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2064 Die Versuche wurden im Einverständnisse mit den Herren Professoren Eduard und H a n s B u c h n e r unternommen, die Presssäfte von mir im Inesigen hygienischen Institut unter liebenswürdiger Beihülfe des Hrn. Dr. Rapp hergestellt. Es sei mir gestattet, den genannten Herren meinen verbindlichsten Dank auszusprechen. München, im Juli 1899. 320. Georg Wagner und Kazimir Slawinski: Zur Constitution des Pinens. (Mittheilung aus dem Laboratorium für organische Chemie d«8 polytechnischen Instituts in Warschau.) (Eingegangen am 13. Julü Vor längerer Zeit hat der Eine von uns in diesen Berichten eine vorläufige Mittheilung über einige Producte, zu welchen er in Ge- meinschaft mit A. G i n z b e r g durch Einwirkung unterchloriger Säure auf schwach rechtsdrehendes Terpentinöl gelangt war, gemacht 1 ). Seitdem ist die Reaction eingehender studirt worden; zu den nach- folgenden Versuchen diente uns französisches Terpentinöl*) vom Sdp. 155-156° und [«],, = -- 37 u 30'. Die Behandlung des Terpentinöls mit unterchloriger Säure wurde •in der folgenden modificirten Weise bewerkstelligt. Man gab ge- wöhnlieh 50 ccm des Oels. zusammen mit, 2 L 10-proc. Essigsäure, in eine etwa 6 L fassende Flasche, beschickte dieselbe mit Eisstücken und setzte alsdann nach und nach 2-proc. Natriumhypochloritlösung, welche aus Chlorkalk und Soda bereitet war, hinzu. Von der Hypo- chloritlösung wurde soviel verwendet, dass auf 1 Mol. Pinen etwas mehr, als 2 Mol. Säure zur Einwirkung kommen konnten. Im An- fange ist es nicht rafhsam, mehr als 10 ccm auf einmal zu nehmen, später jedoch dürfen die Zugaben bis 100 ccm gesteigert werden, da- bei ist aber die Flasche nach jeder Zugabe kräftig zu schütteln und die nachfolgende Zugabe darf erst nach dem völligen Verschwinden des Geruchs nach unterchloriger Säure erfolgen. Nach Beendigung der Ope- ration, welche in der Regel 2 Va 3 Stunden in Anspruch nimmt, trennte man die entstandene essigsaure Lösung vom rückständigen Oel durch ein mit Tälkpulver bestreutes Filter, versetzte das Filtrat l ) Diese Berichte 29, SSG. •) Dieses Oel vordanken wir der liebenswürdigen Vermittelung des PIrn. Leppert, welcher dasselbe von der Firma »Union Landaise» in Bordeaux für uns bezog n hat.

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Die Versuche wurden im Einvers tändnisse mit den Herren Professoren E d u a r d und H a n s B u c h n e r unternommen, die Presssäf te von mir im Inesigen hygienischen Institut unter l iebenswürdiger Beihülfe des H r n . D r . R a p p hergestellt.

E s sei mir gestattet, den genannten Herren meinen verbindlichsten D a n k auszusprechen.

M ü n c h e n , im J u l i 1899.

320. G e o r g W a g n e r und K a z i m i r S l a w i n s k i : Zur Constitution des Pinens.

(Mittheilung aus dem Laboratorium für organische Chemie d«8 polytechnischen Instituts in Warschau.)

(Eingegangen am 13. J u l ü

V o r längerer Zeit hat der Eine von uns in diesen Berichten eine vorläufige Mittheilung über einige Producte, zu welchen er in G e ­meinschaft mit A . G i n z b e r g durch E inwi rkung unterchloriger S ä u r e auf schwach rechtsdrehendes Terpen t inö l gelangt war , gemacht 1 ) . Seitdem ist die Reaction eingehender studirt worden; zu den nach­folgenden Versuchen diente uns französisches Terpent inöl*) vom Sdp. 1 5 5 - 1 5 6 ° und [«] , , = - - 37 u 30 ' .

D ie Behandlung des Te rpen t inö l s mit unterchloriger Säure wurde •in der folgenden modificirten Weise bewerkstelligt. Man gab ge­wöhnl ieh 50 ccm des Oels . zusammen mit, 2 L 10-proc. Ess igsäure , in eine etwa 6 L fassende Flasche, beschickte dieselbe mit Eiss tücken und setzte alsdann nach und nach 2-proc. Na t r iumhypoch lo r i t l ö sung , welche aus Chlorka lk und Soda bereitet war, hinzu. Von der Hypo­chlor i t lösung wurde soviel verwendet, dass auf 1 M o l . Pinen etwas mehr, als 2 M o l . Säu re zur E inwi rkung kommen konnten. Im A n ­fange ist es nicht rafhsam, mehr als 10 ccm auf einmal zu nehmen, später jedoch dürfen die Zugaben bis 100 ccm gesteigert werden, da­bei ist aber die Flasche nach jeder Zugabe kräftig zu schütteln und die nachfolgende Zugabe darf erst nach dem völligen Verschwinden des Geruchs nach unterchloriger Säure erfolgen. Nach Beendigung der Ope­ration, welche in der Regel 2 V a — 3 Stunden in Anspruch nimmt, trennte man die entstandene essigsaure Lösung vom rückständigen Oel durch ein mit T ä l k p u l v e r bestreutes Fi l ter , versetzte das Fi l t ra t

l) Diese Berichte 29, SSG. •) Dieses Oel vordanken wir der liebenswürdigen Vermittelung des PIrn.

L e p p e r t , welcher dasselbe von der Firma »Union Landaise» in Bordeaux für uns bezog n hat.

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mit überschüssigem Ka l ihydra t , Hess die Flasche 2—3 Tage ruhig stehen, stumpfte alsdann das A l k a l i mit Koh lensäu re ab, gab Pottasche hinzu und schüttel te endlicli das Product mit Aether aus. Die ersten äther ischen Auszüge hinterliessen nach dem Abdesti l l i ren des Extrac-tionsmittels beträcht l iche ölige R ü c k s t ä n d e ; spä te r wurden die letz­teren nur gering und schliesslich durch feste ersetzt. Das feste, sehr schwer in Aether lösiiche Product, in welchem Sobrerytrit erkannt wurde, extrahirt man am besten zuerst mit A l k o h o l und behandelt dann die R ü c k s t ä n d e , welche nach dem Abdesti l l i ren des A lkoho l s aus den Auszügen gewonnen werden, mit Aether im Extractionsapparat. D ie öligen Rücks tände scheiden beim Stehen reichlich Krysta l le des schon in der vorläufigen Mittheilung e rwähn ten Ghlorhydrins vom Schmp. 131 —132° aus, riechen intensiv nach P ino loxyd und entfärben Permangat in der Käl te momentan. Sobald die Krystal l isa t ion sich erschöpft hatte, wurde das Oe l im luftverdünnten R ä u m e destillirt und Hess sich bei 25 mm Druck in die nachfolgenden Fractionen zerlegen: 1. bis 1 0 0 ° ; 2. 100—120»; 3. 120—140° ; 4. Rücks tand . Der letztere schied beim Verdünnen mit Aether Krys ta l le einer Ver ­bindung, die wi r Nopino lg lyko l nennen, aus. Die Mutterlauge von diesen Krys ta l len wurde mit Wasser behandelt, wobei ca. der dritte The i l in Lösung überging. Diese L ö s u n g gab an Aether neue Mengen desselben G l y k o l s ab. Die dritte Fraction gab beim Stehen das Chlorhydr in vom Schmp. 131 —132°. Hernach wurde sie mit Wasser behandelt und von demselben zum T h e i l , unter Zurück lassung weiterer Mengen des Chlorhydr ins , aufgenommen. D i e L ö s u n g gab ein Des t i l la t , aus welchem wi r ein neues Chlorhydr in (B) gewonnen, haben, während der Des t i l l a t ionsrücks tand in geringer Menge Nopino l ­g lyko l lieferte. Die beiden ersten, oben e rwähn ten Fractionen des Oeles gingen unter gewöhnl ichem Druck zwischen 205—220° übe r , entwickelten einen intensiven Geruch nach P ino loxyd und erwiesen sich als ein Gemenge von diesem letzteren mit einem noch nicht nähe r untersuchten, ungesät t ig ten Körpe r . Zum Zwecke der Re in­gewinnung des Oxyds wurde das Rohproduct so lange in der Kä l t e mit Permauganat behandelt, bis die Farbe längere Zeit hindurch be­stehen blieb und dann das Unangegriffetie mit Wasserdampf überge­trieben. Durch Behandlung des Einwirkungsproductes unterchloriger

. Säure auf Linkspinen in der Ka l te mit Ka l ihydra t sind wir also zu den nachfolgenden Verbindungen gelangt:

1. P i n o l o x y d ; 2. Sobrerytrit; 3. Chlorhydr in vom Schmp. 131 — 1 3 2 ° ; 4. Chlorhydr in ( B ) ; 5. N o p i n o l g l y k o l ; 6. Ungesät t igte Verbindungen.

