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Vogelsberger Seiten – 2018
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Vogelsberger Seiten – 2018
INHALTSVERZEICHNIS
04 KARTEN SPIELENDE TEUFEL UND VERSTEINERTE RIESEN Tour durch den Geopark Vulkanregion Vogelsberg
06 NATURSCHAUSPIELE RUND UM DREI SEEN 13 Kilometer lange Wanderung verbindet Nieder-Moos, Ober-Moos und den Rothenbachteich
08 EINE WUNDERTÜTE FAST HINTER JEDER KURVE Vulkanring Vogelsberg: In vier bis sechs Etappen auf dem „Ring of Fire“
10 GASTLICHE ORTE, DIE GESCHICHTE ATMEN Der Lutherweg 1521 lässt das Deutschland des Spätmittelalters erahnen
12 SAGEN, IDYLLISCHE WEGE UND EINE HOHLE LINDE Homberger Schächerbachtour: Einer der schönsten Premiumwanderwege Hessens
14 AUF EICHHÖRNCHENS SPUREN VON BAUM ZU BAUM Der Kletterwald auf dem Hoherodskopf bietet Nervenkitzel in luftiger Höhe
16 EINMAL QUER DURCH DEN VOGELSBERG Auf der alten Eisenbahnstrecke führt der Vulkanradweg von Hartmannshain bis Schlitz
18 AUF DU UND DU MIT ADLER, FALKE UND UHU Greifvogelwarte Feldatal in Ermenrod bietet Flugsshows und Erlebnistage
20 ÜBERSICHTSKARTE UND WEITERE AUSFLUGSTIPPS Ein schneller Überblick über die Schauplätze der Geschichten
22 SPASS, SPIEL UND EINE EXOTISCHE TIERWELT Der Vogelpark Schotten bietet viel Abwechslung
24 AUF DEN SPUREN MUTIGER RITTER UND ADLIGER HERREN Burgen und Schlösser im und rund um den Vogelsberg bieten
facettenreiche Geschichte(n)
26 SPANNENDE REISE DURCH EINE HEISSE VERGANGENHEIT Erlebnisausstellung des Vulkaneums zeigt Facetten der Themen
Geologie und Vulkanismus
28 MÄRCHENSTADT UND FACHWERKMEKKA Alsfeld bietet viel Tradition und Romantik
30 FRÜHES WEIHNACHTSGESCHENK AUS DER TIEFE „Stadt auf dem Berg“ zwischen Katastrophe, Verboten und heißem Wasser
32 HORT DER BOTANISCHEN RARITÄTEN DER REGION Rund um die Burgruine Ulrichstein kuschelt sich der Vogelsberggarten
an alte Burgmauern
34 WO GENSCHER UND SCHEEL AUF DEM SOFA SASSEN Kreisstadt mit Geschichte: Von Metzgern, dem Bierbrauen und dem Strolch
36 WO EINST BOMBEN GEBAUT WURDEN Im Oberwald befand sich eine von insgesamt 370 Munitionsanstalten im Dritten Reich
38 EINE STADT WIE AUS DEM GUINNESS-BUCH Schlitz ist nicht nur romantisch, sondern auch eine Stadt der Rekorde
Vogelsberger Seiten – 2018
Herausgeber: Verlag Parzeller GmbH & Co. KG, vertreten durch
die Geschäftsführer Michael Schmitt und Haldun Tuncay,
Frankfurter Straße 8, 36043 Fulda, zugleich ladungsfähige
Anschrift für alle im Impressum genannten Verantwortlichen
Postfach 1454, 36004 Fulda,
Frankfurter Straße 8, 36043 Fulda,
Telefon (06 61) 280- 0
Produktion: heldenzeit GmbH & Co. KG, Frankfurter Straße 8,
36043 Fulda
Redaktion: Michael Tillmann (verantwortlich),
Walter Kreuzer (beide Verlag Parzeller)
Mitarbeit von: Christiane Hartung, Corinna Hiss, Bernd Götte,
Norman Zellmer, Sebastian Kircher
Gestaltungskonzept: Katrin Ochs
Layout: Michael Bekai (heldenzeit)
Titelfoto: Susanne Jost, Lauterbach (3),
Christina Marx (Schloss Eisenbach)
Anzeigen: Thomas Kirchhof (verantwortlich, Fulda)
Anzeigensatz: sixeyesmedia GmbH
Vertrieb: MLH Medienlogistik Hessen GmbH & Co. KG
Frankfurter Straße 8, 36043 Fulda
Druck: ddm DierichsDruck+Media, Kassel
Frankfurter Straße 168, 34121 Kassel
IMPRESSUM
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Etwa 200 Geotope – ganz zu schweigen von den anderen Sehenswürdigkeiten – machen
den Vogelsberg aus. Welche davon ragen heraus? Eine Auto-Tour mit Geopark-Geschäftsführer Hartmut Greb gibt einen Einblick in die Vielfalt von Natur und Geologie der Region.Vom Angersbacher Sonnberg, wo auf einer 20 Meter hohen Wand aus Mu-
Wanderweg Felsentour. Das Geotop ist eines von vielen, um die sich Ge-schichten und Sagen ranken. Das gilt auch für den durch einen Grenzstein
von 1775 bezeug-ten „Burgfrieden“ an der ehemaligen Grenze zwischen
den Riedeseln und dem zu Fulda gehö-renden Herbstein. „Hier gab es riesige Lavaströme. Die Fläche birgt Moose, Farne und Flechten. Manche davon wurden bei uns erstmals in Deutsch-land nachgewiesen, etwa am Dicken Stein bei Lautertal“, erklärt Greb. Sagenhaft geht es im Wald oberhalb von Hochwaldhausen weiter: Ein be-eindruckendes Ergebnis der 15 Milli-onen Jahre zurückliegenden vulkani-schen Aktivitäten sind die Uhuklippen, eine zehn Meter hohe und 500 Meter lange Steilstufe. Entstanden ist sie, als ein mächtiger Lavastrom durch Erosion abgebrochen ist. Je nach
Standort meint man, Tiergestal-ten, Figuren oder Gesichter im Fels
zu erkennen. Darunter auch das eines Riesen. Dieser soll bei einem Kampf mit einem Hünen umgekommen und zu Fels erstarrt sein. Auch um den Teu-felstisch, eine tonnenschwere flache Felsplatte mit drei Metern Durchmes-ser, rankt sich eine Geschichte: Der
schelkalk eine Burg gestanden haben soll, geht es Richtung Vogelsberg. Ein Abstecher von der Kreisstraße zwi-schen Stockhausen und Schloss Eisen-bach birgt gleich zwei Geheimtipps: Bärenmauer und Hohmichelstein. Die Bärenmauer markiert jene Stelle, wo 1678 der letzte Bär in der Region erlegt wurde. Der 499 Meter hohe Hohmichelstein erhebt sich keine fünf Gehminuten entfernt mitten im Wald und bietet einen fantastischen Fern-blick zum Hessischen Kegelspiel und zur Rhön.Die geologischen Anziehungspunkte reichen von Felsengalerien über Klip-pen oder bemooste Blocksteinhalden bis hin zu Säulen. Letztere entstehen durch den Abkühlungsprozess nach einem Vulkanausbruch. Dabei bilden sich senkrechte Risse. Eine Stelle, an der das anschaulich – und sehr gut zu-gänglich – deutlich wird, ist der Stein-bruch am Frisch-börner Hasenköp-pel. In den Höhenlagen nimmt der Wald zu. Für uns bedeutet das immer wieder: Auto abstellen und zwischen den Bäumen hindurchstreifen. So er-reichen wir den Diebesstein oberhalb von Lanzenhain, die Verwitterungs-kante eines Lavastroms direkt am
Karten spielende Teufel und versteinerte Riesen
Text und Fotos: Walter Kreuzer
Tour durch den Geopark Vulkanregion Vogelsberg
Der Bismarkturm auf dem Taufstein gehört zu den markan-testen Aussichtspunkten im hohen Vogelsberg.
ERKALTETERLAVASTROM
KLIPPEN, HALDENUND SÄULEN
Foto: mk-perspective - stock.adobe.com
NATUR
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Vom Hohmichelstein bei Rudlos bietet sich ein herrlicher Fernblick zur Rhön.
Teufel hat ein Kartenspiel mit Wald-arbeitern verloren und ärgerlich mit seinem Pferde-fuß auf die Platte ge-stampft. Mit etwas Fantasie ist der Ab-druck zu erkennen. Etwas weiter auf-wärts geht es noch zum 773 Meter hohen Taufstein mit dem rätselhaften Bonifatiusborn. „Der Heilige soll hier gepredigt haben. Die Wahrscheinlich-
keit, dass dies stimmt, ist aber nicht hoch. Nur bei der Schneeschmelze be-findet sich Wasser in dem Brunnen“,
zeigt sich Greb skeptisch und zeigt zum Bismarckturm. Von diesem Wahr-
zeichen des hohen Vogelsbergs bietet sich ein fantastischer Ausblick vom Gießener Becken über den Taunus bis nach Frankfurt.
Die Uhuklippen im Oberwald bei Ilbes-hausen gehören mit dem versteinerten „Gesicht eines Riesen“ zu den bekann-
ten Geotopen im Vogelsberg.
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Naturschauspiele rund um drei Seen
Text und Fotos: Corinna Hiss
Eine 13 Kilometer lange Wanderung verbindet Nieder-Moos, Ober-Moos und den Rothenbachteich
Drei völlig unterschiedliche Seen, weite Felder und dichter Wald: Die Drei-Seen-Tour, ei-
ner der Premiumrundwege „Extratour“ des Naturparks Hoher Vogelsberg, bietet auf 13 Kilometern Wanderge-
gleich vor mehreren Schildern, die in unterschiedliche Richtungen zeigen. Auch ist meist nicht der breit aus-gebaute Schotterweg der richtige, sondern der kleine Wiesenpfad, der unscheinbar abzweigt. Das hat einen
nuss pur. Rudolf Schlintz aus Nieder-Moos kennt den Weg und seine klei-nen Besonderheiten gut.Folge immer dem grün-roten Vulkan-zeichen – dieser Tipp ist Gold wert, denn hie und da steht der Wanderer
Am Ober-Mooser See hat sich eine Schwanenfamilie angesiedelt.
