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24. FEBRUAR 2015 SEITE 1 Premierminister Narendra Modi setzt die Agenda der vorherigen Regierung fort - allerdings geht er dabei aggressiver vor. Modis Prioritäten liegen auf der Wiederbelebung der Wirtschaft, der Beseitigung der Armut und dass alle Inder bis 2022 Zugang zu Elektrizität erhalten. Politischer Stillstand Das sind ehrgeizige Ziele, aber sie stehen im Einklang mit dem 12. Fünf-Jahresplan (2012-2017) des Landes "Schnelleres, umfassenderes und nachhaltiges Wachs- tum", demzufolge sich die indische Regierung für diese Periode ein Ziel von acht Prozent Wirtschaftswachstum gesetzt hat. Ein etwaiger Misserfolg beim Erreichen dieses Ziels ist als "politischer Stillstand" beschrieben worden, der auf ein Wachstum von fünf bis 5,4 Prozent hinaus- laufen würde. Indien ist die zehntgrößte Wirtschaft in der Welt nach den Vereinigten Staaten, China, Japan, Deutschland, Frank- reich, Großbritannien, Brasilien, Italien und Russland. Indiens größte Energiequelle ist die Kohle (Foto: dpa) Report von: Dr. Carole Nakhle Indien setzt beim wachsenden Energiebedarf auf die Kohle Indien wird China als bevölkerungsreichstes Land der Erde bis zum Jahr 2030 überholt haben. Eine große und wach- sende Bevölkerung, verbunden mit einem raschen Wirt- schaftswachstum, hat zu einer höheren Nachfrage an Energie geführt. Indiens neuer Premierminister, Narendra Modi, setzt die Agenda der vorangegangenen Regierung fort, allerdings geht er dabei aggressiver vor. Modis Prio- ritäten liegen auf der Wiederbelebung der Wirtschaft, der Beseitigung der Armut und darin, allen Indern bis 2022 Zugang zu Elektrizität zu verschaen. Auch wenn es das Ziel der Regierung ist, im Energiebereich unabhängig zu werden, so erwarten die Experten dennoch, dass Indien zunehmend abhängig von importierter Energie werden wird. Dies lässt im Inland die Besorgnis über die Versor- gungssicherheit wachsen. Indiens größte Energiequelle ist die Kohle. Sie trägt auch die Hauptschuld daran, dass Indien, nach China und den Vereinigten Staaten, der dritt- größte CO2 Emittent in der Welt ist. Es wird erwartet, dass Indien bis 2035 weltweit das höchste Wachstum bei der Energienachfrage verzeichnen wird, wenn es seine Wirtschaftswachstumsziele weiterverfolgt. Indien wird bis zum Jahr 2030 China als bevölkerungs- reichstes Land der Erde überholt haben. Es hat knapp 1,3 Milliarden Einwohner und diese Zahl steigt jährlich um 1,3-1,6 Prozent. Eine große und wachsende Bevölkerung, in Verbindung mit einer expandierenden Wirtschaft führt zu einer höheren Energienachfrage. Wenn mehr Menschen über ein höheres Einkommen verfügen, so bedeutet dies auch einen steigenden Energieverbrauch. Die indische Re- gierung beschreibt dies wie folgt: "Für eine wachsende Wirtschaft wird ein großes Maß an Energie benötigt, um beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) eine hohe Wachstums- rate aufrechtzuerhalten." Indien, die größte Demokratie in der Welt, nimmt zunehmend einen größeren Einfluss auf die Diskussionen zu Fragen der globalen Energie und des Klimawandels. Aufgrund seiner expandierenden Wirtschaft, der wachsenden Bevölkerung und einer wachsenden Abhängigkeit von fossilen Brennstoen, insbesondere Kohle, wird Indiens Energiepolitik sowie sein Energieverbrauch von führenden Politikern und Energieexperten der Welt genau beobachtet.

2015-02-24 Indien setzt beim wachsenden … · Indien ist die zehntgrößte Wirtschaft in der Welt nach den Vereinigten Staaten, China, Japan, Deutschland, Frank- ... Beseitigung

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24. FEBRUAR 2015

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Premierminister Narendra Modi setzt die Agenda der vorherigen Regierung fort - allerdings geht er dabei aggressiver vor. Modis Prioritäten liegen auf der Wiederbelebung der Wirtschaft, der Beseitigung der Armut und dass alle Inder bis 2022 Zugang zu Elektrizität erhalten.

