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Populationsdynamik: . . . Regelungstechnik: . . . Verkehrsuss: . . . Wärmeleitung: Modell . . . Page 1 of 165 Modellbildung und Simulation 3.Kontinuierliche Modellbildung und Simulation Hans-Joachim Bungartz 3) Kontinuierliche Modellbildung und Simulation Populationsdynamik: . . . Regelungstechnik: . . . Verkehrsuss: . . . Wärmeleitung: Modell . . . Page 2 of 165 Modellbildung und Simulation 3.Kontinuierliche Modellbildung und Simulation Hans-Joachim Bungartz 3.1. Populationsdynamik: Modelle und ihre numerische Behandlung 3.1.1. Modelle der Populationsdynamik • die numerische Simulation stützt sich typischerweise auf kontinuierliche Mo- delle (reellwertige Größen, Apparat der Analysis) • zwei große Klassen: Probleme mit Berücksichtigung des Ortes bzw. Raumes führen auf par- tielle Differentialgleichungen oder kurz PDE Probleme ohne Berücksichtigung des Ortes bzw. Raumes führen auf gewöhnliche Differentialgleichungen oder kurz ODE • Standardbeispiel für letztere: Populationsdynamik Entwicklung bzw. Wachstum von Populationen, * entweder als isolierte Spezies (ohne externe Einüsse) * oder in (friedlicher / feindlicher) Koexistenz verschiedener Spezies Modellierung hat hier große Tradition (Biologie und Mathematik) ein Beispiel mit zwei „Spezies“ schon in Kapitel 1: Wettrüsten! klassischer, einfacher Vertreter eines 1-Spezies-Modells: Modell nach Maltus (1798)

3) Kontinuierliche Modellbildung und Simulation · Populationsdynamik:... Regelungstechnik:... Verkehrsfluss:... Wärmeleitung: Modell... Page 3 of 165 Modellbildung und Simulation

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3.KontinuierlicheModellbildung und

SimulationHans-Joachim Bungartz

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3.KontinuierlicheModellbildung und

SimulationHans-Joachim Bungartz

3.1. Populationsdynamik: Modelle und ihrenumerische Behandlung

3.1.1. Modelle der Populationsdynamik

• die numerische Simulation stützt sich typischerweise auf kontinuierliche Mo-delle (reellwertige Größen, Apparat der Analysis)

• zwei große Klassen:

– Problememit Berücksichtigung des Ortes bzw. Raumes führen auf par-tielle Differentialgleichungen oder kurz PDE

– Probleme ohne Berücksichtigung des Ortes bzw. Raumes führen aufgewöhnliche Differentialgleichungen oder kurz ODE

• Standardbeispiel für letztere: Populationsdynamik

– Entwicklung bzw. Wachstum von Populationen,

* entweder als isolierte Spezies (ohne externe Einflüsse)

* oder in (friedlicher / feindlicher) Koexistenz verschiedener Spezies

– Modellierung hat hier große Tradition (Biologie und Mathematik)

– ein Beispiel mit zwei „Spezies“ schon in Kapitel 1: Wettrüsten!

– klassischer, einfacher Vertreter eines 1-Spezies-Modells: Modell nachMaltus (1798)

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3.KontinuierlicheModellbildung und

SimulationHans-Joachim Bungartz

Modell nach Maltus

• betrachtet wird nur eine einzige Spezies P :

– konstante Geburtenrate γ pro Zeiteinheit und Individuum

– konstante Sterberate δ pro Zeiteinheit und Individuum

– dadurch auch konstanteWachstumsrate λ = γ − δ (positiv/negativ)

• Studium der Entwicklung von p(t), der Anzahl von Individuen von P :

p(t + ∆t) = p(t) + λ · p(t) · ∆t

(Wachstum ist proportional zu Populationsgröße und Zeit)

• führt auf die gewöhnliche Differentialgleichung

p(t) = λ p(t)

mit der Lösungp(t) = p0e

λt,

wobeip(0) = p0

• Anmerkung:

– exponentielles Verhalten (Wachstum oder Abnahme extrem schnell)

– zunächst diskrete Realität (Anzahl von Individuen ist ganzzahlig!), aberdennoch kontinuierliches Modell!