Foto: Picture-Factory - stock.adobe.com
NATUR
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Grund: Auf jeder Extratour im Vogels-berg wird darauf geachtet, dass so viel wie möglich auf unverbauten Wald- und Wiesenwegen gelaufen wird. Auch bei der Drei-Seen-Tour ist das der Fall: Von den insgesamt 13 Ki-lometern des Rundwanderwegs sind nur wenige Meter asphaltiert oder geschottert. Das bedeutet aber auch, dass das Schuhwerk dementsprechend ausge-wählt werden sollte. „Die Tour über-windet nur 104 Höhenmeter. Trotzdem sollten feste Schuhe angezogen wer-den“, sagt Rudolf Schlintz. Der Nieder-Mooser ist seit rund fünf Jahren aus-gebildeter Natur- und Kulturführer und bietet geführte Wanderungen auf der Drei-Seen-Tour an.Am besten starten Wanderer am Park-platz des Campingplatzes am Nieder-Mooser See. Dort muss der Einstieg gefunden werden: Das grün-rote Vul-kanschild hängt oberhalb des Cam-pingplatzes am Zaun neben Getreide-feldern. Dort weist auch eine Infotafel den richtigen Weg.„Wir laufen gegen den Uhrzeiger-sinn“, erklärt Schlintz. Wieso – das wird im Laufe der Wanderung deut-lich. Den Rundweg um den See ge-hen viele gern als kleine Runde, die Extratour geht am Ende des Sees geradeaus weiter, während der See-
Rundweg links abbiegt. An dieser Stelle verlässt die Route das Wasser. Es folgt ein sanfter Anstieg durch den Wald. Oberhalb des Waldes verändert
sich die Aussicht: Der Blick schweift zur Herchenhainer Höhe, auf Windrä-
der und Strohballen. Ganz kurz führt die Route auf as-phaltiertem Weg, biegt dann aber rasch rechts in die Wiese ab. Nach einer knappen Stunde wird klar, wieso Schlintz empfiehlt, gegen den Uhrzei-gersinn zu laufen: Steil geht es bergab Richtung Crainfeld. Doch der Ort wird nur gestreift. Nach gut eineinhalb Stunden Marsch ist wieder Wasser zu sehen. Am 18 Hektar großen Rothen-bachteich fühlen sich seltene Vogelar-ten wohl. Hinter dem Seedamm befindet sich die Landesstraße zwischen Bermuthshain und Ober-Moos. Auch dort besteht die
Möglichkeit, in die Tour einzusteigen. Vom Rothenbach-teich steigt der
Weg wieder leicht an und führt zum Ober-Mooser See, der ebenfalls Na-turschutzgebiet ist. In einer Hütte kön-nen wunderbar Graureiher, Spießen-ten und Schwäne beobachtet werden. Alle drei Seen gleichzeitig zu erblicken ist übrigens unmöglich. Vom Ober-Mooser Friedhof können allerdings der Ober- und der Nieder-Mooser See erhascht werden.
TOUR GEGENUHRZEIGERSINN
WENIGASPHALTIERT
Rhöner Routen 2012Rhöner Routen 2012
Am Nieder-Mooser See rund um den Campingplatz ist immer viel los.
Der Natur sich selbst überlassen: Waldidylle am Rothenbachteich.
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Die Tour gleicht einer Wunder-tüte. Was kommt nach der nächsten Kuppe oder Kurve?
Ist es eine Heckenlandschaft? Wei-den, Rinder und Schafe friedlich auf
Eine weitgehend intakte Natur, idyl-lische Dörfer und kleine Städtchen; mystische Basaltformationen zeugen von der vulkanischen Vergangenheit und stehen im Mittelpunkt von Legen-den und Sagen. Das sind die Pfunde, mit denen die Vogelsberger Touristiker wuchern – mit Erfolg. Europas größter Schildvulkan macht sich inzwischen als Wanderregion einen Namen. Bis zu 16 Kilometer lange Tageswan-derungen, sogenannte Extratouren, eignen sich auch für Ungeübte. Man-che sind auch für Familien mit Kindern gut zu erlaufen. Von einem anderen Kaliber ist der 115 Kilometer lange Vulkanring. Auf sechs Etappen ver-läuft dieser „Ring of Fire” auf etwa 500 Meter Meereshöhe dort, wo der Oberwald auf landwirtschaftlich ge-nutzte Flure trifft und zahllose Bäche gen Tal rauschen. Er verbindet Schot-ten, Grebenhain, Herbstein, Lauter-tal und Ulrichstein miteinander und streift außerhalb des Kreisgebietes Laubach (Kreis Gießen) und Gedern (Wetteraukreis).Ein Wiederholungstäter unter den Vul-kanring-Bezwingern ist Thomas von Keitz aus dem Hosenfelder Ortsteil Blankenau. Der 50-Jährige ist ambiti-onierter Wanderer, hat die Alpen per Pedes überquert und die 60 Kilometer zum Kreuzberg in einer elfstündigen Tagesetappe zurückgelegt. Wer sich solche Strecken zumutet, dem sind
einer saftigen Wiese? Ist es Hochwald oder kann der Blick etliche Kilometer in die Ferne schweifen? Der Vulkan-ring Vogelsberg führt rund um den hohen Vogelsberg.
Eine Wundertüte fast hinter jeder Kurve
Text und Fotos: Walter Kreuzer
Vulkanring Vogelsberg: In vier bis sechs Etappen auf dem „Ring of Fire“
Thomas von Keitz aus Blankenau, hier beim Hopfmannsfelder Galgen, hat den gesamten Vulkanring bereits zwei Mal absolviert.
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Das „V V“ auf weißem Grund begleitet den Wanderer auf allen Etappen des Vulkanrings.
Abschnitte von 15 bis 18 Kilometer pro Tag zu kurz. Warum nicht den Vul-kanring in nur vier Tagen erwandern? „Die Frage ist, wo man schlafen kann und wo die nötige Infrastruktur mit Läden und Gaststätten vorhanden ist. In Ilbeshausen, Ulrichstein, Laubach und Gedern ist das der Fall“, schildert er seine Überlegungen und erzählt: „Beim zweiten Mal war mir nicht bewusst, dass Gedern nicht mehr direkt auf der Strecke liegt. Sie führt nun an der Stadt vorbei. Es wurde ein harter Tag, da wir von der Route run-ter mussten.“ Seine Bewertung des Vulkanrings fällt rundweg positiv aus: „Landschaftlich braucht sich der Vo-gelsberg nicht zu verstecken und die Strecke ist sehr abwechslungsreich.“ Als Höhepunkte nennt er die Schalcks-bachteiche zwischen Herbstein und
Hopfmannsfeld, den Urwaldcharakter des Oberwaldes, den Hopfmanns-felder Galgen, den Totenköppel bei Meiches, den Ulrichsteiner Burgberg und die Felsformationen bei Ilbes-hausen: „Die neue Route führt über die Herchenhainer Höhe mit einer grandiosen Aussicht. Es gibt einen ständigen Wechsel von Wald und Flur,
das Bild verändert sich ständig.“ In Erinnerung geblie-ben ist ihm aber
auch das „typische Vogelsbergwetter im Herbst mit dem Wechsel zwischen Sonnenschein und Regen. „Gemein“ sei die Routenführung kurz vor dem Ziel seiner Gruppe in Ilbeshausen. Man habe sich bereits auf den Ab-schluss in der Gaststätte „Sauwirt“ gefreut: „Dann mussten wir noch eine Schleife laufen. Aber wir haben es durchgezogen.“
Der Wechsel von weiten Ausblicken, wie hier auf der Herchenhainer Höhe, und Wäldern sowie interessante Felsformationen und Kulturdenkmälern machen den Vulkanring Vogelsberg zu einem besonderen Wanderweg.
ANSTRENGUNGBEI GEDERN
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schon einmal jemanden in den Sinn kommen können, dachte damals auch Bernd Rausch, seinerzeit noch Stadt-rat in Romrod. Er forschte nach und kam zu dem Ergebnis: noch niemand hatte sich nachhaltig mit dem Thema beschäftigt. Also sammelte Rausch Material und stellte die Ergebnisse seiner Bemühungen 2011 in einer Power Point-Präsentation vor. Ganze
sieben Interessen-ten fanden sich zur der Veranstaltung ein. Heute zieht es
etliche Leute auf diesen Pilgerpfad.Davon sollten auch die Anrainer der Wege profitieren, und zwar nicht
Das Luther-Gedenken steckt noch vielen in den Knochen. Manch einer hat schon in den vergangenen Jahren
vorgedacht, wie Bernd Rausch aus Romrod, und mit einigen Mitstreitern ein eigenes Projekt buchstäblich aus dem Boden gestampft – den Luther-weg 1521.Den Schicksalsweg Martin Luthers von Worms, wo er seine Thesen vor dem Reichstag vertreten musste, zur Wartburg, wo er die Bibel ins Deut-sche übersetzte, für Wanderer auszu-zeichnen, das hätte doch eigentlich
begleitet. Eine gut bürgerliche Über-nachtung in Alsfeld am Marktplatz im sich nicht mehr im Originalzustand
befindlichen Lu-therhaus, eine rit-terliche Stippvisite auf Burg Herzberg
– Martin Luther war zu jener Zeit ein Promi, dem viele gerne die Türen öffneten. Nichtsdestotrotz war seine Reise auch gefährlich, er selbst wuss-te nicht, ob er heil und lebendig aus Worms zurückkehren würde. Solchen Ängsten ist der heutige Wanderer auf dem Lutherweg nicht ausgesetzt. Was seine Route durch den Vogelsberg angeht, befindet er
nur materiell. Rausch und seine Frau selbst haben das ehemalige Kinder-zimmer zu einer Pilgerherberge um- funktioniert, wie etliche andere am Weg auch, und die Wanderer dür-fen dort auch oft unentgeltlich über-nachten. Denn von den spannenden Geschichten, die Pilger zu erzählen wüssten, profitieren auch die Gastge-ber. „Es ist ein Geben und Nehmen“, findet Rausch. So mag es der Reformator auch ge-sehen haben. Denn auch wenn sein Weg beschwerlich und gefahrvoll war, wurde er doch auch von Gönnern
Gastliche Orte, die Geschichte atmen
Text: Bernd Götte
Der Lutherweg 1521 lässt das Deutschland des Spätmittelalters erahnen
EINE IDEE, DIEIN DER LUFT LAG
ÜBERNACHTEN BEI PRIVATLEUTEN
Das Kreuz an der Spitze der Wandergruppe beweist es: Der Lutherweg ist ein Ort für Pilger. Foto: Bernd Rausch
Bernd Rausch ist stolz auf die Stempel, mit denen Wanderer auf dem Lutherweg ihre Reise dokumentieren können. Foto: Bernd Rausch
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Vogelsberger Seiten – 2018
sich nämlich auf weitgehend befreun-detem Gebiet. Ihn reizten vielleicht auch die schöne Landschaft und die idyllischen Städtchen, die bis heute viel vom Flair des Spätmittelalters bewahrt haben. Da ist Alsfeld zu nennen, für Luther in mehrfacher Hin-sicht heimelig, wo nicht nur ein ehe-maliges Kloster der Augustiner, diesem Orden gehörte Luther ja auch einst an, sondern auch möglicher-weise sein Schüler und Freund Tile-mann Schnabel ihm einen warmen Empfang bereiteten.Wem sich dann, von Liederbach bei Alsfeld kommend, schließlich der Blick in das Tal nach Romrod öffnet, der ist zu Recht angetan. „Für uns war das bei der Wan-derung der schönste Moment“, befindet Wanderin Britta Göbel.