• ;. • : ; . 1. « « « - P i n o l o x y d . r-. ' D ie ; in oben angegebener Weise rein gewonnene Verbindung ist

eine leicht bewegliche, angenehm riechende Flüss igkei t , welche unter 16 mm bei 9 2 — 9 3 ° und unter gewöhnl ichem Druck bei 206—208° '

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siedet. Vom Kaliumpermanganat wird sie bei Zimmertemperatur nur sehr langsam angegriffen. Ihre Zusammensetzung ergiebt sich aus den folgenden analytischen Daten:

C , 0 H , 6 O i . Ber. C 71.42. H 9.52. Gef. » 71.11, » 9.51.

A l s volls tändiges Anhydr id des Sobrerytrits gehör t sie, nicht nur, -wie das P inol selbst, den Oxyden der / -Reihe , sondern zugleich auch denjenigen der « - R e i h e an. Deshalb durfte man erwarten, dass sie sich theilweise schon durch Wasser hydratisiren lassen w ü r d e , allein das Experiment hat diese Erwartung nicht erfüllt. Die v o l l ­kommen reine Verbindung wird von reinem Wasser selbst nach 6- täg igem Erhi tzen im zugeschmolzenen Rohr im siedenden Wasser­bade nicht veränder t , lässt sich aber leicht, schon bei gewöhnl icher Temperatur, in das zugehörige <i-Glykol überführen, wenn man das Wasser mit einigen Tropfen Chlor- oder Brom-Wassers tof fsäure an­säuer t oder mit Schwefelsäure versetzt. Beim Schütteln mit zwei-procentiger Schwefelsäure erfolgt die Hydrat ion sogar fast momentan, das P ino loxyd geht schnell in L ö s u n g über , und schon kurze Zeit darauf kann sein charakteristischer Geruch nicht mehr wahrgenommen werden. Das gebildete G l y k o l lässt sich aus der mit Pottasche ver­setzten L ö s u n g leicht au sä the rn und nach dem Trock. ien auf porösen Thonplatten und dem Umkrystal l is iren aus Essigester leicht rein ge­winnen. E s zeigt dann den Schmp. 124°.

CioHisOa. Ber. C 64.51, H 9.67, Gef. » 64.39, » 9.69.

Zur näheren Charakterisirung wurde das G l y k o l einerseits in den bei 9 7 ° schmelzenden Essigester übe rge füh r t , andererseits mit Permanganat oxydirt . Die Oxydation von 1 ccm G l y k o l ergab 0.5 g T e r p e n y l s ä u r e , welche im lufttrocknen Zustande bei 5 7 ° und nach dem En twässe rn bei 90° schmolz,

C 8 H , 2 0 4 . Ber. C 55.81, H 6.98, Gef. » 55.68, » 7.09,

und Ess igsäure (gef. A g G4.38, 64.15). Dasselbe P ino loxyd ist zuerst von W a l l a c h 1 ) aus /-Sobrerolbi-

bromid und dann, auf Veranlassung des Einen von uns, von A . G i n z b e r g aus dem Chlo rhydr in , welches durch Anlagerung unter­chloriger Säure an P i n o l entsteht2), dargestellt worden. A l l e drei P r ä p a r a t e verhalten sich bei der Hydrat ion in gleicher Weise und geben ein und dasselbe G l y k o l . welches mit dem von W a l l a c h 3 )

') Ann. d. Chem. 291, 353. *) Journ. russ. phys.-chem. Ges. 80, 6S1. Eine vergleichende Unter­

suchung hat uns ergeben, dass dieses Pinoloxyd ebenso, wie das aus Pinen erhältliche, von roinem Wasser bei 100° nicht hydratisirt wird.

3) Ann. d. Chem. 259, 311: 2C.8, 222.

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•aus Pinolbromid erhaltenen identisch ist. Dagegen ist das bei der •Oxydation des P ino l s mit Permanganat entstehende G l y k o l , wie schon mitgetheilt wurde 1 ) , von jenem verschieden. Zur Bes tä t igung des Ge ­sagten mag die folgende Zusammenstellung, welche die Resultate einer von dem Einen von uns, auf Veranlassung des Anderen, ausgeführten vergleichenden Untersuchung beider G l y k o l e 2 ) , die zu diesem Zwecke aus ein und demselben P i n o l p r ä p a r a t dargestellt waren, zusammen­fasse angeführ t werden:

Pinolglykol aus PinnP), Schnip. 129°, Sdp. 157 — 158° bei 12 nun » » Pinolbromid, » 124°, » 157 — 159° » 12 »

Acetat des ersten Glykols 4 ) . » 37—38°, » 154—155° » 10.5 » » » zweiten » » 97°, » 151 —152° » 8.5 5) »

W i e man sieht, fallen die Siedepunkte der G l y k o l e und ebenso auch diejenigen ihrer Acéta te unter sich zusammen, während in den Schmelzpunkten be t rächt l iche Verschiedenheiten hervortreten. D a ferner eine vergleichende Untersuchung ergeben hat, dass beide G l y k o l e gegenüber dem Permanganat das gleiche Verhalten offen­baren6), so wird man berechtigt, dieselben für stereoisomere Verb in -

') Diese Berichte 27, 1644. 3) .lourn. rus8. phys.-choin. Ges. 30, 195. 3) Dieses Glykol sublimirt leicht und lässt sich, nicht nur unter ver­

mindertem, sondern auch unter gewöhnlichem Druck destilliren. Unter 760 mm liegt der Sdp. bei 281—282°. Die Krystalle des Glykols sind, nach einer gütigen Mittheilung von Prof. W u l f f , monosymmetrisch, ohne Symmetrieaxe, nur mit Symmetrieebene. Die beobachteten Flächen sind:

(100), (100), (010), (OH)), (00Ï), (io7), ( l i ï j , ( ï l î ) , ( l ï ï ) , (2 Ï î j , (ilï) . a : b : C = 1. 190 :1 : 1.180 : ß = 94° 55'.

Man sieht, dass die Krystalle pseudocubisch sind. Spaltbarkeit nach J011 j sehr vollkommen. Die spitze Bisectrix der optischen

Axen steht senkrecht auf JOIOJ . Bomerkenswerth ist die sehr starke gekreuzte Dispersion der Ebenen der

•optischen Axen, wolcho diese Krystalle von allen anderen auffallend unter­scheidet. Die Dispersion ist so stark, dass man dieselbe für die verschiedenen Farben des Spectrums quantitativ messen kann.

4) Dieses Acetat wurde erst nach zweijährigem Aufbewahren fest. 5) Diese Beobachtung ist mit den Angaben von W a l l a c h , welcher für

•das Acetat die Sdp. 127° bei 13 mm und 155° bei 20 mm anführt, nicht zu vereinbaren.

