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21. WAHLPERIODE NR. 21/12 Protokoll/Wortprotokoll (zu TOP 2, 3 und 5) der öffentlichen Sitzung des Innenausschusses Sitzungsdatum: 23. Juni 2016 Sitzungsort: Hamburg, im Rathaus, Raum 151 Sitzungsdauer: 17:05 Uhr bis 21:29 Uhr Uhr Vorsitz: Abg. Ekkehard Wysocki (SPD) Schriftführung: Abg. Antje Möller (GRÜNE) Sachbearbeitung: Manuela Knieler ____________________________________________________________ Tagesordnung: 1. Drs. 21/4457 Bericht über die Haushaltsentwicklung zum 1. Quartal 2016 sowie vorläufige Gesamtergebnisrechnung und doppische Gesamtfinanzrechnung für 2015 (Bericht Senat) hier: Einzelplan 8.1, Bereich Inneres (Der Haushaltsausschuss ist federführend, der Innenausschuss und weitere Fachausschüsse sind mitberatend.) 2. Bericht und Fragen zum Einsatz der verdeckt ermittelnden Polizeibeamtin "Astrid Schütt" (Selbstbefassung gem. § 53 Absatz 2 der Geschäftsordnung der Hamburgischen Bürgerschaft)

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21. WAHLPERIODE NR. 21/12

Protokoll/Wortprotokoll (zu TOP 2, 3 und 5) der öffentlichen Sitzung des Innenausschusses

Sitzungsdatum: 23. Juni 2016 Sitzungsort: Hamburg, im Rathaus, Raum 151 Sitzungsdauer: 17:05 Uhr bis 21:29 Uhr Uhr Vorsitz: Abg. Ekkehard Wysocki (SPD) Schriftführung: Abg. Antje Möller (GRÜNE) Sachbearbeitung: Manuela Knieler ____________________________________________________________

Tagesordnung:

1. Drs. 21/4457 Bericht über die Haushaltsentwicklung zum 1. Quartal 2016 sowie vorläufige Gesamtergebnisrechnung und doppische Gesamtfinanzrechnung für 2015 (Bericht Senat) hier: Einzelplan 8.1, Bereich Inneres (Der Haushaltsausschuss ist federführend, der Innenausschuss und weitere Fachausschüsse sind mitberatend.)

2. Bericht und Fragen zum Einsatz der verdeckt ermittelnden Polizeibeamtin "Astrid Schütt" (Selbstbefassung gem. § 53 Absatz 2 der Geschäftsordnung der Hamburgischen Bürgerschaft)

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Innenausschuss Nr. 21/12 - 2 -

3. Entwurf eines Gesetzes zum Staatsvertrag zwischen Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein über die Einrichtung und den Betrieb eines Rechen- und Dienstleistungszentrums zur Telekommunikationsüberwachung der Polizeien im Verbund der norddeutschen Küstenländer (Selbstbefassung gem. § 53 Absatz 2 der Geschäftsordnung der Hamburgischen Bürgerschaft) zusammen mit

Drs. 21/4443 Gesetz zum Staatsvertrag über die Errichtung des Rechen- und Dienstleistungszentrums Telekommunikationsüberwachung der Polizeien im Verbund der norddeutschen Küstenländer der Freien und Hansestadt Hamburg mit den Ländern Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein (Gesetzentwurf Senat)

4. Drs. 21/4243 Datenaustausch zwischen den Sicherheitsbehörden umgehend voranbringen - Umsetzung von PIAV beschleunigen (Antrag CDU)

5. Drs. 21/4248 Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts zum Schutz der Grundrechte anlässlich des BKA-Gesetzes proaktiv umsetzen -Polizeirecht in Hamburg in Eigeninitiative verfassungsgemäß gestalten! (Antrag FDP) zusammen mit

Drs. 21/4851 Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Datenverarbeitung der Polizei (Gesetzentwurf Senat)

6. Verschiedenes

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Innenausschuss Nr. 21/12 - 3 -

Anwesende:

I. Ausschussmitglieder Abg. Phyliss Demirel (GRÜNE) Abg. Martina Friederichs (SPD) Abg. Dennis Gladiator (CDU) Abg. Danial Ilkhanipour (SPD) Abg. Carl-Edgar Jarchow (FDP) Abg. Joachim Lenders (CDU) Abg. Antje Möller (GRÜNE) Abg. Arno Münster (SPD) Abg. Dirk Nockemann (AfD) Abg. Christiane Schneider (Fraktion DIE LINKE) Abg. Sören Schumacher (SPD) Abg. Urs Tabbert (SPD) Abg. Juliane Timmermann (SPD) Abg. Karl-Heinz Warnholz (CDU) Abg. Ekkehard Wysocki (SPD)

II. Ständige Vertreterinnen und Vertreter Abg. Doris Müller (SPD)

III. Senatsvertreterinnen und Senatsvertreter Behörde für Inneres und Sport Herr Senator Andy Grote Herr Staatsrat Bernd Krösser Herr Polizeipräsident Ralf-Martin Meyer Herr KD Bernd Schulz-Eckhardt Herr LRD Bernd Holtschneider Frau RD’in Claudia Bonnet Herr RD Thomas Cordes Herr ORR Uwe Leimnitz Frau LRD‘in Annette Hitpaß Frau Ang. Christine Biederstaedt Herr AR Carl-Michael Zengel Herr LRD Andreas Schorling Justizbehörde Herr RiSG Dr. Anders Leopold

IV. Vertreterinnen und Vertreter der Dienststelle des Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Frau Oksan Karakus

V. Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Bürgerschaftskanzlei Frau Manuela Knieler

VI. Vertreterinnen und Vertreter der Öffentlichkeit 44 Personen

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Innenausschuss Nr. 21/12 - 4 -

Vor Eintritt in die Tagesordnung

Die Senatsvertreterinnen und -vertreter berichteten über die Planungen zur Personalverstärkung der Polizei. Im Vorfeld der Haushaltsaufstellungen hätten sie sich mit der Frage beschäftigt, wie eine gute Personalbedarfseinschätzung und eine gute personelle Aufstellung der Polizei für die nächsten Jahre aussehen könnten. Ihrer Meinung nach habe sich die Aufgabenpalette verändert und die Belastungen für den Polizeivollzugsdienst hätten zugenommen. Eine Anpassung in der Personalplanung sei daher erforderlich. Die Stadt wachse, dadurch würden sich die Anforderungen an die Polizei verändern. Stellen, die für die Abdeckung der sogenannten Grundlast dienten, seien zum Teil nicht besetzt. Handlungsbedarf sei vorhanden. Ein Programm sei daher geplant, im Hinblick auf die Haushaltsberatungen werde eine realistische Umsetzungsperspektive gesehen. Das Programm solle über einen Zeitraum von fünf Jahren – von 2017 bis 2021 – laufen und sehe folgendes vor:

• Der Polizeivollzugsdienst werde um 300 reelle Stellen auf dann 8 000 Stellen aufgestockt, sodass 300 zusätzliche Polizistinnen und Polizisten im Vollzug eingesetzt werden können.

• Innerhalb der Polizei sollen weitere 200 Kräfte für die Präsenz im Polizeivollzugsdienst umgesteuert werden, sodass beispielsweise manche Verwaltungsaufgaben nicht mehr von Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten, sondern von Verwaltungspersonal wahrgenommen würden.

Für die Umsetzung des Programms sei es notwendig, auch die Ausbildungsplätze für den Polizeivollzugsdienst aufzustocken. Bisherige Planungen sähen 250 Auszubildende pro Jahr vor, derzeit seien es circa 350, geplant sei eine Erhöhung über mehrere Stufen auf über 500 Auszubildende pro Jahr. Das Programm sei eine Herausforderung für alle Beteiligten, insbesondere für die Polizei. Die CDU-Abgeordneten kritisierten, dass der Senat vor Eintritt in die Tagesordnung über ein so wichtiges Thema berichte. Die Aufstockung der Stellen sei nicht unbeachtlich und hätte es verdient, als gesonderter Tagesordnungspunkt auf die Tagesordnung im Innenausschuss beraten zu werden. Sie meinten, der Senat handle letztendlich zu spät. Der Personalmangel sei in den letzten Jahren immer größer geworden. Aktuell seien 200 Stellen in den Schichten nicht besetzt. Es sei fraglich, ob es sich bei dem Vorhaben um einen Stellenaufwuchs oder vielmehr um einen Defizitausgleich der letzten fünf Jahre handle. Sie forderten seit langem, die Angestelltenstellen umgehend zu besetzen, damit die Aufgaben nicht vom Vollzugsdienst übernommen werden müssten. Es sei nicht sachgerecht, sich dafür fünf Jahre Zeit zu lassen. Letztendlich sei dies eine große zusätzliche Belastung. Hinsichtlich der Umsteuerung der geplanten 200 Kräfte sei festzustellen, dass es kaum Stellen gebe, auf die verzichtet werden könne. Wenn Stellen verlagert würden, würden Lücken an anderer Stelle aufgerissen und das übrige Personal überproportionalen Belastungen ausgesetzt. Das Thema werde in den Haushaltsberatungen weiter verfolgt, sie forderten, die vakanten Stellen müssten umgehend besetzt werden, zusätzlich sollten 400 neue Stellen in dieser Legislaturperiode geschaffen werden. Die vakanten Angestelltenstellen sollten ebenfalls umgehend besetzt werden. Die Verlagerung von Stellen sei nicht hilfreich. Der Vorsitzende beendete an dieser Stelle die Diskussion, da sie sich außerhalb der Vorgaben der Geschäftsordnung bewegten. Um die Diskussion zu eröffnen, bedürfe es einer Selbstbefassung gemäß § 53 Absatz 2 der Hamburgischen Geschäftsordnung. Diese stehe aber nicht auf der Tagesordnung, insofern müsse die Beratung zu einem anderen Zeitpunkt erfolgen, beispielsweise in den bald anstehenden Haushaltsberatungen.

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Innenausschuss Nr. 21/12 - 5 -

Der Ausschuss kam überein, Drs. 21/4457 (ehemals TOP 2) als TOP 1 zu beraten.

Zu TOP 1

Keine Niederschrift; siehe Stellungnahme an den federführenden Haushaltsausschuss.

Zu TOP 2 (Wortprotokoll)

Vorsitzender: Wir kommen dann zum Tagesordnungspunkt 2, "Bericht und Fragen zum Einsatz der verdeckt ermittelnden Polizeibeamtin Astrid Schütt". Dort haben wir uns geeinigt, eine Selbstbefassung durchzuführen und auch die Beratung heute hier durchzuführen. Da sehe ich jetzt auch keinen Widerspruch. Dann würde ich darum bitten, wir haben ja zwei Anfragen, zumindest mehrere Anfragen gehabt, dort ist ein gewisser Sachstand mitgeteilt. Frau Schneider, wären Sie einverstanden damit, wenn wir den Senat bitten vorzutragen, ob es über diesen Sachverhalt hinaus neuere Erkenntnisse gegeben hat? Herr Senator. Senator Grote: Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren! Ich will (…) einfach noch einmal ein paar Anmerkungen machen. Der Ausschuss hat sich ja schon in der Vergangenheit mit zwei anderen Einsätzen verdeckter Ermittlerinnen befasst. Der erste Fall, Iris Schneider, spielte in den Jahren 2001 bis 2006, der zweite Einsatz, Maria Block, erfolgte in den Jahren 2008 bis 2012. Wir haben jetzt einen dritten Einsatz der verdeckten Ermittlerin Astrid Schütt, der sich auf die Jahre 2007 bis 2013 bezieht. Dazu muss man sagen, dass natürlich, je näher der Einsatzzeitraum an die Gegenwart rückt, desto intensiver müssen wir uns mit der Frage beschäftigen, in welcher Detailtiefe wir hier berichten können. Bei Iris Schneider lag der Fall relativ lange zurück und wir haben deswegen sehr umfangreich hier berichten können, auch ohne die Funktionsfähigkeit des Instrumentes "verdeckte Ermittler" hier zu beschädigen. Das war bei Maria Block schon etwas anders und das wäre jetzt auch bei Astrid Schütt etwas anders. Bei Maria Block ist es so gewesen, dass, anders als bei Iris Schneider, im Kern es ja nicht um Überschreitungen des rechtlichen Rahmens, des rechtlich zulässigen ging, aber dass es gleichwohl viel Kritik und sozusagen auch den moralischen Vorwurf an dem Verhalten und Vorgehen der eingesetzten Beamtin gab, weil natürlich, und das ist ja auch nachvollziehbar, diese Einsätze immer ein gewisses Unbehagen auslösen können, weil sie eben geradezu darauf aufbauen, dass dort das Umfeld, um das es geht, getäuscht wird, Vertrauen erworben wird eben, um Informationen zu gewinnen, verdeckt. Das ist aber eben auch genauso vom Gesetzgeber vorgesehen an dieser Stelle und der Senat hält es nach wie vor auch für geboten, von diesem Instrument zur Erfüllung polizeilicher Aufgaben Gebrauch zu machen. Allerdings, und das haben wir ja auch in der Vergangenheit deutlich gemacht, müssen dann die Maßstäbe, die rechtlichen Maßstäbe, auch die rechtsstaatlichen verfassungsrechtlichen Maßstäbe, nach denen diese Einsätze bewertet werden, eben immer auch genau angeguckt werden. Insofern haben wir ja nachher auch noch auf der Tagesordnung die Änderung einer Rechtsvorschrift, die für zukünftige Einsätze eine Anordnung durch den Richter vorsieht, einen Richtervorbehalt, nicht mehr wie bisher die Zustimmung der Staatsanwaltschaft ausreichen lässt, und wir haben ja auch aus den Fällen der Vergangenheit ein paar Schlüsse gezogen, die Empfehlung der Innenrevision, mit denen es da umzugehen galt. Dort hatte die Behördenleitung, in dem Fall mein Vorgänger, die Polizeiführung beauftragt, diese Empfehlung 1:1 umzusetzen im letzten Jahr. Die sind entsprechend auch in eine aktualisierte Verwaltungsvorschrift eingeflossen, Verwaltungsrichtlinien umgesetzt, die jetzt sehr viel klarer und genauer und detaillierter den Rahmen für diese Einsätze setzen. Insofern ist allerdings wichtig, dass der Standard, den wir dann jetzt oder in Zukunft haben durch die neue Richtlinie, durch die letztlich auf der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aufbauende Veränderung oder Einführung

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eines Richtervorbehalts und eben auch den Maßstab der Empfehlung der Innenrevision, dass dieser Maßstab für den Einsatz, über den wir heute sprechen, nämlich Astrid Schütt, in den Jahren 2007 bis 2013 noch nicht gegolten hat, sodass wir jetzt im Grunde genommen gucken müssen, wenn wir dort Kritikwürdiges hier feststellen gemeinsam oder man zu der Beurteilung kommt, da sind Dinge anders gelaufen, als sie vielleicht anders hätten laufen sollen, dann müssten wir im Grunde genommen gucken, ist das etwas, was nach den neuen Maßgaben auch noch ein Problem wäre oder auch noch hätte zulässigerweise so durchgeführt werden können und gibt es dann sozusagen noch einen weiteren Regelungsbedarf. Das ist, glaube ich, die zentrale Frage an der Stelle. Und bevor wir das aber weiter vertiefen, ist es sicherlich gut, noch einmal sich anzugucken, was ist eigentlich im Wesentlichen passiert beziehungsweise über das, was schon bekannt ist, hinaus passiert und dazu würde weitergeben an den Polizeipräsidenten Herrn Meyer. (Abg. Christiane Schneider: Darf ich um ein Wortprotokoll bitten?) (Vorsitzender: Ja. Ja. Wortprotokoll.) Herr Meyer: Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrter Herr Senator, meine Damen und Herren Abgeordneten! Vor einem halben Jahr habe ich hier über den Fall Maria Block vor dem Innenausschuss referiert und wie der Senator eben schon andeutete, ist da eben auch sehr intensiv die Frage diskutiert worden nach dem Schutz des Instrumentes und dem Schutz der Beamtin, für die ich ja fürsorgerisch als Polizeipräsident zu garantieren habe. Aktuell befinden wir uns also wieder in einer Situation, dass eine weitere meiner Mitarbeiterinnen mehrere Jahre nach Beendigung ihres Einsatzes als verdeckte Ermittlerin enttarnt wurde und abseits der Betrachtung ihres dienstlichen Auftrages nunmehr sich und ihr Privatleben im Licht der politischen und damit auch des medialen Interesses wiederfindet. Heute soll wiederum der Fokus auf den unseres derzeitigen Wissens nach vorschriftsmäßig angeordneten und durchgeführten Einsatz dieser verdeckten Ermittlerin Astrid Schütt gelegt werden, der in einen Zeitraum fällt, für den die damalige polizeiliche Handhabung des Instruments im Bereich der Gefahrenabwehr nicht nur in der Öffentlichkeit durch die Politik, sondern eben auch ausdrücklich durch uns, durch die Polizei kritisch gestellt wurde. Aus diesem Grund und im Interesse der Wirksamkeit der Maßnahmen und der Sicherheit der eingesetzten Beamtin beabsichtige ich, mich hier in der inhaltlich gebotenen Weise zu dem Einsatz zu äußern und detaillierte Angaben zur operativen Tätigkeit zu vermeiden. Wie Sie den Veröffentlichungen, insbesondere dem Enttarnungsbericht den sich darauf beziehenden Medienberichten und den Senatsantworten zu entnehmen ist, war eine Beamtin des LKA Hamburg unter der Legende Astrid Schütt vom 1. März 2007 bis 3. Oktober 2013 bei der Abteilung Staatsschutz eingesetzt worden. Der Einsatz erfolgte nach den heute vorliegenden Erkenntnissen weit überwiegend als verdeckte Ermittlerin gemäß Paragraf 12 des Gesetzes über die Datenverarbeitung der Polizei. Hierfür liegen aufeinanderfolgende Anordnungen über den Einsatzzeitraum vor. Die Anordnung zum Einsatz nach Paragraf 12 wurde durch den damaligen Polizeipräsidenten oder seinem Vertreter im Amt getroffen. Nach derzeitigem Erkenntnisstand stimmte die Staatsanwaltschaft entsprechend den gesetzlichen Vorschriften den jeweiligen Anträgen zu. Diese Anordnungen zum VE-Einsatz erfolgten ausschließlich zu gefahrenabwehrenden, nichtstrafverfolgenden Zwecken. Aus den vorliegenden Anordnungsunterlagen ergeben sich aber auch zwischen einzelnen Anordnungen der Jahre 2008 bis 2011 zeitliche Lücken. Es dürfte derzeit lebensnah davon ausgegangen werden, dass die Beamtin in diesen Zeiträumen auch als BfLin eingesetzt war. Urlaub und Krankheit sind im Einzelfall auch möglich.

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In 2007 war die Beamtin nach derzeitigem Kenntnisstand zunächst für einen Zeitraum von vier bis fünf Monaten als BfL eingesetzt worden. Hieran schloss sich dann ihr erster Einsatz als verdeckte Ermittlerin nach Paragraf 12 PolDVG an. In 2008 wurde die Beamtin für einen Zeitraum von circa zwei Monaten – vom 16. Mai bis 15. Juli 2008 – demnach nicht als verdeckte Ermittlerin nach dem PolDVG eingesetzt. Für 2009 war dies ein Zeitraum von circa einem Monat, 1. November 2009 bis 10. Dezember desselben Jahres. Der Einsatz als BfL für diese Zeiträume in 2008 und 2009, den halten wir für sehr wahrscheinlich, aber Unterlagen, die auf einen entsprechenden Einsatz hindeuten, liegen nach derzeitigem Kenntnisstand nach Absuchen aller Möglichkeiten nicht vor. In 2010 war die verdeckt eingesetzte Beamtin nach derzeitigem Stand für einen Zeitraum von vier Tagen – 6. bis 9. Dezember 2010 – und in 2011 für einen Tag – 11. Dezember 2011 – nicht als verdeckte Ermittlerin gemäß Paragraf 12 PolDVG eingesetzt worden. Es liegen keine Erkenntnisse vor, die auf einen Einsatz an diesen einzelnen Tagen als BfL hindeuten. Bei den Einsätzen der Beamtin kam es nach derzeitigem Stand nicht zu Einsätzen in doppelter Funktion als verdeckte Ermittlerin und als BfL. Die Einsätze der verdeckt eingesetzten Beamtin haben sich nicht gegen bestimmte Personen, Einzelpersonen gerichtet, sondern gegen Gruppierungen. Es liegen derzeit keine Erkenntnisse darüber vor, dass sie in ihrer Einsatzzeit als BfL personenbezogene Daten erhoben hat. Erkenntnisse zu einem Betreten von Räumen, für die ein Betreten aus besonderen gesetzlichen Schutzgründen nicht zulässig gewesen wäre, liegen der Polizei auch ausgehend von heute nicht vor. Das gilt auch für die Frage, ob Wohnungen als Beobachterin für Lagebeurteilungen betreten wurden. Das kann weder bestätigt – also es gibt keine Hinweise dafür – noch ausgeschlossen werden. Heute sind jedoch derartige Handlungen insofern ausgeschlossen, dass das Instrument oder da das Instrument BfL inzwischen abgeschafft wurde. Einzelne Berichte der Beamtin wurden auch dem Landesamt für Verfassungsschutz zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus gab es nach unserem derzeitigen Stand mehrere Treffen der Beamtin mit Vertretern des Landesamtes zu einem allgemeinen Informationsaustausch über Entwicklungen im Bereich des Linksextremismus. Derartige Treffen sind heute nach der neuen Verfahrensweise untersagt. Bei dem Einsatz verdeckter Ermittler kann es zur Erlangung der für die Gefahrenabwehr erforderlichen Informationen notwendig sein, auch in Objekten tätig zu werden, in denen sich Angehörige von relevanten Gruppen beziehungsweise Zusammenhängen aufhalten, auch wenn das Objekt beziehungsweise dessen Träger selbst nicht Gegenstand des Auftrages ist, soweit das Objekt beziehungsweise dessen Träger nicht einem besonderen, spezifischen gesetzlichen Schutz unterliegt, ist dieses von den Einsatzaufträgen umfasst. Im konkreten Fall der hier in Rede stehenden verdeckt eingesetzten Beamtin waren ihre Aktivitäten in der Jugendeinrichtung Café Flop in Bergedorf unter anderem medial kritisch gestellt worden. Hierzu möchte ich Folgendes anmerken. Meiner Kenntnis nach handelt es sich bei dem Café Flop um ein Café, welches von dem Verein "Unser Haus e. V.", einem selbstverwalteten und unkommerziellen Jugendzentrum in Bergedorf, betrieben wird. Der Stadtteil Bergedorf war für den verdeckten Einsatz der Beamtin nicht gezielt ausgewählt worden. Der erste Szenekontakt der verdeckt eingesetzten Mitarbeiterin war nicht an diese Örtlichkeit gebunden, sondern ergab sich schlicht durch einen geeigneten Veranstaltungstermin und der eingeschätzten Wahrscheinlichkeit dadurch, mit Personen aus dem linksextremistischen Spektrum eine entsprechende Verbindung aufnehmen zu können. Die Zielrichtung des Einsatzes der Beamtin im Umfeld des Café Flop war also ausschließlich darauf gerichtet, einen Erstkontakt zu Personen des

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linksextremistischen Spektrums herzustellen, da dieses Haus den damaligen polizeilichen Erkenntnissen nach als Treffpunkt für die Gruppierung Antifa Bergedorf diente. Durch die Kontakte der verdeckt eingesetzten Beamtin zu Antifa Bergedorf ergaben sich dann weitere Verbindungen in die linksextremistische Szene nach Altona und das Umfeld der Roten Flora. Zur Festigung ihrer Legende und zum Zwecke eines besseren Zuganges zu militanten Gruppen wurde durch die Beamtin gemeinsam mit einigen Personen aus ihrem Umfeld eine Gruppe namens "Nella Faccia" gebildet. Das heißt, ist italienisch und heißt "ins Gesicht". Diese Gruppe hat sich in den Themenfeldern Antifaschismus und Antirepression betätigt. Aufrufe zu kriminellen Handlungen lassen sich aus den uns zum derzeitigen Zeitpunkt bekannten Texten, die durch beziehungsweise über die Gruppierung "Nella Faccia" verbreitet wurden, nicht herleiten. Darüber hinaus sei hinsichtlich eines möglichen Vorwurfes gegen die verdeckte Beamtin als potenzieller Agent Provocateur innerhalb der linksextremistischen Zusammenhänge agiert zu haben, angemerkt, dass sie nach derzeitigem Kenntnisstand weder zu Straftaten aufgerufen noch zu diesen angestiftet oder sonst wie daran teilgenommen hat. Im Rahmen des Einsatzes wurden der Beamtin von Verfügungsberechtigten auch Schlüssel zu einer Tür zum Gebäude der Roten Flora überlassen. Einer besonderen Rechtsgrundlage für eine solche Überlassung bedarf es für den Verfügungsberechtigten und die Entgegennehmende nicht. Die Beamtin nutzte den Schlüssel in Einzelfällen zur Öffnung der Tür des entsprechenden Objektes, um Personen zu Gruppentreffen einzulassen. Zugangsschlüssel für andere Objekte wurden ihr nach unserem Informationsstand nicht überlassen. Was die Auslandseinsätze betrifft, verhält es sich genau wie im Bereich der verdeckten Ermittlerin Maria B., dass wir für alle Einsätze entsprechende Anordnungen gefunden haben, die sich ja nach dem Recht des anfordernden Landes und dem deutschen Recht richten, alle entsprechenden Voraussetzungen lagen nach unseren bisherigen Feststellungen vor. Ich mache jetzt noch einige grundsätzliche Bemerkungen. Seit der Innenausschusssitzung am 5. November konnte der seinerzeit bereits begonnene Prozess zur Optimierung und Sicherstellung nachhaltig verbesserter Strukturen und Abläufe bei diesen präventiv polizeilichen Einsätzen durch verdeckte Ermittler vorangetrieben und zwischenzeitlich auch durch Inkraftsetzen der neuen VE-Richtlinie am 10. März 2016 abgeschlossen werden. Hierzu ein kurzes Bild. In der neuen VE-Richtlinie wird der Einsatz von verdeckten Ermittlern nunmehr wesentlich deutlicher als zuvor geregelt. Die neue Richtlinie beinhaltet neben den rechtlichen Bestimmungen unter anderem auch genaue Regelungen zum Antragsverfahren sowie zur Einsatzdokumentation, zur Aktenführung und Verwahrung der Akten. Ausdrücklich aufgeführt und damit über das Gesetz hinaus untersagt sind nähere Liebes- oder sexuelle Beziehungen im Einsatz eines VE. Unter anderem wird auch der strikt zu beachtende Schutz von Berufsgeheimnisträgern noch deutlicher betont. Darüber hinaus ist auch die Verfahrensweise zum Austausch von Informationen mit dem Landesamt für Verfassungsschutz Hamburg, und natürlich auch andere, deutlich restriktiver geregelt worden. Bei der Abfassung der neuen VE-Richtlinie erfolgte eine strenge Orientierung an den Empfehlungen der Innenrevision, welche als Ergebnis des Prüfberichtes der Innenrevision in der Innenausschusssitzung am 28. August 2015 hier vorgetragen waren. Ich würde noch einige kurze Ergänzungen machen, weil ich das dem Ausschuss noch sozusagen pflichtig bin, was die Disziplinarermittlungen angehen, die wir ja, die sich auf den Einsatz 1, also auf den Einsatz Iris Schneider beziehen. Nach den übermittlungs- oder

