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    Festschrift50 Jahre Realschu le Simmering

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    WIEN 1958

    IM VERLAG DER BUNDESREA LSCHU LE S IMMER INGWIEN XI, GO T T SCH A L KG A S S E 21

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    Herausgeber und f r den Inhalt verantwort li ch: D irek tor Dr. Walter Frenze lSchriftleitung: Prof. Dr. Hans H lt I, beide Wien XI, Gottschalkgasse 21

    Umschlagentwurf: Akadem. Maler Prof. Emil CzurdaDruck: Brauerei Schwechat A. G., Abteilung Druckerei, Wien XXI, Pragerstr. 20

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    Dr. Heinrich DrimmelBundesminister fr Unterricht

    Der Simmeringer Realsch ule zur Feier ihres50 jhrigen Bestandes

    Das Jahr 1908, das Jahr, in das das 60jhrige RegierungsjubilumKaiser Franz Josephs fllt, ist fr die Geschichte de s sterreichischenSchulwesens von besonderer Bedeutung. Im ganzen Bereich des damaligen Grostaates erstanden anllich dieses seltenen Jubilums zahlreiche neue Schulen und Schulgebude. Bis in die Gegenwart, die unsso viele neue Schulen beschert hat , hat es keinen Abschnitt der sterreichischen Schulgeschichte gegeben, der der Entwicklung des sterreichischen Schulwesens gleichermaen zugute gekommen ist. DemMittelschulwesen jener Zeit kamen zudem die Reformen auf Grundeiner sehr ersprielichen Mittelschulenquete zugute, und so darf manvon den Jahren bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges ohne bertreibung sagen, da in ihnen da s Mittelschulwesen einen schnen Aufschwung genommen hat, der zweifellos noch viel bedeutendere Ereignisse gezeitigt htte, wrde diese Entwicklung nicht durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges jh unterbrochen worden sein.

    Es spricht fr die durchaus fortschrittliche Schulpolitik der damaligen Ressortleitung, da im Kaiser-Jubilumsjahr 1908 eine Mittelschule, und zwar eine Realschule im 11. Wiener Gemeindebezirk, alsoin einem Arbeiterbezirk, err ichtet worden ist. Es geziemt sich daher,diese und hnliche Grndungen, die damals auch in anderen Teilen desLandes erfolgt sind, heute nach 50 Jahren dankbar zu wrdigen. Wrendiese Neugrndungen nicht erfolgt dann htte es in der darauffolgenden Kriegs- und Nachkriegszeit wahrscheinlich empfindliche Lckenim Aufbau des sterreichischen Mittelschulwesens gegeben, und zwarinsbesonders dort, wo bei dem raschen Wachstum der sich stndig erneuernden Wirtschafts- und Sozialordnung solche Grndungen am notwendigsten gewesen sind.Als derzeit amtierender Bundesminister fr Unterricht gratuliereich der Bundes-Realschule und dem -Realgymnasium in \Vien XI rechtherzlich zu dem bevorstehenden Ehrentag. Ich danke bei dieser Gelegenheit allen Lehrern, die seit der Grndung der Anstalt den Unterrichts- und Erziehungsaufgaben dieser Mittelschule gedient und so mitgewirkt haben, da die Schule heute als eine wegen ihrer Leistungsfhigkeit allseits anerkannte sterreichische Mittelschule auch imneuen Staat der Erziehung unserer Jugend zu der erneuerten sterreichischen Gemeinschaft dient. Mge der Bundes-Realschule und dem-Realgymnasium in Wien XI, eingedenk der Erfolge der Vergangenheit,auch in dem nunmehr beginnenden zweiten halben Jahrhund rt s inesBestandes ein ersprieliches Wirken zum Wohle der tudier nden Jugend beschieden sein.

    Dr. I ) r i m m l ' I. t'. 11.

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    Dr. Leopold ZechnerGeschftsfUhrender 2. Prsidentdes Stadtschulrates fUr Wien

    Es ist kein Zufall, da in letzter Zeit mehrere Wiener Mittelschulenihren 50jhrigen Bestand feiern konnten. Um die letzte Jahrhundertwende, als diese Lehranstalten gegrndet wurden, hatte dassterreichische Brgertum berei ts eine geachtete wirtschaftliche und gesell-schaftliche Position und entscheidenden Einflu auf Politik und Kultur gewonnen. Und so ist es zu verstehen, da der wohlhabend gewordene Mittelstand bestrebt war, seine Shne nach Mglichkeit inhheren Bildungsanstalten heranwachsen zu lassen, deren Besuch ihnensowohl den sozialen t\ufstieg sichern als auch Gelegenheit gebensollte, ihren Sinn fr verfeinerten Lebensstil und hhere Kultur bestmglich zu entwickeln.

    Da aber damals, vor fnfzig Jahren, auch in einem weiter auengelegenen Stadtteil Wiens, in Simmering, e.ine Realschule gegrndetwurde, deutet schon auf eine Entwicklung hin, die bis heute nicht abgeschlossen ist, auf einen gesellschaftlichen Umschichtungsproze, derin den folgenden Jahrzehnten immer deutlicher in Erscheinung tretensollte: der Arbeiterstand gewann neben dem Brgertum nicht nur politische Macht, sondern lernte .alsbald auch den Wert hherer Allge-meinbildung fr seine Kinder ebenso schtzen wie vor einem halbenJahrhundert das aufstrebende Brgertum.

    Und deshalb kommt gerade in unserer Zeit der Realschule und demRealgymnasium im 11. Bezirk, der einzigen Simmeringer Mittelschule,eine besondere Bedeutung zu: ist doch gerade sie infolge ihrer Lage inbesonderem Mae dazu berufen, begabte Kinder auch Jenes Teiles unseres Volkes heranzubilden, dem bis vor kurzem noch die Aufstiegs-chancen versagt waren, die der Besuch einer Mittelschule gewhrt.

    Die erstaunlichen Leistungen, die diese Schule in ihrer verantwortungsvollen Bildungs- und Erziehungsarbeit bisher schon vollbrachthat, berechtigen zu Stolz. Und gerne ntze ich die Gelegenheit, umDirektion und Lehrkrper fr ihr mhevolles, von hohem Idealismusgetragenes Wirken herzlich zu danken. Es ist mein aufrichtiger Wunsch,da es der Anstalt in Fortfhrung ihrer bewhrten Tradition auch weiterhin gelingen mge, grtmgliche Erfolge zu erzielen und so wiebisher zur Hebung des Bildungsniveaus unseres Volkes und damit zurFestigung unserer Demokratie wesentlich beizutragen.

    Dr. Zechne r , e. h.

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    Dr. Walter FrenzelDirektor der Bundesrealschule Wien XI

    Zum GeleitWie es Marksteine auf dem Lebensweg des einzelnen Menschen gibt,

    bei denen er gerne verweilt, um Rckschau und Vorschau zu halten,so sind solche auch im Leben einer Gemeinschaft vorhanden. Einesolche Gemeinschaft von jung und alt, die sich immer wieder von selbstregeneriert und eine endlose Kette von Generationen zu einer gemeinsamen Arbeit bildet, s tel lt e ine Schule dar.

    Die Simmeringer Realschule, die einzige Mittelschule des Bezirkes,seit Jahren Realschul- und Realgymnasialklassen fr Knaben undMdchen umfassend, hlt an einem Markstein ihres Weges: sie feiertihren fnfzigjhrigen Bestand.

    Aus einem Arbeiterbezirk, inmitten von Fabriken und den Wohnbauten der "kleinen Leute" emporgewachsen, hat sie die Strme vonzwei Weltkriegen berdauert und sammelt heute wie einst die nachAllgemeinbildung strebende Jugend in ihrer Umgebung.

    Mge die vorliegende Schrift dazu beit ragen, das Zusammengehrigkeitsgefhl all derer, die im Laufe der vergangenen 50 Jahre durchdie Simmeringer Mittelschule gegangen sind, zu strken und das Bandum Schler und Lehrer von heute und gestern enger zu schlieen. -

    Allen denen, die mitgeholfen haben, den Inhalt dieser Bltter zugestal ten, sei herzl ichst gedankt.

    Dr. Walter F r e n z e 1, . h.

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    Prof. Dr. Alfred Birbaumer

    Prolog tu ProsaEin halbes Jahrhundert mag manchem eine kurze Spanne Zeit er-

    scheinen fr den Bestand einer hheren Schule. Es steht aber derJubilarin nicht schlecht an, dieses halbe Jahrhundert. Das Alter istihr noch keine Last, die Runzeln und Falten an ihrer Haut wren durcheine einfache kosmetische Operation zu gltten, da sie in alter Frischeerstrahle. Hunderttausende junger Beine, die schon ber das Stiegen-haus hinaufgehastet und herabgesprungen sind, haben noch keine merk-lichen Spuren hinterlassen. Sie i s t nicht nur jung, sondern auch junggeblieben, Simmerings Alma Mater. Es ist, als wollte sie nicht , da vomFnfziger viel Aufhebens gemacht werde, als sollte nicht viel davongeredet werden, da sie nun doch langsam in die Jahre komme.

    Fr einen Menschen, der alt wird. ohne zu altern, haben die Repor-ter eine Phrase bereit: Wie haben Sie sich so jung erhalten? Auf unsereSchule angewandt: Wie also blieb sie jung?

    Vielleicht ist ihre Frische dem weiten und freundlichen Horizontzuzuschreiben, unter dem sie breit und behbig daliegt, einladend wieein Gutshof hinter Platanenkulissen; wie es nicht gleichgltig ist, woein Mensch heranwchst und alt wird. Noch steht unser Schulhaus amRande der Millionenstadt. Es ist nur ein kurzer Weg ber einen an-spruchslosen Hgel zu den gelben Getreidefeldern unter pannonischerSonne, und es sind nur wenige Minuten und du stehst inmitten derschnurgeraden Zeilen grner Kohlkpfe und roter Paradeiserfrchte.Vom Laaerberg fhrt der Wind frisch und unverdorben in die Kronender Bume. Alfred Polgar kannte den Herderpark nicht, als er seinebissigen Bemerkungen ber Simmering machte. Er kannte den weitenund architektonisch recht glcklich gestalteten Platz nicht, an dem mandie Mittelschule errichtete. Ein guter Einfall: nicht dort steht sie, woder Verkehr am dicken Strang von der Stadt und in die Stadt hin undwider hastet, sondern abseits, und nicht der nervse Lrm der Mo-toren brandet an ihre Mauern, nur das Echo eines farbenfrohen, saf-tigen Marktes, auf dem gefeilscht und angepriesen und gekauft wird,was der Boden ringsum hervorbringt.

    Bleibt aber noch der Mensch, ohne den die Huser nichts wrenals sinnlose Wnde, mit einem Dach darber. Bleiben die jungen Men-schen und ih re Lehrer, die miteinander - zuzeiten auch gegeneinan-der - drin wirken und leben. Denn die es betreten, beleben das Haus

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    und formen den Geist, der ihm innewohnt. Und weil es immer wiederjunge Menschen sind, die in die Schule einziehen und sie wieder verlassen, nach tausend Tagen der Mhsal und ngste, nach anderentausend Tagen der Lust am Beisammensein und der Freude an erfolgreichen Stunden, ist das Leben, das einem Schulhaus innewohnt,ein anderes als das eines Kaufhauses, eines Gerichtsgebudes, einesSteueramtes. Es entspringt dem bedeutendsten menschlichen Gemeinschaftsverhltnis, das es gibt.

    Die anderen Partner stellen die Lehrer. In den fnfzig Jahren sindsie gekommen und gegangen wie ihre Schler, aber keiner ging, ohneda und dort eine Spur seines Wirkens zurckzulassen, denn so verlangt es sein Beruf: sich mitzuteilen und zu geben, und mancher gab biszur Verschwendung. Wenn es wahr ist, da Erziehen eine Kunst sei,dann kommt von den Lehrenden jene Aura des Knstlerischen, diefein und unwgbar die Schulen durchdringt und sie fr alle Zeiten auszeichnen kann. Tritt dazu noch die groe erzieherische Kraft des tiefenbis ins kleinste gehenden Pflichtbewutseins derer, die es vorleben,dann zhlen fnfzig Jahre wenig, dann wird man dereinst ihren Be-

    stand nach Jahrhunderten messen.

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    Prof. Dr. Rudolf Klein

    50 Jahre Realschule SimmeringEin Rckblick

    Die Realschule in Simmering, die zweitjngste Wiens, wurde mitErla des k. k. Ministeriums fr Kultus und Unterricht vom 8. August1908 ins Leben gerufen und war nach dem damaligen Organisationsplansiebenklassig. Im Schuljahr 1908/09 wurde mit einer ersten Klasse unterDirektor Regierungsrat Hugo La n n e r (1908-1917) begonnen; unsereRealschule war daher 1914/15 mit sieben Klassen und dem ersten Maturajahrgang voll ausgestaltet.