Dabei ist der Weg dorthin schon zau-berhaft. Er führt vorbei an einem Ort namens Oberrod, der fast nur noch aus einer Kirche besteht. Kirche ist auch ein gutes Stichwort für Grebenau, ein günstiger Einstieg für Osthessen in den Lutherweg. Die
kleine Stadt gehör-te nämlich einst zur Landgrafschaft und dem späteren
Großherzogtum Hessen-Darmstadt und wurde von den Landesherren gerne besucht. Diese verbanden dort das Nützliche mit dem Angenehmen: In den Vogelsberger Wäldern ließ es sich nämlich trefflich jagen, und da schadete es auch nicht, sich sonntags beim Gottesdienst unter die Unterta-nen zu mischen – welche durch eine Loge allerdings in standesgemäßen Abstand gehalten wurden.
Oft ist der Weg das Ziel, wie hier auf der ebenfalls durch den Vogelsberg führenden Bonifatiusroute. Foto: Vogelsberg Touristik
GREBENAU ALS GUTER EINSTIEG
Eine der wenigen bildlichen Darstellungen Tilemann Schnabels, eines Gastgebers Luthers (links), zeigt ein zeitgenössischer Stich. Repro: Stadt Alsfeld
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den Wald, an Bächen und Seen vorbei über naturbelassene Pfade, und am Wegesrand laden urige Gaststätten zum Rasten. Gut vier Stunden dauert eine Tour mit Kraus auf der 9,2 Kilometer langen Strecke, die nur geringe Steigungen aufweist und vielfältige Eindrücke hin-terlässt. Für Spannung sorgen die vie-len Sagen, die sich um das idyllische Flüsschen ranken. So soll im Jung-fernloch eine Jungfer vom Homberger Bergschloss mitsamt ihrem Schimmel
ertrunken sein. Zur Labung ließen sich die Homberger etwas Außerge-
wöhnliches einfallen: Ein Naturkneipp-erlebnis. Auf beiden Seiten eines 300 Jahre alten Steinstegs wurden Bänke aufgestellt. Hier kann man sich seiner
Als ich vor Jahren erstmals auf der Schächerbachtour unter-wegs war, wurde mir klar,
weshalb sie so viele Erlebnispunkte hat: Sie ist sehr abwechslungsreich“, schwärmt Hombergs Bürgermeisterin Claudia Blum. Und das mit gutem Recht: Die Extratour gilt als einer der schönsten unter den 90 Premiumwan-derwegen in Hessen.Die herausragende Bewertung durch das Deutsche Wanderinstitut hat Aus-wirkungen. „Wir brauchen kein Mar-keting zu machen, sondern müssen bald eine Ampel aufstellen“, betont Hartmut Kraus. Er meint das nicht ernst. Aber: „Bei schönem Wetter sind bis zu 1000 Leute auf der Strecke.“ Mal geht es über Wiesen, dann durch
schein und pfiff die Stunden auf den Fingern; auf der anderen Seite kam ein Hahn heraus und krähte die Uhrzeit.
Doch 1612 ist die-se Uhr weggekom-men.“ Einige Minuten
später wird er angeschrien – von ei-nem Insassen des Verlieses im Haux-turm. „Was gafft Ihr so? Ich brauche Wasser!“, schallt es aus dem Loch. Durch malerische Gassen, an schmu-cken Fachwerkhäusern vorbei geht es zur Stadtkirche und weiter zum Schloss. Längst nicht nur um die jün-gere Geschichte des Anwesens ranken sich viele Gerüchte. So etwa um den Verkauf 1911 durch den Landgrafen an den „armen Landarzt Dr. Carl Wagner“. Das Geld soll er von einer Gräfin erhalten haben, mit der er „ein Tech-telmechtel hatte und der er am Sterbe-bett schwor, nie zu heiraten“. 2012 wurde das Schloss von einem Sä-gewerksbesitzer erworben und an die Stadt weiterverkauft. Seither sind hier die Schlosspatrioten ehrenamtlich und unermüdlich zu Gange, um das Anwe-sen herzurichten und zu erhalten – und ihre Gäste sonntags im Café zu ver-wöhnen. Für diese lohnt sich der Auf-stieg noch aus anderen Gründen: Der fantastische Rundblick schweift über die Stadt und das Ohmtal ins Amöne-burger Becken; und vor den Burgmau-ern steht eine fast 1000 Jahre alte Linde, in die man hineingehen kann.
Schuhe und Socken entledigen und barfuß durch das kühle Wasser laufen. Mit der Geotour Felsenmeer beginnt in der Kernstadt eine zweite Wan-derstrecke durch die Natur. Auch sie ist recht abwechslungsreich. Die Einblicke in Europas größten Basalt-steinbruch und das idyllisch gelegene Geotop Felsenmeer sind hier die Hö-hepunkte. Wenn Hartmut Kraus zum Stadt- und Schlossrundgang lädt, ist es nicht einfach, mit ihm Schritt zu halten. Homberg liegt auf einem Berg, auf dem ganz oben das Schloss thront. In den Gehpausen erzählt Kraus – etwa über das 1539 erbaute Rathaus und dessen Uhr: „Wenn sie die volle Stun-de schlug, kam ein Männlein zum Vor-
Sagen, idyllische Wege und eine hohle Linde
Text und Fotos: Walter Kreuzer
Homberger Schächerbachtour: einer der schönsten Premiumwanderwege Hessens
BARFUSS DURCHSKÜHLE WASSER
VIERSTÜNDIGETOUR
Die Schächerbachtour führt durch idyllische Wälder und quert mehrfach den Schächerbach sowie die Ohm.
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und Stahlseilen vor mir und ignoriere den zwischen den Hölzern hervorblit-zenden Untergrund.Gefühlt Millimeter um Millimeter schiebe ich den Fuß vorsichtig in Richtung Abgrund, warte, bis ich die schaukelnde Holzstufe gut vor mir platziert habe, damit sich der Tritt einfacher setzen lässt. Bis man allerdings geschmeidig wie ein Eichhörnchen von Baum zu Baum flit-zen und springen kann, bedarf es viel Balance, einiger Übung – und einer gehörigen Portion Mut.Von Übung zu Übung wird es leich-
Die Freiheit scheint grenzenlos zu sein – zwischen den Wip-feln leichtfüßig von Baum zu
Baum springen, als hätte man nie et-was anderes gemacht. Was sonst nur Eichhörnchen vorbehalten ist, kann auf dem Hoherodskopf in Schotten jeder Besucher selbst ausprobieren.Ein leicht mulmiges Gefühl beschleicht mich in 15 Metern Höhe über dem Waldboden. Hoch oben auf den klei-nen Plattformen, die an den Bäumen befestigt sind, ist der Moment der Wahrheit. Schaffe ich es oder verlie-re ich gegen meine Höhenangst? Die Blöße will ich mir nicht geben, konzen-triere mich auf den Pfad aus Brettern
im Notfall ernste Folgen haben. Aber auch darauf, dass man auf den einzel-nen Segmenten der Parcours alleine unterwegs ist und niemals mit mehre-ren, gilt es zu achten. Denn durch die Schwingungen einer anderen Person kann man schnell das Gleichgewicht verlieren.Doch manchmal geht es nicht mehr weiter – entweder weil man wort-wörtlich in den Seilen hängt, sich nicht mehr weiter traut oder einen die Kräfte verlassen haben. Alles kein Problem für die Mitarbeiter des Kletterwalds. „An jeder Stelle können wir euch sicher vom Baum holen. Ihr müsst einfach nur nach uns rufen“,
ter: Selbstvertrauen und Adrenalin machen es möglich. Denn was sollte schon passieren? „Mit diesem Haken seid ihr immer gesichert“, hat Katha-rina Lack bei der Einweisung erklärt. „Egal wie sehr ihr daran zieht und rüt-telt, er wird sich niemals öffnen.“ Die
junge Studentin arbeitet bereits ihre vierte Saison im Kletterwald.
Ohne Einweisung, wie sich Besucher auf dem Parcours sichern und beneh-men sollten, gibt es kein Bändchen und damit keinen Zutritt zu den Bäu-men. Das hat seinen guten Grund. Si-chert man sich nicht richtig, kann das
Auf Eichhörnchens Spuren von Baum zu Baum
Text und Fotos: Christiane Hartung
Der Kletterwald auf dem Hoherodskopf bietet auf zehn Parcours Nervenkitzel in luftiger Höhe
Über Hängebrücken führt ein Pfad durch die Baumkronen. Viel Balance und Geschick verlangt der Parcours von den Kletterern ab.
WAS SOLLTE SCHON PASSIEREN?
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gibt die junge Frau Instruktionen. Im-mer wieder laufen sie oder ihre Kolle-gen durch den knapp 20.000 Quadrat-meter großen Wald. Ein wichtiger Hinweis für die Klette-rer sind die Hinweistafeln, die jeweils die Einstiege der zehn Parcours mar-kieren. Sie geben Auskunft darüber,
wie schwer die jeweilige Strecke ist – von leicht über mittel bis schwer und Profi. Insgesamt 110 Übungen auf knapp 2,5 Kilometern versprechen nicht nur alten Kletterhasen, sondern auch Anfängern jede Menge Spaß.Das Schönste am Ende von jedem Parcours ist die Seilbahn. Auf einer
kann man sogar über 130 Metern quer durch den Wald fliegen. Dabei lege ich, wie die Studentin es mir gezeigt hat, eine Hand auf der Rolle ab, mit der anderen umfasse ich von hinten das Stahlseil. So kann ich mit den hitzesicheren Handschuhen selbst bestimmen, wie
schnell es abwärts gehen soll und bremsen. So sicher wie das Amen in der Kirche ist allerdings der Muskel-kater – zumindest für blutige Kletter-Anfänger wie mich. Daher sollte man sich zu Anfang nicht überschätzen. Gerade Arm- und Beinmuskulatur wer-den stark beansprucht.
Belohnung für die Kletterpartie: Mit der Seilbahn sausen wir am Ende
des Parcours wieder auf den Boden.
Hoch über den Köpfen führen die Pfade durch die Bäume.
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der Wetterau bis nach Schlitz. Beein-druckend, dass dabei nur rund 300 Hö-henmeter überwunden werden. Das hat einen Grund: Der Radweg ist dort gebaut worden, wo früher die Ober-waldbahn fuhr. Einstiegsmöglichkeiten gibt es vie-le, gut eignet sich der Grebenhainer Ortsteil Crainfeld. Wer ein wenig
A n s t r e n g u n g nicht scheut, der sollte sich den Abstecher nach
Hartmannshain nicht entgehen lassen. Dort ist zum einen der höchste Punkt
Unsere Vorfahren waren schlau: Sie bauten eine Eisenbahn-strecke, die mit nur wenig
Steigung den Vogelsberg, das größte Vulkanmassiv Mitteleuropas, passier-te. Heute profitieren Radfahrer aus nah und fern davon. Hügelig. Rau. Anstrengend. Solche At-tribute kommen mir in den Sinn, wenn ich daran denke, im Vogelsberg aufs Rad zu steigen. Die wohl bekannteste Tour ist der Vulkanradweg. 94 Kilometer lang schlängelt er sich von Altenstadt in
Am höchsten Punkt in Hartmannshain grüßt die Wetterau. Bis nach Alten-stadt ginge es bergab, doch ich drehe um. Der Rückweg bietet, obwohl es die gleich Strecke ist, neue Perspek-
tiven und Blickwin-kel. Und: Ich kann es die ganze Zeit rollen lassen.