Politischer StillstandDas sind ehrgeizige Ziele, aber sie stehen im Einklang mit dem 12. Fünf-Jahresplan (2012-2017) des Landes "Schnelleres, umfassenderes und nachhaltiges Wachs-tum", demzufolge sich die indische Regierung für diese Periode ein Ziel von acht Prozent Wirtschaftswachstum gesetzt hat. Ein etwaiger Misserfolg beim Erreichen dieses Ziels ist als "politischer Stillstand" beschrieben worden, der auf ein Wachstum von fünf bis 5,4 Prozent hinaus-laufen würde. Indien ist die zehntgrößte Wirtschaft in der Welt nach den Vereinigten Staaten, China, Japan, Deutschland, Frank-reich, Großbritannien, Brasilien, Italien und Russland.

Indiens größte Energiequelle ist die Kohle (Foto: dpa)

Report von:

Dr. Carole Nakhle

Indien setzt beim wachsenden Energiebedarf auf die Kohle

Indien wird China als bevölkerungsreichstes Land der Erde bis zum Jahr 2030 überholt haben. Eine große und wach-sende Bevölkerung, verbunden mit einem raschen Wirt-schaftswachstum, hat zu einer höheren Nachfrage an Energie geführt. Indiens neuer Premierminister, Narendra Modi, setzt die Agenda der vorangegangenen Regierung fort, allerdings geht er dabei aggressiver vor. Modis Prio-ritäten liegen auf der Wiederbelebung der Wirtschaft, der Beseitigung der Armut und darin, allen Indern bis 2022 Zugang zu Elektrizität zu verschaffen. Auch wenn es das Ziel der Regierung ist, im Energiebereich unabhängig zu werden, so erwarten die Experten dennoch, dass Indien zunehmend abhängig von importierter Energie werden wird. Dies lässt im Inland die Besorgnis über die Versor-gungssicherheit wachsen. Indiens größte Energiequelle ist die Kohle. Sie trägt auch die Hauptschuld daran, dass Indien, nach China und den Vereinigten Staaten, der dritt-größte CO2 Emittent in der Welt ist. Es wird erwartet, dass Indien bis 2035 weltweit das höchste Wachstum bei der Energienachfrage verzeichnen wird, wenn es seine Wirtschaftswachstumsziele weiterverfolgt.

Indien wird bis zum Jahr 2030 China als bevölkerungs-reichstes Land der Erde überholt haben. Es hat knapp 1,3 Milliarden Einwohner und diese Zahl steigt jährlich um 1,3-1,6 Prozent. Eine große und wachsende Bevölkerung, in Verbindung mit einer expandierenden Wirtschaft führt zu einer höheren Energienachfrage. Wenn mehr Menschen über ein höheres Einkommen verfügen, so bedeutet dies auch einen steigenden Energieverbrauch. Die indische Re-gierung beschreibt dies wie folgt: "Für eine wachsende Wirtschaft wird ein großes Maß an Energie benötigt, um beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) eine hohe Wachstums-rate aufrechtzuerhalten."

Indien, die größte Demokratie in der Welt, nimmt zunehmend einen größeren Einfluss auf die Diskussionen zu Fragen der globalen Energie und des Klimawandels. Aufgrund seiner expandierenden Wirtschaft, der wachsenden Bevölkerung und einer wachsenden Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen, insbesondere Kohle, wird Indiens Energiepolitik sowie sein Energieverbrauch von führenden Politikern und Energieexperten der Welt genau beobachtet.

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Gemäß offizieller Studien würde Indien bis 2047 zur drittgrößten Wirtschaft weltweit werden - nach China und den Vereinigten Staaten - wenn es eine durch-schnittliche jährliche BIP-Wachstumsrate von 7,4 Prozent erreichen würde.Nachdem das BIP im Zeitraum vom 2007 - 2011 um durchschnittlich acht Prozent gewachsen war, verlangsamte sich das BIP Indiens nach Aussage des Internationalen Währungsfonds (IWF) im Jahr 2014 auf unter fünf Prozent und erreichte damit den tiefsten Stand innerhalb eines Jahrzehnts. Der Internationale Währungsfonds beschreibt solch eine Verlangsamung als "ungewöhnlich in ihrer Stärke innerhalb der Schwellenländer".