6) Die zur Oxydation verwendeten Glykole wurden durch Verseifen ihrer Acétate gewonnen. Je 2 g des betreffenden Glykols wurden in 50 g Wasser aufgelöst und mit gleichen Mengeu vierprocentiger Permanganatlösung be­handelt. Die Reaction nahm in beiden Fällen 14 Tage in Anspruch. Das Glykol aus Pinolbromid hat 0.90 g Baryumacetat (gef. Ba 53.41) und das­jenige aus Pinol 0.95 g Baryumacetat (gef. Ba 52.83), während zu Folge der

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düngen anzusprechen. Wenn man weiter in Betracht zieht, dass das eine G l y k o l aus dem Dibromid , welches durch Anlagerung von zwei Bromatomen an die Aethylenbindung des Pinols gebildet wi rd , ent­steht, während das andere durch Anlagerung zweier Hydroxy le an dieselbe Bindung zu Stande kommt, so wird man zu der Annahme geführt, dass bei diesen Anlagerungen nur je eine von den beiden, die Aethylenbindung zusammensetzenden, einlachen Bindungen gesprengt wird und zwar bei der Bi ldung des Bromids eine andere, als bei der Bi ldung des G l y k o l s . M i t anderen Worten: man wird veranlasst, die G l y k o l e als cis-trans-'isomere Verbindungen zu betrachten. Dabe i entsteht se lbs tvers tändl ich die Frage, welches G l y k o l die eis- und welches die cis-trans-Yerbmdang vorstellt, aber auch diese Frage lässt sich auf eine befriedigende Weise lösen.

Sobrerol entsteht, wie W a l l a c h gezeigt hat, durch Anlagerung von Bromwasserstoff an P i n o l und darauffolgenden Ersatz des B r o m -atoms durch Hydroxy l , ist deshalb für eine CW-Verbindupg anzu­sprechen. Addir t man zu Sobrerol zwei Broinatome und behandelt das entstandene Bromhydrin mit Natriurnniethylat, so geht dasselbe gleichfalls nach W a l l a c h ' s Beobachtungen, glatt und leicht in P i n o l -oxyd über . D a aber die Bi ldung dieser Verbindung voraussichtlich nur dann leicht und glatt erfolgen kann, wenn in dem Bromhydr in die Hydroxyle und die Bromatome sich auf ein und derselben Seite des Ringes befinden, so ergiebt sich als die einfachste Annahme, dass das Dib romid und P ino loxyd ebenfalls cm-Verbindungen sind.

H C H 3 H H C H 3 H

6 (T c ô— c B r B r O H

O H

C H 3 . Ć . C H 3 !

O

C H 3 . C . C H 3

I Ć H 2 C H C H , C H a C H C H a

N u n entsteht, wie wi r gesehen haben, aus dem Pinoloxyd das­jenige G l y k o l , welches dem Pinolbromid entspricht, folglich ist dieses letztere die dg- Verbindung und das bei der Oxydation sich bildende die cis-tranu-Verbindung.

Theorie in beiden Fällen 1.39 g sich erwarten Hessen. Von nicht fliiehtigeu Säuren wurde aus dem Glykol, welches aus Pinolbromid stammte, nur TerpeDylsäure, aus dem anderen aber, neben dieser Säure, auch eine ge­ringe Menge von Terebinsäure erhalten. Die Bildung der letzteren scheint von schwor zu fassenden Bedingungen abzuhängen, denn bei einem Oxydaüons,-yersuch, welcher mit demselben Glykol und unter scheinbar denselben Be­dingungen ausgeführt war, Hess sie sich nicht beobachten.

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Schliesslich ist noch zu e r w ä h n e n , dass die bei verschiedenen Darstellungen aus dem Linkspinen gewonnenen P r ä p a r a t e des P i n o l -oxyds in den meisten Fä l l en optisch inactiv waren, in einigen dagegen eine schwache Linksdrehung kund gaben, aber auch diese optisch activen P r ä p a r a t e lieferten bei der Hydratat ion stets ein und dasselbe, optisch inactive cw-Pinolglykol vom Schmp. 124°.

c i s - S o b r e r y t r i t ( M e n t h a n - 1 . 2 . 6 . 8 - t e t r o l ) . Diese Verbindung ist sehr schwer in Aether, leichter in Aceton

und ganz leicht in A l k o h o l wie in Wasser löslich. Sie schmeckt süss , ist optisch inactiv und schmilzt bei 193 — 194°.

CioHaoO,!. Ber. C 58.82, H 9.80. Gef. » 58.65, -> 9.89.

V o m Permanganat wurde sie schon bei Zimmertemperatur leicht angegriffen und lieferte dabei: T e r p e n y l s ä u r e , welche die Schmelz­punkte 57° und 9 0 1 hatte,

C S H , 2 0 4 . Ber. C 55.81, H 6.98. . Gef. » 55.79, » 7.24,

und Ess igsäure (gef. A g 64.57). Hierdurch ist der Beweis erbracht, dass die in Rede stehende

Verbindung wi rk l i ch Sobrerytrit ist,

C H : t

C H ( O H ) — Ć ( O H ) — C H ( O H )

( G H s V Ç ( O H ) C H 2 - — Ć H - — C H s

denn nur ein so construirter, v iersäur iger A l k o h o l kann sich zu Terpenyl- und Ess ig-Säure oxydiren. Ebenso aber, wie P i n o l y l g l y k o l aus eis-Pinoloxyd verschieden von dem durch Oxydation des P ino l s erhäl t l ichen ist , unterscheidet sich auch dieser Sobrerytrit von dem­jenigen, zu welchem man bei der Oxydation des inactiven Sobrerols 1 ) gelangt. Jener bildet nämlich ein Hydrat und schmilzt bei 155.5—156° , während bei diesem eine Neigung zur Hydratbildung sich nicht wahr­nehmen liess und der Schmelzpunkt bei einer beinahe 40° höher liegenden Temperatur beobachtet wurde. D a beide Verbindungen optisch inactiv s ind, so kann ihre Verschiedenheit offenbar nur auf der cf'.s'-Jrans-Isomerie beruhen; dabei ist das durch Oxydation des Sobrerols entstehende Menthantetrol wahrscheinlich als die cis-trans-Verbindung anzusprechen, denn es bildet sich auch, wenn man cis-trans-Pinolglykol in essigsaurer L ö s u n g mit Bromwasserstoff behandelt und darauf die entstandene Bromverbindung mit, wässr iger Natron-

') Diese Berichte 29, 1196.

Berichte ci. D. ehem. Gesellschaft. Jahrg. XXXII . 134

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lauge schüttelt , w ä h r e n d der aus Pinen gewonnene Sobrerytrit auf die gleiche Weise aus dem m - P i n o l g l y k o l sich darstellen l ä s s t 1 ) und durch diese Bildungsweise als die eis-Verbindung gekennzeichnet wird . D i e Configuration des « s - S o b r e r y t r i t s fällt mit ihrem Spiegelbilde zu­sammen und daher r ü h r t wahrscheinlich die optische Iuact iv i tä t des aus dem Pinen erhaltenen P r ä p a r a t s her 2 ) .

« s - P i n o l g l y k o l - 2 - c h l o r h y d r i n , o p t i s c h a c t i v e s P i n o l u n d d-cis-irans-Pinolgly k o l .

CTS-Pinolglykol-2-chlorhydrin krystal l is ir t aus Essigester in grossen, durchsichtigen, rhombischen Krysta l len , welche beim Liegen an der Luf t t rüb werden und bei 131 —132° schmelzen. E s wird sehr schwer von Wasser, verhäl tn issmäss ig leicht von A l k o h o l und leicht von Aether und Ligroi 'n aufgenommen, lässt sich sublimiren und geht bei 30 mm unveränder t zwischen 138—140" über. Seine Zusammensetzung ergiebt sich aus den folgenden analytischen Daten.

C i o H n O j C l . Ber. C 58.68, H 8.32, C l 17.35. Gef. » 58.60, 58.29, » 8.29, 8,31, » 17.33, 17.28.

D ie nach der Gefriermethode in Eisessig ausgeführten Molekular­gewichtsbestimmungen zeigen, dass der Verbindung die einfache Mole­kularformel zukommt:

Ber. M 204.5. Gef. M 206, 200.

In der früher citirten, vorläufigen Mittheilung hat der Eine von uns mit A . G i n z b e r g angegeben, dass bei der Behandlung eines schwach rechtsdrehenden Te rpen t inö le s mit unterchloriger Säure ausser dem soeben beschriebenen, noch ein anderes, niedriger schmelzendes, isomeres Chlorhydr in gebildet wi rd . Spä t e r haben die Genannten gefunden, dass aus französischem Terpen t inö l (demselben, dessen Producte wir jetzt beschreiben,) hingegen nur das eine, höher schmel­zende H y d r i n entsteht und dass dieses letztere rechtsdrehend ist, wäh rend die bei derselben Temperatur schmelzende Verbindung aus dem Rechts-Pinen ebenso stark nach l inks ablenkt 3 ) . [«]u des Chlorhydrins vom Schinp. 131—132° aus L inks -P inen -f-88"23'; [«]„ » » » » Rechts-Pinen — 87" 39'.