    Welche Schwierigkeiten bei einer Schulgrndung zu berwind nwaren, zeigte die Simmeringer Realschule; es gab nicht einmal eineigenes Heim fr die neue Schule! Nach dem seiner7.eitigen bereinkommen zwischen Ministerium und Gemeinde Wien mute letzterein der Knabenvolksschule Molitorgasse 11 1 die notwendigen Rume vierJahre hindurch kostenlos zur Verfgung stellen. Ferner hatte sie eineneinmaligen Baukostenbeitrag in der Hhe von 50.000 Kronen zu leisten.Die Unterbringung in einer Volksschule bedeutete zunchst: Es gabkeine Sle fr Naturgeschichte, Naturlehre und Chemie, es gab keineZeichensle! Und das in einer Realschule! Es waren aber auch keineLehrerbcherei, keine Schlerlade und keine Schlerbcher i vorhanden. Fr einen Bezirk wie Simmering bedeutete das einen au rordentlichen Nachteil. Jedoch sollten die Schwierigkeiten noch gr r werden!Der erste Jahrgang war noch nicht in der Maturaklasse, als der ErsteWeltkrieg ausbrach. Fr die Schule bedeutete der Kriegsausbruch, dader Neubau der Realschule auf unbestimmte Zeit verschoben werdenmute. Der Baukostenbeitrag war wertlos geworden. -In die erste Klasse traten 1908 insgesamt 50 Schler ein, von denen38, zusammen mit 6 neuen Schlern, in die zweite Klasse aufstiegen.Der nchste Jahrgang brachte einen starken Zustrom in die ersteKlasse, die aber nicht geteilt wurde. Eine Zahl von 63 Schlern in einerKlasse erscheint uns heute als untragbar. Im Verhltnis zu Schlerzahlen an anderen Schulen war das aber noch eine "kleine" Klasse.

    1914/15 zhlte die Anstalt mit allen sieben Klassen 284 Schler. Eserschien damals der erste Jahresbericht der Anstalt. Die Jahresberichtewurden nur bis zum Schuljahr 1923/24 herausgegeben. Im Schuljahr1914/15 wurden die ersten Reifeprfungen abgehalten. 30 Abiturientenunterzogen sich schon im Laufe des Schuljahres wegen ihrer Einrckung zur militrischen Dienstleistung der vorzeitigen Reifeprfung;zwei weitere legten sie am Ende des Schuljahres ab. Smtliche Kandidaten wurden fr "Reif zum Besuch der Hochschule" (davon dreimit Auszeichnung) erklrt. Infolge des Krieges sank die Zahl der Sch-

    t Benannt nach dem Simmeringer Pfarrer Molitor (1683-1708).

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    Regierungsrat Hugo LannerDirektor von 1908 bis 1917

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    leI' etwas ab und stieg erst 1918/19 wieder auf 288 an. Allerdings, vieleSchler konnten infolge des Raummangels nicht aufgenommen werden,denn noch immer war die Schule in der Molitorgasse untergebracht.Der Direktor der Realschule, Regierungsrat Hugo Lanner, trat mit Endedes Schuljahres 1916/17 nach einer 41jhrigen Lehrttigkeit in denRuhestand. Es bernahm nun Direktor Josef E y s an k von lVI a I' i e n -fe 1s die Leitung der Realschule (31. August 1917), der sie allerdingsnicht allzu lange Zeit spter (Ende November 1918) an Direktor Konstantin P ro k e s c h (bis 1923) bergab.

    In der Zwischenzeit hatte man in der Gottschalkgasse 2 fr unsereRealschule ein neues Gebude zu bauen begonnen, das 1921 fertiggestelltwurde. In den letzten Tagen des Schuljahres 1920/21 kam endlich dielangersehnte Erleichterung: die bersiedlung in das neue Haus in derGottschalkgasse. Alles, was nur helfen konnte, legte Hand an; Lehrer,Eltern und Schler arbei te ten gemeinsam, um die bersiedlung mglichst rasch und kostenlos durchzufhren.Schon im nchsten Schuljahr nderte sich das "Gesicht" unsererSchule neuerdings: Ausnahmsweise wurden Mdchen aufgenommen,und zwar in die 1 a-Klasse (ein Mdchen) und in die 2. Klasse (ebenfalls ein Mdchen). Die damalige 1. Klasse konnte endlich geteilt werden(la: 29, 1 b: 30 Schler).Der Lehrkrper nahm seine Mission in Simmering sehr ernst. Indem am 14. November 1921 in unserem Schulhaus erffneten Volksheim bernahmen viele Lehrer freiwillig Aufgaben, die ber den Rahmen ihrer gesetzlichen Verpflichtungen weit hinausgingen. Die damaligen Kurse wurden fast durchwegs von Lehrern der Simmeringer Realschule geleitet. Schon damals wurden Sprachkurse gehalten und Probleme der Philosophie und Kunstgeschichte errtert. Im Jahre 1956bersiedelte die Volkshochschule in die Hauptschule am Enkplatz.

    In die zwanziger Jahre fllt das Experimentieren mit der Mittelschule. Auch in Simmering wurden Versuche gemacht. Neben der Realschule (Lehrplan vom 8. April 1909) wurde in der 1 c-Klasse (1922/23)die "Deutsche Mittelschule" nach dem vorlufigen Lehrplan vom30. Juli 1921 eingerichtet. Diese Klasse zhlte 48 Schler, davon 15 Mdchen. Insgesamt hatte die Schule damals 332 Schler, davon 31 Mdchen.Der Lehrplan - nicht die Maturaordnung - der Realschule ist imwesentlichen unverndert auch heute noch in Geltung. In der grundstndigen Fremdsprache f llt auf, da frher in insgesamt sieben Klassen 28, heute dagegen in acht Klassen nur mehr 24 Wochenstunden gehal ten werden; abgesehen vom Zuge der Zeit, heute das Englische andie erste Stelle, also mit der 1. Klasse beginnend, zu setzen. Fernerzeichnet sich die heutige Realschule durch eine strkere Betonung der"realistischen" Fcher auf Kosten des Zeichenunterrichtes aus, derfrher insgesamt (in sieben Klassen wieder) 23 Wochenstunden hatte .1928 erfolgte eine Erhhung der Klassenzahlen der Realschule auf acht,

    2 Benannt nach Gottschalk, der am Beginn des 11. Jahrhunderts Besitzerder Herrschaft Simmering aus dem Geschlecht der Simaninger war. Bis1894 hie sie Mauthnergasse.

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    Hofrat Josef Eysank von MarienfelsDirektor von 1917 bis 1918

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    wodurch die Oberstufe vierklassig und diese Schultype mit den FchernGesang, Handarbeit, Kurzschrift und philosophischer ;Einfhrungsunterricht erweitert wurde. Interessant ist, da sich in diesem Jahre dieSchlerzahl von 373 (1927/28) auf 317 (1928/29) senkte. Im folgenden Jahrewurde diese Zahl gehalten (325 Schler), erst das Jahr 1930/31 zeigtewieder den frheren Schlerstand, nmlich 385 Schler. Ursache desAbsinkens der Schlerzahl in der Realschule waren das Abgehen vonder Siebenstufigkeit und die Konkurrenz des Realgymnasiums, dessenReifezeugnis sowohl zum Besuch der Universitt als auch der Technischen Hochschule berechtigte.

    Die Deutsche Mittelschule als weitere Type war vor allem durchdas sptere Ansetzen des Lateinunterrichtes (5. Klasse) gekennzeichnet.Aber schon 1927 wurde die Deutsche Mittelschule aufgelassen und unterdem Direktor Hofrat Dr. Richard We i ne r t (von 1923 bis 1945) aufAntrag der Schule das Realgymnasium eingefhrt.Damit war das Fundament fr eine Doppelanstalt , - Realschuleund Realgymnasium - gelegt und es konnte der Auf- und Ausbau planmig fortgesetzt werden. Eine wesentliche Voraussetzung dafr ,wargegeben: es waren gengend Rume vorhanden.

    Das Schulgebude war kurz nach dem Ersten Weltkrieg als Notstandsbau errichtet worden und stellte keinen Schulpalast, sonderneinen einfachen, aber doch modernen und praktischen Zweckbau mitgerumigen Gngen, hellen und luftigen Klassenrumen, Lehrs,lensamt Nebenrumen fr alle in Betracht kommenden Fcher, mit einemgroen Turnsaal, einem schnen Schulhof und einem fr Unterrichtszwecke verwendbaren Tiefgescho dar; all das waren gnstige Voraussetzungen fr die Entwicklung der Schule. Die bescheidenen Mittelaber, die fr den Bau zur Verfgung gestanden waren, lieen nochviele Wnsche unerfllt . So hatten zum Beispiel die Unterrichtsrumenur weiche Bretterbden, soda die Reinhaltung schwierig war.Der Hof war kahl und nur mit grobem Kies bestreut. Er war ,wegender Staubentwicklung kaum bentzbar. Die elektrische Beleuchtungwar nicht zufriedenstellend. Die Rume im Tiefgescho hatten berhaupt keinen Bodenbelag, es lag das Erdreich blo. Die Lehrmittelsammlungen waren - bis auf die naturgeschichtliche - mangelhaftausgestaltet, ebenso der Turnsaal.Alle diese Mistnde konnten aber dank der Untersttzung seitensdes Bundesministeriums fr Unterricht, der Bundesgebudeverwaltungund der Elternvereinigung behoben werden. Darber hinaus ~ o n n t e nfr die Klassenzimmer modernes Mobiliar, Tische und Bnke und frdie Schlerbungen entsprechende Einrichtungen angeschafft werden.Im Tiefgescho entstanden Werksttten fr den Handfertigkeitsunterricht und ein Schulbad. Es wurde ein eigener Spielplatz geschaffen,der Hof wurde staubfrei gemacht und mit Bumen bepflanzt, so daer Sommer und Winter als Pausenhof fr die Schler dienen konnte.Bald konnte auch ein Schlerheim eingerichtet werden. Da gengendKlassenzimmer zur Verfgung standen, gab es trotz der steigendenSchlerzahl keine "Wanderklassen". Eine Schule braucht eben keinenPrunkbau, wohl aber reichliche und hygienisch einwandfreie und

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    Hofrat Konstantin ProkeschProvo Leiter 1919/20, Direktor von 1920 bis 1923

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    zweckmig eingerichtete Rume, damit sich die Schler und Lehrerwohlfhlen und ihre Arbeit gedeihe.

    1939 wurde als Folgeerscheinung des "Anschlusses" von 1938 dieUmwandlung der Realschule und des Realgymnasiums in eine "Oberschule ~ r Jungen" vollzogen. Dadurch blieb die Schulreform von 1935eine Episode. Nach dem Einmarsch der deutschen Truppen waren whrend mehrerer Wochen der Regimentsstab und die Stabskompanie desdeutschen Infanterieregiments 97 im Schulgebude einquartiert . Unterricht konnte natrlich whrend dieser Zeit nicht gehalten werden. Dader Zweite Weltkrieg mit dem "totalen" Einsatz auch an Simmeringnicht spurlos vorber ging, braucht nicht besonders erwhnt zu werden. Viele Lehrer rckten ein, andere Lehrer, aber auch Schler, wurden im Laufe der Ereignisse an Flakkanonen befohlen. Einige Zeithindurch wurde der Sammelunterricht fr die Luftwaffenhelfer der inder Nhe d'er Schule stationierten Flakbatterie von Professoren, dials Luftwaffenoffiziere Dienst machten, an unserer Schule erteilt. Frdiesen Zweck wurde der ganze zweite Stock des Schulgebudes bentigt. Schlielich wurde auch Wien vom Luftkrieg betroffen; Simm -ring mit seinen Industrien war ein lohnendes Ziel fr Fliegerangriff .Daher wurde von den Behrden die Verlegung der vier Unterstufenklassen in ein Lager der Kinderlandverschickung (KLV) zum Schutzeder Kinder verfgt. Das Lager bei'emd sich zunchst in Sdungarn. Indem deutschen Bauerndorf Lanycsok bei Mohacs fanden rund 100 Schler Zuflucht. Als Lagerlehrer meldeten sich die Professoren GeorgHeilingsetzer, Dr. Franz Hohl, Dr. Erwin Pluth und Friedrich tiglitz.Die Leitung bernahm Direktor Dr. Richard Weinert. Am 26. Februar1944 brachte ein Sonderzug alle nach Sdungarn erschickten WienerSchler an ihre Bestimmungsorte, wo sie mit den Lehrkrften b iBauern untergebracht und verpflegt wurden. Mit einem geregelt ntTnterricht konnte schon einige Tage nach der Ankunft in Lanycsokbegonnen werden. Da in fast allen Fchern Unterr icht ertei lt wurde,konnten auch die vorgeschriebenen "Ausweise" termingem ausgestellt werden. Nur war das Lager ohne Verbindung mit Heimat undEltern.Als nun auch in Sdungarn Fliegerangriffe einsetzten und die Frontimmer nher rckte, muten die Schler von ihren Pflegeeltern, die zuihren Schtzlingen groe Zuneigung gefat hatten, pltzlich Abschiednehmen und mit den anderen Wiener Kindern aus Sdungarn nachWien zurckfahren. Gesund und mit Lebensmitteln reich beschenkt,traten sie die Rckfahrt an und kamen am 17. Mai 1944 in Wien an.Von den Behrden wurde eine neuerliche Verlegung in ein KLV-Lagerverfgt, diesmal nach Neumhlen im Thayatal. Alle Eltern der Schler,die in Sdungarn gewesen waren, gaben ihre Zustimmung zur zweiten"Verschickung", was ein ehrendes Zeichen des Vertrauens in ihre Lehrer war. Da die Schler der 4. Klasse nicht mehr in Betracht kamen,machten sich nur mehr rund 70 Schler mit ihren Lehrern am 15. Juni1944 auf den Weg. Der Gebudekomplex des Hotels Gruber, wo Lehrerund Schler untergebracht waren, lag unmittelbar a ~ der Thaya. Hierstanden die Schler in brieflicher Verbindung mit ihren Eltern und die