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datenschutzrechtlichen Verfahrensweisen würde ich mich auf ganz wenige Informationen beschränken. Im Rahmen der Ermittlungen ergaben sich Hinweise auf Dienstpflichtverletzungen gegen drei Beamte. Von den drei eingeleiteten Disziplinarverfahren wurden bisher zwei bestandskräftig abgeschlossen. In einem Verfahren wurde ein Dienstvergehen eines VE-Führers, ein Verstoß gegen die Beratungsunterstützung und Wohlverhaltenspflicht gemäß Paragraf 3435 Beamtenstatusgesetz, festgestellt. Das zweite Verfahren gegen die verdeckte Ermittlerin Iris Schneider wurde ohne Feststellung eines Dienstvergehens eingestellt. Ich erinnere hier noch einmal daran, dass ich über die verjährten Vorwürfe hinaus die Einsatzzeit 2001 bis 2006 am 29. Juli 2015 ein Disziplinarverfahren gegen die verdeckte Ermittlerin eingeleitet habe wegen des Verdachts der Falschinformation ihrer Vorgesetzten über etwaige Liebesbeziehungen im Verwaltungsvorermittlungsverfahren des gleichen Jahres. Die Ermittlungen ergaben hier jedoch keinen Hinweis auf ein derartiges pflichtwidriges Verhalten, insbesondere auf eine solche aktuelle Falschinformation. Die mögliche Nichtinformation im damaligen Einsatz, wie gesagt, wäre oder ist der Verjährung unterfallen. Ich erinnere daran, dass hier noch ein verwaltungsgerichtliches Verfahren läuft – Sie wissen davon –, das noch nicht abgeschlossen ist. Hierzu gilt schlichtweg, sollten sich daraus neue Hinweise ergeben, die wiederum zu Vorermittlungen führen könnten, was zu disziplinaren Maßnahmen Anlass geben könnten, werden diese selbstverständlich erneut aufgenommen. Das dritte Verfahren bezieht sich auch wieder gegen einen VE-Führer, der ist noch nicht abgeschlossen. Ich kann hier allenfalls hinzufügen, dass der Mitarbeiter inzwischen umgesetzt wurde und in einem anderen Einsatzbereich tätig ist. Hier läuft ein Widerspruchsverfahren gegen die Einstellungsverfügung unter Feststellung eines Dienstvergehens bei der obersten Dienstbehörde. Die Polizeiführung konnte somit mit Unterstützung des Ministeriums, der Behörde für Inneres, eine umfassende Aufarbeitung leisten und im Einvernehmen mit der Behördenleitung für eine grundlegende Neuausrichtung des VE-Einsatzes … oder für eine Neuausrichtung sorgen. Vielen Dank. Ich übergebe noch einmal. Vorsitzender: Vielen Dank. Frau Schneider. Abg. Christiane Schneider: Ich bleibe jetzt einmal bei dem dritten Fall. Ich weiß nicht, soll ich eine Frage nach der anderen oder soll ich gleich mehrere zusammen stellen? Oder ausführen? Ich fange einmal an mit dem Einsatz als BfL. Wenn ich das jetzt richtig verstanden habe, ist Astrid Schütt als BfL im Jugendzentrum "Unser Haus" tätig gewesen. Ich frage jetzt wirklich, wie man überhaupt auf den Gedanken kommen kann – und das zeigt, finde ich schon, die ganze Problematik des Einsatzes verdeckter Ermittler in zum Beispiel linken Szenen – in ein Jugendzentrum jemanden einzuschleusen, der ja die Aufgabe hat – und das kann man ja feststellen, das ist ja sozusagen ganz sachlich –, zu täuschen, zu trügen, Vertrauen zu missbrauchen, sich einzuschleichen und so weiter. In dem Jugendzentrum sind auch Minderjährige, es sind auch über 18-Jährige dort aktiv gewesen zum damaligen Zeitpunkt, aber auch Minderjährige. Und ich weiß nicht, ob der Senat die Grundsätze offener Kinder- und Jugendarbeit kennt, oder die Polizei das kennt, und ob er die Rechte des Kindes, die in der UN-Kinderrechtskonvention festgestellt sind, kennt oder nicht kennt oder ob er sie achtet oder nicht achtet. Ich möchte nur einmal sagen, bei der offenen Kinder- und Jugendarbeit, da geht es um gegensei…, dass die Jugend …, die Kinder- und die Jugendlichen, also die Minderjährigen und auch die da sozusagen in den, also die sich da sozusagen betätigen, dass sie lernen, sich auf Basis gegenseitiger Wertschätzung und als Interessenvertretung der Kinder- und Jugendlichen zu entwickeln. Und wie ist das vereinbar, wie ist das überhaupt

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… ich kriege das im Kopf nicht zusammen, wie ist das vereinbar, dass man da jemanden hinschleust, und zwar damit er mit irgendwelchen anderen Personen, die da vielleicht auch sind, Kontakt aufnehmen kann? Und die war ja Monate da. Die hat ja Vertrauen missbraucht. Dann das Kinder- und Jugend- und Hilfe… Wie heißt das Gesetz? KJHG. Das enthält ja zum Beispiel in Paragraf 1 Selbstbestimmung sowie die Fähigkeit zu gesellschaftlicher Mitverantwortung und zu sozialem Engagement als Ziele. Und Mitbestimmung ist zum Beispiel das zentrale Prinzip. Auch da, finde ich, ist der Einsatz einer verdeckt ermittelnden Polizeibeamtin unter keinem Gesichtspunkt irgendwie, finde ich, zu rechtfertigen. Und das will ich hier auch in aller Deutlichkeit sagen. Sie haben die eingesetzt, damit die Frau dort ihre Legende bildet und dazu haben Sie Kinder und Jugendliche missbraucht, die sozusagen da wirklich unter dem Schutz des Gesetzes stehen und ich finde völlig richtig, dass der Jugendhilfeausschuss mehrheitlich dieses Vorgehen missbilligt hat und auch den Senat … die Innenbehörde auffordert, das zu missbilligen. Das Café Flop ist eine offene Struktur gewesen. Oder immer noch. Das ist keine geschlossene Struktur. Die ganzen Argumente, die Sie angeführt haben bei Iris P., dass … Ich erinnere mich wirklich an Vorträge, dass die Strukturen geschlossen sind und dass man da reinkommen muss und dass man deshalb und so weiter. Das ist in dem Café Flop alles nicht gewesen. Das sind offene Strukturen gewesen. Und Sie haben auch jetzt ja nicht einen kleinsten Hinweis für eine Rechtfertigung dafür gegeben. Und das will ich wirklich in aller Schärfe festhalten, das ist auch keine Frage, sondern das möchte ich einfach als Feststellung auch in dem Protokoll haben. Dann sagen Sie, nach vier Monaten ungefähr – ich muss jetzt einmal gucken –, vier Monaten ungefähr ist sie also als VE eingesetzt worden. Da frage ich mich jetzt schon, auf Paragraf 12, ging es da um die Abwehr einer Gefahr von Leib, Leben und Freiheit oder welche Tatsachen, die die Annahme rechtfertigen, dass Straftaten von erheblicher Bedeutung begangen würden? Ich weiß nicht, noch in dem Jugendzentrum oder in Harburg oder in Altona, und Sie sprachen von Nella Faccia, dass da ja keine Aufrufe zu Gewalt. Ich meine, was rechtfertigt dann bitte schön den Einsatz? Also ich möchte wirklich wissen, wie der Paragraf 12 da überhaupt als Grundlage angeführt werden kann, um welche ganz bestimmten Gefahren es da bei dem Einsatz gegangen ist, weil sonst … Also ich meine, es zeigt sich doch jetzt, da ist jemand, der sollte eine Legende bilden, ist also im Selbstverwalt(…) des Jugendzentrums eingeschleust worden, hat dann sozusagen viele Fäden nach anderen Jugendlichen gestrickt, selber eine Gruppe gegründet, ist in dieses … ich komme gerade nicht auf den Namen, in Altona in dieses Café sozusagen auch reingegangen, ist in Harburg, hat sich bei der Antifa betätigt. Alles wirklich Strukturen, die nicht geschlossen sind. Und dann müssen Sie jetzt sagen, was ist die konkrete Gefahr, die da abgewendet werden soll und zu was hat das denn geführt? Hat das zu irgendeinem Ermittlungsverfahren geführt, hat das zu einem Gerichtsverfahren geführt, ist da irgendeine Strafe erfolgt, ist da eine Straftat festgestellt worden oder hat sie einfach ′mal und ′mal da ermittelt? Also, so. Das ist jetzt mein erster Beitrag dazu. Vorsitzender: Herr Senator. Senator Grote: Zu den konkreten Fragen, Herr Meyer. Ah, Moment. Herr Krösser möchte noch vorher etwas sagen. Staatsrat Krösser: Vielleicht etwas Grundsätzliches zum Thema eines VE-Einsatzes noch, bevor Herr Meyer vielleicht etwas Konkretes noch sagen möchte. Bei einem gefahrenabwehrenden VE-Einsatz ist es wie bei einem strafprozessualen VE-Einsatz auch. Es wird niemandem gelingen, in einem strafprozessualen VE-Einsatz, der sich zum Beispiel gegen irgendeinen hochrangigen Rauschgiftdealer richtet, eine Vertrauensperson unmittelbar in den Kontakt mit diesem Rauschgiftdealer zu bringen und zu erwarten, dass man von dort dann Informationen bekommt, sondern man muss dort über

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einen langen Weg und über einen langen Prozess – und ich dachte eigentlich, dass das in den vorherigen Ausführungen auch deutlich geworden ist – über das Umfeld die Menschen an solche Personen heranführen. Das heißt also, ein VE-Einsatz baut sich über eine gewisse Zeitdauer aus einem Umfeld in den Kernbereich auf. Das ist sozusagen in dem VE-Einsatz immanent. Anders funktioniert ein VE-Einsatz in der Regel nicht. Man kann einen VE nicht versuchen, gleich an geschlossene Gruppen heranzubringen, weil, das ist nun einmal das System geschlossener Gruppen. Deswegen muss man das langsam aufbauen. Das ist noch einmal zu berücksichtigen, wenn man über das Thema VE-Einsatz spricht und das ist mit dem VE-Einsatz vermacht. Ein gefahrenabwehrender VE-Einsatz hat darüber hinaus keinen Ermittlungscharakter. Ein gefahrenabwehrender VE-Einsatz hat das Ziel, Erkenntnisse zu erlangen, die der Polizei bei der Abwehr von Gefahren, die durch erhebliche Straftaten entstehen können, zu helfen. Das heißt, die Polizei soll in die Lage versetzt werden, hier das Entstehen von Straftaten nach Möglichkeit von vornherein zu verhindern. Es geht nicht darum, hier Straftaten oder Strafermittlungsverfahren über den Paragrafen 12 PolDVG zu veranlassen, weil, dann macht man das über die strafprozessuale Schiene. Und das hat hier auch bei Astrid Schütt die entsprechende Grundlage gehabt. Astrid Schütt hatte nicht den Auftrag, Strafermittlungsverfahren gegen irgendjemanden einzuleiten, sondern sie hatte den Auftrag, wie auch in anderen Fällen die Polizei in die Lage zu versetzen, auf bestimmte Phänomene, die durch erhebliche Straftaten drohten, vorzubereiten und die entsprechenden Abwehrmaßnahmen zu ermöglichen. Dies einmal als grundsätzliche Einordnung noch einmal zum Thema VE-Einsatz. Senator Grote: Herr Meyer. Herr Meyer: Ja, ich könnte die nicht gestellte Frage eher beantworten als die gestellte Frage. Also, wir haben überhaupt keine Hinweise darauf, dass bei dem Vortrag, der im Übrigen Kapitalismuskritik lautete, in dem Gebäude Kinder anwesend waren, zu denen dann unsere Beamtin jetzt Kontakt aufgenommen hätte, oder dass sie irgendwelche Datenerhebungen oder sonst etwas gemacht hat, sondern sie hat schlichtweg diese Veranstaltung besucht und über diese Veranstaltung dann zu einer Gruppe, die sich Antifa Bergedorf nennt, Kontakt aufgenommen. Missbrauch von Kindern oder Jugendlichen, dafür haben wir überhaupt keine Hinweise aus dieser Zeit. Wenn Sie fragen, welche Gefahren konkret abgewehrt wurden und zu welchem Ergebnis wir gekommen sind mit dem Einsatz, kann ich das schlichtweg aus taktischen Gründen nicht beantworten. Das hatte ich mit meiner Einleitung andeuten wollen. Vorsitzender: Vielen Dank so weit. Herr Gladiator bitte. Abg. Dennis Gladiator: Vielen Dank. Ich möchte zwei, drei grundsätzliche Vorbemerkungen machen. Zum einen haben wir es hier wieder erlebt, dass aus diesem – ich glaube, er wurde vorhin Enttarnungsbericht genannt, ich will das einmal als Wort übernehmen –, aus der linken Szene die Daten der verdeckten Ermittlerin öffentlich dargestellt worden sind. Nicht nur ihre, sondern auch die ihrer Familienangehörigen bis hin zu ihrer Großmutter. Wenn man sich die Seite anschaut, wo das veröffentlicht wurde, finden sich dort auch Kommentare, dass vielleicht Hausbesuche erforderlich seien, um gegen diese Maßnahmen vorzugehen. Ich glaube, wir wissen alle, was mit Hausbesuchen in dem Fall gemeint ist. Ich finde, das sind widerliche Methoden, die mich auch an dunkle Zeiten unserer Geschichte erinnern und die man nun wirklich nur auf Schärfste verurteilen kann. Man kann sich über Instrumente des Rechtsstaat streiten, man kann polizeiliche Maßnahmen gut oder schlecht finden, hier aber diejenigen, die in unser aller Auftrag für unsere Sicherheit sorgen und als verdeckte Ermittlerin in dem Fall auch eine schwierige Aufgabe wahrnehmen, dafür an den Pranger zu

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stellen und auch Gefahren auszusetzen, halte ich für völlig indiskutabel und wirklich widerlich. Das Zweite, wir haben häufig über das Instrument der verdeckten Ermittler hier gesprochen und überwiegend gemeinsam festgestellt, dass es ein rechtsstaatlich abgesichertes Instrument ist, das die Polizei und das damit wir alle brauchen, und ich sage es auch für meine Fraktion, auch weiter wollen. Es ist daraufhin ja auch reagiert worden auf Hinweise, die es gab durch die veränderte VE-Richtlinie, die zu dem Fall – das wurde auch ausgeführt – ja noch nicht in Kraft war, also auch noch nicht Wirkungen entfalten konnte. Der Bericht, der Enttarnungsbericht ist für uns hier auch aufgrund der eben schon genannten Rahmenbedingungen keine Beratungsgrundlage aus dem, was der Senat hier vorgetragen hat. Und ich finde, der Polizeipräsident hat in diesem Fall wie auch in den vorherigen Fällen sehr klar dargestellt, was die Erkenntnisse sind. Es sind letztes Mal Konsequenzen gezogen worden, die wir auch unterstützt haben, die auch richtig waren. Insofern ergeben sich aus dem, was hier vorgetragen wurde, für uns keine Kritikpunkte, Ansatzpunkte, zu diesem Zeitpunkt Weiteres infrage zu stellen. Wir kommen sicherlich – das hatten Sie angesprochen, Herr Senator – zu der Veränderung aus dem Bundesverfassungsgerichtsurteil. Das ist aber eine Folge – das haben Sie ja auch dargestellt –, die sich aus dem Urteil des Verfassungsgerichts ergibt, nicht etwa aus dieser Enttarnung. Das ist ja auch noch einmal wichtig festzuhalten, um da keine falsche Konnotation herstellen zu lassen. Insofern haben wir an diesem Punkt über das, was nach den beiden bisherigen Enttarnungen an Maßnahmen, veränderte (…)richtlinie, ergriffen worden ist, weder Kritik noch stellen wir dies Instrument infrage. Ganz im Gegenteil, wir wollen, dass die Polizei es auch weiter nutzen kann, weil ich glaube – das teilen hoffentlich viele –, dass wir uns als Staat bei der Bekämpfung und Abwehr von schweren Straftaten auch nicht blinder oder dümmer machen müssen und dürfen, als es gesetzlich vorgeschrieben ist. Wir müssen uns in die Lage versetzen, auch Gefahren abzuwehren und dazu brauchen wir auch solche Instrumente, die ja im Übrigen nicht nur in der linken Szene eingesetzt werden. Auch das ist ja vielleicht ein Eindruck, der manchmal entsteht, die ja auch in anderen Bereichen, organisierte Kriminalität, auch im rechten Bereich eingesetzt … (Abg. Christiane Schneider: Nein, (…) nicht!) … werden, das der Staat da auch weiter braucht, und wir begrüßen, was der Senat in diesem Bereich bisher unternommen hat und unterstützen ihn auch weiter konstruktiv. Vorsitzender: Vielen Dank so weit. Frau Möller. Abg. Antje Möller: Ja, vielen Dank. Ich teile die Kritik des Kollegen Gladiator an dem, was hier jedenfalls in diesem aufdeckenden Text als unter Realbiografie dargestellt wird, sozusagen eine ganze Familie plus befreundete oder Lebensgefährten mit in eine Verantwortung an der Stelle zu nehmen, finde ich, ich sag es ‘mal vorsichtig, unangemessen und hilft auch überhaupt nicht weiter, sondern lenkt sozusagen auch Kritik in eine Richtung, die überhaupt nicht angebracht ist. Das als Vorspann. Im Übrigen bezogen auf die rechte Szene haben wir tatsächlich hier ja in einen der Sitzungen zu den anderen beiden VEs gelernt, dass dort nicht mit dem Instrument VE gearbeitet wird. Ich habe noch zwei, drei Fragen. Ich will einmal gerne noch einmal nachfragen, es wurde so beschrieben, dass es für die Zeit als BfLerin keine Unterlagen mehr gibt. Also hat es die nie gegeben oder sind die aufgrund des Zeitablaufes nicht mehr zu finden? Wir hatten ja ein ähnliches Problem bei dem ersten Fall. Das hatte etwas mit dem Zeitablauf zu tun. Hier würde ich gerne nur verstehen, ob da nie Berichte oder Gespräche, über die es dann vielleicht ein Protokoll geben könnte, angefertigt worden sind.

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Dann würde ich auch gerne wissen, ob der Vorwurf, dass es tatsächlich gemeinsame Einsätze mit Maria Block gegeben hat, gemeinsame Aktivitäten gegeben hat. Ob Sie das bestätigen können und ob Sie dazu noch einmal eine Aufklärung geben können, ob das sozusagen etwas Zufälliges war oder ob das dann praktisch eine gemeinsame Aufgabe an die beiden VEs gegeben hat zu einem bestimmten Zeitpunkt. Meine letzte Frage bezieht sich eigentlich auf das, was aktuell gerade stattfindet. Wir haben ja – und Herr Meyer hat da eben ja auch schon darauf hingewiesen –, nach der Aufarbeitung der anderen beiden Fälle und dem Bericht der Innenrevision und der Zusage des damaligen Senators, dass es diese gemeinsame Beauftragung sozusagen als VE und BfLerin nicht mehr geben würde, dass überhaupt der Einsatz als BfL nicht mehr stattfindet, da haben wir ja Festlegungen für die Zukunft oder für die aktuelle Zeit getroffen. Aber was ich gerne wissen würde, ist, ob Sie die laufenden Einsätze, die es jetzt aktuell gibt tatsächlich aufgrund der Erkenntnisse, die Sie jetzt auch aus dem letzten Fall noch einmal bezogen haben von Dingen, die rechtsstaatlich oder auch polizeilich nicht mehr erwünscht sind, ziehen und sozusagen Veränderungen bei den noch laufenden Einsätzen vornehmen oder Überprüfungen vornehmen, sodass man davon ausgehen kann – ich versuche es einmal ganz vorsichtig zu formulieren –, dass dieses vielleicht nicht der allerletzte, aber einer der letzten Fälle, wo man diese kritische Kombination VE und BfL und auch offene Fragen bei dem Austausch mit Daten, mit dem Landesamt für Verfassungsschutz und andere Dinge, die wir hier ja gemeinsam als kritisch erarbeitet haben, nicht mehr finden kann. Vorsitzender: Herr Senator. Senator Grote: Eine Anmerkung von mir. Das, was inzwischen laut neuer VE-Richtlinie gilt, würde selbstverständlich, einmal unterstellt, es gäbe laufende VE-Einsätze, auch für die in vollem Umfang gelten. Zu allen weiteren Fragen Herr Meyer. Herr Meyer: Ja, Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren! Also, wir können nicht sagen, dass wir keine BfL-Unterlagen gefunden haben. Die Löschfristen, der Zeitablauf, ist relativ kurz. Als es diesen Einsatz noch gab, galten maximal drei Monate, weil man ja den Einsatz für Lageerkenntnisse oder Ähnliche brauchte. Die haben sich natürlich dann irgendwann zeitnah erledigt. Wir haben schon Berichte gefunden, die wir aufgrund unserer Recherche – so hatten wir es in den anderen Fällen ja auch gemacht –, das heißt, wir haben umfassend auch beim Landesamt recherchiert und dort in der Tat etwas gefunden. Nur haben wir keine Berichte gefunden, jedenfalls bis jetzt, auf die wir hätten gucken können unter Datenschutzgesichtspunkten und hätten sagen können, da sind personenbezogene Daten übersandt oder übertragen worden. Jedenfalls nach der Beurteilung, die wir zu diesem Gesichtspunkt haben. Also in allen Fällen ist es tatsächlich so, der Zeitablauf spielt eine Rolle. Aber wenn wir die Daten weitergegeben haben, dann gucken wir eben nicht nur auf uns, sondern gucken eben auch auf das Landesamt für Verfassungsschutz. Gemeinsame Einsätze hat es nach meiner Erinnerung nicht gegeben mit der anderen verdeckten Ermittlerin, was nicht heißt, dass sie nicht gemeinsam irgendwo gesehen worden sind. Das schließt das nicht aus. Dann der dritte Punkt, den hat der Senator schon beantwortet. In der Tat, wir haben alles angepasst. Also, wir machen ja auch ein entsprechendes Monitoring mit externer Unterstützung. Auch das ist ja eine der Empfehlungen gewesen, also mit der Staatsanwaltschaft, und gucken uns dann …, lassen uns berichten, gucken uns die Fälle an. Also dieses, ich sag ‘mal, der Geist der neuen Richtlinie bezieht sich auf alle Abläufe der heutigen Zeit.

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Vorsitzender: Frau Möller mit einer Nachfrage. Abg. Antje Möller: Also nur, damit ich das richtig verstanden habe. Und wir unterstellen einmal, es gäbe noch weitere VEs, die haben sozusagen die laufenden …, die hätten dann die laufenden Fälle daraufhin überprüft. Also mir ging es darum, ob da diese Überprüfung dann stattgefunden hätte. – Danke. Vorsitzender: Ich übersetze einmal für das Wortprotokoll: Der Senat nickt. Herr Jarchow bitte. Abg. Carl-Edgar Jarchow: Vielen Dank. Meine Frage bezieht sich noch einmal auf den Ermittlungsauftrag. Sie hatten … der Polizeipräsident, glaube ich, war es, hatte gesagt, der Ermittlungsauftrag war Gefahrenabwehr. Ist das der konkrete Auftrag gewesen und dieser Auftrag galt für sechseinhalb Jahre oder ist …? Das kommt mir ein bisschen merkwürdig vor. Das müssten Sie mir erklären. Ich finde das nicht sehr konkret. Und ich finde, umso länger ein solcher Auftrag dauert, also sechseinhalb Jahre, umso mehr berührt er ja die Grundrechte und muss eigentlich immer wieder überprüft werden, muss es auch immer wieder Anordnungen geben vom Polizeipräsidenten. Gab es die? Gab es zu jeder Zeit Anordnungen des Polizeipräsidenten oder gab es auch Zeitpunkte, wo es die nicht gab? Vorsitzender: Herr Senator. Senator Grote: Herr Meyer. Herr Meyer: Ja, also Ermittlungsauftrag würde ich das nicht nennen. Es ging ja darum, bestimmte Dinge zu verhindern, die ich als Gefahrenzustände beschreiben würde, also zum Beispiel die Brandstiftung an Kraftfahrzeugen von Politikern oder ähnliche Dinge, die – ja – also zu dem Spektrum der Gefahrenabwehr gehören. Was wir gefunden haben – wir gucken ja nach hinten –, sind verschiedenste Anordnungen von unterschiedlichen Zeiträumen, die also auch im Ablauf der Jahre neu ergangen sind. Ob die sich jetzt auch teilweise auf die gleichen Sachverhalte bezogen haben, kann ich nicht sagen, aber sie haben sich auf jeden Fall, sind wieder neu, teilweise neu ergangen. Das deutet aber darauf hin, dass man eine Beurteilung unternommen hat, selbst wenn es die gleiche Gruppe war oder der gleiche Bereich war, und ist in der neuen Beurteilung dazu gekommen, dass man die Anordnung erneut erteilt hat. Vorsitzender: Eine Nachfrage, Herr Jarchow. Abg. Carl-Edgar Jarchow: Also, ich habe Sie richtig verstanden, es gab durchgehend Anordnungen. Es gab also keine Zeitabläufe, wo es keine Anordnungen gab? (Zurufe) (Abg. Christiane Schneider(?): Herr Staatsrat.) Vorsitzender(?): (…) (Zuruf) (Zuruf: (…) Muss das im Wortprotokoll!) (Zuruf) Senator Grote: Hat der Senat das Wort?

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Vorsitzender: Ja, ja, der Senat hat das Wort. Senator Grote: Herr Krösser. Staatsrat Krösser: Zwei Anmerkungen. Eine noch vorweg zu der Antwort auf die Frage …

(Vorsitzender: Nehmen Sie das Mikro?)

Zwei Anmerkungen. Eine vorweg noch vor der Antwort auf die Frage. Ein VE-Einsatz bedeutet aufgrund der Eigenart des VE-Einsatzes grundsätzlich, dass er längerfristig angelegt sein muss. Sie brauchen einfach eine längere Zeit, bevor Sie einen VE so weit aufgebaut haben, dass er in eine sogenannte klandestine Gruppe überhaupt einen Zugang findet. Das heißt, die Vorstellung, dass man einen VE-Einsatz einmal für drei Monate oder sechs Monate anlegt und dann kann er Erkenntnisse liefern, entspricht nicht den praktischen Erfahrungen, die man mit einem solchen Instrument hat. Das einmal vorausgeschickt, damit man vielleicht eine Einordnung nimmt, warum wir zum Teil relativ lange Einsatzdauern haben. Zum Zweiten, wie Herr Meyer schon ausgeführt hat, haben wir immer wieder Anordnungen für den Einsatz als VE auch für Frau Schütt gehabt. Das heißt, sie sind immer fortgeschrieben worden, sie waren immer zeitlich befristet und sind fortgeschrieben worden. Und sie haben sich dabei auch fortgeschrieben in den konkreten Begründungen für diese Fortsetzung des Einsatzes. Das heißt, es hat nicht immer gleichlautende Begründungen gegeben, sondern die haben sich weiterentwickelt, entsprechend den jeweiligen Situationen und Gefahrenlagen, die diesem Einsatz als Beurteilungsgrundlage zugrunde gelegt wurden. Zwischen den entsprechenden Anordnungen gibt es allerdings zeitliche Lücken von manchmal nur einem Tag oder manchmal auch vier Tagen, manchmal auch zwei Monaten, die wir im Moment noch nicht genau erklären können. So haben wir es auch in den Ausführungen zu unseren Anfragen ausgeführt. Wir gehen davon aus, dass in diesen Zeiträumen die Beamtin aus unterschiedlichen Gründen entweder nicht eingesetzt war oder als BfLin eingesetzt war. BfL-Anordnungen finden Sie allerdings aufgrund der Aufbewahrungsfristen nicht mehr. Die werden beim LfV natürlich nicht abgelegt. Vorsitzender: Vielen Dank. Frau Schneider. Abg. Christiane Schneider: Ich will schon auf das eingehen, was Sie, Herr Krösser, in Ihrem ersten Beitrag gesagt haben, weil das für mich jetzt der zentrale Punkt ist. Grundsätzlich würde ich sagen, wir lehnen das Instrument der verdeckten Ermittlungen und des verdeckten Ermittlers ja auch nicht grundsätzlich ab. Das halte ich für ein geeignetes Instrument, bis ich etwas anderes weiß, im Zusammenhang mit schweren Straftaten, wie zum Beispiel im Bereich der organisierten Kriminalität, Menschenhandel, Waffenschmuggel oder weiß der Geier was. Die Delikte sind ja ungefähr klar. Sie haben jetzt gesagt, wenn Sie jemand zum Rauschgifthändler schicken, Sie haben hier nicht jemand zum Rauschgifthändler geschickt. Sie haben jemand erst einmal in ein Jugendzentrum geschickt und dann in politische Gruppen. Und das ist ein erheblicher Unterschied und deshalb will ich Sie jetzt schon mit dem Gesetz konfrontieren, weil, ich halte das nämlich für rechtswidrig, was da passiert ist. Ich halte den Zeitpunkt des Aufbaus der Legende und des Aufbaus der Person nicht durch das Gesetz gedeckt. In dem Paragraf 12 – das ist ja die Grundlage für den Einsatz verdeckter Ermittler – heißt es, dass es also dann möglich ist, erstens, "zur Abwehr einer Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person", also erforderlich, und unter zweitens heißt es, "Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass Straftaten von erheblicher Bedeutung begangen werden sollen und der Einsatz zur