Wunderschön und völlig unanstren-gend ist der Abschnitt zwischen Crain-feld und Ilbeshausen. Dahinter wird es wieder waldiger. Die Talauen bei Herbstein werden passiert, ein Na-turschutzgebiet mit kleinen Bächlein,
des Vulkanradwegs, zum anderen be-ginnt kurz dahinter der Wetteraukreis.Beim Start in Crainfeld ist es sinnvoll, zuerst die rund sechs Kilometer bis nach Hartmannshain zu fahren. Denn dann ist das an-strengendste Stück gleich zu Beginn geschafft. Eine gute halbe Stunde geht es stetig bergauf – steiler, als der Vulkanradweg im Vo-gelsberg sonst ist. Doch die Anstren-gung lohnt sich: Der Blick schweift über weite Felder, vorbei an Windrä-dern, die sich in der Ferne drehen.
Einmal quer durch den Vogelsberg
Text und Fotos: Corinna Hiss
Auf der alten Eisenbahnstrecke führt der Vulkanradweg von Hartmannshain bis nach Schlitz
94 KILOMETER LANG
EINSTIEGOFT MÖGLICH
Höhepunkt der Strecke zwischen Herbstein und Lauterbach auf dem Vulkanradweg ist Schloss Eisenbach. Foto: Christina Marx
ERLEBEN
Vogelsberger Seiten – 2018
MÖGLICHKEITZUR EINKEHR
bach. Kurz dahinter bietet sich eine Einkehr in der „Zentralstation“ an, im alten Frischborner Bahnhof. Die Kneipe hat aber nur von Donnerstag bis Sonntag geöffnet. Dafür laden Cafés in der Kreisstadt Lauterbach
täglich zum Ver-weilen ein. Von Hartmannshain bis Lauterbach sind es
knapp 30 Kilometer, bis Schlitz weite-re 17. Auf dieser Strecke fährt auch der Vulkanexpress, doch ich drehe um und radle die Strecke zurück. Mein Fazit: Der Vulkanradweg ist zu Recht die schönste Möglichkeit, den Vogels-bergs zu erkunden.
die sich zwischen Basalt-Felsblöcken hindurchwinden, und mit den für den Vogelsberg typischen Bergmähwiesen. Faszinierend ist auch, wie tatsächlich geschafft wurde, dass die Strecke fast eben ist – obwohl die Landschaft rund herum von Hügeln geprägt ist. Um das zu erreichen, nimmt der Vul-kanradweg meist nicht die direkteste Route, dafür verläuft er ähnlich wie die Höhenlinien auf Landkarten um die Steigungen herum, statt sie zu erklim-men. Hinter Herbstein taucht ein Höhepunkt des Vulkanradwegs auf: Schloss Eisen-
Kurz vor Hartmannshain verspricht der „Rhönblick” eine Aussicht auf Wasser-kuppe und Milseburg.
Auch das ist der Vulkanradweg: dichter Wald mit sattem Grün.
Im alten Frischborner Bahnhof können Radler in der „Zentralstation” einkehren.
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ankommen. Hierzu zählt der Kooka-burra, auch Lachender Hans genannt. Seine markante Stimme erinnert an lautes Gelächter, das mit einem leisen Ruf beginnt und in ein lautes, hyste-risch erscheinendes Lachen übergeht.Nicht nur der Kookaburra animiert die Gäste der Greifvo-gelwarte zum La-chen. Das besorgt meistens schon der Chef selbst. „Ich versuche, die Leute mit Humor und Spaß zu fesseln“, sagt der 30-Jährige. Das fängt schon bei der Bezeichnung des Steve-Wonder-Saloon genannten „Baby-Hauses“ an und hört bei den Namen für die Vö-
Charlie, Cinderella, Max und Ste-ve Wonder geben sich die Ehre im Vogelsbergkreis. Wo? In der
Greifvogelwarte Feldatal in Ermenrod. Der Truthahngeier, der amerikanische Buntfalke, der Schildrabe und der Weißkopfseeadler gehören dort zu den Stars der täglichen Flugshow.Falkner Michael Simon hat sich einen Kindheitstraum erfüllt und eine Greif-vogelwarte aufgemacht. Wobei: Der Name täuscht etwas, denn neben Greifvögeln hält Simon auch Eulen, Störche und andere Vögel, die nicht zu den Greifvögeln gehören – die in den täglichen Flugshows aber mindestens ebenso gut beim Publikum
auf dessen Fragen er eingeht, werden „gut angenommen. Aber über Wasser halten uns die Erlebnisse.“ Mit diesen Angeboten erfüllen sich viele Vogel-freunde lange gehegte Wünsche. Ob ein Spaziergang mit einem Greifvogel, einige Stunden mit den Adlern oder Eulen oder aber ein Tag als Falkner – das Angebot ist vielfältig und geht auf die Wünsche der Teilnehmer ein.So auch an diesem warmen Morgen. Drei Gäste haben sich eingefunden. Während Michael Simon die wenige Wochen alten amerikanischen Bunt-falken füttert, erzählt er von dieser Art. Ausgewachsen sind sie nur halb
so schwer wie die hiesigen Turmfal-ken. Bei Informati-onen, gepaart mit
Anekdoten über die Eigenheiten der verschiedenen Spezies, vergeht die Zeit wie im sprichwörtlichen Flug. „Falknerei ist einer der schöns-ten Wildtierhaltungen.
Du kannst die Vögel jagen lassen. Mit
dem Steinadler gehen wir im Winter raus. Dann jagt er schon mal Hasen“, erzählt Michael Simon seinen Zuhö-rern. Für die kommt ein Höhepunkt des Tages, als sie beim Füttern eine kleine Eule halten dürfen.
gel – Cinderella, Charlie, Carina und Aschoga lassen grüßen – längst noch nicht auf. Oft nimmt er sich selbst mit auf die Schippe.Schon als Junge wollte Simon diesen Beruf ergreifen, wenn er auf Wochen-endausflügen oder im Urlaub mit den
Eltern immer auf Burgen und Schlösser woll-te – gerne am
Rhein, wo Falkner ihre Flugschauen zeigten. Helmut und Esther, Freunde im Nachbarort, lehrten ihm den Um-gang mit Vögeln. Es folgten der erste Greifvogel, Abitur und Falknerschein; das Physikstudium gab er aus gesund-heitlichen Gründen auf und nachdem quasi über Nacht in Ermenrod das passende Grundstück erworben war, wurde sein Traum wahr. Inzwischen hat er knapp 200 Greifvö-
gel und Uhus groß gezogen – und
stets darauf geachtet, dass sie nicht auf den Menschen geprägt wer-
den. „Seit zwei Jahren trägt sich die Anlage“, erzählt er. Die Flugshows, in die er das
Publikum gerne einspannt und
Auf Du und Du mit Adler, Falke und Uhu
Text und Fotos: Walter Kreuzer
Greifvogelwarte Feldatal in Ermenrod bietet Flugshows und Erlebnistage
INFOS MITSPASS UND HUMOR
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Falkner Michael Simon von der Greifvogelwarte Feldatal bei seiner Lieblingsbeschäftigung: Er lässt einen seiner Uhus fliegen.
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ERLEBEN
Vogelsberger Seiten – 2018
Handzahm ist dieser Papagei, dem die Besucher der Greifvogelwarte ganz nahe kommen können.
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2018 – Vogelsberger Seiten
20 ERLEBEN
Die Ausflugstipps in diesem HeftSCHWKREIS
MARBURG-BIEDENKOPF
KREIS GIESSEN
WETTERAUKREIS
La
Feldatal
Mücke
Romrod
Gemünden
Schotten
Ulrichstein
Kirtorf
Antrift-tal
Homberg
BURGRUINE WARTENBERG
Die Burg Wartenberg ließ Friedrich von Angersbach um 1220 auf einem Felssporn im Lautertal erbauen. Der Komplex hatte nicht lange Bestand: 1265 wurde er durch Truppen von Bert-ho II. von Leibolz, Abt zu Fulda, in einer Fehde mit Klostervogt Graf Gottfried V. von Ziegenhain zerstört. Dieser hatte sein Territorium zu vergrößern versucht und erhob sich mit seinen Untervögten, einschließlich derer von Wartenberg, gegen den Abt. Bertho besiegte die Adligen und eroberte 15 Burgen seiner Gegner zwischen Rhön und Vogelsberg. Seither wurde die Burg nicht wieder aufgebaut. Sie ist Namensgeberin der Gemeinde Wartenberg, die 1972 aus dem Zusammenschluss der Dörfer Angersbach und Landenhausen hervorging. Seit 1976 pflegt eine Fördergemeinschaft die öffentlich zugäng-liche Anlage.
A
SCHLOSS STOCKHAUSEN
Zwischen 1790 und 1807 wurde das dreiflügelige Schloss im Empire-Stil von Georg Koch, Hofbaumeister der Freiherren von Riedesel, errichtet. An gleicher Stelle stand seit Mitte des 16. Jahrhunderts die Herrmannsburg der Freiherren, von der Kellergewölbe im heutigen Schloss erhalten sind. Das Schloss mit Wirtschaftshof, barockem Herrenhaus und schöner von zwei Wachpavillons flankierter Toreinfahrt wird von der anthroposophischen Gemeinschaft Altenschlirf ge-nutzt und kann daher nur von außen besichtigt werden. In Werkstätten der Gemeinschaft Altenschlirf mit Gärtnerei, Woll- und Brennholzwerkstatt sowie Lädchen werden land-wirtschaftliche, handwerkliche und ökologisch erzeugte Pro-dukte angeboten. Sehenswert ist der gepflegte Landschafts-park mit Gartenanlage und Teich.