Verlangsamung der WirtschaftDie Verlangsamung in anderen Wirtschaften hat die indische Wirtschaft getroffen. Faktoren innerhalb des Landes, wie Versorgungsengpässe, verzögerte Pro-jektbewilligung und Durchführung sowie eine erhöhte politische Ungewissheit, haben allerdings eine ebenso wichtige Rolle gespielt. Unter der neuen Regierung sieht die Perspektive für die Wirtschaft nun besser aus, was bislang das Ver-trauen der Anleger erhöht hat. Goldman Sachs sagt ein 6,3-prozentiges Wirtschaftswachstum für 2015 voraus, womit Indien andere Schwellenmärkte über-trifft. Das Wachstum wird durch rückläufige Rohstoff-preise, insbesondere beim Öl, unterstützt, was zur Inflationskontrolle beiträgt. Die Importrechnungen Indiens für Rohöl erreichten im Jahr 2013 als der Ölpreis im Durchschnitt bei 111 US$ pro Barrel lag 160 Milliarden US$. Da der Preis nun auf weniger als 60 US$ pro Barrel gefallen ist, wird sich die Importrechnung halbieren. Die Konjunkturaussichten Indiens können noch weiter verbessert werden, wenn die Regierung ihre Refor-men zu den Energiesubventionen und Preisen, als Teil einer neuen, breiter angelegten politischen Agenda, die auch die Reduzierung der Bürokratie, die Liberali-sierung der Märkte und die Förderung des Wettbe-werbs einschließt, fortsetzt. Kraftstoffsubventionen und regulierte Preise haben traditionell einen ver-schwenderischen Verbrauch gefördert und Investitio-nen behindert.

Indien: Energie

• Die Regierung der National Demokratischen Allianz, geführt von Narendra Modi, gewann 2014 die Par-lamentswahlen. Herr Modi löste Herrn Manmohan Singh als neuer indischer Premierminister ab

• Indien hatte eine Bevölkerung von 350 Millionen, als das Land 1947 die Unabhängigkeit erlangte. Heute leben in Indien 1,27 Milliarden Menschen

• 40% der Haushalte haben keinen Zugang zu Elektrizität. Gebiete, in denen Elektrizität vorhanden ist, leiden unter weitläufigem Elektrizitätsausfall

• Bis zum Jahr 2014 werden Indien und China für circa die Hälfte des weltweiten Wachstums bei der Energienachfrage verantwortlich sein

• Indien ist nach den USA, China und Japan der viertgrößte Ölverbraucher weltweit

• Indien hängt sehr stark von Kohleimporten aus Aus-tralien, Indonesien, Südafrika, Kanada und dem Nahen Osten ab. Aus Saudi Arabien bezieht es überwiegend Öl, aus Katar Flüssiggas (Liquefied natural gas, LNG)

• Die Abhängigkeit von Energieimporten lag im Ver-lauf des letzten Jahrzehnts bei nahezu 35% der jährlichen Nachfrage

• Bis 2019 werden ungefähr 250 Milliarden US$ in den Elektrizitätssektor und in erneuerbare Energien investiert werden

• Indien beabsichtigt, seine Solar-Kapazitäten bis 2022 auf 100 GW zu erhöhen

• Indien ist als regionaler Raffinerie-Hub in Erschei-nung getreten. Mit einer Erdölraffinerie-Kapazität von 4.319.000 Barrel pro Tag war es nach China der zweitgrößte Raffineriebetreiber im asiatisch-pazifischen Raum im Jahr 2013 und lag weltweit auf Platz vier, hinter den USA, China und Russland

• Premierminister Modi kündigte kürzlich an, dass die verstaatlichte Kohleindustrie geöffnet würde, so dass private Unternehmen mit "Coal India" in Wett-bewerb treten können. Auf "Coal India" entfallen derzeit 80% der Produktion des Landes

• Am 25. Januar 2015 kündigte das Weiße Haus ein fünfjähriges "Memorandum of Understanding" zur Energiesicherheit, sauberer Energie und Klimawan-del zwischen Indien und den Vereinigten Staaten an. Die beiden Länder kooperieren bei mehreren Energieprojekten, einschließlich der US-indischen "Partnership to Advance Clean Energy" (PACE) - eine fünfjährige Initiative, um die Energieeffizienz zu verbessern und saubere Energie in Indien zu för-dern - und der "Unconventional Natural Gas Co-operation" unter der Schirmherrschaft der "Global Shale Gas Initiative" (GSGI)

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EnergieverbrauchWirtschaftswachstum und Energieverbrauch sind in Indien eng miteinander verflochten, folglich ist die Versorgungs-sicherheit von zentraler Bedeutung - d. h. die Verfüg-barkeit, Verlässlichkeit und Bezahlbarkeit von Energie-ressourcen - oder, wie die indische Regierung sagt: "Der Begriff Energiesicherheit hat eine große Bedeutung für das Land einschließlich der wirtschaftlichen Stabilität und der Sicherstellung des Wohlergehens der Menschen des Landes." Es ist das Ziel der Regierung Energieunabhängigkeit zu erreichen, um das Risiko externer Lieferunterbrechungen zu reduzieren. Experten erwarten jedoch, dass Indien zu-nehmend abhängiger von Energieimporten werden wird. Auch wenn die Inlandsproduktion gesteigert wird, wird sie dennoch von der wachsenden Nachfrage überholt werden. Gemäß dem BP-World Energy Outlook werden die Erdgas-importe Indiens bis 2035 um 573 Prozent, die Ölimporte um 169 Prozent und die Kohleimporte um 85 Prozent stei-gen. Während die Importabhängigkeit durchaus die Zahlungs-bilanz verschlechtern und die Devisenreserven verringern kann - insbesondere in Zeiten hoher Energiepreise - stellt

