanischen und britischen Zone übernommenwurde. Früh bemühte sich die IHK auch um die Kon-taktanbahnung mit dem Ausland, indem sie Mitgliedvon Auslandshandelskammern wurde und jährlich zuEmpfängen mit dem Diplomatischen Korps nachSchloss Benrath einlud.

Aus- und WeiterbildungWar in den ersten Monaten nach Kriegsende an einegeregelte Aufnahme der Berufsausbildung nicht zudenken, so galt die Sorge der IHK zunächst der Unter-bringung von Jugendlichen in Lehrlingsheimen wie derIntegration von Flüchtlingen oder Jugendlichen aus sozial schwierigen Verhältnissen in den Ausbildungs-prozess, die „durch die Verhältnisse aus dem normalenAusbildungsweg herausgerissen“ worden waren.

Doch bereits Anfang 1946 konnte die Prüfungstä-tigkeit wieder aufgenommen werden, neu eingerichtetwurden Lehrmeisterkurse für das grafische Gewerbewie auch – aufgrund des hohen Bedarfs an Dolmet-

schern und Übersetzern – ein Fremdsprachen-prüfungsamt, das für ganz Nordrhein-Westfalen

in den Sprachen Englisch, Russisch, Niederlän-disch und Französisch prüfte. 1947 wurden diese

Fremdsprachenprüfungen staatlich anerkannt. Imgleichen Jahr nahm auch die Einzelhandelsberufs-

schule ihren Betrieb wieder auf, es wurden erneutGeschäftsstenografenprüfungen abgenommen, und

auch der Berufsausbildungsausschuss begann mit sei-ner Tätigkeit. 1948 stieg die Zahl der registrierten Aus-bildungsverhältnisse auf 5.900, 1952 waren es bereits12.000. Von 1949 bis 1955 wurden neue Berufsbilderaus der Taufe gehoben, wie der Schaufenstergestalter,der Groß- und Außenhandels- sowie der Einzelhan-delskaufmann, der Drogist, der Fotolaborant, und auchder „Kaufmannsgehilfe im Hotel- und Gaststättenge-

werbe“. 1953 gab es bei der IHK Düsseldorf 95 Prü-fungsausschüsse mit 536 ehrenamtlichen Prüfern.

Ebenfalls in den 1950er Jahren investierte die IHKin Weiterbildung. So rief sie Mitte 1950 einen „Junio-renclub“ für Söhne und Töchter von Unternehmern insLeben, die ihr Wirtschaftswissen erweitern wollten, umso besser gerüstet in die Fußstapfen ihrer Väter tretenzu können. Gemeinsam mit einem Wirtschaftspsycho-logen wurde ferner eine Arbeitsgemeinschaft „Die Sekretärin“ gegründet, die sich in Kursen mit dem Be-rufsbild der Sekretärin auseinandersetzte. Druckmei-ster wurden bereits seit 1948 geprüft, weitere Meister-Lehrgänge sollten in den späten 1950er und 1960erJahren folgen. 1949 wurde die Außenhandelsschule –zunächst in der Außenwirtschaftsabteilung, später inder Abteilung Aus- und Weiterbildung angesiedelt – eröffnet, die auf kaufmännische Tätigkeiten im Außen-handel vorbereitete.

Dreisprachiges Handbuchder IHK aus dem Jahre1948.

„Stifte“ in einer Lehrwerk-statt 1950.

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40Der IHK-Bezirk Düsseldorf: Eine Region im Wandel

175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

Der IHK-Bezirk Düsseldorf, der seit dem Jahre 1977 dieLandeshauptstadt Düsseldorf und den Kreis Mettmannumfasst, zählt heute zu den wirtschaftlich stärkstenRegionen in Deutschland. Rund 680.000 Erwerbstätigeerwirtschaften hier ein Bruttoinlandsprodukt von rund50 Milliarden Euro. Mit anderen Worten: Gut acht Pro-zent der Erwerbstätigen erbringen über zehn Prozentder Wirtschaftsleistung Nordrhein-Westfalens. Der An-teil am deutschen Bruttoinlandsprodukt beträgt 2,3Prozent. Rund 1,08 Millionen Menschen wohnen hier.Mit durchschnittlich 20.625 Euro verfügen die Ein-wohner des Kreises Mettmann dabei über das höchsteverfügbare Pro-Kopf-Einkommen von allen Kreisen inNordrhein-Westfalen.

Anfang des dritten Jahrtausends bestimmt eineVielfalt von privaten und öffentlichen Dienstleistungendie Wirtschaftsstruktur im IHK-Bezirk. Vier von fünf Erwerbstätigen arbeiten mittlerweile bei einem Dienst-leister, mit seit Jahren steigender Tendenz. Der Wert-schöpfungsanteil der Dienstleistungen übertrifft ins-gesamt die 80-Prozent-Marke. Er reicht in der Landes-hauptstadt Düsseldorf sogar nahe an die 90 Prozent.Aber auch im Kreis Mettmann haben die Dienstleistun-gen inzwischen einen Anteil von fast 70 Prozent er-reicht.

Noch vor wenigen Jahrzehnten sah die hiesigeWirtschaftsstruktur völlig anders aus. Bis in die 1960erJahre des 20. Jahrhunderts dominierte die Industrie, sowohl in der Landeshauptstadt als auch besonders imKreis Mettmann. Seither ist also der Industrieanteil inDüsseldorf auf gut ein Viertel des Ursprungwertes zu-rückgegangen, im Kreis Mettmann hat er sich mehr alshalbiert. Gleichwohl kann auch heute keineswegs voneiner „entindustrialisierten Zone“ gesprochen werden,wenn vom Wirtschaftsraum Düsseldorf die Rede ist.

Weiterhin gibt es in der Landeshauptstadt bedeu-tende Produktionsstätten, beispielsweise in der Chemi-

Der IHK-Bezirk Düsseldorf:

Eine Region im Wandel

Vom Ende der 1940er Jahrebis in die 1960er Jahre dominierte in Düsseldorfund im Kreis Mettmanndie Industrie.

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41Der IHK-Bezirk Düsseldorf: Eine Region im Wandel

175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

schen, der Automobil- oder der Röhrenindustrie. Hin-zu kommen namhafte Unternehmen etwa aus derStahlindustrie, des Anlagenbaus, der Spezialchemieoder der Energiewirtschaft, die – wenn auch nicht ihreProduktion – so doch ihren Sitz und ihre Verwaltungenin der Landeshauptstadt haben.

Im Kreis Mettmann reicht das Spektrum auch heu-te noch von der Automobilzulieferindustrie, der Kalk-steinindustrie, den Schloss- und Beschlagproduzentenund Gießereien vor allem in Niederberg, über die Bau-stoffindustrie, den Werkzeug- und Anlagenbau, denMaschinenbau bis zur Chemischen und Pharmazeuti-schen Industrie und der Biotechnologie.

Heute ist die industrielle Ausrichtung breit gestreut,während die Industrie vor sechzig Jahren stärker aufden Bereich Metallerzeugung und -verarbeitung alsZulieferer der Bergbau- und Stahlindustrie des Ruhr-gebietes ausgerichtet gewesen ist.

In den letzten Jahrzehnten massiv und kontinuier-lich an Bedeutung gewonnen haben die Dienstleistun-gen, deren Vielfalt nicht im Geringsten hinter der desIndustriesektors zurückbleibt. Vom Groß- und Einzel-handel, der Gastronomie, dem Verkehr zu Lande, zuWasser und in der Luft, über Banken und Versicherun-gen, der leitungsgebundenen und der drahtlosen Tele-kommunikation, der EDV- und Softwarebranche, derUnternehmensberatung, der Werbe- und Marketing-branche, über das Verlagswesen, die Rechtsberatung,Wissenschaft, Bildung und Verwaltung bis hin zur Sicherheitsbranche und der Gebäudereinigung sowienicht zuletzt den persönlichen Dienstleistungen reichtdie bunte Palette. Ihre Vielfalt und ihre große Zahl ver-helfen dem Standort zu seiner führenden Position inDeutschland. Beim bundesweiten Vergleich der Wirt-schaftsstruktur und Unternehmen, von Arbeitsplätzenund Einkommen, der Infrastruktur und Finanzen sowievon Kulturangebot und Lebensqualität belegt folge-

richtig die Landeshauptstadt beziehungsweise derWirtschaftsraum Düsseldorf regelmäßig vordere Posi-tionen, oft sogar die Spitzenplätze.

Gleich, ob Folge oder Ursache, diese Branchenviel-falt hat zu einer weiteren Unternehmensdichte in undum die Landeshauptstadt geführt. Gegenwärtig habenin der Landeshauptstadt vier der DAX-Unternehmen ihren Sitz. Weitere sechs sind hier oder im Kreis Mett-mann mit Niederlassungen vertreten. Schließlich sindvier MDAX-Unternehmen im IHK-Bezirk angesiedelt.

Zudem hat sich in den vergangenen Jahrzehntender Raum Düsseldorf zu einem führenden internatio-nalen Unternehmensstandort entwickelt. Rund 5.000ausländische Unternehmen werden hier gezählt.

Heute ist die Branchenvielfalt in Düsseldorf und imKreis Mettmann groß. Die Wirtschaftsstruktur istheterogen, und es sind hier sowohl Großunternehmenals auch bekannte und unbekannte Mittelständler an-gesiedelt. Diese Vielfalt hat den Wirtschaftsraum in derletzten Zeit vergleichsweise unanfällig gegenüber kon-junkturellen Schwankungen gemacht, und sie begüns-tigt den weiteren wirtschaftlichen Strukturwandel. Bis

Produktion bei Daimler-Chrysler Düsseldorf.

Eindruck vom Parkett-handel der DüsseldorferBörse vor ihrem Umbau.

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42Der IHK-Bezirk Düsseldorf: Eine Region im Wandel

es aber soweit war, ist auch hier die Entwicklung kei-neswegs gradlinig verlaufen.

Auch der Wirtschaftsraum Düsseldorf hat in denJahrzehnten seit dem Zweiten Weltkrieg die Höhen ei-nes beinahe grenzenlosen Wachstums, vorübergehen-de konjunkturelle Rückschläge und schmerzliche An-passungsprozesse im wirtschaftlichen Strukturwandeldurchlebt.

1948 bis 1961: Wirtschaftswunder in den NachkriegsjahrenMit der Währungsreform 1948 kam der Wiederaufbauin Schwung. Die Wachstumsraten waren enorm und erreichten im Industriebereich zeitweilig zweistelligeRaten.

Um das Jahr 1952 war der Vorkriegsstand in der In-dustrie-Produktion wieder erreicht. Bis Anfang der

1960er Jahre wuchs die Industrie in Düsseldorf weiter.Der industrielle Beschäftigungshöhepunkt wurde mitrund 128.500 Beschäftigten im Jahre 1961 erreicht. Seit1949 hatte sich damit die Beschäftigtenanzahl gut ver-doppelt.

Stärker noch als der sekundäre Sektor expandiertebereits in der Wiederaufbauphase der Dienstleistungs-sektor. Sein Erwerbstätigenanteil nahm zwischen 1950und 1961 von rund 50 Prozent auf 53 Prozent zu, umEnde der 1970er Jahre bereits fast 70 Prozent zu errei-chen. Dabei spielte zum einen die Ausdehnung des öf-fentlichen Sektors mit vermehrtem Dienstleistungsan-gebot für die Bevölkerung bei Schulen oder Gesundheitoder für die Unternehmen bei Verwaltung und Ver-bänden eine Rolle. Zum anderen waren vor allem dasKreditwesen und die Versicherungen in Düsseldorf be-sonders wachstumsstark.

Zur Expansion der Banken trugender Wegfall Berlins als zentraler Ban-kenplatz für die deutsche Exportindu-strie ebenso bei wie auch die Ansied-lung der Landeszentralbank in der Lan-deshauptstadt, die Dichte von Industrieund Handel in Düsseldorf, die Zerschla-gung der Großbanken in Regionalban-

Dr. h. c. Viktor LangenPräsident von 1968 bis 1974

Viktor Langen, Spross der be-rühmten Kölner Zuckerfabrikan-tenfamilie Langen, war persönlichhaftender Gesellschafter desAutomobilzulieferers A. Ehren-reich Cie., Düsseldorf, leitete dieFirma Langen & Co. (Ölhydraulik)und das Kölner Traditionsunter-nehmen Johann Maria Farinagegenüber dem Jülichs-Platz zurHerstellung von Eau de Cologne.

Darüber hinaus war er Kommanditist des Düsseldor-fer Bankhauses Trinkaus. 1965 wurde er Mitglied derIHK-Vollversammlung, 1966 Vizepräsident und 1968Präsident der Kammer. Als IHK-Präsident vertrat Langen eine klare ordnungspolitische Linie und warein Verfechter der Sozialen Marktwirtschaft. Aus Unzufriedenheit mit der Darstellung von Unterneh-merzielen und Belangen der Wirtschaft in der Öffentlichkeit regte er 1968 gegenüber dem BDA-

Vorsitzenden Hanns Martin Schleyer an, dass dieWirtschaft eine eigene kostenlose Zeitung herausge-ben solle.

In seiner Amtsperiode wurde ein Abkommen mitder Chambre de Commerce et d’Industrie de Paris geschlossen, das zu einer gemeinsamen Prüfung derKammern Paris und Düsseldorf für Handelsfranzö-sisch sowie der Errichtung einer Niederlassung der„Ecole des affaires de Paris“ (Europäische Wirt-schaftshochschule) in Düsseldorf führte. 1974 be-endete Langen seine Präsidentschaft nach sechs Jahren. 1975 ernannte ihn die Vollversammlung zumEhrenmitglied und zeichnete ihn 1976 mit der Gol-denen Ehrenplakette aus.

Viktor Langen war ein Freund und Mäzen der bil-denden Kunst; seine besondere Neigung galt derPhilosophie. Die Japan-Sammlung Viktor Langens,heute in der Langen-Foundation in Hombroich zu be-sichtigen, gilt in Umfang und Qualität als einzigartigin Europa.

Blick auf das Gebäude der Landeszentralbank im Herzen Düsseldorfs.

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175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

ken auf Länderebene sowie die hier bereitsvorhandene Bankenlandschaft mit einerganzen Reihe kleinerer und mittlerer Privat-banken. Auch nach der Rekonstituierung derGroßbanken in der zweiten Hälfte der1950er Jahre blieben noch Jahrzehnte langdie Düsseldorfer Niederlassungen mit füh-renden Personen des Managements besetzt.Im Versicherungswesen wurde Düsseldorfzwar nur in wenigen Fällen Hauptsitz einerGesellschaft, jedoch für viele der nicht inNordrhein-Westfalen beheimateten Asseku-ranzen zentrale Niederlassung für diesesBundesland.

Wie andere Städte versuchte in der Nachkriegszeitauch Düsseldorf, sich als Messestadt zu entwickeln. Sieknüpfte dabei an die Ausstellungstradition derZwischenkriegszeit an.

Mit der 1947 gegründeten Messegesellschaft NO-WEA etablierte sich Düsseldorf schnell als bedeutendeMessestadt, die ihre Schwerpunkte auf Fachmessen fürdie Investitionsgüterindustrie und die Modebranchelegte.

IHK und Messe

Bereits im Oktober 1946 hatte sich das IHK-Präsi-dium für die Gründung einer Messe-Gesellschaftausgesprochen. Dies geschah mit dem Aufbau derNordwestdeutschen Ausstellungs-GesellschaftmbH (NOWEA), die ab 1947 Messen veranstaltete,so 1951 die erste Fachmesse für Druck und PapierDRUPA. An der Gründung der NOWEA waren dieIHK und die Handwerkskammer Düsseldorf zu-nächst mit je 15 Prozent beteiligt.1954 sprach sichdie IHK-Vollversammlung für den Bau weitererAusstellungshallen und einer Kongresshalle aus.

Ende der 1960er Jahre konkretisierten sich beider Stadt Düsseldorf Überlegungen, entweder dasbisherige Messegelände auszubauen oder ein neu-es Gelände zu suchen. Die IHK trat nach Diskussio-nen in der Vollversammlung und im Präsidium am13. August 1968 für eine große Lösung ein. Diesbedeutete den ebenerdigen Ausbau bis zu 120.000Quadratmetern Ausstellungsfläche mit Erweite-rungsmöglichkeit. Auf einen bestimmten Standortlegte sich die IHK in ihrem Votum nicht fest undregte gleichzeitig eine enge Kooperation mit derKölner Messe an.

Der Landkreis Düsseldorf-Mettmann war in denNachkriegsjahren ein ausgesprochener Industriekreis,jedoch ohne ein zusammenhängendes Industrierevierzu bilden. Strukturell knüpfte die Wirtschaft an die Vorkriegszeit an, zumal mit Ausnahme Ratingens keinenennenswerten Kriegsschäden im Kreis selbst entstan-den waren. Struktur bestimmend waren die Metaller-zeugung und -verarbeitung, die Textilindustrie, Kalk-steinindustrie, Papiererzeugung- und -verarbeitung,Chemie, Elektrotechnik und Keramik. In Ratingenherrschten Betriebe der Metallindustrie und Reste derfrüher bedeutsamen Textilindustrie vor. Ähnlich war die Struktur in Mettmann und Wülfrath. In Hilden wargleichzeitig die Textilindustrie noch stark. Velbert undHeiligenhaus waren durch die Schloss- und Beschlag-industrie geprägt, wobei in Neviges und Langenberg so-gar die Textilindustrie dominierte.

In Haan waren Textil- und Kleinmetallwarenindu-strie in etwa gleichgewichtig. Hinzu kamen die Papier-verarbeitung in Langenberg und Erkrath, die Elektro-industrie in Ratingen und Heiligenhaus, die chemischeIndustrie in Hilden und Haan sowie Keramik in Ratin-gen.

Auch im Kreis Mettmann setzte nach der Wäh-rungsreform ein erheblicher Aufschwung ein. Zwischen1946 und 1962 stieg die Anzahl der Industriebeschäf-tigten um 87 Prozent von knapp 50.000 auf knapp84.000 Personen.

1961 bis 1974: Strukturwandel gewinnt an FahrtIn den 1960er Jahren beschleunigte sich im IHK-BezirkDüsseldorf der wirtschaftliche Strukturwandel. Dabeinahmen die industrielle Wertschöpfung in Düsseldorfund im damaligen Landkreis Düsseldorf-Mettmann umfast das Eineinhalbfache zu, und in noch viel stärkeremMaße die Wertschöpfung in den Dienstleistungsberei-

43Der IHK-Bezirk Düsseldorf: Eine Region im Wandel

Die Fachmesse Druck undPapier (DRUPA) in den1950er Jahren.

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Schlange stehen in der IHK:Interessenten warten aufErteilung einer Fahrerlaub-nis an den autofreienSonntagen während der ersten Ölkrise in den1970er Jahren.

44Der IHK-Bezirk Düsseldorf: Eine Region im Wandel

175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

chen, nämlich um das Zweieinhalbfache. Folglich kames zu einer weiteren Strukturverschiebung: Vor demHintergrund eines kräftigen gesamtwirtschaftlichenWachstums von jahresdurchschnittlich nominal 8,5Prozent ging der Wertschöpfungsanteil des produzie-renden Gewerbes seit Anfang der 1960er Jahre insge-samt um knapp neun Prozentpunkte auf gut 41 Pro-zent im Jahre 1974 zurück. Innerhalb des Dienstlei-stungssektors, der insgesamt entsprechende Anteilehinzugewann, kam es zu Verschiebungen zwischen denklassischen Dienstleistern im Bereich Handel und Ver-kehr, deren Anteil von 24 Prozent auf 19 Prozentschrumpfte, und den übrigen, häufig auch unterneh-

mensorientierten Dienst-leistungen, deren Wert-schöpfungsanteil um fast15 Punkte auf 39 Prozentim Jahre 1974 anstieg.

Auch im Landkreis Düs-seldorf-Mettmann entwik-kelten sich in diesen Jahrendie Dienstleistungen stär-ker als die Industrie, aller-dings immer noch von ei-nem vergleichbar niedri-gen Niveau aus. 1974 er-reichte ihr Wertschöp-fungsanteil trotz hoher Zu-wachsraten erst knapp 39Prozent. Bei stärkeren kon-junkturellen Schwankun-

gen ging die Industriebeschäftigung in diesem Zei-traum um gut 10.000 Personen beziehungsweise zwölfProzent zurück. Die Anzahl der Industriebetriebe bliebmit 600 nahezu konstant.

1974 bis 1990: Beschleunigter Strukturwandelnach dem ÖlpreisschockDie erste Ölpreiskrise, die kurzfristig zu einer schwerenRezession und langfristig zu höheren Energiepreisenführte, beschleunigte den Strukturwandel massiv.

Betroffen davon war direkt die Industrie in Düssel-dorf und im Kreis Mettmann, sofern sie zur Metaller-zeugung zählte, sowie indirekt, sofern sie immer nochstark auf Zulieferungen an die Montanindustrie desRuhrgebietes ausgerichtet war.

Die Wachstumsraten gingen nachhaltig zurück, undzwar von jahresdurchschnittlich 8,5 Prozent im Zeit-raum von 1961 bis 1974 auf jetzt nur noch fünf Pro-zent. Das verarbeitende Gewerbe steigerte seine Brut-towertschöpfung nominal noch um 3,5 Prozent jähr-

lich, während die privaten und öffentlichen Dienstlei-stungen um jährlich sechs Prozent zulegen konnten.Trotz eigenen Wachstums, dessen Zunahmen über derInflationsrate lagen, fiel deshalb der Wertschöpfungs-anteil des produzierenden Gewerbes bis zum Jahr derDeutschen Einheit 1990 um knapp zehn Prozentpunk-te auf weniger als ein Drittel. Entsprechend erwirt-schafteten im Vereinigungsjahr die Dienstleister zwi-schen Rhein und Niederberg zwei Drittel der gesamtenWirtschaftsleistung in Düsseldorf und dem Kreis Mett-mann. In Düsseldorf trug die Industrie im Jahre 1990nur noch gut ein Viertel zur Wirtschaftsleistung bei, imKreis Mettmann immerhin noch fast zur Hälfte. Hierwaren es 15 Jahre zuvor allerdings noch mehr als 60Prozent gewesen.

Bis Mitte der 1980er Jahre sorgten Rezession undStrukturwandel auch im Kreis Mettmann für einenscharfen Arbeitsplatzabbau im Industriesektor von zu-nächst gut 70.000 Beschäftigten auf unter 59.500 imJahre 1983. Daran schloss sich jedoch ein länger an-haltender Aufschwung an, der sogar wieder zu einemAufbau von mehr als 10.000 industriellen Arbeitsplät-zen führte. Der Industrieumsatz stieg mit Ausnahmevon 1987 von Jahr zu Jahr. Die Zahl der Industriebe-triebe ist über den gesamten Zeitraum betrachtet in et-wa konstant geblieben.

1990 bis heute: Zeiten der GlobalisierungDie 1990er Jahre und der Anfang des neuen Jahrtau-sends sind auch im Raum Düsseldorf geprägt durch ei-ne verstärkte Standortkonkurrenz aus dem Ausland.Zwar hatten auf der einen Seite der EuropäischeBinnenmarkt und dann, infolge des Zusammenbruchsdes Ostblocks, die Öffnung des ostdeutschen und derosteuropäischen Märkte neues Absatzpotenzial er-schlossen.

Schnell stellte sich aber heraus, dass die Markt-öffnung keine Einbahnstraße war, sondern dass auchder hiesige Wirtschaftsstandort mit ausländischen Pro-duktionsstandorten konkurrierte.

Diese konnten mit zunehmender Qualität ver-gleichbare Vor- und selbst Endprodukte anbieten, aller-dings deutlich kostengünstiger. Zur osteuropäischenKonkurrenz kamen die fernöstlichen so genannten Tigerstaaten und zuletzt mit Sieben-Meilen-Stiefelnauch der Gigant China hinzu. Diese Globalisierung derProduktion und – durch die technische Revolution inder elektronischen Nachrichtentechnik – zunehmendauch der Dienstleistungen, beschleunigte den wirt-schaftlichen Strukturwandel zwischen Rhein undNiederberg nochmals.

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Der Flughafen DüsseldorfInternational gehört heutezu den Unternehmen imKammerbezirk, die wichti-ge Dienstleistungen für dieansässige Wirtschaft er-bringen.

Eine der Top-Einkaufsstra-ßen in Deutschland: DieKönigsallee.

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175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

Dass der Raum Düsseldorf den Herausforderungender Globalisierung insgesamt gut begegnen konnte, istder Flexibilität der hiesigen Unternehmen, dem starkaufkommenden Dienstleistungssektor sowie dem be-reits zuvor breiten Branchenmix zu verdanken. Rück-gänge einzelner Branchen konnten so oft relativ ge-räuschlos durch die Expansion anderer Wirtschafts-zweige kompensiert oder gar übertroffen werden.

Standort führend bei unternehmensorientierten DienstleisternHeute ist der Raum Düsseldorf mit der Landeshaupt-stadt an der Spitze einer der führenden deutschenStandorte der unternehmensorientierten Dienstleister,nicht nur in der Informations- und Kommunikations-branche. Von der Werbewirtschaft, der Unternehmens-beratungs- und Consultingbranche, den Finanzdienst-leistern, der Immobilienbranche, dem Modestandortsowie der Messe Düsseldorf und dem Flughafen Düs-seldorf International werden nicht nur wichtige Dienst-leistungen für die ansässige Wirtschaft erbracht, son-dern meist auch für Firmen und Privatkunden in Nord-rhein-Westfalen oder ganz Deutschland. Dieses eng-maschige Netz bringt erhebliche Fühlungsvorteile derBranchen untereinander, aber auch beispielsweise fürVerwaltungen großer in- und ausländischer Unterneh-men mit sich. Auch deshalb ist der Standort Düsseldorfmit seinen unmittelbaren Nachbarstädten für weitereAnsiedlungen unvermindert attraktiv.

In Ziffern ausgedrückt ist der Raum Düsseldorf - führende Werbemetropole in Deutschland mit rund

1.000 Agenturen, darunter mit dem Sitz von vier der Top 10-Agenturen in Deutschland und bedeu-tenden ausländischen Agenturen;

- führendes Modezentrum mit weltbekannten Mes-sen und bedeutenden Modefirmen sowie ein Top-Einkaufsstandort vom Prachtboulevard Königsalleeüber die innerstädtischen Kaufhäuser und Ein-kaufscenter bis zur jungen Mode in der Düsseldor-fer Altstadt;

- zweitbedeutendster Beraterstandort in Deutsch-land mit über 500 Unternehmen der Unterneh-mens-, IT-Beratung, Wirtschaftsprüfung sowieRechts- und Steuerberatung;

- zweiter deutscher Bankenplatz mit rund 170 Ban-ken, darunter fünf Hauptsitzen sowie vielen Nieder-lassungen und Deutschlandzentralen ausländischerKreditinstitute, einer Hauptverwaltung der Deut-schen Bundesbank sowie der Börse Düsseldorf;

- darüber hinaus Standort von 130 Niederlassungenvon Versicherungen aus dem In- und Ausland mitvier Hauptsitzen großer Versicherungskonzerne;

- Standort des drittgrößten deutschen Flughafensmit gut 15 Millionen jährlichen Fluggästen und

- vierter deutscher Messe- und Kongressstandort mitrund 40 internationalen Fachmessen, darunter über20 Leitmessen.

Der IHK-Bezirk Düsseldorf: Eine Region im Wandel

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46Standortpolitik: Die Region stärken

175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

bewertet kritisch die kommunale Haushaltswirtschaftund privatwirtschaftliche Aktivitäten der Kommunen.

Der Standortpolitik als Kammeraufgabe fällt gera-de in einem so hoch verdichteten Raum wie Düsseldorfund dem Kreis Mettmann eine ganz besondere Rolle zu.Zum einen gibt es konkurrierende Flächenansprüche,etwa zwischen Wohnen und Gewerbe, Siedlungsflä-

chen und Freiraum, wirtschaftlicherGrundstücksverwertung sowie Na-tur- und Landschaftsschutz. Regio-nal-, Flächennutzungs- und Bauleit-pläne sind hier die Ansatzpunkte desAusgleichs zwischen diesen konkur-rierenden Ansprüchen. Zum anderenhat ein Oberzentrum wie Düsseldorfbesondere Ansprüche an eine exzel-lente Infrastruktur zu erfüllen. Nur sobleibt der Standort für nationale undinternationale Investoren attraktiv.

Kaum ein anderer Standortfaktorfällt dabei so sehr ins Gewicht wie der Düsseldorfer Flughafen. Er ist einJob-Motor erster Güte und der ent-scheidende Pluspunkt bei Ansiedlun-gen ausländischer Unternehmen inDüsseldorf, im Kreis Mettmann undden angrenzenden linksrheinischenKommunen. Stets hat der Flughafenin der standortpolitischen Arbeit derIHK eine herausragende Rolle ge-spielt.

Aber auch die Anbindung an dasFernstraßennetz – die Autobahn A 44ist hier über längere Zeitstrecken mitAbstand das wichtigste Projekt imIHK-Bezirk – bestimmt maßgeblichüber die Standortqualität. Hinzukommt, dass die ausgeprägten Pend-ler- und Kundenströme eine hervor-ragende Nahverkehrsbedienung inder Stadt Düsseldorf und ihre lei-stungsfähige Verknüpfung mitStandorten in der Region erfordern.

Für gute Standortbedingungenzu sorgen ist aber nur eine Seite derMedaille. Sie zu kommunizieren ist

Standortpolitik heißt für die IHK, die Attraktivität desKammerbezirks für die Unternehmen zu verbessern.Dazu erarbeitet sie – gemeinsam mit den übrigen Ak-teuren – Konzepte zu Stadt- und Regionalentwicklung,unterstützt Unternehmen bei der Sicherung ihrerStandorte und setzt sich gegenüber Politik und Ver-waltung für eine leistungsfähige Infrastruktur ein. Sie

Standortpolitik:

Die Region stärken

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47Standortpolitik: Die Region stärken

175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

der Kammer geprägt, das vor allem auf die Bundespo-litik und auf die internationalen Wirtschafts- und Wäh-rungsbeziehungen zielte.

Hintergrund ist zum einen, dass es in der Phase desWiederaufbaus primär noch um die rechtliche Ausge-staltung des Ordnungsrahmens der Sozialen Markt-wirtschaft ging und um die Integration der deutschenVolkswirtschaft in die weltwirtschaftliche Arbeitstei-lung.

Zum anderen standen regionale Struktur- und Ar-beitsmarktprobleme wegen des praktisch „selbst lau-fenden“ Aufwärtstrends eher im Hintergrund der Di-skussion. Allenfalls das Thema der knapper werdendenArbeitskräfte bedrückte die Wirtschaft, aber auch dieLösung dieses Problems war ebenfalls primär eine dergesamtwirtschaftlichen Rahmensetzung, nämlich fürdie Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte.

Ein entscheidender Grund für dieses besondere Gewicht der wirtschafts- und finanzpolitischen Aus-richtung war, dass Professor Ernst Schneider als Präsi-dent der IHK über exzellente Kontakte zur Bundesre-

gierung, zu den Ministerien und Abgeordneten ver-fügte. In seiner Zeit als DIHT-Präsident von 1963 bis1968 haben sich diese noch weiter vertiefen lassen.Prominente Bundespolitiker waren daher in der IHKstets willkommene Gäste in der Vollversammlung undden Fachausschüssen. So sprach zum Beispiel am

deren andere Seite. Neue Formen der Zusammenarbeitzwischen der IHK, den Kommunen und den Kaufleutenvor Ort zeichneten sich vor allem in den 1990er Jahrenab. Im Kreis Mettmann wie auch in Düsseldorf wurdemit dem Stadtmarketing, später auch mit dem Stadt-teilmarketing, ein völlig neuer Ansatz der Kommunika-tion von Standortstärken erprobt. Die IHK übernahmhier vielfach die Rolle des Initiators.

Die Attraktivität der Innenstädte und der Stadtteil-zentren ist nicht etwa nur das Produkt eines erfolgrei-chen Marketings, sondern hängt auch entscheidendvon Visionen der Stadtentwicklung und der Stadtpla-nung ab. Dieses Thema hat auch im IHK-Bezirk seit Be-ginn der 1990er Jahre an Bedeutung gewonnen. DerRückzug der Industrie schuf einerseits neue Flächen-spielräume außerhalb der Innenstädte, andererseits fieldie Expansion der Handelsflächen genau in eine Phaseausgeprägter Konsumschwäche. Sie löste gravierendeVerdrängungseffekte, insbesondere im mittelständi-schen Einzelhandel, aus.

Fragen des Strukturwandels spielen immer dann inder standortpolitischen Diskussion eine Rolle, wennsich ein Sektor massiv zurückbildet, ohne dass es zu einem Ausgleich an anderer Stelle kommt. Wie andereRegionen auch haben die Stadt Düsseldorf und derKreis Mettmann über Jahrzehnte den massiven Rück-zug der Industrie zu spüren bekommen. Im Kreis Mett-mann traten völlig neue Strukturen in der Beziehungzwischen den dort ansässigen Automobilzulieferernund ihren Abnehmern hinzu. Analyse und Therapievor-schläge zum Strukturwandel sind somit spätestens seitBeginn der 1980er Jahre, als es zur massiven Deindu-strialisierung kam, ein neuer Schwerpunkt des Dialogesder IHK mit Politik und Verwaltung geworden.

Die Solidität der kommunalen Haushalte trägt zumguten Ruf eines Standortes ebenso entscheidend beiwie die Infrastrukturausstattung und kluge Konzeptezur Stadtentwicklung. Viele Kommunen – so auch dieStadt Düsseldorf und die Städte im Kreis Mettmann –haben in den letzten Jahrzehnten manche Wechselbä-der zwischen überzogenen Ausgabeansprüchen undKonsolidierungsnotwendigkeiten in ihren Haushaltenhinter sich. Diesen Prozess hat die IHK stets kritisch be-gleitet, vor allem, um die Gewerbesteuerbelastung fürihre Mitgliedsunternehmen erträglich zu halten.

Wirtschafts- und FinanzpolitikVerfolgt man das standortpolitische Engagement derIHK in der Nachkriegszeit, so fällt eines unmittelbar auf:Die 1950er und 1960er Jahre waren durch ein außer-ordentlich starkes wirtschaftspolitisches Engagement

BundesfinanzministerFranz Etzel (links) im ange-regten Gespräch mit IHK-Präsident Dr. Ernst Schnei-der 1960 …

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48Standortpolitik: Die Region stärken

175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

10. März 1960 der Bundesfinanz-minister Franz Etzel, am 28. No-vember desselben Jahres Bundes-wirtschaftsminister Ludwig Erhardzu den Vollversammlungsmitglie-dern.

Standen zuvor steuerpolitischeThemen im Vordergrund, so kon-zentrierten sich Ende der 1950erJahre die Stellungnahmen der IHK immer stärker auch auf außen-wirtschaftliche und damit wäh-rungspolitische Fragen. Es ging um

die Frage der D-Mark-Aufwertung, die Lösung derdeutschen Zahlungsbilanzüberschüsse, um das neueAußenwirtschaftsgesetz, um die entstehende Europä-ische Wirtschaftsgemeinschaft und schließlich immerwieder auch um entwicklungspolitische Fragen.

In den wirtschaftspolitischen Positionen der IHKwährend der fortschreitenden 1960er Jahre wurde derRuf nach einer in sich geschlossenen wirtschaftspoliti-schen Gesamtkonzeption der Regierung immer lauter.Ausführliche Stellungnahmen der IHK zum neuen Sta-bilitäts- und Wachstumsgesetz im Jahre 1966 kenn-zeichnen das anhaltende Engagement in dieser Zeit.

Bescheiden mutet ein eigenes Resümee aus demJahre 1964 an, in dem es zum wirtschaftspolitischenEngagement der Kammer heißt: „Die Kammer ist sichdurchaus der Grenzen bewusst, die ihr rechtlich undsachlich im wirtschaftspolitischen Bereich gezogensind. Umso mehr bemüht sie sich, auf den Erfahrungenund der Sachkunde aufbauend, die ihr im räumlichenBezirk zur Verfügung gestellt werden, zur Klärung derSachverhalte und zur leidenschaftslosen Abschätzungzu erwartender Entwicklungen beizutragen, um da-durch den Politikern die verantwortungsvolle Entschei-dung zu erleichtern.“

Ende der 1960er Jahre und danach immer stärkerzeichnete sich in den standortpolitischen Fragen einespürbare Gewichtsverlagerung in der IHK-Arbeit ab. Die regionalen Entwicklungsfragen rückten in denVordergrund, denn der erste Ölpreisschub 1972 zogauch strukturelle Anpassungsprozesse in der Regionnach sich. Der Arbeitsmarkt wurde seit dieser Zeit vonRezession zu Rezession mehr und mehr zum Sorgen-kind. Dies spiegelt sich auch in der IHK-Zeitschrift „Unsere Wirtschaft“ wider. Im Jahresbericht 1971 heißtes: „Die Redaktion der Kammerzeitschrift war im Be-richtsjahr bestrebt, die inhaltliche Ausrichtung der Auf-sätze und Berichte mehr als bisher regionalen Themenzu widmen.“

Regionale ZusammenarbeitRegionale Zusammenarbeit ist in den letzten drei Jahr-zehnten zu einem lebhaft diskutierten Thema im RaumDüsseldorf geworden. Bereits die seit 1970 diskutierteund 1975 in Kraft getretene kommunale Neugliede-rung warf die Frage des geeigneten Zuschnitts derStädte und Kreise immer wieder auf. Am zähen undletztlich erfolgreichen Kampf der Stadt Monheim umihre kommunale Selbständigkeit wurde deutlich, wieschmerzhaft neue regionale Zuordnungen sein können.

Ausgangspunkt aller regionalpolitischen Diskussio-nen sind die Verflechtungen zwischen den Gebietskör-perschaften innerhalb eines Wirtschaftsraumes. Be-sonders ausgeprägte Interdependenzen ergaben sichschon ab den 1970er Jahren, als junge Familien ausDüsseldorf ins „Umland“ zogen, um dort preisgünstigenund familiengerechten Wohnraum zu finden. Sie kehr-ten der Stadt Düsseldorf zwar als Einwohner den Rük-ken, blieben ihr aber als Einpendler und Arbeitnehmererhalten.

Mit dem Nachzug von Industrie, Handel und Dienst-leistungen in die Peripherie bekam die Arbeitsteilung inder Region Düsseldorf ein neues Muster: Flächen-knappheit in Düsseldorf, aber ein ausreichendes undpreisgünstiges Flächenangebot in den NachbarkreisenNeuss und Mettmann mit guter Anbindung an dieAutobahnen und niedrigeren Gewerbesteuersätzen lie-ferten die Motivation für zahlreiche Firmenwanderun-gen vom Ballungskern Düsseldorf in die Randgemein-den.

Erstmals machte die IHK 1968 die „Interkommuna-le Zusammenarbeit“ zum Thema einer Vollversamm-lung in Hilden. Im Mittelpunkt stand dabei die Frage ei-ner engeren Kooperation Düsseldorfs mit den Nach-bargemeinden, um gemeinsam den Flächenbedarf derUnternehmen, aber auch die Pendlerproblematik zu lö-sen. Schon in dieser Debatte fallen die Schlagworte „Zweckverband“ oder „Arbeitsgemeinschaft“ als mög-liche Klammern einer engeren regionalen Kooperation.

Themen gemeinsamen regionalen Interesses wur-den in den 1960er Jahren auch schon in der so ge-nannten Niederrhein-Kommission erörtert. Hier ging es allerdings nur um Fragen der Binnenschifffahrt am Niederrhein, die gemeinsam mit den Häfen undKommunen diskutiert wurden. Es blieb dort stets beidiesem sehr engen Teilausschnitt regionaler Zu-sammenarbeit.

Regionalpolitische Mitwirkung stand der IHK biszum Jahre 1975 mit Sitz und Stimme in den so ge-nannten Landesplanungsgemeinschaften zu. Im nach-folgenden Bezirksplanungsrat trat ab 1976 an diese

… und sein Nachfolger,Bundesfinanzminister Dr.Heinz Starke (rechts), aufdem Weg in die IHK 1962.

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49Standortpolitik: Die Region stärken

175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

Stelle lediglich ein beratendes Mandat, das zunächstvon der IHK Wuppertal, in den Jahren 1989 bis 1999und ab 2004 wieder von der IHK Düsseldorf wahrge-nommen wurde. Abgesehen von dieser beratendenFunktion im Bezirksplanungsrat blieben der IHK weite-re Formen der Mitwirkung in der Regionalpolitik biszum Jahre 1989 versagt. In diesem Jahr entstandenerstmals flächendeckend in NRW unter der von der Landesregierung ausgerufenen „ZukunftsinitiativeNordrhein-Westfalen (ZIN)“ so genannte Regionalkon-ferenzen.

Eine Besonderheit für die ZIN-Region Düsseldorfwar ihr Zuschnitt. Die neue Region Düsseldorf/Mittle-rer Niederrhein umfasste die IHK-Bezirke Düsseldorfund Mittlerer Niederrhein mit den kreisfreien StädtenDüsseldorf, Krefeld und Mönchengladbach sowie denKreisen Mettmann, Neuss und Viersen. Die Zusammen-arbeit ließ sich zunächst gut an, da erhebliche Mittelaus dem Bundeshaushalt zur Strukturhilfe lockten.

Innerhalb kurzer Zeit gelang es den Kammern undKommunen, umfangreiche Listen förderwürdiger Pro-jekte – darunter die A 44-Rheinquerung – zusammen-zutragen. Das Geld als regionales Bindemittel hatte nurkurzfristig Wirkung. Die Strukturhilfemittel flossennach der Wiedervereinigung bekanntlich in die neuenBundesländer.

Dennoch ist die Bilanz dieser regionalen Zu-sammenarbeit nach 1989 nicht negativ. Die IHK arbei-tete in zahlreichen Arbeitskreisen und in dem zentra-len Gremium, dem Regionalen Lenkungsausschuss,kontinuierlich mit. Die Zusammenarbeit ließ neue For-men des Dialogs zwischen den Gebietskörperschaften

und der Wirtschaft entstehen. Die Transparenz überZiele und Mittel der regionalen und städtischen Ent-wicklung verbesserte sich stark. Handfeste Ergebnissedieser Zusammenarbeit waren umfassende planerischeVorarbeiten, die in die Neuaufstellung des Gebietsent-wicklungsplanes in den Jahren 1994 bis 1998 einflos-sen. Auch die Europäische Gartenschau 2000+ sowiedie Regiobahn Kaarst-Mettmann sind greifbare Ergeb-nisse der regionalen Kooperation dieser Jahre.

Neue Kooperationsmuster entlang des Rheins ver-sprachen in der Zeit seit 1999 wiederholte Annähe-rungsversuche der Rhein-Metropolen Köln und Düssel-dorf. Die dabei immer wieder diskutierte engere Zu-sammenarbeit der Flughäfen und der Messegesell-schaften war, im Nachhinein betrachtet, eher hem-mend als fördernd für die Entwicklung einer engerenRheinland-Kooperation.

Diese neuere Kontroverse hat manche Vorläu-fer. So wurde die Frage einer engeren Messe-kooperation bereits 1968 intensiv zwi-schen den Städten und den KammernKöln und Düsseldorf diskutiert, alses um die Verlagerung der Düs-seldorfer Messe in das neueGelände in Stockum ging.Zumindest blieb am En-de dieser Diskussiondas Resultat, dassbeide Kammerndie führendenHotelbetriebebeider Städ-

Um die ökologische Ver-träglichkeit der A 44 –Rheinquerung tobte einjahrelanger Streit. Karika-tur aus dem IHK-Jahres-bericht 1989.

Die Regiobahn zwischenKaarst und Mettmannsteht für eine erfolgreicheregionale Kooperation inden 1990er Jahren.

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te dafür gewinnen konnten, sich wechselseitig bei derUnterbringung von Messegästen zu unterstützen.

Die IHK Düsseldorf hat – um den Gedanken derRheinland-Kooperation auch in der Gegenwart leben-dig zu halten – zusammen mit ihren rheinischenSchwesterkammern immer wieder gemeinsame Projek-te für die Wirtschaft initiiert. Inzwischen gibt es er-folgreiche Branchenplattformen für die Biotechnolo-gie-Unternehmen, die Automobilindustrie und die Umwelttechnik.

Offen ist, welchen Rahmen die künftige Verwal-tungsstrukturreform den Kommunen und Kreisen undletztlich auch den IHKs für die regionale Kooperationim Rheinland bieten wird.

In einer gemeinsamen Entschließung haben dierheinischen IHKs im Jahre 2004 für das Rheinland diegleichen politischen Gestaltungsspielräume gefordert,wie sie dem Ruhrgebiet mit dem neuen Gesetz zum Re-gionalverband Ruhr (RVR) zugestanden wurden.Gleichzeitig vereinbarten die IHKs Aachen, Bonn, Mitt-lerer Niederrhein, Köln und Düsseldorf die Gründungeiner „Arbeitsgemeinschaft der Industrie- und Han-delskammern im Rheinland“.

Eine völlig neue Struktur für die regionale Zu-sammenarbeit hat die Landesregierung mit den neuenRegionalagenturen noch im Jahre 2004 geschaffen. Siesollten die regionale Arbeitsmarkt- und Wirtschafts-förderungspolitik – im Wesentlichen die Verteilung von

Fördermitteln – in die Hand nehmen. Ihre regionale Zuständigkeit folgt genau der Abgrenzung der 16 IHK-Bezirke, sie umfasst also hier die Stadt Düsseldorf undden Kreis Mettmann.

Die IHK hat sich im Jahre 2004 entschlossen, dafürgemeinsam die Trägerschaft mit der LandeshauptstadtDüsseldorf, der Handwerkskammer Düsseldorf und demKreis Mettmann zu übernehmen. Seit Frühjahr 2005führt die IHK den Vorsitz in der Regionalagentur. Be-dauerlich ist, dass die seit 1989 bestehende Rhein über-schreitende Zusammenarbeit in der ZIN-Region einst-weilen als beendet gilt.

Stadtentwicklung, Raumordnung, FlächennutzungSchon 1955 spielte die Auseinandersetzung mit Fragender Raumordnung und Stadtplanung in der IHK-Arbeiteine wichtige Rolle. Damals ging es um die Erarbeitungder so genannten „Leitpläne“ – eine Art Vorläufer derFlächennutzungspläne – durch die Städte im IHK-Be-zirk. Überraschend ist das bereits damals formulierteResümee zum Düsseldorfer Leitplan: „Die intensive Be-tätigung der Kammer auf dem Gebiete der Raumpla-nung aufgrund des Leitplans hat die Erkenntnis derNotwendigkeit gefordert, eine überörtliche Abstim-mung sowie eine Lösung durch Zweckverbände, die diewirtschaftsbehindernden kommunalen Grenzen über-springen, herbeizuführen.“ Hintergrund war bereitshier die Sorge um sich abzeichnende Flächenengpässe.

Der Wunsch nach ausreichenden Ge-werbeflächen wurde 1965 in den Stel-lungnahmen zum Entwurf des Gebiets-entwicklungsplans für den LandkreisDüsseldorf – Mettmann wiederholt.

Zu Beginn der 1960er Jahre zeichne-te sich ein neues Thema in der Stadtent-wicklung ab, nämlich die Integration vonNahversorgungsunternehmen des Han-dels- und Dienstleistungssektors in dengroßen Neubaugebieten, insbesondere inDüsseldorf-Garath. Die IHK sah ihre Auf-gabe darin, Firmen für die Ansiedlung zugewinnen und ihnen eine Standort- undInvestitionsberatung anzubieten.

Nach dem massiven Strukturwandelzu Beginn der 1980er Jahre gewannenFragen der Stadtentwicklung, der Raum-ordnung und der Flächennutzung neuesGewicht. Der Grund lag auf der Hand: Mit dem Rückzug der Industrie in derStadt Düsseldorf wuchs das Reservoir anBrachflächen kontinuierlich. Für diese

Deindustrialisierung: Ehe-malige Industriegebiete,wie hier das Gelände derFirma Jagenberg, wurdenin den 1980er Jahren zuBrachflächen.