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C
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Vogelsberger Seiten – 2018
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Die Ausflugstipps in diesem Heft
KREIS FULDA
KREISHERSFELD
ROTENBURG
HWALM-EDER-KREIS
MAIN-KINZIG-KREIS
Grebenhain
Lautertal
Lauterbach
Grebenau
Schwalm-tal
Herbstein
Alsfeld
Freien-steinau
Schlitz
Warten- berg
GETREIDEMUSEUM
In dem typischen Vogelsberger Einfamilienhaus des ehema-ligen landwirtschaftlichen Anwesens erwartet den Besucher eine Zeitreise durch 300 Jahre Mühlengeschichte. Nach vielen Restaurierungsarbeiten öffneten Karin Kaiser-Kuss, Michael Kuss und ihre Tochter Anne 2013 erstmals die Weidmühle beim Deutschen Mühlentag. Seither sind zahl-reiche Besucher auf den Geheimtipp im Schottener Stadtteil aufmerksam geworden. „Wir sehen die neue Funktion der Weidmühle als technisches Museum, touristischer Zielort und kultureller Veranstaltungsort mit Lesungen“, fasst Kuss zusammen. Weidmühlenweg 70, 63679 Schotten-Eschenrod, Tel. (0 60 44) 8121
C
PUPPENMUSEUM
In einem ehemalige Rittergut hat Lucie Waschkewitz zu-sammen mit ihrem Mann vor 15 Jahren ein Puppenmuseum eingerichtet. Für Kinder und zum Spielen sind die rund 600 Exponate nicht geeignet. Dazu sind die Puppen zu alt und zer-brechlich. Einige stammen aus dem 17. oder 18. Jahrhundert, die jüngsten Schildkrötpuppen datiert Waschkewitz auf die Zeit um 1940. Auch Puppenwagen, Teddybären, Puppenhäu-ser und eine Puppenküche, Weihnachtsdekoration oder eine Ecke mit Osterdekoration füllen die Räume.Im Unterdorf 1, 36326 Antrifttal-Seibelsdorf, Tel. (0 66 31) 3536
DA
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Ausflugstipps auf dieser Doppelseite
Seitenzahl der zugehörigen Geschichte im Heft)
2018 – Vogelsberger Seiten
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PHILIPPI REISENAlsfelder Straße 32–3435325 Mücke/Groß-Eichen
LAUTERBACHER REISEBÜRONeuer Steinweg 1Tel. 06641 9191-15
Reisebüro PHILIPPI AlsfeldSchellengasse 34Tel. 06631 9677-33
Tel. 06400 [email protected]
Weil Urlaub die wertvollste Zeit des Jahres ist
Busreisen
Mannschaftsfahrten
Vereinsfahrten
Betriebsausflü
ge
Wir bewegenden Vogelsberg!
viel Abwechslung geboten. Alleine mehr als 300 Tiere von Dutzenden Ar-ten wollen bestaunt – und im Streichel-zoo auch gerne ge-streichelt – werden.Etwas abgelegen am Stadtrand von Schotten findet sich eines der belieb-testen Ausflugsziele im Vogelsberg-
Sie suchen Beschäftigung und Abwechslung für die Kinder? Oder ein Ausflugsziel für die
ganze Familie, bei dem Jung und Alt viel Spaß miteinander haben können? Eine der zahlreichen Alternativen, die der Vogelsberg dafür bietet, ist der Vo-gelpark Schotten. Auf einem 40 Hekt-ar großen parkähnlichen Gelände wird
Gästen wurde ein neuer Rekord aufge-stellt. Auf diesem Erfolg auszuruhen, ist aber nicht vorgesehen. „Wir bauen das Angebot unseres Vogelparks im-mer weiter aus“, erklärt dessen Leiter Frank Jung. Rechtzeitig zu den großen Ferien im Sommer solle eine Anlage für die Liszt- und Totenkopfaffen eröff-net werden.
kreis. Auf dem großzügigen Gelände mit altem Baumbestand laden zahl-
reiche Spiel- und Aktivstationen zum Verweilen und Spaß haben ein. Dass
dieses Konzept bei den Gästen gut an-kommt, zeigt die Besucherresonanz im vergangenen Jahr. Mit etwa 100.000
Spaß, Spiel und eine exotische Tierwelt
Text und Fotos: Walter Kreuzer
Der Vogelpark Schotten bietet viel Abwechslung
Die vielen Vögel geben dem Park den Namen, doch er hat seinen Besuchern noch viel mehr zu bieten.
ERFOLGREICHESKONZEPT
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Vogelsberger Seiten – 2018
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Wir bewegenden Vogelsberg!
Tieren kommen die Mädchen und Jungen diesen ganz nahe. Auch in der Freiflughalle, an den Vogelvolieren sowie im Reptilien- und Affenhaus mit den Riesen-Schild-kröten, Schlangen und Spinnen ist das der Fall. Eine besondere Attraktion ist natürlich der
Auch bisher schon stehen die vielen Vierbeiner und gefiederten Zweibei-ner besonders hoch im Kurs – insbe-sondere bei den Kindern. Heimische Vogelarten wie Störche oder Eulen sind hier ebenso zu finden wie Aras oder Kakadus, deren Heimat in exo-tischen Ländern liegt. Im Streichelzoo mit Ziegen und anderen heimischen
teuerspielplatz sind weitere Attrakti-onen auf dem weitläufigen Gelände, durch das die Nidda in ihrem natürli-chen Bett fließt. Die Kids können sich zwischendurch auf einem Spielplatz austoben, auf dem die Riesen-Hüpf-kissen und ein Klettergerüst nur zwei Beispiele für die zahlreichen Spielge-räte sind.
großzügige Australienbereich mit den Kängurus und Emus. Der von den gemeinnützigen Schotte-
ner Soziale Dienste betriebene Vogel-park beschränkt sein Angebot aber nicht
allein auf die Tiere. Ein Sinnespark mit Barfußpfad sowie ein großer Aben-
Hüpfkissen und Streichelzoo lassen Kinderherzen höher schlagen.
2018 – Vogelsberger Seiten
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SEIT 540 JAHREN IM BESITZ
Der Vogelsberg ist reich an Se-henswürdigkeiten, Ausflüge lohnen sich. Abwechslungs-
reich ist die Vielfalt an Burgen und Schlössern. Einige der historischen Gebäude sind öffentlich zugänglich. Sie sind heute Museum, Schulungs-stätte oder bieten modernen Luxus für Gäste – und immer einen Blick in die Geschichte.„Guten Tag! Ist das Ihre Burg?“ Ein Junge in einer Gruppe von mehr als 30 Erwachsenen mit Kindern und Ju-gendlichen hat sich ein Herz gefasst und spricht den älteren Herrn an, der soeben das hölzerne Tor geöffnet und
danach die Gäste freundlich hereinge-beten hatte.In der Tat, es ist seine Burg: Die Frei-herren von Dörnberg haben seit 540 Jahren und 32 Generationen das Sa-gen auf Burg Herzberg. Familienwap-pen auf dem Gelände zeugen davon. Jürgen Freiherr von Dörnberg und Frau Beatrix sind die ak-tuellen Burgherren. Der 78-Jährige gibt gerne Auskunft über die Anlage, die die größte Hö-henburg Hessens ist.Beinahe täglich ist das Tor geöffnet; für Gruppen bietet der Burgherr Füh-
rungen an. „Ich bin drei- bis viermal in der Woche hier oben“, sagt Freiherr von Dörnberg. Eigentlich wohnt er nicht auf der Burg. Bei größeren Ver-anstaltungen bleibt er aber schon mal über Nacht dort. Eine kleine Wohnung ist in einem der Türme eingerichtet.
„Die Sonnenaufgän-ge sind einfach schön hier“, sagt er und deutet mit dem Arm
auf den Horizont; von hier bietet sich an klaren Tagen ein Blick zur Wasser-kuppe, zum Inselsberg und in den Knüll. Die Ursprünge der stattlichen Anla-ge mit Wehrkirche reichen bis zu den
Anfängen des hessischen Fürstenhau-ses zurück. Sie wurde Ende des 13. Jahrhunderts an einer Heer- und Han-delsstraße auf dem 508 Meter hohen Basaltgipfel des Herzbergs errichtet. Über Zwischenstationen kam die Burg 1477 in den Besitz der Freiherren von Dörnberg, die sie vergrößern und stark befestigen ließen. „Die Mauern aus Buntsandstein sind rund fünf Meter dick“, erklärt von Dörnberg. Die West-mauer des Palas, des einst repräsen-tativen Saalbaus des Komplexes, steht auf der Gemarkungsgrenze der Stadt Alsfeld. Der Herzberg ist damit Teil des Vogelsbergs. Noch heute hat die einst durch siebe Türmen mit jeweils zwei Kasematten, vielen Kanonen und Grä-ben geprägte Burg das Erscheinungs-bild einer Festung.Obwohl sie im 18. Jahrhundert ihre militärische Bedeutung verlor und zeitweise als Steinbruch und Försterei genutzt wurde, blieb Burg Herzberg bekannt: Weil dort seit 1968 das Burg-Herzberg-Festival ausgetragen wird, pilgern jährlich rund 15.000 Musikfans
Selbstbewusst: Rund fünf Meter dicke Steinmauern und mehrstöckige Türme mit Fachwerkgeschoss prägen Hessens größte Höhenburg Herzberg noch heute. Heute wohnt die Familie des Gastwirts dauerhaft in der Anla-ge; im Wohnturm (Hintergrund) hat sich der Burgherr eine kleine Bleibe eingerichtet.
Auf den Spuren mutiger Ritter und adliger Herren
Text und Fotos: Norman Zellmer
Burgen und Schlösser im und rund um den Vogelsberg bieten facettenreiche Geschichte(n)
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Vogelsberger Seiten – 2018
HIPPIES UND PILGER
nach Breitenbach und machen die Ge-gend zur größten Hippie-Versammlung Europas. „Dann wird die Burg wieder belagert und eingenommen“, sagt Jür-gen von Dörnberg scherzend. Aber auch sonst finden sich beinahe täglich Besucher an Berg und Burg ein. Grund ist ne-ben Märkten und Veranstaltungen an den alten Mauern die Burgschänke. Sie lädt zum Verweilen ein. Inzwi-schen kommen auch Gäste von weiter her: Denn die Burg Herzberg liegt an
mehreren Wanderwegen – unter an-derem am Lutherweg. Hintergrund ist die Dörnbergsche Familiengeschichte: Ein direkter Vorfahre Jürgen Freiherr von Dörnbergs war mit dem Reforma-
tor befreundet, wurde glühender Anhänger seiner Lehre; sogar in der Kapelle der Burg
soll Luther gepredigt haben. Diese und andere wissenswerte Anekdoten rund um Familie, Anlage und Region erzählt der Burgherr gern bei den Führungen durch seine Burg.
Burgherr in der 32. Generation: Jürgen Freiherr von Dörnberg führt regelmäßig
Besuchergruppen durch die Burg.
Die Hallenburg ist aus einem mittelalterlichen befestigten Gutshof hervorgegan-gen, der außerhalb am Rande der Stadt Schlitz lag. 1706 bis 1712 ließ Friedrich Wilhelm Graf von Schlitz genannt von Görtz nach den Plänen des französischen Architekten Louis Remy de la Fosse ein spätbarockes Schloss errichten. Heute be-herbergt das Schloss die Landesmusikakademie Hessen und den Landesmusikrat.