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3.KontinuierlicheModellbildung und

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Diskrete Herleitung?

• obige Herleitung war kontinuierlich (Analysis, Grenzwert ∆t → 0 )

• es geht aber auch rein diskret :

– Modellhypothese einer konstanten Wachstumsrate entspricht Annah-me der Verdopplung des Bestands alle τ Jahre

– Start zur Zeit t = 0 mit der Anfangsstärke p0

– nach k · τ Jahren folgende Populationsstärke:

p(k · τ) = 2k · p0 = p0 · eln 2·k· ττ = p0 · e ln 2

τ ·k·τ

– mit λ = ln 2/τ alsop(k · τ) = p0 · eλ·(k·τ)

– „wagt“ man jetzt noch den Schritt vom ganzzahligen k · τ zum reellwer-tigen t von vorhin, so ist unser bisheriges kontinuierliches Modell (dieODE) auch mittels diskreter Argumente hergeleitet

• beruhigend – wir bleiben deshalb bei kontinuierlichen Ansätzen

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3.KontinuierlicheModellbildung und

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Einschub: Bezüge zur Verzinsung

• Startkapital K, Jahresnominalzins R%

– nach n Jahren (jährliche Verzinsung): K · (1 + r)n, r = R/100

– nach n Jahren (monatliche Verzinsung): K ·(1 + r

12

)12·n

– nach n Jahren (tägliche Verzinsung): K ·(1 + r

365

)365·n

– im Grenzwert (unendlich fein):

limN→∞ K ·(1 + r

N

)N ·n= limN→∞ K ·

(1 + r·n

N ·n)N ·n

= K · er·n

– exponentielles Wachstum ( r = λ, n = t , Lob den Banken!)

• Verdopplung des Kapitals nach τ Jahren (vgl. Folie 4):

2K = K · (1 + r)τ , also τ =ln 2

ln(1 + r)≈ 0.7

r=

70R

bzw.

2K = K · er·τ , also τ =ln 2r

≈ 0.7r

=70R

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3.KontinuierlicheModellbildung und

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Erste Verfeinerung: Sättigung

• Ist exponentielles Wachstum realistisch?

– Bevölkerung der Erde zwischen 1700 und 1961: ja!

* Wachstumsrate von ungefähr 0.02

* das heißt: Verdopplung etwa alle 34.67 Jahre

– im Allgemeinen jedoch: nein!

* begrenzte Aufnahmekapazität der Erde, begrenzte Ressourcen

* zunehmender Wettbewerb/Kampf um Nahrung, Wasser oder Luftwirkt bremsend auf das Bevölkerungswachstum

• Verfeinerung gemäß Verhulst und anderen (19. Jahrhundert):

– Bevölkerungszahl strebt gegen Sättigungsgrenzwert

– lineare Geburten- und Sterberaten (jetzt nur pro Zeiteinheit):

γ(t) = γ0 − γ1p(t), δ(t) = δ0 + δ1p(t), γ0 > δ0 > 0, γ1, δ1 > 0

(ein hoher Bestand dämpft Geburten- und erhöht Sterberate)

– Für t → ∞ existiert ein Grenzwert 0 < p∞ < ∞ – also wederAussterben noch Bevölkerungsexplosion!

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3.KontinuierlicheModellbildung und

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Sättigung nach Verhulst (2)

• zugrunde gelegte Differentialgleichung:

p(t) = γ(t) − δ(t) = γ0 − δ0 − (γ1 + δ1) · p(t) = −m · (p(t) − p∞)

mit

m = γ1 + δ1 > 0, p∞ =γ0 − δ0

γ1 + δ1> 0

• Startwert zur Zeit Null:p(0) = p0

• als Lösung errechnet man:

p(t) = p∞ + (p0 − p∞) · e−m·t

• Eigenschaften der Lösung:

– Grenzwert gegen unendlich:

limt→∞ p(t) = p∞

– beschränktes Wachstum, in vielen Szenarien realistischer

– allerdings: gebremste Zunahme / Abnahme von Anfang an

– oft tritt Sättigungseffekt jedoch erst nach einiger Zeit ein

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3.KontinuierlicheModellbildung und

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Zweite Verfeinerung: Logistisches Wachstum

• Ist Verhulsts erster (Sättigungs-) Ansatz realistisch?