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Flächen standen neue Nutzungen in der Dis-kussion.

Im Kreis Mettmann hingegen gab es inden Städten stark unterschiedliche Aus-gangslagen: Einerseits die traditionellen In-dustriestandorte wie Velbert und Heiligen-haus mit ihren Gemengelagen, dem dichtenNebeneinander von Wohnen und Gewerbe,andererseits die aufstrebenden Städte in derRheinschiene wie Monheim, Ratingen undLangenfeld, die mit erheblichen Flächenre-serven Gewerbe ansiedeln konnten.

Anfang der 1980er Jahre, als der neueGebietsentwicklungsplan für den Regie-rungsbezirk Düsseldorf sowie der Flächen-nutzungsplan für die Stadt Düsseldorf erar-beitet wurden und intensive Gespräche zwi-schen Unternehmen und IHK stattfanden,war es an der Zeit, in diesen Verfahren die gewerblichenInteressen zu sichern. Damals schon wurde sehr deut-lich, dass Kernkonflikte in der Planung immer wiederaus der engen Nachbarschaft von Wohnen und Ge-werbe resultieren. In diesem Konflikt die gewerblichenInteressen zu vertreten, sie in den politischen Abwä-gungsprozess einzuspeisen – darin lag der IHK-Auftragdamals wie heute.

Beispiele für diesen Konflikt aus der jüngsten Ver-gangenheit bieten die politischen Kontroversen zurEntwicklung des Reisholzer Hafen- und Gewerbegebie-tes und des Düsseldorfer Haupthafens. Im Falle desReisholzer Hafens führte am Ende ein Architekten-Wettbewerb zu dem auch von der IHK angestrebten Ergebnis, dem Gewerbe neue Wohngebäude als Nach-barn zu ersparen. Für den Haupthafen wird diese Dis-kussion immer noch geführt.

Gerade nach den einschneidenden Verlusten an in-dustrieller Basis war es der IHK seit den frühen 1980erJahren besonders wichtig, auch dem produzierendenGewerbe in den Städten des IHK-Bezirks eine Chancezu geben. Dies zieht sich wie ein roter Faden bis hin zuden Stellungnahmen zum letzten Gebietsentwick-lungsplan, der 1998 im Bezirksplanungsrat verabschie-det wurde. Dabei ist auch der Natur- und Landschafts-schutz in enge Konkurrenz zu den gewerblichen Stand-ortansprüchen getreten.

Eine Konsequenz aus dem wachsenden Brachflä-chenangebot – nicht nur im IHK-Bezirk, sondern prak-tisch in allen Städten an Rhein und Ruhr – war derWunsch, die frei gewordenen Flächen mit großflächi-gem Einzelhandel zu besiedeln. Manche Städte, auchim Kreis Mettmann, gingen recht großzügig mit diesem

Wunsch um, nicht nur auf industriellen Brachflächen,sondern auch auf der „grünen Wiese“.

Kein Wunder, dass sich in den 1970er Jahren schonein deutlicher Aufholprozess des Kreises Mettmann beiden Geschäftsflächen, der Zahl der Betriebsstätten undder Beschäftigten im Einzelhandel abzeichnete – übri-gens ein Phänomen, das sich als Aufholprozess derMittel- gegenüber den Oberzentren auch andernortszeigte. Die Stadt Düsseldorf verfuhr bis zur Gegenwartmit wenigen, aber durchaus spektakulären Ausnahmenrestriktiv mit der Ansiedlung von Einzelhandel an derPeripherie, weil sie früh die Risiken für die City und diegewachsenen Stadtteilzentren sah.

In allen Bauleitplanverfahren zum großflächigenEinzelhandel seit den 1980er Jahren hat die IHK als Trä-ger öffentlicher Belange ihre Stellungnahmen aus demBlickwinkel eines räumlichen Leitbildes formuliert, dasder Zentrenhierarchie und der Zuordnung von Einzel-handelsstandorten zu Siedlungsschwerpunkten ver-pflichtet ist. Die Planungen großer Projekte in Düssel-dorf, auf dem so genannten Oronto-Gelände zwischenFlingern und Oberbilk, auf dem Schiess-Gelände inHeerdt, an der Paulsmühle, am Bilker Bahnhof, aberauch im Kreis Mettmann sind von der IHK so auf denPrüfstand gestellt worden. In vielen Fällen hat sich diePolitik auch dem IHK-Votum angeschlossen und diePlanungen zumindest modifiziert. Vielfach stand dieBezirksregierung Düsseldorf in diesen Verfahren an derSeite der IHK.

Von besonderem Gewicht für die Zukunft des Ein-zelhandels war – wegen der außergewöhnlichen Grö-ßenordnung und der Wahl des Standortes – das Cen-trO-Projekt in Oberhausen. Im Bezirksplanungsrat löste

Bereits 1968 wurde dasThema „Wohnen im Hafen“zum Zankapfel.

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dieses Projekt ab 1993 lebhafte Kontroversen aus, diebis heute nachwirken.

Gemeinsam mit den anderen Kammern im Regie-rungsbezirk, einigen Städten und anderen Institutionenhat die IHK Düsseldorf am Ende erreicht, dass die Ein-zelhandelsverkaufsfläche im CentrO auf 70.000 Qua-dratmeter festgeschrieben wurde. Die Hoffnung, dassdamit eine weitere Expansion der Flächen definitiv ver-hindert werden konnte, musste nach einem Urteil desOberverwaltungsgerichts Münster Mitte 2005 aller-dings vorerst begraben werden.

Seit Beginn der 1990er Jahre hat die Einzelhan-delsentwicklung eine ganz besondere Brisanz, weil dieWünsche nach Flächenexpansion auf eine stagnieren-de Nachfrage der Konsumenten treffen. Einzelhandels-projekte lösen gerade dann in eng besiedelten Räumenerhebliche Kaufkraftumleitungen aus, die die Nachbar-gemeinden spürbar berühren.

Aus dieser Erkenntnis, dass ein ungehemmter An-siedlungswettlauf der Städte am Ende nur Verliererhinterlässt, ist im Jahre 2000 auf Initiative der IHK unddes Kreises Mettmann das Interkommunale Einzelhan-delskonzept (INTEK) für die Städte im Kreis Mettmannentstanden. Es sollte die Kommunen in ihrer Bauleit-planung – soweit sie den Einzelhandel betrifft – bin-den, um eine „Kannibalisierung“ des Handels zu ver-meiden.

Das INTEK hatte Modellcharakter; es war das ersteinterkommunale Konzept dieser Art. Auf „höherer Ebe-ne“ ist schließlich 2004 das „Regionale Einzelhandels-konzept Westliches Ruhrgebiet/Düsseldorf“ in der Mo-deration der Bezirksregierung unter Mitwirkung derIHK und der Städte entstanden. Es definiert Standortefür den Handel und sieht ein interkommunales Mode-rationsverfahren vor, wenn konkrete Einzelhandelspro-jekte eine festgelegte Größenordnung überschreiten.

Zu Wasser …..Der Düsseldorfer Hafen verknüpft die Region über dasBinnenschiff vor allem mit den Nordseehäfen Rotter-dam und Antwerpen und dem gesamten europäischenWasserstraßennetz. Als Logistik-Drehscheibe spiegeltder Hafen im Volumen und in der Struktur seines Wa-renumschlages sehr deutlich den Wandel der regiona-len Wirtschaft wider. Aber der Hafen ist nicht nur Lo-gistik-Drehscheibe, sondern auch Standort produzie-render Unternehmen, insbesondere der Mühlenindu-strie und auch des Kraftwerkes der Stadtwerke.

Heute ist der Hafen primär Empfangshafen. Er be-dient nicht nur die Landeshauptstadt und den KreisMettmann. Das Hinterland des Hafens reicht traditio-nell weit in den bergischen Raum hinein. Er ist Schnitt-stelle der Binnenschifffahrt mit den VerkehrsträgernStraße und Schiene und spielt vor allem für den in denletzten anderthalb Jahrzehnten rasant gewachsenenContainerverkehr eine wichtige Rolle.

Nachdem sich die IHK seit den frühen 1980er Jah-ren für ein Container-Terminal in Düsseldorf-Eller ein-gesetzt hatte, dieses aber am Ende nicht nur auf Ab-lehnung im Rat der Stadt stieß, sondern 1994 auchnicht einmal mehr das Plazet der Deutschen Bahn AGfand, erhielt der Hafen als letzter verbliebener Contai-ner-Umschlagplatz im Stadtgebiet eine Schlüsselrolle.

Kaum eine andere Infrastruktureinrichtung stand inder gesamten Nachkriegszeit so lange in einer „Zu-kunftsdiskussion“ wie der Düsseldorfer Haupthafen.Auf den Kern reduziert, lautete die Frage stets: Wie vielHafen braucht die Stadt, die Region überhaupt? Wel-che Hafenflächen sind obsolet und können anderen alslogistischen Nutzungen überlassen werden? WelcheNutzungen können und sollen dies sein, um den jeweilsverbleibenden Restbestand des Hafens nicht zu ge-fährden?

Rückschauend betrachtet hat sich die IHK in dieserlang anhaltenden Kontroverse grundsätzlich für denErhalt der Logistik-Funktionen des Hafens stark ge-macht und ist zunächst auch den tertiären Folgenut-zungen des Hafens mit Skepsis entgegengetreten.

Um sich ein Bild von der Situation im DüsseldorferHaupthafen zu machen,„stachen“ 1984 IHK-Hafen-ausschuss und Geschäfts-führung gemeinsam „in See“.

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Geblieben ist bis heute die Zielsetzung, dass ein Wirtschaftsraum wie der IHK-Bezirk auf die Logistik-Leistungen des Hafens nicht verzichten sollte und derHafen wegen seiner zahlreichen unvermeidbaren, aberrechtlich zulässigen Immissionen grundsätzlich nichtzum Wohnen taugt.

Hinter diesem Resümee stehen zahlreiche Einzel-debatten, wechselnde Meinungen im Rat der Stadt,Gutachten und Bestandsaufnahmen sowie unter-schiedliche Visionen für die mittel- und langfristige Zukunft des Hafens.

Schon im Jahre 1948 richtete die IHK-Vollver-sammlung als Plattform für die unternehmerische Mei-nungsbildung in allen Hafenfragen einen Hafenaus-schuss ein. Auf seiner ersten Sitzung im Jahre 1949standen die Verkehrserschließung des Hafens und des-sen künftige Einbindung in die Stadtentwicklung aufder Agenda.

Lebhaft geführt wurde die Diskussion ab dem Jahr1960. In diesem Jahr wandte sich die IHK gegen denFortfall des unteren Rheinwerfts, das einer Verbreite-rung der Rheinuferstraße weichen sollte. Die IHK reich-te der Stadt damals ein umfangreiches Gutachten ein,das sich für die Beibehaltung des Umschlagplatzes aus-sprach.

In den 1970er Jahren setzten sich diese gegensätz-lichen Betrachtungen fort, immer wieder auch unterdem Blickwinkel, die beabsichtigten städtebaulichenVeränderungen im Hafen in Einklang mit den gewerb-lichen und logistischen Funktionen zu bringen.

In diesen Debatten wurden vornehmlich Gutachtenbewertet, die letztlich auch Daten für die Bauleitpla-nung setzten. Der IHK ging es dabei vor allem darum,in jeder Phase der städtebaulichen Umwandlung wei-terer Hafenteile den Betrieben einen reibungslosenUmschlag ohne existenzgefährdende Produktionsbe-schränkungen zu sichern. Schon 1975 hieß die Zielset-zung: „Im Düsseldorfer Hafen muss wieder langfristiggeplant werden können.“ Wie ein roter Faden zieht sich durch diese Kontroversen der Wunsch der Hafen-wirtschaft nach frühzeitiger und offener Informationüber die Zukunft des Hafens.

Die entscheidende Phase der Umwandlung weiterTeile des Hafens in den heutigen Medienhafen lag inden 1980er Jahren. Dies geschah auf der Grundlage ei-nes Ratsbeschlusses aus dem Jahre 1976. Bürogebäuderückten den traditionellen Umschlagbetrieben näher.Schon Mitte der 1990er Jahre standen die Zeichen aufweiterer Expansion der Büros in dem noch verbliebe-nen Teil des Hafens. Grundlage der weiteren Diskussionwurde dabei das im Jahre 1993 von der Stadtverwal-tung und den Stadtwerken vorgelegte Papier „Perspek-tiven für den Düsseldorfer Hafen“. In enger Abstim-mung mit den Hafenbetrieben hat die IHK dazu ihre grundsätzliche Zustimmung formuliert, „da ihrewesentlichen Forderungen Berücksichtigung fanden.Dies sind Erhaltung der Güterverkehrs- und Umschlag-funktion, Bestandsschutz und Zukunftsperspektivenfür die ansässigen Betriebe, kein Heranrücken von sensiblen Nutzungen (Wohnen, Büros) an die emittie-renden Betriebe (Mühlen, Lagerhäuser, Kraftwerk) unddie Verbesserung der Verkehrserschließung durch einedirekte Verbindung zum Südring“ – so der IHK-Jahres-bericht aus dem Jahre 1993.

Um die Jahrtausendwende waren dennoch bereitsweitere Teile des Hafens in tertiäre Nutzungen (Büros,Hotel) umgewandelt worden. Die Politik hatte bis da-hin dem Wohnen im Hafen allerdings noch kein „grü-nes Licht“" gegeben, so wie es auch der IHK-Linie stetsentsprach.

Container-Terminal in Düs-seldorf-Bilk in den 1980erJahren.

Lastkähne am Düssel-dorfer Rheinwerft.

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Erst in jüngster Zeit ist diese Frage wieder akut geworden. In einem Lenkungskreis, in dem die IHK imJahr 2002 ihre Anregungen und Hinweise zu einem entstehenden neuen Hafen-Gutachten vortragenkonnte, wurden erneut die Argumente zugunsten einesLogistik-Standortes Hafen oder eines neuen Büro- undWohnquartiers im Hafen ausgetauscht.

Die IHK hat in umfangreichen Stellungnahmen fürein im Jahr 2005 angelaufenes Bauleitplanverfahrenihre schon früheren Bedenken gegen die enger wer-dende Nachbarschaft zwischen Wohnungen und denUnternehmen dargelegt. Bislang hat die Vision vom„Wohnen im Hafen“ noch keine konkrete Umsetzungerfahren. Die dort ansässigen Unternehmen sehen sichallerdings durch die immer wiederkehrende Diskussiontrotz ihrer langfristigen Pachtverträge stark verunsi-chert. An dieser Diskussion hat auch die Fusion der Hä-fen Düsseldorf und Neuss im Jahre 2003 nichts geän-

dert, denn die planerischen Vorstellungen der beidenStädte blieben davon unberührt.

Die Frage der ausreichenden Verkehrserschließungdes Hafens ist im Übrigen nach wie vor so aktuell, wiesie bereits unmittelbar nach dem Kriege war.

Zu Lande …..Fragen des innerstädtischen Verkehrs berühren Händ-ler und Dienstleister, wenn es um die Kundenströmegeht, die Spediteure und den Einzelhandel, wenn es umdie Lieferströme geht und schließlich alle Unterneh-men, wenn die Pendlerströme betroffen sind.

Die Mobilität dieser Gruppen steht im Spannungs-verhältnis unterschiedlicher wirtschafts- und kommu-nalpolitischer Zielsetzungen. Grob gesprochen: Ein-griffe in die Mobilität spielen vor allem dann eine Rol-le, wenn umweltpolitische Anliegen an Gewicht ge-winnen.

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Modell des geplanten Werstener Kreuzes aus demJahre 1978.

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Die ersten verkehrspolitischen Positionen der IHK inder Wiederaufbauphase wurden in einem Forderungs-katalog aus dem Jahre 1955 deutlich. Im Rahmen einerStellungnahme zum Entwurf eines Leitplanes für die Landeshauptstadt Düsseldorf schienen folgendeGrundpositionen durch:• Die IHK plädierte für die großzügige Bemessung der

neuen angedachten Verkehrsachsen, die in Nord-Süd-Richtung durch das Stadtgebiet führen sollten.Die Sorge, dass für die innerstädtischen Verkehrs-ströme keine ausreichenden Kapazitäten zur Verfü-gung stehen könnten, ist nachvollziehbar, wennman berücksichtigt, dass auch die überregionalenVerkehre über die B1 durch das Stadtgebiet flossen.Im Sinne eines besseren Verkehrsflusses machte sichdie IHK für eine „Verkehrsführung in zwei Ebenen“stark.

• Schon mit Blick auf den Einzelhandel sprach sichdie IHK für eine großzügige Bemessung von Park-plätzen und Parkhäusern aus. Das Parkhausproblemgriff sie 1959 erneut auf: Sie rief die gewerblicheWirtschaft, insbesondere den Einzelhandel auf, sichan der Finanzierung und am Bau neuer Parkhäuserzu beteiligen.

• Schließlich regte sie an, in den Leitplan der Stadtauch Vorschläge zum Bau „einer Unterpflasterbahnzur Entlastung des oberirdischen Straßenverkehrs“aufzunehmen.

Über ihre beratende Funktion im Ordnungs- undVerkehrsausschuss der Stadt Düsseldorf nahm die IHKab Anfang der 1960er Jahre Einfluss auf die Parkraum-bewirtschaftung. Im Sinne eines engen Dialogs zwi-schen städtischer Verkehrsplanung und den Unterneh-men initiierte sie so genannte Anliegerausschüsse. Zielwar es, Anregungen und Wünsche der vom lebhaftenStraßenbau betroffenen Firmen mit der Stadt auszu-tauschen.

Die mit den wachsenden Einpendlerströmen ein-hergehenden Verkehrsspitzen kamen 1968 auf dieAgenda eines städtischen Arbeitskreises. Die IHK eru-ierte für die Beratungen, in welchem Maße die Unter-

nehmen zu einer zeitlichen Entzerrung ihrer Arbeits-zeiten in der Lage waren, um den Belastungsspitzen desVerkehrs entgegenzuwirken.

In ihrer Stellungnahme zum so genannten General-verkehrsplan und zur Errichtung von Fußgängerzonenwurde deutlich, dass die IHK der Erreichbarkeit der City durch den Individualverkehr hohe Priorität ein-räumte, gleichzeitig aber dafür plädierte, den Lkw-Durchgangsverkehr aus der City herauszuhalten. ImGrundsatz gelten diese Positionen bis heute fort.

Der U-Bahn-Bau bedeutete für die DüsseldorferStadtentwicklung eine herbe Zäsur. Die IHK identifi-zierte sich von Anfang an stark mit diesem Projekt,sorgte sich aber um das Wohl der Kaufleute währendder Bauphase. Im Jahre 1971 gründete sie den so ge-nannten U-Bahn-Koordinierungsausschuss, gemein-sam mit anderen Organisationen der lokalen Wirt-schaft. Ein erstes Ergebnis war eine gemeinsame Stel-lungnahme zum vorgesehenen U-Bahn-Netz, gestütztauf die Befragung von Unternehmen, umAnhaltspunkte für die Kunden- und Be-sucherströme zu gewinnen. Ab 1978stand die Frage der Kompensation der U-Bahn-Anlieger für Geschäftseinbußenwährend der Bauphase im Mittelpunkt,für die im Streitfalle ein Gutachtergre-mium installiert werden sollte.

Die Auswirkungen des U-Bahn-Bausauf den Einzelhandel zeigten sich übermehrere Jahre hinweg an der KölnerStraße sehr deutlich. Hier hat die IHK in

Parkplatznot herrschte bereits in der ersten Hälfteder 1960er Jahre in derDüsseldorfer Innenstadt.

Während der U-Bahn-Bauden Verkehr auf der KölnerStraße teilweise zum Still-stand brachte (Foto oben),erfreut sich die U-Bahnheute bei den Düsseldorfernund ihren Gästen großerBeliebtheit (Foto unten).

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175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

engem Kontakt mit den Kaufleuten und der Stadt imRahmen des Stadtteilmarketings an der Revitalisierungdes Standortes intensiv mitgewirkt.

Aktuell steht die so genannte Wehrhahnlinie vor ih-rem Bau. Auch hier geht es für die IHK wieder um dieFrage, wie die Belastungen für die Unternehmen durchdie U-Bahn-Planung und den U-Bahn-Bau in Grenzengehalten werden können.

Innerstädtische Verkehrsthemen rückten erneut1993 in den Mittelpunkt. Zur Debatte standen Eingrif-fe in den Individual- und Lieferverkehr, um die Bela-stung mit Schadstoffemissionen einzudämmen. DieIHK-Vollversammlung schaltete sich mit einem um-fangreichen Forderungskatalog zum innerstädtischenVerkehr in die Auseinandersetzung ein. Der eindeutigeTenor war, mit möglichst milden Eingriffen in den Ver-kehr die Erreichbarkeit der Innenstadt – trotz Konzes-sionen an den Umweltschutz – zu sichern.

Ab 1995 – dem Beginn der rot-grünen Mehrheit imDüsseldorfer Stadtrat – trat eine spürbare Trendwendein der Verkehrspolitik ein. Fahrbahnverengungen zu-gunsten des Radverkehrs, Verkehrsberuhigung in derAltstadt und Restriktionen für den Lieferverkehr ge-hörten zum Katalog der neuen Verkehrspolitik. Die IHKhat mit ihrer Kritik an diesen Maßahmen die breiteUnterstützung ihrer betroffenen Mitgliedsunterneh-men erfahren. Diese Phase hat eine neue Erfahrung ge-bracht, nämlich dass auch Kaufleute – ähnlich wie dieBürgerinitiativen – zu unkonventionellen Protestengreifen, wenn sie nicht gehört werden.

Restriktive Lieferzeiten, Zunahme von Kurierdien-sten und Auslieferungsservice des Handels verschaff-

ten zur gleichen Zeit dem Lkw-Lieferverkehr besonde-re Aufmerksamkeit in Politik und Verwaltung. Gemein-sam mit Speditionsunternehmen aus Düsseldorf unddem Kreis Mettmann, der Stadt Düsseldorf und mit För-derung durch die Landesregierung entwickelte die IHKdaher ein Konzept für eine Düsseldorfer City-Logistik.Ziel war es, die Warenzustellung in der Innenstadt zubündeln. Im Jahre 1998 startete die praktische Erpro-bung.

Trotz des guten Willens aller an diesem Versuch Be-teiligten führten am Ende die mangelnde betriebswirt-schaftliche Rentabilität und fehlende verkehrstechni-sche Vorteile zugunsten der City-Logistik schließlich zueinem Abbruch dieses Experimentes. Die gleiche Erfah-rung mussten übrigens die meisten aller anderen Städ-te machen, die sich für die City-Logistik engagiert hat-ten.

Es mag sein, dass es künftig zu einer Wiederbele-bung der City-Logistik-Ideen kommt, denn umweltpo-litische Restriktionen haben den Lkw-Verkehr inzwi-schen erneut eingeholt. Seit 2005 spielt die Feinstaub-Belastung durch Dieselfahrzeuge eine Rolle. Die IHK hatsich hier von Anfang an in die Maßnahmen-Diskussio-nen eingeschaltet, um vor allem die berechtigten An-liegen des Lieferverkehrs und der ansässigen Unter-nehmen zu vertreten.

Für die Unternehmen ist die Straße mit Abstand derwichtigste Verkehrsträger. Leistungsfähige Verkehrs-achsen werden daher zu Recht als „Lebensadern derWirtschaft“ bezeichnet. Quälend lang sind gerade beiAutobahnen die Planungsverfahren, nicht zuletzt, weilimmer stärker Umweltbelange in die Planung einfließen.

Fahrbahnverengungen zu-gunsten des Radverkehrswaren lange Zeit Bestand-teil der Düsseldorfer Ver-kehrspolitik.

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175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

Kaum eine Verkehrsachse ist für den IHK-Bezirk vonsolch herausragender Bedeutung wie die A 44. Sie sollden linksrheinischen Raum mit dem niederbergischenund darüber hinaus mit dem Ruhrgebiet verbinden. Sieist Teil einer der wichtigen europäischen Verkehrsach-sen und reicht von Frankreich über Belgien bis in denosteuropäischen Raum hinein. Sie bildet darüber hi-naus den nördlichen Teil des Tangentialnetzes um dieLandeshauptstadt Düsseldorf.

Für alle Teilstrecken der A 44 hat die IHK über lan-ge Zeiträume in der Nachkriegszeit in Politik und Ver-waltung geworben und in allen Planungsverfahren Position bezogen: Die Teilstrecke Heiligenhaus-Velbertmit dem Birther Tunnel, den Flughafenknoten mit An-schluss an A 52 und A 3, die Rheinquerung bei Illverich,die so genannte Flughafenbrücke, und den Lücken-schluss zwischen der A 3 und Velbert.

Zwischen der Rheinquerung der A 44 und der A 3liegt das älteste Teilstück der A 44 auf DüsseldorferStadtgebiet. Es wurde 1992 eröffnet. Damit waren Messe und Flughafen erstmals direkt an das Auto-bahnnetz angeschlossen. Gerade noch rechtzeitig zurKunststoffmesse wurde dieser Abschnitt mit einemVolksfest eröffnet. Mit dabei waren zahlreiche Demon-stranten – in diesem Falle einmal für die A 44-Rhein-querung.

Die Rheinquerung bei Illverich warbesonders umstritten. Über Jahre ging esum die Alternativen „Brücken- oder Tun-nellösung“. Schließlich fiel die Entschei-dung für die heutige Flughafenbrücke mitzwei Vorlandtunneln auf der Meer-buscher Seite.

Neben den üblichen Instrumenten –Stellungnahmen gegenüber Politik undVerwaltung, Pressestatements – hatte dieIHK als Befürworter dieser Lösung auf derMesse „aktiv leben“ 1990 einen Infostanderrichtet, an dem Messebesucher über diePlanung anhand eines Großmodellsunterrichtet wurden. Mit ihrer Unter-schrift sprachen sich dort über 3.000 Personen für die-ses Projekt aus.

Die Rheinbrücke wurde schließlich am 31. Mai 2002mit einem Brückenfest eröffnet, auch hier war die Kam-mer mit einem Infostand vertreten, mit der heute nochaktuellen Botschaft: Das Teilstück zwischen der Auto-bahn A 3 und Velbert besitzt für den niederbergischenWirtschaftsraum eine herausragende Bedeutung, mitihrer Verbindung zur Rheinschiene, in die Benelux-Län-der, zur Messe und zum Flughafen Düsseldorf. Speziell

die Auto-Zulieferindustrie kann ihre Standorte und Arbeitsplätze nur in der Region halten, wenn eine stö-rungsfreie, pünktliche Belieferung der Produktions-stätten der Fahrzeugindustrie gewährleistet ist.

Bereits im Jahre 1987 gab es für das östliche Teil-stück der A 44 südlich Heiligenhaus einen Planfeststel-

lungsbeschluss. Dieser wurde allerdings im Jahre 1990vom OVG Münster aufgehoben. Jahrelange Bemühun-gen mit Resolutionen, politischen Gesprächen undStellungnahmen sowie die Arbeit einer von der Kam-mer mitgetragenen ersten Initiative „A 44 jetzt!“ (einezweite Aktion unter diesem Namen erfolgte im Vorfeldder Rheinquerung) erschienen vergeblich. Auch ge-meinsame Vorstöße mit den DGB-Vorsitzenden desKreises Mettmann beim Landesverkehrsminister brach-ten keinen Fortschritt.

Staatssekretär Dr. WilhelmKnittel (mit Schere) gab imHerbst 1992 die 16 Kilo-meter lange A 44-Trassezum Flughafen für denVerkehr frei.

Auf der Messe „aktiv leben`90“ hatte die IHK mehrals 3.000 Unterschriftenfür die Vollendung der A 44gesammelt.

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So wurde die A 44 in den Folgejahren von der Bun-des- und Landespolitik kaum noch weiterverfolgt. Erstnach dem „Ruhrkompromiss“ – einer umfassendenneuen Fernstraßenplanung für das Revier – im Jahre1997 wurde das Projekt wieder ernsthaft bearbeitet.

Kritisch wurde es noch einmal bei der Fortschrei-bung des Bundesverkehrswegeplanes im Jahre 2003.Ein „besonderer naturschutzfachlicher Planungsauf-trag“ drohte, die Realisierung erneut zu gefährden. Ineiner geradezu vorbildlichen Gemeinschaftsarbeit ge-lang es der Kammer, dem Land NRW, dem Kreis Mett-mann und den Anlieger-Kommunen, die Bundesregie-rung zu überzeugen, diesen Vorbehalt aufzuheben. Die IHK-Ausschüsse für Heiligenhaus, Velbert, Mett-mann, Wülfrath und Ratingen hatten zusätzlich nocheinmal eindringlich auf die wirtschaftlichen Folgen einer weiteren Hinauszögerung der A 44 hingewiesen.Die A 44 kam danach in den „Vordringlichen Bedarf“des Bundesverkehrswegeplanes. Nach Abschluss desweit vorangeschrittenen Planfeststellungsverfahrenskann jetzt endlich mit einem Baubeginn in den näch-sten Jahren gerechnet werden. Die Anbindung an dasAutobahnnetz des Ruhrgebietes über Velbert hinauswäre somit gesichert.

..... und in der LuftDer Düsseldorfer Flughafen ist für die wirt-schaftliche Entwicklung der Stadt Düssel-dorf und des Kreises Mettmann seit derNachkriegszeit einer der ganz entscheiden-den Standortfaktoren. Seine ökonomischeAusstrahlungskraft reicht weit in die links-rheinische Nachbarregion und das Ruhrge-biet hinein.

Der Flughafen ist einer der maßgeb-lichen Gründe dafür, dass sich internatio-nale Wirtschaftsaktivität in der Region be-sonders gut entfalten konnte: Export- undImportströme, Investitionen ausländischerUnternehmen, aber auch globale Aktivitä-ten der hier ansässigen Anbieter von Gü-tern und Dienstleistungen.

Dass viele der „global players“ in Düs-seldorf und der Region ihren Sitz haben, istauch dem Flughafen zu verdanken. DerFlughafen trug ferner dazu bei, dass sichDüsseldorf nach dem Kriege zu einem der

führenden Messeplätze mit über 20 internationalenLeitmessen entwickeln konnte. Die Aussteller und Besucher, die über den Flughafen die Stadt Düsseldorferreichen, geben der lokalen und regionalen Wirtschaftwiederum als Kunden des Einzelhandels und der Gastronomie erhebliche Impulse.

So wundert es nicht, dass der Flughafen in Düssel-dorf wie alle Flughäfen der Welt als Job-Motor gilt. DerDüsseldorfer Flughafen beschäftigt direkt rund 13.000Mitarbeiter, alle regionalen Beschäftigungseffekte zu-sammengenommen summieren sich auf rund 50.000.Dies alles erklärt, warum die Unternehmen im Kam-merbezirk – und damit auch die IHK – stets ein vitalesInteresse an einem leistungsfähigen Flughafen hatten.Man mag hinzufügen: So wie die Kaufleute im Grün-dungsjahr der Kammer 1831 ihr vitales Interesse an einem funktionsfähigen Hafen hatten.

Von einigen wenigen Ausnahmejahren abgesehen,wächst der Luftverkehrsmarkt schon über lange Zeit-räume mit einer deutlich über dem gesamtwirtschaft-lichen Durchschnitt liegenden Rate. Das immer wieder-kehrende Problem des Düsseldorfer Flughafens bestehtdarin, an diesem Wachstum nur unzulänglich teilneh-men zu dürfen.

Das Vorfeld des Düsseldorfer Flughafens 1965.

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Schon im Jahre 1956 stand die Frage an, ob derFlughafen Düsseldorf mit seinem damaligen Ausbau-zustand für den neuen Trend zu düsengetriebenemFluggerät gewappnet sei. Die IHK hat sich in dieser Fra-ge letztlich zu einem Ausbau bekannt, gleichwohl da-bei deutlich gemacht, dass sie auf technische Fort-schritte bei der Lärmdämpfung der Triebwerke setze.Sie stützte sich dabei auf Gutachten zur Triebwerks-technik. Diese Argumentation spielte auch in der 1958aufkommenden landespolitischen Frage eine Rolle, obder Ausbau des Flughafens Köln/Bonn gegenüber Düsseldorf präferiert werden sollte.

Die IHK stützte ihre Position auf die faktischeMarktlage, die einen klaren Vorsprung der Luftver-kehrsnachfrage zugunsten des Düsseldorfer Flughafensbelegte.

Vorschläge zur Anpassung der Flugpläne der Luft-hansa und anderer Airlines gehörten in den 1960erJahren zu den immer wiederkehrenden Kammerakti-vitäten zum Luftverkehr. Dabei koordinierte die IHK als„federführende Kammer in Nordrhein-Westfalen“ auchdie Wünsche aus den übrigen Regionen des Landes.Hierbei spielte auch die heute noch aktuelle Forderungder Wirtschaft nach mehr Tagesrandflügen schon eineRolle.

Unterstützung gab die IHK dem Flughafen schließ-lich 1977 in ihrer Stellungnahme zum beantragten Bauder Parallelbahn.

Heute liegen die Wachstumshemmnisse des Flug-hafens in einer Genehmigungssituation, die die Anzahlder Flugbewegungen auf einem Niveau festschreibt,das weit unterhalb der Nachfrage der Fluggesellschaf-ten liegt. Technisch gesprochen, geht es um die Anzahlder Zeitnischen – der so genannten Slots –, die in densechs verkehrsreichsten Monaten des Jahres für Startsund Landungen zur Verfügung stehen. Sie wurde be-grenzt, um dem Lärmschutz der Bevölkerung Rechnungzu tragen.

Am zähen Ringen des Flughafens um mehr Wachs-tumsspielräume wird deutlich, welch lange Zeit Ge-nehmigungsverfahren beanspruchen. Dies gilt insbe-sondere dann, wenn sie durch Verwaltungsgerichtsver-fahren immer wieder hinausgezögert werden.

Die IHK hat über viele Jahre das Ringen des Flug-hafens um mehr Wachstumsspielräume unterstützt.Dabei kamen unterschiedliche Instrumente zum Zuge.Sie zeigen, dass politische Kontroversen auch neue An-sätze in den IHK-Aktivitäten erfordern. Die klassischeUnterstützung lag immer wieder in zahlreichen Ent-schließungen der Gremien der IHK, also der Vollver-

Die Abfertigungshalle desFlughafens DüsseldorfInternational heute.

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sammlung und ihrer Ausschüsse, zum Bei-spiel des Verkehrsausschusses. Durch inten-sive Pressearbeit wurden diese Resolutionenin die Öffentlichkeit transportiert, selbstver-ständlich auch über die eigenen Medien derIHK.

In den verschiedenen Genehmigungs-verfahren bot sich der IHK „als Träger öf-fentlicher Belange“ Gelegenheit, aus wirt-schaftlicher Sicht die Argumente zu bün-deln, die für eine Expansion des Flughafenssprachen. Dass sie dabei stets eine enge Rük-kkopplung zu den betroffenen Unterneh-men suchte, die besonders stark den Flug-hafen nutzen, versteht sich von selbst. „Te-stimonials“ aus den Unternehmen, diegegenüber der Presse erklärten, warum sieden Flughafen benötigen, stützten die Ar-gumente zusätzlich.

• Burkard Ungricht, Geschäftsführer A. + E. Ungricht GmbH + Co KG, Mönchengladbach • Max Wilhelm Schenck, Geschäftsführender Gesellschafter A. MANNES-MANN MASCHINENFABRIK GmbH & Co. KG, Remscheid • Andreas Skaletz, Geschäftsführer A. S. Ingenieure GmbH, Ratingen • Christian Sutter GeschäftsführenderGesellschafter A. Sutter GmbH, Essen • Hendrik Weiler, Vorsitzender der Geschäftsführung ABB Calor Emag Mittelspannungs GmbH, Ratingen • Reiner Brandts, In-haber Adolf Koch Stempelfabrik, Mönchengladbach • Dr. Lutz Aengevelt, Geschäftsführender Gesellschafter Aengevelt Immobilien KG, Düsseldorf • Frank-WernerDreisörner, Vorsitzender der Geschäftsführung Alberdingk Boley GmbH, Krefeld • Thomas Geupel, Kaufmännischer Geschäftsführer Aluminium Norf GmbH, Neuss •Kurt Seyboldt, Vorstandsmitglied ara Shoes AG, Langenfeld • Dr. Paul-Otto Fassbender, Vorstandsvorsitzender ARAG Allgemeine Rechtsschutz-Versicherungs-AG,Düsseldorf • Dr. Arno Ralf Wilfert Baron, Geschäftsführer Market Manager Arthur D. Little GmbH, Düsseldorf • Reinhard Willmes, Vorstand August Heine Bauge-sellschaft Aktiengesellschaft, Oberhausen • Rolf Königs, Geschäftsführer AUNDE Achter & Ebels GmbH, Mönchengladbach • E.A. Wasmuth, Geschäftsführer AVIT-Hochdruckrohrtechnik GmbH, Essen • Josef Beutelmann, Vorsitzender der Vorstände Barmenia Versicherungen, Wuppertal • Walter Schulz, Leiter Werk DormagenBayer AG Leitung Werksdienst, Dormagen • Dr. Jürgen Hinz, Geschäftsführer Bayer Industries Bayer AG Werk Uerdingen, Krefeld • Dr. Bernd von der Linden, Werks-leiter BAYER Aktiengesellschaft, Wuppertal • Maximilian Knappertsbusch, Leiter der Niederlassung Firmenkunden Bayerische Hypo- und Vereinsbank AG, Düsseldorf• Gerhard Holtrop, Vorstand BEA Holding AG, Düsseldorf • Ute Becker-Wittig, Inhaberin Becker-Wittig Immobilien RDM, Krefeld • Bernd Böving, Bernd Böving Be-rufskleidung + Industriebedarf Zweigstelle Goch, Goch • Nobert Bienen, Gesellschafter / Geschäftsführer BIENEN & PARTNER Immobilien GmbH, Mönchengladbach• Horst Gombert, Leiter technischer Außendienst Bilfinger + Berger Bau AG, Düsseldorf • Klaus Lothar Krenge, Geschäftsführender Gesellschafter Bönders Gesell-schaft mit beschränkter Haftung, Krefeld • René Perillieux, Geschäftsführer Booz Allen Hamilton, Düsseldorf • Dirk Elberskirch, Mitglied des Vorstandes Börse Düs-seldorf AG, Düsseldorf • Prof. Dr.-Ing. Klaus Brankamp, Geschäftsführer BRANKAMP AUTOMATION GmbH, Erkrath • Wolfgang R. Bays, Gesellschafter / Geschäfts-führer Brune Consulting GmbH, Düsseldorf • Jürgen Drissner, Geschäftsführer Brüninghaus & Drissner G.m.b.H., Hilden • Dr. Roland Peter, Vorsitzender der Ge-schäftsführung BYK-Chemie GmbH, Wesel • Andreas Böhm, Geschäftsführer BZ Bildungszentrum GmbH, Tönisvorst • Wilhelm F. Thywissen, Geschäftsführer C. Thy-wissen GmbH, Neuss • Carl Hugo Erbslöh, Geschäftsleitung C.H. Erbslöh KG, Krefeld • Dirk Vormann, Geschäftsführender Gesellschafter Casino Zollverein GmbH, Es-sen • Joachim Malich, Leiter Region West Cegelec Anlagen- und Automatisierungstechnik GmbH & Co. KG, Essen • Dipl.-Wirtschafts-Ing. Andreas Haberland, Ab-teilungsleiter Chemion Logistik GmbH Lager-Leitung, Krefeld • Frank Ulinger, Niederlassungsleiter CONDOR Schutz- und Sicherheitsdienst GmbH, Düsseldorf • TheoConvent, Geschäftsführender Gesellschafter CONVENT SPEDITION GmbH, Emmerich • Ralf Bartsch, Geschäftsführer DeCeTe Duisburger Container Terminalgesell-schaft mbH, Duisburg • RA Rainer Spenke, Geschäftsführer DEHOGA Nordrhein e.V., Düsseldorf • Manfred Diedrich, Vorsitzender der Geschäftsführung DELPHIDEUTSCHLAND GmbH, Wuppertal • Frank Schneider, Geschäftsführender Gesellschafter „Der Baustoff-Mann“ Schneider oHG, Oberhausen • Bernd Fink, Geschäfts-führender Gesellschafter deuka Deutsche Tiernahrung GmbH & Co. KG, Düsseldorf • Dr. Marcus Dahmen, Mitglied der Geschäftsleitung Deutsche Bank AG, Düssel-dorf • Prof. Dr. Dr. h.c. Klaus Goehrmann, Präsident Deutscher Marketing-Verband e. V., Düsseldorf • Alexander Felsenberg, Geschäftsführer, Mitglied des Gesamt-vorstandes Deutscher Multimedia Verband (dmmv) e.V., Düsseldorf • Dr. Wulf Bernotat, Vorsitzender des Vorstandes E.ON AG, Düsseldorf • Dieter Fitscher, Ge-schäftsführer ED. Fitscher GmbH & Co. KG Metallwerk, Oberhausen • Harald Wüsthof, Geschäftsführender Gesellschafter Ed. Wüsthof Dreizack Werk, Solingen •Sven Eggert, Geschäftsführer Eggert Group, Düsseldorf • Rolf Wackermann, Geschäftsführer EKOTEC Gusstechnik GmbH, Ratingen • Markus Lacum, Geschäftsfüh-rer Elevator Gesellschaft für Kommunikation mbH, Oberhausen • Uwe Bergheim, Vorsitzender der Geschäftsführung E-Plus Mobilfunk GmbH & Co. KG, Düsseldorf• Dr. Joachim Hank, Geschäftsführer ERFTCARBON GmbH & Co. KG, Grevenbroich • Dr. Ernst Johannes G.S. Trapp Hegemann, Aufsichtsrat Vorstand F. C. Trapp AG,Wesel • Friedrich Georg Conzen, Geschäftsführer F. G. Conzen GmbH, Düsseldorf • Dr. Matthias Mitscherlich, Vorsitzender des Vorstandes Ferrostaal AG, Essen • Mi-chael Esser, Geschäftsführer / Inhaber First Reisebüro Esser GmbH & Co. KG, Krefeld • Hans-Joachim Peters, Berater Flughafengesellschaft Mönchengladbach mbH,Mönchengladbach • Frank Schnitzler, Geschäftsführer Frank Schnitzler Parfümerie GmbH & Co. KG, Düsseldorf • Reiner Brandts, Inhaber Franz Brandts Stempelfa-brik, Mönchengladbach • Günther Hülse, Vorstandsvorsitzender Franz Haniel & Cie. GmbH, Duisburg • Dr. Thomas Kreifels, Office Managing Partner Freshfields Bruck-haus Deringer, Düsseldorf • Karl Bermes, Geschäftsführender Gesellschafter FTB Ferntransporte Bermes & Co. GmbH, Willich • Uwe Spiegel, Geschäftsleitung Gale-ria Kaufhof, Berliner Allee, Düsseldorf • M. Becker, Geschäftsführer Gebr. Becker GmbH & Co., Wuppertal • Heinz Trox, Hauptgesellschafter Gebrüder Trox GmbH,Neukirchen-Vluyn • Detlev Moritz, Geschäftsführender Gesellschafter Gemo G. Moritz GmbH & Co. KG, Krefeld • Rudolf Conrads, Vorsitzender des Vorstandes Ge-no-Volks-Bank Essen eG, Essen • Dr. Axel Herberg, Vorstandsvorsitzender Gerresheimer Glas AG, Düsseldorf • Heinrich Gerstmann, Geschäftsführender Gesellschaf-ter Gerstmann Holding GmbH & Co. KG, Oberhausen • Frank Wohlfahrt, Geschäftsführender Gesellschafter Gert Wohlfahrt GmbH, Duisburg • Prof. Dr. Hans-Joa-chim Kollmeier, Vorsitzender des Vorstandes Goldschmidt AG, Essen • Bernd M. Michael, Chairman & CEO Grey Global Group Europe, Middle East, Africa, Düsseldorf• Dipl.-Betriebswirt Heinz Ravens, Inhaber H. Ravens Industrievertretungen, Meerbusch • Andreas Huber, Geschäftsführer Hager & Werken GmbH & Co. KG, Duis-burg • Dr. Wolfgang Eischeid, Geschäftsführender Gesellschafter Hans & Willi Eischeid GmbH & Co., Heiligenhaus • Ulrich Turck, Geschäftsführer Hans Turck GmbH& Co. KG, Mülheim an der Ruhr • Matthias J. Hoffmann, Kaufmännischer Geschäftsführer HAZET – WERK, Remscheid • Dirk Grünewald, Geschäftsführender Ge-sellschafter (zugleich Präsident der IHK zu Essen) Heinrich Grünewald GmbH & Co. KG, Oberhausen • Heinz Schmidt, Geschäftsleitung Heinrich Schmidt GmbH &Co. KG, Mönchengladbach • Ulf Zimmermann, Gesellschafter GL HELBAKO GmbH, Heiligenhaus • Prof. Dr. Gerd Krieger, Managing Partner Hengeler Mueller Rechts-anwälte, Düsseldorf • Edwart Hengstenberg, Geschäftsführer Hengstenberg Beteiligungs GmbH, Essen • Prof. Dr. Ulrich Lehner, Vorsitzender der GeschäftsführungHenkel KGaA, Düsseldorf • Dr. Wolrad Rube, Geschäftsführer herbert dahm datensysteme GmbH, Düsseldorf • Hermann Franzen, Persönlich haftender Gesellschaf-ter Hermann Franzen KG, Düsseldorf • Dr. Thomas Haas, Geschäftsführer Hettlage GmbH, Düsseldorf • Michael Specking, Generaldirektor Hilton Düsseldorf, Düssel-dorf • Stefan Silber, Direktor Holiday Inn Düsseldorf Airport, Ratingen • Karl-Heinz Altenkamp, Eigentümer Hotel Altenkamp, Ratingen • Michael Lübbert, InhaberHotel Schloß Hugenpoet GmbH, Essen • Thomas Lenz, Kaufmännische Leitung Hoyer GmbH Logistikzentrum Rhein-Ruhr, Dormagen • Dr. Sieghardt Rometsch, Per-sönlich haftender Gesellschafter HSBC Trinkaus & Burkhardt, Düsseldorf • Leo Imhoff, Bevollmächtigter Hubert Imhoff GmbH, Essen • Thomas Hüttemann, Ge-schäftsführender Gesellschafter HUETTEMANN GmbH, Duisburg • Ulrich Hülsbeck, Vorsitzender der Geschäftsführung Huf Hülsbeck & Fürst, Velbert • Dr. Wolf Lan-zer, Geschäftsführer Technik Hüttenwerke Krupp Mannesmann GmbH, Duisburg • Manfred Kronen, Geschäftsführer Igedo Internationale Modemesse Kronen GmbH& Co. KG, Düsseldorf • Heinz Bartels, Geschäftsführer Imperial Logistics International GmbH & Co. KG, Duisburg • Helmut Botermann, Geschäftsführer Imperial Ree-derei GmbH, Duisburg •,Dr. Gustav Adolf von Halem, Vorstandsvorsitzender Industrie Club Düsseldorf e. V., Düsseldorf • Joachim Schuhfuss, Geschäftsführer Indu-strie-Spedition Mönchengladbach, Mönchengladbach • Dr. Reiner Götzen, Geschäftsführer / Inhaber Interboden Innovative Lebenswelten GmbH & Co. KG, Ratin-gen • William Mc Neil, Director International School of Düsseldorf, Düsseldorf • Bernd Mann, Vorstand iSAM AG, Mülheim an der Ruhr • Horst Schäfers, Ge-schäftsführer ISIS MULTIMEDIA NET GmbH & Co. KG, Düsseldorf • Dr. Claus Stauder, Geschäftsführender Gesellschafter Jacob Stauder GmbH & Co. KG, Essen • Ste-fan Schmersal, Geschäftsführender Gesellschafter K.A. Schmersal Holding, Wuppertal • Rolf Kalthöfer, Geschäftsführer Kalthöfer Telekommunikation GmbH, Mön-chengladbach • Dr. Rolf, Haag Geschäftsführer KANEX Krohne Anlagen Export GmbH, Duisburg • Dr.-Ing. Klaus Heuck, Generalbevollmächtigter Karl Heuck GmbH& Co. KG, Krefeld • Thomas Conrad, Geschäftsführer Karl Schumacher GmbH & Co. KG, Essen • Peter Fütterer, Personalleiter / Prokurist Kennametal Widia GmbH &

Für die Unternehmen an Rhein und Ruhr gehört der Flughafen DüsseldorfInternational zu den wichtigsten Standortfaktoren. Er war stets Motor für

Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze sowie für die Ansiedlung zahlreicherUnternehmen aus dem In- und Ausland.