dies nicht notwendigerweise eine Bedrohung für die Ver-sorgungssicherheit dar. Allein von inländischen Lieferanten abzuhängen, garantiert ebensowenig eine sichere Versor-gung. Energiesicherheit kann auf verschiedenen Wegen erreicht werden. Vorrangig sind dabei die Diversifikation der Energieressourcen und Energiequellen sowie die Verbesserung der Energieeffizienz.

EnergiebedarfIndiens größte Energiequelle ist die Kohle, gefolgt von Öl- und Erdgas, die zusammen fast 92 Prozent des gesamten Energiebedarfs des Landes abdecken. Der Rest stammt aus Wasserkraft, traditioneller Biomasse und Abfall. Die Kohle ist mit mehr als 71 Prozent Anteil auch der Hauptenergieträger für die Elektrizitätserzeugung. Im Jahr 2013 verzeichnete Indien die zweitgrößte bislang aufge-zeichnete Volumenerhöhung beim Kohleverbrauch. Mit 8,5-Prozent Anteil am weltweiten Gesamtverbrauch ist es der drittgrößte Verbraucher von Kohle nach China (50 Prozent) und den Vereinigten Staaten (12 Prozent).Indien verfügt weltweit über die fünftgrößten Kohlevorräte (6,8 Prozent), nach den Vereinigten Staaten, China, Russ-land und Australien, und ist auch der fünftgrößte Kohle-

Indiens Primärenergie-Mix: Experten erwarten, dass es sich im Laufe der nächsten 20 Jahre sehr langsam entwickeln wird (BP Statistical Review 2014)

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produzent auf der Welt (knapp 6 Prozent), hinter China (48 Prozent), den Vereinigten Staaten (13 Prozent), Australien (7 Prozent) und Indonesien (7 Prozent). Im Jahr 2013 wurde Norwegen von Indien von seinem Platz als fünftgrößter globaler Wasserkrafterzeuger ver-drängt. Vor Indien wurden China, Kanada, Brasilien, die Vereinigten Staaten und Russland gelistet. Allerdings steht die Monsunzeit in direkter Korrelation zur Wasserkraft-erzeugung. Eine Trockenperiode oder eine schwache Monsunzeit führen zu einem Rückgang bei der Wasser-krafterzeugung. Kohlekraftwerke gleichen das System aus.

Erneuerbare EnergienTrotz der Bemühungen der Regierung, die Energiequellen hauptsächlich durch die Erhöhung des Anteils an erneuer-baren Energien (Wind und Solar) zu diversifizieren, und trotz des Wunsches Indien zum größten Standort für er-neuerbare Energien zu machen, er-warten Exper-ten, dass sich der Energie-Mix des Landes im Laufe der nächsten 20 Jahre nur sehr langsam entwickeln wird und dass 87 Prozent der Nach-frage bis 2035 auf fossile Brennstoffe entfallen werden.Die Dominanz fossiler Brennstoffe und ganz besonders der Kohle trägt die Hauptschuld daran, dass Indien, nach China und den Vereinigten Staaten, weltweit gesehen der drittgrößte CO2 Emittent ist.Die mit der Energie verbundenen Emissionen des Landes werden sich laut Aussage der International Energy Agency (IEA) bis 2040 mehr als verdoppeln. Dies wurde auch vom indischen Umweltminister, Prakash Javadekar, bestätigt, als er auf dem UN-Klimagipfel 2014 sagte, man erwarte, dass die Kohlenstoffemissionen im Verlauf der nächsten 30 Jahre steigen werden.Indien ist der viertgrößte Primärenergieverbraucher in der Welt nach China, den Vereinigten Staaten und Russland. Der Pro-Kopf-Energieverbrauch des Landes liegt nur bei einem Drittel des globalen Durchschnitts. Sein Stromver-brauch pro Kopf beläuft sich auf 684 kWh pro Tag, im Ver-gleich zu China, das 3.298 kWh pro Tag verbraucht und den Vereinigten Staaten mit 13.246 kWh. Es ist daher nicht überraschend, dass man für Indien das höchste Wachstum bei der Energienachfrage bis 2035 erwartet, wenn das Land seine Wirtschaftswachstumsziele wie geplant verfolgt.