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    Hofrat Dr. Richard WeinertDirektor von 1923 bis 1945

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    Jahres 1849 der Unterricht in Physik zweistufig durchgefhrt wird.Den Vorzug dieser Zweistufigkeit hat Hfler dadurch gekennzeichnet,da der Unterricht es gestattet, Naturobjekte und Naturerscheinungeneinmal dem Sinnen und Denken des Kindes, und dann wieder dem desheranwachsenden jungen Menschen vorzufhren. Dieser Zweistufigkeit entsprechend, fhren wir auf der Unterstufe einen abgeschlossenen Lehrgang ber das Gesamtgebiet der Physik durch, wobei wiruns von jeder Systematik womglich fernzuhalten haben. Daranschliet sich auf der Oberstufe ein Lehrgang, der den ganzen Stoffnochmals von einer hheren Warte betrachtet. Wenn das Stoffproblemeiner Lsung zugefhrt werden soll. so ist hier der Hebel anzusetzen.Wenn man nmlich noch so sorgsam das Fr und Wider bei der Stoffauswahl abwgt und bestrebt ist, nur dem wirklich wichtigen NeuenPlatz zu machen, so bedeutet dieses Verfahren des Weglassens undHinzufgens oft nur Flickarbeit . Eine bessere Lsung drfte so gewonnen werden, da man von der engen Zweistufigkeit teilweise abgeht und einen Teil des Lehrstoffes auf der Unterstufe abschlieendbehandelt und so die Oberstufe entlastet.Eine Entlastung der Oberstufe ist schon deshalb dringend notwendig, weil eine der Hauptaufgaben des physikalischen Unterrichtesauf der Oberstufe darin bestehen mu, die Schler mit den Grundgedanken der modernen Physik vertraut zu machen. Im Anschlu andas Lehrgebude der klassischen Physik gehrt in die achte Klasse unbedingt ein Lehrgang ber die moderne Physik. Wir stehen heute amBeginne eines Zeitalters, das durch die Ergebnisse der modernen Physikwesentl ich beeinflut wird. Wir wissen nicht, wie weit in 50 oder100 Jahren die neuen Erkenntnisse das Bild der Welt gendert habenwerden; sicher ist es aber, da die Ergebnisse der Atomphysik fr diMenschen genau so bedeutungsvoll sind wie die Entdeckung der Induktion durch Faraday vor 100 Jahren. Noch aus einem anderen Grundist es notwendig, in der achten Klasse auf diese Gedankengnge einzugehen. Es gibt eine ganze Reihe von fach- und populrwissenschaftlichen Schriften ber die moderne Physik. Zum Teil sind diese Schriften fr die Zwecke der Mittelschule zu speziell, zum Teil stellen sidie Verhl tnisse zu einfach dar, so da der wissenschaftliche Wertdarunter leidet.Der bergang von der klassischen Physik zur modernen Physikkann nur in der achten Klasse erfolgen. Nur auf dieser Stufe habendie Schler die notwendige Reife erlangt, um zu verstehen, da dermodernen Physik in der klassischen Physik nicht etwa eine veralteteunbrauchbar gewordene Physik gegenbersteht, sondern da der vonden grten Geistern aller Nationen in den letzten Jahrhundertenmosaikartig errichtete Bau der klassischen Physik nur ein Teil derPhysik, nmlich der Physik der groben Teile, ist. Wir bezeichnen diesePhysik daher besser als Makrophysik. Daneben aber gibt es noch diPhysik der kleinsten Teile, es ist die Mikrophysik, die Atomphysik, eb ndie moderne Physik.

    Hier in der achten Klasse hat der Physiklehrer auch Geleg nh it,eine zusammenfassende Darstellung der historisch n Entwicklun d I '

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    Studienrat Franz StreitDirektor von 1945 bis 1947

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    die Hitze! In den Volks- und Hauptschulen wurde noch im Juli wegender Hitze der Unterricht eingestellt. Zunchst galt es aber, in unsererSchule Kriegsschden zu beseitigen. Im Hause nebenan hatte eineBombe grere Zerstrungen angerichtet, wodurch auch bei uns Schden entstanden waren. Schutt gab es in groer Menge. Mittels einerKleinbahn wurde der Schutt in gemeinsamer Arbeit von Lehrern undSchlern auf eine Mistablagerungsstelle befrdert.berall war die Not gro. Nirgends gab es genug zu essen. Daherwurden die verschiedenen Aktionen zur Linderung der Not lebhaftbegrt. Auch in der Simmeringer Realschule wurde eine Ausspeisungsaktion durchgefhrt, die allerdings nur aus mehr oder weniger dick eingekochten Suppen bestand. Gelegentlich nur gab es auch "Neapoli-. tanerschnitten":Schlimm war es dann mit Beginn der kalten Jahreszeit. Es warenfast keine Fenster vorhanden, die Tren waren teils undicht, teils

    schwer beschdigt. fen waren zwar vorhanden, aber nicht mehr zuverwenden; auerdem gab es fast kein Brennmaterial. Im Februar1947 muten die Schulen Wiens auf lngere Zeit gesperrt werden. DieseKohlenferien wurden aber nicht einmal von den Schlern begrt,hatten sie ja zu Hause auch keine warmen Stuben, oft kaum ein Dachber dem Kopf. Kein Wunder da Krankheiten den Unterrichtswertherabsetzten. bermdet, stets in der kalten Kanzlei arbeitend, konnteauch Direktor Streit bald nicht mehr weiter. Im Sommer 1947 starb er;wir trugen ihn am 23. August am Meidlinger Friedhof zu Grabe.Nach einem kurzen Interregnum bernahm Hofrat Dr. ViktorT I ' a u t z I die Direktion, die er bis Ende 1953 fhrte.Trotz uers ter Sparsamkeit im Staatshaushalt gelang es jetzt,wenigstens die wichtigsten Erfordernisse durchzusetzen. Die Schlerzahl war mittlerweile wesentlich gestiegen. Im Schuljahr 1947/48 warenes 293 Schler, bis 1953/54 stieg die Zahl auf 516 an. Es fehlten Bnke.Die wenigen vorhandenen waren kaum mehr zu gebrauchen, hatte dochdie Schule einige Zeit hindurch Fremdarbeiter und Soldaten beherbergtlDa damals nahezu keine Geldmittel vorhanden waren, bedeutete esnatrlich ein gewaltiges Problem, fr alle Schler Tische und Sesselzu beschaffen und auerdem die Lehrsle auszustatten, zumal Simmering ja nicht die einzige Schule war, die neues Inventar erhalten mute.Die fen muten ersetzt werden. Auerdem gab es nur Auenfensterund die nicht einmal zur Gnze; also muten auch Fenster besorgtwerden. Langsam, aber sicher, ging es aufwrts . Es gelang sogar, Stiegen, Gnge und Klassenzimmer (1948) neu ausmalen zu lassen. Aber

    a u ~ h sonst wurde der Unterricht "modernisiert" durch Magnetophon,Lichtbildapparat, Plattenspieler und durch verschiedene andere Apparaturen. Die Unmittelbarkeit des Unterrichtes wurde auch durch Schullandwochen, Lehrwanderungen und Schikurse gefrdert . Damit hattendie Schler trotz der Demarkationslinie Gelegenheit, auch die westl ichen Bundeslnder kennenzulernen. Bei den Aufnahmsprfungen indie 1. Klasse fr das Schuljahr 1949/50 wurde diese durch eine psychologische Prfung ergnzt, um die Begabungsunterschiede rascher erkennen zu knnen. Trotz der bereinstimmung der Ergebnisse der

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    Hofrat Dr. Viktor TrautzlDirektor von 1947 bis 1953

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    psychologischen Prfung mit den Schlerle istungen im folgendenSchuljahr wurde der Versuch nicht wiederholt, weil die dauernde Beobachtung der Schler whrend des Schuljahres vorgezogen wurdetDer Direktor, der alle diese Neuerungen anregte oder frderte, richtetein allem sein Hauptaugenmerk auf die Erziehung der Schler. Seinoberstes Ziel war es, jene pdagogische Atmosphre des gegenseitigenVertrauens zu schaffen, in der ein so schwieriges Erziehungswerk, wiees die Heranbildung Jugendlicher darstellt, erst gedeihen kann.Vom nchsten Direktor, Dr. Walter F r e n z e I (seit 1. Jnner 1954),wurden die Arbeiten und Bemhungen um die Ausgestaltung der Anstalt fortgesetzt. Die Modernisierung konnte nunmehr rasche Fortschritte machen, denn sterreich war nicht mehr arm. Trotzdem aberbedurfte es zher Ausdauer und unermdlicher Interventionen, umdie notwendigen Reparaturen, Verbesserungen und Erneuerungendurchzusetzen. Als mit den Arbeiten endlich begonnen wurde, war dieerste Hlfte der Sommerferien 1954 bereits vorbei.Der Umfang der Arbeiten brachte es mit sich, da der Unterrichterst stark versptet begonnen werden konnte. Es waren Dachdecker.Tischler, Schlosser, Installateure, Maurer und andere ttig, und derKredit von S 300.000 war bald aufgebraucht und mute betrchtlichberschritten werden. Das erforderte eine aufreibende Ttigkeit desneuen Direktors, der alles daransetzte, um die Arbeiten rasch undsauber zu beenden. Die ganze Schule wurde neu ausgemalt, durchNiederreien einer Wand zwischen zwei Rumen im zweiten Stockein lngst notwendiger - wenn auch kleiner - Festsaal eingerichtetund mit Untersttzung der rhrigen Elternvereinigung eine Bhnegebaut, die bei Schlerveranstaltungen Verwendung finden konnte. ImTiefparterre konnte ein eigenes Schularztzimmer mit den erforderlichenGerten. adaptiert werden. Eine Sorge konnte unseren Schlern genommen werden: die schlechten Beleuchtungsverhltnisse waren zuEnde. Mit Beginn des Schuljahres 1955/56 war in allen Klassenzimmern.Lehrslen und Gngen fr helle Beleuchtung gesorgt. Auerdem warenimmer noch zahllose Ausbesserungsarbeiten an Fenstern, Tren, Schlssern, Sesseln, Tischen und allem anderen Inventar notwendig. Sehrgroe Kosten verursachte die Instandsetzung der Duschanlage, die nachEinbau eines 5000 Liter-Gasboilers allen Anforderungen gerecht wurde.Auch heute sind die Arbeiten noch nicht abgeschlossen.Im Schuljahre 1957/58 mute die Zahl der Klassen auf den bisherigen Hchststand 19 mit insgesamt 532 Schlern vermehrt werden,wovon fast ein Viertel Mdchen waren. Der Tatsache Rechnung tragend,da die Anzahl der die Simmeringer Mittelschule besuchenden Mdchen stndig zunahm, bemhte sich der Direktor, die Einrichtung einerSchulkche bewilligt zu erhalten, um die Erziehung der weiblichenJugend auch auf praktischem Gebiet zu frdern. Es gelang tatschlich,einen geeigneten groen Raum im Erdgescho fr diesen Zweck einzurichten, mit dem modernsten Kchenmobiliar auszustatten, zweiGasherde und einen Elektroherd aufzustellen und zwei Du,rchlauferhitzer mit Abwaschen einzubauen. Nachdem auch das notwendigste

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    "Hauswirtschaft" fr Mdchen der Oberklass n ab Herb t 1957 in in rMusterkche aufgenommen werden, die ihrer pdagogisch n ufgab oll und ganz entsprach. Obwohl vorwiegend Knabenschule, bi t tsomit die Simmeringer Realschule auch den Mdchen die Mglichk it,sich innerhalb der allgemein bildenden Mittelschule jene Fertigkeit nanzueignen, die jede lebenstchtige Frau von heute zur Fhrung einHaushaltes besitzen soll.Abschlieend noch einige Worte ber die soziale Herkunft unser rSchler (vgl. die beige.fgte Tabelle). Die Tabelle zeigt den verhltnis-mig konstanten prozentuellen Anteil aller Berufsgruppen auer denBerufsgruppen "Angestellte" und "Akademiker".Fr 1931/32 z. B. zeigt die bersicht (Gesamtschlerzahl 422) 34 %Angestellte, 21 % Arbeiter, 15;0 Beamte, 200 Grtner, 800 Geschfts-leute, 900 im Haushalt ttige Personen und Rentner, 300 Lehrer, 5U/o

    Meister und 3 0,'0 Akademiker. Fr das Jahr 1948/49 (Gesamtschler-zahl 300) dagegen 17 00 Angestellte, 26 09 Arbeiter, 11 0,'0 Beamte, 2 1l,uGrtner, 13 00 Geschftsleute, 120/0 Haushalt, 200 Lehrer, 800 Meisterund 90/0 Akademiker, und schlielich im Jahre 1957/58 (Gesamtschler-zahl 582) 30 00 Angestellte, 24 0,'0 Arbeiter, 11 00 Beamte, 10'0 Grtner.50/0 Geschftsleute, 8 0,'0 Haushalt, 40/0 Lehrer, 7.'0 Meister und 101l/'Akademiker.