Zugleich haben sie nachgewiesen, dass das niedriger (104—105") schmelzende Chlorhydr in das Racemat dieser entgegengesetzt drehen-

') Eine noch nicht veröffentlichte Arbeit aus dem hiesigen Universitäts­laboratorium.

5) W i r beabsichtigen, diese Ausführungen durch die Oxydation des activen Sobrerols zu prüfen, denn, wenn sie richtig sind, muss der dabei ent­stehende Sobrerytrit optisch activ sein und kann daher keine t/s-Verbindung vorstellen.

3) Journ. russ. phys.-chem. Ges. 30, 175.

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den Chlorl iydrine darstellt, denn es ist optisch inaetiv und lässt sich aus jenen zusammenstellen. Wenn man näml ich eine Lösung in L i -groi'n aus gleichen Theilen der beiden optischen Antipoden bereitet, so krystallisirt aus derselben das Chlorhydrin vom Schmp. 104 —105° heraus.

Was das chemische Verhalten des Chlorhydrins anbetrifft, so ist zuvörde r s t die grosse Resistenz, welche es gegenüber wäss r iger A l k a l i ­lauge aufweist, hervorzuheben. Be i Zimmertemperatur wurde es durch dieselbe selbst nach dreiwöchent l ichem Schüt te ln auf der Maschine, nicht ve rände r t ; die Einwirkung erfolgte erst beim Erhi tzen am Rück­flusskühler, verlief aber auch dann nur langsam, sodass die vollständige Entchlorung von 3.5 g Hydr in durch einprocentige Kali lauge erst nach 40-s tündigem Erhi tzen sich erreichen Hess. Be im Ausä thern des Re-actionsproductes wurde, neben harzigen, in Aether und Wasser un­löslichen Substanzen, ein gelblicher Syrup erhalten, welcher nach P ino loxyd roch und ungesät t ig t war. U m die ungesät t igten Verb in ­dungen zu beseitigen, wurde der Syrup in der Kä l t e mit Permanganat behandelt und dann das Unangegriffene abdestillirt. Es resultirte ein Destillat, welches, mit Schwefelsäure versetzt, nach kurzer Zeit den dem Pino loxyd eigenthümlichen Geruch einbüsste und, nach Zugabe von Pottasche, beim Ausä the rn e/s-Pinolglykol vom Schmp. 123—124° lieferte.

Ganz besonders bemerkenswert!) ist die Umwandlung, welche das Chlorhydr in beim Erhitzen mit Zinkstaub in weingeistiger Lösung er­leidet. Auch diese E inwi rkung vollzieht sich sehr langsam, dafür aber nur in einer Richtung und liefert als einziges Product — P i n o l . Das Z ink entzieht also dem Chlorhydr in ein Chloratom und ein H y d r o x y l ,

n i p i C i u H , e O < Q H H - Zu = C , „ H w O + Z n < Q H ,

ähnlich den Abspaltungen, wie sie in F a w o r s k y ' s Laboratorium an Chlor - und Brom-Anhydr iden der Fettreihe beobachtet wurden1). D ie Reaction wurde mit 8 g Chlorhydr in , 80 ccm A l k o h o l , 20 ccm Wasser und 20 g Zinkstaub ausgeführt . Das Erhi tzen geschah im Wasserbade am Rückflusskühler , drei Wochen hindurch, wobei der Kolben mehrere Male gewechselt und frischer Zinkstaub hinzugegeben wurde. Aisdaun wurde die weingeistige L ö s u n g von dem Niederschlage getrennt, mit Wasser verdünnt und mit Kochsalz ge.--ättigt. Die dabei aufschwim­mende Oelschicht hob man ab, wusch dieselbe mit gesät t ig ter K o c h ­sa lz lösung und entwässer te sie schliesslich über geschmolzener Pottasche. A u f diese Weise wurden 3 g einer leiclitbeweglichen Flüss igke i t von einem dem gewöhnl ichen P i n o l ähnl ichen, aber angenehmeren Geruch

') Journ. russ. phys.-chom. Ges. 30, 920, 1)98. 134*

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welche unter einem Druck von 22 mm bei 77° und hermach unter 752 mm ganz constant bei 183—184° , also bei derselben Temperatur, wie das gewöhnl iche P i n o l , überging, gewonnen.

CioHieO. Ber. C 78.93, H 10.55. Gef. » 78.80, » 10.87.

In der Absicht, die Structur dieses P inols festzustellen, haben w i r dasselbe mit Permanganat in der Kä l t e oxydirt und so ein neues P ino lg lyko l vom Schmp. 73—74.5° erhalten.

C i 0 H i s O 3 . Ber. C 64.51, H 9.67. Gef. » 64.43, » 9.42.

Dieses G l y k o l erwies sich als optisch activ: eine 0.7 g in l O c c m haltende alkoholische Lösung zeigte im 1 d m - R o h r eine Ablenkung von -+- 8n20'. E s ist sehr leicht in Aether und Essigester löslich und bleibt nach dem Verdunsten dieser Lösungsmi t te l als ein bald darauf erstarrendes Oe l zurück. E i g e n t ü m l i c h ist das Verhalten seiner L ö ­sung in Ligroi 'n. Lös t man es in einer relativ grossen Menge des­selben beim E r w ä r m e n auf, so gerinnt die L ö s u n g nach dem Erkal ten zu einer Gallerte. Dest i l l i r t man dann den grössten T h e i l des Lösungs ­mittels ab, so gerinnt der Rücks tand beim Erka l ten wieder, und erst nachdem man das Ligroi 'n vollständig entfernt hat. beginnt die rück­ständige amorphe Masse an mehreren Punkten zugleich zu krys ta l l i -siren. E s lässt sich also durch Umkrystal l is i ren nicht reinigen, und wi r mussten deshalb zum Zwecke der Reinigung es sublimiren und im luftverdünnten Raum destilliren, welche Operationen leicht gelingen.

D ie Constitution dieses Glyko l s ergiebt sich aus seinem Verhal ten gegenüber dem Permanganat. D a es durch dasselbe zu Ess igsäure ( A g = 64.33) und zu einem Gemenge von Te rpeny l s äu re und Terebin-s ä u r e , welche vermittelst Chloroform und Aether sich annähe rnd trennen Hessen, oxydjrt wurde, so kann es augenscheinlich nichts anderes als die dem m-frans-Pinolglykol entsprechende, optisch active Modification sein. Aus diesem Grunde bezeichnen wir dasselbe als d-cfs-ftv77«i-Pinolglykol und glauben das P i n o l , welches dieses G l y k o l gegeben hat, als die optisch active. Modification des gewöhnl ichen Pinols ansprechen zu dürfen.

Nach den angeführten Ergebnissen sollte man erwarten, dass auch das Bromadditionsproduet aus dem neuen P i n o l die optisch active Form des bekannten sein werde, der V e r n i c h hat aber diese Erwartung nicht bestätigt . Zur Darstellung des Dibromids haben w i r die Waschflüssigkei ten, mit welchen das Rohpinol behandelt wurde, mitsammt dem zinkhaltigen Rücks t ände benutzt. Dieselben lieferten bei der Desti l lat ion mit Wasserdampf ein alkoholisches Destillat, welches energisch Brom entfärbte und deswegen mit diesem Agens in der üblichen Weise behandelt wurde. D ie dabei erhaltenen K r y -

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stalle schmolzen nach einmaligem Umkrystal l is i ren aus Essigester bei derselben Temperatur, wie das gewöhnliche Piuolbromid, nämlich bei 94°, hatten auch das gleiche Aussehen und erwiesen sich in alkohol i ­scher L ö s u n g als optisch inactiv.