Mit großer Besorgnis sehen wir, dass der Flughafen künftig diese Rolle verlierenkönnte. Nach dem Abschluss der umfassenden Modernisierung seiner Terminalshätte der Flughafen Düsseldorf International zwar sehr gute Voraussetzungen,um am Wachstum des Luftverkehrs teilzuhaben, die aktuelle Genehmigungslagesteht einer solchen Erwartung jedoch entgegen.

Aus unserer Sicht fehlen klare und vor allem übereinstimmende Signale aus derLandespolitik und der Kommunalpolitik in der Region Düsseldorf, welche Ent-wicklungsspielräume man dem Flughafen künftig einräumen will. Aus Sorge umdie künftige Standortqualität für die Unternehmen fordern wir alle politischVerantwortlichen im Land und in den Kommunen auf:

Aufruf zur WeiterentwicklungDüsseldorf International

175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

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In den diversen Genehmigungsverfahrenzeichnete sich aber immer stärker ab, dassFluglärmgegner sich mit „massenhaftenEinwänden“ im Verfahren artikulierten. Eineder PR-Aktionen der IHK darauf war dieAufklebe-Aktion „We fly DUS“ aus dem Jah-re 1992. Sie war als öffentliche Sympathie-bekundung für den Flughafen gedacht. Einanderer Ansatz der IHK lag seit dem Antragdes Flughafens auf Einführung eines Lärm-kontingentes im Jahre 1992 darin, auch dieUnternehmen zu motivieren, ihr vitalesInteresse an einem wachsenden Luftverkehrzu formulieren und dieses auch selbst in dasGenehmigungsverfahren einzuspeisen.

Die Reaktion in Düsseldorf und im KreisMettmann auf diesen Aufruf der IHK warhervorragend. Unterstützt wurde sie durchdie benachbarten IHKs an Rhein, Ruhr undWupper.

Zur weiteren Unterstützung des Flugha-fens initiierte die IHK schließlich im Vorfelddes jüngsten Genehmigungsverfahrens „zurvollen Nutzung der Einbahn-Kapazität“ –gemeinsam mit den benachbarten IHKs – einen an die Politik gerichteten Aufruf derüber 230 führenden Unternehmen imRheinland und im Ruhrgebiet mit insgesamtmehr als 200.000 Beschäftigten in der Re-gion. Tenor auch hier: Dem Flughafen künf-tig mehr Bewegungsspielräume zu gebenund auch dem Interkontinentalverkehr miteiner verlängerten Start- und Landebahn eine neue Chance zu bieten. Die Landesre-gierung hat im November 2005 dem Flug-hafen ca. 15 Prozent mehr Starts und Lan-dungen zugestanden.

Die IHK-Aktivitäten pro Flughafen stie-ßen dabei nicht überall auf Gegenliebe. Vorallem die vor Ort ansässigen Bürgerinitiati-ven kritisierten, dass die IHK die Bürgerin-teressen nicht hinreichend gewürdigt habe.Dieser Vorwurf mag aus Sicht der Flugha-fengegner nachvollziehbar sein, er verkenntaber den gesetzlichen IHK-Auftrag, dieInteressen der gewerblichen Wirtschaft zuvertreten.

Co. KG, Essen • Dr. Werner Sterzenbach, Vorsitzender des Aufsichtsrates Kiekert AG, Heiligenhaus • Henner Kipphardt, Geschäftsführer KIPPHARDT GmbH Bau- undIndustriemaschinen, Duisburg • Dr.-Ing. Jochen F. Kirchhoff, Vorsitzender der Geschäftsführung KIRCHHOFF GRUPPE, Iserlohn • Kurt Peltzer, NL-Leiter Klüh - Secu-rity GmbH, Düsseldorf • Roger Klüh, ZGF Klüh Service Management GmbH, Düsseldorf • Dieter Hötker, Erster Beigeordneter Kommunalverband Ruhrgebiet, Essen •Werner Jordan, Betriebsleiter Kötter GmbH & Co. KG, Düsseldorf • Holger Ruhfus, Geschäftsführer KRANKIKOM Alexander Kranki Kommunikation GmbH, Duisburg• Helmut Kaspers, Regionalleiter Kühne und Nagel International, Duisburg • Kay A. Espey, Geschäftsführender Gesellschafter L.W. Cretschmar GmbH & Co. KG, Düs-seldorf • Ralf Schwartz, Geschäftsführer Lackwerke Peters GmbH & Co. KG, Kempen • Viktor Lemken, Inhaber LEMKEN GmbH & Co. KG, Alpen • Dirk Lindner, Ge-schäftsführender Gesellschafter Lindner Unternehmensgruppe GmbH & Co. KG, Düsseldorf • Günter Haberland, Geschäftsführer M. Zietzschmann GmbH & Co. KG,Düsseldorf • Wilhelm Giese, Vorsitzender der Geschäftsführung Messe Düsseldorf GmbH, Düsseldorf • Dr. Joachim Henneke, Vorsitzender der Geschäftsführung Mes-se Essen GmbH, Essen • Dipl.-Kfm. Werner Wolters, Inhaber Messedienst, Mönchengladbach • Dr. Hans-Joachim Körber, Vorsitzender des Vorstandes Metro AG, Düs-seldorf • Dipl. Kfm. Norman Willich, Geschäftsführer Michelin Kronprinz Werke GmbH, Solingen • Christian Köhler, Geschäftsführender Gesellschafter MOERSER EI-SENHANDLUNG GmbH & Co. KG, Moers • Dr. Henner Puppel, Sprecher des Vorstandes National-Bank AG, Essen • Heinz Lison, Geschäftsführender GesellschafterNeumann Elektronik GmbH, Mülheim an der Ruhr • Eberhard Hücker, Geschäftsführer Neusser Druckerei und Verlag GmbH, Neuss • Eberhard Hücker, Geschäfts-führer Neusser Zeitungsverlag GmbH, Neuss • Dr. Jürgen Schuhmacher, CEO New Lab BioQuality AG, Erkrath • Hans-Jürgen Lakenmacher, Betriebsleiter Nieder-rheinische Bewachungs GmbH, Düsseldorf • Horst Nebken, Geschäftsführer NOVELL GmbH, Düsseldorf • Ursula Pätzold, Direktorin Novotel Düsseldorf Airport, Ra-tingen • Dipl.-Ing. Dieter Harre, Hauptabteilungsleiter NVV AG Niederrheinische Versorgung und Verkehr AG, Mönchengladbach • Walter Weidenfeld, Geschäfts-führer Papiersackfabrik Tenax GmbH & Co. KG, Ratingen • Udo Pollok, Geschäftsführer Pollok-Sicherheitsdienste, Düsseldorf • Stephan Lange, Geschäftsführer PRO-BAT-WERKE von Gimborn Maschinenfabrik GmbH, Emmerich • Ulrich Jansen, Stellv. Vorsitzender des Vorstandes Provinzial Rheinland Die Versicherung der Spar-kassen, Düsseldorf • Rolf Kuchenbecker, Geschäftsführer PUKY GmbH & Co. KG, Wülfrath • Johann-Konrad Püll, Geschäftsführer Püll Touristik Novesia-Tours-GmbH,Neuss • Dr. Michael Heinemann, Partner / Mitglied der Geschäftsleitung PwC Deutsche Revision Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Essen • HorstEngelkes, Mitglied des Vorstandes Readymix AG, Ratingen • Jens Baestlein, Hoteldirektor Relexa Hotel Airport Düsseldorf / Ratingen, Ratingen • Dr. Karl Hans Ar-nold, Geschäftsführender Gesellschafter Rheinisch-Bergische Verlagsgesellschaft mbH, Düsseldorf • Klaus Eberhardt, Vorsitzender des Vorstandes Rheinmetall AG,Düsseldorf • Klaus Kartmann, Direktor Rheinpark Plaza Neuss GmbH Swisshotel Düsseldorf / Neuss, Neuss • Merian Dudek, Geschäftsführer Rhenus Lub GmbH & Co. KG, Mönchengladbach • Jochen Roeser, Geschäftsführer Roeser Medical GmbH & Co. KG, Mülheim an der Ruhr • Gerd Volkmar, Geschäftsführer ROLLON GmbH,Ratingen • Peter Röskes, Geschäftsführer Röskes Spedition GmbH, Heiligenhaus • Dr. e. h. Achim Middelschulte, Mitglied des Vorstandes Ruhrgas AG, Essen • Har-ry Roels, Vorstandsvorsitzender RWE Aktiengesellschaft, Essen • Dr. Eberhard Uhlig, Leiter der Kraftwerke Frimmersdorf-Neurath RWE Rheinbraun AG KraftwerkeFrimmersdorf-Neurath, Grevenbroich • Dr. Wolf-Dieter Griebler, Vorsitzender der Geschäftsführung Sachtleben Chemie GmbH, Duisburg • Marc Georg Schauen-burg, Geschäftsführender Gesellschafter Schauenburg GmbH, Mülheim an der Ruhr • Matthias Koch, Geschäftsführer SCHMIDT-RUDERSDORF Handel- und Dienst-leistungen GmbH & Co. KG, Düsseldorf • Patrick Schwarz-Schütte, Vorsitzender des Vorstandes SCHWARZ PHARMA AG, Monheim • Ewald Schwing, Geschäftsfüh-rer Schwing Fluid Technik GmbH, Neukirchen-Vluyn • Walter Maciejewski, Geschäftsführer SECURITAS Sicherheitsdienste GmbH & Co. KG, Düsseldorf • Robert Pra-ger, Gesellschafter, Geschäftsführer SETTER GmbH & Co. / Q-Plast GmbH & Co., Emmerich • Peter B. Kuntze, General Manager Sheraton Essen Hotel, Essen • Hel-muth Fricke, Geschäftsführer Siebeck-Bitter GmbH, Ratingen • Udo Hinsche, Sprecher der Zweigniederlassung Düsseldorf Siemens AG, Düsseldorf • Michael Schenkel, Geschäftsführer SITTARDSBERG HOTEL- UND REISEBETRIEBS GmbH, Duisburg • Axel Blasberg, Geschäftsführer Soeffing Kälte Klima GmbH, Düs-seldorf • Dr. Heinz-Josef Welter, Werksleiter Solvay Rheinberg Solvay Deutschland GmbH, Rheinberg • Ernst von Bismarck, Geschäftsführer Sonepar DeutschlandGmbH, Düsseldorf • Helmut Wanner, Geschäftsführender Gesellschafter SPIEKERMANN GmbH Beratende Ingenieure, Duisburg • Hans Schwarz, Vorsitzender desVorstandes Stadtsparkasse Düsseldorf, Düsseldorf • Dipl.-Kfm. Karl-Heinz Lause, Vorsitzender des Vorstandes Stadtwerke Düsseldorf AG, Düsseldorf • Heinz Runde,Vorsitzender der Geschäftsführung Stadtwerke Neuss GmbH, Neuss • Rainer Köllen, Geschäftsführer STAHLWILLE Eduard Wille GmbH & Co. KG, Wuppertal • DieterDünnhaupt, Geschäftsführer Standard Kessel Lentjes GmbH, Duisburg • Roland Ross, Hoteldirektor Steigenberger Parkhotel Düsseldorf, Düsseldorf • Horst Janssen,Geschäftsführender Mitinhaber STERN - VERLAG & Co., Düsseldorf • Karl-Heinz Stockheim, Gastronom Stockheim GmbH & Co. KG, Düsseldorf • Eberhard Potempa,Geschäftsführer Stora Enso Beteiligungen, Düsseldorf • Friedhelm Sträter, Sträter Industrie Holding KG, Solingen • Wolfgang Stromps, Geschäftsführer Stromps +Co. Int. Spediteure Transport-Kontor, Krefeld • Braham E. Sutton, Geschäftsführender Gesellschafter Sutton-Gastronomie GmbH Zentralverwaltung, Düsseldorf •Hans-Jürgen Lessenich, Geschäftsführer Taxi-Zentrale eG, Mönchengladbach • Wolfgang Suhr, Geschäftsführer Taxizentrale Neuss, Neuss • Erivan K. Haub, Vorsit-zender des Beirats Tengelmann Warenhandelsgesellschaft, Mülheim an der Ruhr • Werner Näser, Geschäftsführer Theod. Müncker Kom.-Ges. GmbH & Co., Krefeld •Dr. Götz Sadtler, Mitglied des Vorstandes ThyssenKrupp Technologie AG, Essen • Dipl.-Oec. Andreas Schmieg, Vorstandsvorsitzender TORKRET AG, Essen • Renate Köl-bel, Geschäftsführende Gesellschafterin Trombello Kölbel Immobilienconsulting GmbH, Düsseldorf • Dr. Michael Schürenkrämer, Geschäftsführender GesellschafterTrützschler GmbH & Co. KG, Mönchengladbach • Andreas Schmitz, Geschäftsleitung Tuchfabrik Willy Schmitz GmbH & Co. KG, Mönchengladbach • Josef GerhardTünkers, Geschäftsführer TÜNKERS MASCHINENBAU GmbH, Ratingen • Udo-Jürgen Hennig, Vorsitzender der Geschäftsführung Uniquema GmbH & Co. KG, Emme-rich • Wolfgang Nast, Vizepräsident United Parcel Service Deutschland Inc. & Co. OHG, Neuss • Michael Grütering, Hauptgeschäftsführer Unternehmerschaft Düs-seldorf und Umgebung e.V., Düsseldorf • Heinz Lison, Präsident UnternehmerverbandsGruppe Ruhr-Niederrhein, Duisburg • Ulrich von der Linde, Geschäftsführerv. d. Linde-Arzneimittel GmbH, Düsseldorf • Friedhelm Wagener, Geschäftsführer VAI Fuchs GmbH, Willstätt-Legelshurst • Hermann Lück, GeneralbevollmächtigterVan Eupen Logistik GmbH & Co. KG, Essen • Rolf Getschmann, Geschäftsführer van Laack GmbH, Mönchengladbach • Dr. Helmut Rödl, Hauptgeschäftsführer Ver-band der Vereine Creditreform e.V., Neuss • VICTORIA Lebensversicherung Aktiengesellschaft, Düsseldorf • Bernhard Vogel, Geschäftsführer/ Inhaber VOGEL GER-MANY GmbH & Co. KG, Kevelaer • Claus Lerpscher, Sprecher des Vorstandes Volksbank Düsseldorf Neuss eG, Düsseldorf • Dr. Jörg Mittelsten Scheid, Persönlich haf-tender Gesellschafter Vorwerk & Co., Wuppertal • Dr. Jean-Pierre Lacoste, Geschäftsführer Vorwerk Elektrowerke GmbH & Co. KG, Wuppertal • Thomas Busch, Ge-schäftsführender Gesellschafter WALBUSCH Walter Busch GmbH & Co. KG, Solingen • Dipl.-Ing. Martin Schlegel, Leiter der Direktion Walter Bau AG NL Düsseldorf,Düsseldorf • Martin-Christian Schmidt, Geschäftsführender Gesellschafter Walther Flender GmbH, Düsseldorf • Dr. h. c. Erich Schumann, Geschäftsführender Ge-sellschafter Westdeutsche Allgemeine Zeitungsverlags GmbH & Co. KG, Essen • Werner Böhnke, Vorsitzender des Vorstandes WGZ-Bank Westdeutsche Genossen-schafts Zentralbank eG, Düsseldorf • Dr. Norbert Wiemers, Sprecher des Vorstandes Wilh. Werhahn KG, Neuss • Dipl. Ing. Jost Winter, Geschäftsführer Wilhelm Win-ter GmbH & Co. KG, Ratingen • Frank Wittig, Geschäftsführer WITTIG GmbH Schiffsausrüstung – Industriebedarf, Duisburg • Theo Sausen, Geschäftsführender Ge-sellschafter WOMA Apparatebau GmbH, Duisburg • Jürgen Schroeder, Geschäftsführer WUMAG GmbH, Krefeld • Thomas Schmid, Geschäftsführer Xaver SchmidGmbH, Willich • Johannes Beelen, Geschäftsführer Zwilling J. A. Henckels Aktiengesellschaft, Solingen • Dr. Ing. Hans Walter, Honorarkonsul der Republik Kamerunin NRW, Essen • RA Wolfgang Feinendegen, Mönchengladbach

• für eine spürbare Verbesserung der aktuellen Genehmigungslage von Düssel-dorf International einzutreten mit dem Ziel, kurzfristig die Nutzung der vol-len Einbahnkapazität auf dem Parallelbahnsystem zuzulassen; dies setzt dieAbkehr von den heute festgeschriebenen Stundeneckwerten für Starts undLandungen voraus,

• einen Dialog mit den Angerland-Gemeinden zu beginnen, um tragfähige Lö-sungen zum Lärmschutz und zur Anpassung des Angerland-Vergleiches zuvereinbaren, die auch den Weg für eine Start- und Landebahnverlängerungfreimachen,

• die Grundlagen eines Rahmenplanes zu erarbeiten, der die mittel- und langfris-tigen Spielräume für die Entwicklung von Düsseldorf International definiert.

Der Flughafen Düsseldorf International ist unser Tor zur Welt. Er muss auchkünftig dazu beitragen können, unseren Wohlstand im internationalenWettbewerb zu sichern. Im August 2003

des Flughafens

175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

230 Unternehmen aus demRheinland machten sich 2003für den Ausbau des Düssel-dorfer Flughafens stark.

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62Standortpolitik: Die Region stärken

175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

Den Kommunen auf die Finger schauenTrotz des außerordentlich starken Engagements der IHKin bundes- und währungspolitischen Fragen in den1950er Jahren spielten die Analyse und die politischeBewertung der kommunalen Haushalte schon damalseine herausragende Rolle. KommunalwirtschaftlicheFragestellungen reichen inzwischen über Fragen derHaushaltswirtschaft hinaus, sie schließen auch diekommunale Betätigung in privatwirtschaftlich besetz-ten Märkten und die Privatisierung kommunalen Ver-mögens ein.

Im Haushalts-Dialog mit den Kommunen ging esseit den 1950er Jahren im Kern darum, die Belastungder Unternehmen mit Gewerbesteuern und sonstigenöffentlichen Abgaben in Grenzen zu halten.

Die Stellungnahmen der IHK haben sich dabei stetsauf eine Analyse der Entwicklung in den großen Aus-gabe- und Einnahmeblöcken, des Investitions- und desVerschuldungsverhaltens gestützt.

Die IHK-Haushaltsstellungnahmen folgten dabeider Grundposition: Konsolidierung und Privatisierungkommunalen Vermögens müssen Vorrang vor Steuer-erhöhungen und Verschuldung haben, investive Aus-gaben, die die Infrastruktur verbessern, sind konsumti-ven vorzuziehen, und der Schuldenstand darf künftigeHandlungsspielräume nicht einengen. Auch die Folge-kosten von Investitionen und die angemessene Rückla-genbildung waren ein durchgängiges Thema in denStellungnahmen. In den zahlreichen Diskussionen mitPolitik und Verwaltung kamen diese Aspekte immerwieder zur Sprache.

Ein Dissens mit den Kommunen über die zutreffen-de Einschätzung des künftigen Gewerbesteueraufkom-mens war dabei nicht selten. Schon 1956 gab es hier-zu einen handfesten Meinungsaustausch mit der StadtDüsseldorf.

Die IHK hat bereits in den 1960er Jahren immer denengen Kontakt zu ihren Mitgliedsunternehmen ge-

Dr. h. c. Friedrich Conzen Präsident von 1974 bis 1983

Dr. h. c. Friedrich Conzen istInhaber der weit über die Gren-zen Düsseldorfs hinaus bekann-ten Rahmen- und Leistenfabrik,Bauglaserei und KunsthandlungF. G. Conzen, die seit ihrer Grün-dung im Familienbesitz ist und2004 stolze 150 Jahre alt wurde.

Friedrich Conzen machte einekaufmännisch-technische Aus-bildung, studierte Betriebswirt-

schaftslehre und Kunstgeschichte, um 1933 als Lehr-ling in den elterlichen Betrieb einzutreten, dessenLeitung er nach dem Tod des Vaters im Jahre 1941übernahm. Als leidenschaftlichem Kunstsammlerwar es ihm so vergönnt, Beruf und Hobby auf dasAngenehmste miteinander verbinden zu können.

Bereits 1955 wurde Conzen in die Vollversamm-lung, ein Jahr später in das IHK-Präsidium gewählt.Seit 1972 war er ständiger Vertreter des Präsiden-ten, bis ihm die Vollversammlung von 1974 bis 1983die Präsidentschaft übertrug. Zu ihrem Ehrenpräsi-denten berief das „Parlament der Wirtschaft“ ihn1984. Friedrich Conzen, langjähriger Weggefährtevon Dr. Dr. h. c. Ernst Schneider, war und ist ein en-

gagierter Verfechter der Marktwirtschaft. So, wie er sich für den Erhalt von Wettbewerb und die Ge-sundung der Staatsfinanzen einsetzte, so energischwandte er sich gegen staatliche Eingriffe, öffentli-che Misswirtschaft und das Subventionsunwesen.Tatkräftig und streitbar scheute er sich nicht, dieDinge, die die Wirtschaft störten und behinderten,deutlich beim Namen zu nennen.

Über sein ehrenamtliches Engagement bei derIHK Düsseldorf hinaus leitete Friedrich Conzen von1969 bis 1984 als Präsident den Hauptverband desDeutschen Einzelhandels, dessen Ehrenpräsident erheute ist. Ferner war er Präsident der Deutsch-Fran-zösischen Handelskammer in Paris, war Vorstands-mitglied des Deutschen Industrie- und Handelsta-ges, des Ausstellungs- und Messeausschusses derDeutschen Wirtschaft sowie Aufsichtsratsmitgliedder Düsseldorfer Messegesellschaft. Seine Verdiens-te um die Handelsforschung und die Förderung derZusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Praxisehrte die Wirtschafts- und SozialwissenschaftlicheFakultät der Universität Köln 1979 mit der Verlei-hung der Ehrendoktorwürde. 1983 zeichnete derBundespräsident Friedrich Conzen mit dem GroßenBundesverdienstkreuz mit Stern aus.

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175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

sucht, um mit ihnen zu treffsicheren Einschätzungenzu gelangen. Unkonventionell war sicherlich auch der1964 umgesetzte Vorschlag der IHK, einen externenSachverständigen zur Bewertung der DüsseldorferHaushaltslage hinzuzuziehen.

Immer wieder spielten im Dialog mit den Kommu-nen grundsätzliche Fragen der Finanzausstattung derGemeinden eine wichtige Rolle. Dieses Thema war seitAnfang der 1960er Jahre ein Dauerbrenner. Die IHK hatsich dabei soweit wie möglich mit den Kommunen so-lidarisiert, wenn es um deren adäquate Finanzausstat-tung ging. Die Schmerzgrenze lag hier allerdings stetsdort, wo die Kommunen ertragsunabhängige Kompo-nenten in die Bemessungsgrundlage der Gewerbesteu-er einbeziehen wollten.

In der zweiten Hälfte der 1980erJahre hat die IHK ihre Stellungnahmenmit interkommunalen Haushaltsverglei-chen auf der Basis eines Kennziffern-Sy-stems angereichert. Inzwischen sind sol-che Vergleiche problematisch geworden,da die Städte in unterschiedlichem Ma-ße Funktionen in Tochtergesellschaftenausgelagert haben.

Die anhaltende Wachstumsschwä-che seit dem Jahr 2000 hat die Finanz-lage der Kommunen spürbar verschärft.Haushaltssicherungskonzepte, auch sol-che, die nicht genehmigungsfähig sind,gehören inzwischen schon zum Normal-bild. Erfreulich ist, dass in den meistenKommunen die Haushaltsdisziplin sostark gewachsen ist, dass Gewerbesteu-er-Anhebungen möglichst vermiedenwerden.

Dass erfolgreiche Entschuldung mitPrivatisierung betrieben werden kann,hat die Stadt Düsseldorf mit einem An-teilsverkauf der Stadtwerke im Jahre2000 bewiesen. Die IHK hat in der dazugeführten heftigen Kontroverse die Po-sition der Stadt unterstützt. Auch die Stadt Langenfeldbietet ein gutes Beispiel, wie durch eine erfolgreicheAnsiedlungspolitik und sparsame Haushaltsführung derWeg in die Komplettentschuldung möglich wird.

Kritisch sieht die IHK bis in die Gegenwart das Hin-eindrängen kommunaler Tochtergesellschaften in Ab-satzmärkte, die von privaten Unternehmen bereits be-setzt sind.

Die IHK hat daher das ihr mit der Reform der Ge-meindeordnung im Jahre 1997 zugestandene Recht zur

Stellungnahme in zahlreichen Einzelfällen genutzt undauf die negativen Folgen für die mittelständische Wirt-schaft aufmerksam gemacht.

Standortmarketing: Mit den Pfunden wuchernDie Standortattraktivität für Kunden und Besucher zuverbessern ist das Ziel des Stadtmarketings und Stadt-teilmarketings.

Ansätze zu diesem Thema gab es bereits früh, so et-wa mit der Gründung eines Arbeitskreises „City Proble-me“, der sich 1966 in Düsseldorf etablierte. Hier warendie innerstädtischen Verkehrsprobleme der Auslöser.Primär von Vertretern der Händler, der Fremdenver-kehrswirtschaft und der IHK getragen, ging es dem

Arbeitskreis um die „Lebendigerhaltung der Düsseldor-fer Innenstadt“. Wie im heutigen Stadtmarketing warschon damals die enge Zusammenarbeit zwischen derStadtplanung und der City-Wirtschaft ausdrücklich erwünscht.

In Ratingen formierte sich 1968 „aus tiefer Sorgeum die City-Zukunft und der für bedrohlich gehalte-nen Konkurrenz moderner Vertriebsformen“ im neuenStadtteil Eckamp der „Werbering Innenstadt Ratin-gen e. V.“.

Die Hildener Fußgänger-zone 1994: Ein Beispiel fürgelungenes Stadtmarke-ting.

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175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

Dieser Werbering wiederum schloss sich gemein-sam mit der IHK, der Kreishandwerkerschaft und denKirchen 1969 zur „Aktionsgemeinschaft Innenstadtsa-nierung Ratingen“ zusammen. Diese wurde seinerzeitvon der IHK moderiert.

Der breite Einstieg der IHK in das Thema Stadtmar-keting und damit auch der Städte im IHK-Bezirk be-

gann allerdings erst im Jahre 1989. Die IHK hat im KreisMettmann vor allem in den Jahren 1989 bis 1996 Stadt-marketing-Konzepte mitinitiiert und in zahlreichen Arbeitskreisen aktiv mitgewirkt. In den Städten desKreises Mettmann erkannten Kaufleute, Politik undVerwaltung zu dieser Zeit, dass die wachsende Mobi-lität der Kunden den Städten größere Anstrengungenabverlangte, ihre Attraktivität zu verbessern. Das Ziellautete: Die Bindung der Bürger – vor allem deren Kauf-kraft – und der auswärtigen Besucher an die Städte zufestigen.

Von Anfang an wurde das Stadtmarketing als Ge-meinschaftsprojekt verstanden. Es musste alle wichti-gen Akteure umfassen: Die Stadt, die Wirtschaft, aberauch die kulturellen Einrichtungen.

Methodisch war das Vorgehen in allen Städten sehrähnlich. Stärken-Schwächen-Analysen bildeten denAuftakt, die Formulierung von Zielen und Maßnahmenzur Attraktivitätssteigerung war Aufgabe spezieller Arbeitskreise und Projektgruppen, die konkrete Lö-sungsvorschläge erarbeiteten. Meist berichteten siedann vor dem koordinierenden Gremium, dem so ge-nannten Lenkungskreis.

Kultur, Städtebau, Stadtentwicklung und Verkehrhervorgegangen, so etwa das Projekt „Düsseldorf soll strahlen“, die „Mittsommernacht“, „Ab in die Mit-te“, „Die saubere Stadt (Dreck-weg-Tag)“.

Düsseldorf Marketing und Tourismus GmbH(DMT)Die DMT nahm ihre Geschäftstätigkeit im Jahre 2001als privat-öffentliche Gesellschaft auf. Gesellschaf-ter sind neben der Landeshauptstadt Düsseldorf dieMesse Düsseldorf, die Düsseldorf Congress Veranstal-tungsgesellschaft, der Einzelhandelsverband, das Fo-rum Stadtmarketing, die KreishandwerkerschaftDüsseldorf, die Destination Düsseldorf und die IHK.

Die Aufgabenbereiche der DMT liegen im Tou-rismus-Marketing, Stadtmarketing, Tagungs- undKongressmarketing, touristischen Incoming-Ge-schäft, in Stadtrundfahrten und Stadtrundgängen,im Veranstaltungsmanagement, Hotel-Vermitt-lungsservice und Messe- und Tagungsservice. Sie istBetreiberin der Tourist-Information am Bahnhof, imStadtzentrum und in der Altstadt und auch für dasSportmarketing der Landeshauptstadt zuständig.

Marketing für Düsseldorf

Destination Düsseldorf (DD)Die Initiative zur Gründung von DD im Jahre 1989ging insbesondere von Hoteliers und der Messe Düs-seldorf aus. Vorausgehende Diskussionen gab es da-zu im IHK-Fremdenverkehrsausschuss. In den 1990erJahren hat sich die DD auf die Vermarktung Düssel-dorfs nach außen konzentriert. Markenzeichen istvor allem die Jazz Rallye, die seit über 13 Jahrenbundesweit vermarktet wird. Die IHK ist Mitglied von DD.

Forum Stadtmarketing DüsseldorfDas Forum Stadtmarketing wurde 1998 von der IHK,dem Einzelhandelsverband, den Warenhauskonzer-nen sowie den fünf Innenstadt-Werbegemeinschaf-ten gegründet. Die IHK finanziert über ihre Mitglied-schaft hinaus Einzelprojekte des Forums Stadtmar-keting mit. Ziel des Forums Stadtmarketing ist es,durch abgestimmte Konzepte Bürgern und Besu-chern eine verbesserte Aufenthaltsqualität in Düs-seldorf zu bieten. Durch eine enge Partnerschaft mitPolitik, Verwaltung und Polizei sind verschiedeneProjekte aus den Bereichen Stadtmarketing, Kunst,

Treffen des Stadtteilmarke-tings Oberkassel 1995 mitVertretern der IHK.

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175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

In der ersten Stunde des Stadtmarke-tings im Jahre 1989 waren die Städte Vel-bert und Hilden dabei. Ein Jahr später folg-te Langenfeld, danach – in den Jahren1991 und 1992 – stießen Erkrath, Heili-genhaus, Mettmann, Monheim und Wülf-rath hinzu.

Zeitweise gab es bis zu 30 Arbeitskrei-se. In vielen dieser Arbeitskreise hat die IHKKonzepte für das Stadtmarketing mitent-wickelt. Im Vordergrund standen dabei immer- die verbesserte Erreichbarkeit der

Stadt für den Kunden und Besucher,- die Koordination von Veranstaltungen,- die Gründung von Interessengemeinschaften mit

dem Ziel, die Stadtwerbung zu fördern,- Image bildende Gemeinschaftsaktionen,- Verbraucherbefragungen,- Verbesserung der Parkplatzsituation und der

ÖPNV-Anbindung,- die Förderung der Außengastronomie,- Schaufenster-Wettbewerbe,- die Erarbeitung von Leitbildern zur künftigen

Stadtentwicklung.

Nach dieser Anschubphase im Kreis Mettmannschichtete die IHK ihre Aktivitäten seit 1993 kontinu-ierlich zur Entwicklung des Stadtteilmarketings in Düs-seldorf um. Den Auftakt bildete 1993 Oberbilk, ausge-hend von einer IHK-Studie über den Wandel dieses citynahen Stadtteils.

Die Stadtteilmarketing-Aktivitäten setzten sich1998 in Düsseldorf-Wersten, 2000 in Benrath und El-ler, 2004 in Garath und schließlich 2005 in Gerresheimfort.

In allen diesen Fällen hat die IHK die Stadtteilmar-keting-Arbeitskreise gegründet und moderierte pro-jektbezogene Diskussionen, die zu greifbaren Ergebnis-sen geführt haben. Im Sinne einer öffentlich-privaten

Partnerschaft sitzen einerseits die Mitglieder der IHK,nämlich Händler und Dienstleister, andererseits aberauch Polizei, Mitglieder der Bezirksvertretung und derBezirksverwaltungsstelle gemeinsam an einem Tisch.

Beispiel Oberbilk-Marketing

Der im Jahre 1993 gegründete und damit amlängsten bestehende Stadtteilmarketing-Arbeits-kreis hat mittlerweile 60 Mitglieder. Getagt wirdzumeist auf Einladung von Unternehmen, die derIHK und den Mitgliedern Gelegenheit geben, sienäher kennen zu lernen. Zahlreiche projektbezo-gene Diskussionen wurden in der Vergangenheitgeführt, etwa zur Wiederbelebung der Kölner Stra-ße, mit dem Ziel, Oberbilk wieder zu einem funk-tionierenden innerstädtischen Lebenszentrumwerden zu lassen.

Viele Einzelprojekte zur Verbesserung der Ver-kehrssituation und des Branchenmixes wurdenwährend dieser Zeit initiiert. Die Arbeit in Oberbilkkennzeichnete eine enge und gute Zusammenar-beit mit den Fachämtern der LandeshauptstadtDüsseldorf und der Bezirksvertretung.

Publikumswirksame Ver-marktung: Das Schadow-Straßenfest im Sommer1993.

1998 war die Gestaltung der Kölner Straße einer der Schwerpunkte des Stadtteilmarketingsin Wersten.

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turwandel, es gehen mehr Arbeitsplätze verloren alsneue entstehen.

Dennoch gab es bereits strukturelle Bestandsauf-nahmen der IHK, als die ungebremste Wachstumsdy-namik an sektorale oder regionale Strukturproblemenoch nicht denken ließ.

So legte die IHK schon 1957 eine Studie vor, die dieNachkriegsentwicklung in Düsseldorf in der Zeit seit1949 nachzeichnete. Der Titel „Düsseldorf 1949 bis1957 – acht Jahre wirtschaftlicher Aufstieg“ signali-sierte bereits, dass ein außerordentlich positiver Grund-tenor die Studie bestimmte. So vermeldete der Berichtin den Zwischenüberschriften: „Düsseldorf wächst“,„Neue Arbeitsstätten“, „Expansion der Industrie“, „Han-del auf hohem Niveau“. Aber er wies auch bereits aufein prägendes Merkmal hin, das bis heute – im Gegen-satz zu anderen – erhalten blieb: „Zunehmende internationale Verflechtung.“

Von Problemen war also noch nicht die Rede. Im Re-sümee hieß es damals: „Fasst man das Resultat aller Be-trachtungen zusammen, so lässt sich feststellen, dasswir in den letzten Jahren gut vorangekommen sind. DerAufschwung war heftiger, als es zum Beginn der markt-wirtschaftlichen Entwicklung die größten Optimistenzu hoffen wagten.“

Ende der 1950er Jahre konzentrierten sich dieStrukturanalysen der IHK auf die Rationalisierungs-spielräume der Industrie, was vor dem Hintergrund zu-nehmender Arbeitskräfteknappheit eine durchaus na-he liegende Fragestellung war.

In einer 1970 vorgelegten Strukturanalyse für Düs-seldorf klangen erstmals deutliche Warnungen an,künftig zu sehr auf den Tertiär- und Quartärsektor zu

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175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

Grundlage des Stadtteilmarketings ist stets die sy-stematische Marktforschung, die der praktischen Ar-beit vorauszugehen hat. Dazu gehören Geschäftserhe-bungen und -befragungen, um die aktuelle Angebots-situation zu erfassen, aber auch Branchenmixanalysen,Verkaufsflächenerhebungen und andere standortbezo-gene Fragen, etwa nach der Höhe der Geschäftsmietenund dem Parkplatzangebot. Ergänzt werden diese Da-ten durch Kundenbefragungen, um auch die Nachfra-geseite hinreichend zu beleuchten. Daraus abgeleitetwerden Ziele, Projekte und Maßnahmen, gegebenen-falls auch für einen längeren Zeitraum. Nicht zu kurzkommen dabei auch alle Themen der Sicherheit undSauberkeit im öffentlichen Straßenraum.

Im Juni 2005 hat die IHK schließlich ein NetzwerkStadtteilmarketing ins Leben gerufen. Hier soll überKonzepte und Ideen aus den jeweiligen Stadtteilmar-keting-Aktivitäten wechselseitig informiert werden.Ziel ist es, Aktionen abzustimmen, um Überschneidun-gen zu vermeiden oder um gemeinschaftlich etwas aufdie Beine zu stellen.

Erfreulich ist, dass immer wieder Großunternehmenmit Sitz in den jeweiligen Stadtteilen die Stadtteilmar-keting-Aktivitäten der IHK unterstützt haben. EineNebenwirkung war im Übrigen, dass durch die konti-nuierliche Beobachtung von Leerständen manch einemInteressenten ein Tipp bei seiner Suche nach einem ge-eigneten Ladenlokal gegeben werden konnte.

Strukturanalysen: Vom Sezieren und KombinierenStrukturfragen gewinnen immer dann an Bedeutung,wenn es der Wirtschaft schlecht geht. Konjunkturflau-te und Wachstumsschwäche beschleunigen den Struk-

IHK-Präsident Friedrich Conzen (rechts) und seineStellvertreter Rolf Schwarz-Schütte (Mitte) und AlbrechtWoeste erläuterten in derIHK-Vollversammlung 1983die Folgen des strukturellenWandels.

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setzen. Jede einseitige Förderung des Dienstleistungs-sektors sei eine Notlösung.

Für die Stadt Düsseldorf und den gesamten KreisMettmann – also den neuen IHK-Bezirk – legte dasRheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsfor-schung (RWI), Essen, 1977 im Auftrag der IHK eine um-fassende Strukturanalyse vor. Diese Studie wies nichtnur auf die begrenzten zukünftigen Wachstumsspiel-räume der Industrie hin, wobei sie vor allem den KreisMettmann meinte; sie zeigte auch die starken Ver-flechtungen zwischen den beiden Teilräumen auf, diezu engerer interkommunaler Zusammenarbeit führenmüssten.

Ein gravierender Strukturbruch im IHK-Bezirk lässtsich rückblickend in der ersten Hälfte der 1980er Jah-re konstatieren. Es war die Zeit der Diskussion über die35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich, die ver-meintlich den akuten Verlust an industriellen Arbeits-plätzen ausgleichen könnte.

Anfang 1983 hieß es in der Konjunkturanalyse derIHK: „Die ausbleibende Belebung der Binnenkonjunk-tur und das nachlassende Auslandsgeschäft zwangendie Unternehmen im Kammerbezirk zu weiterer Ko-steneinsparung und Rationalisierung, so dass der Ar-beitsmarkt erneuten Belastungen ausgesetzt war.“

Diesen gewaltigen Strukturbruch, den Prozess derDeindustrialisierung, sichtbar werden zu lassen und

daraus Vorschläge zur Therapie an Politik und Verwal-tung zu richten, war ein neuer Ansatz der standortpo-litischen Aktivität der IHK. Gleichzeitig sollten damitdie Lücken des RWI-Gutachtens geschlossen werden,das noch zu wenig auf die individuellen Besonderhei-ten der einzelnen Städte einging. So untersuchte dieIHK seit 1984 en détail die Deindustrialisierung in Düs-seldorf und im Kreis Mettmann, aber in den Folgejah-ren auch in den einzelnen Städten des Kreises Mett-mann wie in Heiligenhaus, Velbert und Wülfrath. Sieanalysierte die Ursachen und gab Hinweise zu mög-lichen Lösungen. Dabei spielte vor allem für die Di-skussion in Düsseldorf die Verfügbarkeit von Gewerbe-flächen und deren Mobilisierung eine besondere Rolle.

Die Analysen wurden in Politik und Verwaltung so-wie von den Unternehmen in den IHK-Gremien inten-siv diskutiert. Die Stadt Wülfrath ließ die IHK-Struk-turanalyse zu einem integralen Baustein der Begrün-dung ihres neuen Flächennutzungsplanes werden.

Rückblickend betrachtet, lag das Neue in dem em-pirischen Ansatz, mit handfesten Daten, mit eigenenUmfragen und auch mit Prognosen der kommunalenWirtschaftsförderung und den Stadträten Orientierungzu geben. Heute ist dies ein „Muss“, will die IHK in derstandortpolitischen Diskussion Gehör finden.

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68Recht und Unternehmensförderung: Von der Wiege bis zur Bahre

175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

Seit 1978 bietet die IHKein umfangreiches Bera-tungspaket für Existenz-gründer an.

Recht und Unternehmensförderung:

Von der Wiege bis zur BahreDie IHK unterstützt die Unternehmen in ihrem Lebens-zyklus – bei der Gründung, Nachfolge, Übernahme, Fe-stigung, Expansion und Beendigung der unternehme-rischen Tätigkeit.

Die IHK informiert über Wirtschaftsrecht, Steuernund Unternehmensfinanzierung, aber auch über öf-fentliche Förderprogramme. Sie setzt sich gegenüberPolitik und Verwaltung für Entbürokratisierung undPrivatisierung sowie eine unternehmensfreundlicheGesetzgebung ein.

Sie vermittelt der Wirtschaft und den GerichtenSachverständige und hilft den Unternehmen bei Kon-flikten mit ihren Geschäftspartnern.

Im gesamten Lebenszyklus von Unternehmen gibtes Kontakt zur IHK, sei es bei Fragen der Firmierung, derBeurteilung des Gründungsvorhabens, der Finanzie-rung oder der Suche nach einem geeigneten Nachfol-ger. Düsseldorf und der Kreis Mettmann verfügen überein gutes Gründungsklima, das dafür sorgt, dass der Be-stand an Unternehmen stetig wächst. Das gute Klimawird bestimmt durch die exzellente Qualifikation derArbeitnehmer, aus deren Reihen auch das Gros neuerExistenzgründungen stammt. Aber es kommt manchesandere hinzu: Das hohe Pro-Kopf-Einkommen, die er-hebliche Kaufkraft, die Chance, viele Kunden auf en-gem Raum zu erreichen, vom Outsourcing großer

Unternehmen zu profitieren oder deren Service- undBeratungsbedarf als Dienstleister abzudecken. Der KreisMettmann brilliert durch eine mittelständische Unter-nehmensstruktur, vielfach in der Leitung der Eigen-tümerfamilien. Nicht nur hier gilt es, die Nachfolge zuregeln.

Für Gründer, ansiedlungsbereite Unternehmen undUnternehmensnachfolger spielen funktionierendeNetzwerke der Know-how-Träger für ein solches Vor-haben eine besondere Rolle. Die IHK versteht sich alsTeil eines solchen Netzwerkes.

Nomen est omen - das giltauch bei der Wahl desrichtigen Firmennamens.

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69Recht und Unternehmensförderung: Von der Wiege bis zur Bahre

175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

Nicht zuletzt gehören auch Konflikte undKonfliktbereinigung zur Wirtschaft. Düsseldorf istein bedeutsamer Gerichtsstandort, aber auch einStandort mit großem Bedarf an außergericht-licher Konfliktbeilegung. Beides sind Themen, diedie IHK berühren. Gerichte benötigen zur fach-kundigen Einschätzung technischer und kauf-männischer Sachverhalte qualifizierte, von derIHK öffentlich bestellte und vereidigte Sachver-ständige; die Unternehmen benötigen zur zügi-gen Konfliktbereinigung Schiedsgerichte.

Auf die Sprünge helfenEnde der 1970er Jahre gewann die Existenzgrün-dungsberatung in der IHK spürbar an Bedeutung.Anfragen von Interessenten, die eine selbständi-ge berufliche Existenz aufbauen wollten, nahmenzu dieser Zeit erheblich zu. Darin spiegelte sichauch die angespanntere Arbeitsmarktlage wider,die die Selbständigkeit als Alternative zur Ar-beitslosigkeit attraktiv machte.

Die IHK half den Existenzgründern bei der Pla-nung und gründlichen Vorbereitung ihrer Vorha-ben. Seit 1978 bot sie ein umfangreiches Bera-tungspaket für Existenzgründer an. So erschien nochim selben Jahr eine Broschüre der IHK mit ersten Grund-informationen. Die Kammer sah ihre Aufgabe darin, inEinzelberatungen künftige Unternehmer nicht nurüber potenzielle Marktchancen zu informieren, son-dern sie auch deutlich auf die Risiken und persönli-chen sowie finanziellen Belastungen hinzuweisen.

1980 wurde die Förderung von Jungunternehmernund Existenzgründern weiter ausgebaut. Die monatli-che Sprechstunde des Arbeitskreises Existenzgründungder Düsseldorfer Wirtschaftsjunioren ergänzte zu die-sem Zeitpunkt die IHK-Beratungen.

1985 führte die Kammer eine Untersuchung der inden vergangenen fünf Jahren staatlich gefördertenExistenzgründungen durch, um die Effizienz öffent-licher Förderprogramme und mögliche Verbesserungs-ansätze für die eigene Gründungsberatung zu ermit-teln. Ein überraschendes Ergebnis war, dass die geför-derten Existenzgründer im Durchschnitt sechs Arbeits-plätze schufen und auch ein über dem Branchen-durchschnitt liegendes Umsatzwachstum verzeichnenkonnten. Mit einer guten Vorbereitung gelang also derStart in die Selbständigkeit.

Viele Gründungen werden berufsbegleitend vorbe-reitet. Daher fanden auch die ab Mitte der 1980er Jah-re erstmals an Samstagen angebotenen Existenzgrün-dungsseminare der IHK großen Anklang. Dabei stellte

Die bundesweite Existenz-gründungs- und Nachfol-gebörse Change online imInternet.

die IHK auch ein besonderes Interesse der Gründer aneiner (aktiven) Beteiligung an bereits bestehendenUnternehmen fest. Viele Gründer sahen erhebliche Vor-teile darin, in ein bereits am Markt etabliertes Unter-nehmen einsteigen zu können. So entstand die IHK-Be-teiligungsbörse in Düsseldorf, die im Jahre 1987 auchvon anderen Kammern übernommen wurde. Durch dieüberregionale Suche verbreiterten sich die Erfolgs-chancen bei der Suche nach geeigneten Unternehmendeutlich. Heute gibt es eine bundesweite Existenz-gründungs- und Nachfolgebörse unter www.change-online.de, die Angebot und Nachfrage zueinanderführt.

Ende der 1980er Jahre rückte die Unternehmens-nachfolge in mittelständischen Familienunternehmenimmer stärker in den Vordergrund. Der sich schon da-mals abzeichnende Wunsch, ein bestehendes Unter-nehmen im Generationswechsel zu übernehmen, istauch heute noch weit verbreitet. Zahlreiche Veranstal-tungen zur Unternehmensnachfolge mit Kooperations-partnern aus der Kreditwirtschaft und den städtischenWirtschaftsförderern bestimmten das Angebot der IHK.