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Verhütung dieser Straftaten erforderlich ist. Der gezielte Einsatz gegen bestimmte Personen", und da war ja die Rede von, "ist nur zulässig, wenn Tatsachen die dringende Annahme rechtfertigen, dass diese Personen Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werden und die Aufklärung des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos werden". Das steht im Gesetz. Das ist damit, dass sie über einen längeren Zeitraum nichts anderes getan hat, als ihre Legende aufzubauen und Kontakte sich sozusagen zu erschließen. Das ist dadurch nicht gedeckt. Und das ist das Problem, was Sie wirklich haben. Das ist dann eine rein geheimdienstliche Tätigkeit und die ist der Polizei untersagt. Und das ist ein wirkliches Problem, was wir haben. Und mich interessiert zweitens, weil Sie immer sagen, nach derzeitigem Kenntnisstand hat die Staatsanwaltschaft sozusagen die Zustimmung gegeben. Mich würde interessieren, gibt es das schriftlich. Und mich würde auch interessieren, was die Staatsanwaltschaft eigentlich geprüft hat. Hat die geprüft, ob dieses Gesetz … also ob der Auftrag diesem Gesetz entspricht? Ja, was hat sie da eigentlich geprüft? War ihr zum Beispiel der Name der Person bekannt? Das sind ja alles Sachen. Gibt es das schriftlich oder ist das irgendwie, weiß ich nicht, oder denken Sie, dass es wahrscheinlich so ist? Also, es würde mich echt interessieren, was die Staatsanwaltschaft eigentlich wirklich gemacht hat, was sie wirklich geprüft hat und wozu sie ganz konkret ihre Zustimmung gegeben hat. (Zurufe) Zu der Problematik der Familie. Das finde ich auch problematisch. Das finde ich wirklich problematisch, weil, ich bin überhaupt auch nicht dafür, dass Privatnamen veröffentlicht werden. Das hat auch mit der Sache nichts zu tun. So. Aber das Problem liegt doch auch da und ganz wesentlich da, dass diese verdeckte Ermittlerin private Personen zur Tarnung, zur Aufrechterhaltung ihrer Legende überhaupt eingebracht hat. Ich meine, das ist ja nicht so, dass die die Oma ausspioniert haben. Ich weiß auch nicht, ob es die Oma ist, also dass irgendjemand die ausspioniert hat, sondern die hat ihre Oma genannt. (Abg. Dennis Gladiator: Das rechtfertigt das doch aber nicht!) Die hat sogar gesagt, "ich kann euch auch gerne ′mal zu meiner Oma einladen". Die hat ihren Lebensgefährten mit in die Szene gebracht. Die hat eine Freundin mit in die Szene gebracht. Das heißt, sie hat selber Personen eingeführt. Das würde mich jetzt interessieren, ob das die VE-Führer wus…, ob die das in eigener Verantwortung gemacht haben oder ob das sozusagen mit den VE-Führern abgesprochen war, also in den täglichen oder … ja, sind ja, glaube ich, fast täglichen Besprechungen mit den VE-Führerinnen und VE-Führern, ist das abgesprochen gewesen. Und wie ist denn die mögliche Gefährdung von privaten, also nicht bei der Polizei angestellten Personen eigentlich beurteilt worden? Ja, erst einmal so weit. Vorsitzender: Machen Sie noch das mit? Herr Senator. Senator Grote: Herr Krösser. Staatsrat Krösser: Ja, vielleicht einmal zu dem ersten Punkt. Sie können das Beispiel auch ohne Weiteres übertragen, wenn Sie an Gruppen herankommen wollen und an Personen in Gruppen herankommen wollen, die beabsichtigen, schwere Straftaten zur Umsetzung ihrer politischen Zielsetzungen zu begehen, dann haben Sie das gleiche Problem wie bei dem von mir zunächst einmal angeführten Beispiel des Rauschgiftdealers. Die werden auch nicht mit Ihnen sprechen, weil Sie sich einmal bei Ihnen vorstellen und sagen, ich finde eure Gruppe wahnsinnig interessant und würde mich jetzt dafür interessieren, bei euch mitzumachen. Sondern Sie brauchen einfach einen Weg über verschiedene Stationen aus dem Umfeld

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einer solchen Gruppe, die Sie an eine solche Gruppe erst einmal heranführt und Sie erst einmal in die Lage versetzt, zu einer solchen Gruppe Kontakt herzustellen. Das geht zwangsläufig nur über Personen, die noch im Umfeld dieses Bereiches tätig sind. Das heißt, mit dem Instrument, das der Gesetzgeber für den Einsatz einer VE geschaffen hat, hat er diesen Weg eigentlich zwangsläufig mit geschaffen, weil ein anderer Weg für den Einsatz eines VE, egal ob in gefahrenabwehrrechtlichen oder im strafprozessualen Bereich gar nicht funktionieren kann. Das muss man einfach der Eigenart dieses speziellen Instrumentes polizeilicher Gefahrenabwehr zugrunde legen. Und selbstverständlich haben sich alle Beteiligten, die einen solchen VE-Einsatz anordnen einschließlich des damaligen Polizeipräsidenten, immer die Frage stellen müssen, ob die Begründungen für den Einsatz einer solchen VE hinsichtlich der entsprechenden Lageerkenntnisse ausreichend sind. Und die sind jeweils zu dem Ergebnis gekommen, auch bei jeder Verlängerung, dass die Voraussetzungen für diesen VE-Einsatz vorliegen. Das mag man im Einzelfall dann streitig diskutieren, wie man viele polizeiliche Maßnahmen dann streitig diskutieren kann im Nachhinein, aber man kann davon ausgehen, dass diese Beurteilungen in jedem Einzelfall vorgenommen worden sind. Und die Vorlage der Unterlagen bei der Staatsanwaltschaft zur Zustimmung der Staatsanwaltschaft können wir heute im Einzelnen nicht mehr hinsichtlich des jeweiligen Prüfungsprozesses der Staatsanwaltschaft endgültig aufschlüsseln, aber mit der Zustimmung der Staatsanwaltschaft verbindet sich natürlich, dass sie die entsprechende Vorlage geprüft haben. Vorsitzender: Vielen Dank. Frau Möller. Abg. Antje Möller: Ja, ich möchte auch einmal auf zwei Punkte zurückkommen. Einmal würde ich gerne wissen, ob es möglich ist, uns einen Eindruck von Ergebnissen, die man in diesem Fall ja sechsjährigen Einsatz dann hat ziehen können, sodass man sozusagen aus dem, was war, also die Gefährdungslage. Was war die Aufgabe bei der Gefahrenabwehr und wie hat sich daraus konkret etwas ergeben, was hier jetzt darstellbar wäre, damit man vielleicht einen Eindruck bekommt, über die Sinnhaftigkeit, so, in Anführungsstrichen gesprochen, dieses Einsatzes? Kommt konkret … Wir hatten in den anderen Fällen ja konkrete Vorgaben zum Beispiel vom Generalbundesanwalt oder so. Das ist ja eine ganz andere Ausgangssituation, aber hier haben wir ja eine, wie soll ich sagen, sehr offene Aufgabe und es bleibt die Frage, was kommt konkret dabei heraus. Die zweite Frage, die ich habe, bezieht sich auf die Gruppe, Nella Faccia. (Abg. Christiane Schneider: Nella Faccia!) Faccia. Danke schön. Die ist ja 2010 im Verfassungsschutzbericht erwähnt. Und Herr Meyer hat eben gesagt, dass es in dieser Gruppe, die ja von der VE gegründet oder mit gegründet worden ist, dass aber da keine Straftaten heraus bekannt geworden sind oder sich ergeben haben. Aber es gibt immerhin eine Erwähnung im Verfassungsschutzbericht 2010. Ich habe die anderen Jahre nicht angeguckt, aber hier wird er erwähnt. Können Sie da möglicherweise uns Aufklärung geben, warum das der Fall ist und was da inhaltlich hinter steckt. Vorsitzender: Herr Senator. Senator Grote: Herr Meyer. Herr Meyer: Ja, was die Eindrücke von Ergebnissen angeht, das halte ich für schwierig, müsste jetzt ja sehr weit zurückblicken. (Abg. Antje Möller: Ja.)

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Ich kann mich erinnern an einzelne Passagen aus Einsätzen, wo dann Menschen in Gewahrsam genommen worden sind und man damit Gefahren abgewehrt hat. Da man sich sicher. Und so etwas, wenn man das als Eindruck stehen lassen kann, dann ist das so ein Eindruck. Das war in Kopenhagen. Geht, glaube ich, gerade noch, das zu sagen, weil das auch irgendwie Nachfrage, Gegenstand oder Enttarnungsbericht des Gegenstands war oder Ähnliches. Das wäre dann so ein Eindruck von Verhinderung von – ja – Angriffen auf wen auch immer, also mit Steinen oder Ähnlichem. Aber ansonsten ist es schwierig. Ich kann jetzt nicht so weit zurückgucken und sagen, was hat es jetzt genau in welchem Fall, wo ist eine Gefahr verhindert worden. Immer dann, wenn ein Auto brennt, immer dann, wenn Polizisten mit Steinen beworfen werden, Politiker attackiert werden, kann ich ja nur feststellen, dass die Gefahr dann nicht abgewehrt wurde. Dann hat es also zumindest da nicht geholfen. Aber vielleicht hat man es in den Fällen ja wenigstens versucht. Das würde ja auch zählen, auch wenn es nicht gelungen ist. Es gibt uns vielleicht oder gibt vielleicht den Abgeordneten ein Bild darüber, dass es durchaus eben entsprechende Gefahren gab, und wir alle wissen, glaube ich, dass es die auch weiterhin gibt. Was die Gruppe angeht, wir können nur sagen, dass die Beamtin keinerlei Vorsitzrolle oder irgendetwas gehabt hat, sondern dass man sich gemeinsam zur Gründung dieser Gruppe entschlossen hat. Ich kann mich erinnern, dass ich aus einigen Veröffentlichungen entnehmen konnte in den letzten Tagen, dass offensichtlich auch aus der Szene heraus niemand den Vorwurf erhebt, dass ein Agent Provocateur oder Ähnliches als Vorwurf dasteht. Insofern kann ich jetzt nicht genau erkennen oder ich weiß nicht genau die Gründe, warum die Gruppe in diesem Bericht auftaucht, würde es aber durchaus für – ja – erklärbar halten und auch für vernünftig halten und professionell halten, wenn sie da auftaucht da in dem Bericht. Ja, mehr kann ich dazu leider nicht sagen. Vorsitzender: Vielen Dank. Frau Schneider. Abg. Christiane Schneider: Was ich gleich nicht nur fragen will, sondern mich auch streiten will. Es geht um die Verhältnismäßigkeit und deshalb bleibe ich da schon bei dem Rauschgifthändler. Wissen Sie, es geht nicht um Rauschgifthändler. Und die Frage ist, ob das Gebot der Verhältnismäßigkeit nicht bei Weitem gesprengt worden ist und natürlich auch das Gebot der Bestimmtheit. Auch das ist ein Gebot und auch dem Gebot ist sozusagen nie nachgekommen worden. Und das ist das wirklich richtig Problematische. Es geht hier ja zum Beispiel nicht um die RAF oder so etwas, sondern es geht ja, Sie haben jetzt gesagt, Auto anzünden. Es gibt schwere Straftaten von den Nazis und Sie verzichten bei den Nazis auf, wie wir ja erfahren haben, weil es da auf Saufen und auf Straftaten ankommt, verzichten Sie auf den Einsatz von verdeckten Ermittler/innen, aber weil es bei der linken Szene nicht auf Saufen ankommt und man auch nicht zu Straftaten genötigt wird, deshalb werden da auch verdeckte Ermittler eingesetzt. Das ist doch irgendwie nicht ganz logisch, höflich ausgedrückt. Meine Frage ist: Wie viele Berichte wurden an das Landesamt für Verfassungsschutz übersendet? Liegen die noch vor oder wie viele davon liegen noch vor? Und schließen Sie aus, dass da Rückschlüsse, nein, weiß ich nicht, als BfL oder als VE, das weiß ich jetzt nicht ganz genau, und sofern sie das als BfL gemacht hat, schließen Sie aus, dass da Rückschlüsse auf Personen gezogen werden können? Vorsitzender: Herr Senator. Senator Grote: Zur Verhältnismäßigkeit vielleicht nur zur Anmerkung. Ich glaube, wir müssen natürlich schon zur Kenntnis nehmen, dass aus dem linksextremen Spektrum heraus natürlich immer wieder auch Aktionen geplant und durchgeführt werden, die mit schweren und schwersten Straftaten einhergehen und dass insofern die Tatbestandsvoraussetzung für den Einsatz verdeckter Ermittler da auch immer wieder

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gegeben sein können. Wenn wir das jetzt immer weiter konkretisieren sollten, kommen wir natürlich an den Punkt, dass wir das hier unter angemessener Wahrung der Funktionsfähigkeit des Instruments schlecht tun können. Da sind wir am Anfang drauf eingegangen. Deswegen können wir da nicht viel bestimmter werden. Wenn der beliebte Vergleich angestellt wird, warum wir beim Rechtsextremismus nicht ähnlich vorgehen, dann hat das natürlich überhaupt nichts damit zu tun, dass wir dort manche Gruppierungen nicht auch für hochgefährlich halten. Es ist nur so, dass wir eine völlig andere Struktur der Informationsgewinnungen dort haben und andere wesentlich erfolgversprechendere oder in der Erfahrung erfolgreichere Instrumente dort eingesetzt haben. Was nicht heißt, dass wir sowohl in dem einen als auch in dem anderen Spektrum überall immer ausreichend dicht dran sind. Vorsitzender: Es war noch die Frage nach der Anzahl der Berichte, (…). Herr Meyer: Ja, es war noch die Frage offen nach den privaten Personen. Das nehme ich vielleicht noch einmal zum Gegenstand, um zu sagen, wir würden heute manche Dinge nicht mehr tun, obwohl sie damals erlaubt waren und wahrscheinlich auch heute noch erlaubt sind, wir halten sie aber trotzdem für schlichtweg unprofessionell. Ich erinnere noch einmal daran, wir gucken jetzt alle zurück auf einen Zeitraum, den wir inzwischen geregelt haben. Und dazu gehören natürlich viele Dinge, die wir jetzt hier diskutieren und wahrscheinlich noch einmal für schlecht finden. Die Anzahl der Berichte würde ich jetzt ungern blättern und dann müsste ich es doch wieder revidieren, würde ich gerne zu Protokoll erklären (siehe Anlage 1). Vorsitzender: Vielen Dank. Herr Nockemann. Abg. Dirk Nockemann: Ja, danke. Ich hätte mich eigentlich gar nicht zu Worte melden wollen, weil für mich die Sachlage völlig klar ist, weil es für mich auch gar keine Frage von Verhältnismäßigkeit ist. Frau Schneider, ich muss mich sehr wundern, dass Sie so etwas wie angezündete Autos als Kavaliersdelikt ansehen. Und ich muss Ihnen sagen, wenn bei Ihnen einmal nachts vier Sektflaschen durch die Scheiben gehen, die auch einmal fehlgehen können und Kinder treffen können, dann ist das kein Kavaliersdelikt. Und da sollten Sie sich einmal die Frage der Verhältnismäßigkeit stellen. – Danke. Vorsitzender: So. Ich habe jetzt keine weiteren Wortmeldungen auf der Redeliste. Dann würde ich diese Selbstbefassung für geschlossen erklären.

Zu TOP 3 (Wortprotokoll)

Vorsitzender: Dann kommen wir zum Tagesordnungspunkt 3. Wir haben einmal die Selbstbefassung hier schon beschlossen, wir müssten die heutige Beratung hier sozusagen beschließen: Entwurf zur eines Gesetzes zum Staatsvertrag zwischen Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein über die Einrichtung und den Betrieb eines Rechen- und Dienstleistungszentrums zur Telekommunikationsüberwachung der Polizeien im Verbund der norddeutschen Küstenländer. Also einmal die Selbstbefassung, ich sehe jetzt hier keinen Widerspruch zur Selbstbefassung. Und wir haben dann in demselben Tagesordnungspunkt die Drucksache 21/4443, das Gesetzt zum eben lang vorgetragenen Titel. Dieses ist vorbehaltlich einer Überweisung hier

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auf die Tagesordnung gekommen. Die Überweisung hat zwischenzeitlich stattgefunden, sodass wir beide Tagesordnungspunkte hier zusammen behandeln möchten. Herr Gladiator. Abg. Dennis Gladiator: Ja, wir würden dazu gerne ein Wortprotokoll gerne haben. Vorsitzender: Das wäre die nächste Frage. Wir haben das Wortprotokoll ja noch laufen, demzufolge würden wir es fortsetzen. Ist das einvernehmlich? – Das ist einvernehmlich. Ja, dann würde ich gerne zur Begründung des Gesetzes eine Senatseinschätzung haben. Herr Senator. Senator Grote: Ja, Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren Abgeordnete! Es geht ja um ein Stück technischer Infrastruktur zur Unterstützung der polizeilichen Arbeit, konkret der Telekommunikationsüberwachung, wo es eine Entscheidung gegeben hat, sich hier unter den Bundesländern zu verständigen und diese Infrastruktur jetzt gemeinsam neu anzuschaffen und zu betreiben. Und die entsprechenden Grundlagen finden sich in den Vorlagen, über die wir hier heute sprechen. Und ich würde sozusagen die Eckpunkte, um die es dabei geht, einmal darstellen lassen durch Herrn Krösser. Staatsrat Krösser: Ja, ich würde gerne ein paar Worte zu diesem Ihnen hier vorliegenden Gesetz zum Staatsvertrag mit dem etwas sperrigen Titel über die Errichtung des Rechen- und Dienstleistungszentrums Telekommunikationsüberwachung der Polizeien im Verbund der norddeutschen Küstenländer der Freien und Hansestadt Hamburg mit den Ländern Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein ausführen. Es geht hier in der Tat um ein Stück zentrale Infrastruktur für die Polizeiarbeit, nämlich um die Fähigkeit, auch in der Zukunft für die Polizeien der Länder, die hier aufgeführt sind, die erforderliche technische Ausstattung zur Gewährleistung einer Telekommunikationsüberwachung zu erstellen. Wir stehen hier schon seit einigen Jahren vor der Frage, wie man diese Gewährleistung einer Telekommunikationsüberwachung für die Zukunft eigentlich gestalten soll und sind hier zu dem Ergebnis gekommen, dass eine kooperative Wahrnehmung der Ausrichtung dieser technischen Infrastruktur die zukunftsträchtigste Verfahrensweise ist, mit der man am ehesten gewährleisten kann, dass wir auch den künftigen Herausforderungen im Bereich der Telekommunikation noch gerecht werden können. Es ist ein sehr komplexes Thema mit sehr komplexen Hintergründen und einem relativ langen Zeitablauf, der hier zugrunde liegt. Vier der hier aufgeführten Länder betreiben derzeit noch eigene Telekommunikationsanlagen, nämlich Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Bremen betreibt keine eigene Telekommunikationsanlage, sondern vergibt Telekommunikationsüberwachungsaufträge an das Land Niedersachsen. Dort werden sie ausgeführt für das Land Bremen. Mecklenburg-Vorpommern befindet sich seit Längerem in Gesprächen mit Niedersachsen, um eine ähnliche Regelung zu treffen. Zwischen Hamburg und Niedersachsen und Hamburg und Schleswig-Holstein gibt es schon seit längerem auch Kooperationen, sich gegenseitig im Bereich der Telekommunikationsüberwachung im Bedarfsfall zu unterstützen. Man hat sich lange ausgetauscht über die Frage, ist es besser, jetzt vier eigene oder künftig nur noch drei eigene Anlagen fortzusetzen oder ist es besser, das in einer gemeinsamen Anlage zu betreiben. Es gab dabei neben technischen Fragen auch eine Reihe von Kostenfragen und von Personalfragen. Insgesamt ist man zwischen diesen fünf Ländern zu dem Ergebnis gekommen, dass der Betrieb einer gemeinsamen oder der Aufbau und der Betrieb einer gemeinsamen Anlage die zukunftssicherste Methode für die Polizeien der beteiligten Länder ist. Man hat dabei, und das will ich nicht verhehlen, auch gerade in Hamburg eine Reihe von Hin und Hers gehabt. Hamburg war von Anfang an in diesen Gesprächen beteiligt, hat dann irgendwann aber den anderen Ländern mitgeteilt, man würde das Projekt jetzt nicht gemeinsam weiterverfolgen, weil man der Meinung sei, dass das Projekt zu teuer werden würde im Vergleich zum Betrieb einer eigenen Anlage. Das ist

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damals noch unter Herrn Schiek so entschieden worden. Herr Schiek hat mich dann allerdings in der alten Funktion noch aufgefordert, das noch einmal wieder neu aufzunehmen als Thema, weil ihm seine Länderkollegen nämlich darauf hingewiesen haben, dass die Kostendaten, die Hamburg übermittelt hat, eigentlich nicht überzeugend seien. Und das hat man bei einer näheren Überprüfung dann auch noch einmal feststellen müssen, dass wir bei der Erhebung der Kosten, die die Hamburger Telekommunikationsüberwachung insgesamt verursacht, leider nicht alle Kosten berücksichtigt hatten, sodass sich der Kostenvergleich noch einmal etwas anders dargestellt hat. Sie können das dann auch auf der letzten Seite in der Anlage, Seite 18 der Vorlage, Anlage 6, sehen. Dort sind die entsprechenden Kostengegenüberstellungen einer Teilnahme am RDZ-TKÜ Nordverbund mit einer eigenen Anlage TKÜ Hamburg noch einmal dargestellt. Der Vertrag sieht vor, dass die Länder diese Anlage gemeinsam betreiben. Standort der Anlage würde in Niedersachsen, in Hannover sein. Betreiber der Anlage wäre das LKA Niedersachsen, das sozusagen die organisatorische Verantwortung tragen würde. Die Anlage wird gemeinsam von den Ländern finanziert und die Anlage wird auch im Betrieb gemeinsam von den Ländern betreut. Erhalten bleibt, das ist ein ganz wesentlicher Punkt, die Verantwortlichkeit der Länder für die von ihnen jeweils angeordneten Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen. Das heißt, das erfolgt nach dem jeweiligen Landesrecht. Wenn also die Hamburger Polizei eine Telekommunikationsüberwachung durchführen will, dann richtet sich das nach den – in der Regel – Vorschriften der Strafprozessordnung. Und wenn es nach landesrechtlichen Vorschriften geht, richtet es sich nach den Hamburger landesrechtlichen Vorschriften. Und die Hamburgischen Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen unterliegen auch der Kontrolle des hamburgischen Parlamentes, nicht des niedersächsischen Parlamentes. Das ist ein ganz wesentlicher Punkt, auf den alle Länder großen Wert gelegt haben und der sich einfach auch aus den rechtlichen Gegebenheiten zwangsläufig ergibt. Ein zweiter wesentlicher Punkt ist, dass man hier alle Vorgaben, die das BSI für das Thema Informationssicherheit gibt, nach den BSI-Informationssicherheitsstandards bei der Ausgestaltung der Anlage berücksichtigen wird. Und ein dritter Punkt ist, dass man natürlich auch datenschutzrechtliche Vorschriften umfangreich berücksichtigen wird. Unter anderem ist natürlich gewährleistet, dass in der Anlage selbst gewährleistet wird, dass nur die Länder Zugriff auf die Daten der Telekommunikationsüberwachung haben, die jeweils die entsprechenden Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen angeordnet haben. Das erfolgt über eine technische und organisatorische Mandantentrennung. Die Datenschutzbeauftragten haben sich damals darauf verständigt, dass der schleswig-holsteinische Datenschutzbeauftragte für sie federführend die Betreuung dieses Projektes mit begleiten wird. Ein nicht ganz unwesentlicher Punkt auch aus unserer Sicht ist, dass derzeit beabsichtigt ist, die Anlage 2019/2020 in den Betrieb zu nehmen. Das hat deshalb große Bedeutung, weil in diesem Staatsvertrag eine Kostenobergrenze für die Anlage eingepreist ist, mit 18,3 Millionen Euro. Für die Erstbeschaffung dieser Anlage ist eine Obergrenze eingepreist worden, bei deren Überschreiten es jedem Land freisteht, diesen Staatsvertrag wieder aufzukündigen und das Projekt nicht fortzusetzen. Das war ein wesentliches Anliegen, weil es natürlich eine sehr komplexe technische Leistung ist, die man dort abfordert, von der man noch abwarten muss, ob es tatsächlich gelingen wird, innerhalb dieser Preisgrenze eine solche Anlage zu errichten. Man hat dort vonseiten der federführenden Projektgruppe verschiedene Erhebungen vorgenommen, die eine große Zuversicht begründen, dass das möglich ist und dass es auf jeden Fall kostengünstiger ist, das in einer Anlage zu realisieren als in vier separaten Anlagen. Der Preis für vier separate Anlagen dürfte höher liegen als dies 18,3 Millionen Euro, auch der (…). Auch das, was wir für eine Fortsetzung der

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Hamburger Anlage nach den Standards, die hier jetzt festgeschrieben sind und die wahrscheinlich auch für eine künftige Hamburger Anlage gelten würden, wäre nicht noch einmal für den Preis zu kriegen, den wir für die letzte Anlage bezahlt haben, sodass wir davon ausgehen, dass wir hier für den gleichen Preis, den wir im Moment für den Betrieb und die Fortsetzung unserer TKÜ-Anlage bezahlen würden, eine deutlich umfangreichere Leistung in Niedersachsen beziehen könnten. Mit dem Vorteil, dass man technische Neuerungen, die sich ergeben, nur noch an einer Anlage umsetzen muss und weiterentwickeln muss; mit dem Vorteil, dass man das qualifizierte Personal, das man für die Betreuung und den Betrieb einer solchen Anlage und auch für den weiteren Ausbau einer solchen Anlage braucht, nur noch an einer Stelle vorhalten muss. Auch mit dem Vorteil, dass man auf technische Veränderungen, die sich gerade im Bereich der Telekommunikation rasant abzeichnen, nur noch an einer Anlage reagieren muss und nicht mehr an vier verschiedenen Anlagen. Wir wären daran interessiert, dass dieser Staatsvertrag relativ zügig zustande kommt, weil die anderen Länder ihre entsprechenden Vereinbarungen schon geschlossen haben und eigentlich wir die Letzten sind, die dort jetzt noch ausstehen und natürlich ein großes Interesse daran haben, dass wir in dieser Kooperation weiterarbeiten können. Soweit erst einmal zu den wesentlichen Eckpunkten. Vorsitzender: Ja, vielen Dank. Frau Möller. Abg. Antje Möller: Ja, das ist ja ein Projekt, was schon über viele Jahre läuft und die vielen Fragen, die damit verbunden sind, zum Beispiel bezüglich der Kosten, zum Beispiel, bezüglich der damit verbundenen personellen Veränderungen, also sozusagen, hat das Auswirkungen auch auf personelle Ausstattung in Hamburg oder auch die Frage, Sie haben gesagt, also der Vorteil ist ja, wenn man technische Entwicklungen hat, dann muss man die nicht viermal nachvollziehen, sondern das macht man einmal und dann sind alle wieder auf dem aktuellen Stand, aber also langjährige Erfahrung mit Dataport, sage ich jetzt einmal, obwohl hier Dataport nicht der Betreiber, die Betreiberin sein wird. Das kann ja auch genau das Gegenteil bedeuten. Es streikt, sozusagen, das System streikt und dann liegen vier Bundesländer lahm. Das, glaube ich, kann man auch alles noch im Detail besprechen. Ich würde aber gerne als erste Frage die Frage loswerden, was ist denn tatsächlich alles jetzt schon fest eingetütet, also in Bezug auf die Angebote, die eingeholt werden, in Bezug auf alles das, was technisch notwendig ist, was personell notwendig ist und so weiter. An welchen Sachstand sind wir denn jetzt? Manchmal werden Staatsverträge ja sehr früh unterschrieben, wenn alles noch offen ist. Und da das aber alles schon so viele Jahre dauert, habe ich eher den Eindruck, vieles ist schon festgezurrt und der Staatsvertrag ist jetzt so etwas wie sozusagen die Krönung, die letzte Unterschrift dann noch und dann kann es auch demnächst losgehen. Das weiß ich aber nicht genau, also noch einmal kurz, was ist der aktuelle Sachstand, wie geht es dann weiter nach der Unterschrift. Vorsitzender: Herr Senator. Senator Grote: Herr Krösser. Staatsrat Krösser: Ja, wir haben immer großen Wert darauf gelegt, das Einzige, was festgezurrt ist, das sind unsere Zuschüsse zu den Projektkosten, die Sie ja auch in dieser Unterlage finden, die sich mit 89 000 Euro in 2016, 130 000 Euro 2017, 117 000 Euro in 2018 und 137 000 Euro in 2019 und noch einmal 21 000 Euro in 2020 verbinden. Diese Projektkosten wären in jedem Fall verloren, in Anführungsstrichen, wenn wir irgendwann aus dem Projekt aussteigen und sagen, wir machen nicht mehr mit. Das ist sozusagen festgezurrt.