    Aus der Flle der Geschehnisse dieser 50 Jahre konnte nur einkleiner Ausschnitt geboten werden. Was aber gezeigt werden konnt ,schildert die kontinuierliche Entwicklung unserer Anstalt aus kleinenAnfngen zu beachtlichen ErfoJgen. Mge diese Aufwrtsentwicklungzum Wohle der uns anvert rauten Kinder andauern und die gewnsch-ten guten Frchte zeitigen.

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    Prof. Karl LedermllerEntwicklung und Aufgabe der Realschuleunter besonderer Bercksichtigung der PhysikHeute besteht vielfach die Meinung, da die Realschule ein Kindder zweiten Hlfte des 19. Jahrhunderts sei. In Wirklichkeit zeigt sichder Gedanke zur Realschule schon im 18. Jahrhundert. So wurde 1765in Breslau dem dortigen Gymnasium eine Realschule angegliedert, inder die Gesamtanstalt in Fachabteilungen aufgelst wurde, von denensich die Schler die ihnen passende auswhlen konnten. Dieses Bndelvon Fachklassen erhielt dann den Namen "Realgymnasium". Interessant ist diese Grndung wegen der Parallele mit dem heutigen

    amerikanischen Schulwesen. Der Realschulgedanke, der in dieser Entwicklung steckt, konnte sich aber noch nicht durchsetzen; nach kurzerZeit hatte das Gymnasium seine beherrschende Stellung im Schulwesen wieder zurckerobert. Erfolgreicher waren die Bestrebungen, diezur Grndung lateinloser Realschulen fhrten; sie reichen sogar bis indie Anfnge des 18. Jahrhunderts zurck, wobei allerdings wieder dieersten Grndungen Schiffbruch erlitten. So grndete SemleI', ein Pastorund Dozent in Halle, im Jahre 1708 eine "mechanische und mathematische Realschule bei der Stadt Halle". Sie hatte nur zwei Jahre Bestand.Auch der zweite Versuch Semlers scheiterte nach einigen Jahren.

    Trotz dieser Mierfolge konnte der Gedanke der Realschule nichtmehr unterdrckt werden. Im Jahre 1747 grndete der Prediger Heckerin Berlin unter dem Namen "konomisch-mathematische ;Realschule"die erste Realschule von Dauer, die spter von Friedrich dem Groenals knigliche Realschule anerkannt wurde.

    Diese Schulgrndungen knnen als Hauptwurzeln des Realschulwesens aufgefat werden. Ihre Grnder gehrten der Geistesstrmungdes Pietismus an. Im Laufe der Zeit trat der Einflu des Pietismus aufdas Realschulwesen immer mehr zurck und wurde von der entgegengesetzten Geistesstrmung des 18. Jahrhunderts, der Aufklrung, abgelst. Jean Rousseau und John Locke sind die Hauptvertreter der realistisch-utilitaristischen Pdagogik. Von ihren Gedankengngen vielfachabhngig waren die Vertreter des Philanthropinismus, einer Geistesstrmung, deren Namensgeber Johann Bernhard Basedow war undderen Vertreter auf Sachkenntnis im Unterricht Wert legten, whrend sie vom bloen Wortwissen nichts hielten. Christoph GotthilfSalzmann, ein Hauptvertreter des Philanthropinismus, grndete eineSchule, die sich bis zum heutigen Tag erhalten hat und in der besonderer Wert auf Realien, auf wirkliches Anschauen und Erleben, gelegtwurde. Mit Rousseau riefen die Philanthropinisten: "Sachen, Sachen, nur keine Bcher."Trotz gewisser Auswchse, die der Philanthropinismus mit sichbrachte, ist es das Verdienst dieser Geistesstrmung, da das Realschulwesen Aufnahme fand in das bestehende Unterrichtssystem.

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    Nachdem der Enthusiasmus fr die allzu praktischen Bestr bung ndes Philanthropinismus abgekhlt war, trat eine Reaktion ein, di sichwieder mehr auf das Gebiet der Theorie zurckzog. Es trat nun d rMann in Erscheinung, der die Pdagogik zum Range einer Wissenschafterhoben hat: Johann Friedrich Herbart. Herbart , der als Theor tik rund Praktiker gleich erfolgreich war, erkannte die Notwendigkeit d rRealschulbildung fr weite Volkskreise. Herbart stand unter dem Einflu der Neuhumanisten, deren Hauptvertreter Herder und Schleiermacher waren. Er war ein Verehrer der Griechen und ganz besondersHomers, mit dessen Werken er den sprachlichen Unterricht beginnenwollte. Aber weit mehr als von den Neuhumanisten scheint Herbartbeeinflut von Pestalozzi. Die Realschule mit ihren unmittelbar in dasbrgerliche Leben eingreifenden Tendenzen hat vieles dem Ideenschatzdes schweizerischen Pdagogen entlehnt, hauptschlich aber die heuteallgemein anerkannte Anschauungsmethode. "Der Kreis des Wissens"sagt Pestalozzi im Hinblick auf die eben erwhnte Methode, "fngt nahum ihn her, um sein Wesen, um seine nhesten Verhltnisse an, dehntsich von da aus und mu bei jeder Ausdehnung sich nach diesemMittelpunkt aller Segenskraft der Wahrheit richten." Viele Fcher derRealschule werden von diesem Ausspruch getroffen. Naturgeschichte,Physik, Chemie, Geographie bringen ohne Hinzutritt des sinnlichWahrnehmbaren einen sehr problematischen Nutzen. Beruht doch dieKlarheit der objektiven Erkenntnis, wie Fichte sich ausdrckt, gnzlich auf der Anschauung, und nur dasjenige, was man nach Belieben inallen seinen Teilen, gerade so wie es wirklich ist, in der Einbildungskraft wieder erzeugen kann, ist vollkommen erkannt, ob man dazuein Wort habe oder nicht. Zwar war das Prinzip der Anschauung schonfrher in Anwendung gebracht worden (zum Beispiel von den Philanthropisten), allein es bezog sich noch auf uerste uerlichkeiten undnahm auf Form und Sprache keinerlei Rcksicht. Darin,nun, da Pest -lozzi den Gegensatz hievon zur Geltung erhob, lag das Ursprnglichseiner Methode. Die Idee des Realismus hatte sich damit zu der Erkenntnis durchgekmpft, da sich der Realismus, um bildend zu seinweder an das Wort allein binden noch mit einer gewissen stolzen Ausschlielichkeit nur auf die Dinge beschrnken drfe.

    sterreich blieb, sobald es sich nur einigermaen frei bewegenkonnte, hinter den Anforderungen der Zeit nicht zurck. In der Zeitvon 1740 bis 1780 wirkte hier van Swieten. Van Swieten war es, derauch den realen Disziplinen zu ihrem Recht verhalf. Im Jahre 1745wurden an den Universitten von Wien und Prag die ersten Vorlesungen ber Experimentalphysik gehalten. Einige Zeit spter folgten Vorlesungen ber Mechanik und auch ein Lehrstuhl der speziellen Naturgeschichte wurde gegrndet. Im Jahre 1768 reichte dann Johann GeorgWolf einen Plan ein, der in drei Abteilungen zerfiel und den Entwurffr eine Realakademie, Real- und Werkschule enthielt. Diese Anstaltbewegte sich auf dem Boden ausgesprochener Praxis, indem sie selbstSprach- und Geschichtsunterricht dem knftigen Beruf des Schlersdienstbar machte; der Zeitgeist drngte ganz auf die materialistischeBahn hin. Diese Schule kann als Vorstufe unserer heutigen R alschule

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    angesehen werden. Die Folge der allzu groen Betonung des Ntzlich-keitsstandpunktes war eine gewisse Stagnation, ja ein Rckschritt, derim Realschulgedanken eintrat. Erst nach den inneren Verwicklungendes Jahres 1848 trat der Realschulgedanke in sterreich wieder krf-tiger hervor und im Jahre 1850/51 grndete die Gemeinde Preburgdie erste sechsklassige Realschule der Monarchie. Ein Jahr sptererhlt Wien zwei Realschulen in den Vorstdten Landstrae undSchottenfeld. Der Bann war gebrochen. In rascher Folge wurden inWien und in vielen anderen Stdten der Monarchie weitere Real-anstalten gegrndet.

    Die zunehmende Bedeutung von Industrie und Gewerbe ntigte dieverantwortlichen Stellen, dem Realschulwesen grere Aufmerksam-keit zuzuwenden. Die Folgen dieser Bestrebungen waren die Normal-lehrplne vom Jahre 1874, durch die die Realschule einheitlicher ge-staltet und ihre Aufgabe dahin bestimmt wurde, die mathematischeund naturwissenschaftliche Bildung in erster Linie zu pflegen und alsVorbereitungsanstalt fr die hhere Fachschule, die Technische Hoch-schule zu dienen. Nun hatte die Realschule einen festen Platz im Unter-richtssystem, aber es sollte noch einen harten Kampf geben bis zurvlligen Gleichstellung mit den anderen hheren Schulen.

    In Deutschland wurde durch den Erla vom 26. November 1900festgesetzt, da bezglich der Berechtigung davon auszugehen ist, dadas Gymnasium das Realgymnasium und die Oberrealschule in derErziehung zur allgemeinen Geistesbildung als gleichwertig anzusehensind und nur insoferne eine Ergnzung erforderlich ist, als es frmanche Studien und Berufszwe:ge noch besonderer Vorkenntnisse be-darf, deren Vermittlung nicht oder doch nicht in demselben Umfangzu den Aufgaben jeder Anstalt gehrt.

    Auch in sterreich entbrannte ein groer Kampf um die Berechti-gungsfrage zwischen den Anhngern der Realschule und den Vertre terndes Gymnasiums. Das grte Hindernis fr eine Einigung war dabeidie ger-ingere Klassenanzahl der Realschule. Die ersten Realschulenhatten sechs Klassen. Die Normallrhrplne erhhten die Klassenanzahlauf sieben. Es kam zunchst im Jar.re 1910 zu einer Neufassung derNormallehrplne und nach dem Ersten Weltkrieg zu einer Gleichschal-tung auch in bezug auf die Klassenanzahl. Auf Grund des Mittelschul-gesetzes vom Jahre 1927 wurde dann die achtklassige Realschule ein-gefhrt.

    Aus dem Rckblick geht hervor, da die Realschule einen langenund zhen Kampf fhren mute, bis sie in ihrer heutigen Gestalt dievllige Gleichberechtigung mit den anderen Schulgattungen erringenkonnte.

    Der Realschulgedanke hat sich also durchgesetzt, aber trotzdemdarf man nicht bersehen, da gerade in der heutigen Zeit die Real-schule in einer Krise steckt. Nicht nur der Umstand, da die Zahl derRealschler von Jahr zu Jahr abnimmt, i st beunruhigend, auch dasNiveau mancher Realschulklassen ist bengstigend tief. Das hat ver-schiedene Grnde. Zunchst einmal whlen in der dritten Klasse vieleSchler die Realschule, um dem Latein auszuweichen, obwohl sie auch

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    in den naturwissenschaftlichen Fchern recht schwach sind. Das g htso weit, da noch in der vierten und am Ende der vierten Klass b r-tritte vom Gymnasium und Realgymnasium durchgefhrt werden.gegen wre nichts einzuwenden, W2nn der Schler wenigstens in d nnaturwissenschaftlichen Fchern durchschnittliche Leistungen z igt ;aber keinesfalls sind diese bertritte zu billigen, wenn die Leistung nauch in diesen Fchern sehr mangelhaft sind. Am Ende der viert nKlasse verlt ein Teil der Schler die Schule fr immer, um sofort indas praktische Berufsleben einzutreten. Ein anderer Teil wechselt diSchultype, wobei vielfach gerade die besten Schler den Weg zur tech-nischen Gewerbeschule einschlagen.

    Die technischen Gewerbeschulen haben sich aus hnlichen Anfn-gen wie die Realschulen entwickelt. Die immer greren Anforderun-gen, die Technik, Gewerbe und Industrie im Laufe des 19. Jahrhundertstellten, fhrten im Jahre 1879 zur Grndung des Technologisch nGewerbemuseums, der Stammanstalt der technischen Gewerbeschulen,durch Wilhelm Exner. Die technischen Gewerbeschulen fhren ihrSchler mit abschlieender Reifeprfung in fnf Jahrgngen zu theo-retisch und praktisch gut vorgebildeten Technikern, wie sie in d nprivaten und staatlichen Betrieben bentigt werden. Die Reifeprfungbildet die Grundlage zum Erwerb des gesetzlich nach vierjhrig rPraxis vorgesehenen Ingenieurtitels und befhigt zum Besuch ein I 'Reihe von Hochschulen und Universittsfakultten.