Übrigens kamen die Gründer – und nicht nur sie –mit der IHK in einen frühen Kontakt, wenn es um diezutreffende Wahl ihres Firmennamens ging. Das deut-sche Firmenrecht war bis Ende der 1970er Jahre „eherkleinlich“, denn die Wahl des Firmennamens wurde sehr

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restriktiv gehand-habt, etwa um keinfalsches Bild von derwirklichen Bedeu-tung des Unterneh-mens zu vermitteln.Wer sich mit demAttribut „Westdeut-sche“ oder „Deut-sche“ im Firmenna-

men schmücken wollte, musste auch tatsächlich eineführende Position in seiner Branche einnehmen. Nachersten Liberalisierungsschritten, für die die IHK Düssel-dorf stets eingetreten ist, hat letztlich die Handels-rechtsreform von 1998 die Wahl des Firmennamens hinzu mehr Praktikabilität vereinfacht.

Der Existenzgründungsservice der IHK wurde nachder Wiedervereinigung im Jahre 1990 besonders inten-siv von Gründern genutzt, die auf die neuen Markt-chancen in Ostdeutschland setzten. In den ersten Wo-chen des Jahres 1990 informierten sich aber auch Inte-ressenten aus Sachsen und Thüringen als Teilnehmer inden Existenzgründungsveranstaltungen der IHK Düs-seldorf, weil sie an ihren Wohnorten noch kein ent-sprechendes Angebot vorfanden. Gerade in einer sol-chen Aufbruchphase mit „Goldgräber-Stimmung“zeigte sich immer wieder, dass nur fundierte Fach- undBranchenkenntnisse sowie ein durchdachtes Unterneh-menskonzept zu einer erfolgreichen Gründung führenkonnten.

Anfang der 1990er Jahre begann die IHK mit einergezielten Beratung zur Existenzsicherung. Das Ziel war,die Jungunternehmer nach dem Schritt in die Selb-ständigkeit durch ein zusätzliches Coaching zu unter-stützen. Dieses begleitende Angebot ist im Jahre 2004zusätzlich noch um eine Krisenberatung erweitert wor-den. Erstmals im Jahre 1993 bot die IHK auch eine Exi-stenzgründungsberatung für türkische Mitbürger an,gemeinsam mit dem Türkischen Generalkonsulat unddem Zentrum für Türkeistudien. Gerade im Handel undin der Gastronomie zeigte sich aus dieser Gruppe einlebhaftes Interesse an unternehmerischer Tätigkeit.

Im Herbst 1995 startete die Landesregierung ge-meinsam mit der Wirtschaft die Gründungsoffensive„GO“. Das neue an dieser Offensive war, dass einerseitsmit einer breiten PR-Kampagne das Thema Selbstän-digkeit und Existenzgründung über Plakate und Anzei-gen in die Öffentlichkeit getragen wurde. Nicht zuletztstand dahinter auch die Hoffnung, arbeitslosen Men-schen mit dem Sprung in die Selbstständigkeit eineneue Perspektive zu geben.

Die „GO“-Initiative verstärkte den Netzwerk-Ge-danken. So löste die Gründungsoffensive eine engereregionale Kooperation der IHK und der Handwerks-kammer mit den städtischen Wirtschaftsförderern so-wie den Banken und Sparkassen aus.

Im Rahmen dieser Zusammenarbeit entstandenauch Spezialveranstaltungen für Gründer aus ausge-wählten Wirtschaftszweigen, insbesondere aus derstark wachsenden Informations- und Kommunika-tionsbranche und für den Life Science-Sektor. Darüberhinaus entwickelte die IHK im Kreis Mettmann – zu-meist in enger Kooperation mit den Städten – ein flä-chendeckendes, regelmäßiges Informationsangebotfür Existenzgründer.

Neue Zielgruppen kamen verstärkt seit Ende der1990er Jahre auf die IHK zu: Arbeitslose, die unter Ein-satz von öffentlichen Fördermitteln der Arbeitsverwal-tung den Schritt in die Selbständigkeit wagten, nicht

Alle Hände voll zu tun hat-ten die Existenzgrün-dungsberater der IHK1990: Viele Gründer woll-ten die Marktchancen inOstdeutschland nutzen.

Existenzgründer, die sichmit einer „Ich-AG“ selb-ständig machen, kommenverstärkt auf die IHK zu.

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zuletzt auch die so genannten „Ich-AG“-Gründer imRahmen der Hartz-Reformen am Arbeitsmarkt.

Im Jahre 2002 startete die Kammer gemeinsam mitdem Wirtschaftsministerium NRW und der IHK Mittle-rer Niederrhein das Projekt „Go Senior Coaching NRW“.Ziel war es, das reichhaltige Erfahrungswissen von Se-nioren beziehungsweise erfahrenen Praktikern fürGründer und Jungunternehmer zu nutzen. Die IHKsversprechen sich bis heute von dieser weiteren Abrun-dung ihres Services Rat und Hilfe für junge Unterneh-men in kritischen Phasen kurz nach der Gründung.

Fördertöpfe anzapfenGerade im Zusammenhang mit der Existenzgrün-dungsberatung informierte die IHK die künftigenUnternehmer über öffentliche Finanzierungshilfen. Fürdie Gründer – denen es gleichzeitig an Eigenkapitalmangelte und wegen fehlender Sicherheiten auch anKreditwürdigkeit – war dies ein wichtiges Vehikel aufdem Weg in die Selbständigkeit.

Neben der Information und Einzelberatung lag dieRolle der IHK stets auch darin, zu konkreten Förderan-trägen gutachterlich Stellung zu nehmen. Aus ihrerlangjährigen Erfahrung mit öffentlichen Förderpro-grammen plädierte sie auch stets für eine Lichtung desFörderdschungels.

Heute stehen den Unternehmen mehr als 1.000 ver-schiedene Förderprogramme der EU, des Bundes undder Länder zur Verfügung. Die Haltung der IHK zu die-sen staatlichen Töpfen war immer ambivalent: Als Sub-ventionen, die aus dem allgemeinen Steueraufkommen

finanziert werden, waren sie ordnungspolitisch stetssuspekt. Gleichwohl: Wenn die öffentliche Hand sieschon einmal anbot, sah sich die IHK auch verpflichtet,ihren Mitgliedsunternehmen den Zugriff zu erleich-tern.

Know-how für StreitfälleDie Industrie- und Handelskammern bestellen und ver-eidigen Sachverständige aus vielfältigen Fachgebieten.Ihre Aufgabe ist es vor allem, in Gerichtsverfahren inkaufmännischen oder technischen Fachfragen denRichter mit Sachkunde zu unterstützen. Gerade der lan-

ge Weg der Vorbereitung bis hin zum Nachweis seinerbesonderen überdurchschnittlichen Fachkenntnissemacht die Qualifikation der IHK-Sachverständigen aus.Dabei überprüft ein Fachgremium die erforderlicheSachkunde. Erst nach bestandener Prüfung erfolgt dieöffentliche Bestellung und Vereidigung durch die IHK.

Ab Mitte der 1950er Jahre nahm die Bedeutung desSachverständigenwesens zu, die rasante technischeund wirtschaftliche Entwicklung dieser Jahre erklärteden wachsenden Bedarf an Sachverständigen in immerneuen Fachgebieten. Die Bestellung und Vereidigungder Sachverständigen erfolgte stets nach eigenem Sat-zungsrecht der IHK.

So trat im Jahre 1962 eine neue Sachverständigen-ordnung in Kraft, die seither immer wieder neuen Er-fordernissen angepasst wurde.

Die IHK Düsseldorf beteiligte sich Anfang der1970er Jahre an der Neuregelung des Sachverständi-genbeweises im Gerichtsverfahren und setzte sichgleichzeitig für eine angemessene Entschädigung derSachverständigen im Gerichtsverfahren ein.

Ein neuer Markt für die Sachverständigen entstandEnde der 1980er Jahre, als diese auch die Prüfung über-wachungsbedürftiger Anlagen vornehmen durften und

Öffentliche Förderpro-gramme waren im April1990 Titelgeschichte derIHK-Zeitschrift „UnsereWirtschaft“.

Kraftfahrzeugsachverstän-dige aus der ganzenBundesrepublik trafen sich1985 zu einem Erfah-rungsaustausch in der IHK.

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damit die Unternehmen unter einer Viel-zahl fachkundiger Partner auswählenkonnten.

Mit der steigenden Nachfrage nachSachverständigen wuchs schließlich auchder Wunsch nach mehr überregionalerTransparenz. Nicht in jeder Region stehenSachverständige aus allen Fachgebietenzur Verfügung. Derzeit benennt die IHKjährlich rund 6.200 Sachverständige aufAnfrage von Gerichten, von Unterneh-men und Privatleuten. Gleichzeitig nahmin den letzten anderthalb Jahrzehntenauch die Nachfrage nach Sachverständi-gen zu, die in Streitfällen als Schiedsgut-achter tätig werden sollten. Um derwachsenden, fachlich immer stärker spe-zialisierten Nachfrage gerecht zu werden,

entstand in den 1990er Jahren eine bundesweite Sach-verständigendatei.

Bei der IHK Düsseldorf sind zurzeit über 130Sachverständige für über 70 verschiedene Sachge-biete vereidigt. Der Tenor der Vereidigung, der dasbesondere Fachgebiet umschreibt, nennt die ver-schiedensten Bereiche wie „Bodenmechanik, Erd-und Grundbau“, „Lasern zur Erzeugung von Licht-effekten“, „Brand- und Explosionsursachen“ oderauch gängige Begriffe wie „Schäden an Gebäu-den“, „Sicherheitsschlösser“, „Bewertung vonHausrat“.

2004 wurden die ersten Sachverständigen „fürdie Verifizierung im Treibhausgas-Emissionshan-del“ von der IHK Düsseldorf bestellt und vereidigt.

Wettbewerb und Kooperation unter Kaufleutenverlaufen nicht immer ohne Konflikte. Der Ausgleichdivergierender Interessen außerhalb der Gerichte in ei-nem schnellen Verfahren ist den Unternehmen einwichtiges Anliegen.

1958 richtete die IHK daher eine Einigungsstelle fürWettbewerbsstreitigkeiten ein. Bis heute konnte in denmeisten Streitfällen ein gütlicher Ausgleich gefundenwerden.

Das Besondere an dieser Lösung war, dass damit einwenig formgebundener Weg der Konfliktbereinigunggefunden wurde. Anfangs standen vor allem Mei-nungsdifferenzen der Kaufleute über Rabattaktionenim Vordergrund.

1968 fasste der Bundestag die Rechtsgrundlage fürdie Einigungsstelle – § 27 des Gesetzes gegen den un-lauteren Wettbewerb (UWG) – neu, was durchaus imInteresse der IHK lag. Den Einigungsstellen wurde da-mit – wie bereits in der Vorkriegszeit – zugestanden,sich gutachterlich zu Wettbewerbsverstößen auch oh-ne Zustimmung der betroffenen Parteien zu äußern.

Seit den 1950er Jahren hat sich die IHK in allen Stel-lungnahmen zur Gesetzgebung dafür engagiert, dasGesetz gegen den unlauteren Wettbewerb nicht nurden Verbraucherinteressen, sondern auch den Interes-sen der Unternehmen anzupassen. Das aktuelle UWGzeigt in dieser Hinsicht gegenüber den 1960er Jahrenmanche Fortschritte, lässt allerdings noch immer eini-ge Wünsche offen.

Bereits zu Beginn der 1950er Jahre wirkte die IHKauch bei der Bildung von Schiedsgerichten mit. Vor al-lem die Vereinheitlichung der Schiedsgerichtsbarkeitwar ihr ein wichtiges Ziel. Im Jahre 1976 verabschiede-te sie eine eigene Schiedsgerichtsordnung. Zu vielenSchiedsgerichtsverfahren schlug die Kammer Vorsit-zende und sachkundige Beisitzer vor. Einen Auf-schwung erlebte die Schiedsgerichtsbarkeit im Zugeder deutschen Einheit und der Wirtschaftsreformen inOsteuropa als Alternative zu den ordentlichen Gerichten.

Zu einem neuen Instrument der Konfliktbereini-gung wurde schließlich nach dem Jahre 2000 das so ge-nannte Mediationsverfahren, das im angelsächsischenRaum schon weit verbreitet war. In Mediationsverfah-ren finden die Konfliktparteien selbst durch eigene Ver-handlungen unter der Leitung eines „Mediators“ einevon beiden Seiten akzeptierte Lösung. Dieses Verfahrensetzt – im Unterschied zu allen gerichtlichen Verfahren– auf das Prinzip des freiwilligen Ausgleichs. Die IHKkommuniziert dieses Verfahren seit einigen Jahren,denn sie ist davon überzeugt, dass die Mediation allei-ne aus Kostengründen einer gerichtlichen Ausei-nandersetzung vorgeschaltet werden sollte.

Im Jahre 2003 verabschiedete die Vollversammlungder IHK Düsseldorf eine eigene Mediationsordnung fürdie Mitgliedsunternehmen. Auch verfügt die Kammerselbst inzwischen über geeignete Mediatoren.

Wider den unlauteren WettbewerbIm Jahre 1953 stellte die IHK nach einer Umfrage fest,dass die Unternehmen für die Beibehaltung des Ra-battgesetzes, der Zugabenverordnung und der Rege-lungen für Sonderverkäufe plädierten. Der IHK wurdenzahlreiche Regelverstöße mitgeteilt, um die unlauterenWettbewerber zur Unterlassung aufzufordern.

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1967 hatte sich die Kammer unter an-derem mit folgenden Verstößen gegen dasZugabewesen zu befassen:

Verpackungen, die nicht handelsüblichesZubehör darstellen:

- Delfter Schälchen als Verpackungfür Senf,

- Bier – oder Whiskygläser als Senfbe-hälter,

- holländischer Honigkuchen in Kühl-schrankbehältern aus Kunststoff,

- Suppenwürze in Eierbechern.

Nicht handelsübliche Nebenleistungen:- Kostenlose Verlegung eines Kunst-

stoffbodenbelages,- freie Fahrt zu einem außerhalb Düs-

seldorfs gelegenen Möbellager,- kostenlose Änderung von Fertigklei-

dung,- kostenlose Gravur von Trauringen,- Aufhängen von Gardinen ohne Be-

rechnung,- kostenloser Unterricht beim Kauf ei-

ner Schreibmaschine.

Weitere Beispiele verbotener Zugaben:- Zugabe eines Autoradios bei Kraftfahrzeugkauf,- bei 20 Rasierklingen Zugabe eines Stücks Rasier-

seife,- bei Neueröffnung Abgabe eines Präsentkorbes an

jeden 100. Käufer,- kostenlose Zugabe einer Nerzstola beim Kauf ei-

nes Pelzmantels am Eröffnungstage.

Im Jahre 2001 hat der Gesetzgeber das Rabattge-setz und die Zugabenverordnung aufgehoben, drei Jah-re später reformierte er das UWG und hob damit unteranderem die Regeln für die Saisonschlussverkäufe undSonderverkäufe auf.

Anwalt des MittelstandesDie mittelständische Wirtschaft mit ihren besonderenProblemen war in der IHK schon Mitte der 1950er Jah-re zu einem viel diskutierten Thema geworden. Ein-drucksvoll belegt dies eine Schrift der Kammer aus demJahre 1957. Unter dem Titel „Der Mittelstand zwischenBedrängnis und Bewährung in der Sozialen Marktwirt-schaft“ skizzierte die IHK die Grundzüge einer markt-gerechten Mittelstandspolitik. Die darin angesproche-

nen Themen sind auch heute noch für die mittelstän-dische Wirtschaft von großer Aktualität: Die Steuerpo-litik, die Kredit- und Kapitalversorgung, die Behaup-tung im Wettbewerb, das Nachfolgeproblem sowie dieHilfe zur Selbsthilfe, also die Kooperation mittelständi-scher Unternehmen. Der Schlusssatz dieser Schriftpasst durchaus zur Gegenwart: „Die Gesellschaft undder Staat, welche die Bedeutung des selbständigen ge-werblichen Mittelstandes immer wieder betonen, müs-sen die Aufrichtigkeit ihrer Worte dadurch beweisen,dass sie ihre Politik darauf ausrichten, die Existenz-grundlagen und Lebensbedingungen für einen solchenMittelstand zu schaffen und zu sichern, das heißt, ihmdie Möglichkeit zur Eigentumsbildung und die Freiheitzu unternehmerischer Betätigung geben.“

Zur Verbesserung der mittelständischen Unterneh-men unterstützte die IHK in der Mitte der 1960er Jah-re die Gründung von Kreditgarantiegemeinschaften fürdie gewerbliche Wirtschaft. So stimmte die Vollver-sammlung 1965 der Gründung der Kreditgarantiege-meinschaft Nordrhein-Westfalen zu. Die IHK beteiligtesich schließlich 1966 gemeinsam mit den übrigen Kam-mern im Lande, den Wirtschaftsverbänden und Kredit-

Neueröffnung des Ernst-Schneider-Saals 1965. Imselben Jahr stimmte dieVollversammlung hier derGründung der Kreditga-rantiegemeinschaft Nord-rhein-Westfalen zu.

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instituten an der Kreditgarantiegemeinschaft für Indu-strie, Verkehrs- und sonstiges Gewerbe in Nordrhein-Westfalen GmbH. Ihr vorrangiges Ziel war es, mittlerenund kleinen Unternehmen Bürgschaften für mittel-und langfristige Kredite zu gewähren.

Die Finanzierung mittelständischer Unternehmenblieb auch in der Folgezeit immer wieder im Blickpunkt,so etwa 1971, als sich die IHK für die Errichtung einerBeteiligungs-Garantiegemeinschaft einsetzte. Siewandte sich auch immer wieder neuen Finanzierungs-themen wie dem Leasing oder – in den letzten Jahren– der Mitarbeiter-Kapitalbeteiligung und dem Rating-Thema (Basel II) zu.

Auch viele der steuerpolitischen Diskussionen hat-ten durchaus einen „Mittelstands-Touch“. Vertraut klin-gen noch heute Überlegungen aus den frühen 1950erJahren, dass eine „Überspannung von Steuertarifen“letztlich zu einer Einbuße beim Steueraufkommenführt, weil sie die Firmen demotiviert und Ausweichre-aktionen bei ihnen hervorruft.

Deutlich wird der Mittelstandsaspekt an der Um-satzsteuerdiskussion. Bereits 1958 bezog die IHK dazuPosition, also zehn Jahre vor der umfassenden Reformdieser Steuer. Die Kritik richtete sich vor allem gegendie Bruttoallphasen-Umsatzsteuer, die keinen Vorsteu-erabzug zuließ und damit vertikal integrierte Groß-unternehmen gegenüber dem Mittelstand im Preis-wettbewerb bevorzugte.

Die Umsatzsteuerreform zog sich bis 1968 in dieLänge, weil ab 1963 die Frage der Angleichung der Umsatzsteuersysteme in der EWG mit hineinspielte. Seit Anfang der 1980er Jahre bot die IHK regelmäßigeInformationsveranstaltungen nicht nur zur Umsatz-steuer, sondern auch zur Einkommensteuer und zumReisekostenrecht an.

Netzwerk MittelstandAnfang 2000 haben die Industrie- undHandelskammern bundesweit ein „Netz-werk Mittelstand“ aufgebaut. Maßgeblichwar daran auch der seit 1999 bestehendeMittelstandsausschuss der IHK Düsseldorfbeteiligt. Gemeinsam ist allen darin ver-tretenen Unternehmen, dass sie vom In-haber selbst geführt werden.

Das „Netzwerk Mittelstand“ will derPolitik konkrete Vorschläge zur Verbesse-rung der Lage mittelständischer Unter-nehmen unterbreiten.

Seit 2002 sind dazu auch vom IHK-Mittelstandsausschuss zahlreiche Vor-schläge zum Bürokratieabbau und zur Be-

reinigung von Gesetzen und Verordnungen formuliertworden.

Mittler zwischen Staat und WirtschaftWenn die Industrie- und Handelskammern gelegentlichals Mittler zwischen Staat und Wirtschaft charakteri-siert werden, so trifft dies auf alle Rechtsfragen, die dieWirtschaft berühren, ganz besonders zu. Zum einengeht es der IHK darum, in der Phase der Entstehung eines Gesetzes die Wirkungen auf die Wirtschaft abzu-schätzen und aus der engen Rückkopplung mit denUnternehmen Ansatzpunkte für die Modifikation einesGesetzentwurfes zu gewinnen. Zum anderen liegt einewichtige Kammeraufgabe darin, die Unternehmen überneue Gesetze und Verordnungen zu informieren undfür neue Rechtslagen zu sensibilisieren. BesonderenStellenwert hatte für die Kammer dabei stets, denUnternehmern eine erste praxisbezogene Informationund Hilfestellung zu den rechtlichen Neuerungen zugeben.

Die GmbH-Reformen mit der Ausdehnung desStammkapitals von zunächst 5.000 über 20.000, dannauf 50.000 D-Mark, heute 25.000 Euro, gehörten eben-so dazu wie die verschärften Publizitätspflichten, dieMitte der 1980er Jahre erstmals den Einfluss Brüsselsauf das deutsche Gesellschaftsrecht nur zu deutlichwerden ließen. Ein Bestseller, der die Unternehmen fürihre neuen Publizitätspflichten sensibilisierte, ihnenaber auch klar machte, wer nun künftig Einblick in bis-lang interne Unternehmensdaten nehmen konnte, war„Die GmbH vor dem Röntgenschirm“. Diese IHK-Infor-mationsschrift fand in etlichen Nachdrucken im Jahre1986 geradezu reißenden Absatz.

Auch die Aktienrechtsreformen der Jahre 1966 und1994 brachten die IHK besonders stark in die Mittler-

Die IHK als Mittler zwi-schen Staat und Wirt-schaft: Gespräch über dieAuswirkung der Steuerre-form mit den Kämmerernund Stadtdirektoren 1988.

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175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

rolle zwischen Unternehmen und Staat. Die 1994er Re-form basierte auf einem Vorschlag, den die IHK-Orga-nisation der Politik unterbreitet hatte; sie brachte ne-ben der Ein-Personen-AG zahlreiche Erleichterungen.

Der Europäische Gerichtshof hat inzwischen mitverschiedenen Entscheidungen den Wettbewerb derRechtsformen in Europa beschleunigt. So hat eine nachdem Recht eines Mitgliedsstaates der EU errichtete Ge-sellschaft das Recht, in jedem anderen Mitgliedsstaattätig zu werden. Diese Entscheidung führte zur ver-mehrten Gründung der englischen Limited, die geradefür kleine und mittlere Unternehmen wegen des gerin-gen Kapitaleinsatzes attraktiv erschien. Um pro undcontra sichtbar zu machen, war allein in den Jahren2004 und 2005 die „Limited“ sieben Mal Thema vonIHK-Informationsveranstaltungen.

Aber auch über das Gesellschaftsrecht hinaus stan-den Gesetzesänderungen immer wieder im Fokus derIHK-Arbeit: So veränderte sich nach mehr als 100 Jah-ren im Jahre 2002 das Kaufrecht durch die Schuld-rechtsreform erheblich. Die Änderungen im Gewährlei-stungsrecht, bei allgemeinen Geschäftsbedingungenund beim Unternehmenskauf waren daher Thema zahl-reicher IHK-Veranstaltungen für die Mitgliedsunter-nehmen.

Von gewerblichen Schutzrechten zur MarkenpiraterieGewerbliche Schutzrechte wie Patente, Gebrauchsmu-ster und Warenzeichen erforderten bereits 1954 einIHK-Beratungsangebot für die Unternehmen.

GmbH oder „Limited“? Diese Frage wurde in meh-reren IHK-Veranstaltungendiskutiert.

Exponate der Ausstellung„Original und Fälschung“.

Das Thema hat an Aktualität nicht verloren. ImGegenteil: Heute ist die Markenpiraterie ein großesProblem. Nach Schätzungen des Deutschen Industrie-und Handelskammertages beläuft sich der jährlicheSchaden durch Produktfälschungen auf mehr als 200Milliarden Euro weltweit und allein in Deutschland auf20 Milliarden Euro.

In den Jahren 2004 und 2005 hat die IHK in Semi-naren über die Markenpiraterie informiert. Im Frühjahr2005 fand dazu eine kleine Ausstellung im Foyer derIHK statt, die an konkreten Beispielen „Original und Fäl-schung“ zeigte.

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76International: Der Duft der großen weiten Welt

175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

In allen Fragen des internationalen Geschäftes verstehtsich die IHK als erster Ansprechpartner ihrer Mitglieds-unternehmen. Darüber hinaus steht sie allen Unter-nehmen in Nordrhein-Westfalen offen, soweit es umFragen der von ihr landesweit betreuten Schwerpunkt-länder geht.

Die IHK ist Partner für alle ausländischen Unter-nehmen und Institutionen, die Kontakte in Düsseldorfund im Kreis Mettmann suchen.

Die IHK unterstützt Unternehmen, die noch nichtim Ausland tätig sind, bei ihren ersten Schritten. Sie

hilft allen Firmen bei der Erschließung großer Wachs-tumsmärkte wie China, Indien und Russland. Sie stelltAußenwirtschaftsdokumente unbürokratisch zur Ver-fügung und berät bei der zolltechnischen und rechtlichkorrekten Abwicklung des Handels.

In Deutschland gehören Stadt und Region Düssel-dorf zu den führenden Außenhandelsplätzen. Rund 15Prozent des deutschen Außenhandels werden an Düs-seldorfer Schreibtischen abgewickelt.

Internationalität eines Standortes bedeutet inzwi-schen aber deutlich mehr als nur den Austausch von

Pflege ausländischer Kon-takte nach dem Krieg: IHK-Empfang des konsu-larischen Korps 1950.

Der Duft der großen weiten Welt

International:

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77International: Der Duft der großen weiten Welt

175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

Gütern: Kapitalströme, vor allem Direktinvestitionen inbeiden Richtungen, Distribution und Logistik für dieeuropäischen Absatzmärkte, Outsourcing durch Verla-gerung industrieller und zunehmend auch tertiärerVorleistungen in Niedriglohnländer, Unternehmens-Kooperationen über die Grenzen hinweg, Ansiedlungausländischer Unternehmen, Verfügbarkeit internatio-naler Führungskräfte und international orientierterMitarbeiter und nicht zuletzt eine Informations-Infra-struktur, mit der sich internationale Geschäftsbezie-hungen leicht anbahnen lassen. Vieles davon bietet dieRegion Düsseldorf auf überschaubarem Raum.

Die zentrale geografische Lage innerhalb des euro-päischen Binnenmarktes war eine der entscheidendenErfolgsvoraussetzungen für ausländisches Engagementin der Nachkriegszeit und führte zu erheblichen Inve-stitionen, insbesondere der amerikanischen, britischen,niederländischen und japanischen Wirtschaft. Letzte-rer fiel eine spürbare Signalwirkung auch für andereLänder des asiatischen Raumes zu. Die Motivation, indie Düsseldorfer Region zu kommen, hing eng zusam-men mit der außerordentlich hohen Dichte an Unter-nehmen und damit zu potenziellen Partnern bei Absatzund Beschaffung. Die Nähe zu den Märkten in denNiederlanden, in Belgien und in Frankreich tat ein Übriges im Zuge der europäischen Integration.

Kontinuierlich wuchs nach dem Krieg nicht nur dieAnzahl ausländischer Unternehmen und Repräsentan-zen auf inzwischen rund 5.000 in der Region; es ent-standen mehr und mehr Konsulate sowie sonstige aus-ländische Wirtschaftsförderungseinrichtungen. Diesesind exzellente Know-how-Träger zur Intensivierungdes Handels und der Kapitalströme und zur Steigerungdes Bekanntheitsgrades der Region im Ausland. Hinzu

kommt, dass gerade am Standort Düsseldorf zahlreicheGeschäftsbanken die Wirtschaft in allen Fragen der Fi-nanzierung des Auslandsgeschäftes fachkundig beglei-ten.

Die unter dem Landesdurchschnitt liegende Ex-portquote der Wirtschaft im Kreis Mettmann könntedie Schlussfolgerung nahe legen, dass sie weniger vonder Internationalisierungerfasst ist als die in der StadtDüsseldorf. Die Exportquoteist aber kein wirklich aussa-gekräftiger Indikator für dieAuslandsabhängigkeit derUnternehmen. Vielmehr ka-schiert sie, dass zahlreicheder mittelständischen Un-ternehmen im Kreis indirektin sehr hohem Maße auchvon den Exporterfolgen ih-rer Abnehmerbranchen ab-hängig sind. Dies gilt insbe-sondere für die Zuliefererder Automobilindustrie.

Ein Merkmal der Internationalisierung der Wirt-schaft im Kreis Mettmann ist es, dass zahlreiche Zulie-ferer ihren Abnehmerbranchen, wie der Automobilin-dustrie, in die neuen Wachstumsmärkte folgen. Hinzukommt, dass gerade die Zuliefererindustrie unter Ko-stengesichtspunkten einfachere Komponenten mehrund mehr aus Niedriglohnländern bezieht, um ihreEndprodukte wettbewerbsfähig zu halten.

Sie fragen – wir antwortenDie Außenwirtschafts-Dienstleistungen der IHK spielensich traditionell in einer beachtlichen Spannweite ab –zwischen den täglichen Anfragen zu Zöllen und zur Ab-wicklung des Außenhandels bis hin zum Empfanghochkarätiger ausländischer Delegationen.

Information und Beratung im Tagesgeschäft kon-zentrierten sich schon seit den frühen 1950er Jahrenauf Zoll-, aber auch auf Rechtsfragen des Warenver-kehrs; in der Wiederaufbauphase mit den sich rasch an-bahnenden Exporterfolgen der deutschen Wirtschaftbrauchten vor allem die mittelständischen Unterneh-men diese Unterstützung. Bereits seit 1947 deckte dieIHK den rasant wachsenden Informationsbedarf über ei-nen regelmäßigen Rundschreibendienst zur Außenwirt-schaft ab.

In der ersten Phase der europäischen Integration zuBeginn der 1960er Jahre stand die Frage im Mittel-punkt, wie sich in- und ausländische Unternehmen auf

Internationale Kontakteknüpfen: Hier beim Em-pfang mit dem ägyptischenStaatspräsidenten HosniMubarak (links) und DIHT-Präsident Hans Peter Stihl1989.

Ausländische Direktinvestitionen

Wiederholt hat die IHK bereits in den 1960er Jah-ren die Unternehmen mit ausländischer Kapitalbe-teiligung untersucht.

1964 ließen sich 113 Unternehmen mit auslän-dischem Kapital in die Handelsregister des IHK-Be-zirkes eintragen. Davon stammten 25 Prozent ausGroßbritannien, 19 Prozent aus den USA. Japan(acht Prozent) lag mit Kanada gleichauf hinter derSchweiz (13 Prozent) an vierter Position.

Insgesamt 942 Unternehmen mit ausländischerKapitalbeteiligung ermittelte die IHK bereits imJahre 1966.

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175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

die neuen Marktbedingungen in Europa vorbereitensollten.

Die ausgehenden 1960er Jahre standen unter demEinfluss zunehmender Produktionsengpässe, das Inte-resse der Unternehmen an Zulieferungen aus dem Aus-land stieg deutlich an. Die IHK baute ihre Beratung überausländische Bezugsquellen zügig aus.

Kaum ein Jahrzehnt später bot sich das umgekehr-te Bild: Die zu Beginn der 1980er Jahre einsetzendeKonjunkturflaute regte immer mehr das Interesse klei-ner und mittelständischer Unternehmen am Exportge-schäft an, um einen Ausgleich für die schwacheBinnennachfrage zu finden. Ein Ansatzpunkt, um dieUnternehmen bei Auslandsanfragen ins Geschäft zubringen, war der Aufbau einer Datenbank der Im- undExportprodukte der Mitgliedsfirmen. Gleichzeitig er-

fasste die IHK in dieser Datenbank auch die Länderinteressen der Unternehmen,um eine zielgruppengerechte Ansprachebei Informationsveranstaltungen zu ga-rantieren.

In diese konjunkturelle Schwäche-phase fiel auch der Ausbau der interna-tionalen IHK-Kooperationsvermittlung,die gegen Ende des Jahrzehnts vor allemden Aufbau von Geschäftsbeziehungenzu osteuropäischen Betrieben erleichternsollte.

Internationale Konflikte spiegeltensich auch immer wieder deutlich im Be-ratungsbedarf der Unternehmen wider.So stand Anfang 1991 – vor dem Hinter-grund des zweiten Golfkrieges – der Ex-port von so genannten Dual-Use-Gütern,die neben der zivilen auch für die militä-rische Verwendung tauglich waren, imMittelpunkt.

Bis zur Gegenwart steckt die Abwicklung des inter-nationalen Warenverkehrs voller Einzelprobleme, wieMitte 2005 die Wiedereinführung von Einfuhrquotenfür Textilerzeugnisse gezeigt hat. Und auch die Be-kämpfung des internationalen Terrorismus seit dem 11.September 2001 fordert ihren Tribut, etwa bei der Ab-wicklung des Containerverkehrs mit Nordamerika.

So lässt sich im Rückblick feststellen, dass der inter-nationale Handel seit dem Kriege enorme Liberalisie-rungsfortschritte erfahren hat, aber die Tücken seinerAbwicklung immer noch im Detail stecken. Nicht mehrFragen nach der Höhe eines Zollsatzes, sondern nicht-tarifäre Handelshemmnisse und neue Formalitäten alsFolge von Überwachungsmaßnahmen zur Terrorbe-kämpfung und –vorbeugung stehen nunmehr imMittelpunkt der Tagesarbeit.

Die lettische Staatspräsi-dentin Vaira Vike-Freiberga2005 beim Eintrag in dasGoldene Buch der Kammer. Begrüßt wurde sie vonIHK-Vizepräsident MichaelRosenberg.

Immer wieder war JapanThema in der IHK. Hier einEmpfang japanischerUnternehmerinnen 1969.

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Auch die Ansatzpunkte, wie man Unternehmen derRegion mit ausländischen Geschäftspartnern in Ver-bindung bringt, haben sich im Laufe der Zeit erheblichverändert. Zu den reinen Informationsveranstaltungen,den Länder- und Investitionsseminaren sind handfesteKontaktbörsen, Intensivberatungen in Form von Ein-zelgesprächen und die Begleitung auf den neuen Märk-ten getreten. Die Gründung von Firmenpools als Ge-meinschaftsbüros mittelständischer Unternehmen imAusland, die Organisation von Firmenkontakttreffenund Delegationsreisen in beide Richtungen gehören zudem erweiterten Instrumentenkasten.

Ein besonderer Glücksfall ist es bis heute, dass ge-rade Düsseldorf neben Hamburg, Frankfurt und Mün-chen bevorzugtes Ziel ausländischer Delegationen ge-worden ist.

Erheblich verändert haben sich im Laufe der Zeitauch die Ansprüche der Kammermitglieder an die Kam-mer. Gefragt sind qualitativ hochwertige Informatio-nen, vor allem über rechtliche Rahmenbedingungenauf Auslandsmärkten.

Zudem wird von der Kammer erwartet, dass sie alsLotse durch das immer umfangreichere Informations-angebot führt. Im Zuge des allgemeinen Globalisie-rungsprozesses ist der an außenwirtschaftlichen Fra-gen interessierte Kundenkreis weit über den klassischenBereich der Industrie und des Außenhandels hinausge-wachsen und erstreckt sich inzwischen auch auf dasDienstleistungsgewerbe.

Nicht jede Kammer kann die gesamte Bandbreiteländerspezifischen Wissens vorhalten. Selektion undarbeitsteilige Spezialisierung in Abstimmung mit denübrigen IHKs sind daher ein „Muss“.

Dass die IHK Düsseldorf sich stets intensiv mit demSchwerpunktland Japan befasste, lag bei der besonde-ren Konzentration japanischer Unternehmen in derStadt Düsseldorf nahe. Ähnliches gilt für die Schwer-punktländer Korea und Indien. Neue Impulse für dieSpezialisierung lieferten auch die Städtepartnerschaf-ten, zum Beispiel der Stadt Düsseldorf mit Moskau.

Betrachtet man die Methoden des Außenwirt-schafts-Services der IHK, so haben Ländersprechtageund Delegationsreisen in beiden Richtungen eine lan-ge Tradition, die bis in die 1950er Jahre zurückreicht.Eine der frühen Düsseldorfer Delegationen reiste 1963nach London zur Vorbereitung der Britischen Woche inder IHK, die im Mai 1964 stattfand.

Ab Mitte der 1970er Jahre gab es regelmäßige De-legationsreisen ins Ausland, so zum Beispiel 1976 eineFachinformationsreise nach Japan mit rund 100 Teil-nehmern. Es folgten – wegen des durchschlagenden Er-

folges dieser Reise – weitere nach Südamerika, Süd-afrika, China, Kanada und Australien.

In jüngster Zeit waren es vor allem die „Düsseldor-fer Wirtschaftstage in Moskau“, die 2005 bereits zum5. Mal stattfanden und in der Wirtschaft auf große Re-sonanz stießen.

Die Präsentation auf Auslandsmessen – auch aufFirmengemeinschaftsständen – blickt ebenfalls auf ei-ne langjährige Tradition in der IHK zurück. Diesen Pro-zess zu organisieren, war bis in die zweite Hälfte der1990er Jahre Aufgabe der Außenhandelsstelle für diemittelständische Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen,einer von den Handwerks- und Industrie- und Han-delskammern getragenen Organisation.

Auf Auslandsmärkten Fuß fassenImmer gab es besondere Länderschwerpunkte, die sichkontinuierlich über die Jahrzehnte hinweg als „Anker“erwiesen.

Zu den „Ankerländern“ zählen schon traditionell Japan und Indien, die bereits seit Ende der 1980er Jah-re zu den Schwerpunktländern der IHK Düsseldorf ge-hören, so wie es die nordrhein-westfälischen Industrie-und Handelskammern im Wege der wechselseitigen, ar-beitsteiligen Unterstützung vereinbart hatten.

Aus Indien kam bereits im Jahre 1955 eine erste De-legation in die IHK, immer wieder stand das asiatischeLand bei Ländersprechtagen auf der IHK-Tagesordnung.

Ein Höhepunkt war zweifellos eine Delegationsrei-se im November 1987 mit 25 führenden Wirtschafts-vertretern unter Leitung von Ministerpräsident Johan-nes Rau, Wirtschaftsminister Reimut Jochimsen und

Eine Delegation der IHKreiste 1963 nach London,um die Britische Woche imdarauf folgenden Jahr vor-zubereiten.

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IHK-Präsident Rolf Schwarz-Schütte. Sie führte nachDelhi, Kalkutta, Madras und Bombay. Im Mittelpunktstand die Modernisierung des indischen Bergbaus, derStahlindustrie und der Energiewirtschaft. Schon imJahr danach gab es in der IHK ein Follow-up zu dieserReise mit dem Besuch des indischen Industrieministersund einer indischen Unternehmerdelegation.

Bis in die Gegenwart hinein bietet die IHK regel-mäßig Informationsveranstaltungen zu Indien an undschafft Begegnungen zwischen deutschen und indi-schen Unternehmen.

Ähnliche Kontinuität zeigen auch die Japan-Akti-vitäten. Auch hier kam es schon Mitte der 1950er Jah-re zu ersten Kontakten mit japanischen Unternehmen.Die besonders starke Konzentration japanischer Unter-nehmen in Düsseldorf – auch als Stützpunkt für ihreEuropa-Distribution – legte es nahe, die Wirtschafts-beziehungen zu diesem Land besonders zu fördern.

Nahezu in jedem Jahr gab es zu den verschiedens-ten Themen intensive Kontakte mit Repräsentanten der japanischen Wirtschaft. 1981 fanden in Düsseldorfbereits die 7. Deutsch-Japanischen Wirtschaftsgesprä-che statt, an deren Organisation die IHK mitwirkte. Da-bei wurden vor allem Fragen der Markterschließung inJapan diskutiert. In den 1990er Jahren zeichneten sichin der Zusammenarbeit mit japanischen Unternehmeneinige neue spezielle Branchenschwerpunkte ab, in de-nen Japan angesichts ähnlicher wirtschaftspolitischerHerausforderungen vom deutschen Know-how profi-tieren möchte. Hierzu gehören vor allem die Umwelt-technik und der Gesundheits- und Pflegemarkt. Nach

RusslandKompetenzzentrumDüsseldorf

Russland Kompetenzzentrum Düsseldorf

Am 1. Februar 2001 nahm das Russland Kompe-tenzzentrum (RKD) in der IHK Düsseldorf seine Tä-tigkeit auf. Mit diesem Projekt, das von der IHKDüsseldorf gemeinsam mit der LandeshauptstadtDüsseldorf, der Messe Düsseldorf sowie dem Ver-band der Deutschen Wirtschaft in der RussischenFöderation ins Leben gerufen wurde, wollen die be-teiligten Partner ihre wirtschaftsbezogenen Russ-landaktivitäten bündeln und allen interessiertenUnternehmen als Anlaufstelle für den Aufbau vonWirtschaftskontakten nach Russland dienen.

Das Konzept des RKD hat sich bewährt und wurdezum Vorbild für analoge Projekte. Die Vorteile ei-ner solchen Anlaufstelle für Unternehmen liegenin:

• der Bündelung des Know-hows der beteilig-ten Partner,

• dem Zugang zum Netzwerk kompetenterRusslandexperten,

• der Förderung des Erfahrungsaustauschszwischen den Unternehmen und

• der Begleitung beim Markteinstieg durch eingezieltes Informations- und Beratungsange-bot.

Die Leistungen des RKD werden inzwischenauch verstärkt von russischen Unternehmen undInstitutionen in Anspruch genommen.

Das RKD bietet eine Vielzahl von Informations-veranstaltungen an. Sowohl interkulturelle Semi-nare als auch das mit Experten des Verbandes derDeutschen Wirtschaft in der Russischen Föderationkonzipierte Managementtraining „Geschäftsauf-bau in Russland“ gehören regelmäßig dazu.

Ein Highlight der RKD-Tätigkeit sind die „Düs-seldorfer Wirtschaftstage in Moskau“, die seit 2001in jedem Jahr in der russischen Hauptstadt statt-finden. Eine Unternehmensdelegation unter Lei-tung von Düsseldorfs Oberbürgermeister JoachimErwin reist nach Moskau, um sich vor Ort einen per-sönlichen Eindruck von der aktuellen Marktsitua-tion zu verschaffen und konkrete Geschäftsmög-lichkeiten auszuloten.

Im Herbst 2005 fanden zum ersten Mal die„Moskauer Wirtschaftstage in Düsseldorf“ statt.

Bei den Düsseldorfer Wirt-schaftstagen in Moskauunter Leitung von Düssel-dorfs OberbürgermeisterJoachim Erwin (links)stand auch ein Messebe-such auf dem Programm.

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diesem Muster, Länder- und Brancheninteressen zubündeln, erschließt die IHK inzwischen für eine breitePalette von Ländern und Märkten den Unternehmenprofilgenaue Geschäftskontakte.

Dass die IHK-Arbeit vielfach die Veränderungen inder Weltwirtschaft, auch in der Weltpolitik, reflektier-te, wird an folgenden Beispielen deutlich:

Schon seit Anfang der 1950er Jahre berichtete dieIHK über den Handel mit den damaligen „Ostblock-

staaten“. Die Region Düsseldorf erlangte in den 1960erJahren eine Schlüsselstellung im deutschen Osthandel.Verschiedene Ostblockstaaten baten die IHK in dieserZeit um Unterstützung bei der Vorbereitung undDurchführung repräsentativer Ausstellungen und Wirt-schaftstage in Düsseldorf.

In den Jahren 1970 und 1971 gab es insgesamt dreiWirtschaftstage mit dem Schwerpunkt Osteuropa: FürPolen, Ungarn und Rumänien. Im Jahre 1982 fandschließlich der Deutsch-Sowjetische Wirtschaftstag inder IHK statt. Dies geschah vor dem Hintergrund ver-schärfter Sanktionen der USA gegen Lieferungen imRahmen des deutsch-sowjetischen Erdgas-Röhren-Geschäftes.

Besonderer Schwung kam in das Thema Osteuropamit Beginn des Reformprozesses, der Transformationder ehemaligen Staatshandelsländer in marktwirt-schaftliche Systeme. So gab es 1989 bereits erste Kon-takttreffen mit Mitarbeitern der sowjetischen Handels-und Industriekammer. Ein Forum über neue polnischeInvestitionsgesetze führte den damaligen Gewerk-schaftsführer und späteren Staatspräsidenten LechWalesa in die IHK, die Kooperation mit polnischenUnternehmen wurde Thema der IHK-Arbeit.

Anfang der 1990er Jahre nahm das Interesse anOsteuropa weiter zu, mehrere Investitionsseminare ins-besondere zu Polen, Ungarn, Tschechien und der Slo-wakei folgten.

1992 lud die Kammer zu einer großen Wirtschafts-konferenz Osteuropa nach Hilden ein, bei der die Unter-nehmen mit dem deutschen Wirtschaftsminister undSpitzenpolitikern aus Ungarn, Polen und der Tsche-choslowakei diskutieren konnten.

Zu einem der traditionellen„Ankerländer“ bei denAußenwirtschaftsaktivitä-ten der IHK Düsseldorf gehört Indien. Hier eineDelegation zu Besuch inder Kammer 1963.

China Kompetenzzentrum Düsseldorf

Am 24. Januar 2005 wurde das China Kompetenz-zentrum, ein Gemeinschaftsprojekt der Landes-hauptstadt Düsseldorf, Messe Düsseldorf und derIHK, offiziell eröffnet. Es soll nach dem Vorbild desbereits erfolgreich arbeitenden Russland Kompe-tenzzentrums agieren.

Die Hauptaufgaben des China Kompetenzzen-trums sind:

• Standortwerbung in China,• Betreuung ansässiger und ansiedlungswilli-

ger chinesischer Unternehmen,• Förderung von Messebeteiligungen deut-

scher Unternehmen in China und chinesi-scher Unternehmen in Düsseldorf sowie

• Unterstützung deutscher Unternehmen beiGeschäften in den Düsseldorfer Partner-regionen in China.

Das China Kompetenzzentrum hat seit seinerGründung bereits eine Vielzahl von Aktivitäten undVeranstaltungen durchgeführt. Es organisiertUnternehmerreisen und Wirtschaftskonferenzenmit chinesischen Partnerregionen und unterstütztden Aufbau von China-Zentren und eines China-Netzwerks in Düsseldorf. Zudem bietet es indivi-duelle Beratungen und die Veranstaltungsreihe„China goes DUS“ für chinesische Unternehmen an.Die Veranstaltungsreihe „Geschäftspraxis China“steht unter Federführung der IHK Düsseldorf undrichtet sich an deutsche Unternehmen.

Das Leistungsangebot des China Kompetenz-zentrums beschränkt sich auf den Bezirk der IHKDüsseldorf. Bei landesweiten Aktivitäten findet ei-ne Abstimmung mit der IHK Köln statt, die Schwer-punktkammer für China ist.

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175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

Seit 1991 hat die IHK die Ukraine als neues Schwer-punktland im Programm. Auch hier waren es vor allemzahlreiche Wirtschaftskonferenzen und Delegations-reisen, die die Kontakte mit Leben füllten. Neu war hin-gegen im Jahre 1992 die Idee, einen IHK-FirmenpoolUkraine zu schaffen, der bis heute existiert. Das Modellist leicht zu erklären: Mittelständische Unternehmen,die in den ukrainischen Markt eintreten wollen, teilensich die Kosten eines gemeinsamen Büros, das ersteSchritte in dem neuen Umfeld anbahnt. Nach diesemPrototyp der IHK Düsseldorf haben die deutschen In-dustrie- und Handelskammern in der Folgezeit zahlrei-che Firmenpools im Ausland aufgebaut.

Die Städtepartnerschaft zwischen Düsseldorf undMoskau brachte Ende der 1990er Jahre neuen Schwungin die Wirtschaftsbeziehungen zu Russland. Die IHKDüsseldorf hatte inzwischen auch Russland als Schwer-punktland hinzugewonnen.