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Im Moment laufen in allen Ländern aber noch die vorhandenen Anlagen. Wir sind in Hamburg in einer etwas komfortableren Situation als manches andere Land, weil die Mecklenburg-Vorpommerner eigentlich früher in der Verlegenheit wären, ihre Anlage austauschen zu müssen. Das heißt, die müssten sich jetzt früher festlegen, glauben sie, dass diese Anlage in Hannover stehen wird oder nicht, weil sie sonst nämlich sagen müssten, wir müssten noch einmal richtig investieren, um unsere Anlage fortsetzen zu können. Wir gehen einmal davon aus, wenn sich bei einem Bieterverfahren herausstellen würde, dass die Anlage so, wie sie jetzt projektiert wird, sich nicht realisieren lässt, zumindest nicht zu diesem Preis, dass wir dann immer noch in der Situation wären, mit unserer Anlage weitermachen zu können, indem wir sagen, unsere Anlage wäre 2020 eigentlich in einem siebenjährigen Zeitraum neu zu konfigurieren. Dann sind immer diese kompletten Grundüberholungen nach unseren turnusmäßigen Betrachtungen eigentlich anstehend, das heißt, da wäre dann ein größerer Betrag fällig. Da gehen wir davon aus, dass wir dann immer noch genug Vorlauf hätten, das zu realisieren, sodass wir das Risiko für uns für sehr begrenzt halten. Wir haben ansonsten noch keine Dinge so festgezurrt, dass wir sagen, da kommen wir dann nicht wieder raus, also dieser Staatsvertrag zeichnet nicht etwas ab, was eigentlich schon fest eingetütet ist. Also wenn wir jetzt wirklich die Situation hätten und wir kriegen ein Angebot, das sagt, so eine Telekommunikationsüberwachungsanlage kriegt ihr nur für 25 Millionen Euro, dann könnten wir eben nur unter Verlust unserer Projektkosten wieder aussteigen. Vorsitzender: Vielen Dank. Herr Münster. Abg. Arno Münster: Zum einen begrüßen wir erst einmal die Herangehensweise des Senats, also das man sich hier einmal mit den Nordländern zusammengesetzt hat, um hier einmal eine etwas größere Einheit zu schaffen, weil ich glaube, dass die Länder nicht gut beraten sind, wenn jedes Land sozusagen sein eigenes System für sich vorhält und wieweit das dann kompatibel ist und wieweit man noch mit den Daten umgehen kann letztendlich, ist immer sehr schwierig. Also deswegen, die Herangehensweise begrüßen wir außerordentlich. Ich habe aber eine inhaltliche Frage, so eine ganz kurze, und zwar zu Artikel 4 und 5. In Artikel 4 führen Sie unter 2. aus, Einzelheiten zur Informationssicherheit werden in einem Konzept für Informationssicherheit geregelt. Das Konzept zur Informationssicherheit und seine Änderung beschließen die Mitglieder des Beirates des RDZ mehrheitlich. Und dann führen Sie in Artikel 5 unter 2. noch einmal aus, die Besetzung der Leitung, die stellvertretende, erfolgt im Einvernehmen mit dem Beirat durch das Land Niedersachsen, es ist Dienstherr. Jetzt frage ich mich, wer ist dieser Beirat eigentlich und wie wird der zusammengesetzt beziehungsweise, wenn man dann in die Durchführungsanweisung guckt, denn zu Artikel 5, schreiben Sie ja, dass zum Teil in der Aufbauorganisation rechtzeitig …, wird durch die Leiterinnen und Leiter der Polizeiabteilungen und den Innenministerien, Senatsverwaltungen für Inneres der teilnehmenden Länder einstimmig beschlossen. Das verstehe ich ja noch, aber zu dem Beirat sehe ich überhaupt keinen Hinweis. Und wie setzt der Beirat sich zusammen und welchen Einfluss hat er sozusagen auf das Operating. Vorsitzender: Herr Senator. Senator Grote: Herr Staatsrat. Staatsrat Krösser: Den Beirat finden Sie in Artikel 8 dieses Abkommens. Dort wird ausgeführt, dass die Leitungen der Landeskriminalämter der Vertragspartner den Beirat bilden. Das heißt, das wäre bei uns im Moment Herr Heise, der Mitglied des Beirates wäre. Im Land Niedersachsen wäre es Herr Kolmey. Das ist also in diesem Vertragswerk entsprechend festgelegt.

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Wir brauchen ja eine Einrichtung, die sozusagen den Betrieb dieser Einrichtung im operativen Bereich sozusagen mit steuert und das macht dieser Beirat. Für strategische Fragestellungen der Weiterentwicklung dieses Instrumentes sind die Leiter der Polizeiabteilungen der Länder vorgesehen. Vorsitzender: Vielen Dank. Herr Lenders. Abg. Joachim Lenders: Ja, vielen Dank. Ich möchte einfach einmal beginnen mit einer Vorbemerkung. Wir haben ja die Ausführungen des Staatsrates jetzt zu dem Staatsvertrag in Sachen RDZ-TKÜ schon gehört. Ich will einfach nur noch einmal sagen, dass es ja auch in der Vergangenheit diverse parlamentarische Anfragen gegeben hat alleine aus unserer Fraktion, der Kollege Warnholz hat alleine zwei gestellt, ich habe zwei Anfragen gestellt und, mit Verlaub, an der einen oder anderen Stelle waren wir schon der Meinung, dass den Abgeordneten an der einen oder anderen Stelle die Antworten des Senats aus unserer Sicht ausweichend und nicht zufriedenstellend gewesen sind. Und von daher gibt es natürlich heute dann die Möglichkeit, hier im Innenausschuss etwas detaillierter an der einen oder anderen Stelle noch einmal nachzufragen, was zumindest aus unserer Sicht bisher offen geblieben ist. Und wenn ich mir noch die Bemerkung erlauben darf, insbesondere die Ausführung des Staatsrates am Anfang – ich haben einmal eben mitskizziert – mit dem Hinweis, es gab eine Reihe von Hin und Hers in dieser Geschichte, deuten ja auch nicht ganz klar darauf hin, dass es eine klar strukturierte Auffassung in der Behördenabstimmung oder in der Behördenleitung gegeben hat. Ich will jetzt nicht unterstellten, dass es jeweils davon abhängt, wer gerade die Behördenleitung darstellt, weil ja auch auf die Vergangenheit von Herrn Staatsrat Schiek bereits eingegangen worden ist. Und mit Verlaub, verehrter Herr Staatsrat, wenn Sie dann sagen, es herrsche in der Projektgruppe eine große Zuversicht, im Rahmen der Höchstgrenze von 18,3 Millionen Euro zu bleiben, ist es aus unserer Sicht nicht nur der Zuversicht geschuldet, sondern schlicht und ergreifend auch dem Parlament, dass hier mit öffentlichen Geldern so umgegangen wird, dass man es auch verantworten kann. Und wir als Opposition sind Teil dessen, auch zu kontrollieren, dass das so geschieht. Das vielleicht einmal als Eingangsbemerkung. Beginnen möchte ich dann auch genau mit diesem Bereich, nämlich mit der Frage der Kosten. In der Drucksache 21/4443 werden die Investitions- und Betriebskosten für die Einrichtung eines gemeinsamen RDZ-TKÜ der norddeutschen Küstenländer beschrieben. Im Staatsvertrag steht dann, beginnend gleich auf der ersten Seite, ja auch eine sogenannte Alternative und ich gehe davon aus, wenn das dann hier so steht, ist dann die Alternative ja offensichtlich geprüft worden. Und in der Alternative wird beschrieben der Weiterbetrieb der bisherigen Hamburger TKÜ-Anlage mit dem Hinweis, die heutige Anlage weiter zu betreiben und nach Ablauf deren Nutzungsdauer, die ist dann schon mit 2020 angegeben, erst dann eine Neuinvestition vornehmen zu müssen. Und ich frage als Erstes einmal, ist es richtig, dass nach unseren Informationen Hamburg erst im Jahre 2013 genau diese Hamburger TKÜ-Anlage mit 1,3 Millionen Euro und im Jahre 2015 über 350 000 Euro als Investitionskosten investiert hat, um den Modernisierungsbedarf an dieser Stelle abzuschließen und sie auf das technische Know-how oder auf den Level zu bringen, der erforderlich gewesen wäre? Warum ist insbesondere erst im Jahre 2013 und dann auch noch einmal in 2015 derart viel Geld in die Ertüchtigung dieser bisherigen Anlage investiert worden, die ja bis 2020 keine weiteren hohen Investitionskosten notwendig gemacht hätte, um jetzt an dieser Stelle einen Staatsvertrag abzuschließen, um in ein neues, unbekanntes Projekt zu stoßen? Weil, hinweisen möchte ich einfach noch einmal auf den Artikel 6 Absatz 4 des Staatsvertrages, wo es dann heißt, ich zitiere: "Die grundsätzliche Entscheidung über spätere Folgebeschaffungen neuer TKÜ-Anlagen treffen die Leiter der Polizeiabteilungen in den Ministerien einstimmig." Das bedeutet also im Klartext, dass auch diese neue, gepriesene Anlage, die da errichtet werden soll, nicht auf eine bestimmte Zeit natürlich nur ausgerichtet ist und möglicherweise

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auch dort, so steht es zumindest, entnehme ich jetzt dem Staatsvertrag, im Artikel 6 Absatz 4, irgendwann dann auch neue zusätzliche Investitionskosten kommen. Die Frage ist, Herr Vorsitzender, soll ich die anderen vier Fragen in Sachen Kosten schon gleich mit anschließen oder später? (Zurufe: Ja!) Wenn die anderen alle Vorsitzende sind, dann höre ich auch gerne auf Sie. Vorsitzender: (…) sind aufnahmefähig. Abg. Joachim Lenders: Der Vorsitzende hat genickt. Dann komme ich noch weiter zu den Fragen der Erstinvestitionskosten sowie … Die Betriebskosten des geplanten Verbund-RDZ soll nach unseren Erkenntnissen einschließlich von der Firma SYBORG, ich weiß nicht, ob es eine schwedische oder amerikanische Firma ist, geschätzt worden sein. Ist dies richtig und auf welchen Betrag belaufen sich diese Kosten konkret? Handelt es sich bei den Kosten um ein Angebot oder um eine Schätzung der Firma? Und da es sich um eine komplette Neuentwicklung in dieser Materie handelt, mir zumindest auch nach der Lektüre einer Presseerklärung des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, die noch einmal dezidiert darauf hingewiesen haben, dass es ihrer Erkenntnis nach zum ersten Mal ein derartig umfangreiches Projekt geben sollte, deswegen auch von mir die Begrifflichkeit komplette Neuentwicklung deklariert, handeln wird. Auf welchen Grundlagen fanden dann diese Kostenschätzungen statt, wenn es bisher so etwas Vergleichbares in der Bundesrepublik Deutschland noch nicht gegeben hat. Drittens welche Unternehmen wurden hinsichtlich des geplanten Neubaus außer der Firma SYBORG noch miteinbezogen? Und Viertens aus welchem Jahr stammt denn dann diese Kostenschätzung? Es gibt einen Hinweis, dass sie aus dem Jahre 2013 stammen soll, diese Kostenschätzung. Wenn das denn so sein sollte, frage ich mich, welche Kostensteigerung wurde von 2013 bis heute 2016 berücksichtigt oder gab es keine Berücksichtigung. Das wäre es erst einmal zu diesem Fragenkomplex. – Danke. Vorsitzender: Herr Senator. Senator Grote: Herr Staatsrat. Staatsrat Krösser: Ich muss vielleicht doch einmal zwei Worte zum Thema Telekommunikationsüberwachung und Grundlagen der Telekommunikationsüberwachung hier mit ausführen, damit man ein gewisses Verständnis dafür entwickelt, was das eigentlich für Anlagen sind, die wir dort bauen müssen. Telekommunikationsüberwachung ist ein Bereich, der sich in den Standards wahnsinnig schnell weiterentwickelt, weil sich einfach die Telekommunikationsindustrie, die Art der Telekommunikation, ständig verändert. Und das bedeutet, wenn Sie heute eine Anlage bauen, dann müssen Sie ständig in diese Anlage investieren, damit sie überhaupt weiterläuft. Es ist nicht so, dass man eine Anlage hinstellen kann, dann muss man fünf Jahre nichts mehr machen und die Anlage funktioniert fünf Jahre lang einfach so weiter. Sie müssen ständig in diese Anlagen investieren. Nicht nur in die Hamburger Anlage, auch in alle anderen Anlagen. Und nach einem bestimmten Zeitraum müssen Sie sehr grundlegend in diese Anlage investieren, sonst können Sie mit den technischen Entwicklungen auf dem Telekommunikationsmarkt einfach nicht mehr Schritt halten und das führt zwangsläufig dazu, dass Sie Ihre Anlage eigentlich abschalten können. So muss auch in die Hamburger Anlage ständig investiert werden. Es müssen Software-Updates gemacht werden, es müssen Anpassungen an veränderte Telekommunikationsformate vorgenommen werden, einfach nur, damit Sie überhaupt weiter den bisherigen Standard an Telekommunikation abrufen können.

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Die Hamburger Anlagen wurden bisher im Standard etwa– ich gucke einmal nach rechts – alle sieben Jahre etwa grundlegend erneuert oder grundlegend überarbeitet. Und das sind diese 1,3 Millionen Euro, die wir 2013 investiert haben. Und es wird eigentlich jedes Jahr ein Betrag von mindestens 200 000 Euro in die Anlage wieder reingesteckt für die gesamten, ja, ich sage einmal, Wartung, Betrieb und das Aktuellhalten der Anlage. Also die Hersteller müssen ständig irgendwelche Updates vornehmen, damit die Anlage eigentlich weiterläuft wie zu Hause am Betriebssystem des Computers. Wer einen eigenen Computer zu Hause stehen hat, der eine oder andere hat das ja, der wird feststellen, dass er zum Beispiel ständig Windows-Updates bekommt, auch wenn er an seinen Funktionalitäten auf dem PC gar nichts ändert. Er kriegt trotzdem ständig Windows-Updates, weil das Ding sonst irgendwann nicht mehr funktioniert. Und so ist es mit einer Telekommunikationsanlage vereinfacht ausgedrückt …, die Fachleute hinter mir fallen jetzt alle tot um, wie ich das simplifiziere, aber im Prinzip ist es das. Das bedeutet, dass unsere Anlage ungeachtet dieser Investitionen, die wir 2013 und 2015 vorgenommen haben, die einfach nur dazu dienen, die Anlage für die nächsten sieben Jahre eigentlich wieder ein Stück weit auf den Stand zu bringen, 2020 eigentlich komplett erneuert werden muss. Unabhängig davon, ob wir jetzt hier in Niedersachsen irgendetwas angeguckt hätten oder nicht. Wenn wir jetzt mit Niedersachsen einsteigen würden, dann würden wir das Geld sozusagen in Niedersachsen investieren für die Anlage dort. Aber es entlastet uns nicht davon, dass wir diese, selbst wenn wir Niedersachsen mitmachen würden, hätten wir die Investition 2013, 2015 machen müssen, einfach damit wir die Zeit bis dahin überbrücken können. Sonst läuft die Anlage nicht weiter. Sonst funktioniert Telekommunikationsüberwachung in Hamburg nicht mehr, dann hätten wir uns irgendwie in Niedersachsen auch melden müssen, wie Bremen. Es gibt nicht so sehr viele Firmen, die sich auf den Bereich Telekommunikationsüberwachung spezialisiert haben. Faktisch gibt es eigentlich nur in Deutschland zwei Firmen, die sich da im Moment im Engeren betätigen und eine dieser Firmen hat wohl gerade das Bestreben, den deutschen Markt zu verlassen. Deswegen kann man nicht mit so wahnsinnig vielen Firmen darüber reden, wie so eine Telekommunikationsüberwachungsanlage eigentlich funktioniert. Man hat deshalb damals, als man sich überlegt hat, eine solche gemeinsame Verbund-Anlage in einer Kooperation der norddeutschen Länder zu bauen, vor dem Hintergrund der Diskussion, in welchem Kostenrahmen eine solche Einrichtung überhaupt zu betreiben wäre, mit einer dieser Firmen einmal gesprochen und hat ihr anhand eines vorläufigen Leistungspakets einmal die Frage gestellt, was glaubt ihr denn eigentlich, lohnt es sich, damit weiterzumachen oder gebt ihr uns jetzt eine Schätzung ab, die liegt so weit außerhalb des Rahmens, dass man das gar nicht weiter verfolgen muss. Das war jetzt kein Angebot, sondern das war tatsächlich eine qualifizierte Einschätzung. Es war kein Angebot, keine Vergabe oder Ähnliches. Es war einfach eine Grundlage, um zu prüfen für diese Projektgruppe, werden wir uns dort voraussichtlich in einem Bereich bewegen, der das wirtschaftlich weiter sinnvoll erscheinen lässt. Zu dem konkreten Schätzpreis weiß ich jetzt so auf Anhieb nicht mehr. Es gab einen konkreten Schätzpreis, den habe ich jetzt allerdings nicht, den müsste ich zu Protokoll geben, das kann ich jetzt nicht auf Stand beantworten (siehe Anlage 2). Es handelt sich bei der Anlage in Niedersachsen in der Tat um eine Neuentwicklung. Es gibt solche Kooperationsanlagen bisher nicht. Das ist richtig. Deswegen ist es auch ein komplexes Projekt, so etwas zu machen, weil man eben die Interessen von fünf Ländern unter einen Hut bringen muss. Daran sind bisher Kooperationen in einigen anderen Ländern durchaus auch gescheitert, weil es unglaublich schwer ist, fünf Fachabteilungen für Telekommunikation auf einen Nenner zu bringen. Da gibt es sehr unterschiedliche Anforderungsvorstellungen an eine solche Anlage, auf die man sich zwangsläufig dann irgendwie committen muss. Deswegen ist es auch eine sehr herausfordernde Aufgabe für

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das Projekt, genau das zu gewährleisten. Um eine entsprechende Leistungsbeschreibung zu machen, die von allen beteiligten Ländern dann auch akzeptiert wird und die dann auch noch die Anforderungen aus dem Bereich des Datenschutzes und der Informationssicherheit berücksichtigt, aber natürlich ganz besonders auch eine Hochverfügbarkeit gewährleistet, diese Anlage, und gewährleistet, dass sie allen sonstigen Sicherheitsanforderungen, die wir an eine solche Anlage, natürlich auch, was das Thema Manipulations- und Sabotagesicherheit angeht, entspricht. Man wird, wenn man diese Anlage bauen will, natürlich sehen müssen, von welchen Firmen man dort Angebote einholen kann. Wie eben schon ausgeführt, gibt es auf dem deutschen Markt nicht so sehr viele Firmen, die sich auf die Einrichtung solcher Anlagen spezialisiert haben. Deswegen wird man auch nicht umhin kommen, eine etwas größere Ausschreibung zu machen. Das Auftragsvolumen ist einfach so, dass man dort nicht einfach eine auf Deutschland beschränkte Ausschreibung machen darf. Und das macht in diesem Fall wahrscheinlich auch keinen Sinn, weil man sonst wahrscheinlich nur ein einziges Angebot bekommen würde. Man kann sich vorstellen, dass ein einzelner Anbieter möglicherweise seine Preisgestaltung anders gestaltet, als wenn er weiß, er hat einen Mitbieter. Natürlich wird man in einem Vergabeverfahren immer die besonderen Sicherheitsanforderungen einer solchen Anlage berücksichtigen. Das machen wir im Digitalfunk auch, da haben wir auch entsprechende Erfahrungen. Aber wir werden sehen, welche Angebote dann eingehen. Aus welchem Jahr die Kostenschätzung war, die damals vorgenommen worden war, ich meine, sie war aus dem Jahr 2013. So, ich möchte einmal einen Hinweis noch geben, weil ich den schon durchaus wichtig finde. Dieses Projekt arbeitet im Moment auch bei den Kostendarstellungen für die Anlage, die wir dort errichten wollen, sowohl bei den Investitionskosten als auch bei den Betriebskosten als auch bei den Kosten, die sich mit dem Betrieb insgesamt verbinden, wie Personal- und Raumkosten, Stromkosten, alles, was damit zusammenhängt, sehr detailliert. Wir haben dort sehr detaillierte Kostendarstellungen für die Anlage, die natürlich alle noch auf Rechenmodellen basieren. Ich glaube nicht, dass wir für die Anlagen, die wir in den Ländern im Einzelnen betreiben, jeweils im Vorab so detaillierte Kostendarstellungen hatten. Das macht einen Vergleich für die Zukunft dann auch immer etwas schwierig, aber alle Kostenrechnungen sind dort auch, das ist auch in der Anlage ausgeführt, auch immer gleich ausgerechnet mit einem Inflationsratensatz von 1,83 Prozent, um auch Kostensteigerungen in der Zukunft gleich mit abzubilden. Ich hoffe, ich habe deine Fragen jetzt soweit beantwortet. Vorsitzender: Eine Nachfrage. Herr Lenders bitte. Abg. Joachim Lenders: Nachfrage nur noch einmal darauf bezogen, ob ich es richtig verstanden habe. Also wir reden nicht um ein Angebot, sondern um eine Schätzung. Diese Schätzung wird uns noch zu Protokoll gegeben, was das Gesamtvolumen da gewesen ist, … stattgefunden hat. Und diese dann Schätzung, von der wir sprechen, stammt aus dem Jahre 2013. Und meine Frage war ja noch gewesen, welche Kostensteigerung wurde aufgrund dann dieser Schätzung des Angebotes von 2013 bis heute berücksichtigt. – Lässt du es offen? Vorsitzender: Herr Senator. Senator Grote: Herr Schulz-Eckhardt.

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Herr Schulz-Eckhardt: Vom Grundsatz her in Ordnung, den Inflationsfaktor hat Herr Staatsrat Krösser gerade genannt. (Abg. Joachim Lenders: Dann habe ich das eben nicht gehört.) Gut. 1,83 Prozent. Ich möchte zu der Annahme, dass es sich dabei um eine fix über den Daumen gepeilte Schätzung handelt, vielleicht noch kurz ausführen, 2013 verfügte das Land Niedersachsen über die neueste TKÜ-Anlage im Nordverbund. Deshalb kam man im Rahmen der Beratungen der fünf Länder auf die Idee, dass eine so neue Anlage ja vielleicht den Grundstein eines gemeinsamen Dienstleistungszentrums bilden könnte. Und man ist deshalb an den Hersteller, der zu dem Zeitpunkt übrigens, und auch schon zwei Jahre vorher, nicht der günstigste Hersteller für die Anlage in Niedersachsen war, herangetreten und hat ihn gefragt, wenn du diese Anlage nimmst und sie auf das Potenzial für fünf Länder hochschraubst, was müsste das kosten und was müssten wir tun. Dabei wurde dann festgestellt, bei dieser Prüfung, dass das technisch nicht möglich ist. Und deshalb, als diese Erkenntnis beim Hersteller SYBORG vorlag, hat der Hersteller eine, ich sage einmal, alternative Antwort geschickt, indem er die Daten, die notwendig waren zu liefern und um auf das Aufbauen um die fünf Länder erforderlich waren, genommen und hat daran eine Kostenschätzung vorgenommen. Das heißt, die für den Aufbau, für die Erweiterung der niedersächsischen Anlage herangezogenen technischen Daten wurden dort als eine Grundlage genommen für die Berechnung. Und aufgrund dieser wurde dann diese Kostenschätzung abgenommen. Kostenschätzung deshalb, weil wir ja schon gehört haben, dass bisher so eine Anlage noch nicht gebaut worden ist. Aber die Schätzung ist doch etwas valider als dann einfach nur so über den Daumen. Vorsitzender: Vielen Dank. Frau Schneider bitte. Abg. Christiane Schneider: Jetzt muss ich mich noch einmal vergewissern. Habe ich das richtig verstanden, dass, wenn die Kosten explodieren, wir jederzeit aussteigen können? – Okay. Also meine Sorgen, meine Befürchtungen hinsichtlich des – wie hieß das in dem "Die Welt"-Artikel? – Millionengrabs sind nicht zerstreut, weil, das Fundament ist irgendwie ja noch etwas, wie soll ich einmal sagen, schwammig. Das ist jetzt nicht zerstreut worden, also da teile ich das auch, was Sie gesagt haben. Ich will aber auf weitere Punkte eingehen, nämlich, die erste Frage ist die Frage der Kontrolle. Jetzt ist es ja so, dass die Landesdatenschutzbehörden eine Vorabkontrolle aller durchgeführten Überwachungsmaßnahmen sich haben zusichern lassen, wenn ich das richtig verstanden habe, und das finde ich auch gut, aber es gibt trotzdem Probleme, weil wir zum einen diese Kontrolle nur auf praktizierte technische Überwachungsmaßnahmen, und das übrigens in aller Regel nicht als Einzelfallprüfung, nicht aber über die Ausrichtung der Abhör- und Überwachungszentrale wie zum Beispiel Forschung und Entwicklung ausüben. Das zweite Problem bei der Überwachung durch die Landesdatenschutzbehörden ist ja, dass die, jedenfalls aus Hamburg weiß ich das, chronisch unterbesetzt sind und die Frage ist schon, wie Sie diese Überwachung leisten können. Weil Sie aber so die Stirn runzeln, das habe ich aus dem Schleswig-Holsteinischen Landtag gehört. Also deswegen weiß ich nicht, ob das der allgemeine Informationsstand ist. Das zweite Problem ist, oder ein zweites Problem ist, die Fachaufsicht hat das LKA Niedersachsen, da hat ja das Landesamt, ich weiß nicht mehr in welchem Jahr das war, für Datenschutz in Niedersachsen und Bremen eine 49 Punkte umfassende Stellungnahme abgegeben, aus der eine Kritik mit 44 Punkten entstanden ist. Meine Frage ist, was waren die gravierenden Kritikpunkte und was ist umgesetzt worden, damit dieser Kritik abgeholfen werden kann, weil, das ist ja schon, glaube ich, ein ziemliches Problem. Das soweit erst einmal. Ja. Vorsitzender: Vielen Dank, Frau … Herr Senator. Senator Grote: Herr Schulz-Eckhardt.

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Herr Schulz-Eckhardt: Ja, vielen Dank. Wenn das jetzt eine Schriftliche Kleine Anfrage wäre, dann würden wir sagen, zu den Verhältnissen in Niedersachsen nehmen wir aus Hamburger Sicht keine Stellung. Da würde ich auch sagen und ich empfehle dem Ausschuss, wenn ich das darf, keine Verquickung von ganz unterschiedlichen Themen vorzunehmen. Das eine ist die Anlage in Niedersachsen, da wird Kritik geübt und der ist auch zum Teil, so weiß ich aus Niedersachsen, dort nicht absehbar abzuhelfen in einigen technischen Angelegenheiten. Deshalb sind die Niedersachsen sehr daran interessiert, das Projekt RDZ auch pünktlich durchzuführen, damit sie ihre eigene Anlage ablösen können, die diese Standards nicht erfüllt. Und zum anderen, zu dem, was Sie aus Schleswig-Holstein gehört haben, aus dem Parlament dort, kann ich sagen, dass wir im Projekt RDZ von Anfang an eine Begleitung aller Datenschutzbeauftragten hatten. Der Sprecher unserer fünf Datenschützer, sage ich einmal, ist der schleswig-holsteinische. Am 1. Juni 2016 haben alle fünf Datenschützer der norddeutschen Länder eine gemeinsame Erklärung abgegeben dazu. In dieser Erklärung wird das Projekt, ich sage das jetzt einmal, das ist kein Zitat, sondern sehr allgemein, sehr begrüßt in seiner Ausgestaltung und ebenfalls wird begrüßt die Art und Weise, wie der Datenschutz und die von ihm geforderten Sicherheitseinrichtungen im Staatsvertrag niedergeschrieben worden sind. Wenn Sie möchten, kann ich diese gemeinsame Erklärung gerne verlesen, eventuell auch nur auszugsweise, aber ich kann Ihnen garantieren, dass dann eine Vielzahl datenschutzrechtlicher Bedenken zerstreut ist, denn die Datenschützer sind sich da einig, dass sie der Idee und dem Vorgehen zustimmen. Vorsitzender: Für eine Nachfrage Frau Schneider. Abg. Christiane Schneider: Sie haben ja recht, man will sich nicht in die niedersächsischen Angelegenheiten einmischen, aber das ist doch richtig, dass das LKA Niedersachsen die Fachaufsicht hat. Und ist der Stand so? Ich kann es nicht beurteilen. Ist es so, dass das niedersächsische LKA diese Fachaufsicht angemessen ausübt? Also das muss man ja fragen dürfen, weil, sonst sollte es nicht die Fachaufsicht bekommen. (Herr Schulz-Eckhardt: Sie dürfen fragen, aber ich kann nicht antworten!) (Abg. Christiane Schneider: – Das kenne ich ja!) Vorsitzender: Herr Senator. Senator Grote: Herr Schulz-Eckhardt. Herr Schulz-Eckhardt: Ja, die Fachaufsicht führt Niedersachsen. Das ist so festgeschrieben im Staatsvertrag, weil das RDZ dort auch angesiedelt worden ist. Das ist nur vernünftig. Jetzt weiß ich aber, dass Sie darauf abzielen, ob gegebenenfalls eine mangelnde Fachaufsicht dazu geführt hat, dass in Niedersachsen diese TKÜ-Anlage so nicht ist. Das kann ich leider nicht bestätigen. Es liegt an technischen Erfordernissen, die eine Umsetzung der Anforderungen der Datenschützer nicht möglich machen in Gänze. Und das könnte man jetzt hier in einigen Dingen erklären, allerdings auch nicht in allen. Dazu bin ich nicht in der Lage. Aber es sind technische Dinge, die dazu führen. Vorsitzender: Vielen Dank. Herr Jarchow. Abg. Carl-Edgar Jarchow: Ja, vielen Dank. Einige meiner Fragen sind schon von meinen Kollegen gestellt worden. Ich wollte noch einmal zurückkommen, Herr Krösser, Sie haben uns eben ans Herz gelegt, warum das so dringend ist und dass wir sehr schnell machen sollen. Und genau das ist ja der Grund, weswegen wir als FDP die Selbstbefassung beim letzten Mal beantragt hatten, weil wir gerne wollten, dass dieser Innenausschuss sich mit diesem Thema auch beschäftigt. Und dieser Staatsvertrag ist ja von den – wenn ich es richtig weiß, bereits am 16. März 2016 –entsprechenden Vertretern der Länder unterzeichnet