Ber. Br 51.26. Gef. Br 51.11. Daraus ist zu schliessen, dass die active Form des Pinoldibromids,

welches, wie oben er läu ter t wurde, der c/s-Reihe angehör t , unbes tändig ist und sich leicht inactivirt, wäh rend das derselben Reihe angehör ige active Chlorhydr in vom Schmp. 131 — 1 3 2 ° sich umgekehrt durch ausserordentliche Beständigkei t auszeichnet. E s scheinen hier also dieselben Verhäl tn isse vorzuliegen wie die, welche W a l den ') bei den Chlor- und Brom-Berns te insäuren entdeckt hat. Nach den Angaben dieses Fachgenossen ist nämlich die active Chlorberns te insäure eine recht bes tändige Verbindung, die active Bromberns te insäure geht dagegen sehr leicht und unter verschiedenen Bedingungen in das ent­sprechende Racemat über.

D i e , Entstehung des eis- Pinoloxyds und des Pinols bestimmt in eindeutiger Weise die Structur des untersuchten Chlorhvdrins. Dasselbe ist offenbar ein Chlorhydrin des eis-Pinolglykols. Nun entsprechen diesem G l y k o l zwei stellungsisomere Chlorhydrine, deren Structur durch die nachstehenden Formeln zum Ausdruck gebracht werden kann:

C H 3 C H S

C H C C I C H . O H C H C ( O H ) — C H . C 1

L " C ( C H , ) S

n -0 .

C ( C H S )

C H , C H C H 2 C H 2 C H - - C H s 5 + :i

V o n diesen beiden Formelbildern kommt das erste dem bei 5 2 — 5 4 ° schmelzenden Chlorhy-diin zu, welches G i n z b e r g 2 ) , auf Ver ­anlassung des Einen von uns, durch Behandlung des gewöhnl ichen Pinols mit unterchloriger Säure dargestellt hat, da dasselbe bei der Oxydation mit Chromsäuremischung das chlorhaltige Keton, C10H15CIO9, gegeben hat. E s bleibt daher für das aus Pinen ge­wonnene Chlorhydr in die zweite F o r m e l übr ig ; dasselbe ist also als «s -P ino lg lyko l -2 -ch lo rhyd i in anzusprechen, während das bei 52 — 54° schmelzende als Cî's-Pinolglykol-1-chlorhydrin bezeichnet werden muss. Mit dieser Auffassung stimmt auch die grosse Beständigkei t des Chlor­hvdrins aus Pinen, welche es gegenüber Permangauat aufweist. W i e viele te r t iä re A lkoho le , kann es wochenlang bei Zimmertemperatur mit demselben in Berührung bleiben, ohne dass eine Réduct ion des

') Dissertation in russ. Sprache. -) Journ. d. russ. phys.-chem. Ges. 30, tiSl.

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Oxydationsmittels sich bemerkbar macht. Z u Gunsten derselben Auf­fassung spricht auch das Festsitzen des Chloratoms, das sich beim Kochen des Chlorhydrins mit Wasser nnd bei Behandlung mit wäss r iger oder weingeistiger Kal i lauge kundgiebt. W ä h r e n d das aus P i n o l erhäl t l iche Chlorhydrin der wässr igen L ö s u n g schon bei gewöhnl icher Temperatur, bald nach ihrer Bereitung, saure Reaction verleiht und bei 10-stündigem Kochen mit Wasser oder nach kurzem Kochen mit Kali lauge volls tändig entchlort wird , erleidet das aus Pinen gewonnene Chlorhydr in unter denselben Bedingungen gar keine, oder nur eine ganz geringe Verände rung . Endl ich ist noch zu e r w ä h n e n , dass es vom Chromsäuregemisch zwar unschwer angegriffen wi rd , dabei aber keine fassbaren neutralen Producte giebt. Die Oxydation erstreckt sich nur auf einen kleinen The i l des Ohlorhydr ins , greift aber dafür sehr tief ein.

D ie mehrfach e r w ä h n t e , grosse Resistenz des Chlorhydrins vom Schmp. 131—132° machte k l a r , dass P ino loxyd und der Sobrerytrit, welchen wi r bei der Behandlung der Anlagerungsproducte unterchlo­riger S ä u r e an das Pinen mit Kal i lauge bei Zimmertemperatur be­gegnet s ind, ihr Entstehen demselben und dem ihm entsprechenden Dichlorhydrin nicht verdanken können . Es war deshalb anzunehmen, dass aus Pinen mehrere Chlorhydrine entstanden waren und die Unter­suchung hat, wie weiter unten gezeigt wird, diese Annahme gerecht­fertigt.

U m die directen Anlagerungsproducte zu fassen, haben wi r die in der früher angegebenen Weise gewonnene essigsaure Lösung der Einwirkungsproducte unterchloriger Säure auf Pinen unter A b k ü h l u n g und unter Vermeidung jeglicher E r w ä r m u n g vorsichtig mit Soda neu-tral isir t , dann mit Natriumsulfat gesät t igt und ausgeäther t . So er­hielten wi r aus 300 g Te rpen t i nö l circa 140 g eines dicken Oels, welches geruchlos war, Kaliumpermanganat in der Kä l t e selbst nach längerer Zeit nicht en t fä rb te , den Lichtstrahl schwach nach rechts ablenkte und den Chlorgehalt des Pinendichlorhydrins hatte.

C o H i s O a C ^ . Ber. C l 2D.4G. Gef. C l 2Ô.0é.

Be im Stehen begann das Oe l ba ld , reichlich Krys ta l le abzu­scheiden. U m dieselben von der dicken Mutterlauge zu trennen, er­schien es erforderlich, letztere mit Aether zu verdünnen und dann schnell abzusaugen. Das Fi l t ra t scheidet spä te r eine weitere K r y -stallisation derselben Verbindung aus, sodass das Absaugen mehrere Male zu wiederholen ist. Vol ls tändig lassen sich die Krys ta l l e auf die angegebene Weise jedoch nicht abtrenuen, da die letzten K r i ­stallisationen beim Verdünnen mit Aether sich wieder auflösen. Im Ganzen haben wi r deshalb nur 20 g gewinnen k ö n n e n , obwohl von dieser Verbindung in dem rohen Oel beträcht l ich mehr enthalten war .

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cis-M ent h an - 1 . 2 - d i c h l o r - 6 . 8 - d i o l .

Diese Verbindung, als welche die besagten Krys ta l le erkannt wurden, lässt sich nur schwer reinigen. A m zweckmässigs ten ver­wendet man dazu das Umkrystal l is i ren aus siedendem Aether und gewinnt so kleine, undeutlich ausgebildete Krys t ä l l chen , welche bei 1 3 6 — 1 3 7 ° schmelzen. Dieser Schmelzpunktsbestiinmung darf übr igens kein endgül t iger Wer th beigemessen werden, da die verschiedenen P r ä p a r a t e , mit welcher sie ausgeführt wurde, für absolute Reinheit nicht bürgen. Deshalb ergab auch eine Reibe von Analysen immer einen etwas grösseren Chlorgehalt, als den berechneten.

CioBisOjCl j . Ber. C 49.79, H 7.47, C l 29.46. Gef. » 49.37, 49.33, » 7.37, 7.40, » 29.73, 30.08.

Das Molekulargewicht wurde nach der Gefriermethode in E i s ­essiglösung bestimmt und erwies sich als das der einfachen Formel zukommende :

Ber. M 241. Gef. M 245, 245.

Die mit verschiedenen P r ä p a r a t e n ausgeführten Bestimmungen der optischen Eigenschaften ergaben keine unter sich übere ins t immenden Resultate: einige waren in alkoholischer L ö s u n g inaetiv, andere drehten schwach nach rechts.

Im Gegensatz zu dem Monochlorhydrin vom Schmp. 131 —132° lässt das Dichlorhydrin sich leicht entchloren. U m dies zu erzielen, genügt ein viers tündiges Erhi tzen der Verbindung mit wässr iger Kal i lauge am Rückl lussküh le r . Dabei wird aber ein bet rächt l icher T h e i l verharzt ' ) . Das abdestillirte Reactionsproduct gab sich als P i n o l o x y d , dem Spuren ungesät t igter Verbindungen, von welchen es durch einige Tropfen Permanganat befreit werden konnte, anhafteten, zu erkennen. Das aus dem Dioxyd gewonnene G l y k o l schmolz bei 124° und hatte auch sonst die Eigenschaften des inactiven m - P i n o l -glykols . Aus 1 0 g Chlorhydr in wurden 3 g G l y k o l , statt der be rechneten 8 g , erhalten.