Gemeinsam mit der Landeshauptstadt Düsseldorf,der Messe Düsseldorf und dem Verband der DeutschenWirtschaft in der Russischen Föderation entstand 2001das Russland Kompetenzzentrum. Nach ähnlichem Mu-ster nahm im Jahre 2005 das gemeinsam von Stadt,Messe und IHK getragene China Kompetenzzentrumseine Arbeit auf.

Nach dem ersten Golfkrieg fand bei den Unterneh-men die Frage großes Interesse, wie sich die Geschäfts-beziehungen nach dem Waffenstillstand wieder bele-ben ließen. Die IHK veranstaltete dazu 1988 zweiSprechtage mit der Deutsch-Iranischen Industrie- undHandelskammer und dem iranischen Industrieminister.Auch nach dem Ende des Afghanistan-Krieges wuchsdas Interesse der regionalen Wirtschaft, sich an Wieder-aufbauprojekten zu beteiligen.

Seit 2002 hat die IHK regelmäßig über Investitions-chancen in Afghanistan informiert, unter anderem un-ter mehrfacher Mitwirkung des Afghanistan-Beauf-tragten der Bundesregierung. So Anfang Dezember2002 in einer Wirtschaftskonferenz mit dem afghani-schen Präsidenten Hamid Karzai und seinem Kabinettim Anschluss an die „zweite Petersberg-Konferenz“.

Lech Walesa 1989 zu Besuch in der IHK, im Bildmit IHK-Präsident RolfSchwarz-Schütte.

Treffen des Deutsch-Japa-nischen Wirtschaftskreises.

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Alles dies sind IHK-Angebote, die sich einreihen ineine enorme Bandbreite zahlreicher Länderveranstal-tungen. Auf mehr als 50 Veranstaltungen über denHandelsaustausch, Direktinvestitionen, Kooperationenmit den europäischen Handelspartnern und mit den besonders wachstumsstarken Volkswirtschaften desasiatischen Raumes summiert sich inzwischen das An-gebot Jahr für Jahr.

Dabei setzen neben Indien, Japan, Russland und derUkraine auch die übrigen Schwerpunktländer der IHK– nämlich Israel, Korea und die USA – stets besondereAkzente.

Die IHK kann sich in ihren außenwirtschaftlichenAktivitäten auf viele zuverlässige Partner stützen. Dieausländischen Handelsförderer, also Konsulate, Kam-mern und ausländische Wirtschaftsförderungsgesell-schaften, aber auch die deutschen Auslandshandels-kammern und Delegiertenbüros sowie das AuswärtigeAmt unterstützen sie dabei nach Kräften, und dies be-reits über Jahrzehnte hinweg.

Der Weg in die Europäische IntegrationDüsseldorf und der Kreis Mettmann genießen dieStandortgunst einer zentralen Lage im europäischenMarkt. Der europäische Integrationsprozess spielt da-her an einem solchen Standort eine ganz besondereRolle.

Nachdem in Rom 1957 der Vertrag über die Grün-dung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft vonden sechs Mitgliedsstaaten unterzeichnet wurde, wa-ren es vor allem drei Meilensteine, die den Integra-tionsprozess geprägt haben: Die Vollendung des euro-päischen Binnenmarktes in den Jahren 1988 bis 1992,die Einführung des Euro, zunächst als Giralgeld zu Jah-resbeginn 1999 und sodann als Bargeld ab 2002, unddie Erweiterung um zehn weitere, vor allem osteuro-päische Mitgliedsstaaten im Mai 2004.

Die Vollendung des Binnenmarktes löste eine Flutvon IHK-Informationsangeboten aus, alle standen un-ter dem Label „Europa ’92“. Bemerkenswert war, dass ei-ne Seminarreihe über Frankreich, die Niederlande,Großbritannien und Spanien erhebliche Resonanz beiden Mitgliedsunternehmen fand. Es galt, dort neue Kooperationspartner zu finden, Vertriebslinien zu ent-wickeln, Investitionen alleine oder als Joint Venturevorzubereiten. Allein 1988, im ersten Jahr des Binnen-marktprogramms, standen 16 Informationsveranstal-tungen auf dem Programm der Kammer. Das Netzwerkmit den Auslandshandelskammern hat sich gerade indieser Phase außerordentlich bewährt, aber auch dasBrüsseler Büro des DIHT lieferte gehörigen Input.

Nach diesem Auftakt folgten im Jahre 1989 bereits22 Informationsveranstaltungen mit über 1.000 Teil-nehmern. Auch das war nur die Spitze des Eisberges,denn die Nachfrage nach Einzelberatungen legte im Ta-gesgeschäft spürbar zu.

Markt- und Rechtsinformationen, die Vermittlungvon Kooperationspartnern in den Nachbarländern,technische Informationen und letztlich auch Texte öf-fentlicher EU-Ausschreibungen lieferten den notwen-digen Hintergrund für Einzelberatungen.

Der Binnenmarkt wurde schließlich zum Quer-schnittsthema aller Abteilungen der IHK. Denn dieBandbreite der Fragen wuchs rasch über solche desHandels, der Kooperationen und Investitionen hinaus.Die Harmonisierung oder wechselseitige Anerkennungbei technischen Verfahren wie auch die Anerkennungvon Berufsabschlüssen machte den Unternehmen sehrschnell deutlich, wie umfassend die Europäische Ge-meinschaft den Wirtschaftsablauf verändern würde.

Der „Europäische Binnenmarkt ’92“ liefert im Übrigenein gutes Beispiel dafür, dass sich die IHK zum Nutzen derMitgliedsunternehmen seit 1988 sehr intensiv mit demThema „Online-Datenbanken“ beschäftigt hatte. FünfMitarbeiter verfügten über das besondere Know-how,mit den nicht immer einfachen Retrieval-Sprachen deninternationalen Datenbanken Wissen zu entlocken.

Bedeutete der EG-Binnenmarkt vor allem eineMarktöffnung durch Harmonisierung oder gegenseiti-ge Anerkennung bestehender Regelungen, so standen

IHK-Präsident HermannFranzen empfing 2002 denafghanischen Staatspräsi-denten Hamid Karzai zueiner Wirtschaftskonfe-renz.

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die verschiedenen Erweiterungsrunden der EG/EU stetsfür eine Vergrößerung des Marktvolumens. Den bishe-rigen Höhepunkt bildete die bislang letzte Erweite-rungsrunde am 1. Mai 2004 mit zehn neuen Ländern.Politisch bedeutete dieses Datum einen „Big Bang“, reinwirtschaftlich aber waren viele Wirkungen schon durchdie in den voraufgegangenen Jahren erzielten Liberali-sierungsfortschritte eingetreten.

Doch die Tatsache, dass sich nunmehr zehn weite-re Länder dem Rechtsrahmen der EU anschlossen, er-mutigte auch viele kleinere Unternehmen, die bis da-hin kaum oder gar nicht international tätig waren, sichmit diesen benachbarten Märkten auseinander zu set-zen.

Die Kammer förderte und begleitete dies mit einemSchub an Informationsveranstaltungen und individuel-len Beratungen durch die deutschen Auslandshandels-kammern. Der Beratungsbedarf konzentrierte sich aufdie neuen Regeln für die Abwicklung des Warenver-

kehrs, handelte es sich doch ansonsten lediglich um dieÜbertragung der bereits seit dem 1. Januar 1993 gel-tenden und seither weiterentwickelten Regeln desBinnenmarktes auf zehn weitere Länder.

Der Euro rolltEine weitere Herausforderung für die Wirtschaft be-deutete die Einführung des Euro im Jahre 1999 – zu-nächst als Giralgeld. Ähnlich wie bei der Vollendung desBinnenmarktes wurde auch der Euro schnell zu einemQuerschnittsthema unter Koordination eines „IHK-Eu-rogeld-Beauftragten“.

Nur so konnte es gelingen, allen Facetten des The-mas gerecht zu werden. Um die Dinge beim Namen zunennen: Der Händler fragte zu Recht, wie er denn wohlnach der Euro-Umstellung runden sollte, welche Preis-politik die richtige sei; der Leiter des Rechnungswesens,ob die IHK zu bilanziellen Problemen der Euro-Umstel-lung Seminare anbiete; der Zulieferer, welche Verträgedann wohl angepasst werden müssten, und nicht zu-letzt fragte auch die interne IHK-Verwaltung nach denKonsequenzen für den IHK-Haushalt.

Die bevorstehende Bargeld-Einführung drei Jahrespäter, zu Jahresbeginn 2002, brachte einen neuenSchub von Anfragen. Im Mittelpunkt stand dabei dieFalschgeldprävention. Kein Partner hätte in dieser Pha-se der IHK besser zur Seite stehen können als die in gu-ter Nachbarschaft ansässige Landeszentralbank.

Europäischer Binnenmarkt und Euro-Einführungwaren typische Querschnittsthemen, die nicht nur demHauptamt, sondern praktisch auch allen Ausschüssender IHK und der Vollversammlung Stoff für lebhafte Di-skussionen boten.

Informationen zu den zehnneuen EU-Ländern in Ost-europa standen 2004 hochim Kurs.

Die IHK beriet die Unter-nehmen bei der Umstellungauf den Euro.

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Wiedervereinigung:

Aus 2 mach1Das wohl wichtigste historische Ereignis der Nach-kriegszeit war die Wiedervereinigung am 3. Oktober1990. Der deutschen Einheit vorausgegangen warender Fall der Mauer am 9. November 1989 und die Wirtschafts- und Währungsunion am 1. Juli 1990, bei-des Daten, die der Wirtschaft in Ost und West völligneue Perspektiven – allerdings nicht nur Chancen – eröffneten.

Wirtschaftsbeziehungen zur DDR waren in der IHKaus nachvollziehbaren Gründen nicht der Außenwirt-schaftsabteilung zugeordnet. Als „innerdeutscher Han-

del“ waren sie folgerichtig ein Thema der AbteilungHandel und Dienstleistungen. Mauerfall, Wirtschafts-und Währungsunion sowie die deutsche Einheit ließendie Beziehungen zwischen den alten und neuenBundesländern aber sehr schnell zu einem Quer-schnittsthema in der IHK werden.

Zum Jahresempfang am 16. Januar 1990 standenallerdings die Zeichen noch nicht auf Wiedervereini-gung. IHK-Hauptgeschäftsführer Joachim Kreplin wares durch Kontakte zur DDR-Handelsvertretung und ei-ne spontane Reise nach Ost-Berlin gelungen, Professor

Gastrednerin beim Jahres-empfang 1990: ProfessorChrista Luft, stellvertre-tende Vorsitzende des Mi-nisterrates für Wirtschaftder DDR.

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Christa Luft, stellvertretende Vorsitzende des Minister-rates für Wirtschaft der DDR, als Gastrednerin zu ge-winnen. Alles, was in Politik und Wirtschaft Rang undNamen hatte, drängte an diesem Abend in die Düssel-dorfer Messe.

Trotz aller Bekenntnisse der Gastrednerin zu Re-formschritten in Richtung Sozialer Marktwirtschafthätte wohl niemand der 1.100 Gäste an diesem Abenddas immense Tempo, mit dem das Land sich in den fol-genden Monaten auf die Einheit zubewegte, richtigeingeschätzt.

Für die Wirtschaft und auch die IHK bedeutete dies,nahezu täglich mit neuen Fragen zu Geschäftskontak-

ten und Investitionen in den neuen Bundesländernkonfrontiert zu werden und im Sinne ihrer Unterneh-men praxisnahe Lösungen zu finden.

Im Vorwort zum Jahresbericht 1990 schrieben Prä-sident Rolf Schwarz-Schütte und Hauptgeschäftsfüh-rer Joachim Kreplin: „Die singulären geschichtlichenVorgänge des Jahres 1990 drückten auch der Arbeit derIHK Düsseldorf ihren Stempel auf. Praktisch aus demStand heraus musste sie dem enormen Beratungsbe-darf gerecht werden, der sich aus der schnellen Eini-gung Deutschlands ergab.“ Der Instrumentenkasten derIHK in dieser zeitgeschichtlich bedeutsamen Phasespiegelt dies deutlich wider.

Dr. h. c. Rolf Schwarz-SchüttePräsident von 1983 bis 1991

Dr. h. c. Rolf Schwarz-Schütte,langjähriger Aufsichtsratsvorsit-zender der Schwarz Pharma AG,gründete 1946 mit seinem Vater,Dr. Anton Schwarz, nach der Rük-kkehr aus der Kriegsgefangen-schaft in Reichelsheim/Odenwaldals KG das Unternehmen. 1950

verlegte der geborene Düsseldorfer das Unterneh-men nach Monheim. Heute gehört Schwarz-Pharmazu den führenden Herz-Kreislauf-Spezialisten inDeutschland und ist weltweit aktiv mit Geschäftstä-tigkeiten in den Bereichen Gefäßerkrankungen, zen-trales Nervensystem, Gastroenterologie und Urolo-gie.

Ungeachtet der engagierten Arbeit für seinUnternehmen, nahm und nimmt Rolf Schwarz-Schütte eine Reihe von verantwortungsvollen Eh-renämtern ein. Dazu gehörte an erster Stelle die För-derung von Wissenschaft und Lehre als Präsident der„Gesellschaft von Freunden und Förderern der Hein-rich-Heine Universität Düsseldorf e.V.“ in den Jahren1988 bis 2000. Heute ist er Senator e.h. Als Präsi-dent der IHK Düsseldorf von 1983 bis 1991 prägte erdie Arbeit dieser Institution ebenso wie als Präsidentdes Düsseldorfer Industrie-Clubs, der ihn 1995 zumEhrenpräsidenten ernannte. 1998 verlieh ihm dieWirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf die Ehrendoktorwürdefür sein umfassendes Engagement bei Gründungund weiterer Entwicklung der Fakultät. Der über-

zeugte Verfechter der Sozialen Marktwirtschaftsieht sich als Unternehmer in der Verpflichtung,auch in der Öffentlichkeit für die demokratischenGrundrechte einzutreten. Für diese beispielhafteEinstellung und für sein Lebenswerk wurde RolfSchwarz-Schütte 1990 mit dem Großen Verdienst-kreuz des Verdienstordens der BundesrepublikDeutschland ausgezeichnet. Im Oktober 2000 erhielter den Ehrenring der Stadt Monheim, die sich nachWorten von Professor Dr. Gert Kaiser, ehemaligerRektor der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf,„glücklich schätzen kann, solch einen Bürger vonFormat in ihrer Mitte haben zu dürfen”. Gleiches giltauch für die IHK Düsseldorf, denn der Name RolfSchwarz-Schütte steht für einen Unternehmer, dersich insbesondere während seiner langjährigen eh-renamtlichen Tätigkeit für die Kammer mit der gan-zen Kraft seiner Persönlichkeit um die Wirtschaft derRegion verdient gemacht hat. Seit 1977 ist Schwarz-Schütte Mitglied der IHK-Vollversammlung, die ihnim gleichen Jahr zum Vizepräsidenten und 1983 zumPräsidenten wählte. Sein Bestreben war es stets,Kammerarbeit unter klaren, langfristigen, strategi-schen Gesichtspunkten zu betreiben. Die Kammerhat sich in seiner Amtszeit als moderner Dienstlei-stungsbetrieb profiliert, der von der regionalenWirtschaft als kompetente Interessenvertretung an-gesehen wird.

Rolf Schwarz-Schütte ist der IHK als Ehrenpräsi-dent und Mitglied des Finanzausschusses auch heu-te noch eng verbunden.

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schaftstage in Düsseldorf im Oktober und November.Ziel war es, Chemnitzer Unternehmen Aufträge aus derRegion Düsseldorf zu vermitteln.

Parallel zur Städtepartnerschaft entwickelte sichein freundschaftliches Verhältnis zur wieder entstan-denen Industrie- und Handelskammer Chemnitz. Prak-

tische Hilfe vor Ort, vor allem der Auf-bau einer funktionstüchtigen Ausbil-dungsabteilung, aber auch die Schu-lung von Chemnitzer IHK-Mitarbei-tern in Düsseldorf, waren gefragt.

Das Thema „Neue Bundesländer“blieb auch in der Zeit nach diesemAufbruch auf der IHK-Agenda. Wiestark sich die Unternehmen aus Düs-seldorf und dem Kreis Mettmann insehr kurzer Zeit in den neuen Ländernengagierten, wurde im Juni 1991nach einer IHK-Umfrage deutlich.Mehr als vier Milliarden Mark wolltendie Mitglieds-Unternehmen in denneuen Ländern investieren. Auchzahlreiche mittelständische Unter-nehmen wollten dort ihre Chancennutzen.

Bereits im Januar 1990 rief dieKammer einen DDR-Arbeitskreis insLeben. Ziel war es, die Unternehmenvor Ort in einer Veranstaltungsreihekontinuierlich zu informieren (be-sonders im Juni 1990 im Vorfeld dergeplanten Wirtschafts- und Wäh-rungsunion) und Kontakte zu denBetrieben in Ostdeutschland zuknüpfen. Die Städtepartnerschaftzwischen Düsseldorf und Chemnitz(ehemals Karl-Marx-Stadt) half da-bei: Bereits Anfang Februar 1990besuchten 40 Betriebsleiter undKombinatsdirektoren Düsseldorf,um sich hier über betriebswirt-schaftliche Themen zu informieren.Für viele der Teilnehmer war es dieerste Reise nach Westdeutschland.Bereits sechs Wochen später reistedie erste Düsseldorfer Delegationnach Chemnitz. Damit begannen er-ste erfolgreiche Kooperationen.

Wünsche nach Geschäftskon-takten standen zu Beginn im Vorder-grund. Gleich zu Jahresanfang such-ten 600 Unternehmen aus dem IHK-Bezirk über die Ko-operationsdatenbank des damals noch Deutschen In-dustrie- und Handelstages (DIHT) den „Draht“ zu ost-deutschen Betrieben.

Fast 400 Einzelgespräche und Geschäftskontakte –so lautete das Ergebnis der ersten Chemnitzer Wirt-

Hilfe für Chemnitzer Aus-bilder: Auf Vermittlung der IHK konnten sie sichbei Mannesmann im Ausbildungszentrum 1991weiterbilden.

Karikatur aus dem IHK-Jahresbericht 1990.

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Innovative Unternehmen – wie die Bayer CropScience AG in Monheim – haben ihren Sitz im IHK-Bezirk Düsseldorf.

Innovation und Umwelt: Mit der Industrie in die Zukunft

Innovation und Umwelt:

Mit der Industrie in die ZukunftAuf den ersten Blick sind die Stadt Düsseldorf und

der Kreis Mettmann keine „Innovationsregion“ wie manetwa Aachen mit seiner Technischen Hochschule ein-schätzen würde. Dringt man tiefer in die strukturellenBesonderheiten ein, zeichnet sich ein anderes Bild ab.Aber auch Know-how im Umweltschutz spielt eine be-sondere Rolle, obwohl gerade die Stadt Düsseldorf sichdurch hohe Dienstleistungsorientierung auszeichnet.Zu Unrecht wird Umweltschutz vielfach als ein Spezi-fikum großer industrieller Unternehmen gesehen.

Innovativ sind die Unternehmen im IHK-Bezirkschon deshalb, weil sie sich im Wettbewerb behauptenmüssen. Die Patentstatistik belegt im Übrigen, dass die

Aufgabe der IHK ist es, die industriellen Standortbe-dingungen zu verbessern und die Innovationskraft derUnternehmen in der Region zu stärken. Sie informiertfrühzeitig über neue Technologien und unterstützt denTechnologietransfer zwischen Wissenschaft und Wirt-schaft. Sie schafft Kooperations- und Kommunika-tionsplattformen für die Wachstumsbranchen der Re-gion. Sie unterstützt Unternehmen beim Einsatz undder Vermarktung von Umwelttechnologie und vertrittihre Interessen in Abfall- und Abwasserfragen sowie derkostengünstigen Energieversorgung. Sie informiertüber die Umwelt-Gesetzgebung und über Förderpro-gramme zum Einsatz neuer Techniken.

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175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

Innovation und Umwelt: Mit der Industrie in die Zukunft

Region sich nicht verstecken muss. Innovation bedeu-tet nicht nur die Einführung eigener neuer Produkte.Die Entscheidung darüber fällt nicht selten in den Un-ternehmenszentralen der Stadt Düsseldorf und im KreisMettmann, in enger Kommunikation mit Banken, Wer-beagenturen und technischen Projektberatern. Innova-tion bedeutet vielmehr auch die Einführung neuer Pro-zesse, die von Geschäftspartnern und von Forschungs-einrichtungen entwickelt werden.

Die Branchenvielfalt im IHK-Bezirk garantiert, dassInnovationen hier breite Anwendung finden können.Ein treffendes Beispiel bietet die Entwicklung der Mul-timedia- und E-Commerce-Produkte, die sowohl aufder Anbieter- als auch auf der Anwenderseite schnelleVerbreitung im Wirtschaftsraum Düsseldorf gefundenhaben.

Das Know-how von Unternehmen und Forschungs-einrichtungen den Mitgliedsunternehmen verfügbar

Albrecht Woeste Präsident von 1991 bis 1999

Diplom-Ingenieur Albrecht Woeste, gebürtiger Düs-seldorfer, zählt aufgrund seines außergewöhnlichen,über drei Jahrzehnte währenden Engagements fürdie regionale Wirtschaft und die Kammerorganisa-tion zu den bedeutendsten Persönlichkeiten desDüsseldorfer Wirtschaftslebens.

Albrecht Woeste studierte an der TechnischenHochschule Berlin Wirtschaftsingenieurwesen undschloss das Studium 1961 als Diplom-Ingenieur ab.1963 trat er in das väterliche Unternehmen – die inDüsseldorf 1893 gegründete Fittingsfabrik R. Woe-ste & Co. – ein.

Albrecht Woeste wurde bereits 1968 in die Voll-versammlung der IHK Düsseldorf gewählt und ist seitdiesem Zeitpunkt ehrenamtlich für die Selbstver-waltung der Wirtschaft tätig. Aufgrund seines be-sonderen Engagements für die IHK bestellte ihn dieVollversammlung bereits 1978 zum Vizepräsidenten.Von 1983 bis 1991 war er ständiger Vertreter desPräsidenten der IHK Düsseldorf, Dr. Rolf Schwarz-Schütte. Am 10. Dezember 1991 wählte das „Parla-ment der Wirtschaft“ Albrecht Woeste zum Präsi-denten der IHK Düsseldorf. In dieser Funktion för-derte er als Sprecher der Wirtschaft des Düsseldor-fer Kammerbezirks in vielfältiger Weise die Regionund die IHK-Mitgliedsunternehmen. Dabei setzteWoeste vor allem auf einen kontinuierlichen undkonstruktiven Dialog zwischen Wirtschaft, Politikund Verwaltung.

Ein besonderes Anliegen war ihm die Intensivie-rung der regionalen Zusammenarbeit, auch mit derNachbar-Metropole Köln. Sein Engagement galt aberauch der beruflichen Weiterbildung der Mitarbeiterin den Unternehmen und der beruflichen Erstausbil-dung. Seinem besonderen Einsatz ist es zu verdan-ken, dass 1994 das IHK-Forum als modernes Weiter-

bildungszentrum der IHK Düssel-dorf eröffnet werden konnte.

Albrecht Woestes Engage-ment ging weit über die Grenzendes Kammerbezirks hinaus, so alsVorstandsmitglied der Vereini-gung der Industrie- und Handels-kammern in Nordrhein-Westfa-len e.V. und des Deutschen Indu-strie- und Handelkammertages(DIHK), wo er sich vor allem für die Interessen dernordrhein-westfälischen Wirtschaft einsetzte. Da-rüber hinaus war er Mitglied des Aufsichtsrates derMesse Düsseldorf und über viele Jahre Vorsitzenderdes Arbeitgeberverbandes der Eisen- und Metallin-dustrie für Düsseldorf und Umgebung als auch derDüsseldorfer Unternehmerschaft. Er war Mitglieddes Vorstandes der Landesvereinigung der Arbeitge-berverbände NRW sowie Präsidiumsmitglied desDeutschen Gießereiverbandes. Nachdem 1999 seineAmtszeit als Präsident nach insgesamt acht Jahrensatzungsgemäß endete, ist Albrecht Woeste der IHKDüsseldorf als Ehrenpräsident und Mitglied des IHK-Finanzausschusses weiterhin eng verbunden.

Albrecht Woeste ist Vorsitzender des Aufsichts-rates und des Gesellschafterausschusses der HenkelKGaA sowie Mitglied im Aufsichtsrat der DeutschenBank AG und der Allianz Lebensversicherungs AG.Für seine vielfältigen Verdienste in Organisationender Wirtschaft erhielt Albrecht Woeste 1992 dasBundesverdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordensder Bundesrepublik Deutschland und 2001 das Gro-ße Verdienstkreuz. Sein Engagement um die Förde-rung Düsseldorfs als Sportstadt würdigte die Lan-deshauptstadt 2003 mit der Verleihung des GroßenEhrenrings der Stadt Düsseldorf.

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175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

zu machen, ist eine schon fast traditionelle IHK-Auf-gabe. Die Heinrich-Heine-Universität und die Fach-hochschule Düsseldorf sind in der Wirtschaft fest ver-ankert. Spin-offs, insbesondere im Life-Science-Sektor,haben die Gründerszene nachhaltig belebt.

Über diese Hochschulen hinaus bestehen vielfälti-ge weitere Kontakte zwischen Unternehmen und For-schungseinrichtungen, die sich nicht zuletzt bei der Rekrutierung des naturwissenschaftlichen und techni-schen Nachwuchses auszahlen. Mit ihrem besonderenSchwerpunkt bei den privaten und öffentlichen Dienst-leistungen vollzieht sich Innovation in der Region auchin der Datenverarbeitung. Auch hier gilt, dass das brei-te Anwenderspektrum sein Pendant auf der Anbieter-seite findet.

Den Dienstleistungssektor wird man beim Stichwort„Umweltschutz“ nicht gleich im Blick haben. Dennochbietet auch er dafür zahlreiche interessante Anknüp-fungspunkte, wie sich beim Umweltmanagement ge-zeigt hat.

Umweltschutzfragen stellen sich auch im Kammer-bezirk den Unternehmen immer wieder dann, wenn esKonflikte gibt, die aus der engen Nachbarschaft vonWohnen und Arbeiten resultieren. Der Kreis Mettmannist durch seine besondere Siedlungsstruktur vor allemim niederbergischen Teil mit seinen historisch gewach-senen Gemengelagen von dieser Konfliktsituation be-troffen. Aber auch in Düsseldorf kommt es im Zuge derFlächennutzungs- und Bauleitplanung immer wiederzu Unverträglichkeiten.

Verschiedene Branchen im IHK-Bezirk wie Gieße-reien, große Chemie-Unternehmen, aber auch Auto-mobilzulieferer und Papier verarbeitende Industrie,sind zunehmend von EU-Umweltschutzrichtlinien undderen verschärfter Umsetzung, vor allem in Landes-recht, betroffen. Hier gilt es für die IHK, frühzeitig über

aktuelle Gesetzesänderungen zu informieren, über Firmenbefragungen und Gespräche mit Abgeordnetenden „worst case“ zu verhindern und den Unternehmenberatend zur Seite zu stehen.

Themen der Industrie haben in der IHK eine sehrlange Tradition. Innovation und Umweltschutz hinge-gen gehören zu den jüngeren Geschäftsfeldern. Es istkein Zufall, dass sich diese beiden Themen in der Indu-strieabteilung der IHK entwickelt haben:

- Innovation war lange Zeit ein Synonym für „in-dustrielle Innovation“. Vor dem massenhaften Ein-zug der Computer in den Dienstleistungssektorrechnete man Innovation und Produktivitätsfort-schritte praktisch nur dem Fertigungssektor zu.

- Umweltschutz kam in massiver Form über die Ge-setzgebung zunächst auf die Industriebetriebe zu.

Nachkriegszeit: Ressourcen-SicherungDie industriepolitischen Aktivitäten der IHK in der er-sten Phase nach dem Wiederaufbau hatten zum Ziel,die Versorgung mit Energie, Rohstoffen und Arbeits-kräften zu sichern. Hinzu trat bereits die Sorge um eine ausreichende Flächenbereitstellung durch dieStädte.

Im Jahre 1953 rückten für die IHK die „ungelöstenFragen der zukünftigen ausreichenden Belieferung derIndustrie“ mit Wasser in den Vordergrund. Gemeinsammit den industriellen Großverbrauchern aus dem Indu-striegebiet Benrath-Reisholz und den StadtwerkenDüsseldorf begannen Gespräche über die Sicherstel-lung der künftigen Wasserversorgung. In engem Zu-sammenhang damit beteiligten sich die Industrie-unternehmen finanziell an einer Bestandsaufnahmeder lokalen Grundwasserverhältnisse, die 1955 abge-schlossen war.

Ähnliche Bedeutung wie die Wasserversorgung ge-wann die Versorgung mit preisgünstiger Energie. Alsschwerwiegende Belastung empfanden 1953 die Indu-striebetriebe einen Anstieg ihrer Strompreise, der überdie Erhöhung der Kohlepreise ausgelöst wurde.

Im Jahre 1955 führte die IHK mit den StadtwerkenDüsseldorf erfolgreiche Verhandlungen über eineStrompreissenkung. Die IHK setzte sich zur gleichenZeit für den Bau eines neuen Kraftwerkes der Stadt-werke Düsseldorf „Auf der Lausward“ ein. Politische Gespräche mit dem Landeswirtschaftsminister zieltenflankierend auf eine Lockerung des Gebietsschutzes in der Energieversorgung und eine Preisliberalisierung.

Mitte der 1950er Jahre rückte das Thema der Auf-tragsvermittlung für die Industriebetriebe in denVordergrund. Einerseits vermittelte die IHK Aufträge an

Die Wasserversorgung rük-kte in den 1950er Jahrenin den Fokus des Interes-ses. Im Bild das Wasser-werk Flehe.

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auswärtige Unternehmen, um Auslastungsspitzen derlokalen Unternehmen abzufangen; andererseits küm-merte sie sich um die Vermittlung öffentlicher Auf-träge.

In der Vermittlung kommunaler und staatlicherAufträge sahen die Industrie- und Handelskammern inNordrhein-Westfalen schließlich eine Gemeinschafts-aufgabe. Folgerichtig nahm im Februar 1955 eine lan-desweite Beratungsstelle für das öffentliche Auftrags-wesen in Düsseldorf ihre Tätigkeit auf.

Ab Mitte der 1950er Jahre zeichnete sich in zahl-reichen Industriebetrieben Personalknappheit ab. Da-mit wuchs der IHK in der Beratung ihrer Mitglieds-unternehmen ein völlig neues Thema zu: Rationalisie-rung.

So entstand eine enge Zusammenarbeit mit demRationalisierungs-Kuratorium der Deutschen Wirt-schaft (RKW), dessen Spezialisten für die Beratung derIndustriebetriebe gewonnen wurden.

Die anhaltenden Verknappungstendenzen am Ar-beitsmarkt und der daraus resultierende Lohnkosten-druck gaben dem Rationalisierungsthema bis Anfangder 1960er Jahre breiten Raum in der IHK-Arbeit.

Die ausreichende Grundstücksversorgung der Indu-striebetriebe klang bereits in den 1950er Jahren als Pro-blem an; so spielte das Thema der Betriebsverlagerun-gen aus dem Düsseldorfer Stadtgebiet bereits 1958 inersten Firmenwanderungs-Analysen der IHK eine Rol-le. „Als vorherrschende Motive für diese Fortzüge mus-sten das Fehlen von billigen und geeigneten Grund-stücken und der stärker werdende Mangel an Fach-kräften festgestellt werden“, hieß es in diesem Jahr.

Die Sorgen um industrielle Flächen begleiteten die

industriewirtschaftliche Arbeit derIHK bis in die 1970er und 1980erJahre hinein.

Besonders ausführlich ging dieIHK im Jahre 1972 auf die indu-striellen Standortbedingungen ein.Erste industrielle Arbeitsplatzver-luste – längst noch nicht mit derMassivität der 1980er Jahre – wur-den primär auf den „Mangel anGrund und Boden“ zurückgeführt.

Die Sicherung industrieller Flä-chen bestimmte damit auch dieStellungnahmen der IHK zur kom-munalen Bauleitplanung. Umfas-send untersuchte die IHK im Jahre1976 den industriellen Grundstük-ksbedarf, um damit der Stadtver-waltung Düsseldorf Material für dieBauleitplanung zu liefern. Derartige Umfragen führtedie IHK vor dem Hintergrund zunehmender Firmenab-wanderungen wiederholt in den 1980er Jahren in Düs-seldorf und in den Städten des Kreises Mettmann durch.Daraus wurden konkrete Ansatzpunkte für die Interes-senvertretung abgeleitet.

In den frühen 1980er Jahren setzte in Düsseldorfein massiver Abbau von Arbeitsplätzen in der Industrieein. Die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit durchRationalisierung war ein Motiv der Unternehmenslei-tungen für diesen Prozess.

Neben den Veränderungen auf den Absatzmärkten,der räumlichen Konzentration von Betriebsstättenaußerhalb des IHK-Bezirkes und der Übernahme mittel-

ständischer Unternehmen des Maschi-nen- und Anlagenbaus durch Großunter-nehmen, sorgten auch Insolvenzen fürArbeitsplatzabbau und das Verschwindenbekannter Namen der Düsseldorfer Indu-striegeschichte. Wie auch in anderen Me-tropolen wandelte sich das Gesicht Düs-seldorfs vom Industrie- und Produktions-standort zum Dienstleistungszentrum. InHilden kam es zu ähnlich massiven Dein-dustrialisierungstendenzen.

Gemessen an Output und Wertschöp-fung hat die Industrie allerdings kaum anBedeutung verloren. Es entstand allmäh-lich durch Outsourcing ein „Netzwerk In-dustrie“, von dem viele wichtige Impulseauch auf andere Branchen ausgingen. Ei-ner dieser Impulse war – neben Innova-

Die IHK setzte sich für denBau des Kraftwerks Laus-ward ein.

Ein Laserdistanzmessgerätwar in der IHK Düsseldorfanlässlich der Veranstal-tung „Angewandte Mikro-elektronik in NRW“ 1988ausgestellt.

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tion und Umweltschutz – insbesondere das Konzept desmodernen Qualitätsmanagements.

Von Qualität und KooperationBis in die 1960er Jahre hinein hieß Qualitätskontrollein der industriellen Produktion noch: Kontrolle am En-de des Fertigungsprozesses.

Angelehnt an japanische „Null-Fehler-Philoso-phien“ setzte sich in den 1970er Jahren die "Qualitäts-sicherung" innerhalb des Produktionsprozesses immermehr durch. Dahinter stand die schlichte Erkenntnis,dass Qualität nur in den einzelnen Stufen der Fertigungentstehen kann – oder auch nicht.

Nach Vorarbeiten in Großbritannien übernahm1987 die International Standardization Organization(ISO) in Genf die britische Norm, die schließlich 1994unter DIN EN ISO 9000 ff. zum weltweiten Standard fürdas Qualitätsmanagement aufstieg. Damit wurden im-mer weitere Kreise innerhalb der industriellen, aberauch tertiären Zulieferketten in das Qualitätsmanage-ment eingebunden. Dies geschah auch im IHK-BezirkDüsseldorf.

In Vortragsreihen legte die IHK die Inhalte der Qua-litätsmanagementnorm DIN EN ISO 9000 ff. dar, mit derQualität erstmals im gesamten Unternehmen gesichertbeziehungsweise gesteigert werden konnte. Themenwie FMEA (Fehler-, Möglichkeits- und Einflussanalyse),TQM (Total Quality Management), kundenorientierte

Produktentwicklung und computerunterstützte Quali-tätssicherung wurden ebenso behandelt wie Qualitäts-management-Fragen ausgewählter Wirtschaftszweige.Als praktische Hilfe zur Einführung von QM-Systemenentwickelte und publizierte die IHK Musterhandbücherfür den technischen Großhandel und für Software-Unternehmen in engster Zusammenarbeit mit ihrenMitgliedsunternehmen.

Die ISO-Norm war also nicht nur auf das produzie-rende Gewerbe beschränkt, sondern wurde auch imHandel, bei Softwareunternehmen und anderenDienstleistern angewendet. Aktiv unterstützte die IHKauch die Gründung des ZQM, des Zentrums für Qua-litätsmanagement der Niederbergischen Industrie e.V.,Velbert, im Jahre 1992, das die Unternehmen in allenFragen rund um das Qualitätsmanagement unterstüt-zen sollte.

Mit der Revision der ISO-Norm im Jahr 2000 undeiner stärkeren Betrachtung von betrieblichen Prozes-sen setzte sich das Qualitätsmanagement auch bei denDienstleistungsunternehmen mehr und mehr durch.

AutomobilzulieferindustrieAnfang der 1990er Jahre widmete die IHK der Auto-mobilzulieferindustrie im niederbergischen Raum ihrebesondere Aufmerksamkeit. Die Branche steckte inSchwierigkeiten, die man als „Lopez-Krise“ bezeichne-te; der Namensgeber, für die Beschaffung bei einemnamhaften Autohersteller tätig, leitete eine neue Ein-kaufspolitik ein. Hinzu trat ein massiver Wettbewerbder japanischen Automobilhersteller.

„Lean Management“, 1992 veröffentlicht durch dasrenommierte Massachusetts Institute of Technology(MIT), sollte in dieser Drucksituation helfen, Qualitätund Produktivität zu steigern und Lieferzeiten und Ko-sten zu senken. In Veranstaltungen und Kongressen in-formierte die IHK ihre Unternehmen über das „schlan-ke Unternehmen“ und zeigte, dass diese Methode nichtnur Ansatzpunkte für Kosteneinsparungen liefern soll-te, sondern auch als alternatives Führungsmodell ge-dacht war.

Die Automobilkrise stellte insbesondere die Zulie-ferindustrie Niederbergs vor große Herausforderungen.Ausgelöst durch den Konkurs eines großen Gießerei-unternehmens, das bundesweit als „erstes Lopez-Opfer“Schlagzeilen machte, stellte die Kammer ein Aktions-programm mit konkreten Projekten auf: So gründetesich unter ihrer Projektleitung im Oktober 1994 in Vel-bert die MeteQ Mess- und Qualitätstechnik GmbH. Siehilft seitdem den Zuliefererunternehmen bei der Prüf-mittelüberwachung und -kalibrierung sowie bei allen

Im Bereich der Computer-Chips kooperiert die RWTHAachen erfolgreich mit derWirtschaft.

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Fragen rund um das Qualitätsmanagement. Gesell-schafter sind das ZQM (Zentrum für Qualitätsmanage-ment), die Städte Heiligenhaus und Velbert sowie bis2003 die IHK Düsseldorf. 1994 startete die IHK zudemdas Zulieferprojekt „Benchmarkíng“. Unternehmen tau-schen hier anonymisiert ihre betrieblichen Kennzahlen

untereinander aus und vergleichen sie mit den Datender besten Unternehmen.

Industrie-Initiative Düsseldorf/KölnIm Jahr 2000 startete die IHK Düsseldorf mit ihrerNachbarkammer Köln die Initiative „Mit der Industriein die Zukunft“.

Gemeinsames Ziel war es, die Bedeutung der Indu-strie in der Dienstleistungsgesellschaft deutlich zu ma-chen, den Industriebegriff neu zu definieren und dieÖffentlichkeit, vor allem junge Leute und Politik, für dasThema „Arbeits- und Ausbildungsplatz Industrie“ zugewinnen.

Neben einem Gutachten des renommierten Deut-schen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Berlin,über den Status quo der regionalen Industrie, ihrerstrukturellen Bedeutung und ihrem Entwicklungspo-tenzial setzte die Broschüre „Perspektiven – Mit der In-dustrie in die Zukunft“ die Kernthesen des Gutachtensplakativ um und porträtierte die 100 innovativstenUnternehmen aus beiden Kammerbezirken.

Aus diesen Marketing-Aktivitäten für die Industrieentwickelten die Kammern in Nordrhein-Westfalen un-ter Koordination der IHK Düsseldorf schließlich denNRW-Maschinenbautag. Seit 2002 öffnen sich landes-weit jährlich bis zu 100 Maschinenbauunternehmeninteressierten Schülern und Studenten. Gemeinsam mitdem Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau-er (VDMA), den Metallarbeitgebern und der IG Metall

Unternehmensvertreter zu Gast bei der MeteQ inVelbert.

Die IHK-Broschüre „Perspek-tiven“ portraitierte 2002 die100 innovativsten Unterneh-men aus den IHK-BezirkenKöln und Düsseldorf.

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wurden unter dem Motto „Erlebnis Ma-schinenbau - Technik, die fasziniert“ neueProdukte, Dienstleistungen, Ausbil-dungsberufe und Praktikumsstellen an-schaulich präsentiert.

Innovation beginnt in den KöpfenInnovation hängt entscheidend vomWissens- oder Technologietransferab. Öffentliche Förderprogrammemögen die Neigung zur Innovationverstärken. Sie standen in den Infor-

mations-Dienstleistungen der IHK eher in der zweitenLinie, in der ersten stand stets der Technologietransfer.

Technologietransfer heißt: Hochschulen, sonstigeForschungseinrichtungen und Unternehmen zu-sammenzubringen, um – bei geglückter Kooperation –zu neuen wettbewerbsfähigen Produkten und Verfah-ren zu gelangen.

Erste Ansätze, die Unternehmen über staatlicheForschungs- und Entwicklungsförderung zu informie-ren, gehen auf das Jahr 1977 zurück. Die IHK nahm da-zu vielfältige Kontakte zu den Ministerien, aber auchzu externen Technologieberatern und bereits zu Be-

treibern technischer Datenbanken auf. 1979 richtete die IHK erstmals einen „Informa-

tionsdienst Technik“ ein mit dem Ziel, nicht nur überöffentliche Forschungs- und Entwicklungsförderungzu beraten, sondern auch um den Betrieben Speziali-sten für eine vertiefte Technologieberatung zu vermit-teln. Technologietransfer mit dem heutigen breitenfachlichen Spektrum ist ein IHK-Produkt, das erst in den1980er Jahren entstand.

Die Transferveranstaltungen für die Unternehmensind seither an Themenvielfalt kaum zu überbieten:Sensortechnik, CAD/CAM, Biotechnologie, Produk-tionslogistik waren es in den 1980er Jahren, Multime-dia, Internet, Telekommunikation, Keramik als neuerWerkstoff zur Mitte der 1990er Jahre und IT-Sicherheit,Life-Science und E-Procurement in der Gegenwart.

Nicht jede Art von Technologie hat breite Anwen-dungsfelder. Je schmaler die Zielgruppe, umso mehrmacht ein überregionaler Ansatz beim Technologie-transfer Sinn. Eine solche Kooperation beim Technolo-gietransfer und Umweltschutz macht Spezialthemenerst richtig tragfähig. Sie hat einen weiteren Vorteil: Sie führt Unternehmen aus einem großen und lei-stungsfähigen Wirtschaftsraum zueinander und diese

Unter dem Motto „Technik,die fasziniert“ gewährt derMaschinenbautag NRWJugendlichen Einblicke inden Unternehmensalltag.

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gemeinsam zu Forschung und Wissenschaft. Unter die-sem Blickwinkel hat sich inzwischen eine enge Koope-ration der IHKs im Rheinland bewährt. Sie begann mitder Innovationsbroschüre „High-Tech Rheinland“, diedie Industrie- und Handelskammern Aachen, Bonn,Düsseldorf, Duisburg, Essen, Köln, Mittlerer Niederrheinund Wuppertal 1994 aus Anlass des Umzugs derBundesregierung von Bonn nach Berlin herausgaben.Damit sollten Investoren aus dem In- und Ausland an-gesprochen und zur Ansiedlung im Rheinland moti-viert werden.

Außerdem wurden aus dieser Region zehn High-tech-Wachstumsfelder wie Mikroelektronik, Biotech-nologie, Informations- und Kommunikationstechnik,Umwelttechnik und Energietechnik einer breiten Öf-fentlichkeit bekannt gemacht.

Aus diesen Anfängen haben sich im Rheinland inden Jahren nach 1994 verschiedene Branchenplattfor-men gebildet, die zu einem ständigen Forum für Wis-senstransfer, Trendinformationen und Unternehmens-kooperation geworden sind. Diese Plattformen sind inzwischen zu einem Bindeglied der Unternehmen imRheinland geworden:

• „Automotive Rheinland“ ist die Branchenplatt-form der Automobilindustrie und ihrer Zulieferer.Mit den beiden bedeutenden Herstellern Daim-lerChrysler in Düsseldorf und Ford in Köln sowiezahlreichen mittelständischen Zulieferern – vorallem im bergischen Raum, aber auch am Nieder-rhein – ist dies einer der wichtigsten Industrie-zweige im Rheinland.

• „BioRiver“ ist seit 2003 die Branchenplattformvon Biotechnologie- und Life Sciences-Unter-nehmen, IHKs, Städten und Kreisen im Rheinland.Die Geschäftsstelle sitzt in Düsseldorf.

• „Umwelttechnik Rheinland“ heißt die im Jahre2004 von den IHKs Köln, Bonn und Düsseldorf in-itiierte jüngste Branchenplattform.

Der Kooperationsgedanke schlägt sich auch in demFirmenbesuchsprogramm „Profile“ nieder. Hier öffnen

AutomotiveRheinland

Das Gebiet von BioRiverLife Science im Rheinlandmarkieren Kölns Oberbür-germeister Fritz Schramma(links) und der Kölner Re-gierungspräsident JürgenRoters (rechts) anlässlichdes ersten BioRiver-Kon-gresses der NRW-IHKs inKöln 2003. Im HintergrundDr. Herbert Ferger, Haupt-geschäftsführer der IHKKöln, und Dr. Udo Siep-mann, Hauptgeschäfts-führer der IHK Düsseldorf.

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Unternehmen für Unternehmer aus der Rhein-Regionihre Türen und lassen sich über die Schulter schauen.

In aller Munde: IuKKaum eine technische Entwicklung hat die Wirtschaftim 20. Jahrhundert so umfassend revolutioniert wie dieDigitalisierung, das Zusammenwachsen von Informa-tions- und Kommunikationstechnologie (IuK). Nichtnur die zunehmende Integration von Anwendungen,sondern auch die Verbilligung der Ausrüstungen undAnwendungen ließen eine rasche Verbreitung in prak-tisch allen Sektoren der Volkswirtschaft zu.

Die Informations- und Kommunikationstechnolo-gie ist daher seit Mitte der 1980er Jahre ein fester Be-standteil der IHK-Arbeit. Bestimmten anfangs Themenwie computerunterstützte Konstruktion und Fertigung(CAD/CAM) und Einsatz von EDV in Büro und Unter-nehmensverwaltung das Themenangebot und Einzel-beratungen, so dominierten in den 1990er Jahren Mul-timedia, Internet und Telekommunikation.

Durch die Nähe zu den Marktführern gelang es derIHK Düsseldorf rechtzeitig, neue Themen und Entwik-klungen wie Telekooperation, Telearbeit, Kostenma-nagement in der Telekommunikation, Electronic Busi-ness, Electronic Commerce und mobile Datenkommu-nikation in ihre Informations- und Beratungsaktivitä-ten aufzunehmen.

Ende 1998 gründete sich auf Initiative mehrererSoftware- und IT-Unternehmen der IHK-ArbeitskreisSoftware, der sich längst als eine Plattform für Erfah-rungsaustausch und Kooperation der Unternehmen der

IT- und Telekommunikationsbranche im IHK-Bezirketabliert hat.

Über 120 Unternehmen aus dem gesamten IT- undTelekommunikationsbereich tauschen sich über The-men wie Qualitätsmanagement, Netzwerke, Projekt-management, Sicherheitskonzepte, gemeinsame Mar-ketingaktivitäten, Nachwuchsförderung und Verbund-ausbildung intensiv und regelmäßig aus.