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worden und wir hatten auch bis dato des letzten Innenausschusses dieses Thema nicht auf der Tagesordnung und auch nicht in der Bürgerschaft, sondern erst dann anschließend kam – es wäre wahrscheinlich auch sonst gekommen, davon gehe ich natürlich fest aus – die Drucksache des Senats in die Bürgerschaft, die wir dann hier überwiesen haben. Insofern, dieser zeitliche Druck ist, glaube ich, da auf einer anderen Seite entstanden. Und ich habe den Eindruck, gerade auch, was Sie eben sagten zu dem Bericht der Datenschutzbeauftragten, ich hatte das kurz vor dieser Sitzung auch gehört, es wäre natürlich wunderbar, wenn wir diese Stellungnahme dieser Datenschutzbeauftragten hier in diesem Ausschuss auch hätten, und zwar nicht vorgelesen – Lesestunden hatten wir hier schon einmal, das war nicht ganz so gut – und auch nicht als Tischvorlage, sondern wenn man sie rechtzeitig haben könnte (siehe Anlage 3). (Zuruf: Genau!) Das würde uns helfen bei der Befassung mit dieser Angelegenheit. Meine konkrete Frage: Gibt es dieses Datenschutzkonzept, gibt es dieses Sicherheitskonzept? Warum wollte man keine Kooperation, wie es andere Bundesländer, soviel ich weiß Nordrheinwestfalen, Baden-Württemberg, Bayern machen, warum wollte man diesen Weg gehen? Und was passiert eigentlich, die Hamburger Anlage, die 2013 völlig neu angeschafft wurde, die wird also dann 2020, wenn ich Sie richtig verstanden habe, abgeschaltet. (Zuruf) Sie haben uns gesagt, sie würde auf jeden Fall dann nicht mehr auf dem Stand der Dinge sein, das heißt, sie müsste dann sowieso völlig neu angeschafft werden. Habe ich das richtig verstanden? Oder müsste sie nur aktualisiert werden? – Danke schön. Vorsitzender: Herr Senator. Senator Grote: Herr Schulz-Eckhardt. Herr Schulz-Eckhardt: Ach so, da habe ich jetzt gar nicht mit gerechnet. Aber ich beantworte Ihnen das gerne, Herr Jarchow. Aber vielleicht können Sie mir da noch einmal auf die Sprünge helfen, was die Fragen gleich angeht. Also erst einmal, warum keine Kooperation. Der Staatsrat Krösser hat die Vorteile und das ist ja auch im Staatsvertrag und in den begleitenden Dokumenten niedergeschrieben, die Vorteile eines gemeinsamen Zentrums schon dargestellt. Die Nachteile einer Kooperation sind die, bei einer Kooperation haben Sie ein Fortbestehen einzelner Anlagen in einzelnen Ländern, das heißt, wir haben eigentlich eine Art Status quo. Die Kooperation bezieht sich dann immer nur darauf, bestimmte Risiken gegenseitig abzudecken, soll heißen, ist meine Anlage, sage ich einmal, voll belastet, ich habe aber noch Anforderungen, dann frage ich meinen Kooperationspartner, ob er noch Platz auf seiner hat und schalte dort auf. Oder ich möchte meine Anlage technisch überholen und muss deshalb meinen Strom ausschalten und brauche jemanden, der aber meine Schaltung weiter fortsetzt, dann frage ich meinen Kooperationspartner, zu welchem Zeitpunkt er diese Kapazität hat, die ich dafür benötige und dann plane ich das dementsprechend. Das heißt, das ist eigentlich eine Hilfe für den, ich sage einmal, Notfall oder für den besonderen Fall. Das sind die Kooperationen, die abgeschlossen worden sind. So etwas findet unter den Ländern sowieso immer einmal statt. Das führt aber nicht dazu, dass Sie die Vorteile wie Kostenminimierung, Bündeln von Know-how, das Herangehen an den Arbeitsmarkt, also nicht der Kampf um die gleichen Kräfte, um die gleichen Ingenieure und so weiter und so fort, damit kompensiert haben. Deshalb ein gemeinsames Zentrum und keine Kooperation. Und jetzt müssten Sie mir noch einmal … Sie hatten noch eine Frage gestellt, aber …

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Abg. Carl-Edgar Jarchow: Ja, dann hatte ich die Frage gestellt, ob das richtig ist, dass die Hamburger Anlage 2020 auf jeden Fall total erneuert werden muss oder nicht. Herr Schulz-Eckhardt: Genau, stimmt. Ja, muss sie. Wir rechnen, also das ist die Erfahrung, wir rechnen mit einem, ja, ich nenne das einmal Komplettinnovationszyklus von sieben Jahren. 2013, hatte Herr Lenders schon drauf hingewiesen, ist investiert worden in die Hauptkomponenten, das ist dann jeweils das, das sind die größeren Investitionen. Das bezeichnen wir dann immer als Neubeschaffung, wenn man so will. In den Jahren dazwischen werden einzelne Komponenten ausgetauscht. Nun muss man sich das vorstellen, also, das ist ja für eine TKÜ-Anlage vielleicht ein bisschen schwer zu beschreiben, aber wenn Sie sich alle daran erinnern, dass Sie vielleicht zu Hause eine Stereoanlage betreiben und vielleicht auch noch älterer Art, dann haben Sie dort einen Verstärker, ein Radioteil, einen CD-Player und einen Plattenspieler vielleicht früher noch. So, und im Laufe der Zeit haben Sie den Plattenspieler vernachlässigt, weil die out waren, diese Schallplatten, dafür haben Sie sich einen CD-Player gekauft. Heute in vielleicht historischen Anwandlungen besinnt man sich wieder auf die Schallplatte und stellt fest, der Schallplattenspieler funktioniert nicht mehr so richtig. Dann müssen Sie den ersetzen. So ein bisschen ist es auch mit einer TKÜ-Anlage. Selbstverständlich mit anderen Komponenten, das ist ganz klar, aber so ungefähr verhält es sich. Und deshalb sind die Investitionen in den Zeiten dazwischen wesentlich geringer. Zum Beispiel 350 000 Euro wie in 2015 oder eben andere Beträge. Vorsitzender: Vielen Dank. Herr Jarchow. Abg. Carl-Edgar Jarchow: Ich hatte auch nach dem, ob es schon ein Datenschutzkonzept und ein Sicherheitskonzept gibt, gefragt. Herr Schulz-Eckhardt: Genau, ja, gibt es, aber alles ist noch nicht fertig. Das ist alles vorgedacht, es ist auch mit den Datenschützern entsprechend abgesprochen, aber die Konzepte liegen natürlich endgültig noch nicht vor, weil sie ganz wesentlich von der nachher wirklich realisierten Technik abhängen. Da gibt es ganz viele Fragen zum Beispiel im Bereich der Mandantentrennung, wie muss man sich das …, wie wird es nachher realisiert. Da werden die Datenschützer ganz genau draufgucken und je nach der technischen Art und Weise der Realisation werden auch die Anforderungen des Datenschutzes sein. Deshalb würde im Moment das Konzept zu diesem Punkt darin bestehen, dass man eben den Datenschutz bei der Mandantentrennung stark berücksichtigt, weil es ein sensibler Bereich ist, aber viel mehr kann dann da noch nicht stehen. Das Konkrete wird erst kommen, wenn wir im Projekt wissen, was auch wirklich gebaut wird. Vorsitzender: Vielen Dank. Herr Warnholz bitte. Abg. Karl-Heinz Warnholz: Wenn ich mich richtig erinnere, haben wir in Hamburg, glaube ich, so um die 16 Personen, die in diesem Bereich hier in Hamburg arbeiten. Vielleicht verbessern Sie mich oder klären Sie mich sonst bitte auf. Es handelt sich ja hierbei um sehr hochwertige Technik, die wir hier in Zukunft haben werden, und ich würde gerne einmal etwas über die Stellenbesetzung dann hören. Ich habe ja schon gehört, Ingenieure, also hochbezahlte Techniker. Ist da schon ein Stellenplan im Kopfe? Da werden ja auch erhebliche Stellen dann geschaffen werden müssen oder erweitert werden müssen, die viel Geld kosten. Und diese Hamburger, unsere Hamburger, ziehen die nach Hannover, fahren die zwischen, arbeiten Hamburger in Hamburger Uniform in Hannover? Sind da Umzüge oder Wohnortwechsel geplant oder im Rahmen der Fürsorge werden vielleicht sogar Wohnungen angemietet oder Häuser gebaut? Das würde mich interessieren. Vorsitzender: Herr Senator. Senator Grote: Herr Schulz-Eckhardt.

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Herr Schulz-Eckhardt: Die Personalstärke wechselt immer einmal so ein bisschen, aber wenn wir 16 anrechnen, ich sage einmal, in den Kostenschätzungen waren wir von 14 ausgegangen, das ist zum Zeitpunkt der Vorlage für den Staatsvertrag so dann entsprechend gewesen. Es gibt ein Personalkonzept, das können Sie auch im Staatsvertrag lesen, das umfasst im Moment 29 Mitarbeiter für die Einrichtung des RDZ zurzeit. Dann sieht es so aus, dass wir im Land nicht die komplette Stelle aufgeben, denn Sie müssen sich das so vorstellen, von den Mitarbeitern jetzt im Moment in Hamburg, betreiben einige die TKÜ-Anlage, sage ich einmal. Die schalten die entsprechenden Schaltungen auf und so weiter und so fort. Andere haben aber andere Aufgaben. Und andere Aufgaben werden hier in Hamburg weiter benötigt. Das heißt, der Betrieb, die Durchführung einer Telekommunikationsüberwachung wird in Niedersachsen vonstattengehen, aber es gibt natürlich Menschen, die müssen die Sachbearbeiter beraten, es gibt Menschen, die müssen technische Fragen auch hier in Hamburg noch beantworten und so weiter und so fort. Insofern wird es hier als Andockstelle für das RDZ eine sogenannte Zentralstelle des Landes geben. Diese Zentralstelle ist in allen anderen vier Ländern ebenfalls vorgesehen als Ansprechpartner für die Sachbearbeiter und so weiter und so fort. Das heißt, es wird letztendlich um das Personal gehen, das die technische Anlage jetzt betreibt und die Qualifikation dieser Mitarbeiter ist entweder so, dass sie selbstverständlich, wenn sie möchten und es möglich ist, nach Niedersachsen gehen können, aber es handelt sich ja auch um viele Polizeibeamte, die dann einem anderen Vollzugsbereich zugeordnet werden können. Vorsitzender: Vielen Dank. (Abg. Karl-Heinz Warnholz: (…) eine Nachfrage stellen müssen.) – Herr Warnholz. Abg. Karl-Heinz Warnholz: Darf ich noch einmal konkret nachfragen. Hamburg hier wird nicht aufgelöst, wenn ich das richtig verstanden habe, sondern dann wird das hier ja doch weiter betrieben. Und ein Teil arbeitet in Hannover. (Senator Grote: Nein.) Nicht. Habe ich das falsch verstanden? (Senator Grote: Ja.) – Danke. Herr Schulz-Eckhardt: Soll ich Ihnen sagen, wie es richtig ist? Vorsitzender: Es hätte Vorteile, wenn ich Ihnen das Wort gebe, was Sie hiermithaben. Herr Schulz-Eckhardt: Danke schön. Was ich damit gerade ausführen wollte, war, dass ein Teil dessen, was die Dienststelle, die heute dafür zuständig ist, für Telekommunikationsüberwachung, zukünftig in Hamburg nicht mehr stattfindet, sondern in Niedersachsen betrieben wird und dass ein anderer Teil, ich nenne ihn jetzt einmal einen großen Beratungsteil für die Sachbearbeitung, die diese Dienstleistung in Anspruch nimmt, hier in Hamburg vor Ort bleibt. Vorsitzender: Vielen Dank. Herr Lenders bitte. Abg. Joachim Lenders: Ja, ich möchte noch einmal zurückkommen auf die hier schon angesprochene sogenannte Höchstgrenze von den 18,3 Millionen Euro, die ja im

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Staatsvertrag im Artikel 6 Absatz 4 geregelt ist. Weil, dort heißt es ja, dass die Erstbeschaffung einer gemeinsamen TKÜ-Anlage und der weiteren technischen Komponenten … wird eine Obergrenze in Höhe von 18,3 Millionen Euro festgesetzt. Meine Frage wäre erstens: Wie kommt genau diese Obergrenze von 18,3 Millionen Euro zustande? Ist die auch geschätzt worden oder was ist die Grundlage dafür? Zweitens, wie hoch genau ist diese Höchstgrenze für den Hamburger Anteil? Man sieht an der einen oder anderen Stelle ja im Staatsvertrag, dass angenommen worden ist, dass die Kostenverteilung der norddeutschen Küstenländer aufgrund des Königsteiner Schlüssels vorgenommen worden sind. Ich vermute, das wird auch dort sein. Ich sehe den Staatsrat schon den Kopf schütteln. Also von daher die Frage: Wie ist die Höchstgrenze für den Hamburger Anteil? Welche finanziellen und grundsätzlichen Auswirkungen hat es für Hamburg, sollte diese Höchstgrenze überschritten werden? Bedeutet das dann, dass Hamburg an dieser Stelle aus dem Projekt aussteigt, und wenn Hamburg aussteigt, wie sieht dann die Rückfallstufe aus? Ich hoffe nicht, dass wir dann keine TKÜ-Maßnahmen mehr fahren können. Das Gleiche gilt aber auch, was passiert, wenn ein anderes Bundesland aufgrund dieser Klausel am Schluss des Staatsvertrages aussteigt, weil die Höchstgrenze überschritten worden ist, und dann ja aufgrund der vorher verteilten Kosten zwischen den Ländern dann nicht mehr fünf Länder dabei sind, sondern nur noch vier oder drei oder zwei? Wie werden dann die Kosten umgelegt, die dann das Land wahrscheinlich ja nicht mehr tragen wird beziehungsweise anteilig neu verteilt werden und somit möglicherweise, Nachfrage, für Hamburg höhere Kosten dadurch entstehen? Vorsitzender: Herr Senator. Senator Grote: Herr Staatsrat. Staatsrat Krösser: Der Betrag von 18,3 Millionen Euro ist zustande gekommen aufgrund von Wirtschaftlichkeitsberechnungen. Im Grunde genommen haben wir alle uns zusammengesetzt und gesagt, bis zu welchem Betrag ist es denn wirtschaftlich, in so eine Anlage mit einzusteigen, für die einzelnen Länder. Und da spielte für alle Länder natürlich die Frage eine Rolle, was kosten uns die Anlagen, wenn wir sie selbst betreiben, so wie wir das auch gemacht haben. Und daraus hat man dann auch noch einmal eine Rechnung erstellt und gesagt, bis zu welchem Betrag würde man mitgehen. Der Kostenschlüssel richtet sich hier nicht nach dem Königsteiner Schlüssel, weil die Länder natürlich ganz unterschiedliche Anteile an der Telekommunikationsüberwachung haben. Ein großes Land wir Niedersachsen hat zwangsläufig mehr Maßnahmen als ein Land wie Hamburg. Wir haben, glaube ich, ein bisschen mehr Maßnahmen als Schleswig-Holstein zum Beispiel, obwohl wir die gleiche Einwohnerzahl ansonsten ja eher haben. Deswegen gibt es einen Verteilerschlüssel, der liegt bei 30 Prozent Basisverteilungskosten, die gleichrangig getragen werden von allen Beteiligten, und 70 Prozent der Kosten, die nach dem Anteil der jeweiligen Überwachungsmaßnahmen, die geschaltet werden, berechnet werden. Das ist auch ein fairer Deal, um es einmal so auszudrücken, weil das eben berücksichtigt, wer schaltet am meisten Telekommunikationsüberwachungen und wer nimmt damit die Anlage am stärksten in Anspruch. Da sich aus dem Grundpreis, also diesen Erstinvestitionen, auch die Folgekosten, nämlich die jährlichen Investitionsraten und die fünfjährigen Erneuerungskosten wiederum ableiten, spielt eben dieser Basispreis von 18,3 Millionen Euro eine große Rolle für die Gesamtkostenbetrachtung der Anlage. Die Anlage wird ja fortgeschrieben, das ist wie mit unserer Anlage auch. Die Ersterrichtungskosten, diese 18,3 Millionen Euro sind ja die Ersterrichtungskosten, und von diesen Ersterrichtungskosten leiten sich natürlich auch Kosten für die weitere technische Erhaltung der Anlage ab, so, wie das bei uns in Hamburg

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ja auch der Fall ist. Ich hatte ja vorhin schon erklärt, man muss ja regelmäßig Geld in diese Anlage investieren, damit sie weiterläuft. Und nach einigen Jahren haben Sie auch bei einer solchen großen Anlage größere Reinvestitionsbedarfe. Und die leiten sich eben immer aus diesem, ich nenne es jetzt einmal Grundpreis, ab. Deswegen ist dieser Grundpreis schon eine wichtige Voraussetzung für die weitere Betrachtung. Den Hamburger Anteil an diesem Gesamtpreis erkennen Sie in erster Linie aus der Drucksache, wo wir ja noch einmal für 2020 Investitionsbeiträge von 2,78 Millionen Euro aufführen. Im Übrigen den Hinweis, es ist eine Ausstiegsklausel vorgesehen. Sobald ein Land aussteigt, weil der Betrag überschritten wird, eröffnet das natürlich erstens die Situation, dass auch alle anderen Länder aussteigen können, weil, wenn der Betrag überschritten ist, gilt die Ausstiegsklausel für jeden Vertragsbeteiligten, und wenn ein Land aussteigen würde, würde es natürlich keinen Sinn mehr machen, diese Anlage wahrscheinlich so zu bauen, wie sie vorgesehen ist, weil dann die Kostenanteile für alle anderen Beteiligten einfach zu hoch werden würden. Ich hatte deshalb vorhin schon ausgeführt, dass wir in der relativ guten Situation sind, sollte ein solche Situation eintreten, dann selbstverständlich in der Lage zu sein, unsere Hamburger Anlage weiterzuführen. Wir würden dann eben gucken müssen, was müssten wir zu dem aktuellen Zeitpunkt in unsere Hamburger Anlage investieren, um sie weiter laufen lassen zu können. Wir müssten sie ja, wie Herr Schulz-Eckhardt schon ausgeführt hat, 2020 grunderneuern, und dann müssen wir gucken, was kostet uns die Grunderneuerung unserer Anlage. Wahrscheinlich, wie vorhin schon gesagt, würden wir das auch nicht mehr für den Preis von 2013 bekommen. Soweit zu diesen Fragen. Vorsitzender: Vielen Dank. Frau Möller bitte. Abg. Antje Möller: Ja, vielleicht habe ich etwas verpasst, aber ich möchte noch einmal auf das Thema Personalkonzept kommen. Warum ist das so … (Abg. Christiane Schneider: Auf was?) – Personalkonzept. Warum ist das noch so kryptisch oder so offen? Es müsste doch eigentlich schon klar sein, welcher Personalaufwand zum Beispiel aufgrund der, weiß ich, durchschnittlichen Anforderungen, die Hamburg an dieses Zentrum stellen würde, für Hamburg errechnet worden ist. Von daher müssten wir doch auch eigentlich genauer erfahren können, wie viele Personen, die jetzt in dem Bereich arbeiten, … (Zurufe von Senatsvertretern) … ist jetzt … Die Frage ist schon verstanden worden, aber ich war noch nicht ganz fertig. Müsste doch auch jetzt schon relativ klarer dargelegt werden, wie viele Personen von denen, die jetzt in dem Bereich arbeiten, sind dann frei für andere Aufgaben und welche Größenordnung ergibt sich dann an Verschiebungs- oder an Umsetzungsbedarf und so weiter. Also hier steht in der … auf der Seite 12 steht: Details werden in einem Personalkonzept festgelegt, das durch die Leiterin/Leiter der Polizeiabteilungen in den Innenministerien, Senatsverwaltungen und so weiter beschlossen wird. Da müssten Sie doch eigentlich schon dran sein und das müsste man doch eigentlich hier schon ein bisschen

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klarer darstellen können, mit Zahlen unterfüttert, als wir das bisher bekommen haben. Kann ja auch gerne zu Protokoll sein, aber irgendwie fehlt mir da noch (…). Vorsitzender: Herr Senator. Senator Grote: Die Frage wird beantwortet von Herrn Staatsrat. Staatsrat Krösser: Ich sage noch einmal etwas Grundsätzliches. Ich weiß jetzt nicht, wie aktuell die Planung für Hamburg aussieht. Es gibt ein Personalkonzept für das RDZ, das hatte Herr Schulz-Eckhardt eben schon gesagt, das sieht vor, dass dort im RDZ selbst mit 29 Menschen gearbeitet wird, also nicht Menschen, sondern Vollzeitkräften, wie man das heute so schön sagt. (Abg. Christiane Schneider: Vollzeitäquivalente!) – Nein, das sagen wir ja nicht mehr, wir sagen ja Vollzeitkräfte jetzt. Dann wird es in Hamburg auch noch eine Anzahl von Personen geben, das muss Herr Schulz-Eckhardt gleich noch einmal sagen, wie viele das jetzt aktuell, nach der aktuellen Planung sind. Man muss aber immer auf eins hinweisen, deswegen steht es da vielleicht noch nicht ganz so konkret drin. Es ist eben noch kein fertiges, abgeschlossenes Projekt, sondern es ist eine Darstellung zum jetzigen Zeitpunkt des Projektes. Das endgültige Betriebs- und Personalkonzept kann ja erst erstellt werden, wenn man auch die Anlage fertig konzipiert hat und sagen kann, genau so sieht die Anlage jetzt aus. So wie ich ausgeführt habe, dass man erst dann, wenn man diese Anlage fertig konzipiert hat und ein Vergabeverfahren durchgeführt hat, also ein Ausschreibungsverfahren, erst dann erfahren wird, was wird dieser Anlage am Ende wirklich kosten. Kommen wir mit diesen Kostenkalkulationen, die das Projekt jetzt anstellt, tatsächlich nicht über 18,3 Millionen Euro. Genauso wird man auch erst dann abschließend und hundertprozentig sagen können, wie viele Leute werden jetzt genau an welcher Stelle arbeiten müssen. Ich hatte es vorhin schon angedeutet oder angesprochen, Telekommunikationsüberwachung entwickelt sich eben auch schnell weiter, weil sich der Telekommunikationsmarkt schnell weiterentwickelt. Wir werden einfach sehen müssen, wo wir 2020 dann auch stehen. Vielleicht zu der konkreten Frage, was jetzt aktuell in Hamburg vorgesehen ist, Herr Schulz-Eckhardt. Herr Schulz-Eckhardt: Ja, unter den Vorgaben, die der Staatsrat gerade gesagt hat, dass es noch nicht letztendlich valide ist, gehe ich im Moment davon aus, dass wir in der Zentralstelle der Länder, das ist der Teil, der hierbleiben wird, mit fünf Mitarbeitern arbeiten werden. Vorsitzender: Vielen Dank. Für eine Rückfrage Frau Möller. Abg. Antje Möller: Ich kann das nachvollziehen, dass das alle noch nicht … dass alles noch im Werden ist, so rum formuliert. Aber dann möchte ich noch einmal nach der Relevanz der Tabelle, also dieses Kostenvergleiches, auf der Seite 18 fragen. Da stehen ja sehr konkret Zahlen drin, also Einsparungen oder zusätzliche Kosten, die anfallen würden, wenn wir eben bei dem Betrieb nur in Hamburg bleiben würden. Die sind errechnet auf der Basis einer angenommenen Größe von 29 Vollzeitkräften und dem tatsächlichen Aufwand, den Hamburg im Moment hat. Muss man das so lesen?

(Staatsrat Krösser: Ja!) – Okay, danke.

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Vorsitzender: Herr Gladiator. Abg. Dennis Gladiator: Vielen Dank. Wenn ich es richtig verstanden habe, nein, wenn ich es richtig gewertet habe, wird hier mit relativ geringen Einsparungen, wenn man sich die Seite 18 anguckt, egal, ob die jetzt auch oder wie valide die berechnet sind, ich habe da die gleichen Fragen wie Frau Möller, was das – Dieses Mal wird es nicht vom NDR gefüttert. – die Frau Möller gestellt hat. Wie valide das ist, sei einmal dahingestellt, aber es ist ja nun keine riesige Einsparung, die Sie hier vornehmen. Allerdings stellt sich mir die Frage der Risiken und der Nachteile, die man gegenstehen hat. Es ist ja beschrieben, dass das bisher, wenn jetzt die Hamburger Anlage einmal ausfällt, im Nordverbund sich ja ausgeholfen wird, andere Bundesländer angefragt werden. Wenn man jetzt allesamt auf eine Anlage setzt, auch die ist ja nicht davor gefeit, einmal auszufallen oder durch höhere Gewalt, was auch immer, nicht dienstfähig zu sein, diese Redundanz, die Sicherheitsredundanz, hat man dann ja nicht mehr in diesem Nordverbund. Ist dann zumindest mit anderen Bundesländern geregelt, dass man dort Kapazitäten benutzten kann? Weil, dann können Sie ja nicht in dem Moment lange vorher anfragen, wir brauchen einmal für eine Wartung Kapazitäten und habt ihr die frei für uns. Dann kommt das ja eventuell auch sehr kurzfristig. Also ist hierfür, nach meinem Eindruck, für eine sehr geringe Einsparung schon ein Risikofaktor, den man sich damit einholt. Aber da können Sie ja vielleicht mich aufklären, falls das anders ist. Und das Zweite, auch wenn der Senat uns empfohlen hat, hier nicht zu verquicken, haben wir am Ende als Parlament ja die Letztentscheidung darüber, ob der Staatsvertrag zustande kommt oder nicht. Deshalb ist es ja auch sinnvoll, diese Vorlage sehr genau zu prüfen. Ich habe mir Ihre Nutzwertanalyse einmal angeschaut. Dann hatte ich mich im Vorspann schon darauf gefreut, die zu lesen, und habe dann mehrfach im Drucker geguckt, ob der Seiten verschluckt hätte, die mir etwas näher erklären, wie diese Nutzwertanalyse dann ausfällt. Sie ist ja vom Text her sehr dünn beschrieben. Dann gibt es diese schöne Übersicht auf Seite 17, also wäre die Skala bis 12 gegangen bei den Punkten, hätte es mich an den Grand Prix erinnert, wo man dann einmal Punkte vergibt nach Geschmack. Es ist ja in keiner Weise erläutert, wie diese Gewichtung zustande kommt. Nun will ich gar nicht unterstellen, dass man das gewichtet hat, dass es am Ende passt, aber es wäre ja, und das vielleicht dann zu Protokoll, weil, das würde vielleicht den Rahmen hier sprengen, schon eine Erläuterung, weil es ja auch eine Abwägung vornimmt, auch die Risiken und Nachteile bewertet, wenn das zumindest für uns nachvollziehbar erläutert werden würde. Das bräuchte ich zumindest, um am Ende auch eine Entscheidung treffen zu können. Weil, so ist diese Seite etwas sehr wenig aussagekräftig. Zumal am Ende auch hier man ja … bei den Nutzwerten römisch VI ist ja auch keine gigantisch eindeutige Entscheidung, die man daraus ablesen kann. Da ist es ja auch durchaus, dass man infrage stellen kann, ob das wirklich die bessere Lösung ist. Insofern wäre da meine Bitte, ob Sie das zu Protokoll nachliefern können, hier eine wirkliche Begründung dessen, was wie gewertet wird, mit den Vor- und Nachteilen in diesen Skalierungen. (Abg. Arno Münster: Das steht doch alles drin!) Vorsitzender: Herr Senator. Senator Grote: Herr Krösser. Vorsitzender: Vielleicht noch einmal der Appell, wir haben Wortprotokoll. Das sollte vielleicht ein bisschen zur Selbstdisziplin anreizen. Auch keine internen Fraktionssitzungen, bitte. Keine offenen, meinte ich. Herr Senator, Sie haben das Wort.