A u c h bei Zimmertemperatur wird das Dichlorhydr in von wäss­riger Kal i lauge unschwer angegriffen, es entsteht aber unter diesen Bedingungen, ausser dem P i n o l o x y d , noch ein mit Wasse rdämpfen flüchtiges, krystallinisches Ch lo rhydr in , welches gesätt igt ist und mit demjenigen identisch zu sein scheint, welches wir im Anfange dieser Mittheilung als Chlorhydr in (B) bezeichnet haben. V o n diesen Ver ­bindungen lagen uns bisher nur geringe Mengen zur Verfügung vor und wir haben sie deshalb noch nicht nähe r untersuchen können.

Verhäl tn issmäss ig leicht wi rd das Dichlorhydr in in weingeistiger Lösung auch von Zinkstaub angegriffen. Nachdem 3.5 g desselben

') Ebenso verhält sich beim Erhitzen mit Alkalilauge das Monochlor­hydrin vom Schmp. 52—54°.

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mit 10 g Zinkstaub, 40 g A l k o h o l und 10 g Wasser am Rüekfluss-küh le r im Wasserbade drei Tage hindurch erhitzt waren, erhielt man ein volls tändig chlort'reies Produet. U m letzteres zu gewinnen, wurde das Reactionsgemisch mit etwas Soda versetzt und das Lösungsmit te l im Wasserbade abdestillirt. Dabei waren mit den Alkoholdämpfen nur Spuren einer nach reinem Limonen 1 ) riechenden, das Perman-ganat in der Kä l t e reducirenden Substanz übergegangen, während das Hauptproduct in dem Siedekolben zurückbl ieb .

Letzteres wurde ausgeä ther t und aus Wasser umkrvstallisirt . D ie so gewonnenen Krys ta l le hatten das Aussehen des i-Sobrerols, Hessen s ich, wie jene, leicht sublimiren. entfärbten momentan Permanganat und Brom, schmolzen bei 129—129.5° und wiesen auch die Zusammen­setzung des ungesät t igten G l y k o l s auf.

C i o H i 8 0 2 . Ber. C 70.59, H 10.59. Gef. » 70.29, » 10.69.

D a die Verbindung obendrein auch die bekannte, für das Sobrerol charakteristische, prächt ige Rothfärbung mit Schwefe lsäure gab, so ist an der Ident i tä t beider G l y k o l e nicht zu zweifeln.

Die Entstehung des Sobrerols wird leicht verständlich, wenn man das Dichlorhydrin für die dem Sobreroldibromid entsprechende Chlor­verbindung, d. h. für Menthan-1.2-dichlor-6.8-diol, anspricht.

CH3 CH;i

C H ( O M ) - 0 = C H ( O H ) 6

C C I - C H . C l 1 21

H O . C ( C H 3 ) 2

2 C l =

C H 2 C H 4

CIL

C H

C H 2

H O . C ( C H 3 ) 2

C H C H ,

Mi t dieser Auffassung seiner Structnr stimmt auch die optische Activi tät und die Umsetzung, welche es mit wässr iger Kali lauge bei Zimmertemperatur eingebt, überein. D a hierbei cj's-Pinoloxyd ge­bildet w i r d , so ist auch dieses Dichlorhydr in der ci's-Ileihe einzuver­leiben, während dem Chlorhydrin ( B ) , welches neben P ino loxyd ent­steht, wenn es wi rk l i ch ein Chlorhydr in des Pinolg lykols und nicht etwa ein gechlorter Ketoalkohol ist, voraussichtlich die Forme l

C H 2

C H C

H O . C ( C H 3 ) 2

C H 2 — Ć H

C H . C l

CH.

') Reines Limonen riecht, wie G a d l e w s k y gezeigt hat, nicht nach Citronen, sondern nach Mandarinen.

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zukommen wird . Dass wir unter den Umsetzungsproducten des Dichlorhydrins dem isomeren Monochlorhydrin vom Schmp. 5 2 — 5 4 ° , dessen Entstehen als Zvvischenproduct bei der Pinoloxydbi ldung er­wartet werden durfte, nicht begegnet s ind, ist na tü r l i ch , da diese Verbindung, wie wir wissen, unter den eingehaltenen Reactionsbedin-gungen sich leicht weiter in das P ino loxyd umwandelt.

Die in diesem Abschnitt mitgetheilteu Ergebnisse belehrten uns, dass das Dichlorhydr in , welchem das Pinolglykol-2-chlorhydrin seine Entstehung zu verdanken hat, in den öligen Mutterlaugen zurück­geblieben war. Versuche, welche angestellt wurden, um dasselbe durch Destillation im luftverdünnten Raum zu isol i ren, schlugen fehl , ida hierbei Zersetzung eintrat, und daher waren wi r darauf angewiesen, uns mit dem Vorbringen eines Beweises seiner Anwesenheit in dem O e l zu begnügen. Z u diesem Zwecke wurden 100 g des Oels mit 10 L wäss r iger 5-procentiger Kali lauge auf der Maschine geschüt tel t , bis alles in Lösung übergegangen war. Hernach wurde das A l k a l i mit Koh lensäu re abgestumpft, die Lösung mit Pottasche gesätt igt und ausgeä ther t . Dabei erhielten wir ca. 50 g eines Oels , welches die­selben Eigenschaften, wie das im Anfange dieser Mittheilung be­schriebene hatte und aus welchem 20 g Pinolglykol-2-chlorhydr in vom Schmp. 131—132° durch directe Krysta l l i sa t ion und weitere Mengen durch fractionirte Destillation der Mutterlaugen sich gewinnen Hessen. In dem nach dem Ausä the rn des Oels zurückgebl iebenen Rücks tand konnte auch die Gegenwart des Sobrerytrits unschwer nachgewiesen werden.

S c h l u s s b e m e r k u n g e n . Fasst mau die bisher mitgetheilteu Ergebnisse zusammen, so wird

ersichtlich, dass Pinen mit unterchloriger Säure ein Gemenge ver­schiedener Dichlorhydrine, welche jedoch ein und demselben c/s-Sobre-rytrit entsprechen, liefert. Die Theorie lässt vier stellungsisomere Dichlorhydrine dieser A r t , von denen nur zwei (I und II) optisch activ sein k ö n n e n , weil die Coniigurationen der beiden anderen mit deren Spiegelbildern, wie es bei dem eis-Sobrerytrit selbst der F a l l ist, zusammenfallen, voraussehen.

c / s - S o b r e r y t r i t . C H 3

C H (OH) Ć ( O H ) C H ( O H )

O H

C H 3 . C . C H 3

Ć H 2 C H - C H 2

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C H ( O H ) -

CHa C H 2

C H 3

- Ć C 1

O H

, C . C H 3

C H

D i c h l o r h y d r i n e

C H . C l

II .

C H 3

C H ( O H ) - Ć ( O H )

C l

C H . C l

C H 2 C H 2

C H 3

C H ( O H ) — C C I C H . O H

III . C l

C H 3 . Ć . C H 3

C H 2 Ó H C H 2

C H 3 . C . C H 3

C H 2 - C H -

C H 3

C H C 1 C ( O H ) C H . C l i I

I V . O H

C H 3 . Ó . C H 3

C H 2 Ó H

V o n diesen vier Formelbi ldern kommt das erste, wie früher aus­einandergesetzt worden ist , dem krystallinischen Dich lorhydr in vom Schrnp. 136—137° zu. F ü r das dem optisch activen Monochlor-hydrin vom Schmp. 131 —132° entsprechende Dichlorhydr in bleibt deshalb, weil es se lbs tvers tändl ich gleichfalls optisch activ sein muss, nur die Formel II , welche mit dem leichten Uebergange desselben in das Monochlorhydrin und mit dem gesammten Vernalten des letzteren im besten E ink lang steht, übr ig . Ausser diesen beiden Dichlor -hydrinen ist noch, wie wir gesehen haben, die Gegenwart eines dritten, welchem der Sobrerylri t sein Entstehen verdankt, voraus­zusetzen. Eine solche Verbindung muss befähigt sein, ihre beiden Chloratome leicht gegen Hydroxyle einzutauschen. D a aber eine solche Eigenschaft im Allgemeinen nur den te r t i ä r gebundenen Chlor ­atomen eigen is t , so hat man für das in Frage stehende Dichlor­hydrin ohne Zweifel die Fo rme l III zu wäh len . Was endlich das Dichlorhydr in I V anbetrifft, so sind wir bisher keinen Anzeichen seiner Bi ldung begegnet.