    Der Grund, warum die technischen Gewerbeschulen den Real-schulen scheinbar den Rang abgelaufen haben, liegt darin, da diAbsolventen von technischen Gewerbeschulen eine abgeschlossene B -rufsausbildung besitzen und bei natrlichen Wirtschaftsverhltniss nals Mittelschulingenieure sowohl im Inland als auch im Ausland s hrgefragt sind.

    Ein solches im Praktischen liegende Ziel kann die Realschule ihr nAbsolventen natrlich nicht bieten. Ihr Ziel bleibt die Vermittlung ein I 'Allgemeinbildung, wobei die Naturwissenschaften entsprechend strk I 'hervortreten sollen.

    Drei Gruppen von Schlern sind es, die die Realschule heranzieh nsoll. 1. S'chler, die von vornherein das Studium an der TechnischenHochschule fortzusetzen beabsichtigen. Hier ist der Fall ganz klar.Fr sie ist die Realschule die beste Vorbereitung. 2. Auch fr Schler,die an der philosophischen Fakultt der Universi t t studieren wollen,ist fr manche realistische Fcher die Realschule der zweckmigerVorbereitungsgang. Schlielich werden auch Schler, die nicht beab-sichtigen, weiter zu studieren, am zweckmigsten die Realschule wh-len, wenn sie besonders in den naturwissenschaftlichen Fchern Inter-esse und Begabung zeigen.

    Nun aber zu der Frage, wie und ob durch eine Reform des Unter-richtes an der Realschule der Gedanke der Realschulbildung wiedergefestigt werden kann. Es soll hier nur ein Fach, das hiefr besondergeeignet ist, herausgegriffen werden, nmlich die Physik. Sie war es jadi.e durch den Fortschritt von Industrie und Technik den Realschul-gedanken erzeugt hat. Was sind heute die Aufgaben und Ziel d s

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    Physikunterrichtes? Aus der geschichtlichen Entwicklung des Lehr-faches erkennt man, da die Physik verhltnismig spt als eigent-liches Fach an den Gymnasien Zutritt fand, im Gegensatz zu den altenSprachen und der Mathematik, die seit Jahrhunderten in den Latein-schulen eine beherrschende Stellung einnahmen. Die Physik nahm imRahmen der Realienfcher lngere Zeit eine sehr bescheidene Stellungein. Die Ntzlichkeit und die Notwendigkeit, die Schler mit gewissentechnischen Anwendungen vertraut zu machen, waren der Hauptgrund,welcher die Aufnahme des Faches an der Schule fr notwendig r-scheinen lie. Diese Zweckbetonung und der Ntzlichk itsstandpunktwaren magebend fr Aufbau und Lehrstoff des Physikunterricht s.Der innere Bildungswert des Faches wurde zu wenig au g schpft.Die Breite des Stoffes herrschte auf Kosten der Vertiefung arb it v r.Die Entwicklung wurde noch dadurch verstrkt, da di Phy ik imletzten Jahrhundert stndig neue Gebiete erschlo und sich di t ch-nischen Anwendungen mehrten. Die Schule versuchte nun, die nunErkenntnisse schrittweise in ihre Stoffplne aufzunehmen. Gerade distrmische Entwicklung der letzten 50 Jahre zeigte, da dieses V r-fahren einmal eine Grenze hat und die Stoffanhufung nicht b l i bigweiter getrieben werden kann. Die Lehrer der Physik sind vi lfachvon der Seuche der Komplettheit, wie Kerschensteiner s n nnt, b -fallen. Gerade davon sollten sie sich aber frei machen. ie sollt nwieder zu jener Auffassung vom Ziel und Wesen der Physik komm n,wie sie im Jahre 1905 auf der Tagung der Naturwissenschaftler in densogenannten Meraner Beschlssen niedergelegt wurde:

    1. die Physik ist im Unterricht nicht als mathematische Wiss n-schaft, sondern als Naturwissenschaft zu behandeln;2. die Physik als Unterrichtsgegenstand ist so zu betreiben, da sials Vorbild fr die Art, wie berhaupt im Bereiche der Erfahrungs-wissenschaften Erkenntnisse gewonnen werden, dienen kann;3. fr die physikalische Ausbildung der Schler s ind planmig ge-

    ordnete bungen im eigenen Beobachten und Experimenti ren rfor-derlich.Damit nun der Physikunterricht dieser Aufgabe gerecht werd nkann, mu das Experiment im Unterricht die ihm zukommende t 1-lung erhalten, sowohl im Unterricht der Unterstufe wie auch im Unt r-richt der Oberstufe. Es mu den Mittelpunkt des physikalischen Unt r-richtes bilden.Nun ist es aber mit dem Beobachten allein noch nicht getan.

    Punkt 3 der Meraner Beschlsse fordert mehr: Eigenes Beobachten,eigenes Nachdenken, nicht die Worte des Lehrers allein sollen denSchler vorwrtstreiben. Dazu ist es aber notwendig, da man denSchler mglichst eng mit den physikalischen Erscheinungen in Be-rhrung kommen lt. Der Schler soll in geordneten und abgestuftenVersuchen und bungen selbstndig Erscheinungen beobachten unddaraus deren Gesetze durch eigenes Denken ableiten.Bei der Behandlung dieser Fragen mu bercksichtigt werden, da

    an den Mittelschulen in sterreich seit dem Organisationsentwurf des

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    Eltern konnten ihre Kinder regelmig besuchen. Auch hier wurdegeregelter Unterricht erteilt und am Jahresabschlu (15. Juli 1944) dieSchler klassifiziert.

    Im Schuljahr 1944/45 kam keine neue 1. Klasse in das KLV-Lager.Fliegerangriffe gefhrdeten bald auch das Thayatal, viele Eltern holtenihre Kinder heim. Der Lagerle iter bekam von den verantwortlichenStellen die streng geheime Weisung, beim Herannahen der Russen dasLager nach Marbach zur Sammelstelle der KLV-Lager zu fhren.Ostern 1945 war es dann so weit. Russische Panzer waren bis in dasThayatal vorgestoen, Wien von den russischen Truppen umzingelt. Anein Zurckfhren der Kinder nach Wien war nicht mehr zu denken.Unter der Fhrung des Lagerleiters Direktor Dr. Weinert und der Professoren Dr. Hohl und Dr. Pluth wurde der Fumarsch nach Siegmundsherberg zur Bahn angetreten, von dort ging es nach Krems, dann mitdem Autobus inmitten vieler Flchtlinge nach Marbach und im Sammelzug weiter nach Seekirchen/Mattsee. Bei Fliegerangriffen mutenLehrer und Schler drei Tage lang im Zug verbringen, bis es dann nachSalzburg und von dort nach Krimml weiterging, wo der Transport am12. April 1945 ankam. Verbindung mit den Eltern gab es damals natrlich keine. Die Amerikaner verboten jeglichen Unterricht. Am 16. Juliwurde das Lager nach Bad Fusch an der Glocknerstrae verlegt undschlielich kam am 17. September, vom Roten Kreuz organisiert, dererste Kindertransport nach Wien zustande. Unter amerikanischer Be-deckung traf der Transport in Wien ein. Nun konnten die Schler endlich ins Elternhaus zurckkehren und fr Lagerleiter und Lehrer warein schwerer und verantwortungsvoller Dienst zu Ende.

    Wien selbst war nach dem Einmarsch der Russen zunchst eine toteStadt. Allmhlich begann sich nach den schrecklichen Tagen wiederLeben zu regen und auch eine Regierungsttigkeit war wieder mglich.

    Am 28. April 1945 konnte die damalige provisorische Regierungihren Aufruf an die sterreichische Bevlkerung erlassen. Die Behrden konnten nach berwindung heute kaum mehr vorstellbarerSchwierigkeiten

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    Physik zu geben. Das klassische Altertum hatte zwar bereits eine ganzeReihe von sehr modern anmutenden Erkenntnissen gehabt die sichaber nicht durchsetzen konnten; was brig blieb, waren nur die naturwissenschaftlichen Spekulationen des Aristoteles. Die Naturwissenschaften sollten erst wieder einen Aufschwung nehmen, als Kolumbusdas erste groangelegte Experiment durchfhrte. Dieses Experimentfute auf einer Theorie und war deshalb vielleicht riskanter als heuteeine Weltraumfahrt. Eine logische Folge des Experimentes von Kolumbus war es dann, da Kopernikus die Sonne in den Mittelpunkt desWeltgeschehens stellte. Fr die Menschen der damaligen Zeit warendiese Gedanken genau so revolutionr wie die Ergebnisse der Atomphysik fr den heutigen Menschen. Mit dem neuen Weltsystem wurdeKopern ikus der Begrnder der klassischen Astronomie. Von Kopernikus ber Kepler, Newton und Laplace fhrt dann ein gerader Wegzum Ausbau des Sonnensystems. Am Ende dieser Entwicklung stehtdie Weltinseltheorie des 20. Jahrhunderts. Gleichzeitig hat Kopernikusauch zum ersten Male klar erkannt, da die Bewegungswahrnehmungendes Menschen unzulnglich sind, das heit, da jede Bewegung relativist. Hier tritt uns das erste Mal der Gedanke der Relativitt entgegen,der dann durch die ganze Physik weitergefhrt wird bis zur Relativittstheorie von Einstein. Kepler ist es dann, der die Gedankengngdes Kopernikus aufgreift und seine drei Gesetze auf Grund des Beobachtungsmaterials von Tycho de Brahe aufstellt. Er fhrt damit eineeinheitliche Mechanik fr Erde und Himmel ein. Ungefhr gleichzeitigbertrgt Galilei, der erste messende Physiker, den kopernikanischenGedanken auf alle Bewegungen. Newton endlich vollendet um diMitte des 17. Jahrhunderts den einheit lichen Aufbau der Mechanik,und zwar in einer Vollkommenheit und Vollstndigkeit, da bis heutenichts Wesentliches hinzugefgt werden konnte. ewton .verwend tdabei die Begriffe der Stetigkeit und Kausalitt. Alles geschieht zufolge einer Kraftwirkung hat eine bestimmte Ursache, ist kausal undeindeutig bestimmbar, wenn Ort und Z it des bewegt n Krpers b -kannt sind.

    Eine Folge der Newton'schen Gedankengnge ist eine b rschtzungder mathematisch-naturwissenschaftlichen Forschung am Beginne des19. Jahrhunderts. Da die Annahme von Stetigkeit und Kausalitt alSGrundlage des physikalischen Denkens und Forschens eine gewaltigeTechnik entstehen hatte lassen, zweifelte damals kein Mensch, da inKrze das gesamte Weltgeschehen einheitlich zusammengefat werden wrde, nachdem es bereits gelungen war, al le Teilgebiete derPhysik auf die Mechanik oder die Lehre der elektromagnetischenSchwingungen zurckzufhren. Scheinbar waren smtliche Naturgesetze fr den Menschen entschleiert, jeder Vorgang kausal erklrbar,der gesamte Weltablauf stetig, determinierbar und durch den Menschen vorher bestimmbar. Bekanntlich sagte Laplace, als ihn Napoleon fragte, warum in seinen Werken Gott nicht vorkomme, da erohne diese Hypothese auskomme. Es schien tatschlich die Physik dieerste Wissenschaft zu werden, die ein vllig abgeschlossenes Ganzesdarstellt, wo kaum noch etwas Neues zu finden ist.

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    Es sollte aber nun zu einer Wende kommen.Eine Reihe von Experimenten zeigte Beobachtungserg bniss , disich nicht mehr mit der klassischen Physik erklren lieen. Besond rdie Entdeckung des Radiums durch das Ehepaar Curie zeigt das V r-

    sagen der klassischen Physik. Auer den chemischen Problemen, dlder Zerfall des Radiums aufzeigte, kam es hier vor allem zu inerErschtterung der physikalischen Grundlagen:

    1. Die Stetigkeit gilt nicht mehr (kleinste Teilchen werden abge-schleudert).2. Die Kausalitt war auch erschttert, denn es war keine Ursache

    zu finden, warum es geschah und wodurch es veranlat wurde.3. Der Proze ist auch nicht mehr determinierbar.Es ist also ein neues Bild der physikalischen Welt im Entstehen,das keineswegs abgeschlossen ist; die Forschung geht weiter und jede

    neue Erkenntnis wandelt dieses Bild. Wir mssen uns mit den Ergeb-nissen der Atomphysik genau so abfinden wie unsere Ahnen, als sieerfuhren, da sie auf einer frei im Raum schwebenden Kugel leben.Wie weit das Finden und Erfinden noch getrieben werden kann, istvor allem ein metechnisches Problem und eine Frage der Genauig-keitssteigerung. Je tiefer der Mensch in die Geheimnisse der physikali-schen Welt eindringt, umso komplizierter und grer werden die Appa-rate, mit denen er seine Versuche durchfhrt. Gleichzeitig haben aberdie Fortschritte der Physik zu der Erkenntnis gefhrt, da eineGenauigkeitssteigerung nicht unbegrenzt fortgesetzt werden kann undhier gewisse Schranken bestehen. Es tritt zwangslufig die Frage auf,ob alles das, was jenseits der Megrenzen liegt, sich einem physikalI-schen Erfassen fr immer verschliet, ob wir also nach E. du Bois-Reymond unser vorlufiges "Ignoramus" durch ein stndiges "Ignora-bimus" ersetzen mssen. So gesehen, ist auch heute noch physikalischesForschen ein Einblick in die Werkstatt des Schpfers.Auer dieser inneren Umgestaltung des Physikunterrichtes mtes auch noch zu einer ueren Reform kommen. Die Bedeutung desFaches und die Hervorhebung gegenber den anderen Schultypenmte auch in einer strkeren Betonung bei der Reifeprfung zumAusdruck kommen. An den Realschulen mten die Schler verpflich-tet werden, in Mathematik, Physik oder Darstellende Geometrie zumaturieren.