– zweite Ableitung (Krümmung) von p(t) ändert ihr Vorzeichen nicht!

– S-Form (logistisches Wachstum) kommt jedoch oft vor

• neues Modell Verhulsts, um Wendepunkt zu erlauben:

p(t) =(a − b · p(t)

)· p(t) = a · p(t) − b · p2(t), a >> b > 0, p(0) = p0

mit der Lösung

p(t) =a · p0

b · p0 + (a − b · p0) · e−at

• Diskussion:

– Grenzwert für t gegen unendlich existiert:

limt→∞ p(t) =

a

b

– p0 < a/b : es gibt einen Wendepunkt, p(t) < a/b∀t

– p0 > a/b : kein Wendepunkt, p(t) monoton fallend, p(t) > a/b∀t

– Beispiel USA 1790-1950: a = 0.03134, b = 1.5587 · 10−10

– Modell mächtiger als zuvor, aber immer noch ohne äußere (und insb.agierende bzw. wechselwirkende) Einflüsse

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3.KontinuierlicheModellbildung und

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Logistisches Wachstum (2)

• Typischerweise ist a wesentlich größer als b :

– quadratischer Term schlägt dadurch erst bei großem p(t) zu

– Warum überhaupt quadratisch und nicht kubisch? Dies ist eben eineModellthese!

– Rechtfertigung des quadratischen Modellansatzes:

* Störung eines Individuums ist proportional zu p(t)

* somit Störung der Allgemeinheit proportional zum Quadrat von p(t)

• logistisches Wachstum auch anderweitig zu erzielen; beim Tumorwachstumetwa folgende Ansätze:

– p(t) = λ(t) · p(t)

* dabei λ(t) positiv, monoton fallend und stetig

* Ausgangspunkt: empirisch begründete Annahme zeitlich abklingen-der Wachstumsraten

– p(t) = f(p(t)) · p(t)

* dabei f(p) positiv, monoton fallend und für t → ∞ gegen 0 strebend

* dies ist Oberklasse zu beiden bisher genannten logistischen Mo-dellen

* Empirie: reicht aus für geschlossene Populationen

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3.KontinuierlicheModellbildung und

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Weitere Möglichkeit: Oszillationen

• Idee dieses qualitativ anderen Modellansatzes:

– Grenzwert limt→∞ p(t) = p∞ soll wieder existieren

– Überschwingen und allmähliches Einpendeln auf Grenzwert

– Modell: Schwingungen (konkret: linearer gedämpfter Oszillator)

• Differentialgleichung:

p(t) + µ · p(t) + ω2 · (p(t) − p∞)

= 0

µ > 0, 4 · ω2 − µ2 ≥ 0

• neu:

– zweite Ableitung von p(t) tritt auf: somit alsoWechselspiel aus Populations-stärke, Wachstum und Wachstumsänderung

• Lösung bei Anfangsbedingung: p(0) = p0

p(t) = (p0 − p∞) · e−µt2 · cos

(√ω2 − µ2

4· t)

+ p∞

• Interpretation (insbesondere der zweiten Ableitung)?

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3.KontinuierlicheModellbildung und

SimulationHans-Joachim Bungartz

Mehr als eine Spezies

• nächster Schritt in Richtung mehr Realismus: betrachte zwei Spezies P undQ, z.B.

p(t) = f(p(t), q(t)) · p(t),

q(t) = g(p(t), q(t)) · q(t),

• f und g:Wachstumsraten, sinnvoll für positive Werte von p und q

• es gebe p, q mit f(p, q) = g(p, q) = 0 (nicht immer der Fall):

–(

p(t)q(t)

)=(

pq

)wird Gleichgewichtslösung genannt, falls p, q > 0

f(p, q) = g(p, q) = 0 ⇒ p(t) = q(t) = 0

– Gleichgewicht beschreibt stabilen bzw. stationären Zustand des Sy-stems (kein Wachstum); die Lösung (p)t = p, q(t) = q heißt stationäreLösung

• entscheidende Fragen:

– Gibt es eine Gleichgewichtslösung?