Die rasante Entwicklung des Internets vom reinenInformations- und Datennetz zum „weltweiten Kauf-haus“ ließ auch die IHK Düsseldorf nicht unberührt. Seit1996 ist die Kammer unter www.duesseldorf.ihk.de imWorld Wide Web vertreten. Kooperations- und Tech-nologiebörse, Lehrstellenangebote, Broschüren undMerkblätter zum „Download“ werden seitdem immerstärker genutzt.

In der zweiten Hälfte der 1990er Jahre begann dieIHK Düsseldorf eine Informationskampagne, um dieUnternehmen mit den nötigen Fakten der neuen Tech-nologie zu versorgen. Ob Electronic Commerce, Erstel-lung einer eigenen Firmenhomepage, virtuelle Markt-plätze oder IT-Sicherheit, die IHK informierte zu diesen

Themen. Neben den zahlreichenInformationsveranstaltungensorgte auch die Checkliste „E-Commerce für den Mittelstand“für die praxisnahe Informationder Unternehmen.

Selbstverständlich warenauch öffentliche Förderprogram-me stets dann ein Thema für dieIHK, wenn damit breite Zielgrup-pen angesprochen werden soll-ten. Dies war der Fall, als die Eu-ropäische Kommission die Tech-nologie-Förderprogramme„Esprit“ und „Brite/Euram“ auf-legte. Erste Aktivitäten der Kam-mer zu diesen Forschungspro-grammen datieren auf das Jahr1990. Ein Jahr später wurde un-ter Federführung der IHK Düssel-

Den richtigen Klick mit derIHK. Das Angebot derKammer seit den 1990erJahren reicht von E-Com-merce über den Aufbau dereigenen Homepage bis zurIT-Sicherheit.

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dorf der ESPRIT-Club Nordrhein-Westfalen gegründet.Ziel war es, den Erfahrungsaustausch von Unterneh-men, die am EU-Programm „ESPRIT“ teilnahmen, zufördern. Vorstellung einzelner Fachthemen wie Fuzzy-Logic, neuronale Netze, Mechatronik und Parallelrech-nereinsatz gehörten zum Programm wie auch die Her-ausgabe eines Leitfadens für die erfolgreiche Antrag-stellung von Projekten.

Die europäischen Forschungsrahmenprogrammesind inzwischen – ergänzend zu den nationalen För-derprogrammen – ein wichtiger Motor für wirtschaft-liche und technische Innovationen in Europa gewor-den.

Innovative Unternehmen in DüsseldorfWie innovativ sind Unternehmen im Bezirk der IHKDüsseldorf? Diese Frage stellte die Kammer im Frühjahr1997 und bekam überraschende Antworten bei derAnalyse von Patenten und Gebrauchsmustern im Zeit-raum 1973 bis 1995. Die Erfinder der Region zähltenmit 30.000 Anmeldungen zu den fleißigsten inDeutschland. Innovativste Branchen waren hier unteranderem die Chemie, die Schloss- und Beschlagindu-strie und die Metallverarbeitung. Aber auch die so ge-nannten Zukunftstechnologien, hier speziell die Bio-und Gentechnologie, waren bundesweit führend. Nichtumsonst gewann die Region Rheinland mit den Städ-ten Düsseldorf, Köln, Wuppertal und Aachen den mit

50 Millionen Mark Fördergeld dotier-ten Bio-Regio-Wettbewerb desBundesforschungsministeriums.

Seit 2003 bieten die IHKs Düs-seldorf und Mittlerer Niederrhein die Kontakt-börse für Ideen und Chancenkapital, kurz KICK, an undgeben damit dem Technologietransfer ein weiteres wir-kungsvolles Instrument der Zusammenarbeit von Wis-senschaft und Wirtschaft. Über 75 Aussteller präsen-tierten bisher hier ihre Ideen und Erfindungen. Geradefür Existenzgründer und junge Unternehmen ist KICKeine gute Plattform, um mit Kooperationspartnern undKapitalgebern in Kontakt zu kommen. Jeweils über 400Besucher in den letzten beiden Jahren zeigten, dass diebeiden IHKs mit KICK die richtige Plattform für Erfin-der und Ideengeber gefunden haben.

Ökologie und Ökonomie – ein Gegensatz? Im Mittelpunkt des Erfahrungsaustausches zum Um-weltschutz in der IHK standen in den 1950er Jahren zu-nächst Abwasserfragen. Hintergrund waren vorberei-tende Arbeiten zur Bildung von Wasserverbänden.Auslöser der Diskussion waren – wie so oft – drohendeKostenbelastungen der Unternehmen durch öffentli-che Gebühren für die Abwasserentsorgung. Die IHKsetzte sich für möglichst große Einzugsgebiete der neuen Wasserverbände ein, um deren Wirtschaftlich-keit zu verbessern. Umgekehrt sorgten sich vor allem

Eine neue Trommelaufhän-gung, die für besserenKlang sorgt, war eine derIdeen, die auf der KICK –Kontaktbörse für Ideenund Chancenkapital – derIHKs Düsseldorf und Mitt-lerer Niederrhein vorge-stellt wurde.

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die Industriebetriebe um eine ausreichende Wasserver-sorgung. So unterstützte die IHK wasserwirtschaftlicheUntersuchungen in Düsseldorf, um die Grundwasser-verhältnisse zu beleuchten. 1958 fand bereits eine was-serwirtschaftliche Tagung in der IHK statt, die das an-haltende Interesse an diesem Thema deutlich doku-mentierte.

Die ersten Aktivitäten zur Luftreinhaltung reichenzurück in das Jahr 1960, als die Vollversammlung derIHK bereits „grünes Licht“ für einen Erfahrungsaus-tausch der Unternehmen gab.

In enger Zusammenarbeit mit dem TÜV ging es um den Vergleich von Messdaten, aber auch um die Ansprache der Mitgliedsunternehmen, ihre Anlagen –im wohlverstandenen Eigeninteresse – untersuchen zulassen.

Die Kammer nahm zum Umweltschutz schon zudieser Zeit eine konstruktive, nicht etwa pauschal ab-wehrende Haltung ein. Gleichwohl sah sie – unter Be-jahung des Verursacherprinzips – die kritische Größe inden der Industrie eingeräumten, eher zu knappen An-passungszeiträumen, um sich mit emissionsmindernderTechnologie auszurüsten.

Die konstruktive Position im Umweltschutz wirdauch an der engen Kooperation mit der Stadt Düssel-dorf deutlich, als es ab 1959 darum ging, ihr durch ei-ne Erfassung der betrieblichen Abfallmengen Pla-nungsunterlagen zur Müllentsorgung zu beschaffen.

Auch zum Thema Lärmbekämpfung gab es ab 1961einen breiten Erfahrungsaustausch unter den Betrie-ben, 1963 beriet die IHK in wachsendem UmfangUnternehmen, nicht zuletzt um ihnen bei ihren Kon-takten mit den Behörden unter die Arme zu greifen.

Natürlich spielte auch die Kommunikation der Um-weltschutzanstrengungen der Unternehmen gegen-

über der breiten Öffentlichkeit, Politik und Verwaltungeine Rolle. Mit einer Erhebung über die Luftreinhalte-Investitionen der Industrie ging die IHK 1969 an denMarkt. Erstmals tauchte übrigens der Begriff „Umwelt-schutz“ im IHK-Jahresbericht 1970 auf; er ersetzte denbis dahin üblichen Terminus „Immissionsschutz“.

Als einen eigenen Beitrag zur Entlastung der Um-welt setzte die IHK 1974 die heute noch funktionie-rende Recyclingbörse – damals noch Abfallbörse – inGang, über die den Unternehmen Reststoffe zur weite-ren Verwertung vermittelt wurden. Diese Börse erlang-te rasch einen hohen Bekanntheitsgrad – die Anfrage-quote stieg rapide an, bis zum Jahr 1986 um 35 Pro-zent. Dies ist ein klarer Hinweis auf ein verstärktes Um-welt- und Kostenbewusstsein der Unternehmen. DieRecyclingbörse wurde 1992 bundesweit verfügbar gemacht, seit 1997 ist sie auch über das Internet er-reichbar.

Umweltschutz mit breiterem AufgabenspektrumDas Waldsterben, für das vor allem industrielle Luft-verunreinigungen verantwortlich gemacht wurden, hatder Forderung nach mehr Umweltschutz politisch ei-nen solchen Nachdruck verliehen, dass sich das Tempozusätzlicher Maßnahmen in Gesetzgebung und Ver-waltung in der ersten Hälfte der 1980er Jahre spürbarbeschleunigte.

Neue Aspekte gewann die Umweltpolitik mit derSuche nach marktwirtschaftlichen Lösungsansätzen.Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung diskutierten,ob es sich empfehle, das System des deutschen Um-weltschutzes mit seinen Verboten, Genehmigungenund Auflagen durch handelbare Emissionsrechte zu er-gänzen. Dies alles sollte übrigens erst im Jahr 2005Wirklichkeit werden; der CO2-Emissionsrechtehandel,initiiert durch das Kyoto-Abkommen von 1997, starte-te mit circa 180 Staaten weltweit.

Kaum ein Jahr brachte der Umweltgesetzgebungsolch eine Fülle von neuen Themen wie 1984. Gewäs-serreinhaltung, Altlasten und Abfalltourismus warenSchlagworte von besonderer politischer Brisanz. Bereitsein Jahr später standen die Themen Sanierung von Alt-anlagen, neue Vorschriften zur Luftreinhaltung, Auf-gaben des Immissionsschutzbeauftragten und das neueAbfallrecht, speziell im Altölbereich, an.

Wasserwirtschaft war1958 Thema einer IHK-Fachtagung.

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175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

Der gesetzliche Rahmen für den Umweltschutz be-deutete für die Unternehmen und damit auch für dieIHK eine breite Ausdifferenzierung dieses Themas. Ab-fall- und Abwasserbeseitigung sowie Immissionsschutzund später umfangreiche Systeme des Umweltma-nagements bestimmten über lange Zeiträume die Zu-sammenarbeit der IHK mit den Unternehmen, mit Po-litik und Verwaltung.

So verschärften sich seit Beginn der 1980er Jahredie Probleme in der Abfallbeseitigung zunehmend. Po-litische Widerstände gegen die Planung neuer Depo-niestandorte wurden laut. Nach und nach wurde einSzenario mangelnder Entsorgungsmöglichkeiten –nicht nur in der Region, sondern auch bundesweit –deutlich.

Über den Weg der Rücknahme- und Pfandpflichtensowie der Abfallkennzeichnung sollten angesichts die-ser Ausgangslage die Abfallmengen der Unternehmenreduziert werden. Die Kammer unterstützte das Vorha-ben des Regierungspräsidenten Düsseldorfs, einen Ab-fallbeseitigungsplan aufzustellen und beriet ihn beiPrognosen zu künftigen Abfallmengen und -qualitä-ten.

Neue Vorschriften zur Überwachung, Genehmi-gung und Kennzeichnung wurden auf viele verschie-dene Abfallarten ausgedehnt, der Druck auf Wirtschaft,Kommunen und Verbraucher, Abfall zu vermeiden oderzu verwerten, verstärkte sich. Mit der „Technischen An-leitung Abfall“ wurden auch für Sonderabfälle Entsor-gungswege vorgegeben.

Die Abfallentsorgung entwickelte sich somit in die-sen Jahren zu einem neuen Arbeitsschwerpunkt derIHK. Konkret bedeutete dies die Mitarbeit an den Ab-fallwirtschaftskonzepten der Stadt Düsseldorf und desKreises Mettmann und die Schärfung des Problembe-wusstseins der Wirtschaft durch Einzelberatungen.

Das Thema Abfall wurde auch 1985 lebhaft in denStadträten diskutiert. Der Kreis Mettmann sorgte sichum den knapper werdenden Deponieraum und die Ent-sorgung von Galvanik-Schlämmen sowie Gießereisan-den. Man beschloss, für die Gießereien eine Gießerei-sandaufbereitung auf der Deponie Plöger Steinbruchzu errichten. Für die Stadt Düsseldorf hingegen war dieWiederverwertung von Baumischabfällen ein vorrangi-ges Problem.

1991 äußerte die Kammer in verschiedenen Appel-len an Politiker ihre Sorge vor gefährlichen Defiziten inder Entsorgungs-Infrastruktur des WirtschaftsraumesDüsseldorf. Die Deponien waren voll, die Müllverbren-nungsanlagen ausgelastet. Die extrem hohen Umwelt-schutzauflagen trieben die Gebühren stark in die Hö-

he. Die Kammer beriet vor diesem Hintergrund inten-siv über Abfallvermeidung, den ressourcensparendenMehrfacheinsatz von Produkten und die stoffliche Ver-wertung.

Nicht nur steigende Abfallgebühren, sondern auchneue Vorgaben im Landesabfallgesetz, welche die Be-triebe zur Erstellung von Abfallkonzepten und -bilan-zen verpflichteten, motivierten die IHK, in Zusammen-arbeit mit der Stadtverwaltung Düsseldorf und demKreis Mettmann im Jahre 1992 einen Leitfaden he-rauszubringen: „Betriebliche Abfallwirtschaftskonzep-te- und Abfallbilanzen“, der bis 1994 mehr als 6.000malan die Unternehmen weitergereicht wurde.

Die neue Verpackungsverordnung trat 1991 in Kraftund erhöhte für den Handel den Druck, auf überflüssi-ge Verpackungen zu verzichten. Der Bundesumweltmi-nister plante, bis 1995 72 Prozent der Verpackungsab-fälle bei Glas, Weißblech und Aluminium zu reduzierenund 64 Prozent bei Pappe, Kunststoff und Verbundver-packungen einzusparen. Das Landesumweltministe-

Die Müllverbrennungsan-lage in Düsseldorf arbeitetmit einer dreistufigenRauchgasreinigungsanlage.

Auch die IHK-Publikation„Unsere Wirtschaft“ be-schäftigte sich 1990 mitdem immer wichtiger wer-denden Thema Abfallwirt-schaft.

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100Innovation und Umwelt: Mit der Industrie in die Zukunft

175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

rium bezeichnete die Beratung von Produzenten undHändlern als wichtige Kammeraufgabe und bat die IHKDüsseldorf, in ihren Bemühungen um Aufklärung derUnternehmen über Vermeidungs- und Verwertungs-möglichkeiten fortzufahren.

Die Kammer kam dem geforderten Beratungsbedarfkaum noch nach, denn die Betriebe erwarteten vielfacheine Durchleuchtung ihrer gesamten Betriebsabläufeunter dem Verpackungsabfall-Aspekt.

Seit 1996, dem Jahr der Verabschiedung des Kreis-laufwirtschafts-/Abfallgesetzes, standen umfangreicheInformationen zur Kreislaufwirtschaft und eine Ver-stärkung der IHK-Umweltberatung im Vordergrund. DieAbfallentsorgung ist bis zur Gegenwart ein aktuellesThema geblieben.

So trat 2003 die Gewerbeabfallverordnung in Kraft,mit Getrennthaltungspflicht, Andienungspflicht anden kommunalen Entsorger und Restmülltonne. Wieschon zuvor geht es auch hier in der IHK-Beratung pri-mär um die Kostenminimierung in den Betrieben und

um die Abfallvermeidung.Ähnlich wie das Thema

Abfall gewannen auch Ab-wasserfragen seit Beginn der1980er Jahre an Intensität.So löste das Inkrafttreten derAbwasserabgabe im Juli 1981schon während des Jahres1980 gründliche Überlegun-gen und Berechnungen beiden Betrieben sowie bei denAbwasserbeseitigern aus. Der

Bergisch-Rheinische-Wasserverband, zuständig für dieAbwasserbeseitigung im größten Teil des Kreises Mett-mann, legte die zusätzlichen Kosten auf seine Mitglie-der um.

Weitere Verschärfungen erfuhr die Abwasserbesei-tigung im Jahre 1985, in dem Gewerbebetriebe erst-malig verpflichtet wurden, die betriebseigenen Abwäs-ser vorzubehandeln, bevor sie in das öffentliche Kanal-netz eingeleitet werden durften.

Durch verschiedene weitere Verordnungen, wie dieIndirekt-Einleiter-Verordnung und die geänderte Ab-wassersatzung der Stadt Düsseldorf, die die Betriebezur Einhaltung strengerer Abwassergrenzwerte zwan-gen, wurden die Belastungen, die auf die Betriebe zu-kamen, nochmals größer.

In all diesen Phasen sah die IHK ihre primäre Auf-gabe darin, in Einzelgesprächen die Unternehmen zuberaten, sich aber rechtzeitig in den politischen Mei-nungsbildungsprozess einzuschalten, um Einfluss auf

die Rechtsgrundlagen zu nehmen, die später zu hand-festen Zusatzkosten bei den Unternehmen führten.

So waren die neuen verschärften Satzungen der In-direkt-Einleiter-Verordnung des Landes NRW für diekleinen und mittleren Betriebe vielfach zu unverständ-lich und lösten Anfang der 1990er Jahre einen beson-deren Beratungsbedarf durch die Kammer aus.

Auch 1993 führte die schrittweise Nachrüstung derDüsseldorfer Klärwerke zu einer weiteren Erhöhung derKanalnutzungsgebühren. Die Kammer bemühte sichum eine maßvollere Preisanpassung und forderte, dieGebühreneinnahmen ausnahmslos der Abwasserreini-gung zugute kommen und nicht im allgemeinen städ-tischen Haushalt versickern zu lassen. Da Letzteres abergängige Praxis war, forderte die Kammer die Wasser-verbände auf, auf jegliche Gebührenerhöhung zu ver-zichten.

Besondere Beachtung fand auch die Problematikder Altlasten in der Kammerarbeit ab 1986. Die Kam-mer trat in Gespräche mit dem Ministerium für Um-welt, Raumordnung und Landwirtschaft des LandesNRW ein, um griffige und betriebsnahe Konzepte zu er-arbeiten.

Auch bei der Luftreinhaltung wird die besondere„Dynamik“ der Umweltpolitik deutlich. Anfang der1980er Jahre war die Novelle zum Bundesimmissions-schutzgesetz mit den gleichzeitig vorgesehenen Ände-rungen der „Technischen Anleitung zur Reinhaltung derLuft (TA Luft)“ ein wichtiges Thema.

Regional von großer Bedeutung war der Beschlussder Landesregierung, Düsseldorf und Teile der Nach-barregion zum Luftbelastungsgebiet zu erklären. DieVerpflichtung der Betriebe zur Erstellung von Emis-sionserklärungen und die daraus resultierende Zu-sammenfassung zu einem öffentlichen Emissions-Ka-taster erfüllte die Kammer zunehmend mit Sorge.

So standen in den Jahren 1981 und 1982 intensiveBeratungen der IHK zu den seit 1981 geltenden Ver-schärfungen auf dem Gebiet des Umweltschutzes undzusätzlichen Belastungen durch die Neufassung der TALuft wie der Entwurf für eine Großfeuerungsanlagen-Verordnung mit den Umweltschutz-Experten aus den

Luftverunreinigung durchVerkehr, Industrie undHaushalt sind bis heuteein Thema.

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101Innovation und Umwelt: Mit der Industrie in die Zukunft

175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

Betrieben im Vordergrund. Die Ergebnisse flossen in diepolitischen Stellungnahmen der IHK-Organisation ein.

Der Luftreinhalteplan für die Rheinschiene wurdeMitte 1982 veröffentlicht. Er umfasste das Gebiet derStädte Düsseldorf und Neuss. Er enthielt ein Katasterder Emissionen und Immissionen, der Wirkung und Ur-sachen von Luftverunreinigungen, die von Industrie,Verkehr und Hausbrand in diesem Gebiet gemessenwurden. In dem Maße, in dem sich die Umweltpolitik –wieder – in den Vordergrund der industriewirtschaft-lichen Rahmenbedingungen schob, nahm auch die Mit-wirkung der IHK Düsseldorf vor allem als Vermittlerzwischen Betrieben und Behörden zu.

Weitere Verschärfungen der Verordnungen setzenneue markante Daten. Luftbelastungs- und Emissions-grenzwerte für krebserzeugende Stoffe wurden festge-setzt, weitere Auflagen für Altanlagen folgten. 1986war die TA Luft immer noch ein Kammerthema. Infor-mationsseminare über die Nachrüstung luftverunreini-gender Anlagen wurden angeboten, ebenso fand dasThema Einzug in die Beratungen der IHK-Regionalaus-schüsse.

Zur Luftreinhaltung gehörte schließlich auch dasThema „Smog“. Noch während der Smog-Periode imJahr 1985 forderte die Stadt Düsseldorf die Landesre-gierung auf, ihr Gebiet in die Smog-Verordnung einzu-beziehen. Damit trat die Smogproblematik erstmalig inDüsseldorf, Langenfeld und Monheim auf. Die Kammerbemühte sich vergeblich um eine gelassenere Beurtei-lung der Situation und wies in Stellungnahmen an dieLandesregierung auf die nachteiligen Konsequenzendieses Schrittes für die Unternehmen hin. Es blieb beiden überzogenen Smog-Kriterien der alten Verord-nung. Die ansässigen Firmen mussten sich auf Ver-kehrssperrungen und Betriebseinschränkungen ein-stellen, die im Ernstfall verordnet werden konnten. Al-leine im Kraftverkehr galt, dass Besitzer von Fahrzeu-gen mit geregeltem Dreiwegekatalysator bei Smogauch in Verkehrssperrbezirken fahren durften. Die Er-teilung von Ausnahmegenehmigungen vom Fahrver-bot forderte die IHK-Mitarbeiter binnen kurzer Frist inganz besonderem Maße.

1993 wurde erstmals die Frage nach einem umfas-senden Umweltmanagement bei den Firmen laut. Öko-Audits hätten nach Ansicht der Kammer ein wirksamesSelbstregulierungsinstrument einer umweltbewusstenWirtschaft werden können, wenn die Europäische Ge-meinschaft daraus nicht ein „freiwillig verpflichtendes“Korsett geschneidert hätte. 1996 wurde erstmals überdie anspruchsvolle Einführung eines Umweltmanage-mentsystems berichtet. Gemeinsam mit vier Unterneh-men erarbeitete die IHK ein Umweltschutz-Handbuch,das Mitte 1997 erschien.

Inzwischen hatten sich zehn Unternehmen im IHKBezirk Düsseldorf erfolgreich den Prüfungen des EU-Umwelt-Audits unterzogen. Da die Einführung mit er-heblichem Aufwand verbunden war, bot die IHK be-sondere Hilfen an: Der „EU-Umwelt-Audit-Wegweiser“wurde veröffentlicht. Der Leitfaden "Umweltmanage-menthandbuch für den Mittelstand" erschien im Jahr1998. Auch Dienstleistern stand nun die Möglichkeitdes Umwelt-Audits offen.

2001 hatten sich viele Unternehmen zertifizierenlassen, in der Hoffnung, in Aussicht gestellte Vergün-stigungen der Bundesregierung zu erhalten. Als diesenicht gewährt wurden, befürchtete die Kammer – zuRecht – einen drastischen Rückgang der Zertifizierun-gen und sprach darüber mit politischen Entschei-dungsträgern. Bis heute steht eine Privilegierung durchgemilderte Kontroll- und Berichtspflichten der zertifi-zierten Betriebe im IHK-Bezirk aus.

Dem Smog wurde mit der„TA Luft“ Anfang der1980er Jahre zu Leibe gerückt.

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102Aus- und Weiterbildung: Für das Leben lernen

175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

In kaum einem anderen Geschäftsfeld der IHK spiegeltsich der Wandel so deutlich wider wie in der Aus- undWeiterbildung: Strukturelle und konjunkturelle Verän-derungen, technischer Fortschritt, demografische Ent-wicklung und die Bildungspolitik sind ihre entschei-denden Determinanten. Aufgabe der Kammern ist esnach Paragraph 1, Absatz 2 IHKG:

„…Anlagen und Einrichtungen, die der Förderungder gewerblichen Wirtschaft oder einzelner Gewer-bezweige dienen, (zu) begründen, unterhalten und(zu) unterstützen sowie Maßnahmen zur Förderungund Durchführung der kaufmännischen und ge-werblichen Berufsbildung unter Beachtung der gel-tenden Rechtsvorschriften, insbesondere des Be-rufsbildungsgesetzes, (zu) treffen.“

Damit griff der Gesetzgeber 1956 als Aufgabe nurauf, was die IHKs seit den 30er Jahren des 20. Jahr-hunderts bereits erfolgreich entwickelt hatten, nämlichein umfassendes System von anerkannten Lehrberufen,Ordnungsmitteln, Ausbildungsrichtlinien und Prü-fungsordnungen mit Abschlussprüfungen. Zuständigfür die Erarbeitung der Ordnungsmittel war nach Endedes Zweiten Weltkrieges bis zum Inkrafttreten des Be-rufsbildungsgesetzes 1969 die von BDA, BDI und DIHTgetragene "Zentralstelle für betriebliche Berufsausbil-dung (ABB)" in Bonn. Die von der ABB unter Mitwir-kung der Gewerkschaften konzipierten Berufsbilderdienten dem Bundesministerium für Wirtschaft als Ent-scheidungshilfe für die Anerkennung beziehungsweiseLöschung eines Ausbildungsberufes wie auch für not-

Aus- und Weiterbildung:

Für das Leben lernen

Das „IHK-Zeugnis“ hat auch heute noch einen guten Klang in der Wirtschaft.

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103Aus- und Weiterbildung: Für das Leben lernen

175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

wendige Änderungen veralteter Berufsbilder. Mit demBerufsbildungsgesetz (BBiG) einschließlich Ausbilder-Eignungsverordnung und Anrechnungsverordnung fürdas schulische Berufsgrundbildungsjahr und dem Be-rufsfachschulbesuch wurden 1969 neue Rechtsgrund-lagen geschaffen.

Seit dieser Zeit legt der Gesetzgeber die Rahmen-bedingungen für die berufliche Aus- und Fortbildungwie auch für die Umschulung fest, er erlässt die Aus-bildungsordnungen auf Grundlagen der Vorarbeitendes Bundesinstitutes für Berufsbildung. Das Gesetz legtferner fest, dass die Kammern weiter „zuständige Stel-le“ für die Berufsausbildung sind. Sie tragen Ausbil-dungsverträge ein, stellen die persönliche und fachli-che Eignung von Auszubildenden, Ausbildern und derAusbildungsstätte fest, überprüfen den Ausbildungs-vertrag und erlassen – aufgrund der Beschlüsse des je-weiligen Berufsbildungsausschusses – Prüfungsord-nungen für Zwischen- und Abschlussprüfungen, er-richten Prüfungsausschüsse und nehmen die Prüfun-gen ab. Darüber hinaus obliegt es den Kammern, überihr Satzungsrecht für die Aufstiegsfortbildung undUmschulung ebenfalls Prüfungsordnungen zu erlassen,Ausschüsse zu berufen und zu prüfen. Ferner könnensie Bildungszentren und Gemeinschaftslehrwerkstät-ten gründen wie auch Seminare und Lehrgänge zurVorbereitung auf eine Aufstiegsprüfung oder zur lau-fenden Unterrichtung der Mitarbeiter der kammerzu-gehörigen Unternehmen (Anpassungsfortbildung) an-bieten.

Daran hat auch die jüngste Reform des Berufsbil-dungsgesetzes aus dem Jahr 2005 wenig geändert. Die-se setzt – ganz im Sinne der Wirtschaft – auf eine grö-ßere Flexibilisierung der Ausbildungsordnungen undverlangt eine stärkere Einbeziehung der Lernorte Schu-le und Betrieb in das Prüfungsverfahren, erhält abergleichzeitig die Autonomie der IHK-Berufsausbil-dungsausschüsse.

Erweitert hat sich durch die zunehmende Lehrstel-lenknappheit der Aufgabenbereich der Kammern: Ne-ben der Beratung, Betreuung und Schlichtung in Fra-gen der Berufsausbildung (§ 45.1 BBiG) wurden dieseinzwischen auch in das Akquisitions- und Vermitt-lungsgeschäft stärker eingebunden, etwa über denAusbildungskonsens NRW (seit 1996), die Programme„Jugend in Arbeit“, „TANJA“ (Teilqualifikation als Ange-bot für jugendliche Arbeitslose zum Einstieg in Ausbil-dung und Beschäftigung) und die Bereitstellung der imAusbildungspakt 2004 geforderten Plätze für Ein-stiegsqualifikationen. Darüber hinaus engagieren sichdie IHKs in Verbundausbildungsprojekten wie „Ausbil-

den jetzt – Niederrhein“ (gefördert vom Bundesmini-sterium für Bildung und Forschung und dem Europäi-schen Sozialfond), aber auch in der individuellen Ver-mittlung, etwa im Projekt „Verbesserung der Ausbil-dungssituation von Betrieben in NRW“ (gefördert ausMitteln des Ausbildungskonsenses NRW). Über ihreLehrstellenbörse betreibt die IHK inzwischen auch dieLehrstellenvermittlung. Sie ist darüber hinaus ein wich-tiger Partner der Schulen für die Berufsorientierungjunger Menschen.

Die Zuständigkeit der Kammern für die Berufsaus-bildung ist in den letzten 50 Jahren mehrfach auf denPrüfstand gestellt worden. Beispielsweise dann, wennBund (Hochschulpolitik, Berufsausbildung) und Länder(Schulpolitik) um eine neue Aufgabenverteilung ran-gen. Diskutiert wurde ferner immer wieder über die Zu-kunft des „Dualen Systems der Berufsausbildung“, alsoder praxisnahen Ausbildung im Betrieb mit theoreti-schem Unterricht in derBerufsschule: Bis heutehaben die Kammern al-le Versuche einer stär-keren „Verschulung“oder „Verstaatlichung“der beruflichen Bildungerfolgreich abwehrenkönnen. Und immerdann, wenn die Zahl po-tenzieller Ausbildungs-platzbewerber größerals die zur Verfügungstehenden freien Lehr-

Das IHK-FORUM, dasWeiterbildungszentrumder IHK Düsseldorf, hatseit 1994 seinen Sitz inder Karlstraße 88.

IHK-HauptgeschäftsführerDr. Udo Siepmann konnteerstmals 2004 die TANJA-Zertifikate überreichen.

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175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

stellen schien, wurde der Ruf nach einer Ausbildungs-platzabgabe laut – ob kurz nach Inkrafttreten des Be-rufsbildungsgesetzes Anfang der 1970er Jahre oderjüngst im Jahre 2004, als die IHK-Organisation dieseüber den Abschluss des Ausbildungspaktes abwendenkonnte. Und solange sich die IHKs der Aufgabe der Be-rufsausbildung stellen, solange währt auch die Klageder Unternehmen über mangelnde schulische Vorbil-dung der Bewerber. In erster Linie davon betroffen wa-ren und sind die Fächer Deutsch und Mathematik.

Anfänge der Berufsausbildung in DüsseldorfWeil die Berufsausbildung die wirtschaftliche Entwick-lung widerspiegelt, so kann es kaum verwundern, dassdie IHK Düsseldorf 1925 als eine der ersten Kammernin Deutschland eine gewerblich-technische Facharbei-terprüfung abnahm, denn die Metall verarbeitende In-dustrie war in dieser Zeit immer noch der tonangeben-de Wirtschaftszweig. Die ersten Kaufmannsgehilfenprüfte die IHK hingegen erst im Jahre 1935.

Hatte die Ausbildung durch den Zweiten Weltkriegsehr gelitten, so nahm die IHK bereits im Frühjahr 1946ihre Prüfungstätigkeit wieder auf. Neu eingerichtetwurden Lehrmeisterkurse für das grafische Gewerbe so-wie ein Fremdsprachenprüfungsamt (1947 staatlichanerkannt), im darauf folgenden Jahr nahm die Einzel-handelsschule ihren Betrieb wieder auf, auch wurdenerneut Geschäftsstenografen geprüft. 1950 konnte dieIHK zufrieden feststellen, dass die Prüfungsanforde-rungen nun durchweg wieder denen der Vorkriegszeitentsprachen, wobei die Kandidaten erhebliche Bil-dungslücken aufwiesen.

Für den Standort Düsseldorf war – auch schon zuVorkriegszeiten – entscheidend, über ein großes Poten-zial gut ausgebildeter Fachkräfte verfügen zu können.

Anders als etwa im Ruhrgebiet benötigten dieUnternehmen in Düsseldorf in weit geringerem MaßeAnlernkräfte als Mitarbeiter, die über berufsspezifischeKenntnisse und Fertigkeiten verfügten. Das galt sowohlfür den industriell-technischen wie auch für den kauf-

männischen Bereich. Darüber hinaus wollten die spe-ziellen Bedürfnisse des Außenhandelsplatzes bedientsein: Schon in der Besatzungszeit war hier der Bedarfan Dolmetschern und Übersetzern besonders hoch, dieNachfrage nach Mitarbeitern mit Fremdsprachen-kenntnissen hielt angesichts der fortschreitendenInternationalisierung bis heute unvermittelt an. Nach-gefragt wurde aber auch ein besonderes Know-how fürden Außenhandel – dem die IHK mit ihrer Außenhan-delsschule Rechnung trug.

1950 bis 1959:Rasanter Zuwachs bei den Ausbildungsplätzen„Erfreulich“, so die IHK 1953 in ihrem Jahresbericht,„war die Bereitschaft der Wirtschaft zur Aufnahme jun-ger Menschen in Lehr- und Anlernstellen. Sie ist dabeiso weit gegangen, dass bisher im Kammerbezirk von ei-ner Arbeitslosigkeit der schulentlassenen Jugend nichtgesprochen werden kann.“ Der Zuwachs in der Lehr-lingsrolle betrug bei 13.702 eingetragenen Ausbil-dungsverhältnissen zehnProzent gegenüber demVorjahr, die abgenommenenPrüfungen stiegen von2.296 (1952) auf 4.001(1953) – das entsprach ei-nem Plus von 75 Prozent!

Eine deutliche Zunahmekonnte die Kammer seiner-zeit vor allem bei den kauf-männischen Berufen – undhier in erster Linie im Ein-zelhandel – verzeichnen. BisEnde der 1950er Jahre stieg die Zahl der eingetragenenAusbildungsverhältnisse unvermindert an: Der Höchst-stand wurde mit 18.400 registrierten Lehrverträgen1956 erreicht. Trotz dieser erfreulichen Entwicklungmusste die IHK bereits 1953 erhebliche "Lücken in denelementaren Bildungsfächern Deutsch und Rechnen"feststellen, was sie dazu veranlasste, sowohl als ständi-

Vertreter der Wirtschaft,unter ihnen DIHK-Präsi-dent Ludwig Georg Braun,bei der Unterzeichnungdes Ausbildungspaktes am16. Juni 2004.

Wie in dieser Lehrwerk-statt fanden in den 1950erJahren fast alle Schulab-gänger einen Ausbildungs-platz.

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175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

ge Vertreterin im Schulausschussder Vereinigung der Kammern desLandes NRW als auch im Arbeitskreisberufsbildender Schulen Düssel-dorfs mitzuwirken. Hier kümmertesie sich vor allem um die Beseitigungvon Raumnot und Lehrermangel,aber auch um die Ausstattung mitLehr- und Lernmitteln, nicht zuletztsetzte sie sich für „ausreichendenBerufsschulunterricht“ ein. Im glei-chen Jahr wurden erstmalig Lehr-meisterkurse für Schriftsetzer undBuchdrucker angeboten, 1954 folg-ten Kurse für „Technisches Eng-lisch“.

1956, anlässlich des 125-jähri-gen Bestehens der IHK, errichtetedie IHK zur Förderung von Füh-rungskräften in der Wirtschaft die C.Rudolph Poensgen-Stifung e. V.,ausgestattet mit einem Grundkapi-tal von 400.000 Mark, das Unter-nehmen zur Verfügung gestellt hatten. Ziel der Stiftungwar es – nach Vorbild der Pariser Handelskammer –Führungskräftenachwuchs zu schulen und heranzubil-den. Wie die C. R. Poensgen-Stiftung entstanden ausMitteln der Unternehmen in den folgenden Jahrenauch die mit 50.000 Mark dotierte Stiftung des Bank-hauses C. G. Trinkaus zur Auszeichnung von sehr gutenLehrlingen in den Berufen „Industriekaufmann“ und„Kaufmann im Groß- und Außenhandel“ (1960), dieStiftung der Lindemann Maschinenfabrik GmbH, eben-falls mit 50.000 Mark ausgestattet, für die besten ge-werblichen Lehrlinge der Eisen- und Metall-Berufe(1961), die mit 20.000 Mark dotierte „Eduard und Chri-sta Grathes-Stiftung für kaufmännische Lehrlinge“(1963), die mit 300.000 Mark dotierte Stiftung zur „För-derung überbetrieblicher Aus- und Weiterbildung“(1963), mit der beispielsweise der zweite Bildungswegam Wilhelm-Heinrich-Riehl-Institut wie auch dieStützkurse für Auszubildende in Deutsch und Rechnengefördert wurden, die es aber auch ab 1965 allen Ein-ser-Kandidaten der Abschlussprüfungen ermöglichte,für fünf Tage nach Berlin zu fahren.

1957 beschäftigte die IHK vor allem der Plan derLandesregierung, neue Schultypen zu entwickeln. Inder Diskussion um die Einführung einer „Wirtschafts-oberschule“ warnte sie vor der „Gefahr einer bereits imjugendlichen Entwicklungsstadium beginnenden Spe-zialisierung“ und gab zu bedenken:

„Die Wirtschaft ist überwiegend der Auffassung,dass die jugendlichen Entwicklungsjahre der mög-lichst intensiven und umfassenden Vermittlung ei-ner soliden Allgemeinbildung vorbehalten seinsollten, weil damit dem Interesse der Jugendlichenselbst als auch künftigen beruflichen Anforderun-gen am besten gedient sein würde.“

Erneut sprach sich die IHK gegen das in Planung be-findliche Berufsbildungsgesetz aus, lehnte die Plänedes Kultusministers ab, für „Gewerbelehrer“ künftig die„vollakademische Ausbildung“ vorzuschreiben undsetzte sich für den Bau einer Ingenieurschule mit denSchwerpunkten Maschinenbau, Elektrotechnik, Fern-meldewesen und Regeltechnik in Düsseldorf ein.

Nach Erlass des IHK-Gesetzes (1956) musste dieKammer ihren seit 1947 bestehenden Berufsausbil-dungsausschuss neu berufen: Dieser trat – nach der Be-rufung der vorgeschriebenen Arbeitnehmervertretungdurch das Land NRW – 1958 zu seiner ersten Sitzungzusammen.

Die IHK-Vollversammlung beschloss im gleichenJahr die „Lehrlingsrollenordnung“ mit dem klaren Auf-trag an die IHK-Geschäftsführung, „alle Ausbildungs-betriebe bei Erfüllung ihrer Ausbildungspflichten zuberaten, die Voraussetzungen für die Eintragung vonAusbildungsverträgen zu überprüfen und Beschwerdennachzugehen“.

Gründungsurkunde der C. Rudolf Poensgen-Stiftungzur Förderung von Füh-rungskräften in der Wirt-schaft aus dem Jahr 1956.

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175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

Dieser Vollversammlungsbeschluss ebnete den Wegfür die seit 1954 erhobene Forderung der IHK, Lehr-warte, heute würde man sagen: Ausbildungsberater,einzustellen. Erstmals nahmen ein kaufmännischer undzwei gewerblich-technische Lehrwarte ihre Tätigkeit1960 auf. Anlässe für Betriebsbesuche der Lehrwartewaren die erstmalige Vereinbarung von Ausbildungs-verhältnissen, Anträge auf Eintragung in die Lehrlings-rolle, Klagen über unzulängliche Ausbildung, Überprü-fung der Eignung der Lehrstellenbewerber, Einführungneuer Ausbildungsberufe oder die Änderung bestehen-der Berufsbilder. Darüber hinaus befürwortete die IHKdie Einführung des neunten Schuljahres und engagier-te sich erfolgreich dafür, dass das Thema Wirtschaftauch im Unterricht der allgemein bildenden SchulenBerücksichtigung fand.

Und auch die IHK-Weiterbildung entwickelte sich:1958 wurden die Industriemeisterlehrgänge für Gieße-rei und Zement, der erste Lehrgang für Tankstellenin-haber, der Lehrgang „Technik für Kaufleute“ sowie Fort-bildungskurse für Sekretärinnen ins Leben gerufen.

Ende der 1950er Jahre rückte die Berufsbildung im-mer stärker in den Mittelpunkt der politischen Kam-merarbeit: So votierte die IHK entschieden dafür, dass„die Betriebslehre das Kernstück der Berufsausbildung“bleiben müsse. Ebenso erforderlich sei jedoch ein „lei-stungsfähiges, allgemein bildendes Schulwesen“, damitder Lehrherr nicht „Lücken in den Elementarfächern“schließen müsse.

1960 bis 1969: Berufsausbildung zwischen Vollbeschäftigung und StagnationDer Beginn der 1960er Jahre war gekennzeichnet durchVollbeschäftigung einerseits und einem Fachkräfte-und Lehrlingsmangel (wegen rückläufiger Schulab-gangszahlen) andererseits. Angesichts eines Rückgangsbei den eingetragenen Ausbildungsverhältnissen von18.400 (1956) auf 15.000 (1960) und einer erst wiederfür 1963 prognostizierten Zunahme ermahnte die IHK1960 die Firmen, „keine Werbeaktion bei Schulen umLehrlinge“ zu veranstalten. Auch rügte sie die Unsitte,Lehrverträge weit vor dem eigentlichen Schulabschlussabzuschließen und zu Vorstellungsgesprächen währendder Schulstunden einzuladen.

1961 führte der Mangel an Arbeitskräften vermehrtzur Einstellung von nicht ausreichend qualifizierten Ju-gendlichen, so dass die IHK ihre Zusammenarbeit mitSchulen und Arbeitsverwaltung verstärkte und die Aus-bildung mit zusätzlichem Werkunterricht intensiviertwerden musste. So wurde beispielsweise ein „Merkblattfür Berufsausbildung“ an den Volksschulen verteilt, derArbeitsverwaltung wurden Auskünfte über Lehrbetrie-be gegeben und sowohlLehrbetriebe als auch Elternerhielten nach der Eintra-gung des Ausbildungsver-hältnisses ein Merkblattüber das jeweilige Berufs-bild wie auch Hinweise zumFühren des Berichtsheftes.

1963 führte die Kammerauf Anregung des Berufsbil-dungsausschusses Nachhil-fekurse in Deutsch undRechnen für Lehrlinge ein.Angeboten wurden fernerSeminare für Ausbilder inIndustrie, Groß- und Au-ßenhandel. Die Neuord-nung der Berufsschulen imLandkreis Düsseldorf-Mettmann beschäftigte die IHKebenso wie die „Staatliche Ingenieurschule Düsseldorf“,die 1963 ihre Tätigkeit aufnahm. Ferner forderte dieKammer eine „höhere Wirtschaftsfachschule“ für dieLandeshauptstadt.

Ausbilder mit Lehrlingen1960.

Schon damals eine Fragedes guten Geschmacks:IHK-Küchenmeisterprü-fung 1963.

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175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

Mit 12.000 Fremdsprachenprüfungen (seit 1946)stand die IHK Düsseldorf 1963 an der Spitze aller Kam-mern in der Bundesrepublik. Im gleichen Jahr wurde eine neue Prüfungsordnung für die zunehmend an Bedeutung gewinnenden Industriemeisterprüfungenerarbeitet, die erste Küchenmeisterprüfung abgenom-men und für die Bewerber an öffentlichen Ingenieur-schulen eine eigene Praktikantenrolle eingeführt.

Zur Mitte der 1960er Jahre stieg erstmals seit 1958die Zahl der Prüflinge wieder an. Dabei wurde das größ-

te Wachstum in der Gruppe Eisen-Metall erzielt, demdamals immer noch "wichtigsten Wirtschaftszweig". 90Prozent aller gewerblichen Lehrlinge wurden in "Lehr-werkstätten" und "Lehrecken" ausgebildet, auch erziel-ten die Prüflinge durchweg bessere Ergebnisse als ihrekaufmännischen Kollegen. Die IHK Düsseldorf erklärtein ihrem Jahresbericht 1964: "Die betriebliche Lehre, er-gänzt durch den berufsbegleitenden Schulunterricht,wird als beste Form der Berufsausbildung anerkanntund bejaht."

Hermann FranzenPräsident der IHK Düsseldorf seit 1999

Hermann Franzen, Mitinhaber und persönlich haf-tender Gesellschafter der Hermann Franzen KG, Düs-seldorf, trat nach Auslandsaufenthalten in derSchweiz und in den USA in den elterlichen Betriebein und lenkt seit 1966 gemeinsam mit seinem Bru-der Claus in dritter Generation die Geschicke des Familienunternehmens Franzen, das 2005 auf sein105-jähriges Bestehen zurückblicken konnte. DieMarke „Franzen“, die weit über die Grenzen Düssel-dorfs und Deutschlands hinaus bekannt ist, entwi-ckelte sich gemäß der hauseigenen Philosophie „dasGute und Bewährte erhalten und sich gleichzeitigden Zeittrends und Markterfordernissen anpassen“zielstrebig vom klassischen Porzellanhaus zu einemmodernen Lifestyle-Anbieter „für die schönen Dingedes Lebens“.

Seit 1980 gehört Hermann Franzen der Vollver-sammlung der IHK Düsseldorf an. Von 1983 bis 1999stand er als Vizepräsident, seit 1995 als ständiger Vertreter des Präsidenten mit an der Spitze desUnternehmer-Parlamentes, das ihn erstmals 1999und erneut 2003 zum Präsidenten der IHK Düsseldorfwählte.

Franzen setzt sich vor allem für den Erhalt vita-ler Innenstädte ein, der für ihn stets eng mit einerguten verkehrlichen Erreichbarkeit verknüpft ist.Darüber hinaus engagiert er sich mit Nachdruck beiden Unternehmen in der Region für die qualifizierteBerufsausbildung junger Menschen. Auch sein eige-nes Unternehmen gilt als vorbildlicher Ausbildungs-betrieb, dessen Nachwuchs fast immer zu den Spit-zenlehrlingen eines Jahrgangs zählt.

In Franzens Amtszeit als IHK-Präsident fällt auchdas gemeinsam mit dem Kreis Mettmann erstellte

Interkommunale Einzelhandels-konzept (INTEK), das für Nord-rhein-Westfalen Modellcharakterhatte. Auf sein besonderes Enga-gement geht auch das so genann-te Düsseldorfer Modell, ein Pilot-projekt zur Zusammenarbeit vonPolizei und privaten Sicherheits-diensten, das inzwischen in eineOrdnungspartnerschaft mit derStadt Düsseldorf umgewandeltworden ist, zurück. Last but not least ist es auch seinem Einsatz zu verdanken, dass sich die Band-breite der IHK-Außenwirtschaftsaktivitäten – insbe-sondere in Richtung Russland und China – deutlicherweitert hat.

Diese – und andere – Ziele hat sich Hermann Fran-zen auch bundesweit auf die Fahne geschrieben:Nach den Stationen Mitglied des Vorstandes des Ein-zelhandelsverbandes Nordrhein (1977 bis 1990) undVorsitzender des Einzelhandelsverbandes Düssel-dorf (1983 bis 1990) steht Hermann Franzen als Prä-sident seit 1990 ununterbrochen an der Spitze desHauptverbandes des Deutschen Einzelhandels (HDE),Berlin. Von 1982 bis 1994 war Franzen als ehren-amtlicher Handelsrichter am Landgericht Düsseldorftätig.

Für sein ehrenamtliches Engagement in Verbän-den und Organisationen der Wirtschaft, vor allem jedoch für die Förderung des beruflichen Nach-wuchses, wurde Hermann Franzen 1990 mit demBundesverdienstkreuz am Bande und im Jahre 2004mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse ausgezeich-net.

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Ferner würden die großentechnischen, wirtschaftlichen undbetriebswirtschaftlichen Ände-rungen auch nach gezielterWeiterbildung verlangen. So botdie IHK 1964 Erfahrungsaus-tauschgruppen für das rechtzeiti-ge Erkennen der konjunkturellenSituation und der damit verbunde-nen Preisbewegungen an, offeriertwurden Kurse zu technisch-kauf-männischen Rationalisierungs-möglichkeiten und speziell fürKlein- und Mittelbetriebe Kurse inmechanischer und automatischerDatenverarbeitung sowie die Lehrgänge „Technik fürKaufleute“ und „Kaufmännisches Wissen für Techniker“.