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Senator Grote: Herr Staatsrat. Staatsrat Krösser: Ja, noch einmal, welche Risiken ergeben sich daraus. Ich würde sagen, wenn man es einmal betrachtet, Herr Schulz-Eckhardt hat es ja eben ausgeführt, heute arbeiten wir in Kooperation, um gegebenenfalls situationskritische Redundanzen nutzen zu können. Künftig haben wir eine Anlage, die hat eine eigene Redundanz. Das heißt, natürlich kann man so eine Anlage nicht einmal hinstellen und dann sagen, wenn die ausfällt, dann haben fünf Länder nichts mehr, sondern natürlich wird diese Anlage so ausgerichtet, dass sie eben eine Hochverfügbarkeit hat, und das bedeutet, dass selbstverständlich auch da Ausfallsicherheiten installiert werden müssen. Das trägt auch mit zu dem Preis einer solchen Anlage bei. Diese Redundanzen müssen sozusagen systemisch mit eingeplant werden, sonst kann so eine Anlage nicht funktionieren. Sie hat aber … Ich sage einmal, Wirtschaftlichkeit hat ja zwei Facetten. Wirtschaftlich ist eine Anlage, wenn ich die gleiche Leistung zu einem günstigeren Preis bekomme, wirtschaftlich ist eine Anlage aber auch, wenn ich mehr Leistung zum gleichen Preis bekommen. So, und hier bekommen wir halt eine Anlage, die aus unserer Sicht alle Anforderungen erfüllen kann, die man heute an Sicherheitsbedingungen, datenschutzrechtliche Anforderungen und und und erfüllen kann, für die wir mit den anderen Ländern gemeinsam die Standards entwickeln in einem Kooperationsmodell, wie es ja von den Ländern in allen kostenintensiven Bereichen eigentlich auch gefordert wird, sich nicht mehr auf Eigenbrötelei zurückzuziehen, sondern zusammen etwas zu machen und damit die Herausforderungen der Zukunft auch aufzugreifen, und wir uns eben davon versprechen, dass wir damit auch eben den Herausforderungen, die die Zukunft gerade im Bereich der Telekommunikationsüberwachung für alle Länder und für alle Polizeien bietet, sehr viel besser entgegentreten können als mit einer Anlage, die wir ganz alleine weiter betreiben müssen. Wir müssen uns eben auch noch einmal sehr deutlich die Frage stellen, ob dieses Kooperationsmodell in der Form, wie wir es heute betreiben, weiter funktionieren wird, wenn wir aus dieser Anlage aussteigen müssen, beispielsweise, weil wir nicht wissen, wie sich die anderen vier Länder dann selbst neu organisieren werden. Die Frage, ob die dann vier weitere Anlagen betreiben, die steht sehr stark im Raume, weil dort eigentlich die Überzeugung gewachsen ist, das nicht mit eigenen Anlagen fortführen zu wollen, sodass dann möglicherweise eben auch nur noch eine Anlage in Niedersachsen stehen könnte. Das kann man heute nicht ausschließen. Das ist durchaus nicht eine Option, die völlig leer im Raume steht, wie auch immer die das dann organisieren. Sicherlich nicht mit einem solchen Staatsvertrag, sondern mit irgendeiner anderen Lösung. Aber wir können nicht davon ausgehen, dass die dann so weitermachen wie bisher. Und die Nutzwertanalyse, vielleicht noch ein Wort zur Nutzwertanalyse. Eine Nutzwertanalyse mit einem Punkteunterschied, ist ja immer ein relativer Punkteunterschied von 0,82:0,69, ist nicht gerade eine knappe Entscheidung, wenn man es einmal so sieht. Man kann sich bei Nutzwertanalysen natürlich immer über die einzelnen Punkte unterhalten und sagen, sind die richtig gewichtet oder sind die nicht richtig gewichtet, diese Punkte sind aber eben von den Leuten gewichtet worden, die sich mit dem Thema schon lange beschäftigen, und bei denen habe ich eigentlich das Vertrauen, dass sie auch richtig gewichtet haben. Wir können natürlich, wenn Sie möchten, zu den einzelnen Punkten dieser Nutzwertanalyse noch einmal Ausführungen machen, was sich dahinter konkret verbirgt, wenn das weiterhilft, aber die Erläuterungen machen eigentlich den Kern der jeweiligen Betrachtung soweit erkennbar (siehe Anlage 2).

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Vorsitzender: Okay, vielen Dank. Noch eine Nachfrage? Herr Gladiator. Abg. Dennis Gladiator: Ja, zwei Nachfragen. Sie sagten, die Redundanz ist dann in der Anlage selbst, welche Kapazität, also wie groß ist quasi diese Redundanz, was kann die an Kapazität abbilden, wenn jetzt ein anderer … wenn Defekte in der Anlage sind, also wie weit ist sie abgesichert, zu 100 Prozent gespiegelt, vielleicht können Sie das noch kurz sagen. Und, ja, das wäre lieb, zur Tabelle Seite 17, weil, die Frage, wie kommt diese Gewichtung zustande. Dass Herr Münster darauf hinwies, dass unten die Skala erklärt ist, dass 1 schlechter ist als 10, das habe ich verstanden. Aber die Frage, wie kommen diese Bewertungen zustande, wenn Sie das noch nachliefern könnten, das wäre hilfreich. Vorsitzender: Herr Senator. Senator Grote: Machen wir. Nicht? Staatsrat Krösser: Ja klar. Vorsitzender: Vielen Dank Herr Nockemann. Abg. Dirk Nockemann: Ist gegessen, sozusagen. Vorsitzender: Herr Senator. Senator Grote: Herr Schulz-Eckhardt bitte. Herr Schulz-Eckhardt: 100 Prozent. Vorsitzender: Frau Schneider. Abg. Christiane Schneider: Ich habe jetzt einmal aus ganz anderer Sicht noch einen Kritikpunkt. Das ist noch nicht so besonders lange her, ein paar Tage oder ein paar Tage länger, dass sich die Justizminister aller Bundesländer dafür ausgesprochen haben, eine bundesweit gültige Rechtsgrundlage für den Einsatz staatlicher Computerwanzen beziehungsweise Computerinfiltrations- und Ausspähschadsoftware, also sogenannte Staatstrojaner, ausgesprochen haben. Und jetzt ist meine Frage: Das ist ja verfassungsrechtlich ziemlich problematisch, weil es wohl unmöglich ist, einen unantastbaren Kernbereich der persönlichen Lebensführung … das so auszugestalten, dass der geschützt bleibt. Meine Frage ist: Ist eigentlich das Überwachungszentrum auch für die Entwicklung und den Einsatz solcher oder sagen wir einmal, das geht ja in die Zukunft, ähnlicher, weitergehender Systeme gedacht? Und in dem Zusammenhang auch, ist davon auszugehen oder gehen Sie davon aus, dass zum Beispiel, wenn es erst einmal dieses norddeutsche Überwachungszentrum gibt, TKÜ-Zentrum gibt, dass die Maßnahmen zum Beispiel zur Funkzellenüberwachung oder stille SMS oder so auch insgesamt zunehmen dadurch, also dass, wie soll ich einmal sagen, der Output zunimmt durch die Konzentration in einem Zentrum? Dann hätte ich noch eine Frage, wenn das geht, noch zu den Kosten, noch einmal zu der Kostenfrage, weil, jetzt muss ich einmal kurz zurückblättern, in dem Artikel 6, da ist ja jetzt gesagt worden, 18,3 Millionen Euro ist für die Erstbeschaffung die Obergrenze. Aber dann ist ja in den Absätzen 4, 5 und 7 auch geregelt, dass den Polizeileitern, also den Leitern und Leiterinnen der Polizeiabteilungen in den jeweiligen Innenministerien beziehungsweise Senaten, volle und alleinige Befugnis über Folgebeschaffung von TKÜ-Überwachungsanlagen über das jährliche Investitionsbudget und über das Budget der

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jährlichen Betriebs-, Personal- und sonstigen Kosten erteilt wird. Wer kontrolliert das jetzt eigentlich? Ich meine, das ist ja in gewisser Weise dann der Kontrolle durch die Parlamente nicht mehr so ganz zugänglich. Wer kontrolliert das? Wie kann das parlamentarisch kontrolliert werden? Vorsitzender: Herr Senator. Senator Grote: Herr Krösser. Staatsrat Krösser: Es wird natürlich auch in dem RDZ Nord einen Bereich geben, der sich mit der Weiterentwicklung von TKÜ-Technik beschäftigen wird und beschäftigen muss, weil man sonst eben in die Problematik kommt, dass die Anlagen irgendwann die Herausforderungen und die Anforderungen, um bestimmte Telekommunikationsformen überwachen zu können, gar nicht mehr erfüllen können. Dass der sich jetzt mit Trojanerprogrammen beschäftigen wird, glaube ich, das ist eher etwas, was in weiterer Ferne liegt, wenn man beobachtet, wie schwer es im Moment unseren Bundeseinrichtungen fällt, hier funktionierende Programme auf den Markt zu bringen. Ich denke, in den Trojanerprogrammen wird es wahrscheinlich weiter eher zentrale Entwicklungsansätze geben. Aber selbstverständlich wird es einen Bereich geben, der sich mit der Weiterentwicklung der TKÜ-Technik im RDZ beschäftigt. Das ist aber etwas, was wir heute in den Ländern natürlich auch haben. Heute haben wir auch Leute, die sich damit beschäftigen, welchen Herausforderungen muss so eine Anlage künftig gewachsen sein und was müssen wir technisch und softwaremäßig tun, damit sie diesen Anforderungen auch weiter gewachsen bleibt. Ob die Maßnahmen zunehmen oder abnehmen, hängt nicht mit einem RDZ Nord zusammen, sondern das hängt im Moment schlicht mit der rasanten Entwicklung von Telekommunikation zusammen. Wenn man auf die Überwachungszahlen im Telekommunikationsbereich guckt, dann stellt man ja fest, dass es dort Anstiege gibt. Das hängt vor allen Dingen damit zusammen, dass, wenn Sie heute eine Person im Telekommunikationsbereich überwachen wollen, Sie viel mehr Anschlüsse und Nummern überwachen müssen. Es ist überhaupt nicht mehr unüblich, dass eine einzige Person mehrere Handys hat, dass sie dazu noch ein Tablet hat, einen Laptop, dass sie noch über den Fernseher Internet streamt, dass sie noch über irgendwelche anderen Geschichten Daten austauscht. Und das bedeutet, dass das Datenvolumen und die überwachten Anschlüsse anwachsen. Das kann man in allen Telekommunikationsüberwachungsbereichen erkennen. Sodass, wenn sich die Zahlen weiterentwickeln, das in erster Linie abhängig ist von der Entwicklung der Telekommunikation und weniger von der Frage, ob man ein solches Zentrum hat. Wenn wir in Hamburg eine eigene Anlage wieder neu aufstellen müssten, müssten wir diese Anlage auch schon so ausrichten, dass sie diesem gewachsenen Bedarf an Telekommunikationsüberwachung, auch an Bandbreiten, entsprechen könnte. Die haushaltstechnische Aus… oder Überwachung, Kontrolle, auch wenn in solchen Verträgen steht, dass die Polizeiabteilungsleiter dort über solche Beschaffungen selbst entscheiden können, dann bedeutet das ja nicht, dass sie selbst über Geld entscheiden können im engeren Sinne, sondern das bedeutet, sie können nur in dem Rahmen entscheiden, den ihnen der Haushaltsgesetzgeber jeweils gibt. Das heißt, auch ein Polizeiabteilungsleiter, Herr Schulz-Eckhardt beispielsweise, könnte sich nicht hinstellen und sagen, ich beschließe hier einmal eben über 3 Millionen Euro, wenn diese 3 Millionen Euro im Haushalt nicht abgesichert sind, sodass Sie weiterhin selbstverständlich für die Hamburger Anteile als Haushaltsgesetzgeber die Kontrolle behalten. Vorsitzender: Ja, vielen Dank. Herr Lenders bitte.

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Abg. Joachim Lenders: Ich möchte noch einmal zurückkommen auf das eingangs genannte Hin und Her, das der Staatsrat in seinen ersten Ausführungen zum Besten gegeben hat. Nach unseren Erkenntnissen ist Hamburg im Frühjahr 2015 wieder dem Projekt beigetreten, und wir wüssten gerne erstens, ob dies zutrifft und warum hatte Hamburg zuvor das Projekt verlassen, was waren die Gründe dafür, warum Hamburg ausgestiegen ist, und zu welchem Zeitpunkt hatte Hamburg das Projekt verlassen. Und insbesondere natürlich auch die Frage, die schon am Rande hier heute Abend im Raum stand: Stimmt es, dass der ehemalige Staatsrat Volker Schiek wegen Zweifeln an der Wirtschaftlichkeit an diesem Gesamtprojekt davon Abstand genommen hat und dieses Projekt nicht weiter verfolgen wollte? Und last but not least, warum ist Hamburg im Frühjahr 2015 nach dem erst Austritt dann wieder in das Projekt eingestiegen? Vorsitzender: Ich will es einmal vorsichtig formulieren. Wir haben auch Wortprotokoll, aber ich habe in Erinnerung, dass alle diese Fragen, Herr Lenders, schon beantwortet worden sind. Wenn der Senat den Eindruck hat, dass das noch ergänzt werden soll, dann würde ich jetzt ihm das Wort erteilen. Das ist nicht der Fall, denn die Fragen sind schon beantwortet. Vielen Dank. Ich habe hier keine weiteren Wortmeldungen auf der Tagesordnung. (Abg. Joachim Lenders: Doch, aber selbstverständlich!) – Jetzt? Das ist eine Nachfrage, Herr Lenders. Also dann haben Sie jetzt das Wort für eine Nachfrage. (Abg. Joachim Lenders: Nein, nein, neue Wortmeldung!) Abg. Joachim Lenders: Gut. Dann möchte ich noch einmal zurückkommen zu der Kostenfrage. In der Drucksache 21/3439 in der SKA heißt es in einer Antwort, dass die erforderlichen Kosten für die Pilotierung innerhalb des Aufgabenbereiches 275 der Polizei gedeckt seien. Zitat Ende. Es handelt sich ja offensichtlich dabei um die Projektkosten, einmal in Höhe dieser 380 555 Euro und so weiter und zusätzliche Kosten für externe Dienstleistungen, die dann noch einmal beziffert worden sind mit etwas über 155 000 Euro. Meine konkrete Frage: Wie werden diese Kosten konkret im Haushalt gedeckt, wenn nach unseren Informationen die Abteilungen der Innenbehörde A12 und A402 ausdrücklich darauf hingewiesen haben, dass die Polizei in früheren Stellungnahmen mitgeteilt hätte, dass sie über die derzeitige Mittelausstattung für den Betrieb der eigenen TKÜ hinaus keine weiteren Mittel bereitstellen kann und die Polizei angeblich keine Investitionsmittel über 200 000 Euro pro Jahr hinaus im Haushalt veranschlagt hat. Im Haushalt der Polizei sind außerdem überwiegend Personalmittel für den Betrieb veranschlagt. Insofern wäre eine Umwandlung notwendig, und daraus ziehe ich anschließend die Frage: Bedeutet dies, dass beabsichtigt ist, Stellen zu streichen beziehungsweise Stellen umzuwandeln? Vorsitzender: Herr Sentor beziehungsweise die Vertreter des Senats. Staatsrat Krösser: Die Vorlage dieses Entwurfes, Herr Jarchow hat das schon angesprochen, hat auch deshalb etwas gedauert, weil wir das natürlich auf eine solide haushälterische Basis stellen wollten. Und in der Tat war es zu Anfang so, dass noch unklar war, wie viel Mittel aus der Umwandlung in eine RDZ-Anlage zur Verfügung gestellt werden können, also wie viel Geld wir sozusagen freisetzen können aus unserem eigenen Budget für eine RDZ-Anlage und wie viel Zuschussbedarf möglicherweise entsteht, weil wir ja nicht alle Personalmittel umwandeln können in Sachmittel. Wir wollen ja keine Vollzugsstellen streichen oder umwandeln in Sachmittel. Das war ja immer ein gemeinsames Ziel, deswegen

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hat man mit der Finanzbehörde verhandelt und hat im Haushaltsaufstellungsverfahren für die Jahre 2017 und 2018 jetzt eine Einigung gefunden, und auch für das Jahr 2016 schon eine Einigung gefunden, dass diese entsprechenden Mittel von der Finanzbehörde mit in die Haushaltsberatungen eingebracht worden sind. Sodass wir dann eben eine Deckung erhalten sollen, sofern der Haushaltsgesetzgeber dem Haushalt so zustimmt, wie er jetzt vorgeschlagen wird, und die Mittel dann nicht zulasten, oder so, dass die Polizei da nicht ein eigenes Fehlbudget hat. Ich will noch einmal darauf hinweisen, dass die Mittel, diese 89 000 Euro in 2016, da haben wir immer gesagt, das muss aus dem normalen Budget irgendwie mit gedeckt werden, das sind Beträge, über die trifft man keine großartigen Haushaltsvereinbarungen. Da sind wir aber mit der Polizei auch so weit einig, dass das ermöglicht wird. Vorsitzender: Ja, vielen Dank. Frau Möller. Abg. Antje Möller: Ich wollte nur einmal nachfragen, ob es bei der ganzen Entwicklung des Konzeptes und bei den ganzen Jahren, die da ins Land gegangen sind, auch eine Beteiligungspflicht oder eine Beteiligungsphase mit den Personalräten gegeben hat, oder ob das sozusagen völlig außerhalb der üblichen Beteiligungsgremien der Polizei entstanden ist? Vorsitzender: Der Senat, bitte. Staatsrat Krösser: Herr Schulz-Eckhardt. Herr Schulz-Eckhardt: Es gab eine Beteiligung der Personalräte. Das Projekt, Leiter und Mitarbeiter von ihm, standen jedem Personalrat zur Verfügung und haben dort auch persönlich vorgesprochen. Vorsitzender: Frau Möller. Abg. Antje Möller: Und da konnte man auch detaillierte Nachfragen stellen oder? Herr Schulz-Eckhardt: Also ich selbst war nicht dabei, aber ich denke, das ist der Zweck solch eines Besuches. Vorsitzender: Vielen Dank. Herr Lenders. Abg. Joachim Lenders: Hat sich erledigt. Vorsitzender: Dann sehe ich im Moment keine weiteren Wortmeldungen. Dann würde ich jetzt zum Abschluss des Tagesordnungspunktes kommen. Wir haben einmal die Selbstbefassung. Die würde ich für erledigt erklären, wenn sich kein Widerspruch erhebt. Das ist so. Dann ist die Selbstbefassung erledigt. Wir würden dann zur Abstimmung kommen über die Drucksache 21/4443. Wer der Auffassung ist, dass der Innenausschuss der Bürgerschaft dieses Petitum zur Zustimmung empfehlen sollte, bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe? – Enthaltungen. Bei Nein-Stimmen der Fraktionen der FDP und der CDU und Zustimmung aller anderen … (Zuruf: Nein!) – Nein, Sie haben auch dagegen gestimmt. Die LINKE hat auch dagegen gestimmt, Korrektur. Also bei Zustimmung der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN, Herrn Nockemann habe ich nicht mehr … (Abg. Dirk Nockemann: Ja!)

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– Auch. Dann ist der Gesetzentwurf hier vom Innenausschuss zur Zustimmung der Bürgerschaft beschlossen worden. Ich würde das Wortprotoll erst einmal für beendet erklären, weil ich jetzt für 20 Minuten eine Pause vorhabe. (Pause von 20.04 Uhr bis 20.27 Uhr) Vorsitzender: So. Meine Damen und Herren! Wir machen weiter in der Tagesordnung. Ich nehme das Wortprotokoll jetzt zu dem letzten Tagesordnungspunkt noch einmal auf, weil eine Richtigstellung der Senatsseite noch erfolgen muss zu einem Punkt, der in dem vorherigen Tagesordnungspunkt eine Rolle spielte. Herr Krösser, bitte. Staatsrat Krösser: Ja, ich muss zu meinem tiefsten Bedauern eine Richtigstellung des zuletzt gemachten Hinweises aufnehmen. Wir hatten kurz dargestellt, dass es auch ein Gespräch mit Vertretern der Projektgruppe und dem Personalrat gegeben hat. Dieses Gespräch war aber nur geplant, ist dann aber nicht erfolgt. Und ich möchte nicht, dass das hier so im Raum stehen bleibt, (Zuruf: Dann ist ja gut.) sondern möchte das dann hier gleich korrigieren. (Zuruf: Ja. Danke.) Vorsitzender: So. Dann erst einmal vielen Dank für die Richtigstellung. Dann ist das Wortprotokoll zum Tagesordnungspunkt 3 damit beendet.

Zu TOP 4

Keine Niederschrift; siehe Bericht an die Bürgerschaft.

Zu TOP 5 (Wortprotokoll)

Vorsitzender: Wir kommen dann zum Tagesordnungspunkt 5. Gestatten Sie mir dazu einige Vorbemerkungen. Ich habe das Signal nach Wortprotokoll gehört. Das ist so. Spricht jemand dagegen. Das ist nicht so. Dann würde ich da gerne ein, zwei Anmerkungen noch machen, weil sich die (…)anlage für diesen Tagesordnungspunkt noch etwas verändert hat. Das eine ist, dass wir einen Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE (siehe Anlage 4) hier vorliegen haben zu diesem Tagesordnungspunkt und dass wir sehr spät ein Schreiben des Hamburger Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit (siehe Anlage 5) erhalten haben. Hier kann ich auch nachholen, die Begrüßung von Frau Karakus, habe ich vorhin versäumt. Also wir haben dieses Schreiben sehr spät gekriegt. Ich habe es noch einmal per Mail verschickt. Es liegt hier auch, glaube ich, jeder Fraktion noch einmal vor, wo auch noch einmal Anmerkungen zu dem Tagesordnungspunkt gemacht worden sind seitens des Datenschutzbeauftragten. Ich will das nicht vorwegnehmen, aber wenn ich das richtig verstanden habe, dann ist das Ansinnen der FDP-Fraktion so, dass der Antrag ja weitgehender ist als der Entwurf des Gesetzes zur Änderung der Datenverarbeitung der Polizei. Dass dieser Antrag dann eventuell vertagt wird, wir uns aber heute mit diesem einen Tagesordnungspunkt aus dem Gesetz … aus der Vorlage des Senates hier beschäftigen,

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aber dass dann eventuell der Antrag der FDP vertagt wird, weil er ja sehr viel umfassender ist als das, was im Senatsantrag hier behandelt wird. So viel zur Vorbemerkung. Also Tagesordnungspunkt 5, Antrag der FDP-Fraktion, Drucksache 21/4248, zusammen mit der Drucksache 21/4851, der uns im Wege der Vorwegüberweisung erreicht hat. Herr Jarchow, oder beziehungsweise den Senatsantrag, da es hier um den Senatsantrag geht, würde ich, wenn Sie einverstanden sind, dem Senat um Begründung bitten, oder? (Abg. Carl-Edgar Jarchow: Sehr einverstanden, ja!) Herr Senator bitte. Senator Grote: Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren Abgeordneten! Uns liegt die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 20. April dieses Jahres zum BKA-Gesetz vor. Darin werden Anforderungen verfassungsrechtlicher Art an verschiedene Gefahrenabwehrmaßnahmen des BKA formuliert. Die Anforderungen sind so, dass sie auch indirekte und auch direkte Ausstrahlungswirkungen auf das Gefahrenabwehrrecht der Länder haben. Es ist deswegen auf Bundesebene ein Prozess zwischen Bundesinnenministerium und den Innenressorts der Länder verabredet worden. Danach soll noch vor der Sommerpause das Bundesinnenministerium einen neuen Entwurf für ein BKA-Gesetz vorlegen und das soll dann die Grundlage auch für die Beratungen und Abstimmungen unter den Ländern sein, wie man das im Gefahrenabwehrrecht der Länder möglichst mit einer, ja, einheitlichen Ausrichtung umsetzt. Dieser Prozess wird dazu führen, dass wir ein relativ umfangreiches Gesetzgebungspaket voraussichtlich im Herbst dieses Jahres zu beraten haben. Niemand hat ein Interesse daran, dieses Verfahren zu verzögern, weil es ja schon darum geht, auch wichtige Maßnahmen auch des Hamburger Gefahrenabwehrrechts auf eine solide verfassungsrechtlichen, aktuellen Maßstäben entsprechende Grundlage zu stellen. Insofern läuft praktisch der Prozess, wie er im Antrag der FDP eingefordert wird, bereits … ist auch verabredet worden, schon unmittelbar nach der Veröffentlichung der Entscheidung. Wir haben uns als Senat entschieden, einen einzelnen Gesichtspunkt aus diesem Gesamtpaket vorzuziehen und das ist die Frage des Richtervorbehalts bei einem Einsatz verdeckter Ermittler. Das hat verschiedene Gründe. Zum einen ist dieses Instrument ja eines von mehreren verdeckten Instrumenten, die durch die Verfassungsgerichtssprechung betroffen sind. Es ist aus unserer Sicht das sensibelste Instrument. Hier geht es drum, auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in etwaigen Einsätzen, die dann immer ja auch längerfristig sind, so mit den rechtlichen Grundlagen zu versehen, dass sie da auf stabilem Grund unterwegs sind. Außerdem ist es gerade, wie wir ja auch heute zu Beginn der Sitzung diskutiert haben, wichtig, dass wir keinen Zweifel darüber aufkommen lassen, dass wir gerade bei dem Instrument selbstverständlich sämtliche verfassungsrechtlichen, rechtsstaatlichen Anforderungen an uns stellen lassen und dass wir natürlich, und darum geht es ja, im Kern auch kein Problem damit haben, für diese Maßnahmen eine richterliche Anordnung einzuholen. Wir haben auch jetzt schon eine Beteiligung der Justiz. Das ist eine gewisse Hamburgensie. Bisher stimmt eben die Staatsanwaltschaft zu. Über diese Zustimmung ist ja vorhin auch gesprochen worden. Und wir verlagern sozusagen da jetzt die Zuständigkeit innerhalb der Justiz vom Staatsanwalt auf den Richter. Und selbstverständlich gehen wir davon aus, dass die gesetzlich definierten tatbestandlichen Anforderungen an den Einsatz von verdeckten Ermittlern auch in jedem Fall vorliegen und natürlich dann auch von einem Richter bestätigt werden würden, sodass wir dieses Instrument, ehrlich gesagt, schnell auf eine solide Grundlage stellen wollen und auch hier gar nicht erst die Idee aufkommen lassen wollen, dass wir über die Frage, wollen wir, dass ein Richter das anordnet oder ist das ein Problem, dass es darüber irgendeinen Zweifel gibt. Deswegen haben wir diese Maßnahme vorgezogen und verfolgen das Ziel mit dem Beschluss der

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Bürgerschaft, noch vor der Sommerpause hier tatsächlich auch eine Rechtsänderung herbeizuführen. Das ist in gewisser Weise, ich will nicht sagen, ein gesetzgeberisches Provisorium, aber es ist eine Vorschaltregelung. Das Gesamtpaket, das wir dann im Herbst voraussichtlich zu beraten haben, wird auch diese Regelung noch einmal mit auf der Tagesordnung haben oder mit umfassen auf der Grundlage dessen, was dann im Gesamtkontext von Bund und Ländern da weiter erarbeitet wurde. Und wir haben ja natürlich auch, zwar jetzt kurzfristig, aber wir haben auch die Anregungen des Hamburger Beauftragten für den Datenschutz zur Kenntnis genommen, die sich ja darauf beziehen, dass bei der Frage der Löschung erhobener Daten die Ausnahme, die bei solchen Daten gelten soll, die für die Strafverfolgung verwendet werden, dass die kritisch gesehen wird. Das würden wir hier jetzt nicht im Einzelnen komplett, sagen wir einmal, streitig verhandeln wollen, es spricht eine gewisse Plausibilität dafür, dass dieser Einwand nicht ganz abwegig ist, weil die Daten natürlich … es ist immer schwierig, Daten zu einem anderen Zweck zu verwenden als der, zu dem sie erhoben wurden. Das wäre ja in diesem Fall so. Sie werden erhoben zur Gefahrenabwehr und sollen dann zur Strafverfolgung eingesetzt werden. Und da wir ohnehin das gesamte Paket uns noch einmal im Herbst angucken, können wir uns hier auch sehr gut ein Beratungsergebnis vorstellen, in dem der entsprechende Halbsatz aus der Formulierung dann auch wieder – ja – entnommen wird. Soweit zur Einführung. Vorsitzender: Ja, vielen Dank, Herr Senator. Herr Jarchow, Frau Schneider, Ergänzungen? Aus Sicht der Antrag stellenden Fraktion. Deswegen – Frau Schneider. Abg. Christiane Schneider: Also wir stimmen dem Richtervorbehalt zu, damit das auch ganz klar ist. Wir haben nur folgendes Problem, das ist ja schon auch angeklungen. Also wir haben ein echtes Problem damit, dass in politischen Strukturen verdeckte Ermittler eingesetzt werden, weil das ein heikles Problem ist, weil, es geht um politische Willens- und Meinungsbildung und das ist ein manipulativer Eingriff und das ist, sagen wir einmal, finde ich, politisch problematisch. Das kann man aber, glaube ich, juristisch nicht lösen. Also uns ist nichts eingefallen, wenn man sagt, es darf aber nicht in das … Dann gibt es ja noch den Paragrafen 110 Strafprozessordnung. Das steht auch gar nicht in unserer Macht, also in Hamburger Macht, meine ich. Deswegen ist ein Richtervorbehalt schon gut, aber er löst unser Bedenken echt nicht. Es gibt auch, glaube ich, keine Lösung dafür. Wir sehen sie jedenfalls im Moment nicht. Trotzdem würden wir sehr viel Wert drauflegen, insbesondere … wir haben ja mehrere Vorschläge gemacht, ich würde jetzt nicht auf alle eingehen, aber für uns wäre ziemlich wichtig, dass es starke Hinweise gibt über die Benachrichtigungen, also einen starken Hinweis im Gesetz, weil das ein echtes Problem ist. Soweit ich das jetzt weiß, ist in allen drei … also von dem dritten Fall ist es nicht gesagt worden, aber von den zwei Fällen vorher ist ja auch drüber gesprochen worden. Es gab hernach keine Benachrichtigungen von betroffenen Personen. Das heißt, wären die nicht enttarnt worden, dann gäbe es auch gar keine Klagemöglichkeit. Zum Beispiel also dieser nachträgliche Rechtsschutz, den gäbe es ja nicht. Deswegen finden wir das sehr wichtig. Und ich sage schon, bei dem zweiten Punkt – es ist ja noch ein dritter, aber gehe ich jetzt nicht drauf ein – ist mir das Problem auch klar, auch nachdem, was Sie heute gesagt haben. Man braucht eine Zeit, das will ich auch nicht bestreiten. Trotzdem ist natürlich gerade im Blick auf politische Strukturen ist es ein echtes Problem, wenn man dann eine Vorlaufzeit von, was weiß ich, ich sag jetzt ‘mal, einem Jahr oder so hat, wo jemand nichts anderes macht als Kontakte knüpfen, überall einmal rumgucken und so weiter und wo es um nichts Bestimmtes geht. Das ist wirklich ein großes Problem. Ich bin jetzt durch die Debatte eben schon selber zu der Einsicht gekommen, dass es mit den drei Monate Befristungen und dann noch einmal drei Monate Verlängerung wahrscheinlich unlösbar ist.