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2018 – Vogelsberger Seiten
2626
im Inneren alles um Steine, Lavaaus-brüche und Magnetismus dreht: In Schotten steht laut Geowissenschaft-lerin Anja Lehmann Hessens einziges Vulkanmuseum. Seit Eröffnung im
Sommer 2017 wa-ren im Durchschnitt mehr als 2500 Be-sucher pro Monat gekommen, um
etwas über die Geschichte des Vul-kanismus zu erfahren oder um selbst geologisch-physikalische Experimente durchzuführen. „Wir wollen unsere Gäste für die Geologie und die Erdge-schichte begeistern. Die Ausstellung ist populär-wissenschaftlich aufbe-reitet, damit jeder versteht, worum es geht“, sagt die Museumsführerin. In der Ausstellung wird ein breiter thematischer Bogen gespannt: über
Das Erdreich erkunden, der Geschichte der Erde auf den Grund gehen, Magnetismus
entdecken und zu spannenden geolo-gischen Fragen forschen: In der Stadt Schotten kommen Naturliebhaber und Umweltinteressier-te auf ihre Kosten. Im Erlebnismuseum Vulkaneum gibt es explosive Erlebnis-se zu bestaunen.Der moderne Gebäudekomplex mit geneigtem begrüntem Dach und Aus-sichtsturm erinnert auf den ersten Blick nicht an die Heimstätte von Vulkanologen. Doch ein großes Schild mit der Aufschrift „Vulkaneum“ – eine Zusammensetzung aus den Worten Vulkan und Museum – lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass sich
Spannende Reise durch eine heiße Vergangenheit
Text und Fotos: Norman Zellmer
Erlebnisausstellung des Vulkaneums Schotten zeigt Facetten der Themen Geologie und Vulkanismus
ÜBER 2500 BESUCHER
PRO MONAT
Mutprobe: Besucher können sich unter den „Schwebenden Stein“ – einen rund 400 Kilogramm schweren Trachyt-Brocken – legen.
ERLEBEN
Foto: Vulkaneum.com
Vogelsberger Seiten – 2018
GRÖSSTES VULKANGEBIET
einen Zeitraum von 19 Millionen Jah-ren Erdgeschichte von der Entstehung des Vogelsberges durch Vulkanismus über die Verwitterung von Gestein, menschliche Besiedlung bis hin zu Mythen und Legenden. Besucher erle-ben auf rund 420 Quadratmetern eine Zeitreise mit Multimedia-Installatio-nen, inszenierten Räumen, interakti-ven Exponaten und Experimentiersta-tionen – das Vul-kaneum will mehr als ein Steinemuseum sein. Die Schau ist in zwölf Bereiche un-terteilt und bildet einen Rundweg. Mitarbeiter bieten altersgerechte Führungen an. Highlights der Erleb-nisausstellung sind unter anderem ein rund 400 Kilogramm schwerer schwe-bender Trachyt-Stein, unter den sich Gäste legen können, das sogenannte Buch der Legenden, das zum Leben erweckt werden kann, sowie musika-lische Steine. Hintergrund der Museumsidee ist die Landschaft des Vogelsberges und des-sen im Wortsinne heiße und explosive Vergangenheit: Die Region gilt mit etwa 2500 Quadratkilometern – das
ist etwa die Größe des Saarlandes – als das größte zusammenhängende Vulkangebiet Mitteleuropas und be-steht aus vielen Einzelvulkanen. Der mehr als 770 Meter hohe Taufstein, der im Stadtgebiet Schottens liegt, ist der höchste Gipfel des Vogelsberges. „Was lag also näher, als das Muse-um hier zu bauen“, so Lehmann. „Das
Vulkaneum war eigentlich überfäl-lig“, sagt sie. Das Vulkaneum,
dessen Slogan „Ich steh’ auf Vulkan“ lautet, ist aber nicht nur Erlebnis- und Informationsstation für Interessierte aller Altersklassen. Die Einrichtung ist ein wichtiger Baustein der touris-tischen Ausrichtung der Region auf das Thema Geologie: Mit dem Muse-um wurde ein Geopark eingerichtet. Neben Geotopen, einem Netz aus-geschilderter Wege und thematisch geführten Wanderungen sowie eine geplante Themenstraße, die den Vo-gelsberg mit der Eifel – dem zweiten großen Vulkangebiet Deutschlands – verbinden soll, soll das Vulkaneum die zentrale Erlebnisstation für Gäste der Region sein.
Tanz um den Vulkan: Eine Besuchergruppe steht um ein aus grauen Bettdecken gebautes Modell in der Vulkaneum-Ausstellung, an dem eine Museumsführerin Vulkan-typen erläutert.
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DER TIER- & ERLEBNISPARK
2018 – Vogelsberger Seiten
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wie Stadtführer Hans-Jürgen Stinder weiß: „In Alsfeld gibt es nur wenige Winkel, wo es nicht zieht“. Das hat auch seinen Grund. Im Mittelalter hat es in den Städten recht gestunken, und in einer Ansied-lung wie Alsfeld, durch die ursprüng-lich kein Fluss floss, war es umso schwerer, Unrat ordentlich zu ent-sorgen. Aber, wie sagten die Altvor-deren so schön, Stadtluft macht frei, und so sorgten Alsfelder Stadtplaner schon im Mittelalter dafür,
An der „Straße durch die kur-zen Hessen“ lag einst Alsfeld. Dies war ein Teilstück der
Handelsstraße zwischen Frankfurt und Leipzig. Diese Lage und ihr eige-ner handwerklicher Fleiß und Einfalls-reichtum bescherte den Alsfeldern einigen Wohlstand, der sich heute noch in der wahrhaft märchenhaften Altstadt zeigt.Wer durch die Alsfelder Innenstadt geht, fühlt sich gleich ein wenig wie zuhause. Gassen und Plätze verströ-men Romantik und Vertrautheit. Dabei ist es mit der Gemütlichkeit gar nicht so weit her,
gen. Dabei wurde der Ort erst 1069 erstmals urkundlich erwähnt, in einer Urkunde über Lehensstreitigkeiten des Abtes von Fulda mit dem Bischof von Mainz. Offenbar war Alsfeld damals schon ein interessanter Flecken, sonst wäre es wohl kaum mit zum Zankapfel zwischen den hohen Herren geworden. 1222 wird Alsfeld erstmals ein städti-scher Charakter bescheinigt. Richtig los ging es im 14. Jahrhundert, wie Stinder berichtet: „In dieser Zeit glich die Stadt einer einzigen Baustelle“. Wenn man sich heute in der Stadt um-schaut, stößt man besonders auf Bau-ten aus dem 16. und 17. Jahrhundert. So steht dort noch das Rathaus, Als-felds Wahrzeichen, genauso da, wie es 1516 errichtet wurde. Auch dies ein Glücksfall: Der Rat der Stadt be-fand 1871, dass das Rathaus an sich keinen architektonischen Wert habe und deswegen zugunsten eines neu-en Amtsgebäudes abgerissen werden
dass die Straßenführung einer guten Durchlüftung nicht im Wege stand. So stellte das beschauliche Städtchen auf Durchzug. Durchziehende Kaufleu-te bildeten auch die wirtschaftliche Grundlage der Stadt. An der Handelsstraße zwischen
Frankfurt und Leipzig gelegen, siedelte sich dort eine aktive Woll-
und Leinenweberei an. Schon 1180 durfte Alsfeld, das zur Landgrafschaft Hessen gehörte, eigene Münzen prä-
Text: Bernd Götte
Alsfeld bietet viel Tradition und Romantik
DER PRANGERIST UNBENUTZT
Das Märchenhaus in Alsfeld: einst Bruchbude, jetzt Touristenmagnet.
Foto: Jennifer Völker
Zweifellos das Wahrzeichen von Alsfeld ist der Marktplatz mit dem Rathaus.
Foto: Stadt Alsfeld
KULTUR
Märchenstadt und FachwerkmekkaFo
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sollte. Dazu kam es nicht, das alte Rat-haus wurde saniert und ist heute ein Schmuckkästlein, in das sicher auch die Beschäftigten der Stadtverwal-tung angeführt von Bürgermeister Ste-phan Paule gerne hineinschlüpfen, um zum Wohl ihrer Kommune zu arbeiten. Das zahlte sich aus: Seit 1975 ist Alsfeld europäische Modellstadt für Denkmalschutz, 400 erhaltene histo-
rische Fachwerkhäuser machen den Charme des Städtchens aus. Der auch überregional wirkt: An den Pranger, ein in Alsfeld liebevoll gepflegtes Relikt vergangener Strafjustiz, stellt man heute aber nie-manden mehr. Dabei musste kurz vor dem Triumph 1975 der Ort eine bittere Pille schlucken:
Alsfeld wurde nicht Kreissitz des neu gebildeten Vogelsbergkreises. Da-bei, so berichtet Stinder, hätten sich nach einer Befragung die Mehrheit
der Bewohner für das Fachwerkstädt-chen ausgesprochen. Aber Lauterbach
bekam dennoch den Zuschlag. Was nicht heißen will, dass es Gründe
gäbe, Alsfeld zu verlassen. Wem es in der Stadt zu eng wird, der kann ja mal ins Grüne fahren. Beliebtes Aus-flugsziel ist das Schloss Altenburg, ein Barockkleinod vor den Toren der Stadt. Das umfangreiche Wanderwegenetz rund um die Stadt kann man aber auch auf eigenen Faust erkunden. Den rau-en Vogelsbergwind merkt man dabei umso mehr.
„STADTLUFT MACHT FREI“
Lamatrekking ist eine Form in Alsfeld, sich zu erholen. Foto: Stadt Alsfeld
2018 – Vogelsberger Seiten
3030
Stadt. Heutzutage können Touristen sich zurückversetzen lassen und die Ereignisse multimedial aufbereitet nachvollziehen. In Herbstein ist dies in Bezug auf den Großbrand vom 13. August 1907 eben-falls möglich – im Statt-Museum in einem der Größe der Kommune angemessenen Rahmen. Stadtführer Martin Ruhl weist bei ei-nem Rundgang durch die Innenstadt immer wieder auf die Folgen des
Ein Vergleich des Vogelsberg-städtchens Herbstein mit der US-amerikanischen Westküs-
tenmetropole San Francisco wäre unangemessen. Eine Parallele gibt es aber: Beide Städte wurden Anfang des 20. Jahrhunderts durch eine Ka-tastrophe weitgehend zerstört – und halten die Erinnerung an das Ereignis wach.Mitte April 1906 erschüttert ein schweres Erdbeben San Francisco, Brände zerstören große Teile der
hängen, hat seinen Ursprung weit in der Vergangenheit. Ruhl: „Herbstein hat zum Kloster Fulda gehört. Die Stadt war der Vorposten im Vogels-berg und durch eine Burg sowie die Stadtmauer gesichert.“ Beide wurden während des Dreißigjährigen Krieges zerstört. Die Stadtmauer sollte unbe-dingt wieder aufgebaut werden. Also engagierte man Tiroler Steinmetze. Deren kulturelles Erbe lebt noch heute in Form der Fastnachtsbräuche fort. Im Bjazz und den sechs Pärchen des
Brandes hin. „32 Wohnhäuser sind ein Raub der Flammen geworden. Unter anderem ist das Stadtwirtshaus mit dem Rathaussaal und dem Archiv
abgebrannt.“ Im-merhin konnten einige wertvolle Gemälde ehemali-
ger fuldischer Fürstäbte und Landes-herren aus dem Sitzungssaal gerettet werden. Sie sind im Statt-Museum zu besichtigen. Dass dort katholische Würdenträger
Frühes Weihnachtsgeschenk
aus der Tiefe Text und Fotos: Walter Kreuzer
Herbstein zwischen Katastrophe, Verboten und heißem Wasser
KATHOLISCHERVORPOSTEN
Der Blick vom Vulkanradweg auf Herbstein macht deutlich, weshalb der Ort den Beinamen „Stadt auf dem Berg“ trägt. Nach einem Großbrand Anfang des 20. Jahrhunderts wurde ein großer Teil der Kernstadt neu aufgebaut.