Insgesamt machten 2.774 Teilnehmer von diesenIHK-Angeboten 1964 Gebrauch, das entsprach einemPlus von 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Der „wachsenden Bedeutung der bildungspoliti-schen Aufgaben“ wurde die IHK Düsseldorf auch mit ei-nem Sonderheft ihrer Monatszeitschrift „Unsere Wirt-schaft“ gerecht: Der Titel „Chancen für den Aufstieg inder Wirtschaft“ fand weit über den IHK-Bezirk Beach-tung bei Wirtschaft, Pädagogen und Behörden, so dassein Nachdruck erforderlich wurde.

Die Mitte der 1960er Jahre stand auch im Zeicheneines bildungspolitischen Diskurses: DIHT- und IHK-Präsident Dr. Dr. h. c. Ernst Schneider hatte zur Klärungder Frage, auf welchen Gebieten das Bildungs- undAusbildungswesen einer Änderung bedürfe, 1965 über100 Erziehungswissenschaftler und Vertreter der Wirt-

schaft zu einem Gespräch eingeladen.Und IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. KarlAlbrecht nahm unter der Frage „Berufs-ausbildung in schlechten Händen?“ inder Zeitung „Die Welt“ vom 2. Oktober1965 Stellung zu den Themen „DualesSystem der Berufsausbildung“ und „Eh-renamtliches Engagement“.

Um das Verständnis für beide Seitenzu vertiefen, richtete die IHK Düsseldorfden Gesprächskreis Wissenschaft-Wirt-schaft ein. Dieser kam zu dem Ergebnis,dass

1. die weitere Entwicklung der Be-rufsausbildung in der Wirtschaftim Gesamtzusammenhang der Bil-dungsreform gesehen werdenmüsse,

2. ein neues System in der Bundesrepublik Deutsch-land gegenwärtig nicht für erforderlich gehaltenwerde und

3. das Berufsausbildungssystem auch in Zukunftflexibel bleiben müsse, um der Vielfalt der An-forderungen gerecht zu werden.

Der IHK-Jahresbericht 1965 fasste dazu zusammen:„In Anbetracht der Entwicklung zu einer Gesell-schaft der wirtschaftlich Unselbständigen ist diesoziale Problematik der Berufsausbildung und derberuflichen Weiterbildung stärker in den Vorder-grund getreten als früher. Damit verbunden fälltden Betrieben ein wachsender Aufgabenkreis mithoher Verantwortung für Jugendliche und Erwach-sene zu.“

Neben diesen bildungspolitischen Aspekten unter-stützte die IHK 1965 die Bestrebungen von NRW-Kul-tusminister Paul Mikat, eine fakultätsgebundene Hoch-schulreife einzuführen, auch arbeitete die Kammerbeim Entwurf des neuen Gesetzes für die Berufsschul-pflicht eng mit dem Ministerium zusammen.

Eingeführt wurden in jenem Jahr auch die „Richtli-nien zu Eintragungsvoraussetzungen der Lehrlingsrol-lenordnung“, ferner setzte sich die Kammer für diezweijährige Ausbildung zum/r Verkäufer/in ein. Darü-ber hinaus startete der Versuch „programmierterUnterricht“, um die Ausbildung gering begabter oderschulmäßig zurückgebliebener Jugendlicher zu unter-stützen.

1966 erhob die IHK eine Stichprobe bei 150 Ju-gendlichen im Alter von 14 bis 19 Jahren, die Deutsch-kurse in der Grund- und Förderstufe besuchten, wie siesich auch an der Repräsentativbefragung des DIHT zumLeistungsstand der Volksschulabgänger in Deutsch und

108Aus- und Weiterbildung: Für das Leben lernen

1966 zeigte sich: Längstnicht alle Volksschulab-gänger beherrschen dieRechtschreibung.

Belohnung für die Ausbil-dungsbesten 1965: Eine Fahrt nach Berlin.

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Rechnen beteiligte. Danach mangelte es jedem fünftenLehrling an Rechtschreib- und jedem vierten Lehrlingan Rechenkenntnissen. Ferner wurde in jenem Jahr derBerufsschulbesuch auch für Lehrlinge nach Vollendungdes 18. Lebensjahres verbindlich, wofür sich die IHK eingesetzt hatte. Verabschiedet wurden darüber hinausvon der Vollversammlung die „Richtlinien zur Lehrzeit-verkürzung aufgrund vorangegangenen Schulbe-suchs“.

Das Jahr 1967 war gekennzeichnet durch den„Übergang von einem kräftigen Wirtschaftswachstumzur Stagnation in vielen Bereichen und der Rezessionin besonders bedrohten Bezirken und Branchen“ – stell-te der IHK-Jahresbericht nüchtern fest. Die Einführungdes 9. Schuljahres verursachte Einstellungsprobleme,auch verschob sich der Ausbildungsbeginn vom 1. Aprilauf den 1. August beziehungsweise 1. September, dader Schuljahresbeginn von Ostern auf Herbst umge-stellt wurde.

Als erste Kammer in Nordrhein-Westfalen bot dieIHK Düsseldorf 1967 fünf mehrtägige Seminare übervolkswirtschaftliches Grundwissen für jeweils 60 Volks-schullehrer an, auch ermöglichte sie in diesem Jahrerstmals Betriebsbesichtigungen für Schüler.

Ende der 1960er Jahre wurden die ArbeitskreiseSchule-Wirtschaft eingerichtet, die Lehrerseminare aufden Landkreis ausgedehnt. Ein Erlass des NRW-Kultus-ministeriums gab den Hauptschulen mit auf den Weg,für die „rechtzeitige Hinführung der Schüler zur Ar-beits- und Wirtschaftswelt“ Sorge zu tragen. Darüberhinaus wurden die Berufe im Einzelhandel neu geord-net, fortan gab es die Möglichkeit, sich in zwei Jahrenzum „Verkäufer“ beziehungsweise in drei Jahren zum"Einzelhandelskaufmann" ausbilden zu lassen. ImMetallbereich wurde die Stufenausbildung erprobt. Inder IHK-Weiterbildung begannen mit finanzieller För-derung der Arbeitsverwaltung erstmals zwei Kurse fürErwachsene, die sich auf die Facharbeiterprüfung vor-bereiten wollten.

Das Jahr 1969 bedeutete eine einschneidende Än-derung, denn das Berufsbildungsgesetz (BBiG) trat inKraft. Dieses schrieb unter anderem Zwischenprüfun-gen und die drittelparitätische Besetzung der Berufs-bildungs- und Prüfungsausschüsse mit Arbeitgeber-,Arbeitnehmer- und Berufsschullehrervertretern vor.Die IHK Düsseldorf verabschiedete daher am 4. Juli1969 ihren 1958 errichteten Berufsausbildungsaus-schuss auf seiner 23. und letzten Sitzung.

Die IHK engagierte sich für den dringend erforder-lichen Neubau der kaufmännischen Berufsschulen Iund II an der Suitbertusstraße, nahm erstmals Prüfun-

gen für „Verkäufer“ und „Maschinenglasmacher“ abund bot eine Sonderprüfung für italienische und grie-chische Gastarbeiter an, denen eine Bescheinigungüber die Beherrschung der Grundfertigkeiten in derMetallbearbeitung ausgestellt wurde.

Ferner erhielten niederländische Einzelhandels-schüler durch Vermittlung der IHK Praktikantenplätze,auch wuchs das Auslandsinteresse am dualen Systemder Berufsausbildung.

1970 bis 1979:Schülerberg und LehrstellenknappheitDie erste Hälfte der 1970er Jahre verzeichnete zunächstnoch leicht steigende Zahlen bei den Ausbildungs-Abschlussprüfungen, allerdings sank die Zahl der ein-getragenen Ausbildungsverhältnisse deutlich. Verant-wortlich dafür waren rückläufige Abgangszahlen beiden Hauptschulen, ein hohes Bewerberinteresse am Be-such weiterführender Schulen und die Einführung desBerufsgrundschuljahres.

In Umsetzung des Berufsbildungsgesetzes musstenalle vorhandenen IHK-Prüfungsausschüsse bis zum 31.Juli aufgelöst werden, ab Winter 1970/1971 wurdendiese – nun drittelparitätisch mit Arbeitgebern, Arbeit-nehmern und Lehrern besetzt – neu berufen. Die kon-stituierende Sitzung des ebenfalls drittelparitätisch be-setzten Berufsbildungsausschusses fand am 6. Oktober1970 statt. Ferner wurden bis 1973 für alle Ausbil-dungsberufe Zwischenprüfungen verbindlich einge-führt, die erste für die Industriekaufleute fand im Früh-jahr 1970 statt.

Neben diesen gesetzlich vorgegebenen Maßnah-men unterstützte die IHK betriebliche Initiativen einerplanmäßigen Sonderausbildung für Abiturienten, umdiese auf spätere Führungspositionen vorzubereiten,etwa indem sie mehrere Firmen dafür gewinnen konn-te, ehemalige Gymnasialschüler zum „mathematisch-technischen Assistenten“ auszubilden.

Ausbilder bei einem arbeits- und berufspäda-gogischen Lehrgang 1973.

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Die IHK Düsseldorf hatte darüber hinaus seit 1966die finanziellen Zuwendungen für die Berufsschulen inDüsseldorf in Höhe von jährlich 20.000 Mark ange-sammelt. Damit stattete die IHK 1970 die vier kauf-männischen Berufsschulen mit je einem Lerncomputeraus, um die Schüler in die Datenverarbeitung einfüh-ren zu können.

Im selben Jahr begrüßte die IHK die Entscheidung,eine Fachhochschule in Düsseldorf – und nicht, wie ursprünglich vom Land geplant, in Duisburg – zu er-richten. Ebenfalls sah die Kammer ihre langjährige For-derung nach Errichtung einer Wirtschaftsfachschuleerfüllt: Auf Anordnung des Ministers für Wissenschaftund Forschung nahm die staatliche höhere Wirt-schaftsfachschule Mönchengladbach mit 90 Studie-renden ihren Betrieb mit einer Außenstelle zum Win-tersemester 1970/71 auch in Düsseldorf auf.

Zu Beginn des neuen Jahrzehnts standen die rund1.500 Ausbildungsberatungen in den Unternehmenganz im Zeichen der Einrichtung betriebsindividuellerAusbildungsplätze. Darüber hinaus engagierte sich dieIHK in der „Information der Landjugend über Ausbil-dungsmöglichkeiten“ und richtete Schwerpunktklas-sen für Deutsch und Mathematik ein, die den bisheri-gen Unterricht in Grund- und Förderstufe ablösten.

Die Mitarbeit der IHK war darüber hinaus im Pla-nungsausschuss der Stadt Düsseldorf gefragt, als es umdie Errichtung der ersten Gesamtschule am Kikwegging. Ferner äußerten sich die NRW-Kammern untermaßgeblicher Beteiligung der IHK Düsseldorf kritischzu den von NRW-Wissenschaftsminister Johannes Rauaufgestellten Thesen zur Planung und Errichtung vonGesamthochschulen. Die Kammern warnten hier vor ei-ner „übereilten Zusammenlegung“ der Studienangebo-

te. Gemäß einer Richtlinie des Kul-tusministers richtete die IHK einenPraktikantenausschuss ein, dessenAufgabe in der Beratung und Über-wachung des Praktikums von Fach-oberschülern der Klasse 11 bestand.

Im April 1972 trat gemäß Para-graph 21 Berufsbildungsgesetz die„Verordnung über die berufs- undarbeitspädagogische Eignung für dieBerufsausbildung in der gewerb-lichen Wirtschaft“ (= Ausbildereig-nungsverordnung) in Kraft; die er-sten Ausbilderprüfungen nahm dieIHK Düsseldorf bereits im Frühjahrab. Seit 1963 hatten sich bereits1.559 Ausbilder in 52 Ausbildersemi-

naren schulen und prüfen lassen. Ferner erlangte im September 1972 die „Verfah-

rensordnung für den Ausschuss zur Beilegung vonStreitigkeiten zwischen Ausbildenden und Auszubil-denden“ (= Schlichtungsausschuss) Gesetzeskraft. Erst-malig gab es 1972 spezielle „IHK-Informationen“ zurBerufsbildung, die die Kammer in Schaukästen an derMarienstraße und an der Fassade ihres Haupthausesaushing.

Darüber hinaus war die IHK im Oktober 1972 miteinem „Info-Center“ auf der Messe „büro 72“ vertreten,um über Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten imkaufmännischen Bereich und über die Vielfalt der kauf-männischen Tätigkeiten in Industrie, Handel undDienstleistungsgewerbe zu informieren.

In der Weiterbildung wurden erstmals Versiche-rungsfachwirte geprüft, auch verzeichneten dieFremdsprachen mit 1.121 Prüfungsteilnehmern ein Re-kordjahr. Das Weiterbildungsprogramm reüssierte mitLehrgängen für Industriemeister und Kaufleute, denenes an technischen Kenntnissen mangelte, mit Veran-staltungen über Marketing, Personalpolitik und Ar-beitszeit sowie mit Sonderveranstaltungen zu Steuer-und Rentenrecht.

Darüber hinaus meldeten sich die nordrhein-west-fälischen IHKs auf eine große Anfrage der Landtags-fraktionen von SPD und FDP hinsichtlich der von derLandesregierung geäußerten Absicht zu Wort, die be-triebliche Berufsausbildung unter staatliche Fachauf-sicht stellen zu wollen. Das – so die einhellige Kam-merposition – würde dem Selbstverwaltungsgedankender Wirtschaft widersprechen und die Entscheidungs-befugnis der Berufsbildungsausschüsse erheblichschmälern.

Sylvia Sommerlath, spätereKönigin von Schweden, hatte 1965 ihre Korrespon-dentenprüfung in Spanischvor der IHK Düsseldorf abgelegt. Das Bild zeigt siemit ihrem Ehemann, KönigCarl XVI. Gustav von Schwe-den, und dem EhepaarSchwarz-Schütte 1984 beieinem Besuch in der IHKDüsseldorf.

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Inzwischen bot die IHK bereits Meisterprüfungen insechs Fachrichtungen an, in der kaufmännischen Er-wachsenenbildung konnten sich Bilanzbuchhalter, Ver-sicherungsfachwirte sowie Dolmetscher und Überset-zer ihre Qualifikationen mit dem begehrten Siegel"IHK-geprüft" bestätigen lassen.

1974 nahm die IHK Düsseldorf erstmals Prüfungenin den im Vorjahr neu geordneten kaufmännischen Be-rufen Bankkaufmann, Industriekaufmann, Kaufmannim Groß- und Außenhandel sowie Versicherungskauf-mann ab. Dennoch war die Zahl der eingetragenenkaufmännischen Ausbildungsverhältnisse rückläufig.Thema in diesem Jahr waren darüber hinaus die Um-schulung in Büroberufe wie auch ein Modell-versuch mit Sonderschulpädagogen,Eltern sowie Vertretern von Unter-nehmen, Arbeitsverwaltung undIHK, um die Ausbildung Behinderterzu erproben.

Im gleichen Jahr fand ferner die er-ste gemeinsame Prüfung der KammernParis und Düsseldorf für Übersetzer fürHandelsfranzösisch statt, auch wartetedie IHK-Weiterbildung mit neuen Ange-boten auf: Neu waren beispielsweise Lehr-gänge für „Sicherheitsmeister“ (als Einstieg in die ge-setzliche Vorgabe für Betriebsärzte und Sicherheits-fachkräfte gedacht), zur „Bilanzanalyse“ und zum„kaufmännischen Wissen für Techniker und Ingenieu-re“. In Tagesveranstaltungen informierte die IHK überdas neue Lohnsteuerrecht, die Verdingungsverordnungfür Bauleistungen sowie über psychologisch begründe-te Personaleinstellungsverfahren.

Von 1956 bis 1974 war die Zahl der eingetragenenAusbildungsverhältnisse von 18.400 auf 9.731 gesun-ken, erst ab 1975 konnte die IHK mit 10,5 Prozent Pluswieder einen leichten Anstieg verzeichnen. Grund fürdas verstärkte Interesse der Schulabgänger an einer be-trieblichen Ausbildung war in erster Linie die Einfüh-rung des Numerus clausus in den Hochschulstudien-gängen. Demzufolge verdoppelte sich die Zahl der Aus-zubildenden mit Fachhochschul- oder Hochschulreifevon 1973 mit 9,3 Prozent auf 18 Prozent (1975). Umdieser neuen Bewerbergruppe gerecht zu werden, ent-wickelte die IHK ein neues Ausbildungsmodell für dieAbsolventen der gymnasialen Oberstufe: Ab Herbst1976 konnten diese sich nach einer auf anderthalb biszwei Jahre verkürzten kaufmännischen Ausbildung inweiteren zwei Jahren an der Verwaltungs- und Wirt-schaftsakademie in Düsseldorf (VWA) zum Betriebswirtweiterqualifizieren.

Im April 1975 wurden ferner die fremdsprachlichenPrüfungen neu geordnet: Statt der seit 1965 möglichenwirtschaftsbezogenen fremdsprachlichen Prüfung undder Korrespondentenprüfung gab es nun die Alternati-ven „fremdsprachlicher Korrespondent“ und „Fremd-sprachenkaufmann“.

Darüber hinaus verabschiedete der IHK-Berufsbil-dungsausschuss die Rechtsvorschriften für die Weiter-bildungsprüfungen zum Handels- und Industriefach-wirt sowie zum Personalfachkaufmann. Erstmals infor-mierte die IHK auch in einer eigenen Broschüre überdas Seminar- und Lehrgangsangebot aller freien Träger

in der beruflichen Bildung für Düsseldorf undUmgebung.

Im Jahr 1977 startete die IHK als Reak-tion auf das im Herbst 1976 verabschiedeteAusbildungsplatzförderungsgesetz (das ei-ne Berufsausbildungsabgabe als ertrags-unabhängige Besteuerung bei Nicht-Er-füllung durch die Wirtschaft vorsah) ihrAktionsprogramm zur Förderung der be-trieblichen Ausbildung: Gegenüber1976 konnte die IHK ein Lehrstellenplus

von 14,4 Prozent verzeichnen. Währendmehr Ausbildungsplätze eingeworben werden konnten,sank die Zahl der Bewerber: Im IHK-Bezirk Düsseldorfwurden Ende 1977 nur 118 Jugendliche ohne Ausbil-dungsvertrag registriert, das entsprach knapp einemProzent der Arbeitslosen in der Region. Schon zu die-sem Zeitpunkt kamen 42,3 Prozent aller Auszubilden-den in Düsseldorf nicht aus der Landeshauptstadt, son-dern von auswärts.

Von 1978 bis 1981 stieg die Zahl der Schulabgän-ger erneut, die IHK konnte 1978 dank ihres Aktions-programms 8,6 Prozent mehr Lehrstellen akquirieren.Während das Land NRW die zusätzliche Bereitstellungvon Ausbildungsplätzen in industriell-technischen Be-rufen förderte und speziell die Mädchen für diese be-geistern wollte, wandte sich die IHK – wenn auch ver-geblich – gegen die Einführung des 10. Pflichtschul-jahres, das ab 1979 verbindlich wurde.

Beratung während derIHK-Lehrstellenbörse 1983.

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Um das Berufswahlver-halten und die Zufriedenheitmit dem erlernten Beruf zuermitteln, befragte die IHK1978 Auszubildende des er-sten Lehrjahres: Die Mehrheitbestätigte auch im Nachhi-nein ihre Berufsentscheidung

als richtig. 1979 stieg das Lehrstellenangebot abermalsum 3,4 Prozent, die IHK bot erstmals zur Berufsorien-tierung „Lehrstellentage“ in Düsseldorf und Velbert an.Die Weiterbildung wurde mit großem Erfolg um Exi-stenzgründerseminare erweitert, neu waren auch Spe-ziallehrgänge im Verkehrswesen.

1980 bis 1989: Mehr Lehrstellen als BewerberTrotz der Prognose, dass 1982 der Gipfel des Schüler-bergs erreicht sein würde, setzte die IHK ihr Aktions-programm bis 1985 fort. So wurde in den Jahren 1980(plus 4,1 Prozent), 1983 (plus 11,3 Prozent), 1984 (pluszehn Prozent) und 1985 (plus 2,9 Prozent) ein Über-hang an freien Ausbildungsplätzen erzielt, lediglich1981 war das Angebot mit minus drei Prozent rückläu-fig. Zu diesem reichlichen Angebot hatten auch er-folgreiche IHK-Werbeaktionen bei den Betrieben, etwadie „Aktion Lehrstellenmarkt“ (1982), der erste vonzahlreichen Lehrstellenatlanten (1983), das Faltblatt„Machen Sie mit! – Werden Sie ein IHK-Ausbildungs-betrieb!“ und der Aufkleber „Wir machen mit! – Wirsind ein IHK-Ausbildungsbetrieb!“ (beide 1984), die von19 IHKs in der Bundesrepublik übernommen wurden,wie auch die monatliche Grafik „Lehrstellenpegel“(1984) beigetragen.

1980 hatte sich die IHK darüber hinaus erfolgreichdafür eingesetzt, dass neben dem 10. Pflichtschuljahrauch ein „kooperatives Berufsgrundbildungsjahr“, etwain einer Lehrwerkstatt, anerkannt wurde: Die Daimler-Benz AG in Düsseldorf gehörte zu den ersten Unter-nehmen, die dieses Modell gemeinsam mit der Lehr-werkstatt in Velbert erprobten. Im gleichen Jahr teste-ten die IHKs Düsseldorf, Aachen, Arnsberg, Bonn undHagen bei 5.700 Auszubildenden (davon 1.500 aus demIHK-Bezirk Düsseldorf) Deutsch- und Mathematik-kenntnisse.

In der IHK-Weiterbildung wurden ab 1984 neue Ak-zente gesetzt. Die IHK gab die alten Schulungsräume inder Immermannstraße 54 auf und bezog neue Räum-

lichkeiten am Martin-Luther-Platz. Sie erweiterte ihr Weiter-bildungsangebot um den Be-reich „Neue Technologien/In-

formatik“, in Kooperation mit der Fachschule für Be-triebswirtschaft und Datenverarbeitung (FBD-Schulen)bot sie erstmals in Düsseldorf CNC-, CAD-, BTX- undTextverarbeitungslehrgänge an, ein weiterer CNC-Lehrgang startete in der Gemeinschaftslehrwerkstatt inVelbert. Darüber hinaus übernahm die IHK-Weiterbil-dung am 1. September 1984 das Bildungszentrum desEinzelhandels und offerierte spezielle Angebote für ju-gendliche Arbeitslose.

Geprüft wurden in der Weiterbildung erstmals„Fremdsprachensekretärinnen“, „Fachwirte der Grund-stücks- und Wohnungswirtschaft“ sowie „Kraftver-kehrsmeister“. Neu im Programm war der Lehrgang zum„Wirtschaftsinformatiker IHK“.

Ab 1985 beschäftigte die IHK vor allem die für 1987geplante Neuordnung der industriellen Metall- undElektroberufe. Diese machte aus 42 Metallberufensechs Berufsbilder mit dreieinhalbjähriger Ausbil-dungszeit und insgesamt 16 Abschlussqualifikationen.Bei den Elektroberufen hob sie die Stufenausbildungzugunsten von acht Abschlussqualifikationen auf.

1985 verzeichnete die IHK-Weiterbildung 3.000Teilnehmer. Kontinuierlich baute die Kammer den Be-reich „Neue Technologien/Informatik“ aus, erstmals an-geboten wurden ein CNC-Lehrgang für arbeitsloseFacharbeiter, Marketing-Seminare für arbeitslose Wirt-schaftswissenschaftler sowie die Lehrgänge „Betriebs-wirtschaft für Juristen“, „Speditionskaufmann“ und„Industriemeister Aluminium“.

Seit 1987 wurde eine Entspannung auf dem Lehr-stellenmarkt spürbar: Die IHK registrierte mit 7.620 ein-getragenen Ausbildungsverhältnissen ein Minus von1,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. 40,1 Prozent allerLehrstelleninhaber waren Abiturienten. Ferner griff in

175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

Auch Weiterbildung brauchtmal eine Pause: Caféteria im Weiterbildungszentrumam Martin-Luther-Platz.

Computerübungsraum1985 im Weiterbildungs-zentrum der IHK am Mar-tin-Luther-Platz.

1987 unterstützte die IHKDüsseldorf erstmals denRegionalwettbewerb "Ju-gend forscht".

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diesem Jahr die Neuordnung der Metall- und Elektro-berufe – 60 Prozent aller Ausbildungsverhältnisse imindustriell-technischen Bereich im IHK-Bezirk Düssel-dorf waren davon betroffen. „3.302 Betriebe im IHK-Bezirk bilden 18.256 Lehrlinge in 157 Berufen aus“,konnte die Kammer 1987 verkünden. Vom 16. bis 27.März hieß es in der Berufserkundung „Projekt Berufs-wahl“. In diesem Jahr befragten die nordrhein-westfä-lischen IHKs rund 1.000 Führungskräfte der Wirtschaftzur Bedeutung der Schulpolitik. Das Ergebnis fiel er-nüchternd aus. Die Wirtschaftskapitäne sahen NRW aufdem vorletzten Platz. Darüber hinaus setzte sich die IHK1987 kritisch mit dem Schulentwicklungsplan des Krei-ses Mettmann auseinander, der die Aufgabe des Be-zirksklassenprinzips und die Auflösung des Schulzwek-kverbandes Velbert-Heiligenhaus vorsah. Erstmalig be-teiligte sich die IHK als Mitveranstalter an der Ausrich-tung des Regionalwettbewerbes „Jugend forscht“.

Am Ende des Jahrzehnts verzeichnete die IHK einweiteres starkes Absinken der Lehrlingszahlen infolgedes Geburtenrückgangs. So blieb 1989 jede zehnte freieLehrstelle unbesetzt, betroffen waren davon in ersterLinie die industriell-technischen Berufe, der Einzelhan-del, die Bauberufe sowie das Hotel- und Gaststätten-gewerbe. Weitere Erschwernisse in der beruflichen Bil-dung ergaben sich aus der einseitigen Berufsorientie-rung, vor allem bei den Mädchen, der hohen Zahl vonAbiturienten und Studienabbrechern bei den Bewer-bern und den Integrationsproblemen ausländischerJungendlicher.

Die Weiterbildung konnte rund 7.000 Teilnehmerfür rund 400 Veranstaltungen gewinnen, hoch im Kursstanden vor allem firmenspezifische Seminare. NachIHK-Berechnungen betrug der Gesamtaufwand derWirtschaft im Jahr 1988 im IHK-Bezirk Düsseldorf 500Millionen D-Mark für Aus- und 750 Millionen D-Markfür Weiterbildungsmaßnahmen.

Nach 20 Jahren Berufsbildungsgesetz 1989 stelltedie IHK Düsseldorf fest, dass 72 Prozent der Schulab-gänger eine betriebliche Ausbildung aufnahmen, 52Prozent davon in den IHK-Berufen. Fast jeder zweiteLehrling war im Besitz der Hochschulreife. Der Bil-dungskongress der NRW-Kammern in Düsseldorf stand1989 unter dem Motto „Für Morgen qualifizieren“.

1990 bis 1999: Vom „roten Teppich“ für Lehrlinge zur AusbildungsplatzlückeSchlüsselprobleme der ersten Hälfte der 1990er Jahrewaren der drohende Fachkräftemangel wie auch dieNachwuchswerbung. Letzterer begegnete die IHK mitihrem Konzept „Berufe von heute mit Chancen für mor-

gen“. Der IHK-Jahresbericht 1990 hielt fest, dass „imWettbewerb um den knappen Berufsnachwuchs nurnoch die Unternehmen Erfolg haben werden, die glaub-haft für Qualifizierungsniveau, Aufstiegschancen undSozialprestige stehen“.

Auf dem „3. Düsseldorfer Ausbilderforum“ erläu-terte Bundesbildungsminister Jürgen W. Möllemannden Maßnahmenkatalog der Bundesregierung, mit demdie Berufsbildung in der ehemaligen DDR neu geord-net und westdeutschen Standards angeglichen werdensollte. IHK-Präsident Rolf Schwarz-Schütte gab seinerSorge Ausdruck, „ob die Schule auch noch künftig mitder dynamischen technischen Entwicklung in der be-trieblichen Praxis Schritt halten kann?“

1991 gab es in der Bundesrepublik erstmals mehr

IHK-Präsident AlbrechtWoeste mit NRW-Wirt-schaftsminister GüntherEinert bei der Eröffnungdes 2. Symposiums derWirtschaft zur beruflichenBildung 1992 (Foto oben).

Die geplante Abschaffungder Berufsausbildung zurVerkäuferin – trotz zuneh-mender Ausbildungszah-len – war eines der The-men beim Bildungsgipfel1993 (Foto unten).

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Studenten als Auszubildende – verantwortlich dafürwaren einerseits eine deutlich gesunkene Zahl anSchulabgängern, andererseits eine rapide steigendeStudienneigung. Seit 1985 war die Zahl der eingetra-genen Ausbildungsverhältnisse von 7.650 auf 5.992 imJahre 1991 gesunken. Die IHK konterte diese Entwick-lung mit dem Werbekonzept „Karriere mit Lehre“, dasvon allen NRW-Kammern übernommen wurde. Den-noch standen am 30. September 1991 in der Arbeits-amts-Statistik 1.681 freien Ausbildungsplätzen (+ 78Prozent gegenüber dem Vorjahr) nur 121 unversorgteBewerber gegenüber (- 26 Prozent gegenüber dem Vor-jahr). Eine Zunahme hingegen konnte die IHK bei denAusbildungsverträgen mit ausländischen Jugendlichenverzeichnen: Diese stiegen von 598 Verträgen 1985 (= 3,4 Prozent) auf 1.476 Verträge (= 9,5 Prozent) imJahre 1991. Erfolgreich lief in diesem Jahr auch ein Modellprojekt mit spanischen Jugendlichen, die inDeutschland aufgewachsen waren, an.

Nach der Wiedervereinigung betreute die IHK Düs-seldorf 1991 auch eine Vielzahl von Ausbildern aus Düs-seldorfs PartnerstadtChemnitz und half derKammer, vor Ort eine Be-rufsausbildungsabteilung

nach westdeutschem Muster aufzubauen.Im August 1991 wurden die Büroberufe nach 50

Jahren neu geordnet: Aus der „Bürogehilfin“ wurde der„Kaufmann für Bürokommunikation“, der „Bürokauf-mann“ behielt seinen Namen bei völlig neuen Ausbil-dungsinhalten.

Als 1990 die Schadow-Arkaden in Planung gingen,bedeutete dies für die IHK-Weiterbildung die Aufgabeder Räume am Martin-Luther-Platz. Für die Über-gangszeit mit Schulungsräumen im Haupthaus und anvier weiteren Standorten war das Ende bald in Sicht:Am 21. November 1991 gab die IHK-Vollversammlunggrünes Licht für den Bau des neuen IHK-Weiterbil-dungszentrums „FORUM“ an der Karlstraße. EineWeiterbildungsbefragung bei 1.300 Teilnehmern hatteergeben, dass eine deutliche Mehrheit dem IHK-eige-nen Weiterbildungsangebot gute bis sehr gute Notengab.

1992 widmete die IHK Düsseldorf die August-Aus-gabe der Kammerzeitschrift „Unsere Wirtschaft“ demThema „Lehrlingsmangel – Studentenschwemme“. Aufdem „2. Symposium der Wirtschaft zur beruflichen Bil-dung“ mit dem Thema „Berufsbildung im vereinten Eu-ropa“ im Düsseldorf Messe-Congress-Center gab Gast-redner NRW-Wirtschaftsminister Günter Einert zu Pro-tokoll: „Die Schlosserlehre hat mir nicht geschadet,eher geholfen, einen pragmatischen Ansatz zu den Pro-blemen zu finden.“ Darauf konterte IHK-Präsident Al-brecht Woeste: „Na, dann sollten vielleicht alle Politi-ker erst einmal eine Lehre absolvieren.“

Im gleichen Jahr attestierte ein Kienbaum-Gutach-

An der Karlstraße in Düs-seldorf wurde das neueIHK-Weiterbildungszen-trum „FORUM“ gebaut.

Jugendliche auf der erstenIHK-Ausbildungsmesse„Berufe live“.

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175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

ten den NRW-Schulen erheblicheorganisatorische Mängel und Defi-zite. In der Arbeitsamtsstatistikstanden 1.586 freien Lehrstellen123 unversorgte Bewerber am 30.September gegenüber.

Die IHK Düsseldorf warb dahererstmals vom 17. bis 19. Septemberauf der „Berufe live“ in der altenDüsseldorfer Stadthalle für eine be-rufliche Ausbildung. Für die Ange-bote der ausstellenden 67 Unter-nehmen interessierten sich 6.000Schüler, Lehrer und Eltern. Fernerkonnte die IHK Düsseldorf nach 20Jahren Ausbildereignungsverord-nung in ihrem Jahresbericht ein po-sitives Fazit ziehen: Diese wurdeeinhellig als Chance gesehen, mitmodernen, betriebspädagogischenMethoden eine attraktive und qua-litativ hochwertige Berufsausbil-dung und Weiterbildung zu ge-währleisten.

1992 konnte die IHK-Weiterbildung trotz der pro-visorischen Raumlösung 9.031 Teilnehmer für 451 Ver-anstaltungen gewinnen, auch übernahm sie die Trä-gerschaft für die Industriemeister-Lehrgänge Metallund Chemie, weil der „Verein zur Förderung der Indu-striemeister-Ausbildung Düsseldorf“ nach knapp dreiJahrzehnten diese Arbeit eingestellt hatte.

Im Jahr 1993 sah die IHK-Organisation die berufli-che Aus- und Weiterbildung am Scheideweg. Der Bil-dungsgipfel beim Bundeskanzler beschäftigte sich mitfolgenden Phänomenen:• Hohe Anerkennung der betrieblichen Bildungsgänge

im Ausland, doch rückläufige Zahlen in der Bundes-republik,

• steigende Zahlen bei Studienabbrechern und arbeits-losen Hochschulabsolventen, dennoch bestimmenakademische Bildungsgänge das Berufswahlverhal-ten der Abiturienten,

• trotz Neuordnung und Niveauanhebung der betrieb-lichen Ausbildung sinkendes Angebot und Nachfrageam Arbeitsmarkt,

• Steigerungsrate bei „Verkäufer-Ausbildung“, dochder Beruf soll abgeschafft werden,

• Europäisierung der Berufsabschlüsse, doch der Bundwill in einer Verfassungsreform die Zuständigkeit fürdie berufliche Bildung an die Länder abgeben.

Die IHK Düsseldorf intervenierte daraufhin bei den

Bundestagsabgeordneten ihres Bezirkes gegen die Ver-schiebung der Gesetzgebungskompetenz.

Im gleichen Jahr prangerte ein gemeinsames Papierder nordrhein-westfälischen IHKs und Handwerkskam-mern die verfehlte Schulpolitik des Landes an: Die Do-minanz der Gymnasien sei erdrückend, die Hauptschu-le würde als „Restschule“ verkümmern, die Realschulesei gefährdet und die Gesamtschule drohe zum Pro-blemfall zu werden.

Um das Bildungssystem nicht weiter vom Beschäf-tigungssystem abzukoppeln, empfahl das Kammerpa-pier, den Empfehlungen der Grundschullehrer fürweiterführende Schulen wieder größeres Gewicht bei-zumessen, ein klares Anspruchsprofil für Gymnasienund Realschulen zu definieren, den Schulunterricht anobjektiven Leistungskriterien und nicht mehr am Klas-sendurchschnitt auszurichten sowie die Reifeprüfungdurch die Einführung des Zentralabiturs zu stärken.

Die IHK-Versuche, gemeinsam mit der Fachhoch-schulrektorenkonferenz ein abgestimmtes Verbund-konzept zwischen betrieblicher Ausbildung und Hoch-schulqualifikation auch in Düsseldorf umzusetzen, waren nur für das Modellprojekt „Technischer Zeich-ner“ umsetzbar. Erfolgreicher hingegen verliefen fir-menspezifische Ausbildungsmodelle mit den Unter-nehmen Mannesmann, Duewag, dem Velberter Textil-unternehmen Artfleur, SMS und der Stadtsparkasse

Multimediaschulungen imIHK-FORUM stehen hochim Kurs.

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175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

Düsseldorf, die die duale Berufsausbildung mit an-schließendem Studium oder dem Erwerb von Zusatz-qualifikationen während der Ausbildung koppelten.

Auch in der Weiterbildung hinterließ die konjunk-turelle Talfahrt 1993 ihre Spuren: Für 418 Veranstal-tungen konnte sie „nur“ 7.267 Teilnehmer gewinnen.Neben der immer häufiger gestellten Frage: „Wasbringt mir/uns die Weiterbildungsmaßnahme?“ nahmdie gezielte Nachfrage nach Zertifikatslehrgängen zu.1994 endlich konnte das neue IHK-Weiterbildungszen-trum „FORUM“ an der Karlstraße 88 eröffnet werden:Bereits 1995 goutierten die besseren Bedingungen8.040 Teilnehmer, die 531 Lehrgänge und Seminare be-suchten.

War die erste Hälfte der1990er Jahre durch ein Überange-bot an freien Lehrstellen gekenn-zeichnet gewesen, so wendete sichdas Blatt ab 1996: Der Verlust anbetrieblichen Ausbildungsplätzenwährend der Rezession wie auchder Andrang geburtenstarkerJahrgänge auf dem Ausbildungs-markt verkehrten schnell das Ver-hältnis von Angebot und Nachfra-ge. So stand die fünfte Jugend-messe „Berufe live“ 1996 unterdem Motto „jedem Jugendlicheneinen Ausbildungsplatz“. Im glei-chen Jahr schlossen Landesregie-rung, Tarifparteien, Arbeitsver-

waltung, Berufsschulen, Handwerkskammern und IHKsden „Ausbildungskonsens NRW“, mit dem erklärten Ziel,einen Ausgleich von Angebot und Nachfrage auf demAusbildungsmarkt zu erreichen. Mit 4.000 neuen Lehr-verträgen konnte die IHK 1996 bereits einen leichtenAnstieg verzeichnen. Im gleichen Jahr registrierte sieden 500.000. Prüfungsteilnehmer seit 1925.

Trotz der weiterhin steigenden Zahlen der Schulab-gänger konnte die IHK Düsseldorf seit 1997 jährlichverkünden, dass die „Lehrstellenkatastrophe“ wiederausgeblieben sei. Zuwachsraten bei den neu eingetra-genen Ausbildungsverhältnissen von drei bis elf Pro-zent bis zum Jahr 2002 sorgten dafür, dass jeder "aus-bildungswillige und -fähige Jugendliche" auch tat-sächlich eine der begehrten Lehrstellen erhielt. Unter-stützt wurden diese Vermittlungserfolge durch zusätz-liche Ausbildungswerber, Aktionen wie der jährlichenAusbildungsmesse „Berufe live“, einer Ausbildungshot-line, der IHK-Lehrstellenbörse im Internet, dem Lehr-stellenmarkt der Wirtschaftsjunioren Düsseldorf, aberauch durch gezielte Nachvermittlung und eine Ermä-ßigung für Ausbildungsbetriebe bei den IHK-Prüfungs-gebühren.

Von 1996 bis zum Jahr 2000 förderten darüber hi-naus 108 runderneuerte und 34 neue Berufe die Aus-bildungsbereitschaft der Betriebe, darunter vor allemseit 1997 die IT- und Medienberufe.

Die IHK-Weiterbildung punktete seit Mitte der1990er Jahre mit neuen Angeboten wie dem Zertifi-katslehrgang „Call Center Agent“, dem „Netzwerkma-nager für heterogene Netzwerktechnik und Kommuni-kation“ (beide 1997) und dem „Sportfachwirt“ (1998).Als erste NRW-Kammer ließ die IHK Düsseldorf 1997 ihr

NRW-WirtschaftsministerWolfgang Clement bei derEröffnung der IHK-Jugend-messe Berufe live 1996.

Neu in der Weiterbildung:Der Gebärdensprachen-dolmetscher.

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175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

IHK-FORUM nach DIN ISO 9001 zer-tifizieren. Ferner wurden die IHK-Fremdsprachenqualifikationen inGroßbritannien, Spanien, Frankreichund Italien 1999 anerkannt sowie das„Higher National Diploma for Busi-ness and Finance“ und die Zusatz-qualifikation „Fremdsprache im Be-ruf“ in den fremdsprachlichen Ange-botskanon der IHK Düsseldorf aufge-nommen.

2000 bis 2005: Trotz Lehrstellenmangels fehlt esan qualifizierten BewerbernDer Berufseinsteigertest der nordr-hein-westfälischen IHKs bei 3.482 Auszubildenden desersten Lehrjahres brachte es im Jahr 2000 an den Tag:40 Prozent der Kandidaten standen bereits mit denGrundrechenarten auf Kriegsfuß, auch haperte es er-heblich am schriftlichen Ausdrucksvermögen inDeutsch. Die IHK-Vollversammlung beschloss 2001, dieBerufsschulen im IHK-Bezirk mit 100.000 Mark zuunterstützen, damit diese ihre technische Ausstattungnachrüsten konnten.

In der Weiterbildung gab es erstmals eine Koopera-tionsvereinbarung mit dem European College of Busi-ness and Management, der Berufsakademie derDeutsch-Britischen Handelskammer, über die Weiter-bildung zum „Master of Business Administration“. Da-rüber hinaus verabschiedete der Berufsbildungsaus-schuss die Rechtsvorschriften für die Weiterbildungs-prüfungen „IT-Prozessmanager“, „Fachwirt für Tele-

Service und Kommunikation“, „ZusatzqualifikationMolekularbiologie“, „Gebärdensprachendolmetscher“und „Zusatzqualifikation Bilanzbuchhaltung interna-tional“. Ferner qualifizierte das IHK-FORUM im Rahmender Landesinitiative „Fit – Fachkräfte für die Informa-tionstechnik“ von Mai 2000 bis Juni 2001 in 70 Veran-staltungen 1.100 Teilnehmer. Ziel war es, die seinerzei-tige Bedarfslücke beim IT-Know-how in kleineren undmittleren Unternehmen kurzfristig zu schließen. In diegleiche Richtung wies auch die N@t-Scout-Initiativedes IHK-FORUMs für Auszubildende.

Im Jahr 2002 betitelte der IHK-Jahresbericht dasAus- und Weiterbildungskapitel „Qualifizierte Bewer-ber verzweifelt gesucht“. Nach sieben Jahren stetigenWachstums gingen die Zahlen der eingetragenen Aus-bildungsverhältnisse um neun Prozent zurück, am 30.September 2002 standen dennoch 135 unversorgtenJugendlichen immer noch 341 freie Lehrstellen gegen-über. Die PISA-Studie dieses Jahres wie auch ihre Nach-folger bestätigten nur das, was IHK und Wirtschaft seitJahren anmahnten: 60 Prozent der Auszubildendenhatten Schwierigkeiten mit den Grundrechenarten,auch mangelte es ihnen an Lesefähigkeit. Die IHK Düs-seldorf forcierte daher ab 2002 die Lern-Partnerschaf-ten zwischen einzelnen Unternehmen und Schulen,auch richtete sie zum besseren Verständnis beider Sei-ten füreinander den runden Tisch Hochschule/Wirt-schaft ein und bot Workshops für Studienreferendarean. Ferner machte sie 137 Lehrer der berufsbildendenSchulen kostenlos in fünf Veranstaltungen mit demneuen Schuldrecht vertraut.

Das Jahr 2003 stand im Zeichen der Diskussion umdie Ausbildungsplatzabgabe, denn der Ausbildungs-markt zeigte sich nicht überall so ausgeglichen wie inDüsseldorf. Als Reaktion darauf ließ Bundesbildungs-

Bei Anruf Lehrstelle: Die IHK-Ausbildungshotlinevermittelt seit 2003 erfolg-reich freie Lehrstellen.

Lernpartnerschaften zwischen Schulen undUnternehmen bringen den Jugendlichen den Berufs-alltag näher.

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175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

ministerin Edelgard Bulmahn die Ausbildereignungs-verordnung für zunächst fünf Jahre aussetzen. Die IHKbegegnete dem Vorhaben einer Ausbildungsplatzabga-be mit der Kampagne „Ziehen Sie mit – werden Sie einAusbildungsbetrieb!“, der Einstellung von zwei zusätz-lichen Ausbildungsplatzwerberinnen, dem gemeinsa-men Appell von IHK-Präsident Franzen und Landes-wirtschafts- und Arbeitsminister Harald Schartau fürmehr Lehrstellen, der Telefon-Hotline „Bei Anruf Lehr-stelle!“ wie auch der 12. Ausbildungsmesse „Berufe live“. Ferner war die IHK erstmals mit dem TANJA-Mo-dell erfolgreich, also der „Teilqualifikation als Angebotfür jugendliche Arbeitslose zum Einstieg in Ausbildungund Beschäftigung“.

2004 konnte die drohende Ausbildungsplatzabga-be vor allem durch das beherzte Engagement vonDIHK-Präsident Ludwig Georg Braun abgewendet wer-

den. Mit der Unterzeichnung des „Nationalen Paktes fürAusbildung und Fachkräftenachwuchs“ am 16. Juni2004 verpflichtete sich die Wirtschaft, in den Jahren2004 bis 2007 jährlich 30.000 neue Ausbildungs- und25.000 neue Praktikantenstellen zur Verfügung zu stel-len. Bereits Ende 2004 konnte IHK-Präsident HermannFranzen zufrieden feststellen: „Düsseldorf hat den Paktgepackt!“, denn der „beste Ausbildungsmarkt in NRW“generierte ein Plus von 10,6 Prozent mehr IHK-Ausbil-dungsverträgen und rund 350 Plätzen für Einstiegs-qualifizierungen für noch nicht ausbildungsfähige Ju-gendliche.

Neben den bewährten Werbemitteln für mehr Lehr-stellen setzte die IHK Düsseldorf 2004 erstmals auf den„Tag der Erstausbildung“ für die neuen Ausbildungsbe-triebe, auch präsentierte sich die Ausbildungsmesse inKooperation mit der IHK Köln 2004 als „Berufe liveRheinland“ in völlig neuem Gewand. Die seit 2001 be-stehende Kooperation Schule-Wirtschaft im KreisMettmann konnte 2004 die 40. Patenschaft begrüßen.Die IHK-Vollversammlung entschied 2004, das durchden Wegfall der EU-Fördermittel in 2005 bedrohte Pro-jekt auch weiterhin im Kreis Mettmann zu unterstüt-zen. Im Jahr 2004 bereitete die IHK Düsseldorf darüberhinaus ihre Ausbildungsbetriebe konsequent auf dieNeuordnung der Metall- und Elektro- sowie der Ein-zelhandelsberufe wie auch auf die des Speditions- undLogistikgewerbes vor.

Nach wie vor belegt die IHK Düsseldorf auch im Jah-re 2005 den ersten Platz im Fremdsprachenprüfungs-ranking des DIHK: 45 Prüfungen in elf Sprachen nahmdie IHK Düsseldorf 2004 ab. Und auch die Bilanz desIHK-FORUMs nach zehn Jahren im eigenen Weiterbil-dungszentrum kann sich sehen lassen: Von 1994 bis2004 besuchten gut 78.000 Teilnehmer mehr als 5.000Veranstaltungen.

Danke

Düsseldorf

für den besten Ausbildungsmarkt in Nordrhein-Westfalen!

Auch 2004 konnte somit jedem ausbildungswilligen und -fähigen Jugendlichen ein Ausbildungsplatz zur Verfügunggestellt werden.

Ausbildungsplätze und -beratungsbedarf für das Jahr 2005bitte melden unter: www.duesseldorf.ihk.de. Damit Düsseldorf Spitze bleibt!