Wenn wir nun zu der E r l äu t e rung der Frage, auf welche Weise die drei Dichlorhydrine aus dem Pinen entstehen, übe rgehen , so ist zuvörders t hervorzuheben, dass aus vorhergebildeten bekannten Iso-merisationsproducten dieses Terpens — dem Terpineol oder Limonen — sie jedenfalls nicht entstanden gedacht werden k ö n n e n , da diese thatsächl ich ganz andere Producte liefern. So hat z. B . S t r z e m -b o s c h im hiesigen Univers i tä t s labora tor iuni gefunden, dass Terpineol , wie erwartet, nur die Chlorhydrine des Menthan-1.2.8-triols giebt. Nicht für sich sprechend ist, nach unserem Erachten, auch die folgende Auffassung des Reactionsverlaufs, dass zuerst ein Molekül unter­chloriger Säure an die Aethylenbindung des Pinens sich anlagert, dass darauf, unter Bi ldung einer neuen Aethylenbilduug, ein Molekü l

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Wasser oder Salzsäure abgespalten und sofort durch Sprengung der einfachen Bindung zwischen dem sechsten und achten Kohlenstoff­atom wieder addirt wird , sodass Sobrerol oder dessen Chlorhydr in , welche schliesslich das zweite Molekül unterchloriger Säure flxiren, entstehen. Nach Ausschluss dieser Voraussetzungen bleibt aber nichts anderes übr ig , als anzunehmen, dass die Bi ldung der Dichlorhydrine durch directe Anlagerung zweier Moleküle unterchloriger Säure an die Aethylenbindung und die durch Säuren spaltbare einfache Bindung des Pinens erfolgt. Pflichtet man dieser einfachsten und, wie w i r meinen, einzig zulässigen Auffassung bei , so ist leicht einzusehen, dass dem Pinen nur die Structurfortnel

C H S

C H C = C H

C ( C H a ) , I ,

C H 2 C H C H 2

welche auch mit seinem Verhalten gegenüber dem Permanganat im besten Einvers tändnisse steht, zukommen kann.

Gegen diese Formel lässt sich zur Zeit nur einwenden, dass die sich aus derselben ergebenden Structurformeln für « - P i n o n s ä u r e und für P inoy lameisensäure ') 1. in keinem einfachen Verhä l tn i s se zu der I soke tocamphe r säu re . welche aus der ersteren vermittelst C h r o m s ä u r e ­mischung, und zu der Ke to i socamphoronsäu re , die aus der zweiten vermittelst Chlornatrium sich bildet, stehen und 2. die Bi ldung der « -P inonsäure bei der Oxydation der « - C a m p h o l e n s ä u r e nicht ohne Weiteres vers tändl ich machen.

Der erste Einwand ist offenbar nicht schwerer wiegend, als der, dass die besagte Pinenformel auch die Umwandlung dieses Terpens in die Verbindungen der Camphergruppe unter Atomumlagerung sich vollziehend darstellt. Die Annahme einer Isomerisation bei diesem letzten Processe und zwar eine Umgestaltung des Tetramethylenringes zu einem Pentamethylenringe ist jedoch unbedingt nothweudig, da ohne dieselbe une rk lä r t bliebe, weshalb aus dem Pinen die Ester des secundären Alkoho l s — Borneols — und nicht, zu Folge der bekannten Rege l , von der man bisher keine Ausnahmen kennt, diejenigen eines te r t iä ren entstehen. Wenn aber dem viergliederigen Ringe des Pinens die F ä h i g k e i t , sich zu einem fünfgliederigen umzuformen, zuerkannt

') Es mag hier bemerkt werden, dass E r t s c h i ko wsky schon vor einem Jahre (Sitzungsber. der Warschauer Naturforscher-Ges. vom 11./28. A p r i l 1898) im hiesigen Universitätslaboratorium dargetban hat, dass «-Pinonsäure unter denselben Bedingungen, welche G l ü e k m a n n (Monatsh. f. Chem. 10, 781) aus Pinakolin Trimetliylbrenztraubensäure ergeben haben, fast quantitativ in rinoylameiseTisäure sich überführen lässt.

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20S0

werden niuss, so darf eine solche Fäh igke i t auch bei der a -P inon-s ä u r e , deren Tetraraethylenring, nach v. B a e y e r , in der gleichen Weise , wie derjenige des Pinens, durch Säuren leicht aufschliessbar ist, vorausgesetzt werden. Dies zugegeben, lässt sich die Bildung der I s o k e t o c a m p h e r s ä u r e aus « - P i n o n s ä u r e leicht e r k l ä r e n , weil die Iso-merisation der letzteren zu der Bi ldung von « -Dioxyd ihydrocampholen-s ä u r e , welche bei der Oxydation tha tsächl ich jene Säure giebt, führen muss:

C H 2 C H C H 2

( C H 3 ) 2 C

C H = C —

OHj Pinen

C H 2 - C H — C H 2

(CHj ) sC

C O O H C ( O H ) 2 - C H

C H a

Hypothetisches Hydrat der «-Pinonsäure

C H 2 C H — C H j

— j C H 3 . C . C H 3

C H C H 2 Ć C H . C 1

C H 3 -Bornylchlorid

C H , , C H — — C H 2

(CHs) 2C C O O H C ( O H ) — C H ( O H )

C H 3

'x - Dioxy diliydrocampholensäure

C H 2 — C H C H 2

- > ( C H 3 ) 2 C

C O O H C O COOI1

6H 3

Isoketocami)hersäure. Die von v. B a e y e r 1 ) entdeckte interessante Umwandlung der

P inoy lamei sensäure in Ke to i socampholensäure durch Natriumhypochlori t geschieht unter anderen Bedingungen — in alkalischem Medium —, als diejenige der « -P inonsäure in I soke tocampher säu re , und deshalb sind vermuthlich auch die Processe, welche bei dieser Umwandlung inter­mediär stattfinden, anderer Ar t . Wahrscheinlich bildet sich hier in einer der ersten Phasen ein Condensationsproduct, wie solche aus Ketonen durch alkalische Mittel in der Regel sich gewinnen lassen,

C H 2 C H — C H 2

C O O H ( C H 3 ) 2 C C H . C O . C O O H Pinoylameisensäure.

C H 2

C H - C H

> C ( O H ) . C O O H C O O H ( C H 3 ) 2 C C H

Hypot. Condensationsproduct. C H 2 C H — C H . C O . C O O H

V C O O H ( C H 3 ) , C . C O O H Ketoisocamplioronsäure,

') Diese Berichte 2i), 2790.

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2081

aus , dem die Keto i socampl ioronsäure durch glatte Reactionen ent­stehen kann.

"Was endlich die Bildung geringer Mengen von « -P inonsäure bei der Oxydation der « -Campholensäure mit Permanganat in der Kä l t e anbelangt, so können wi r der von T i e m a n n befürworte ten Auf­fassung1), dass bei derselben zuerst eine Anlagerung von Wasser an die Aethylenbindung der Campholensäure und darauf die Oxydation der entstandenen Oxyd ihydrocampho lensäure zu « -P inonsäure erfolgt, nicht beitreten, weil eine Anlagerung von Wasser an Aethylenbindungen bei Oxydationen ungesät t igter Verbindungen mit Permanganat in der Käl te noch in keinem einzigen Fa l le sich nachweisen Hess und wei l ^ -Campholensäure , nach T i e m a n n ' s Angaben 2 ) , unter den gleichen

•) Diese Berichte 29, 301a. 2) Diese Berichte 30, 2 4 2 — 2 6 5 . Allerdings ist dabei zu bemerken, dass

die Constitutionsformel, welche der ^-Campholensäure von T i e m a n n er-theilt wird, dem Verhalten dieser Säure bei der Oxydation mit Permanganat, in der Kälte, durchaus nicht entspricht. Nach seinen Auseinandersetzungen soll nämlich dabei, neben der ,9-Dioxydihydrocampholensäure, als Haupt-product eine aliphatische Säure, welche bei der Destillation ihrer schwefel-säurchaltigen Lösung im Dampfstrom in Kohlensäure, Wasser und ein von ihm Isocampherphoron benanntes Keton, C J H H O , zerfällt, entstehen. Diese zweibasische aliphatische Oxysäure, welche nicht isolirt worden ist und deren Existenz also nur vermuthet wird, hält T i e m a n n für Methyl-3-dimethyl-4-heptonol-2-disäure. Es ist nun leicht einzusehen, dass die Bildung dieser letzteren aus einer so construirten Säure, wie /S-Campholensäure sein so l l , allen Erfahrungen, welche bei den mit Permanganat ausgeführten Oxydationen bekannt geworden sind, widerstreitet:

. C B . C H 2 . COOH 0 1 1 . C H s . COOH C H 2 . C H 2 . C O O H

C H " c H ( C H ; i ) 2 >- CO "C(CHs)a - > C 0 0 H ^ C ( C H 3 ) 2

C H — C H . C H 3 C H ( 0 H ) . C H . C H 3 CH(OH) . C H . C H 3

,-j-Campholensäure Zwischenprod\ict Aliphatische Säure nach T i emann

Der Autor beruft sich zwar, um diesen abnormen Oxydationsverlauf nicht vereinzelt dastehen zu lassen, auf den TJebergang Ton Salicylsäuro in Pimelin­säure, welcher von E i n h o r n und L u m s d e n (Ann. d. Chem. 286, 257) durch Erhitzen mit Natrium in amylalkoholischer Lösung bewirkt worden ist, aber nach unserem Dafürhalten ist zwischen diesen beiden Processen eine Analogie nicht vorhanden, denn die Kctooxydihydrocampholensäure (Zwischenproduct) enthält das Carbonyl in ^-Stellung zu der Carboxylgruppe, während die aus der Salicylsäure als Zwischenproduct, vermuthlich, ent­stehende Ketonsäure der /?-Ileihe angehören muss:

C H 2 . C H ; . C H . COOH C H 2 . C H 2 . C H 2 . COOH

C H 2 . C H 2 . CO C H 2 . C H 2 . COOH Man weiss aber, dass gerade die /J-Ketonsäuren, und nicht die •/- oder

5-Ketonsäurcn, zu einem solchen Zerfall geneigt sind. Ausserdem ist auch die

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Bedingungen eine mit der a -P inonsäure isomere Säure liefert, während , i m Fa l le seine Ansicht richtig wäre , aus beiden Säuren , da sie ein und dieselbe Oxyd ihyd rocampho lensäu re geben, auch die näml iche « -Phmnsäu re entstehen sollte. Nach unserem Dafürhal ten kann also die « -P inonsäure nicht durch Oxydat ion der Oxyd ihyd rocampho lensäu re , wohl aber durch Umlagerung des normalen Oxydationsproducts der « -Campholensäure — der « -Dioxy-d ihydrocampholensäure — , von der T i e m a n n nachgewiesen hat, dass sie durch einfaches Erhi tzen in diese K e t o n s ä u r e sich überführen lässt , entstanden gedacht werden.

Nachdem wi r auf diese Weise die W i d e r s p r ü c h e , welche gegen die von dem Einen von uns aufgestellte Pinenformel erhoben waren, entkräf te t zu haben glauben, erübr igt uns noch, das letzte, in Wasser lösl iche Product der E inwi rkung unterchloriger S ä u r e auf französisches Terpen t inö l — das Nopinolg lykol — zu besprechen.

N o p i n o l g l y k o l . W ä h r e n d die oben beschriebenen Verbindungen dem gewöhnl ichen

Pinen correspondiren, betrachten wi r dieses G l y k o l als ein Derivat

Bildung eines Ketons aus einer zweibasischen Säure bei der Destillation im Dampfstrom (in Gegenwart von Schwefelsäure) bisher nicht beobachtet worden. Ferner ist zu bemerken, dass ebensowenig, wie das besprochene hypothetische Oxydationsproduct der /3-Dioxydihydrocampliolensäure, auch das wirklich auf­gefundene — die Dimethyl-3-hexanonsäure — mit der Formel der ,J-Cam-pholensäure im Einklang steht und dass die Bildung der Dimothylh'ivulin-säure aus dem Tiomann'schen Campholen durch Permanganat (diese Be­richte 30, 594) geradezu unmöglich erscheint.

Alles dies in Betracht gezogen, wird man zu der Vermutliung geleitet, dass bei dem Uebergange der «-Campholensäure in die /J-Säure nicht nur eine Verschiebung der Aethylenbindung, sondern ausserdem noch eine Er­weiterung des Fünfringes zu einem Sechsringe statt hat. Dann kommt der in Eede stehenden Verbindung die Structur

H O O C . C H . C H , . C ( C H 3 ) , > C H : C H . C H . C H 3

zu, und es ist dann die Entstehung bei der Oxydation derselben einer zu den /9-Ketonsäuren gehörigen Ketooxysäure, welche einerseits durch Ab­spaltung von Kohlensäure und Wasser in das Isocampherphoron übergehen, andererseits in normalerweise zu Dimethyl-3-hexanonsäuro abgebaut werden kann, zu erwarten.

Ebenso wird auch die Oxydation des Campholens zu ^-Dimethyllävulin-säure 'und Oxalsäure nur dann leicht vorständlich, wenn man dem Cam­pholen die sich aus der oben angeführten /3-CamphoIensäureformel durch Verschiebung der Aethylenbindung ergebende Structur beilegt:

C H . C H 2 . C ( C H 3 ) a C H . C H 3 . C H . C H 3 '

Dabei ist anzunehmen, dass a-Campholensäure zuerst in die /S-Säure und dann erst in Campholen übergeht. —

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des isomeren, welchem auch die von v. B a e y e r und V i l l i g e r 1 ) studirte Nop insäu re ihr Entstehen verdankt, und belegen es dem­entsprechend mit dem in der Ueberschrift stehenden Namen.

Nopinolg lykol krystal l is ir t aus Aether in schönen Prismen, welche fächerar t ig angeordnet sind, und schmilzt bei 126 — 127°.

C i 0 H 1 8 O 3 . Ber. C 04.51, H 9.67. Gef. » 64.22, » 9.63.

V o n den beiden bekannten Pinolglykolen unterscheidet es sich auch dadurch, dass der aus ihm gewonnene Essigester nicht krysta l l i ­sirt und dass es mit concentrirter Schwefelsäure ähnl iche Rothfärbung, wie Sobrerol, giebt, wäh rend die P inolg lykole von dieser Säure anfangs hellgelb und erst nach und nach schwach ziegelroth gefärbt werden. D e r wichtigste Unterschied giebt sich jedoch erst bei der Oxydation mit Permanganat kund, da Nop ino lg lyko l bei dieser Operation weder Ess igsäure noch T e r p e n y l s ä u r e , dafür aber etwas Ameisensäure und ein nichtflüchtiges, syrupartiges, saures Product liefert. Dieser Syrup wurde, da er nicht zum Krysta l l i s i ren zu bringen war , nach v. B a e y e r ' s Vorschrif t-) mit Sa lpe te r säu re behandelt und ergab dabei ein Gemenge fester Säuren , welches, wegen der geringen Menge, über die wi r verfügten, nur unvollkommen getrennt werden konnte, aber dem Anscheine nach aus T e r p e n y l s ä u r e und T e r e b i n s ä u r e be­stand. Aus dem Ausbleiben der Ess igsäure ist zu ersehen, dass in diesem G l y k o l jedenfalls kein Methyl vorhanden ist. Wahrscheinlich kommt ihm und dem P i n o l , aus welchem es entstanden, die nach­folgende Structur z u :

C H j C H 2 ( O H )

C H Ć C H 2 C H C ( O H ) C H ,

° ^ C ( C H 3 ) S ° ^ C ( C H , ) ,

C H 2 C H - C H 2 Ć H 3 C H - C H 2

Schliesslich mag e rwähn t sein, dass dieses G l y k o l in ganz unter­geordneter Menge entsteht, sodass wi r im Laufe der ganzen Unter­suchung nicht volle 2 g zur Verfügung hatten.

Ueber die in Wasser unlösl ichen Producte, welche aus dem Terpen t inö l und unterchloriger Säure entstehen, wi rd ein anderes M a l mitgetheilt werden.

W a r s c h a u , 12. J u l i 1899.

») Diese Berichte 29, 1923. *) Diese Berichte 29, 2789.