KULTUR
Vogelsberger Seiten – 2018
Mit 1000,05 Metern ist es die am tiefsten niedergebrachte Quellboh-rung in Hessen und Herbstein ist mit 450 Metern über dem Meeresspiegel das höchstgelegenste Thermalbad.
Mit Kurpark, Haus des Gastes und der Vulkan-Therme hat sich Herbstein
zum Heilbad entwickelt – auf den Na-menszusatz „Bad“ aber verzichtet. Touristen und Badegäste kommen also in den Ort. Erholungssuchende werden aber auch schon außerhalb der Stadtmauer fündig: Wander-freunde können dort nämlich auf der Felsentour oder dem Vulkanring die Schalksbachteiche und Felsformati-onen bestaunen. Wer lieber radelt, kommt auf dem Vulkan-Radweg direkt an Herbstein vorbei – und an einer Großbaustelle: Bei Rixfeld entsteht noch bis Herbst 2018 für 164 Millio-nen Euro eine Gasverdichterstation. Hier heißt es: Aufgepasst!
Springerzugs, um genau zu sein. Tat-sächlich gibt es in Österreich ähnliche Rituale in der Fastnacht. Dass die Bevölkerung einst eine ka-tholische Enklave im protestantischen Riedesel-Land war, hat Auswirkungen bis in die heutige Zeit. „Handel trei-ben mit den Protestanten oder sie gar zu heiraten war verboten. Auch deshalb gibt es viele verwandtschaft-liche Beziehungen von Herbstein in den Fuldaer Raum“, nennt Ruhl ein Beispiel. Weitgehend unbekannt ist, was sich in der Erde unter Herbstein befindet. Das wurde den Stadtvätern zur Zeit von Bürgermeister Lothar Wyrtki in den 1970er Jahren klar. Sie initiierten eine Bohrung nach Thermal-wasser. Viele Bürger zweifelten schon an den Erfolgsaussichten – und dann sprudelte einige Tage vor Weihnach-ten 1976 plötzlich doch das ersehnte heiße Wasser.
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Wir hier – 2017
Die Herbsteiner Stadtmauer mit drei erhaltenen Türmen ist gut zugänglich und bietet tolle Aussichten in die Umgebung.
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Obwohl die Sonne sich redlich Mühe gibt und sie vom Himmel strahlt, ist es in Hessens höchst-gelegener Stadt merklich kühler – beinahe möchte man trotz Strickjacke im Schatten ein bisschen frösteln. Doch bevor darüber
Der Vogelsberggarten in knapp 600 Metern Höhe bietet nicht nur einen wunderschönen
Blick in den Vogelsberg, sondern be-heimatet auch so manche botanische Rarität. Ein Spaziergang auf dem knapp ein Kilometer langen Rundweg lohnt sich zu jeder Jahreszeit.
gen an. Die erste findet am Samstag, 26. Mai, statt. Anmelden kann man sich unter Telefon (0170) 7245241. Auf eine etwas unscheinbare Stelle zwischen zwei Häusern verweist ein Schild Richtung Vogelsberggarten. Rechts und links säumen Gärten die ersten Meter des Weges.
zu lange nachgedacht wird, startet die Gruppe vom Parkplatz am Museum im
Vorwerk. Regel-mäßig bietet hier Richard Golle, der Natur- und Kultur-
führer, Agrarökologe und Geschäfts-führer des Vogelsberggartens, Führun-
Hort der botanischen Raritäten der Region
Text und Fotos: Christiane Hartung
Zwischen Nutzvieh und Heilkräutern: Rund um die Ruine kuschelt sich der Vogelsberggarten an alte Burgmauern
REGELMÄSSIGEFÜHRUNGEN
Rund um die alte Burgruine auf knapp 600 Höhenmetern befindet sich der Vogelsberggarten in Ulrichstein.
KULTUR
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Schnörkelig zieht er sich weiter durch den noch jungen Wald. Trotz der im-merhin 100 Höhenmeter ist der Auf-stieg nicht so anstrengend. Sitzbänke laden zum Verweilen ein, wenn die Steigung zu sehr in die Waden geht. Wenige Minuten später ist es ge-schafft, auf knapp 600 Metern Höhe befindet sich ein Kleinod der Region: der Vogelsberggarten.2001 entstand dieser auf Initiative des Forstmanns Ernst Happel in Träger-schaft des Naturparks Hoher Vogels-berg und ergänzt sich thematisch mit dem Museum im Vorwerk. Knapp 6,4 Hektar ist das Areal groß, das teils der Stadt Ulrichstein und teils dem Land Hessen gehört. Mitten darin – oben auf der höchsten Erhebung der Ba-
saltkuppe – findet sich die Ruine der einstigen Burg. Leicht verwunschen schmiegt sich der Garten an die alten Mauern an. „Er ist in verschiedene Themenbeete unterteilt, die von Paten bewirtschaf-tet werden“, erklärt Golle. So gibt es beispielsweise einen Heilkräuter-garten oder einen Bauernacker. Auf letzterem werden alte Getreidesorten angebaut wie schwarzer und gelber Emmer, Dinkel oder auch Flachs und verschiedene Kartoffelsorten.„Ein Orchideenbeet ist in Planung – auch wenn diese manchmal scheinbar Beine bekommen und verschwinden“, verrät der Agrarökologe. Finanziert
wird der Garten durch den Förderver-ein und mithilfe von Spendengeldern. Doch warum das alles? Der Vogels-berggarten bietet Platz für zahlreiche alte Pflanzenarten, die sonst vielleicht an manchen Ecken schon verschwun-den wären und ist somit eine Gen-Bank der Vogelsberger Flora.Mit der Höhenlage und dem etwas raueren Klima kommt nicht jede Pflan-ze zurecht. „Hier wird nicht gespritzt“,
verdeutlicht er ei-nen Grundsatz. So wächst hier auch die mährische
Eberesche. Dabei erzählt Golle die Legende vom tschechischen Hirtenjun-gen, der im 19. Jahrhundert, als er mit dem Vieh auf der Weide verweilte, in-
mitten einer ganzen Reihe von wilden Ebereschen einen ganz besonderen Baum entdeckt haben soll, dessen Beeren wesentlich süßer und wohl-schmeckender waren als die Beeren der anderen Bäume. Aus diesem ein-zelnen Baum soll dann die Kulturform der mährischen Eberesche gezüchtet worden sein. Weiter geht es in den Heilkräuter-garten. Er ist die „Apotheke“ der einstigen Burgbewohner gewesen. In den Beeten tummeln sich unter an-derem Beinwell, Guter Heinrich, Ysop oder auch Eisenkraut genannt, sowie Schildampfer, eine alte Wildgemüse- und Salatpflanze, die es zum Abschluss des Rundgangs zum Probieren auf die Hand gibt.
Der Bauerngarten im Vogelsberggarten ist gut durchdacht und strukturiert aufgebaut.
Die Landwirtschaftsschule ist eines der Highlights des Museums.
„HIER WIRD NICHT GESPRITZT“
Auch Tierpräperate sind im Museum ausgestellt.
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STADTRECHTE 1266 VERLIEHEN
Ihre erste urkundliche Erwähnung liegt rund 1205 Jahre zurück: Lau-terbach kann auf eine lange und
ereignisreiche Geschichte zurückbli-cken. Darunter findet sich auch so manches Kurioses. So lebten einst 30 Metzger in dem Vogelsbergstädtchen. Doch vor allem für kunstvolles Fach-werk und wunderschöne Haustüren ist die Kreisstadt bekannt, aber auch für Ziegeln, Webereien und – nicht zu vergessen – den sagenumwobenen strumpflosen Strolch.Für eine kurzweilige Führung durch das Kreisstädtchen lässt sich der Re-gen zu einer kurzen Pause überreden, sogar die Sonne wagt sich nach dem morgendlichen Dauergeplätscher her-vor. Mit Gehrock, Zylinder und Stock-schirm wirkt Till Hartmann ein wenig, als wäre er aus der Zeit gefallen. „Das Gebäude ist eines der ältesten Häuser Lauterbachs“, setzt der 20-Jährige zur
ersten Erklärung an und zeigt auf das Service-Center am Marktplatz. „Hier befand sich 1398 die Stadtmühle.“ Seit knapp zwei Jahren führt der Lau-terbacher Touristen durch sein Hei-matstädtchen. Genau dort steht auch eines der Wahrzeichen: der Strumpfbrunnen von Prof. Knud Kudsen. Im Sockel finden sich sogar die ersten Zeilen des be-rühmten Lieds, das über Lauterbachs Grenzen hinaus bekannt ist. „Jeder Ältere musste den Text in der Schule noch lernen“, weiß der junge Mann. Obwohl er selbst verschont blieb, die Geschichte kennt er in- und auswen-dig. Es ist nicht der einzige Strolch, der in der Kreisstadt zu finden ist. Während der 20-Jährige in Richtung Berliner Platz läuft, erklärt er: „Die Stadtrechte wurden Lauterbach 1266
verliehen. Damals gehörte die Stadt noch zur Abtei Fulda.“ Mehrfach sei Lauterbach verpfändet worden. Nach dem hessischen Krieg 1427 hatten die beiden Gegner, der Erzbischof von Mainz und Landgraf Ludwig von Hes-sen, die Stadt jeweils zur Hälfte in Pfandbesitz. „Erst 1684 hatte sich das Riedeselsche Junkerland gebildet und wurde damit von Fulda unabhängig.“Unweit des Cafés Stöhr entfernt be-fand sich früher das städtische Brau-haus. Wo heute ein Lädchen einge-
richtet ist, konnten Bürger früher ihr eigenes Bier brauen lassen. Doch weil
die Abtei Fulda im Mittelalter ihre Hand auf der Herstellungsmenge hat-te, brauten die Riedesels einfach vor den damaligen Stadttoren Lauterbachs im Alten Esel in der Obergasse ihr eigenes Hopfen – der Gastwirtschaft
„Güldener Esel“. Denn das Gebäude gehörte damals zur Gemeinde Wörth. Heute ist hier die Volkshochschule und die Musikschule untergebracht. „Der Alte Esel ist das längste Fachwerk Oberhessens“, erklärt Till Hartmann.„Die Obergasse war eine reiche Straße“, weiß der junge Mann, der Geschichte und Germanistik studiert, und zeigt auf die verschindelten Fach-werkhäuser. Denn Schindeln konnten sich nur reiche Bürger leisten. „30 Metzger hat es in der Stadt einmal gegeben.“ Damals zählte Lauterbach gerade 2000 Einwohner. „Sie alle entstammten der Duchardt-Dynastie.“ So auch der heute einzig verbliebene Metzger Otterbein, der sich Nahe des Ankerturms befindet.Die Gaststätte, die sich ebenfalls in der Nähe jenes Turms befindet, der noch Zeugnis der alten Stadtbefes-tigung ist, war früher das Zollhaus. „Hier war auch eine Herberge unter-gebracht und weil es keine Brücke in Richtung Fulda über die Lauter gab, hatte man, wenn es der Fluss wegen des Hochwassers nicht zuließ, dort übernachtet“, sagt er. Noch heute ist sie nicht nur bei Touristen beliebt. Auf dem Sofa sollen schon Hans-Dietrich Genscher und Walter Scheel Platz ge-nommen haben. Ob sie auch mit einer Kugel Bier – das typische Gefäß, in dem das Hopfengetränk hier gereicht wird – angestoßen haben?