    Nur ein Physikunterricht, der nach diesen Gesichtspunkten gefhrtwird, kann allen Anforderungen, die die Realschule an dieses Fachtellt und stellen mu, gerecht werden.

    L i t e r a t u r :E ie k h o! f: G schichte der Realschule, 1923.F r i d r ich - L a n geh e in e: Atomphysik im Unterricht. Aulis-Verlag, 1956.r im se h 1: Methodik des physikalischen Unterrichtes, 1930.

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    Prof. Dr. Hans Uher(Maturajahrgang 1932)Simmering einst und jetzt

    Ein Beitrag zur Heimatkunde des 11. Bezirkes WiensVo rwo r t

    Es ist keine leichte Aufgabe, ber Simmering im Wandel der Zeitzu schreiben. Andere Orte knnen auf Bauten oder auf geschichtlicheEreignisse hinweisen oder sie haben ihren Genius Loci. Der "Chronist"Simmerings wird aber meist den Vorwurf zu hren bekommen, daer als Lokalpatriot allzu leicht den Boden der historischen Wahrheitverliert und die Bedeutung seines Bezirkes berschtzt.

    Was wei nun wirklich der Wiener von Simmering? An Simmeringdenkt man, wenn von den stdtischen Betrieben Gaswerk oder Elektrizittswerk, wenn von der Waggonfabrik oder von Jules-Bouchet(Mautner Markhof) die Rede ist, wenn die Erzeugnisse der Gemsegrtner von der Simmeringer Heide auf dem Tische stehen, wenn vielleicht das Stichwort "Hasenleiten" fllt; nach Simmering kommt man,wenn man zum Zentralfriedhof mu.

    Das wahre Gesicht Simmerings, seine Eigenart, seine Geschichteund auch seine verstreuten Schnheiten mssen mit offenem Augeund offenem Herzen erst aufgesprt werden. Man mu abseits vonder Simmeringer Hauptstrae seinen Weg durch die Dorfgasse nehmen,man mu seinen Blick vom Ufer des Donaukanals, an dessen Ufernnoch heute einfachste Fischerhtten stehen, zum Prater hin und berdie Simmeringer Heide gegen das Neugebude und die rauchendenSchornste ine der Stadtwerke lenken, man mu vom Laaerberg zumZentralfriedhof und im Kreise bis zum Kahlenberg blicken, dann ersterlebt man die besondere Eigenart dieses Bezirkes. Schon ein kleinerSpaziergang ber die Hauptstrae fhrt uns an Husern der verschiedensten Zeiten vorbei: modernste Neubauten mit neonbeleuchteterFassade stehen neben Alt-Wiener Husern mit vertrumten Hfen(Nr. 44, 95), nchterne Fabrikseinfahrten in einer Reihe mit alten Einkehrgasthfen (Nr. 126, 143, mit zwei Toren fr Ein- und Ausfahrt).

    Das ist der besondere Reiz von Simmering, da sich hier Grostadt und Dorf, Vergangenheit und Gegenwart, die Hand reichen, dasich diese verschiedensten Elemente zu einem Mosaik zusammenfgen,dessen Zauber mehr erlebt als geschaut werden kann. Damit kannsich Simmering neben den anderen Bezirken Wiens, die sicherlich aufschnere Bauten und berhmtere Namen stolz sein drfen, behaupten.

    Geschichte der Besiedlung SimmeringsDie Besiedlung des Gebietes von Simmering ist zweifellos eng ver

    bunden mit der Bedeutung der heutigen Simmeringer Hauptstrae,die bereits seit vorgeschichtlicher Zeit die wichtigste Verkehrsaderentlang dem rechten Donauufer in der Ost -West-Richtung darstellte.Wenige Straen Wiens knnen von sich behaupten, so sehr die Geschicke Europas miterlebt zu haben, wie gerade diese, die heute vielen

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    Wienern nur bei einer Fahrt zum Zentralfriedhof oder an d n u-siedlersee bekannt wird. Hier drngten die Kelten die einh imisch nIllyrer zurck, hier zogen rmische 'Kaiser (Mare Aurel, Commodus,Septimius Severus, Probus) die Grenzen des rmischen Imp rium ent-lang ber diese Strae brachen die germanischen Stmme (Westgoten,Rugier, Heruler, Ostgoten) in das rmische Reich ein. Sicherlich sindauch die Hunnen, Alanen, Awaren und Slawen in westlicher Richtungber diesen Verkehrsweg gezogen. Das Heer Karls des Groen und inseinem Gefolge frnkische Siedler drngten die Awaren und Slawenzwar zurck, doch bereits kurze Zeit darauf ergriffen die Magyarenvon der Strae und dem Lande Besitz. Das in den Salzburger Annalenim Jahre 881 n. Chr. erwhnte "primum bellum cum Ungaris adWeniam" drfte wohl an dieser alten Strae stlich von Wien statt-gefunden haben (Mon. Germ. Script. XXX, p.742). Nachdem 955 dieMagyaren auf dem Lechfelde geschlagen und aus unserer Heimat nachdem Osten zurckgedrngt worden waren, erlangte diese Strae wiederihre alte Bedeutung sowohl in wirtschaftlicher als auch in militrischerHin icht. Ein starker Osthandel setzte ein und die Heere der Kreuz-fahr r zogen zum Teil ber diesen Weg nach dem Osten. Kaiser Bar-barossa fhrte 1188 ein Heer ostwrts, der englische Knig RichardLwenherz kam auf diesem Wege aus dem Osten nach Wien in dieGefangenschaft. Babenberger und Habsburger, Herzge und Kaiserfhrte der Weg durch Simmering, Ungarn (1485 Matthias Corvinus,1704 Rakoczy, genau: Franz II. Rakoczy, der Stiefsohn des ungarisch nationalhelden), Trken (1529, 1683), Franzosen (1805, 1809), sie allezogen ber diese historische Strae und hinterlieen in Simmering ihrblutigen Spuren. Doch auch in der jngeren Vergangenheit konnte diimmeringer Hauptstrae ihre besondere Stellung behaupten: Hitler

    und deutsche Generle, Befehlshaber und Staatsmnner der B freiungsmchte fuhren meist vom Schwechater Flugplatz ber sie nachWien und selbst die jngste Vergangenheit bewies die Bedeutung dieserStrae, die geradezu die vlkerverbindende Mission unseres Landzwischen Ost und West symbolisiert. Es mag vielleicht die Bedeutungdieser Strae bertrieben und historisch unrichtig dargestellt ersch i-nen, doch sollen einige Angaben ber Funde und Urkunden aus d nv r 'hiedensten Zeiten diesen Vorwurf entkrften.

    FundeD r erste Fund auf dem Gebiete des Bezirkes Simmering wird von

    in m h r o n ~ s t e n aus der ZeitRudolfs des Stifters erwhnt (siehe Oswaldnghin, Urgeschichte Wiens, 1924): es handelte sich um einen Tumu-lu aus der Hallstattzeit in der Nhe des St. Marxer Friedhofs an der

    spangbahn, in einem als "Leber' bezeichneten Ried (vgl. Leber-stra ). - In der Mhlsangergasse, unweit der Simmeringer Haupt-trae wurde 1924 der bedeutendste Fund aus der Bronzezeit gemacht;di ausgezeichn t erhaltenen Gefe gehren der Lausitzer Kultur an(1400-1200 v. Chr.). - Die keltische Bevlkerung des Bezirkes erscheint\) 1 gt durch einen sehr ergiebigen Fund beim Bau des Hauses Simme-ring r Hauptstrae 56 im Jahre 1880: in einem Tongef befanden sich

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    26 groe Mnzen (nach Art der Tetradrachmen) mit keltischen Namen,wohl denen der Gauknige, die sie prgen lieen, 261 kleine, einfachergeprgte Mnzen und ein silberner Armreif. Eine genaue Datierungder Prgung ist nicht mglich, doch ist dieser Fund einer der grtenin sterreich aus der La Tene-Zeit. - Im Jahre 1930 wurde auf demZentralfriedhof in der Gruppe 70 das Grab eines alanischen Kriegersgefunden (etwa aus der Zeit um 400 n. ehr.); von den Beigaben sindbemerkenswert ein mit Knochensplittern beschlagener Bogen undKcher. - Aus der Awarenzeit sind vor allem zwei Fundorte wichtig,die durch ihre geringe Entfernung voneinander (etwa 50 Meter) eineSiedlung oder Begrbnissttte in diesem Raume vermuten lassen. Ander Ecke der Simmeringer Hauptstrae 71 und Kopalgasse 1 wurdenim Jahre 1928 beim Ausheben des Grundes fr einen Neubau zweiAwarengrber gefunden. Der zweite Fundort befindet sich am Beginneder Hauffgasse (im Jahre 1954 entdeckt), wo bei Rohrlegungsarbeitenebenfalls zwei Awarengrber gefunden wurden. Schdelverletzungenbei dem einen Gerippe und die Lage der Leichen lieen auf emengewaltsamen Tod schlieen. Vielleicht darf erwhnt werden, da sogardie Mordkommission sich mit dem Funde beschftigte, bis das Alterder Leichen eindeutig festgestellt werden konnte.Es lieen sich noch viele Funde in Simmering - vor allem Kleinfunde aus allen Epochen - anfhren, vom Donaukanal bis auf denLaaerberg, aus der Zeit der Illyrer, der Kelten, der Rmer, der Vlkerwanderung und der spter hereinbrechenden Vlkerscharen, dochwrde dies den Rahmen dieser Arbeit berschreiten. Soweit die Fundgegenstnde nicht in staatlichen oder stdtischen Sammlungen oderim Privatbesitz geblieben sind oder auf irgendeine Weise verlorengingen, wurden sie im "Simmeringer Heimatmuseum" (derzeit nochBraunhubergasse 3) 1 von Herrn Dr. Mazakarini in einer, wenn auchbescheidenen, so doch sehr bersichtlichen Schau zusammengestellt.

    Nebenbei sei noch die Entdeckung einer Grbersttte aus der Pestzeit erwhnt, die im Jahre 1943 vor dem Hause Krausegasse 1 ausgehoben wurde. Wie aus dem Sterbeprotokoll der Pfarre hervorgeht,starben im Jahre 1713 in Simmering ber 100 Menschen, die meistenin den Monaten Juni bis September, ohne Nennung der Todesursache,whrend im Jahre vorher und nachher etwa je 15 Todesflle verzeichnet werden.UrkundenWhrend Funde aller Art den Nachweis der Besiedlung von Simmering bis in die prhis torische Zeit hinein erbringen, mssen wir unsbei urkundlichen Belegen weitgehend bescheiden. Doch sind wir trotzdem wechselvollen und mit vielen Zerstrungen des Ortes verbundenenSchicksal von Simmering in der Lage, einige - auch historisch betrachtet - einwandfreie Belege dieser Art vorzulegen. Im Itinerarium

    1 Das Heimatmuseum soll vorbergehend in einem Raum der Volksschulein der Braunhubergasse und endgltig im Gebude der Bezirksvorstehung aufdem Enkplatz eingerichtet werden. (Auskunft des Bezirksvorsteher-Stellver

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    Antonini, einer rmischen Straenkarte aus der Zeit um 200 n. hr.,wird als Zwischenstation zwischen Carnuntum und Vindobona nur INova, das heutige Schwechat, angefhrt. Aber schon in d r TabulPeutingeriana, einer Straenkarte aus der Zeit um 360 n. ehr., tauchtauer Ala Nova auch als Zwischenstation eine "Villa Gai" auf. Es istnicht bekannt, wo sie lag, aber die Vermutung liegt nahe da sientlang der Rmerstrae im Gebiete von Simmering lag, viell icht imRaume der Pfarrkirche Alt-Simmering. Es ist dies nur eine Annahme,begrndet durch die Eintragung auf der erwhnten Straenkarte, unddurch die militrisch gnstige Lage als Aussichtspunkt zwischen Wi nund Schwechat in das Feindesland jenseits der Donau (vgl. FriedrichKenner, Die Rmerorte in Niedersterreich, Wien 1869).