KohlenstoffemissionenFür die Kontrolle des Ausmaßes an Kohlenstoffemissionen kann dies natürlich eine schlechte Nachricht bedeuten, insbesondere für den Fall, dass sich Indiens Verbrauch an fossilen Brennstoffen entsprechend erhöht. Allerdings wird Indien kaum dazu bereit sein, seine Kohlenstoffemissionen auf Kosten seines Wirtschaftswachstums zu begrenzen. Das Pro-Kopf-BIP des Landes befindet sich weit unter dem Chinas und ist weit entfernt von dem der Vereinigten Staaten. Indiens Position, was die Drosselung des Kohlenstoff-ausstoßes anbelangt, stimmt mit der vieler Entwicklungs-länder überein, die sich häufig auf "den moralischen Grundsatz der historischen Verantwortung" beziehen - d.h. entwickelte Volkswirtschaften, und dabei in erster Linie die Vereinigten Staaten, die das letzte Jahrhundert damit zu-brachten, ihre Wirtschaften aufzubauen, während sie

Emissionen in die Atmosphäre pump-ten, sollten die größte Verantwor-tung übernehmen, wenn es darum

geht, den Kohlenstoffausstoß einzudämmen.Indiens Anteil an den globalen Kohlenstoffemissionen (5,5 Prozent) bleibt im Vergleich zu China (27 Prozent) und den Vereinigten Staaten (17 Prozent) sehr gering, insbesondere wenn er Pro-Kopf gerechnet wird.Die Steigerung bei den indischen Einkommen dürfte nicht notwendigerweise zu einem schnelleren Wachstum der Energie pro Kopf führen. Die Antwort hängt vielmehr von der Energieintensität ab. Sie ist ein breiter gefasstes Maß der Energie pro Einheit des BIP und indiziert somit die Energieeffizienz.

WirtschaftswachstumEin Rückgang bei der Energieintensität beschränkt das Gesamtwachstum der Primärenergie: Je weniger Energie eine Wirtschaft benötigt, um eine Einheit des BIP zu erzeu-gen, desto effizienter ist das System, und umso mehr Wirt-schaftswachstum kann sie mit derselben Menge an Ener-gie erzielen. Für eine lange Zeit erklärte die indische Regierung, dass es ihre Absicht ist, die Energieintensität bis 2020 um 20 - 25 Prozent zu verbessern. Zurzeit ist Indiens Primär-energieeffizienz niedriger als der Durchschnitt der Nicht-OECD-Länder.

Die Dominanz fossiler Brennstoffe und ganz beson-ders der Kohle trägt die Hauptschuld daran, dass In-dien, nach China und den Vereinigten Staaten, welt-weit gesehen der drittgrößte CO2 Emittent ist.

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Verbesserungen bei der Energieeffizienz hängen in hohem Maße von den Preisen und der Technologie ab, was wie-derum eine wettbewerbsorientierte Marktstruktur erfordert. Volkswirtschaften, in denen die Märkte es den Preisen nicht erlauben, eine führende Funktion bei der Energie-verwendung zu übernehmen, sind sehr energieineffizient. Technologie, die üblicherweise durch den Wettbewerb gesteuert wird, erlaubt sprunghaften Fortschritt: Eine Volkswirtschaft, die erst spät industrialisiert wurde, repro-duziert nicht die Technologie früherer Perioden, sie ver-wendet einfach die aktuellste Technologie.

Indiens 'Energy Security Scenarios 2047‘In den 'India Energy Security Scenarios 2047' hat die Regierung für die Energiezukunft des Landes vier Szenarien aufgestellt:

1) 'Die geringste Anstrengung' - das pessimistischste, passive Szenario, welches annimmt, dass nur geringfügige oder gar keine Anstrengungen unternommen werden, um auf der Nachfrage- und Angebotsseite einzugreifen 2) 'Die entschlossene Anstrengung' - sie beschreibt das Niveau der Anstrengung, das im Zuge der Implementie-rung der aktuellen politischen Strategien für am ehesten machbar gehalten wird 3) 'Die aggressive Anstrengung' - sie spiegelt das Niveau der Anstrengung wider, das eine starke, aber noch reali-sierbare Veränderung erfordert 4) 'Die heroische Anstrengung' - das optimistischste Sze-nario, das auch aggressive Veränderungen in Betracht zieht. Es geht an die physischen und technischen Grenzen dessen heran, was erreicht werden kann.