Düsseldorf

Industrie- und Handelskammerzu Düsseldorf

Danke an die Wirtschaft in der Region

Ende 2004 konnte die IHKDüsseldorf zufrieden fest-stellen: Pakt gepackt –dank des Engagementsvieler Ausbildungsunter-nehmen.

NRW-MinisterpräsidentPeer Steinbrück beim Tagder Erstausbildung 2004mit IHK-Präsident Her-mann Franzen (rechts) undIHK-HauptgeschäftsführerDr. Udo Siepmann (links).

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175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

Zehn Jahre IHK-FORUM

Das IHK-FORUM wurde alsWeiterbildungszentrum der IHKDüsseldorf nach anderthalbjäh-riger Bauzeit am 1. April 1994 ander Karlstraße 88 eröffnet. Seit-dem haben mehr als 78.000 Teil-nehmer rund 5000 Seminare undLehrgänge besucht. Die IHK ar-beitet im IHK-FORUM mit knapp250 Dozenten zusammen, dieüber langjährige Erfahrung inder Erwachsenenbildung verfü-gen und aus der Praxis für diePraxis unterrichten. Das IHK-FO-RUM verfügt über folgende Räu-me und technische Ausstattung:

Raumangebot:

• 1 Raum für 52 Personen• 2 Räume für 40 Personen • 6 Räume für 29 Personen • 2 Räume für 27 Personen• 1 Raum für 25 Personen• 3 Räume für 18 Personen• 2 Räume für 15 Personen• 1 Raum für 10 Personen• 1 Videostudio für 15 Personen• 1 modernes PC-Studio mit 14 Plätzen• 1 Konferenzraum für 14 Personen• 1 Gruppenraum für 8 Personen• Caféteria

Technische Ausstattung:

Alle 21 Seminarräume entsprechen mit ihrer an-spruchsvollen Ausstattung den Anforderungen anein erwachsenengerechtes Lehren, Lernen und Prä-sentieren. Sie sind ausgerüstet mit- Tageslichtprojektor- Flipchart- Whiteboard/ Tafel- Projektionsflächen- Metaplanwänden- Haustelefon- Beamer- Monitore

Die Mitarbeiter des IHK-FORUMS unter Leitung vonIHK-GeschäftsführerinMechthild Teupen (rechts)machen sich seit zehnJahren für die beruflicheWeiterbildung stark.

Ehrenamtliches Engagement

Ohne die tatkräftige, ehrenamtliche Unterstüt-zung von Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertre-tern sowie von Berufschullehrern in den Prüfungs-ausschüssen der IHK-Aus- und Weiterbildung wä-re die Abnahme von Prüfungen in der beruflichenBildung nicht möglich. Ferner wäre das effiziente,praxisnahe und kostengünstige „Duale System derBerufsausbildung“ nicht umsetzbar, wenn die IHKin der Vorbereitung neuer Berufsbilder oderWeiterbildungsmaßnahmen, bei der Aufgabener-stellung oder bei der Formulierung der entspre-chenden Rechtsvorschriften für Prüfungen nichtauf das Know-how ihrer Ehrenamtler setzen könn-te. Im Jahre 2005 standen der IHK Düsseldorf

1.852 Prüferinnen und Prüfer in439 Prüfungsausschüssen für154 Ausbildungsberufe und für 70 Weiterbildungsabschlüsse

mit Rat und Tat zur Seite. Die IHK Düsseldorf wür-digt dieses Engagement seit 1977 mit der Verlei-hung der Silbernen Ehrennadel für zehnjährigePrüfertätigkeit beziehungsweise mit der GoldenenEhrennadel für 15-jährige ehrenamtliche Tätigkeit.

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175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

„… Wirtschaft betreibt man nicht im luftleeren Raum,sondern immer in einer staatlichen und gesellschaft-lichen Ordnung“, so lautete die Feststellung von IHK-Präsident Prof. Dr. Dr. h. c. Ernst Schneider 1954. Frühhatte Schneider darüber hinaus erkannt, wie wichtig esfür die Wirtschaft ist, das Räderwerk Staat zu kennenund seine Prozesse zu begreifen. Noch wichtiger abererschien es dem Unternehmer Schneider, die Spielre-geln der öffentlichen Meinungsbildung zu beherr-schen, um sich einzubringen, um mitzugestalten undum Rahmenbedingungen zu schaffen, die den Unter-nehmern das Leben leichter machen.

Dabei verfügt die IHK imvielstimmigen Chor der ander „Meinungsmache“ be-teiligten gesellschaftlichenGruppen nur über eine Stim-me. Um so wichtiger ist es,dieser an einem pulsieren-den Wirtschaftsstandort wieDüsseldorf mit seiner viel-fältigen MedienlandschaftGehör zu verschaffen, indemder „Instrumentenkasten“richtig eingesetzt wird. Zuden Werkzeugen der IHK-Öffentlichkeitsarbeit gehör-ten und gehören: Vorträgeund Veranstaltungen, Denk-schriften, Stellungnahmenund Gutachten, Lage- undJahresberichte, Merkblätter,Broschüren und Schriften-

reihen, die Kammer-Zeitschrift und weitere Publikatio-nen, die Kontaktpflege zu Presse, Funk und Fernsehen,Pressemeldungen und -gespräche, Aufkleber, Plakateund Flyer, Messen und Ausstellungen, Telefon, Btx, Faxabruf und Internet. Die IHK Düsseldorf hat sie allein den 175 Jahren ihres Bestehens genutzt, wie der fol-gende Rückblick zeigen mag.

Bereits das Gründungsstatut der „Königlichen Han-delskammer für Düsseldorf“ vom 23. Mai 1831 legte dieInformationspflicht der IHK in Paragraph 7 fest:

„Die Handels-Kammer erstattet alljährlich, im Mo-nat Januar, einen Hauptbericht über die Lage undden Gang des Handels, der Fabriken und der Schiff-fahrt an das Ministerium des Innern für Handels-und Gewerbe-Angelegenheiten und faßt darin ih-re Wünsche und Anträge in dieser Beziehung zu-sammen.“

Und auch das IHKG von 1956 verpflichtet die Kam-mern in Paragraph 1 „… für die Förderung der gewerb-lichen Wirtschaft zu wirken“. Zu diesem Auftrag gehörtauch die Mitglieder-Information, und zwar nicht nur inForm des IHK-Tätigkeits- oder Jahresberichtes. Viel-mehr gilt es in erster Linie, die kammerzugehörigen Ge-werbetreibenden über alle wirtschaftlich relevantenFragen, also über Wirtschaftslage, Gesetzgebung,Rechtsprechung, regionale Entwicklungen, internatio-nale Einflüsse etc. kontinuierlich zu informieren.

Wie wichtig der jährliche Bericht zu Beginn derHandelskammertätigkeit war, zeigte sich bereits 1836,als die Regierung seine Herausgabe – angeblich aus Ko-stengründen – untersagte. Darauf ließ in den nächstenbeiden Jahren das Interesse an den Handelskammer-

Öffentlichkeits-arbeit:

Tue Gutes und rede darüber

Im WDR Fernsehen 1967: Wirtschaftsgespräch zur freien Marktwirtschaft mit Professor Dr. Ernst Schneider (Mitte).

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121Öffentlichkeitsarbeit: Tue Gutes und rede darüber

175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

wahlen merklich nach – was Präsident Baum eindeutigauf die fehlenden Tätigkeitsberichte zurückführte. Ab1839 wurde die Herausgabe des jährlichen Tätigkeits-berichtes der Handelskammer denn auch wieder er-laubt.

Während des 19. Jahrhunderts fand die Öffentlich-keitsarbeit der Handelskammer ihren Niederschlag inVeranstaltungen, viel beachteten Vorträgen, die in ge-druckter Form weit über den Kammerbezirk hinaus Ver-breitung fanden, in Denkschriften – aber auch in An-zeigen und kleineren Zeitungsbeiträgen in den Tages-zeitungen im In- und Ausland, um beispielsweise für diegroßen Ausstellungen in Düsseldorf zu werben.

Erst im 20. Jahrhundert „verstetigte“ sich die Infor-mation der kammerzugehörigen Unternehmen durchdie Herausgabe der halbmonatlich erscheinenden Kam-merzeitschrift „Wirtschaft und Verkehr“ seit 1923. Vorläufer von „Wirtschaft und Verkehr“ waren die „Monatsschrift“ (1905 bis 1917), die „Wochenschrift“(1918 bis Juni 1920) und seit Juli 1920 die „Wirt-schaftszeitung“ beziehungsweise ab 1922 die „Rheini-sche Wirtschaftszeitung“.

Die Festschrift zum 100-jährigen Bestehen der IHKDüsseldorf zählte zum „Wirkungsfeld“ der Kammer un-ter der Rubrik „Allgemeiner Wirtschaftsdienst“ unteranderem die „Monatsberichte über die Wirtschaftsla-ge“, die „Jahresberichte“, die „Halbmonatsschrift Wirt-schaft und Verkehr“, die „Bücherei und das Lesezim-mer“, den „Pressedienst“ sowie „Merkblätter für wich-tige Vorgänge des Wirtschaftslebens“.

Während der NS-Zeit erschien „Wirtschaft und Ver-kehr“ letztmalig am 15. März 1937, bis zum Ende desDritten Reiches ging die Kammerpublikation in der„Ruhr und Rhein Wirtschaftszeitung“ auf.

Doch schon 1946 – Papier war knapp – meldete sichdie IHK mit monatlichen „Mitteilungen“ und einemJahresbericht zurück, der festhielt:

„Von besonderer Bedeutung waren die Aufgabender Kammer auf dem Gebiet der Berichterstattungan maßgebliche Dienststellen und der Unterrich-tung der Wirtschaft sowie der Öffentlichkeit überRundfunk und Presse.“

Der Jahresbericht bezog sich ferner auf mehrere La-geberichte, Denkschriften, Gutachten und Schriften-reihen und erklärte dazu:

"Zwecks Information der Öffentlichkeit über diewichtigsten Vorgänge in der Düsseldorfer Wirt-schaft unterhält die Kammer ständig Verbindungmit dem Westdeutschen Rundfunk sowie der maß-geblichen Presse in der britischen Zone."

Seit 1947 wuchs der Pressedienst der IHK kontinu-ierlich. So ist im Jahresbericht nachzulesen, dass „dieKammer laufend Mitteilung über wichtige wirtschaft-liche Ereignisse des Düsseldorfer Raumes an Presse undRundfunk“ gab, „die (so der Wortlaut im Jahresbericht1949) sich aus der Kammerarbeit jeweils ergeben undderen Kenntnis beziehungsweise deren Erörterung fürdie öffentliche Meinungsbildung zweckmäßig er-scheint.“

Mit Jahresbeginn 1950 knüpfte die IHK an ihre Vor-kriegs-Zeitschrift „Wirtschaft und Verkehr“ wieder anund bemerkte dazu:

„Darüber hinaus ist die Kammer dazu übergegan-gen, dem Mitteilungsblatt neuerdings ein betontesLokalkolorit zu geben. Den Lesern des Blattes solldamit die Wirtschaft des Kammerbezirks mit ihrenaus dem Gesamtrahmen des Düsseldorfer Wirt-schaftslebens hervorragenden Betrieben und Per-sönlichkeiten näher bekannt gemacht werden.“

Den Kontakt zu den Medienvertretern pflegte dieIHK in (Presse-)Gesprächen, der Vermittlung von Inter-view-Partnern, über Einladungen zu den Vollversamm-lungssitzungen, zu den Empfängen des konsularischenKorps und zu anderen Veranstaltungen sowie über klei-nere Journalistentouren, etwa zur Besichtigung mo-derner Arbeitersiedlungen (1951), des DüsseldorferObst- und Großmarktes (1952) oder zu DüsseldorferGalerien (1953). Ferner ermöglichte sie es den Journa-listen, mit den hochrangigen internationalen Gästen

Publikationen der IHKDüsseldorf 1905 bis 1923.

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der Kammer ins Gespräch zukommen, etwa mit einem US-amerikanischen Vertreter zur In-tensivierung der deutsch-ameri-kanischen Wirtschaftsbeziehun-

gen oder dem persönlichen Berater des belgischen Mi-nisterpräsidenten über die Auswirkungen der Montan-union. Dankbar nahm die IHK die steigende Zahl derPressetreffer zur Kenntnis, größte Aufmerksamkeit er-zielte beispielsweise mit elf Abdrucken der vierteljähr-liche Lagebericht (1953) oder die Ausführungen vonPräsident Schneider zur Steuerreform in der Vollver-sammlung 1954, über die allein 42 Zeitungen berich-teten.

Im gleichen Jahr stellte die IHK die Erscheinungs-weise ihres Magazins „Wirtschaft und Verkehr“ von 20-täglich auf monatlich um, dafür gab es erstmals einenzweiseitigen „Schnelldienst“, der zunächst nach Bedarf,später dann wöchentlich erschien, und die Unterneh-men mit aktuellen, geldwerten Informationen belie-ferte.

Um die „Verbindung der Kammern zu Rundfunk undFernsehen zu verstärken“ beteiligte sich die IHK Düs-seldorf engagiert an der Gründung der „Kammerge-meinschaft Öffentlichkeitsarbeit der nordrhein-west-fälischen Industrie- und Handelskammern“ im Jahre1959.

Kein Aprilscherz war die Umstellung der IHK-Zeit-schrift „Wirtschaft und Verkehr“ auf den neuen Titel„Unsere Wirtschaft“ (UW) zum 1. April 1960, der seitdieser Zeit auch die Quartalsberichte zur Lage der Wirt-schaft enthielt. Der Jahresbericht 1960 vermerkte einzunehmendes Interesse ausländischer Journalisten: Sobesuchten in jenem Jahr Pressedelegationen aus Finn-land, Großbritannien, den Niederlanden, Schwedenund den USA die IHK.

Um der gestiegenen Bedeutung der Öffentlich-keitsarbeit Rechnung zu tragen, beschloss das Präsi-

dium 1963 die Bildung eines „Sonderreferates Öffent-lichkeitsarbeit“, das sich fortan um die Redaktion von„Unsere Wirtschaft“ und „Schnelldienst“ sowie um dieKontaktpflege zu Presse, Funk und Fernsehen zu küm-mern hatte. Dem vorausgegangen war ein Sonderheftvon UW anlässlich der britischen Woche in Düsseldorfim Mai 1963, das sich eingehend mit den deutsch-bri-tischen Handelsbeziehungen, der EWG-EFTA-Situation,der Managementausbildung und -forschung in Eng-land und der Arbeit des britischen Rates für industriel-le Formgebung befasst hatte. Die – wie der IHK-Jah-resbericht 1963 festhielt – „recht kritischen Gedankenzur Pflege des deutschen Marktes“ wurden eingehendvon führenden deutschen und britischen Tageszeitun-gen wie der FAZ, der Times und dem Guardian aufge-griffen, und auch der britische Handelsminister Heathmachte sie zum Gegenstand seiner Pressekonferenz inBonn.

Seit 1967 hatte UW ein zweifarbiges – allerdingsimmer gleiches – Titelbild, auch änderte sich die Typo-graphie. Zwei Jahre später reüssierte die Zeitschriftkontinuierlich mit Heften zu Länderschwerpunkten in-klusive der begehrten Firmenlisten mit ausländischerKapitalbeteiligung – diese wurden zu einem Marken-zeichen von „Unsere Wirtschaft“. 1970 setzte die IHKendgültig auf monatlich wechselnde, vierfarbige Titel-bilder, der „Schnelldienst“ erschien fortan vierseitig. Im darauf folgenden Jahr entschied die Redaktion,künftig stärker regionale Ereignisse und Strukturunter-suchungen in der Zeitschrift zu veröffentlichen. 1972erschienen erstmalig als „Zwillingsbruder“ des Schnell-dienstes die „Informationen“, die monatlich seinerzeitrund 8.000 nicht im Handelsregister eingetragene Fir-men über Steuern, Recht, Transport und Verkehr, Post-und Fernmeldewesen, Aus- und Weiterbildung, Preis-und Lebenshaltungskostenindex sowie über Insolven-zen informierten. Im gleichen Jahr wurden die 12.000Bezieher von UW zu ihrer Zufriedenheit mit diesem Me-

Die Ausgaben des IHK-Magazins „Unsere Wirt-schaft“ von 1967, 1981und 1993 passierten vorder Drucklegung den Beleuchtungstisch.

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123Öffentlichkeitsarbeit: Tue Gutes und rede darüber

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dium befragt: 78 Prozent waren mit der IHK-Zeitschriftsehr zufrieden oder zufrieden, 77 Prozent lasen jedesHeft und 50 Prozent archivierten es sogar.

1974 wurden die UW-Hefte mit Schwerpunktthe-men parallel über Pressekonferenzen vermarktet, 1979der IHK-Arbeitskreis „Information und Kommunika-tion“ gegründet, um Vertretern der Werbewirtschaft,aus Verlagen und Pressestellen der Unternehmen einePlattform für den Erfahrungsaustausch zu bieten.

Von Juni 1980 bis Dezember 1982 beteiligte sich dieIHK Düsseldorf an einem Feldversuch mit Bildschirm-text im Raum Düsseldorf/Neuss bei 2.000 privatenHaushalten und 1.000 gewerblichen Nutzern. Unter derLeitseite 549 präsentierte die IHK auf 350 Seiten ihrbreites Serviceangebot, das in der Versuchszeit 8.550Mal abgerufen wurde. Trotz der viel versprechenden Er-gebnisse wurde das Btx-Angebot nicht weiter verfolgt,weil die technische Entwicklung mit Telefax und späterden Online-Angeboten es schlichtweg überflüssigmachten.

Nach mehreren inhaltlichen und optischen Überar-beitungen verschmolzen die IHK-Publikationen „Unse-re Wirtschaft“ und „Schnelldienst“ 1998 zur 14-täglicherscheinenden „IHK-Zeitung“ (IZ). Die „Informationen“wurden bereits Ende 1993 eingestellt, da ab 1994 der„Schnelldienst“ in erhöhter Auflage versandt wurde.Und auch die „IHK-Zeitung“ wurde kontinuierlich über-arbeitet: Von anfänglich nur einer Schmuckfarbe auf

Vierfarbigkeit, auch Format und Typo-graphie wurden ständig angepasst.Seit 2002 enthielt die IZ vier Mal imJahr als Mittelbeihefter die achtseiti-gen „Informationen für Kleingewer-betreibende“, die 15.000 Mal ge-sondert fortgedruckt wurden, undseit 2004, ebenfalls vier Mal imJahr, die achtseitige Publikation„berufsbildung aktuell“ (ebenfallsmit Fortdruck), die seit 1983selbstständig und unregelmäßigerschienen war.

Das aber ist auch schon fastwieder Geschichte: Ab Januar2006 wird die IHK Düsseldorfzu einer professionell gestalteten Monatszeit-schrift, dem „IHK-Magazin“, zurückkehren. Die schnel-le und aktuelle Information der Mitglieder – ein Haupt-argument für die Einrichtung des „Schnelldienstes“1972 – wurde bereits seit 1996 durch das Internet undzwischenzeitlich durch den Fax-Abruf (1997 bis 2004)abgelöst. Der IHK-Internetauftritt, 2002 zum erstenMal „relaunched“, wird sich ab Mitte 2006 abermalsrundum erneuert präsentieren: Noch nutzerfreund-licher, bequemer und vielfältiger als bisher.

Neben all diesen Änderungen bleibt für die IHK –und insbesondere für ihre Öffentlichkeitsarbeit – die

ständige Erreichbarkeit für ih-re Kunden das oberste Gebot– sei es über Telefon, Telefaxund E-Mail oder im persön-lichen Gespräch. Als erste An-laufstelle fungiert seit De-zember 1997 das „Infoyer“oder jetzt das Service-Centerder IHK im Erdgeschoss.

Und weil Klappern ebennicht nur zum Handwerk, son-dern auch zur Öffentlichkeits-arbeit einer Industrie- undHandelskammer gehört, regi-striert die IHK Düsseldorf seitJahren ein kontinuierlich stei-gendes Presse-Echo – mit ei-ner durchweg fairen Bericht-erstattung in den Medien.

Auch online erreichbar:Seit 1996 ist die IHK Düs-seldorf im Internet vertre-ten.

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124Selbstverständnis und Gremien: Wie die IHK funktioniert

175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

SelbstverständnisDas „Gesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts derIndustrie- und Handelskammern“ aus dem Jahre 1956definiert den Aufgaben- und Tätigkeitsbereich der In-dustrie- und Handelskammern in der BundesrepublikDeutschland – auch für die IHK Düsseldorf. Das Gesetzgreift das entscheidende Motiv der Kaufleute auf, diesich 1831 und schon in den Jahren zuvor für die Grün-dung der Düsseldorfer Kammer stark gemacht hatten:Sie wollten ihre eigenen Geschicke in die Hand neh-men! Dies ist im Kern die Idee der wirtschaftlichenSelbstverwaltung.

Die Industrie- und Handelskammern haben – so willes der Gesetzgeber – das Gesamtinteresse aller Gewer-betreibenden ihres Bezirkes zu vertreten. Dies schließtdie Wahrnehmung von Einzelinteressen einer Branche,wie sie etwa für die Fachverbände typisch ist, von vorn-herein aus. Das heißt nichts anderes, als dass die IHK-Politikberatung auf einem breiten Mandat fußt. Ent-

scheidende Voraussetzungen für die Wahrnehmung eines solches Mandates sind Unabhängigkeit von Ein-zelinteressen, Freiheit von staatlichen Einflüssen sowieRechts- statt Fachaufsicht.

Der Gesetzgeber gewährt aber mehr: „Statt Staat“heißt das Prinzip, nach dem die IHKs öffentlich-recht-liche Aufgaben wahrnehmen, so zum Beispiel in der dualen Berufsausbildung. Vor allem in der praxisnahenAusrichtung der Berufsbildung in den Betrieben, dembreiten, ehrenamtlichen Engagement in den Prüfungs-ausschüssen und der kostengünstigen Erledigung die-ser Aufgabe liegt der Vorteil dieser Lösung.

Die IHK Düsseldorf versteht sich darüber hinaus alsDienstleister für ihre Unternehmen, ganz im Sinne desgesetzlichen Auftrages „für die Förderung der gewerb-lichen Wirtschaft zu wirken“.

Die heutige IHK erledigt ihre Aufgaben mit rund125 Mitarbeitern, davon sind acht in der Zweigstelle

Selbstverständnis und Gremien:

Wie die IHK funktioniert

Sie stehen heute an der Spitze des „Parlaments der Wirtschaft“: Das IHK-Präsidium beim Jahresempfang 2005 mit Gastredner Dr. Wolfgang Huber (4. von rechts).

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125Selbstverständnis und Gremien: Wie die IHK funktioniert

175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

Velbert und sieben im IHK-FORUM,dem Weiterbildungszentrum derIHK an der Karlstraße, tätig, alleübrigen in der Hauptstelle in derDüsseldorfer City am Ernst-Schnei-der-Platz 1.

Seite 1977 umfasst der IHK-Be-zirk die Landeshauptstadt Düssel-dorf und den gesamten Kreis Mett-mann. Auf einer Fläche von 62.409Hektar leben in diesem Wirt-schaftsraum 1.078.510 Menschen.

Die rund 70.000 Mitglieder desIHK-Bezirkes erwirtschaften einenGewerbeertrag, mit dem die IHKunter den 81 IHKs in der Bundesre-publik an fünfter Stelle rangiert.

Über die künftige Rolle der In-dustrie- und Handelskammern hat es in den vergange-nen Jahren immer wieder neue politische Kontroversengegeben. Die Bundesregierung hat in einem umfang-reichen Antwortkatalog zu einer Anfrage der CDU/CSU-Fraktion vom 28. Mai 2004 ausführlich begrün-det, warum der Gesetzgeber auch künftig an den In-dustrie- und Handelskammern festhalten sollte.

Der neue IHK-Bezirk seit 1977Der Bezirk der IHK umfasste nach 1945 neben der StadtDüsseldorf den Landkreis Düsseldorf-Mettmann mitden Städten Hilden, Kettwig und Ratingen sowie denGemeinden Angermund, Breitscheid, Eckamp, Egger-scheidt, Erkrath, Hasselbeck, Hösel, Homberg-Bracht-Bellscheid, Hubbelrath, Lintorf, Meiersberg, Metzkau-sen und Wittlaer.

Die lange und intensiv diskutierte kommunale Neu-ordnung in Nordrhein-Westfalen trat am 1. Januar1975 in Kraft. Sie brachte nicht nur tief greifende Ver-änderungen in den kommunalen Verwaltungsstruktu-ren, sondern sie hatte – mit zweijähriger Verzögerung– auch Auswirkungen auf den Zuschnitt des IHK-Be-zirkes. Die Eingemeindung Kettwigs nach Essen war derbedeutendste Gebietsverlust für den Landkreis Düssel-dorf-Mettmann. Die IHK hatte sich für die Eigenstän-digkeit der Stadt eingesetzt. Von dem ehemaligenRhein-Wupper-Kreis kam aber die nicht minder be-deutende Stadt Langenfeld zum neuen Kreis Mettmannwie auch Monheim schließlich doch als selbstständigeGemeinde zum Kreis gelangte.

Die Vollversammlung begrüßte Ende 1975 die Plä-ne des Landeswirtschaftsministers, die IHK-Bezirke zum1. Januar 1977 neu zu ordnen. In einer Stellungnahme

Seit jeher pflegt die IHK denDialog mit Politik und Verwal-tung: So etwa Präsident Dr. Ernst Schneider 1960 im Gespräch mit Bundeswirt-schaftsminister Ludwig Erhard … (Bild links) … oder2004 Präsident HermannFranzen mit Ministerpräsi-dent Peer Steinbrück.

bekräftigte sie, dass sie für „rheinüberschreitende“ In-dustrie- und Handelskammern eintrete. Hintergrunddieser Resolution war der Wunsch, die IHK Neuss zu in-tegrieren, da deren Wirtschaftsgebiet besonders engmit Düsseldorf verflochten war. Die Regierung be-schloss jedoch eine einheitliche linksrheinische IHK(Mittlerer Niederrhein).

Die Landesregierung strebte schließlich die De-ckungsgleichheit mit den neuen Kreisgrenzen an, dieim Grundsatz auch die Unternehmer der DüsseldorferVollversammlung teilten. Damit umfasste der IHK-Be-zirk seit April 1977 das Stadtgebiet Düsseldorf und denkompletten Kreis Mettmann.

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126Selbstverständnis und Gremien: Wie die IHK funktioniert

175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

Gebäude der IHKNach dem Kriege bezog die IHK zunächst im Gebäudeder Commerzbank an der Benrather Straße 19 ihr ers-tes Quartier, im August 1946 zog sie in die Räume derC. & A. Brenninkmeyer an der Schadowstraße 79/85.1949 fand sie Büros in der Bahnstraße 47 und für eini-ge Abteilungen in der Graf-Adolf-Straße 22. Im Jahre1951 war es dann soweit: Das 1943 zerstörte bisherigeeigene Gebäude an der Graf-Adolf-Straße war wiedererrichtet worden.

Im Jahre 1954 nahm die IHK mit der Rheinisch-Westfälischen Börse, die im Wilhelm-Marx-Haus unter-gebracht war, Planungen für einen gemeinsamen Neu-bau in Angriff. Nach einem Architektenwettbewerbwurde das neue Gebäude nach Plänen der HamburgerArchitekten Gutschow und Nissen auf dem Gelände desehemaligen Hindenburg-Gymnasiums an der Ecke Ber-liner Allee/Immermannstraße errichtet. Die IHK bezogdas zwölfstöckige neue Hochhaus, die Börse bezog denflachen, lang gestreckten Teil des Gebäudekomplexes.Die erste Vollversammlung fand am 21. November 1957im neuen Gebäude statt.

Zunächst hatte im Erdgeschoss des HochhausesMercedes-Benz Ausstellungsräume belegt. Ab 1964plante die IHK deren Umbau in den heutigen Ernst-Schneider-Saal, der 1965 eingeweiht wurde. Ab demJahre 2000 wurde das Börsengebäude zu einem Büro-gebäude, aber auch der Eingangsbereich umfassendumgebaut, nachdem der Parketthandel dem elektroni-schen Handel weichen musste.

Ein sichtbarer Teil der kulturellen Unterstützung desStadtbildes durch IHK und Börse ist die Röhrenplastikvon Erich Hauser vor dem Gebäude. Das Kunstwerkwurde als Schenkung beider Institutionen an die Stadtam 30. Juni 1971 übergeben.

Mit der Neugliederung des IHK-Bezirkes im Jahre1977 kam als weiteres Gebäude die Zweigstelle in Vel-bert an der Nedderstraße 6 hinzu, die zuvor Eigentum

der IHK Wuppertal war. Die Zweigstelle wurde 1989umfassend renoviert.

Neu entstanden ist 1994 schließlich das Weiterbil-dungszentrum der IHK, das „IHK-FORUM“ an der Karl-straße 88 mit insgesamt 22 Seminarräumen.

GremienIndustrie- und Handelskammern sind Organisationender Wirtschaft für die Wirtschaft. Die Unternehmertreffen hier Entscheidungen für Unternehmer. Und da-mit auch ausgeführt wird, was entschieden wurde, zie-hen ehrenamtlich engagierte Unternehmer mit denhauptamtlichen Mitarbeitern in der IHK an einemStrang.

Die eigenen Geschicke in die Hand zu nehmen – dieprägnante Zielsetzung der Kaufleute aus der Gründer-zeit der Kammern – spiegelt sich in der Vollversamm-lung wider. Dieses „Parlament der Wirtschaft“, das dieregionalen und sektoralen Gewichte des IHK-Bezirkesabbildet, hat auch heute noch alle wichtigen Entschei-dungen in der Hand. Das Budgetrecht, das Satzungs-recht, aber auch alle grundsätzlichen Themen der IHK-Arbeit liegen bei der Vollversammlung. Sie wählt denPräsidenten, die acht Vizepräsidenten und den Haupt-geschäftsführer.

Ehrenamtliches Engagement ist in den Ausschüssender IHK gefragt. Sie sind der Ort fachlichen Austauschesfür alle Branchen. Handel, Industrie, Verkehrsgewerbeund andere Wirtschaftszweige beraten die Geschäfts-führung, informieren sich wechselseitig über Trends imGeschäft, stellen politische Forderungen und suchenden direkten Dialog mit Politik und Verwaltung.

Der Finanzausschuss der IHK kümmert sich um denHaushalt, die Beitragssätze und Gebühren. Für Düssel-dorf und die Gemeinden im Kreis Mettmann gibt es„Querschnittsgremien“, Regionalausschüsse, die sichzum Beispiel mit Fragen der Stadtentwicklung, derKommunalwirtschaft und der Verkehrspolitik ausein-ander setzen.

Der Berufsbildungsausschuss – er ist drittelparitä-tisch mit Arbeitgeber-, Arbeitnehmer- und Lehrerver-tretern besetzt – kümmert sich um Fragen der Berufs-bildung, so wie es das Berufsbildungsgesetz vorsieht.

Anzahl, fachliche Ausrichtung und inhaltlicheSchwerpunkte der Ausschüsse haben sich nach demKriege häufig verändert. Hinzu gekommen sind Ar-beitskreise, so zum Beispiel für den Automotive-Sektor,die Immobilienwirtschaft, die Softwarebranche, die

Das nach dem Krieg wiederaufgebaute Gebäude derIHK an der Graf-Adolf-Straße. Heute steht das Haupt-gebäude der Kammer amErnst-Schneider-Platz(Bild Mitte). Die IHK-Zweigstelle in Velbert (Bild rechts).

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127Selbstverständnis und Gremien: Wie die IHK funktioniert

175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

Umwelttechnik und für Experten des Zoll- und Außen-wirtschaftsrechts. Daneben gibt es – je nach aktuellerFragestellung – immer wieder Ad-hoc-Arbeitsgruppen,deren fachlicher Rat, etwa zur aktuellen Bauleit- undVerkehrsplanung, in die IHK-Arbeit einfließt.

Ehrenamtliches Engagement spielt sich aber in ganzbesonderem Maße auch in den Prüfungsausschüssenfür die berufliche Erstausbildung und Weiterbildung ab.In den über 500 Prüfungsausschüssen der IHK Düssel-dorf wirken rund 1.850 Praktiker aus den Betrieben undBerufskollegs des IHK-Bezirkes mit.

Gemeinsam vertreten Präsident und Hauptge-schäftsführer die IHK nach außen – auch in Rechtsge-schäften.

Überregionales Engagementin den wichtigen wirtschaftspoli-tischen Fragen ist das Metier derDachverbände der IHK-Organisa-tion. Die landespolitischen Inte-ressen vertritt die Vereinigung der Industrie- und Han-delskammern in Nordrhein-Westfalen mit Sitz in Düs-seldorf. Die bundes- und europapolitische Interessen-vertretung liegt beim Deutschen Industrie- und Han-delskammertag in Berlin und Brüssel. Zahlreiche Unter-nehmer aus dem IHK-Bezirk engagieren sich ebenfallsehrenamtlich in den Gremien dieser Verbände.

WirtschaftsjuniorenMitte 1950 rief die IHK zur Gründung eines „Junioren-Clubs“ auf. Die Idee fiel bei den „Söhnen und Töchternvon Kaufleuten des Kammerbezirks, die auch den Kauf-mannsberuf ergreifen wollen“, auf fruchtbaren Boden:Am Ende des Jahres hatte der junge Verein bereits 63Mitglieder.

Die Wirtschaftsjunioren, die nach einer Satzungs-änderung rasch auch Mitglieder aus dem Kreise „derUnternehmer-, der Führungs- und der Führungsnach-wuchskräfte“ aufnahmen, bauten Arbeitskreise auf. Inden 1970er Jahren standen neben den Themen „Schu-le und Wirtschaft“ und „Existenzgründungsberatung“auch soziale Fragestellungen im Vordergrund.

1990 entstanden im Kreis Mettmann die Wirt-schaftsjunioren Niederberg. Eines ihrer erfolgreichstenProjekte ist die Juniorwelt e. V., ein Betriebskindergar-ten für die Mitarbeiter Velberter Unternehmen, dessenGründung 1996 auf die Initiative der Junioren zurück-ging. Er ist bis heute als eigenständiger Verein aktiv.

Auch heute noch zeichnen sich die Juniorenkreisedurch vielfältige Aktivitäten aus. Über die inzwischentraditionellen Themen „Schule und Wirtschaft“ und„Existenzgründungsberatung“ hinaus engagieren siesich in Fragen der Stadt- und Regionalentwicklung undpflegen intensive internationale Kontakte.

Dabei sind die Wirtschaftsjunioren eigenständigeVereine geblieben. Die Idee von 1950, dass die IHK als„Mentor“ der Junio-ren fungiert, giltnoch immer: Heuteunterstützt die Kam-mer die Juniorenar-beit durch die Erledi-gung administrativerAufgaben.

V O L L V E R S A M M L U N GP R Ä S I D I U M

Präsident

Vizepräsidenten

Hauptgeschäftsführer

FachausschüsseFinanzausschuss der Vollversammlung,

Außenwirtschaftsausschuss,Einzelhandelsausschuss, Großhandelsaus-

schuss, Ausschuss für Tourismus,Kongress- und Ausstellungswesen,

Ausschuss für das Handelsvertreter- undHandelsmaklergewerbe, Industrieausschuss,

Ausschuss für Umweltschutz,Rechtsausschuss, Ausschuss für die Bestellung

von Sachverständigen, Ausschuss für Verkehr und Logistik,

Mittelstandsausschuss,Berufsbildungsausschuss

IHK-AusschüsseDüsseldorf – Erkrath – Haan-Hilden – Heili-

genhaus – Langenfeld-Monheim –Mettmann-Wülfrath – Ratingen – Velbert

ArbeitskreiseAutomotive Rheinland, Immobilienwirtschaft,Life Sciences, Software, Umwelt-Rheinland,

Zoll- und Außenwirtschaft

Anerkennung für langjähri-ges ehrenamtliches Engagement: Prüferehrungin der IHK.

Traditionell einerder Schwerpunkteder Arbeit derWirtschaftsjunio-ren: Existenzgrün-dungsberatung1985.

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128Und die Zukunft?

175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

„Sind die IHKs ein Auslaufmodell, oder haben sie eineZukunft?“ So lässt sich manche der politischen Kontro-versen über die Industrie- und Handelskammern in derNachkriegszeit zuspitzen.

„Zukunft kann eine Organisation nur dann haben,wenn sie nicht statisch an Strukturen und Aufgabenfesthält, die durch den Wandel der Wirtschaft überfäl-lig geworden sind. Die Kammer kann ihre Zukunftsfä-higkeit nur sichern, wenn sie sich wie ein Unternehmen

an die Veränderungen in der internationalen Wirt-schaft, in Technik und Gesellschaft flexibel anpasst“, soIHK-Präsident Hermann Franzen.

„Die Arbeit der Kammer muss den Mitgliederntransparent sein, sie müssen verstehen, wofür das Bud-get eingesetzt wird. Die breite Rückkopplung mit denMitgliedsunternehmen, die über eine Mitwirkung inden Gremien gesichert wird, muss Maßstab aller IHK-Aktivitäten bleiben.“

Für die einzelnen Geschäftsfelder zeichnen sich fürdie Zukunft schon jetzt wesentliche Trends ab, die dieIHK in ihre Arbeit aufnehmen wird:

In der Standortpolitik wird der Bedarf an inter-kommunaler Kooperation wachsen. Gerade die Ansied-lung großflächiger Einzelhandelsbetriebe, aber auchdie Frage, welche Konzepte für brachliegende Indu-strie-Grundstücke zu regional verträglichen Lösungenführen, wird an Aktualität gewinnen. Hier ist die IHK alsOrganisation der Wirtschaft gefragt, neue Koopera-tionsformen der Gebietskörperschaften zu initiieren.Eine große Herausforderung wird die bevorstehendeumfangreiche Verwaltungsstrukturreform sein, die ei-ne engere Kooperation innerhalb des Rheinlandes er-fordert.

Im Zuge der Verwaltungsvereinfachung und Entbü-rokratisierung können für die Kammern besondereChancen in der Übernahme solcher öffentlich-recht-

Und die Zukunft?

Globalisierung wird auchden Dienstleistungssektorerfassen.

Auch künftig wird die IHKden Dialog mit Vertreternder Politik aus Region,Land und Bund pflegen.Das Foto zeigt LandratThomas Hendele (rechts)mit IHK-Präsident Her-mann Franzen beim Hissender Kreisfahne vor demIHK-Gebäude 2005.

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129Und die Zukunft?

175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

licher Aufgaben liegen, die einebesondere Nähe zum Unterneh-menssektor aufweisen.

Die internationalen Aktivitä-ten der IHK werden auch künftigim Zeichen der Globalisierungstehen. Diese nicht zu einer Ein-bahnstraße, sondern sie auch zuneuen Wertschöpfungschancenin der Region werden zu lassen,bleibt eine wichtige IHK-Aufga-be. Die neuen Wachstumsmärktein Osteuropa und Asien werdenauch für Unternehmen und Bran-chen, die bislang „außen vor“ wa-ren, an Bedeutung gewinnen.Diese in schwierige Märkte „zubegleiten“, wird eine Aufgabe derIHK sein.

Die berufliche Aus- undWeiterbildung wird sich nach der aktuellen Durststrek-ke im Ausbildungsmarkt schon sehr bald mit dem de-mografischen Wandel auseinander zu setzen haben. DieWettbewerbsfähigkeit der regionalen Wirtschaft wirdauch künftig von der ausreichenden Versorgung mitgut ausgebildeten Fachkräften abhängen. Duale Erst-ausbildung mit beruflicher Weiterbildung muss gegen-über den übrigen Bildungswegen an Attraktivität ge-winnen, die Schulen müssen jene Ausgangsqualifika-tionen sichern, die auch komplexeren Berufen genü-gen. Die IHK wird daher auch in der Phase sinkenderSchülerzahlen nicht nur den Prozess der betrieblichenAusbildung und Prüfungen organisieren, sondern auchdie Firmen in der Versorgung mit Nachwuchskräftenaktiv unterstützen.

Innovation bleibt ein zentrales wirtschaftspoliti-sches Thema der kommenden Jahre; denn nur techni-sche Vorsprünge in den Produkten und Verfahren kön-nen die Kostennachteile mildern, die zu Arbeitsplatz-verlusten in der Region führen.

Die Hochschulen werden ihre neuen Freiheiten nut-zen und die Kooperation mit der Wirtschaft suchen, eintraditioneller, aber gleichzeitig zukunftsfähiger An-satzpunkt der IHK-Arbeit.

Unternehmensgründung und -förderung bleibenauf der Agenda. Die anhaltend hohe Arbeitslosigkeitwird den Wunsch nach beruflicher Selbständigkeit wei-ter verstärken, die Beratung – auch die Warnung vorFehltritten – wird dabei eine große Rolle spielen. Dasmittelständische Finanzierungsproblem, nicht nur beider Unternehmensgründung, wird ein Thema bleiben,

soweit sich die steuerlichen Rahmenbedingungen nichtwesentlich verändern. Aber auch die Frage, welche Ver-änderungen neue Gesetze dem Unternehmer besche-ren, wird akut bleiben. Nicht zuletzt wird den EU-Ver-ordnungen und -Richtlinien mehr Aufmerksamkeit alsbisher zuteil werden müssen.

Wie ein Unternehmen wird die IHK auch künftig al-le Chancen der Kooperation mit ihren Nachbarkam-mern und anderen Institutionen nutzen. Die arbeitstei-lige Spezialisierung und enge Kooperation mit unter-schiedlichen Partnern wird auch künftig vorteilhaftsein. Sie wird bereits seit Jahren erfolgreichbei den Aus- und Weiterbildungsprüfungenpraktiziert, beim Technologietransfer inner-halb des Rheinlandes, in der Außenwirt-schaft mit dem Schwerpunktländerprinzipin Nordrhein-Westfalen, in der Datenverar-beitung mit den IHKs in der Rheinschiene,im Russland und China Kompetenzzen-trum mit der Landeshauptstadt Düssel-dorf und der Messe Düsseldorf, in der Re-gionalagentur mit der Handwerkskam-mer Düsseldorf und dem Kreis Mett-mann sowie der Landeshauptstadt Düs-seldorf und in der Kooperation Schule-Wirtschaft mit dem Kreis Mettmann.Dies lässt auf weitere fruchtbare Ko-operationen im Interesse der Mit-gliedsunternehmen hoffen.

Kooperation mit denNachbarkammern wird beider IHK Düsseldorf großgeschrieben: Etwa bei derBerufe live Rheinland, diezusammen mit den KölnerKollegen initiiert wird, oderbeim Internetportal Regio-Guide, das einen Überblicküber Standorte in den IHK-Bezirken Düsseldorf undMittlerer Niederrhein gibt.

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130IHK Düsseldorf: Handeln für Unternehmen

175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

Präsidenten der Industrie- und Handelskammerzu Düsseldorf

Franz Schimmelbusch, 1831-1833Gerhard Baum, 1834-1868Gustav Bloem, 1869-1878Rudolf Lupp, 1879-1885Wilhelm Pfeiffer, 1886-1895Ernst Schieß, 1895-1897Adolf Möhlau, 1898-1907Carl Rudolf Poensgen, 1908-1933Karl Zucker, 1933-1943Niels von Bülow, 1945-1946Dr. Josef Wilden, 1946-1949Dr. Ernst Schneider, 1949-1968Dr. Victor Langen, 1968-1974Friedrich Conzen 1974-1983Rolf Schwarz-Schütte, 1983-1991Albrecht Woeste, 1991-1999Hermann Franzen, seit 1999

Sekretäre, Syndici und Hauptgeschäftsführer

Johann Ferdinand Wilhelmi, 1831-1844Carl Friedrich Samuel Schleiermacher, 1845-1849Justus Karl Haßkarl, 1849-1852Wilhelm Hürter, 1852-1883Peter Schmitz, 1884-1892Dr. Max Frhr. Schoultz von Ascheraden, 1892-1898Dr. Otto Brandt, 1899-1921Dr. Josef Wilden, 1922-1938Emeran Amon, 1938-1943Dr. Josef Wilden, 1945-1946Dr. Hermann Bohley, 1946-1953Dr. Karl Albrecht, 1953-1967Franz Tillmann, 1968-1973Dr. Klaus Boisserée, 1974-1983Joachim Kreplin, 1984-1998Dr. Udo Siepmann, seit 1999

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131IHK Düsseldorf: Handeln für Unternehmen

175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

Quellen

Bundesarchiv BerlinLandesarchiv Nordrhein-WestfalenStadtarchiv DüsseldorfStiftung Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv zu Köln

Literatur (in Auswahl)

Karl Albrecht und Wilhelm Treue: 125 Jahre Industrie- undHandelskammer zu Düsseldorf, 1831-1956. Beiträge zur Ge-schichte der Industrie- und Handelskammer und der Düssel-dorfer Wirtschaft, Düsseldorf 1956

Otto Brandt: Studien zur Wirtschafts- und Verwaltungsge-schichte der Stadt Düsseldorf im 19. Jahrhundert, Düsseldorf1902

Düsseldorf. Geschichte von den Ursprüngen bis ins 20. Jahr-hundert. Hrsg. von Hugo Weidenhaupt, Bd. 1-3, Düsseldorf1988-1989

Barbara Gerstein/Ulrich S. Soénius: Rheinische und westfäli-sche Handelskammersekretäre und -syndici vom 18. bis zumAnfang des 20. Jahrhunderts, Münster 1994 (Rheinisch-West-fälische Wirtschaftsbiographien, Bd. 15)

Friedrich-Wilhelm Henning: Düsseldorf und seine Wirtschaft.Zur Geschichte einer Region, Bd. 1-2, Düsseldorf 1981

Otto Most: Geschichte der Stadt Düsseldorf, Düsseldorf 1921

Josef Wilden: 100 Jahre Düsseldorfer Wirtschaftsleben. Fest-schrift zum 100-jährigen Bestehen der Industrie- und Han-delskammer Düsseldorf. 1831 bis 1931, Düsseldorf 1931

Josef Wilden: Lebenslinien der Industrie- und HandelskammerDüsseldorf 1798-1948, Düsseldorf 1948

Bildnachweis – Seite/n

Bayer CropScience AG – 88BilderBox Bildagentur GmbH – 96, 100Börse Düsseldorf AG – 41DaimlerChrysler AG – 41ddp Deutscher Depeschendienst GmbH – 98DIHK – 104Flughafen Düsseldorf GmbH – 45, 59Imago stock&people GmbH – 70, 72, 84Kooperationsnetz Schule / Wirtschaft im Kreis Mettmann – 117Mannesmann-Archiv – 25, 39, 40, 102, 104, 106Regionale Bahngesellschaft Kaarst-Neuss-Düsseldorf-Erkrath-Mettmann-Wuppertal mbH – 49Rheinische Post-Archiv – 44Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen – 92Stadtarchiv Düsseldorf – 6, 10, 11, 12, 13, 15, 16, 18, 19, 20,21, 22, 23, 26, 31, 32, 37Stiftung Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv zu Köln – 22, 29Alle übrigen Bilder: Archiv der IHK Düsseldorf

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175 Jahre Industrie- und Handelskammer Düsseldorf

Impressum

ISBN 3-933025-41-9 © Selbstverlag Stiftung Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv zu KölnUnter Sachsenhausen 10-26, 50667 Köln

Texte: Antje Mahn und Dr. Udo Siepmannunter wissenschaftlicher Begleitung von Dr. Ulrich S. Soénius

Herausgeber der Schriftenreihe: Dr. Ulrich S. Soénius

Layout: Hans Georg Sohr, Mörsenbroicher Weg 23, 40470 Düsseldorf

Druck: Service-Druck Kleinherne, Bussardweg 5, 41468 Neusswww.service-druck.de

Printed in GermanyAlle Rechte vorbehaltenRedaktionsschluss: 30. November 2005