    Die erste namentliche Erwhnung von Simmering stammt aus demJahre 1028. Aus einer Eintragung im Archiv des Klosters St. Emmeranin Regensburg geht hervor, da ein edler Herr Gottschalk und seineGattin Halika dem Kloster ein Gut in Simmaningen schenkten. Es istinteressant, da Wien seit 881 zum ersten Male wieder in den Annalend s Stiftes Altaich (Bayern) im Jahre 1030, also fast zur selben Zeitwi immering, genannt wird. (Mon. Germ. Script. XX, p. 791). Eine sehransprechende bildliehe Darstellung in Sgrafitto-Arbeit befindet sich ameubau "Karl Rondonell-Hof" an der ~ c k e Simmeringer HauptstraeDrischtzgasse. Der Name taucht dann in verschiedenen Schreibungenauf, wie Simaningen, Simoningen, Symoningen (auch mit mm), spterSimering (mit einem m),. ber die Herkunft des Namens lt sichvermuten, da ein gewisser Sintman den Ort gegrndet hat oder dessenfrhester Besitzer war. (Vgl. R. Much, Wien, sein Boden und seine Geschichte, Wien 1924, S.248.) Die berlieferung, da ein Brderpaar mitNamen "Simoni" in diese damals unbesiedelte Gegend gekommen sei,sich hier niedergelassen habe und nach weiterer Besiedlung zu Ahnh rren der Edlen von Simoningen geworden sei - es werden sogar dib iden Stammhuser, Dorfgasse 24 und 26, genannt - ist vllig unb wi sen. Im 12. und 13. Jahrhundert werden Mitglieder des Geschlechtev n Simmaningen ziemlich oft erwhnt, und zwar meist als Zeugenin henkungs- und Verkaufsurkunden: 1130 ein Isinrich von Simmaningen (Fontes rerum Austriacarum, 2. Abt., Bd. IV, Nr. 498); 1136 einH inrich von Simmaningen in der Besttigungsurkunde Leopolds desH ilig n an das Stift Klosterneuburg als vorletzter der 24 Zeugen; 1136in Eb rhard von Simmaningen (Fontes IV, Nr. 134); 1182 ein Wilhelmvon Simmaningen (Fontes IV, Nr.105). Die Liste von Erwhnungendi s s amens liee sich sehr weit ausdehnen, doch ist dies fr diw it r Entwicklung des Ortes von nicht allzu groer Bedeutung.(Nheres in Gatters Monographie, S. 6 ff.) Als letzter Spro dieses Geschlechtes wird Eberhard von Simoningen im Jahre 1398 genannt. Mitginn des 12. Jahrhunderts wechseln Teile des Ortes Simmering oftihr Besitzer und es tauchen im 15. Jahrhundert Namen auf, die alGassennamen noch heute weiterleben: Christoph von Rappach 1495,ndreas Drrnbacher 1573, Freih. v. Eitzing, Michael von Eham 1598,Freih. v. Urschenbck 1608, Isabella v. Rm rsthal 1636, Freih. v. Fel

    1678. - Im Jahre 1678 ist der Ort ein Be itz des Nonnenklost rs zur

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    Simmering auch die Siedlungen Erdberg, Rennweg, St. Marx und Landstrae. 1529 wurde die Kirche von den Trken zerstrt und scheint vondieser Zeit an bis zur zweiten Trkeninvasion (1683) nur notdrftigwieder hergestell t worden zu sein; nur das gotische Gewlbe des Chores hat den Brand dieser Zeit berdauert. Auch die seelsorgliche Ttigkeit drfte in diesem Zeitraum sehr drftig gewesen sein, bedingt vorallem durch den Priestermangel und die Reformation: so wird berichtet,da 1558 ein protestantischer Prediger, Sebastian Faber, aus Simmeringvertrieben wurde, da 1648 laut Bericht des Pfarrers Noge an denBischof eine Reihe von Pfarrkindern die gesetzlich vorgeschriebeneOsterkommunion verweigert htten. - Bei der Zerstrung der Kircheim Jahre 1683 gingen auch alle Urkunden der Pfarre verloren. Bereits1684 schritt Pfarrer Johann Molitor an denWiederaufbau der Kirche undPfarre; er legte auch die bis heute erhaltenen Kirchenmatriken vondiesem Jahre an, wobei er von der Dorfobrigkeit, dem Frauenstift zurHimmelpforte in Wien, untersttzt wurde. ber die Geschichte derPfarre seit dem Jahre 1684 sind wir bereits sehr genau unterrichtet undes sollen nur einige Daten aus dieser Zeit herausgegriffen werden. (Nheres in Gatter, S. 23-35): 1711 lie Pfarrer Joh. Qualterus Halter zweiGlocken gieen in der Gieerei des Mich. Joh. Achamer; von diesemstammte auch die alte Pummerin von St. Stephan. - Aus dem Sterbeprotokoll von 1713 geht hervor, da in diesem Jahre ber 100 Pfarrkinder als Opfer der groen Pest starben (im Jahre 1712 nur 12 Todesflle). - Unter dem Pfarrer Joh. Jakob Trinkhaus wurde 1746/47 dasnoch heute bestehende Langhaus der Kirche erbaut nach Plnen vonMatthias Gerl. - Aus der Pfarrchronik erfahren wir, da unter demPfarrer Ignaz Andreas Bugl in den Jahren 1805 und 1809 der Ort Simmering von den franzsischen Truppen schwer heimgesucht wurde,wobei auch das Gotteshaus geplndert und entweiht wurde. - In denJahren 1803, 1828, 1854, 1880/81 erfolgten einige kleinere Um- und Zubauten, die jedoch den Charakter der alten Dorfkirche nicht wesentlichnderten. Ende des 19. Jahrhunderts berschritt die sprunghaft angewachsene Bevlkerungszahl derGemeinde den Fassungsraum derKircheund so drngte bereits PIarrer Matthias Ziegler (1656-1682) auf denBau einer neuen, greren Kirche. Unter seinem Nachfolger LeonhardKarpf wurde 1907 der Grundstein fr die Kirche von Neu-Simmeringauf dem Enkplatz gelegt (1910 vollendet). - Der Zweite Weltkrieg verschonte auch die Kirche St. Laurenz nicht, doch konnten die rgstenchden zum Groteil schon beseitigt werden. Der Pfarrhof in derKobelgasse jedoch ist noch heute eine Bombenruine.

    Friedhfe in SimmeringEs drft wohl angebracht sein, zunchst einige Worte ber denS i m m r i n g r F r i e d hof zu sagen. Es ist anzunehmen, da der

    FriedhoI um die Kirche herum bereits in frhester Zeit angelegtwurde; da die ltesten Grabsteine und Grabplatten nur etwa auf dasJahr 1700 zurckgehen, kann man auf die Zerstrungen der b idenTrkeneinbrche zurckfhr n. _. Die Auflassung des Fri dh fwurde mehrmals betrieben, doch konnte dies bis zum heutig n Tage

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    immer wieder verhindert werden. So sollte bereits unter Joseph II. Simmering hatte damals etwa 2000 Einwohner - der Friedhof ausgesundheitlichen Grnden auerhalb des Ortsgebietes angelegt werden. Durch kaiserliche Entschlieung vom 4. Jnner 1785 jedoch konntedies wieder abgewendet werden. Blo einige neue Bestimmungen berdie Art der Beisetzung muten in Kauf genommen werden und dieVerpflichtung, die beiden Fenster des Schulgebudes, die zum Friedhofgerichtet waren (heute ist in diesem Haus das Pfarrsekretariat untergebracht), zu vermauern. Interessant ist auch eine Bemerkung in derPfarrchronik aus dem Jahre 1897, wonach sich die alte Gemeindevertretung von Simmering vor der Einverleibung in das Wiener Stadtgebietdie Erhaltung ihres eigenen Friedhofs ausbedungen habe. - Der Friedhof mute einige Male erweitert werden, das erste Mal im Jahre 1799.Bei einem Spaziergang durch die Grberreihen, vor allem des sogenannten "alten" Teiles, findet man viele Grabaufschriften mit Namen,die teils in ihren Nachkommen, teils nur mehr als Straenbezeichnungen in Simmering weiterleben. Bemerkenswert ist die in neugotischemStil erbaute Gruft der Familie Rinnbck (unterhalb der Kirche).Der F r i e d ho f i n Kai s e r - E b e r s d 0 I ' f ist historisch bedeutungslos, fgt sich aber in die Landschaft dieses Bezirksteiles ein,der seinen lndlichen Charakter am besten bewahrt hat.Der S t. Mal ' x e r - F I ' i e d hof , schon seit Jahrzehnten aufgelassen, liegt zwar schon auf dem Gebiet des 3. Bezirkes, doch wird ervon den Simmeringern mit einem gewissen Rechte meist als ihr Besitzangesehen. Sein Besuch ist lohnend wegen der besonderen Stimmung,die uns ergreift, wenn wir an den Grbern von Mozart, Therese Krones,Madersperger und lngst Vergessener stehen.Von manchen dieser Toten fhrt uns der Weg auf den Zen t r a I -r I ' i e d hof , der 1874 erffnet wurde und heute schon ber zwei Millionen Tote aufgenommen hat. berragt wird dieser Friedhof von derKuppel der Friedhofskirche ("Lueger-Kirche"), die nach einem Planvon Max Hegele in den Jahren 1907-1910 erbaut wurde; die groenSchden, die sie im Zweiten Weltkrieg erlitten hatte, konnten bereitsbeseitigt werden. Vor dem Hauptportal der Kirche befindet sich dasGrabmal der Staatsprsidenten Dr. Karl Renner und Dr. h. c. TheodorKrner sowie links davon das Grab des Nationalratsprsidenten Leopold Kunschak. Besonders sehenswert sind die "Ehrengrber" beiderseits der Hauptallee zwischen der Kirche und dem zweiten Tor, woKomponisten, Dichter, Knstler, Wissenschafter und bedeutende P e r ~snlichkeiten ihre letzte Ruhesttte gefunden haben. Hinter der LuegerKirche, zur Aspangbahn hin, befinden sich die Heldengrber der Totenaus den beiden Weltkriegen.Als Begrbnissttte in Simmering ist noch der Ur n e n ha i n, derrund um das Krematori.um im "Neugebude" angelegt ist, zu erwhnen.

    Das Schulwesen in Simmeringber das Schulwesen in der alten Gemeinde Simmering geben unsdie Pfarrchronik und die Gemeinderatsprotokolle . einigen Aufschlu.Es ist anzunehmen, da mit der Errichtung der Pfarre auch eine Schule

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    das keramische Wandbild an dem Gemeindebau in der Gottschalkgasse, Ecke Lorystrae), trg t in hohem Mae zu der besonderen Eigenart dieses Bezirkes bei. Auch dieses Gebiet zwischen Donaukanal, Ostbahn und Kaiser-Ebersdorf hat seine eigene Geschichte. Der ursprnglich rein landwirtschaftliche Charakter wurde bereits im 18. Jahrhundert durch die Errichtung eines Artillerie-Schieplatzes (1773) zum Teilabgebaut; diese Verwendung hielt bis etwa gegen die Mitte des 19. Jahrhunderts an. Der 1826 gegrndete Rennverein, eine Aktiengesellschaftvon etwa 170 Mitgliedern meist aus der Aristokratie, die die Frderungder Pferdezucht und ihr eigenes Vergngen zum Ziele hatte, hielt vondiesem Jahre an auf diesem Gelnde seine Pferderennen ab, bis spterdie Rennen auf den Rennplatz in der Freudenau jenseits des Donaukanals verlegt wurden. Die fortschreitende Verbauung des 3. Bezirk s(Erdberg) drngte die landwirtschaftliche Nutzung des Bodens auf dieSimmeringer Heide zurck. Durch die zunehmende Industrialisierungnahmen gemeindeeigene Grobetriebe sowie private Unternehmung nvon diesem Gebiet wegen seiner Billigkeit seit den neunziger Jahr ndes vorigen Jahrhunderts immer mehr Besitz (Gaswerk 1897-1899,E-Werk 1902, Saurer-Werke, Austro-Email, Teerag usw.). - Am Randsei auch vermerkt, da die Simmeringer Heide im Jahre 1909 derSchauplatz einer besonderen Sensation war: Bleriot fhrte auf diesemGelnde der Bevlkerung Wiens, die in Massen erschienen war, seinFlugmaschine vor.Trotz der schrittweisen Einengung des landwirtschaftlichen B dens, trotz dieser Riesenwerke mit Schornsteinen und Frderbndern,ist die Simmeringer Heide noch heute eines der Hauptgebiete fr dieVersorgung Wiens mit Gemse und fr die Belieferung mit Blumenfr die umliegenden Friedhfe. Der besondere Reiz eines Spaziergangesentlang des Donaukanals bis Kaiser-Ebersdorf und zurck b r diKaiser-Ebersdorfer-Strae nach Simmering liegt darin, da man nirgends so bald das enge Nebeneinander von Grostadt und Dorf, vonIndustr ie und Ackerbau verschiedenster Art erleben kann. Nur w nigJahrzehnte trennen uns von der Zeit, in der noch di Ziehbrunnenund die im Kreise trabenden Gpelpferde die primitiven Bewss rungsanlagen der Gemsegrten versorgten. So ist auch der AusspruchMetternichs zu verstehen, da bei St. Marx schon der Balkan beginne.