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Also das gestehe ich zu. Aber ich weiß auch nicht, wie man … Aber ich finde, es muss etwas gelöst werden. Deswegen – ja – habe ich ein Problem. So. Das kann ich ja heute … (Zuruf) – Nein, das kann ich heute nicht auflösen, weil, ich sage nur, wir selber haben uns vorgenommen, dass wir ein Hearing zu den Fragen machen, auch mit Menschenrechts… also mit solchen, was weiß ich, Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein und so etwas, wo wir diese Fragen auch noch einmal aus grundrechtlicher Sicht erörtern wollen. Deswegen ist unser Antrag unfertig. Da stimme ich zu. Aber vielleicht könnten Sie sich ja doch entscheiden, wenigstens die nachträglich Benachrichtigung der betroffenen Personen, … (Zuruf) … entweder jetzt oder Sie sagen, im Herbst kommt das auf die Tagesordnung. Vorsitzender: Herr Senator. Senator Grote: Also zum einen haben wir natürlich schon eine grundsätzliche Differenz. Wir wollen dieses Instrument ausdrücklich einsatzfähig und funktionsfähig erhalten und wir wollen auch dazu den Richtervorbehalt jetzt schnell einführen, um hier auch wieder schnell Klarheit und Sicherheit und auch Rechtssicherheit für alle Beteiligten zu gewinnen, weil wir das Instrument weiter einsetzen wollen, weil wir es für notwendig halten. Wir finden es auch nicht verwerflich, dass die eingesetzten Kolleginnen und Kollegen gegebenenfalls in politischen Strukturen unterwegs sind, wenn es in diesen politischen Strukturen fließende Übergänge zu Strukturen gibt, aus den heraus es eben auch zu Gewalttaten und zu Straftaten kommt. Deswegen ist uns sozusagen beides wichtig. Wir wollen die Fragen, die das Bundesverfassungsgericht aufgeworfen hat, ordentlich diskutieren, aber dann auch auf einer breiten und guten Grundlage, um nicht sozusagen Hamburg prescht mit lauter Einzelaktionen hier voran und alle anderen Bundesländer und der Bund wundern sich, was eigentlich in Hamburg los ist. Sondern wir wollen uns auf den kompletten Prozess und auch die Diskussionsstände im gesamten, also in der gesamten Bundesrepublik, in allen Ländern und im Bund abstützen können, wenn wir das hier abschließend im Paket beraten im Herbst. Das finde ich auch richtig und dann kann man auch alle Fragen, also auch die anderen – das ist ja richtig, da sind auch Benachrichtigungsfragen und so weiter angesprochen –, die gehören dann alle da rein. Zum jetzigen Zeitpunkt wollen wir uns aber ausdrücklich beschränken auf das, von dem wir wissen, das berührt auch schon ganz konkret jetzt möglicherweise laufende Maßnahmen und die wollen wir einfach aus dem Streit nehmen. Und der Richtervorbehalt, bei dem ist nun völlig klar, dass das kommen wird für diese Maßnahme und deswegen wollen wir das vorwegziehen. Aber wir wollen uns auch wirklich darauf beschränken. Insofern sind natürlich auch Ihre Petitumspunkte, die Sie noch aufgeführt haben, laufen ja auf eine zusätzliche Einschränkung und Erschwerung des Einsatzes dieses Instrumentes hinaus. Sie haben ja auch dargestellt, warum. Aber da haben wir eben wirklich eine andere Haltung und das würden wir an dieser Stelle … also können wir uns als Senat jedenfalls nicht vorstellen. Vorsitzender: Vielen Dank, Herr Senator. Herr Jarchow bitte. Abg. Carl-Edgar Jarchow: Ja. Hinsichtlich des Entwurfs des Senates können wir dem grundsätzlich zustimmen, auch gerade vor dem Hintergrund, dass wir ja noch die endgültigen Beratungen über das Gesamtpaket haben werden. Wir haben ein Problem, ehrlich gesagt, mit der Regelung "Gefahr in Verzug", weil wir gerade bei den verdeckten

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Ermittlern mit "Gefahr in Verzug" etwas Schwierigkeiten haben, das einzuordnen. Herr Krösser hat uns vorhin ausführlich erläutert, dass das ja doch immer sehr langfristige, lang geplante und langfristig angelegte Maßnahmen sind, (…) das mit dem "Gefahr in Verzug" verstehe ich noch nicht so ganz. Das ist ein Nebenaspekt. Insofern sind wir bereit, dem zuzustimmen. Dem Zusatzantrag der LINKEN werden wir nicht zustimmen, weil unter anderem auch im Petitum 1 Bezug genommen wird auf einen ganz anderen Paragrafen dieses BKA-Gesetzes. Wir haben uns ja jetzt wirklich darauf geeinigt, hier zu Paragraf 12 etwas zu vereinbaren. Insofern werden wir dem nicht zustimmen, auch wenn wir dieser nachträglichen Benachrichtigung der Person, wie sie es fasst, durchaus nahestehen. Vorsitzender: Vielen Dank, Herr Jarchow. Frau Möller bitte. Abg. Antje Möller: Ja, ich habe ja in diesem Fall die Hoffnung, dass solche Fragen, wie "Gefahr im Verzug" oder nicht, dann durch die richterliche Entscheidung geklärt werden könnten. Dafür gibt es ja eben auch dann die nachträgliche Einholung der richterlichen Bestätigung. Also, es ist ein ungewöhnlicher Weg, es ist ein sehr schneller Weg für einen Gesetzentwurf oder für eine Änderung eines Gesetzes, aber ich bin froh, dass wir hier uns da sehr einvernehmlich da hinbewegen zu sagen, wir kriegen hier jedenfalls eine etwas breitere Zustimmung für den Wunsch des Senates, diesen einen Punkt jetzt sehr schnell zu ändern und dann, wann auch immer, im Herbst, in den Winter hinein das größere Paket hier beraten zu können, um dann die abschließende notwendige Novellierung des Gesetzes mit entsprechender Zeit und mit entsprechendem Aufwand dann auch beraten zu können und das auch wieder aufzunehmen. Sie haben das ja sehr deutlich gesagt, Herr Senator Grote, auch diese sehr schnelle Entwurfsfassung, die wir uns jetzt hier vorgelegt haben, dann noch einmal wieder hineinpacken zu können in die Diskussion. Ich finde – das weiß ich jetzt nicht, aber ob das machbar ist –, wir könnten ja den Antrag der LINKEN weiterschicken in den Herbst, wenn wir dann die umfassende Beratung machen. Also sozusagen stehen lassen, aussetzen, wie auch immer. Das wäre sicherlich eine Möglichkeit, weil, das wird möglicherweise ja ein Punkt auch der Debatte dann dort sein, inwieweit gibt es Verpflichtungen, sämtliche Personen, über die Daten erhoben worden sind, auch zu informieren. Ich glaube, heute das hier noch dazu zu beschließen, also diese Chance, diese Möglichkeit sehe ich auch nicht so. Andererseits würde ich zu dem Antrag … nein, nicht Antrag, zur Stellungnahme natürlich – Entschuldigung – der Datenschutzbeauftragten vielleicht noch einmal drum bitten, ob Frau Karakus da auch noch einmal kurz etwas zu sagt. Ich finde diesen Hinweis schlüssig und hilfreich und hoffe, dass wir uns hier an der Stelle auf eine Ergänzung der Senatsvorlage verständigen können. Vorsitzender: Herr Senator, wollten Sie? Senator Grote: Ja, nur ganz kurz. Also es ist ja eine Streichung, damit wir auch gleich wissen, was es ist. (Abg. Antje Möller: Es sind(?) also Ergänzungen im Sinne von Straf(…)!) (Zuruf: Nein, ich meine (…) (Abg. Antje Möller: Das wollte ich gesagt haben! (…)) Okay. Es ist jedenfalls, wäre auf der Vorlage hier, wäre es auf der ersten Seite in der rechten und dann in der zweiten Zeile von oben, "wenn diese nicht zur Strafverfolgung benötigt werden". Das wäre der Teil, der entfallen würde. Vorsitzender: Ja, es sieht so aus, als wenn man sich darauf breit einigen könnte.

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Frau Möller noch einmal. Abg. Antje Möller: Ja, noch einmal, weil wir ein Wortprotokoll haben. Also das war, ich habe mich missverständlich ausgedrückt. Mit Ergänzung meinte ich in diesem Sinne die empfohlene Streichung des Halbsatzes. Vorsitzender: Vielen Dank für die Klarstellung. Herr Gladiator bitte. Abg. Dennis Gladiator: Ja, vielen Dank. Herr Senator Grote, Ihre Differenz mit der LINKEN eint uns, weil wir dieser Vorlage, diesem Gesetzentwurf zustimmen werden auf der Grundlage dessen, was das Bundesverfassungsgericht zum BKA-Urteil gesprochen hatte auch mit dem Hinblick, dass ein Richtervorbehalt auch Rechtssicherheit für die Polizei schafft. Sicherlich auch ein Aspekt, der nicht zu missachten ist. Und im Übrigen wir auch davon ausgehen, dass auch die bisherigen angeordneten verdeckten Ermittlungen der richterlichen Überprüfung standgehalten hätten, haben wir da gar keine Besorgnis. Wir würden das, was Sie selbst als Vorschaltregelung tituliert haben, genauso verstehen, dass wir dann, wenn der Gesamtkomplex BKA-Urteil hier gewürdigt wird, uns das auch noch einmal im Genaueren anschauen wollen, auch mit Hinweisen dessen, was der Datenschutzbeauftragte noch ausformuliert hat. Das können wir da gerne mit einbeziehen. Insofern würden wir mit der Einschränkung, die Sie selbst aber ja gemacht haben, das noch einmal genau anzuschauen, dem heute auch zustimmen, auch ausdrücklich mit dem Hinweis, dass das Instrument damit erhalten werden soll. Im Übrigen auch in sogenannten politischen Strukturen, wenn diese den Anlass dazu geben. Das ist ja auch immer eine Frage von Ursache und Wirkung. Und ich bin da auch mit dem Begriff "politischen Strukturen" vorsichtig. Zu politischen Strukturen gehören auch politische Ziele. Die sehe ich zumindest nicht dann, wenn sie mit Straftaten begangen werden. Also auch da sollte man differenzieren. Zum Antrag der LINKEN, ganz klar, den werden wir ablehnen. Wir wollen den auch nicht in den Herbst überweisen, weil zum einen selbst eingeräumt ist, dass die Befristung auf dreimal drei Monate absolut sachfremd ist und das Instrument eben ad absurdum führen würde. Und bei den Mitteilungspflichten – wir kennen das ja auch, Frau Schneider, aus dem PKA – immer die genaue Abwägung, was die Mitteilung auch an negativen Effekten hat. Und mir ist bei Ihrem Antrag schon aufgefallen, dass Sie einen Satz aus dem bestehenden Gesetzestext streichen wollen. Da steht nämlich bisher: "Eine Unterrichtung kann auch unterbleiben, wenn dadurch der weitere Einsatz des verdeckten Ermittlers oder Leib oder Leben einer Person gefährdet wird." Ich finde, das ist ein ganz wesentlicher Aspekt, der die Mitteilung untersagen kann. Dass das bei Ihnen weggefallen ist, finde ich gerade vor dem Hintergrund dessen, was wir vorhin debattiert haben, wie jetzt Daten derjenigen veröffentlicht werden, … (Zuruf Abg. Christiane Schneider) … wie die an den Pranger gestellt werden mit Aufforderungen zu Hausbesuchen, finde ich das ein ganz wesentlicher Punkt, der erhalten werden muss. Insofern ist für uns dieser Antrag auch in keiner Form zustimmungsfähig und das, finde ich, lässt auch tief blicken, dass man den Satz gestrichen hat. (Abg. Christiane Schneider: Das will ich aber einmal kurz klarstellen!) (Zuruf) Vorsitzender: So. Herr Tabbert. Abg. Urs Tabbert: Ja, also Herr Gladiator hat es fast vorweggenommen, was ich sagen wollte. Ich glaube … ich weiß nicht, …

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(Zuruf) Nein, ich wollte … es ging um den Punkt der Benachrichtigungspflichten. Die sind ja, jedenfalls wenn Sie einmal … da ist ja auch der Hinweis auf Paragraf Absatz 9, Absatz 3, da sind die ja geregelt. Und ich sehe jetzt auch nicht, wie man ohne den Zweck der Maßnahme jetzt zu gefährden das eigentlich noch restriktiver auslegen kann. Also das scheint mir sehr plausibel und wir kennen das ja, wie gesagt, auch aus der G10-Kommission und der entsprechenden … da sind Sie zwar nicht Mitglied, aber die Gesetze können Sie sich ja auch anschauen und von den Mitgliedern hier im Raum auch versichern lassen, dass das eine ganz sinnvolle Regelung ist. Also die da Mitglied sind in dieser Kommission. Und ich sehe eigentlich nicht, warum man dann hier jetzt im Polizeirecht noch eine weitergehende Regelung über Benachrichtigungspflichten bräuchte. Also Sie haben sie ja auch nicht vorgetragen, warum. Vorsitzender: Dann erst einmal Herr Münster zum Verfahren bitte. Abg. Arno Münster: Ja, Herr Vorsitzender, ich habe ja nun auch sehr angespannt zugehört, habe die Ausführungen des Senats gehört, dass das sozusagen keine Komplikation geben könnte aus Sicht des Senates, das, was der Datenschutz vorgeschlagen hat. Deswegen würden wir so etwas hier zum Antrag erheben, damit wir das dementsprechend auch in dem Bericht wiederfinden und dann auch dementsprechend die Bürgerschaft darüber informieren könnten. Zum anderen würden wir natürlich dann dem Entwurf des Gesetzes hier zustimmen wollen. Zu Ihnen, Frau Schneider, habe ich nun gerade gehört, Ihren Antrag können wir gar nicht in den Herbst überweisen. Deswegen müssen wir Ihnen eigentlich mitteilen, dass wir den dann ablehnen werden und Sie müssten die Möglichkeit nutzen, im Herbst irgendwie so etwas Ähnliches wieder neu einzubringen. Vielleicht können Sie gleich, damit die Fristen da irgendwie eingehalten werden, wieder neu einbringen, weil, wir hätten da sozusagen versucht, das alles in den Herbst zu nehmen. Da wollten wir Sie nicht ausschließen. Das geht technisch nicht. Und deswegen würde ich vorschlagen, Herr Vorsitzender, dass Sie sozusagen dann zur Abstimmung übergehen, weil, ich gucke einmal auf die Uhr, wir befinden uns ja schon weit … (Zurufe) … nach neun und dann würden wir dann, glaube ich, ein gutes Ergebnis hier erzielen. Vorsitzender: Also ich freue mich immer … (Zurufe) … über konkrete Handlungsanweisungen. Ich versuche das vielleicht erst einmal, wenn ich den Tagesordnungspunkt 5 noch einmal betrachte zur Drucksache 21/4248, der Antrag der FDP-Fraktion, da liegt ein Antrag auf Vertagung vor. Den würde ich eigentlich zuerst abstimmen, wenn Sie einverstanden sind. Wenn der Antrag auf Vertagung Ihre Zustimmung findet, bitte ich um das Handzeichen. Das ist der Fall. – Gegenprobe. – Enthaltung? Dann ist das einvernehmlich so beschlossen. Dann kämen wir zum Senatsantrag, Drucksache 21/4851. Dazu liegt ein Änderungsantrag vor der Fraktion DIE LINKE (siehe Anlage 4). Da ist die Frage, wollen Sie ihn zurückziehen, wollen Sie ihn abstimmen lassen, weil, eine technische Vertagung geht zu diesem Tagesordnungspunkt dann nicht.

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Abg. Christiane Schneider: Ich habe erst einmal die Frage, ob das heute überhaupt abgestimmt werden kann, weil, der Senatsantrag ist vorweg überwiesen worden … Vorsitzender: Ja. Abg. Christiane Schneider: … und der Zusatzantrag ist nicht überwiesen worden. Der, das fand ich jetzt nett, dass man ihn mit diskutieren konnte, aber er ist natürlich noch gar nicht im Ausschuss. Insofern … Vorsitzender: Entschuldigung, Frau Schneider, wir haben ihn als Änderungsantrag begriffen erst einmal. Abg. Christiane Schneider: Okay. Vorsitzender: Und demzufolge könnten wir über den Änderungsantrag abstimmen, wenn Sie ihn weiter auf der Tagesordnung haben wollen. Abg. Christiane Schneider: Wären jetzt nicht diese Redebeiträge, die beiden letzten gewesen, hätte ich jetzt gesagt, ich würde ihn zurückziehen, aber jetzt will ich ihn abstimmen lassen. (Zurufe) Vorsitzender: Okay. Dann stelle ich erst einmal fest, dass es diesen Änderungsantrag gibt. Es ist aber auch so, dass ein weiterer Antrag vorliegt auf Veränderung des Gesetzes, und zwar geht es dort um den Absatz 2, der vierte Satz. Ich lese Ihnen das einmal …

(Zuruf: Aber Herr (…), wir müssen erst den anderen (…) abstimmen.) Ja. Okay. (Zuruf: (…) da weitergehenden.) Okay. Dann stimmen wir erst einmal über den weitergehenden ab. Ich wollte das jetzt alles in einem machen, aber machen wir das. Dann, wer dem Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE zu diesem Tagesordnungspunkt die Zustimmung geben möchte, bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? Das ist bei Zustimmung der LINKEN und bei Ablehnung aller anderen Fraktionen so abgelehnt worden. Dann kämen wir zum Änderungsantrag zum Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Datenverarbeitung der Polizei. Ich schlage Ihnen da folgende Beschlussfassung vor: Der Innenausschuss empfiehlt der Bürgerschaft, das Gesetz aus der Drucksache 21/4851 mit der folgenden Änderung zu beschließen. In Paragraf 12 Absatz 4 Satz 4 wird der letzte Halbsatz – Zitat: "wenn diese nicht zur Strafverfolgung benötigt werden" – Zitatende – gestrichen. Wer dem Gesetz in der so veränderten Fassung hier seine Zustimmung geben möchte zur Empfehlung an die Bürgerschaft, bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltung? Dann ist das hier so einstimmig beschlossen worden. Dann danke ich für die Zustimmung.

(Zuruf: (…) SPD und GRÜNE.)

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Das ist jetzt eine einvernehmliche Stellungnahme des Ausschusses. (Zuruf: Ja.) (Zuruf) Vorsitzender: So. Dann wären wir beim Tagesordnungspunkt 6. Das Wortprotokoll ist geschlossen.

Zu TOP 6

Die Senatsvertreterinnen und -vertreter knüpften an ihre Ausführungen vor Eintritt in die Tagesordnung an und luden die innenpolitischen Sprecherinnen und Sprechern der Fraktionen ein, mit ihnen zusammen die künftige Personalentwicklung der Polizei ausführlich und noch vor der nächsten Sitzung des Innenausschusses zu beraten und gegebenenfalls Unrichtigkeiten auszuräumen.

Ekkehard Wysocki (SPD) (Vorsitz)

Antje Möller (GRÜNE) (Schriftführung)

Manuela Knieler (Sachbearbeitung)

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Anlage 1 (zu TOP 2):

Protokollerklärung der Behörde für Inneres und Sport

für die Sitzung des Innenausschusses

vom 23.06.2016

zur Drucksache

zu TOP 2 neu

Bericht und Fragen zum Einsatz der verdeckt ermittelnden Polizeibeamtin „Astrid Schütt"

Anzahl der Berichte, die an das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) übermittelt wurden

Nach derzeitigem Sachstand sind 68 von der Beamtin verfasste Berichte bekannt, die durch die Polizei an das LfV übermittelt wurden und dort noch vorliegen.

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Innenausschuss Nr. 21/12 - 52 -

Anlage 2 (zu TOP 3):

Protokollerklärung der Behörde für Inneres und Sport

für die Sitzung des Innenausschusses

vom 23.06.2016

Zu TOP 3 Entwurf eines Gesetzes zum Staatsvertrag zwischen Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein über die Einrichtung und den Betrieb eines Rechen- und Dienstleistungszentrums (RDZ) zur Telekommunikationsüberwachung der Polizeien im Verbund der norddeutschen Küstenländer (Selbstbefassung gem. § 53 Absatz 2 der Geschäftsordnung der Hamburgischen Bürgerschaft)

zusammen mit

Gesetz zum Staatsvertrag über die Errichtung des Rechen- und Dienstleistungszentrums Telekommunikationsüberwachung der Polizeien im Verbund der norddeutschen Küstenländer der Freien und Hansestadt Hamburg mit den Ländern Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein (Senatsantrag)

Höhe des Schätzpreises (Investitions- und Betriebskosten) und Erläuterung, auf welcher Grundlage der Schätzpreis zustande kam Gemäß Projektauftrag war zunächst zu prüfen, inwieweit die niedersächsische Bestandsanlage auf die Anforderungen des Nordverbundes angepasst werden kann. In diesem Zusammenhang wurde der Systemhersteller um entsprechende technische und preisliche Angaben gebeten. Aus vergaberechtlichen Gründen waren auf den technischen Anforderungen basierende Preisabfragen für ein gemeinsames Telekommunikationsüberwachungssystem (TKÜ-System) des Nordverbundes zum damaligen Zeitpunkt - weit im Vorwege eines Beschaffungsverfahrens - ausgeschlossen. Da eine Anpassung der niedersächsischen Bestandsanlage aus verschiedenen Gründen nicht möglich war, empfahl der Systemhersteller auf Grundlage der bisherigen Anlage sowie den wesentlichen fachlichen Ergänzungen für den Nordverbund eine Neukonzeptionierung und legte hierzu eine entsprechende Preisstudie vor. Laut der Preisstudie des Systemherstellers betragen die Kosten für das TKÜ-System des RDZ unter Berücksichtigung der erhöhten Anforderungen des Nordverbundes zum Datenschutz und der Informationssicherheit rund 17,5 Mio. Euro. Für weitere technische Komponenten für die Infrastruktur des RDZ werden von den TKÜ-Fachdienststellen des

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Nordverbundes rund 800.000 Euro veranschlagt. In der Summe wurden 18,3 Mio. Euro als Kostengrenze im Staatsvertrag festgeschrieben.

Die Ergebnisse der Preisstudie bildeten die Grundlage für die weiteren wirtschaftlichen Betrachtungen. Die Betriebskosten ergeben sich im Wesentlichen aus den auf Grundlage des Beschaffungspreises für die TKÜ-Technik entstehenden Service- und Supportkosten sowie aus den Personal-, Anbindungs- und Verbrauchskosten.

Nutzwertanalyse – Erläuterung der Kriterien und der Gewichtung/ Bewertung Aufgrund der Komplexität des Projektes wurden zur Entscheidungsfindung für die Beteiligung Hamburgs am gemeinsamen RDZ neben der Kostenschätzung auch nicht-monetäre Kriterien im Rahmen einer Nutzwertanalyse betrachtet. Bei der in der Anlage 5 der Drucksache 21/4443 aufgeführten Nutzwertanalyse wurden die beiden Alternativen „RDZ TKÜ im Nordverbund“ und „Verbleib TKÜ in Hamburg“ gegenübergestellt. Es wurden entsprechende Kriterien aufgestellt, um die nicht-monetären Nutzwerte der beiden Alternativen bestmöglich abbilden zu können. Die Kriterien wurden den Kategorien I Technische und fachliche Leistung II Rahmenbedingungen III Personal IV Organisationsaufwand zugeordnet. Jedes Kriterium wurde mit einem Prozentsatz hinterlegt, der die Wichtigkeit des Kriteriums belegt (Summe der Einzelgewichtung ergibt 100%). Danach wurden die einzelnen Kriterien mit Punkten bewertet und der Bewertungsmaßstab definiert (z.B. 10 Punkte = das Kriterium wird durch die Alternative sehr gut abgedeckt; 1 Punkt = das Kriterium wird durch die Alternative sehr schlecht abgedeckt). Die Bewertung der Alternativen erfolgte durch die Summierung der gewichteten Punktzahlen. Die Kategorie „Technische und fachliche Leistung“ erhielt die höchste Gewichtung mit insgesamt 67%, da insbesondere die technischen Anforderungen an ein zukunftsfähiges TKÜ-System mit einem ausreichend dimensionierten Leistungsspektrum sowie ein der schnellen Entwicklung des Kommunikationsmarktes angepasstes technisches und fachliches Leistungsangebot als elementar bewertet wurden. Als Ergebnis ist in dieser Kategorie der Vorteil für eine Entscheidung eines RDZ TKÜ im Nordverbund am deutlichsten (536 zu 402 Punkte). In der Kategorie „Rahmenbedingungen“ wurden die Beachtung der IT-Sicherheitsstandards, die Bündelung technischer Infrastrukturen sowie die Anwendung von Datenschutzbestimmungen subsumiert und mit 17% gewichtet. Die Kriterien IT-Sicherheitsstandards und Datenschutzbestimmungen wurden für beide Alternativen gleich bewertet. Dabei wurde bei der Möglichkeit der Bündelung ein Vorteil der Alternative „RDZ TKÜ im Nordverbund“ gesehen. Die Kategorie „Personal“ wurde mit 10% gewichtet und beinhaltet als Kriterium die Personalgewinnung von technisch-wissenschaftlichen Mitarbeitern, die für beide Alternativen gleich bewertet wurde. Bei der Kategorie „Organisationsaufwand“ (Gewichtung 6%) wird ein Vorteil bei der Alternative „TKÜ in Hamburg“ gesehen, da voraussichtlich weniger Abstimmungs- und Administrationsaufwand als im Rahmen eines Verbundes anfällt. Als Ergebnis der Nutzwertanalyse lässt sich aus der Summierung der Einzelgewichtungen festhalten, dass die Alternative „RDZ TKÜ im Nordver-

bund“ die definierten Kriterien am besten abbildet (Nutzwert 0,82% zu 0,69%). Im Einzelnen:

I. Technische und fachliche Leistung

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Rechtliche Vorgaben Im Zusammenhang mit der Überwachung des Kommunikationsverkehrs werden den verantwortlichen Kommunikationsdienstleistern rechtliche Vorgaben und Auflagen gemacht, die einer ständigen Betrachtung unterliegen, da sie sich ändern und fortzuschreiben sind. Daraus resultierend sind von den verantwortlichen Kommunikationsdienstleistern sowie den Systemherstellern bzw. -betreibern wiederum zwingend die technischen Rahmenbedingungen den rechtlichen Vorgaben anzupassen. Leistungsspektrum Die TKÜ-Systeme sind technisch grundsätzlich so aufgebaut, dass sie überwachte Kommunikation nach einem fest definierten und am Nutzungsverhalten der Kommunikationsanwender orientierten Standard darstellen. Ständig neue Entwicklungen und Produkte in der Kommunikationstechnik sowie der rasante und stetige Ausbau hochkapazitärer Leitungsversorgungen sowohl in den urbanen Bereichen (z.B. Glasfasertechnik) als auch in ländlicheren Regionen (z.B. Funknetz LTE) führen jedoch zu maßgeblichen Veränderungen im Nutzungsverhalten der Anwender. Aufgrund der stetig steigenden Datenmengen im Bereich der IP-basierten Kommunikation müssen die Aufnahmekapazitäten der TKÜ-Systeme aller Länder ständig in ausreichender Dimensionierung angepasst werden, um die Umsetzung von Überwachungsbeschlüssen sowohl inhaltlich als auch tatsächlich umfänglich gewährleisten zu können. Dabei ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass das Leistungsspektrum so zu dimensionieren ist, dass ständig ein gewisses Leistungsvolumen als Reserve („Puffer“) in den Ländern zur Verfügung steht, um plötzlich bzw. unvorhersehbar aufkommende Datenmengen bewältigen zu können. Entwicklungen Die TKÜ-Dienststellen und ihre TKÜ-Systeme müssen ein umfangreiches Leistungsangebot an Qualität und Service bieten. Dieses ergibt sich z.B. aus den anerkannt hohen Anforderungen an IT-Systeme, die an die Sicherheit in Bezug auf Angriffe von außen sowie an die dauerhafte Verfügbarkeit gestellt werden. Die Überwachung der Telekommunikation ist sowohl in der kriminalpolizeilichen Schwerstkriminalität als auch in gefahrenabwehrenden Einsatzlagen ein unerlässliches Ermittlungsinstrument. Um dieses erfolgreich nutzen zu können, ist ein am Bedarf des polizeilichen Sachbearbeiters bzw. des polizeilichen Ermittlungsverfahrens ausgerichtetes technisches Produkt zur Telekommunikationsüberwachung bereitzustellen. Mit zunehmender Komplexität insbesondere im Bereich der IP-basierten Kommunikation kommt einer qualifizierten Beratung des polizeilichen Sachbearbeiters in Bezug auf die technischen und auch taktischen Überwachungsmöglichkeiten geführter Kommunikation eine zusehends höhere Bedeutung zu. Zur Sicherstellung der sofortigen Umsetzung von TKÜ-Maßnahmen (z.B. bei Eilanordnungen oder besonderen Lagen) ist eine ständige Erreichbarkeit kompetenter Mitarbeiter der TKÜ-Dienststelle erforderlich.