Wo Genscher und Scheel auf dem Sofa saßen
Text und Fotos: Christiane Hartung
Kreisstadt mit Geschichte: Von Metzgern, dem Bierbrauen und dem Strolch
Mit Schirm, Charme und Zylinder: Till Hartmann führt durch Lauterbach.
KULTUR
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Heute erhalten Touristen hier ihre Informationen rund um die Stadt,
früher war hier die Stadtmühle untergebracht.
Der Lauterbacher Prämienmarkt findet immer am Mitt-woch vor Fronleichnam statt und ist ein großes Volksfest. Foto: Walter Kreuzer
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Die Vogelsberger Gemeinde Grebenhain war Teil der Hit-lerschen Kriegsmaschinerie:
Im Oberwald befand sich verborgen auf 174 Hektar Fläche eine von 370 Munitionsanstalten. Heute wird die Geschichte der Muna aufgearbeitet – und mit Legenden aufgeräumt.Carsten Eigner ist Leiter des 2011 er-öffneten Muna-Museums in der Alten Schule in Bermuthshain. Ihm ist es unter anderem zu verdanken, dass die örtliche Vergangenheit aus dem NS-Regime nicht in Vergessenheit gerät.
Die Muna in Grebenhain wurde 1936 gebaut. „Sie war im Dritten Reich eine wehrmachtseigene Einrichtung, in der Munition hergestellt wurde“, beschreibt Eigner. Von der Endmon-tage bis hin zur Abnahme und Ver-packung der Waffen wurde dort alles abgewickelt. Wieso der Oberwald als Standort ausgewählt wurde, ist leicht zu erklären: Das NS-Regime suchte sich ländliche Gebiete aus, mit
ausgedehnten Waldstücken, abseits von großen Städten. Für die An- und Ablieferung der Waffen wurde eine Eisenbahnstrecke benötigt – in dem Fall die ursprüngliche Vogelsberg-
bahn. Wozu die Munas tat-sächlich gut waren, darüber musste bis
Kriegsende Stillschweigen gewahrt werden. „Daher sind sie sagenum-woben“, weiß der 38-Jährige.
So munkelte man, dass der Oberwald untertunnelt ist. Auch sagte man sich, dass die Grebenhainer Muna einer der größten im Dritten Reich war. Tat-sache ist allerdings, so Eigner: Gre-benhain war nur einer von insgesamt 370 Standorten. Und im Oberwald gab es zwar 120 Bunker für die Lagerung der Munition, allerdings keine Tunnel.Als die Muna gebaut wurde und auch später, als dort zu Spitzenzeiten bis zu
800 Menschen arbeiteten, reg-te sich kein Widerstand. „Die Region galt als rückständig, viele nannten sie ‚Hessisch-Sibirien‘. Durch die Muna haben auch Frauen einen gu-ten Lohn und eine Kranken-versicherung bekommen“, sagt Eigner. Dazu kam, dass der Krieg im Vogelsberg bis Herbst 1944 kaum zu spü-ren war. Zur Geschichte der Muna gehört auch das Schick-sal von 110 Zwangs-arbeiterinnen aus der deutsch besetzten Ukraine. Sie verrichte-
Wo einst Bomben gebaut wurden
Text und Fotos: Corinna Hiss
Im Oberwald befand sich eine von insgesamt 370 Munitionsanstalten im Dritten Reich
Das größte Exponat, eine Panzersprengbombe, ist in der Außenstelle des Muna-Museums in einem Bunker gelagert. Die eine
Tonne schwere Bombe wurde 1998 auf dem Gelände gefunden.
KULTUR
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Vor dem Eingang zum ehemaligen Muna-Gelände ist dieses Gedenkkreuz errichtet worden. Es steht für alle Opfer, die die Muna gefordert hat.
ten eine gefährliche Arbeit und setz-ten die Zünder in kleine Splitterbom-ben. Bei einer Explosion im Januar 1944 starben viele von ihnen. Wer heute das ehemalige Muna-Ge-lände betritt, der sieht noch vieles, das an alte Zeiten erinnert. Noch vor dem Areal, wo jetzt die Oberwald-Klinik steht, befinden sich die ehemaligen Offizierswohnhäuser – einst schmu-cke Häuschen im Heimatschutzstil, die jetzt unter Denkmalschutz stehen. Die Muna hat ein strukturiertes Stra-ßennetz hinterlassen. Das ist auch der Grund, weshalb dort im ländlichen Raum ein Industriegebiet entstanden ist. Die STI Group betreibt im Ober-wald eine Außenstelle – und ist wie einst die Muna größter Arbeitgeber in Grebenhain. Unweit der Fabrikgebäude ist im Wald eine natürliche Basaltformation zu se-hen. Auf der Anhebung steht eine Be-tonkanzel: Zu Muna-Zeiten war dies eine Flugabwehrstellung. Die Formati-on wurde Adolf-Hitler-Felsen genannt.
In der alten Schule in Bermuthshain befindet sich heute das Muna-Museum, in dem auch über die lange Zeit der
Entmunitionierung informiert wird.
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eindrucksvolle Skyline der Burgen-stadt noch um ein gutes Stück. In der Vorweihnachtszeit legt sich das altehrwürdige Gemäuer aber ein ganz neues Gewand zu. Dann wird er in ein rotes Tuch gehüllt und bekommt dann noch ein spitzes Häubchen aufge-setzt. Sieht dann tatsächlich aus wie
Wer Superlative sucht, der ist in Schlitz richtig. Denn bei aller Beschaulichkeit:
die Burgenstadt und ihre Bewohner haben es in sich.Der Hinterturm ist an sich schon ein beeindruckendes Bauwerk. 36 Meter hoch, überragt er die ohnehin schon
Schlitz für diese Attraktion Konkurrenz zu bekommen: Auch das unterfränki-sche Kitzingen kleidete seinen Stadt-turm als Kerze aus. Deren Turm ist allerdings vier Meter niedriger als der Schlitzer, so dass dieser Punkt nach Osthessen ging. Der Eintrag im Guin-ness-Buch der Rekorde hat Bestand.
eine Kerze. Zur Beleuchtung werden 140 Glühbirnen montiert, so dass die Kerze stimmungsvoll über die Altstadt strahlt. Mit dem Aufbau ist diese Ad-ventskerze sogar 42 Meter hoch, ein stattliches Wahrzeichen. Seit 1991 ist das schon so, und solange hält auch der Rekord. Vor zwei Jahren drohte
Eine Stadt wie aus dem Guinness-Buch
Text: Bernd Götte
Schlitz ist nicht nur romantisch, sondern auch eine Stadt der Rekorde
Auch ein Superlativ: Das Schlitzerländer Trachtenfest ist eines der größten Folklorefeste Deutschlands. Foto: Schlitzerländer Trachten- und Volkstanzkreis
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KULTUR
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Die Idee wurde übrigens erst in den frühen Morgenstunden eines Herbst-tages im Jahr 1991 geboren. Zuerst dachte man daran, den Turm einfach nur rot wie eine Adventkerze anzuma-len, aber dann hatte man den konkre-ten Gedanken, ihn entsprechend mit einem roten Mantel zu versehen. 1000 Quadratmeter Stoff sind auch heute noch dafür notwendig. Dabei entstand auch ein 17 Meter langer Reißver-schluss. Höher als der Hinterturm ragt im Schlitzer-land die höchste Lärche Europas, möglicherweise sogar die höchste Lärche weltweit. Mit 54,5 Metern ist der Baum ein wahrer Riese. Den Baum findet man in der Nähe des Richthofs. Ganz leicht zu finden ist er allerdings nicht, denn er befindet sich relativ tief im Wald. Die Bedingungen für die vor etwa 190 Jahren gepflanzte bisher unwidersprochen höchste Lärche der
Welt sind ideal. Der Boden ist relativ feucht und nährstoffreich, was das Gedeihen der Nadelbäume sehr för-dere. Die Holzqualität der Schlitzer Lärche ist hoch und so geschätzt, dass die Schlitzer Lärche mittlerweile eine eigene Marke ist. Lärchensaatgut aus Schlitz wird in die ganze Welt ver-schifft. Ein weiteres Superlativ und eine ech-te Schlitzer Marke ist die Schlitzer
Kornbrennerei. Sie führt ihr Bestehen auf das Jahr 1585 zurück. Rechnun-gen aus dem 16.
Jahrhundert dokumentieren Abgaben von Wein, Bier und Branntwein in der Herrschaft Schlitz. Im Stadtteil Sandlofs wurde 1585 erstmals herr-schaftliches Bier gebraut. Und, so ist überliefert, der damalige Graf Eustach von Schlitz, genannt von Görtz, habe zugleich eine Branntweinblase auf-stellen und neben der Brauerei eine
Brennerei betreiben lassen. Damit wäre sie die älteste Destillerie Eu-ropas und auf jeden Fall die älteste Deutschlands. Nachweislich im Besitz der Brennrechte seit dem Jahr 1732. Damals in der Barockzeit war das kon-sumieren von Schnaps offenbar ein Trend, denn Brennereien schossen im ganzen Reich wie Pilze aus dem Bo-den. Und die Destillerie blieb seitdem, wenn man auch die Herren von Schlitz als quasi öffentliche Hand ansieht, in derselben, abgesehen von der Zeit ab 1918, als die Grafen die Destillerie als Privatleute betrieben. 1969 kaufte dann das Land Hessen die Brennerei. Es war und blieb bis heute ein lukra-tives Geschäft, und als das Land Hes-sen 2006 seine staatlichen Domänen verkaufte, sprangen die Städte Schlitz und Hünfeld gerne bei und erwarben die Brennerei, deren Dasein als kom-munaler Betrieb zur Herstellung von Hochprozentigem auch seinesgleichen sucht.
Himmelstürmend erscheint die Lärche. Foto: Forstamt Burghaun
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