    Der Wiener-Neustdter-KanalDie Straenbezeichnung "Am Kanal" und ein Blick auf das Gelndeentlang der Aspangbahn, angefangen von St. Marx bis etwa zum Zen

    tralf riedhof, deuten an, da hier einst der Verlauf des WienerNeustdter-Kanals gewesen sein mu. Ein knappes Viertel eines J ahrhunderts hat gengt, um eine besondere Sehenswrdigkeit aus demBilde dieses Bezirkes verschwinden zu lassen. - Bereits unter Joseph H. trat der Ingenieur Le Maine mit dem Projekt hervor, durchein weitverzweigtes Kanalsystem die sterreichischen Flsse mit demAdriatischen und Schwarzen Meer, beziehungsweise mit der Nordseezu verbinden. 1794 wurde eine Gesellschaft gegrndet, die unter Fh

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    Tschoffen und des Hofagenten Reittel' den Bau eines Schiffahrtskan 1von Wien bis Triest in Angriff nahm. Der besondere Zweck di sKanalbaues war es zunchst, einen billigen Transportweg fr die Steinkohle und fr die Baumaterialien (Holz, Ziegel) aus der Gegend denburg, Wiener-Neustadt und von den Wienerberger Ziegeleien in dieResidenz zu schaffen. Nach vielen Schwierigkeiten, vor allem wegender Zahlung der Grundablse an die betreffenden Grundbesitzer undwegen des Geflles (Niveauunterschied Wien-Wiener-Neustadt zirka90 m), wurde unter der Leitung des Genie-Offiziers v. Maillard undspter des Baudirektors Schemmerl im Sommer 1795 mit dem Baubegonnen und im April 1803 war die Strecke von Wien bis WienerNeustadt befahrbar. Kaiser Franz I. nahm an dem Bau zunchst lebhaft Anteil, finanzierte einen Groteil des Bauvorhabens und bernahm auf eigene Rechnung den Betrieb im Jahre 1797. Der Kanalwurde dann 1810 bis Pttsching an der ehemals ungarischen Grenze(heute die Grenze zwischen Niedersterreich und dem Burgenland)weitergefhrt. 1869 wurde der Kanal von der 1. sterreichischen Schifffahrts-Canal-A. G. angekauft und bis 1879 gefhrt, in welchem Jahreder grte Teil der Schiffahrt eingestellt wurde (nheres in Schmidl,Gatter, S. 86 H.). - Der Kanal hatte im Wiener Gebiet zwei Hfen;einen vor dem Invalidenhaus beim Stubentor (das Gebiet der Stadtbahn-Haltestelle Hauptzollamt) und seit 1847 einen beim Aspangbahnhof (Wien III). Nach dem Bau der Wiener Verbindungsbahn (1842) wurdeder Hafen beim Hauptzollamt aufgelassen. - Der Kanal wurde vonder Leitha bei Haderswrth und dem Kehrbach bei Wiener-Neustadtgespeist und hatte ein Geflle von etwa 90m, die durch 52 Schleusenberwunden wurden. Die Schleppkhne wurden von Pferden gezogenund es dauerte eine Fahrt von Wien bis Laxenburg etwa drei bis vierStunden. Die Lnge des Kanals betrug von St. Marx bis P ~ s c h i n g62,5 km, die Breite etwa 5m, die Tiefe 1,3 bis 1,5m. - Nach der Einstellung der Schiffahrt blieb der Kanal noch erhalten und diente d I 'Bevlkerung Simmerings im Sommer als Roschwemme und Bad platz. im Winter als Eislaufplatz; so wird von Langstreckenlufen aufSchlittschuhen, die sich von der Linie (Grenze des Wiener Stadtgebietes) bis nach Laxenburg ausdehnten, berichtet. In dieser Eigenschaft,als Badegelegenheit und Eislaufgelnde, ist er vielen Simmeringernnoch heute in lebhaftester Erinnerung.

    Kaiser-EbersdorfDie zweite Altsiedlung des 11. Bezirkes ist Kaiser-Ebersdorf, dasauch erst durch die Einverleibung in das Wiener Stadtgebiet seine Selbstndigkeit als Gemeinde verloren hat. Die Erforschung der Frhgeschichte dieses Ortes wird durch den Umstand erschwert, da es vieleOrte mit Namen Ebersdorf gibt (in Niedersterreich etwa sechs) undder Zusatz Kaiser-(Ebersdorf) erst am Ende des 19. Jahrhunderts blichwurde. Abgesehen von der ersten urkundlichen Nennung eines Ebers

    dorfs im Jahre 1086 ist anzunehmen, da sich um 1000 n. ChI'. hi I' inSiedlung bildete. Am Ende des 12. Jahrhunderts erwarben die H rr nvon Hintberg (vgl. Himberg bei Schwechat) den Besitz, lieen sich hl r

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    nieder und nannten sich nach diesem Ort. Das Geschlecht der Ebersdorfer spielte im 14. und 15. Jahrhundert eine groe Rolle und sie bekleideten hohe mter beim Landesfrsten. Weil sich wahrscheinlich imJahre 1485 Veit von Ebersdorf auf die Seite von Matthias Corvinus geschlagen hatte, mute er 1499 den Besitz im Tauschwege an KaiserMaximilian I. bergeben. Maria Theresia schenkte 1745 Schlo undHerrschaft dem Armenfonds und um die Mitte des 19. Jahrhundertswird der Ort eine freie Gemeinde Niedersterreichs bis zum Jahre1891. - Zur Einwohnerzahl sei bemerkt, da Kaiser-Ebersdorf im Jahre1883 etwa 2500 Einwohner hatte; der Zusammenhang mit Simmeringwar zu dieser Zeit schon so stark, da 68 Kinder dieser Gemeinde d rNhe halber die Volksschule in Simmering besuchten. - Als P f a r r ewird Ebersdorf 1310 genannt, die Kirche selbst (St. Peter und Paul)wurde erst nach der zweiten Trkenbelagerung Wiens in der heutigen Form erbaut.An sehenswerten Bauten in diesem Teil Simmerings seien dr ihervorgehoben:

    Das Neu g e b u d e i s t wohl der interessanteste Bau. Kais rMaximilian H., dem das Ebersdorfer Jagdschlo zu klein und zu wenigreprsentativ erschien, begann 1564 mit dem Bau und plante ein prchtiges Renaissance-Schlo in terrassenfrmiger Anlage, mit einer Fasanerie ("Vasangarthen"), einem Tiergar ten und einem groen "Lustgarten". Erst sein Sohn Rudolf H. vollendete das Werk, verga abernach seiner bersiedlung nach Prag das herrl iche Schlo und es beginnt bereits am Ende des 16. Jahrhunderts der Verfall des Bauwerkes.Der Nutzgarten (Obst und seltene Gemsesorten) und die Menageriewurden noch weiterhin gepflegt; Simmering besa also den erstengroen Tiergarten auf Wiener Gebiet und der Groteil der Tiere wurde1752 in die von Franz I. errichtete Menagerie von Schnbrunn aufgenommen. Der Verfall des Gebudes selbst, der schon 1597 einsetzte,wurde durch die Trken und die Ungarn (1683, 1704) beschleunigt. Kaiser Joseph H. berlie im Jahre 1781 den ganzen Komplex der Artillerieals Munitionsdepot (die Simmeringer Heide war ja bungs-Schieplatz), wobei durch zweckentsprechende Umbauten die letzten Resteder alten Pracht verloren gingen. Im Jahre 1923 wurde im oberen Hof- gegen die Simmeringer Hauptstrae zu - von Clemens Holzmeisterdas Krematorium der Stadt Wien errichtet. Erst ein Gang durch denhinter der Feuerhalle liegenden Urnenfriedhof lt uns die Gre undSchnheit des alten Schlosses, dessen Glanz nur wenige Jahrzehnte erlebte, ahnen. Das Sc h 1 0 Kaiser-Ebersdorf (Kaiser-EbersdorferStrae 297) war der ursprngliche Sitz der Herren von Ebersdorf , derenGeschlecht mit Siegmund von Ebersdorf im Jahre 1556 erlosch. Seit1499 diente es als kaiserliches Jagdschlo und war wegen des groenWildreichturns in den Donauauen sehr beliebt. Nach der Zerstrungdurch die Trken (1683) wurde es nach den Plnen von Lodovico Burnacini wieder aufgebaut. 1745 schenkte es Maria Theresia dem Pfarrervon Ebersdorf, Franz X. Marxer, als Armenhaus, dem spter ein Waisenheim angegliedert wurde. Unter Joseph 11. wurde es eine Kaserne,spter ein Monturdepot. Nach 1918 bernahm das Schlo eine Dienst-

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    stelle des Jugendgerichtes und seit 1929 ist hier die Bundesan t l t frErziehungsbedrftige untergebracht. - Bemerkenswert ist auch daGebude auf dem Mllnichplatz 5, der T h rn d 1ho f (auch diSchreibungen: Thrnlhof, Dierntlhof), einer der Hfe, die um 1700 inder Nhe der Residenz entstanden. Historisch ist das Haus durch diTatsache geworden, da sich Napoleon nach der Schlacht von Asp rn(1809) hier in einem Schlaf von 36 Stunden von den Anstrengungen rholte (Napoleon-Zimmer). - Einige Huser an der Kaiser-EbersdorferStrae legen vor allem durch ihre Portale Zeugnis dafr ab, da Ebersdorf einst eine viel grere Geltung in Wien besa als heute (Kaise;rEbersdorfer-Strae 271, 288, 290, 322).

    SchluwortDie vorliegende Arbeit erhebt nicht den Anspruch auf Vollstndig

    keit, dies war weder beabsichtigt noch ist dafr der Raum vorhand n.Es sollte damit blo eine Art Fhrer durch Simmering in Vergangenheit und Gegenwart gegeben werden, der jedem, ob Schler oder Lehrer,dem "Eingeborenen" wie auch dem hierher Zugesiedelten, eine kleinHilfe bedeuten soll, wenn er etwas von Simmering wissen oder sehenwill. Dabei wurde nicht so sehr darauf Wert gelegt, alles Wissenswertdem Thema nach und dies bis in die letzten Einzelheiten zu bringen,sondern es wurde vielmehr versucht, das Wichtigste bersichtlich unddies nur, soweit es durch wissenschaftlich unanfechtbare Belege erwiesen ist, zu bieten. Dem knftigen Autor eines "Heimatbuches Simmerings" - das alte von E. K. Gatter ist zum Teil berholt und w isteinige Irrtmer auf, ebenso die "Topographie" von L. Swatosch, derenVerfasser von glhender, selbstloser Liebe zur Heimatscholle Simm ring erfllt war - mag es vorbehalten bleiben, durch eine gr r ,zusammenfassende Arbeit ber Simmering einen wertvollen Beitragzur Heimatgeschichte und damit zur Frderung der Heimatliebe d rEinwohner dieses Bezirkes zu leisten. Diese innige Verbundenheit mitder engsten Heimat befhigt erst den Menschen, ob jung, ob alt, au hdie grere Heimat, das Vaterland, zu schtzen und zu lieben.

    L i t e r a t u r :Franz Sc h w e i c k h a r d t: Ritter von Sickingen, Darstellung des Erzherzog-tums Niedersterreich, Wien 1833.Adolf Sc h mi d 1: Wiens Umgebungen auf 20 Stunden im Umkreis, Wien 1838.Ernest Kar1 G a t t e r : Denkwrdigkeiten der Gemeinde Simering, Wien 1883.Leopo1d S w a to s c h: Topographie von A1t-Simmering und Kaiser-Ebersdor:f,Wien-Simmering 1935.Richard K r 0 n e r: Wien, wie es war, ein Auskunftsbuch fr Freunde d .alten Wien, Wien 1943."Wiener Zeitung" vom 14. November 1954, Sonderbeilage "Simmering", mit Beitrgen von Dr. Lambert Hfer, Dr. Wilhe1m Bhm, A1exandra Ankwicz, IdaMaria Deschmann, Dr. Leopo1d Mazakarini.DEHIO-Handbuch, Wien: Die Kunstdenkmler sterreichs, herausgegeben ;vonSchmidt-Tietze, Wi

  • 7/22/2019 1958 Festschrift.pdf

    45/121

    Direktor Dr. Walter Frenzel

    Der Herderpark und seine FloraDie meisten Wiener verbinden mit Simmering nur den Begriff des

    Zentralfriedhofes, der ausgedehnten Totenstadt von parkartigem Cha-rakter, und wissen nichts davon, da es in demselben Bezirk nocheine groe, schne Gartenanlage gibt - unseren H er d e r p a r k. Ab-seits von der Hauptstrae gelegen, umfat er westlich und nrdlichdas Gebude der Simmeringer Mittelschule jenseits der Gottschalkgasseund am Herderplatz selbst und bildet daher eine willkommene Stttder Erholung fr unsere Schuljugend.

    Auf den Grnden des heutigen Herderplatzes, der nach dem Dichterund Philosophen