Verfügbarkeit Das TKÜ-System gewährleistet die Erfüllung von Standardaufgaben in der Überwachung. Darüber hinaus gibt es spezielle Formen der Kommunikationsüberwachung im Bereich der sogenannten „aktiv betriebenen Kommunikation“. Beispielhaft kann dies die gezielte Überwachung einer Nebenstellenrufnummer direkt an einer Telefonanlage, die Überwachung einzelner Nutzer innerhalb geschlossener Netzwerke, die Überwachung besonders breitbandiger Netzwerke, deren Überwachung mittels eines standardisierten TKÜ-Systems aus kapazitären Gründen nicht möglich ist, die Überwachung von Mailservern, die Überwachung von Hostingservern sowie die Überwachung von Kommunikationsdiensten direkt an der Infrastruktur bei nicht verpflichteten Providern sein.

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Um diesen Überwachungserfordernissen gerecht zu werden, muss jedes Land die hierfür mit besonderen und umfangreichen Anforderungen ausgestattete technische Infrastruktur bereitstellen.

II. Rahmenbedingungen

IT-Sicherheitsstandards Hinsichtlich geeigneter Standards in der Informationstechnik haben sich Bund und Länder bereits im Jahr 2002 auf die Einhaltung der IT-Grundschutzkriterien des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik verpflichtet. Um diese Selbstverpflichtung zu erfüllen, müssen in allen norddeutschen Küstenländern personell und zeitlich intensive Aufwendungen vorgenommen werden, die von der Erstellung der erforderlichen Dokumentenlagen (z.B. Schutzbedarfsfeststellungen, IT-Sicherheitskonzepte) über die Betrachtung der technischen und organisatorischen Maßnahmen zur Umsetzung der BSI- Standards bis hin zur insbesondere finanziell aufwendigen Maßnahmenumsetzung (z.B. redundante Leitungen / Absicherung der TKÜ-Systeme / Serverräume) führen.

Bündelung Die Ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (IMK) hat bereits im Jahr 2008 in der strategischen und konzeptionellen Positionierung der Sicherheitsbehörden zur fortschreitenden Nutzung des Internets und anderer digitaler Medien eine bedeutende Herausforderung gesehen. Angesichts der damit verbundenen Aufwendungen in technischer, finanzieller, personeller und organisatorischer Hinsicht besteht nach Auffassung der IMK die Notwendigkeit, intensiv neue kooperative Strukturen in Bund und Länder auf bilateraler und multilateraler Ebene zu prüfen. Sie ist der Auffassung, dass die Bildung von TKÜ-Zentren hierfür eine geeignete Grundlage darstellt. Beispielhaft ist anzunehmen, dass bei steigenden Anforderungen eine zentrale Abwicklung von TKÜ-Unterstützungsfunktionen die einzelnen Länder entlastet, so dass frei werdende Ressourcen anderweitig eingesetzt werden können. Ein weiterer Aspekt ist die gewichtigere Verhandlungsposition als gemeinsamer Auftraggeber gegenüber den Herstellern.

Datenschutzbestimmungen Bei der TKÜ handelt es sich um einen Grundrechtseingriff, welcher erheblich in die Grundrechte der überwachten Personen eingreift. Daher ist sicherzustellen, dass die Datenschutzbestimmungen hinsichtlich der Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe eingehalten und die Daten gegen unbefugten Zugriff geschützt werden.

III. Personal

Gewinnung Die technologische Fortentwicklung des Internets hat nachhaltige Auswirkungen auf die Anzahl und Qualifikation des im Bereich der TKÜ einzusetzenden Personals. Die Administration und Betreuung eines TKÜ-Systems, die ergänzende Dekodierung von Telekommunikationsdaten sowie die u. a. auch hierfür erforderliche Entwicklung eigener Softwarelösungen sind Herausforderungen, die nur mit technisch-wissenschaftlichem Personal (Ingenieure der Fachrichtungen Nachrichten- und Informationstechnik oder verwandte Fachgebiete) angemessen zu lösen sind.

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IV. Organisationsaufwand

Abstimmungen Der Betrieb einer TKÜ-Dienststelle bedeutet für die Länder die Gewährleistung eines vielschichtigen Aufgabenspektrums. In diesem Zusammenhang sind zu unterschiedlichsten Themenfeldern spezifische Abstimmungsprozesse zu initiieren und Entscheidungen zu treffen. Infrastruktur, Administration Der Betrieb eines TKÜ-Systems bedingt eine technische Infrastruktur zwischen den Verpflichteten (Provider) und den Berechtigten (TKÜ-Dienststellen). Hierzu bedarf es einerseits einer technisch-organisatorischen Umsetzung und andererseits einer fachlichen und administrativen Betreuung.

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Anlage 3 (zu TOP 3): Stellungnahme der Landesbeauftragten für Datenschutz Niedersachsen, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein zum Entwurf eines Gesetzes zum Staatsvertrag über die Einrichtung und den Betrieb eines Rechen- und Dienstleistungszentrums zur Telekommunikationsüberwachung der Polizeien im Verbund der norddeutschen Küstenländer 27. Oktober 2015 Allgemeines Die Landesbeauftragten für Datenschutz der Länder Niedersachsen, Hamburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein begrüßen, dass die Errichtung des gemeinsamen Rechen- und Dienstleistungszentrums für die Telekommunikationsüberwachung (RDZ) durch Staatsvertrag geregelt werden soll. Die Kooperation mehrerer Länder bei der Telekommunikationsüberwachung ist aus datenschutzrechtlicher Sicht von enormer Tragweite. Es sollen hier Daten aus fünf Ländern in einem gemeinsamen Zentrum verarbeitet werden, die im Hinblick auf das Persönlichkeitsrecht hochsensibel sind und daher höchsten Vertraulichkeitsanforderungen unterliegen – auch zwischen den beteiligten Ländern untereinander. Gleiche Anforderungen dürften sich aus der Bedeutung der Daten für die Strafverfolgung ergeben. Es handelt sich um Erkenntnisse aus verdeckten Ermittlungsmaßnahmen, die für den Erfolg des jeweiligen Verfahrens oft von zentraler Bedeutung sein werden. Vertraulichkeit und Verfügbarkeit sind also auch im Interesse der Strafverfolgung essentielle Voraussetzungen für den Betrieb des RDZ. Vor diesem Hintergrund sind konkrete und verbindliche Festlegungen erforderlich, die ein Höchstmaß an Datenschutz und Datensicherheit gewährleisten. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird die erste Stufe solcher Festlegungen getroffen. Weitere Konkretisierungen in den im Staatsvertrag angesprochenen Konzepten sind erforderlich. Die Landesbeauftragten für Datenschutz sind frühzeitig in die Planungen eingebunden worden. Diese Beteiligung sollte weiterhin fortgesetzt werden. 1. Anbindung des RDZ beim Landeskriminalamt Niedersachsen Die vorgesehene Einbindung des Rechen- und Dienstleistungszentrums (RDZ) als eigenständige Organisationseinheit in das Landeskriminalamt Niedersachsen ist aus datenschutzrechtlicher Sicht mit größeren Herausforderungen verbunden als die Errichtung einer eigenständigen Behörde. Letztere würde bereits organisatorisch eine größere Neutralität bieten können. Durch die vorgesehene Struktur wird das LKA Niedersachsen faktisch über sämtliche Daten aus Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen der beteiligten Länder verfügen. Hier muss nicht nur technisch, sondern auch organisatorisch eine strikte Trennung zwischen dem LKA Niedersachsen und dem gemeinsamen RDZ sichergestellt sein. Außerdem würde eine gemeinsame Stelle besser die Gewähr bieten, Anforderungen der Länder umzusetzen. Durch die Eingliederung in eine bestehende Struktur wird es immer Fragen geben, die bereits durch das Landeskriminalamt Niedersachsen festgelegt und einer gemeinsamen Entscheidung durch die Länder faktisch entzogen sind. Beispiel hierfür ist die

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Nutzung zentraler Infrastruktur und zentraler Dienste des LKA Niedersachsen durch das RDZ sowie durch faktische Bindungspflichten des LKA Niedersachsen an Standards und Vorgaben des niedersächsischen Landesnetzes sowie der niedersächsischen Polizei. Dies kann sich auch auf die Durchsetzung datenschutzrechtlicher Standards der beteiligten Länder auswirken. Umso gewichtiger ist bei der vorgesehenen Organisationsstruktur die Bedeutung der Beteiligung der Länder an der Errichtung, Ausgestaltung und dem Betrieb des gemeinsamen RDZ. Hier räumt der Staatsvertragsentwurf den Ländern Beteiligungsrechte bei den wesentlichen Gestaltungsentscheidungen ein, etwa beim Betriebskonzept, dem Personalkonzept einschließlich Bestellung von Leitung und Stellvertretung, beim Budget für Investitionen und Betriebs- und Personalkosten, dem Datenschutzkonzept und dem Konzept zur Informationssicherheit. Hierüber entscheiden die Länder teilweise einstimmig, teilweise mehrheitlich. Soweit durch die im Staatsvertragsentwurf genannten Konzepte alle Fragen , die Auswirkungen auf den Datenschutz und die Datensicherheit haben können, bestimmt und rechtskonform geregelt werden, bestehen hinsichtlich der Entscheidungsbefugnisse der Länder keine Bedenken. Ob die Konzepte inhaltlich tatsächlich ausreichend sind, kann nicht beurteilt werden, da diese den Landesbeauftragten für Datenschutz nicht vorliegen und offenbar noch nicht fertiggestellt sind. Sobald die im Staatsvertragsentwurf genannten Konzepte- und papiere vorliegen, regen wir bereits jetzt schon eine zeitnahe Übersendung der Konzeptpapiere an. Anders ist die Ausgestaltung der Kontrolle durch die Länder zu beurteilen. Auffällig ist, dass den Entscheidungsbefugnissen der Länder bei der Errichtung und Gestaltung keine Beteiligungsrechte bei der Umsetzung dieser Konzepte und Maßnahmen gegenübergestellt sind. Die Aufsicht (Fach- und Rechtsaufsicht) über das RDZ ist im Staatsvertrag nicht geregelt. Dies wird möglicherweise so verstanden, dass die Aufsicht ausschließlich durch Niedersachsen erfolgen soll. Damit würden den beteiligten Ländern Einwirkungsmöglichkeiten fehlen, um die Umsetzung der von ihnen mitbeschlossenen Konzepte zu kontrollieren und bei bekannt gewordenen Mängeln Abhilfe zu schaffen. Diese Einwirkungsmöglichkeiten sind erforderlich, um die Datenschutzanforderungen der Länder umzusetzen, da die Landesbeauftragten für Datenschutz keine Durchsetzungsbefugnisse haben und Mängel und Beanstandungen gegenüber der Aufsichtsbehörde lediglich anzeigen können. Außerdem sind sie erforderlich, um die politische Verantwortung der beteiligten Länder für das gemeinsame RDZ gewährleisten zu können. Daher muss der Staatsvertrag um eine Regelung zur Aufsicht über das RDZ ergänzt werden. Hier bietet sich eine Orientierung am Dataport-Staatsvertrag an, der vorsieht, dass das Land am Hauptsitz von Dataport (Schleswig-Holstein) die Aufsicht über Dataport im Einvernehmen mit den beteiligten Ländern ausübt. Die Weisungsbefugnis der Länder als Auftraggeber des RDZ kann die fehlende Aufsicht nicht ersetzen. Denn diese bezieht sich zum einen nur auf die vom RDZ angebotene Dienstleistung und damit allenfalls mittelbar auf die Organisation und den Betrieb des RDZ als solchem. Zum anderen verleiht der Vertrag zur Datenverarbeitung im Auftrag, der die Weisungsbefugnisse festlegt, üblicherweise nicht dieselben Befugnisse, die der übergeordneten Behörde im Wege der Fach- und Rechtsaufsicht zustehen. 2. Einbindung der Landesbeauftragten für Datenschutz a) Kontrollbefugnisse der Landesbeauftragten für Datenschutz Die Regelung in Artikel 3 Abs. 3 des Entwurfs für den Staatsvertrag verstehen wir vor dem Hintergrund der Begründung und der Erläuterung durch die Projektgruppe in der Weise, dass das RDZ unmittelbar der Kontrolle durch die Landesdatenschutzbeauftragten aller beteiligter

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Länder unterliegt, soweit es für diese Länder Maßnahmen durchführt. Bei diesem Verständnis bestehen gegen die Regelung keine Bedenken. b) Beteiligung der Landesbeauftragten für Datenschutz Aus Sicht der Landesbeauftragten für Datenschutz ist eine kontinuierliche Einbindung in Entscheidungen über das RDZ mit Auswirkungen auf Datenschutz und Datensicherheit erforderlich. Dadurch sollte die Möglichkeit geschaffen werden, solche Auswirkungen frühzeitig zu erkennen und Planungen noch stärker an den Vorgaben des Datenschutzes und der Datensicherheit auszurichten. Die Landesbeauftragten für Datenschutz regen daher an, dass im Staatsvertrag in Artikel 8 eine Regelung über ihre Beteiligung bei geplanten Entscheidungen des Beirats aufgenommen wird, die Auswirkungen auf Datenschutz und Datensicherheit haben können. Die Beteiligung sollte – analog zu den Bestimmungen der Landesdatenschutzgesetze - in Form einer Unterrichtung mit der Gelegenheit zur Stellungnahme erfolgen. Eine Mitentscheidung halten die Landesbeauftragten für Datenschutz nicht für erforderlich und im Hinblick auf ihre Kontrollfunktion auch für problematisch. Als Vorbildregelungen für die Beteiligung können die entsprechenden Vorschriften in den Datenschutzgesetzen in Hamburg und Niedersachsen herangezogen werden:

§ 23 Abs. 4 HmbDSG „(4) 1 Die Hamburgische Beauftragte bzw. der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit soll zu den Auswirkungen der Nutzung neuer Informations- und Kommunikationstechniken auf den Datenschutz Stellung nehmen. 2 Sie bzw. er ist über Planungen neuer Anwendungen zur Nutzung der Informations- und Kommunikationstechnik rechtzeitig zu unterrichten, sofern dabei personenbezogene Daten verarbeitet werden sollen.“

§ 22 Abs. 2 NdsDSG (2) Die Landesbeauftragte oder der Landesbeauftragte ist rechtzeitig über Planungen des Landes und der kommunalen Gebietskörperschaften zum Aufbau automatisierter Informationssysteme zu unterrichten.

Im Hinblick auf die Beteiligung der Landesbeauftragten für Datenschutz regen wir ferner an, eine Regelung in Artikel 8 aufzunehmen, dass Beschlüsse des Beirats an die Landesbeauftragten für Datenschutz zu übersenden sind. 3. Artikel 4 Informationssicherheit Die Landesbeauftragten für Datenschutz begrüßen, dass für das RDZ ein hoher Standard für die Datensicherheit festgelegt werden soll und die bisherigen Hinweise und Anregungen der Datenschutzbehörden zu zahlreichen rechtlichen und technisch-organisatorischen Fragen der Verfahrensausgestaltung des bisherigen TKÜ-Verfahrens des LKA Niedersachsen aufgegriffen wurden bzw. werden sollen. Um Flexibilität für künftige Änderungen des vorgesehenen BSI-Standards bzw. die Einführung gänzlich neuer Standards zu schaffen, sollte jedoch eine neutrale Formulierung gewählt werden. Der konkrete BSI-Standard sollte lediglich in der Begründung als Erläuterung des aktuellen Stands der Technik angeführt werden.

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Anlage 4 (zu TOP 5): BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/XX 21. Wahlperiode 21.06.2016

Antrag zu Dr. 21/4951

der Abgeordneten Christiane Schneider, Sabine Boeddinghaus, Deniz Celik, Martin Dolzer, Norbert Hackbusch, Inge Hannemann, Stephan Jersch, Cansu Özdemir und

Mehmet Yildiz (Fraktion DIE LINKE.)

Betr.: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Datenverarbeitung der Polizei konsequent grundrechtskonform ausgestalten

Nachdem in den letzten Jahren in Hamburg gleich mehrere Verdeckte Ermittlerinnen in der linken Szene enttarnt wurden und im Zuge dessen diverse Verfehlungen der Ermittlungsbehörden offenbar geworden sind, zieht der Senat in Drs. 21/4851 erste Konsequenzen. Der Entwurf des Senats zur Änderung des Gesetzes über die Datenverarbeitung der Polizei ist in mancher Hinsicht zu begrüßen, insbesondere hinsichtlich des überfälligen Richtervorbehalts. Dennoch bleibt der Entwurf des Senats aus bürgerrechtlicher Sicht lückenhaft.

Zu Recht wurde in der jüngeren Rechtsprechung darauf hingewiesen, dass im Bereich der verdeckten Datenermittlung im präventiven Bereich besondere Anforderungen an die jeweiligen Ermächtigungsgrundlagen zu stellen sind, vgl. etwa in jüngerer Zeit VGH BaWü vom 05.05.2014, Az. 1 S 815/13 unter Verweis auf die grundlegenden Feststellungen in BVerfG vom 27.07.2005, Az. 1 BvR 668/04: Sieht der Gesetzgeber im Bereich der Vorfeldermittlung Grundrechtseingriffe vor, „so habe er die den Anlass bildenden Straftaten sowie die Anforderungen an Tatsachen, die auf die künftige Begehung hindeuten, so bestimmt zu umschreiben, dass das im Bereich der Vorfeldermittlung besonders hohe Risiko einer Fehlprognose gleichwohl verfassungsrechtlich noch hinnehmbar ist. Die Norm müsse handlungsbegrenzende Tatbestandselemente enthalten, die einen Standard an Vorhersehbarkeit und Kontrollierbarkeit vergleichbar dem schaffen, der für die überkommenen Aufgaben der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung rechtsstaatlich geboten ist. Eine Ermächtigung, nach der die auf Tatsachen gegründete, nicht näher konkretisierte Möglichkeit genüge, dass jemand irgendwann in Zukunft Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werde, werde dem Bestimmtheitsgebot nicht gerecht.“

Eine zentrale Kontroverse im Nachgang zu den Enttarnungen der Verdeckten Ermittlerinnen war und ist der rechtliche Charakter des § 2 Absatz 3 Satz 3 des Gesetzes über die Datenverarbeitung der Polizei (PolDVG). Dabei ist umstritten, ob § 2 Absatz 3 Satz 3 PolDVG eine zu § 12 PolDVG konkurrierende Befugnisnorm im Sinne einer Generalklausel mit Auffangtatbestandscharakter oder eine reine Modalitätsnorm ohne eigenen Ermächtigungsinhalt ist. Da es sich bei verdeckten Ermittlungen um hochgradig grundrechtsrelevante Maßnahmen handelt, muss hier rechtliche Klarheit hergestellt und dem Mittel angemessene, dem Bestimmtheitsgebot genügende Hürden auf Tatbestandsebene hergestellt werden. Alleinige Ermächtigungsgrundlage für verdeckte Ermittlungen nach dem PolDVG muss eindeutig § 12 PolDVG in neuer Fassung sein.

Aus rechtstaatlicher Sicht, insbesondere hinsichtlich der Rechtsschutzgarantie aus Art. 19 Absatz 4 Grundgesetz, kommt des Weiteren den Hinweispflichten zentrale Bedeutung zu. Die Möglichkeit der Kenntnis davon, dass personenbezogene Daten gesammelt wurden, sollte in einer demokratischen Gesellschaft selbstverständlich sein. Sie ist auch

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Voraussetzung für die eigene Klagebefugnis und somit für die Möglichkeit, zumindest im Nachhinein Rechtsschutz gegen die Maßnahmen zu erlangen.

Die Bürgerschaft möge vor diesem Hintergrund beschließen:

I.

§ 2 Absatz 3 des Gesetzes über die Datenverarbeitung der Polizei vom 2. Mai 1991 (HmbGVBl. S. 187, 191), zuletzt geändert am … (HmbGVBl. S. …) erhält folgende Fassung:

„(3) Personenbezogene Daten werden offen erhoben, soweit dieses Gesetz keine Ausnahmen hiervon vorsieht. Eine Datenerhebung, die nicht als polizeiliche Maßnahme erkennbar ist, ist zulässig, wenn durch anderes Handeln die Erfüllung einer bestimmten polizeilichen Aufgabe erheblich erschwert oder gefährdet würde, die Datenerhebung zur Abwehr von Straftaten von erheblicher Bedeutung erforderlich ist und die Maßnahme nicht gezielt verdeckt wird.“

II.

§ 12 des Gesetzes über die Datenverarbeitung der Polizei vom 2. Mai 1991 (HmbGVBl. S. 187, 191), zuletzt geändert am … (HmbGVBl. S. …), wird wie folgt geändert:

1. Absatz 1 Satz 2 wird gestrichen.

2. Absatz 4 erhält folgende Fassung:

„(4) Der Einsatz nach Absatz 1 bedarf der richterlichen Anordnung. Bei Gefahr im Verzug kann die Anordnung durch den Polizeipräsidenten oder seinen Vertreter im Amt angeordnet werden. Eine richterliche Bestätigung ist unverzüglich einzuholen. Die Maßnahme ist zu beenden, wenn sie nicht innerhalb von drei Tagen von einem Richter bestätigt wird; in diesem Fall sind die erhobenen Daten unverzüglich zu vernichten, wenn diese nicht zur Strafverfolgung benötigt werden. Zuständig ist das Amtsgericht Hamburg. Für das Verfahren findet Buch 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend Anwendung. Von einer Anhörung der betroffenen Person durch das Gericht und der Bekanntgabe der richterlichen Entscheidung an die betroffene Person ist abzusehen, wenn die vorherige Anhörung oder die Bekanntgabe der Entscheidung den Zweck der Maßnahme gefährden würde. Die richterliche Entscheidung wird mit ihrer Bekanntgabe an die beantragende Stelle wirksam. Die Anordnung ergeht schriftlich für die maximale Dauer von drei Monaten. Aus der Anordnung müssen sich

1. Art, Beginn und Ende der Maßnahme,

2. an der Durchführung beteiligte Personen,

3. Tatsachen, die den Einsatz der Maßnahme begründen

ergeben. Die Verlängerung von maximal drei Monaten ist zulässig, soweit die Voraussetzungen für die Maßnahme noch vorliegen. Sämtliche Personen, von denen Daten erhoben wurden, sind nach Abschluss der Maßnahme hierüber durch die Polizei zu unterrichten, sobald dies ohne Gefährdung des Zwecks der Datenerhebung oder Leib oder Leben einer Person geschehen kann. Dabei sind Art der erhobenen Daten, Zeitpunkt und Zweck der Datenerhebung, Speicherort, Löschfristen und Rechtsbehelfe gegen die Speicherung anzugeben. Ist wegen desselben Sachverhalts ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet worden, ist die Unterrichtung in Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft nachzuholen, sobald dies der Stand des Ermittlungsverfahrens zulässt.“

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Der Hamburg ische Beauf t ragte für Datenschutz und In format ionsf re ihe i t

Der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Klosterwall 6 (Block C), D – 20095 Hamburg____________

Öffentliche Verkehrsmittel: U-Bahnstation Steinstraße (Linie U1) Busse 112, 120, 124, 34 (Steinstraße)

E-Mail Sammelpostfach*: [email protected]

Homepage im Internet: www.datenschutz-hamburg.de

*Vertrauliche Informationen sollten auf elektronischem Weg nur verschlüsselt an uns übermittelt werden. Unser öffentlicher PGP-Schlüssel ist im Internet verfügbar (Fingerprint: 53D9 64DE 6DAD 452A 3796 B5F9 1B5C EB0E)

Sehr geehrter Herr Wysocki,

in vorbezeichneter Angelegenheit habe ich den Entwurf der Drucksache zur Änderung des

PolDVG, zu der es keine offizielle Behördenabstimmung gab, zur Kenntnis genommen.

Gem. § 23 Abs. 3 S. 3 Hamburgisches Datenschutzgesetz wende ich mich hiermit an Sie als

Vorsitzenden des Innenausschusses der Hamburgischen Bürgerschaft, um auf diesem

Wege auf folgenden datenschutzrechtlichen Aspekt hinzuweisen:

Zu begrüßen ist, dass zeitnah in Teilen die landesrechtliche Regelung zum verdeckten

Ermittler entsprechend den Vorgaben aus der Bundesverfassungsgerichtsentscheidung zum

BKAG vom 20.04.2016 (BVerfG, Urteil vom 20. April 2016 – 1 BvR 966/09, 1 BvR 1140/09 –

juris) angepasst werden soll; zu einem späteren Zeitpunkt sollen weitere erforderliche

Anpassungen folgen.

Bisher sieht der Einsatz Verdeckter Ermittler nach § 12 PolDVG keinen Richtervorbehalt vor,

sondern stellt deren Einsatz nach § 12 Absatz 1 Satz 2 PolDVG unter den Vorbehalt der

Zustimmung der Staatsanwaltschaft. Mit der Entwurfsfassung soll die Zustimmung der

Klosterwall 6, Block C D – 20095 Hamburg Telefon: 040 - 428 54 - 40 49 Zentrale - 40 40 Telefax: 040 - 428 54 - 40 00

Ansprechpartnerin: Frau Karakus

E-Mail*: [email protected]

Az.: D42 / 11.03-07

Hamburg, den 23.06.2016

Wegen Eilbedürftigkeit nur per E-Mail An den Vorsitzenden des Innenausschusses der Hamburgischen Bürgerschaft Herrn Ekkehard Wysocki [email protected] nachrichtlich: Behörde für Inneres und Sport Herrn Staatsrat Bernd Krösser [email protected] Justizbehörde Frau Staatsrätin Katja Günther [email protected]

Drucksache 21/4851 Stellungnahme des Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit

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Anlage 5 (zu TOP 5)
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2

Staatsanwaltschaft nunmehr durch den Richtervorbehalt in § 12 Abs. 4 S. 1 PolDVG ersetzt

werden. Das entspricht den Vorgaben des Bundesverfassungsgericht (BVerfG, a. a. O. Rn.

172 ff.) und ist datenschutzrechtlich konsequent.

Die eventuelle weitere Verwendung der erhobenen Daten zur Strafverfolgung bei fehlender

nachträglicher richterlicher Bestätigung erscheint jedoch problematisch. Bei Gefahr im

Verzug kann die Anordnung durch den Polizeipräsidenten oder seinen Vertreter im Amt

erfolgen. Wird diese Eilmaßnahme nicht innerhalb von drei Tagen von einem Richter

bestätigt, so ist die Maßnahme zu beenden. In diesem Fall sind auch die erhobenen Daten

unverzüglich zu vernichten; dies solle jedoch nur dann gelten, wenn diese Daten nicht zur

Strafverfolgung benötigt werden (§ 12 Abs. 4 S. 4, Hs. 2 PolDVG-E).

Hierbei dürfte sich zunächst die Frage stellen, ob diese – ohne richterliche Bestätigung bzw.

richterliche Anordnung – erhobenen Daten überhaupt anderweitig verwertet werden dürfen.

Formelle Verfahrensvoraussetzung für eine bis zu drei Tage andauernde verdeckte

Datenerhebung ist laut vorliegendem PolDVG-E allein die Anordnung durch den

Polizeipräsidenten oder seinen Vertreter im Amt, mithin durch die Daten verarbeitende Stelle

selbst. Der Richtervorbehalt an sich stellt jedoch nicht nur eine formelle Anforderung dar,

sondern auch eine neutrale Überprüfungsinstanz, die mittels Anordnung bzw. Bestätigung

zur Zulässigkeit der verdeckten Datenerhebung führen soll. Fehlt es mangels nachträglicher

Bestätigung an einer solchen Zulässigkeitserklärung, könnte die bis dahin erfolgte

Datenerhebung einer rechtlichen Grundlage entbehren, so dass die Daten ausnahmslos zu

löschen sind.

Zudem ist darauf hinzuweisen, dass laut Bundesverfassungsgericht der Gesetzgeber zwar

eine weitere Nutzung der Daten auch zu anderen Zwecken als denen der ursprünglichen

Datenerhebung erlauben kann. Allerdings hat er dann sicherzustellen, dass dem

Eingriffsgewicht der Datenerhebung auch hinsichtlich der neuen Nutzung Rechnung

getragen wird. Für Daten aus eingriffsintensiven Überwachungs- und

Ermittlungsmaßnahmen wie dem Einsatz von Verdeckten Ermittlern kommt es danach

darauf an, ob die entsprechenden Daten nach verfassungsrechtlichen Maßstäben auch für

den geänderten Zweck mit vergleichbar schwerwiegenden Mitteln hätten neu erhoben

werden dürfen (sog. hypothetischer Ersatzeingriff, vgl. BVerfG, a. a. O. Rn. 284 ff). Eine

weitergehende Verarbeitungsbefugnis „zur Strafverfolgung“ ohne jede weitere

gesetzgeberische Einschränkung dürfte daher jedenfalls zu einer unverhältnismäßigen

Umwidmung der zuvor gerade ohne richterliche Bestätigung erhobenen Daten führen.

Unabhängig von dem zuvor Dargestellten sei hier nur kurz darauf hingewiesen, dass

spätestens im Rahmen der anschließenden erforderlichen weiteren Änderungen und

Anpassungen des PolDVG an die jüngste Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht

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auch und gerade im Rahmen des § 12 PolDVG der Schutz des Kernbereichs privater

Lebensgestaltung Berücksichtigung finden muss.

Mit freundlichen Grüßen

Prof. Dr. Johannes Caspar