– Falls ja, ist sie attraktiv (d.h. wird sie irgendwann oder im Limes ange-nommen, und verharren p und q dann auch in ihr)?

– vgl. Situation beim Beispiel des Wettrüstens in Kapitel 1

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3.KontinuierlicheModellbildung und

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Einfaches Beispiel: Wettrüsten

• schon in Kapitel 1: Wettrüst-Modell

x(t) = f(x, y) = −mx(t) + ay(t) + c

y(t) = g(x, y) = bx(t) − ny(t) + d,

a, b, c, d, m, n > 0

(x(t)y(t)

)=(−m a

b −n

)·(

x(t)y(t)

)+(

cd

)

• beachte: einfacheres Modell (linear!) als auf Folie 11!

• Interpretation:

– Rüstungsausgaben x(t), y(t) von zwei Großmächten X und Y

– Abrüstraten m und n , Aufrüstraten a und b

– konstante Aufrüstbeiträge c und d (Abrüstbeiträge, falls negativ)

• man kann hier zeigen:

– wenn m · n = a · b , dann existiert (x, y) mit f(x, y) = g(x, y) = 0

– somit hat man die stationäre Lösung(x(t)y(t)

)=(

xy

)∀t

(Gleichgewicht, wenn beide Komponenten positiv)

– wenn m · n > a · b , dann liegt zudem Attraktivität vor (Deutung?)

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3.KontinuierlicheModellbildung und

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Beispiel Wettrüsten: Gleichgewicht

• Modell: (x(t)y(t)

)=(−1 1/2

1/2 −1

)·(

x(t)y(t)

)+(

3/20

)• Eigenwerte der Matrix: −1/2,−3/2

• es gilt m · n > a · b

• Start bei(

x0

y0

)=(

1/23/2

), Gleichgewicht (attraktiv) bei

(xy

)=(

21

)

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Beispiel Wettrüsten: Explosion

• Modell: (x(t)y(t)

)=(−3/4 1

1 −3/4

)·(

x(t)y(t)

)+(

1/2−5/4

)• Eigenwerte der Matrix: 1/4,−7/4

• es gilt m · n < a · b

• Start bei(

x0

y0

)=(

5/49/4

), Gleichgewicht (nicht attraktiv) bei

(xy

)=(

21

)

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Beispiel Wettrüsten: noch ’was Nettes

• Modell: (x(t)y(t)

)=(−3/4 1

−1 −3/4

)·(

x(t)y(t)

)+(

05/2

)• Eigenwerte der Matrix: −3/4 ± i

• Start bei(

x0

y0

)=(

1/211/4

), Gleichgewicht (attraktiv) bei

(xy

)=(

8/56/5

)

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3.KontinuierlicheModellbildung und

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Beispiel Wettrüsten (die letzte)

• d.h.: Y rüstet auch bei großem X(t) ab und fährt mit dieser „pazifistischen“Marschroute sicherheitspolitisch nicht schlechter als mit „konventioneller“Strategie!

• entscheidende Frage:

– Ist das Gleichgewicht wirklich stabil? Bedeutet nicht z.B.(x(t)y(t)

)=(

xy

)=(

1001

)in der Logik des Kalten Krieges, dass X irgendwann doch angreift –und sich einen Dreck um die theoretische Stabilität schert?

– Modell also noch unvollständig:

* große positive Differenz x(t) − y(t) führt wohl zu Aufrüsten bei Y ,große negative Differenz zu Abrüsten (analog für X)

* vgl. „Two-Power-Standard“ (Royal Navy stärker als zwei beliebi-ge andere europäische Marinen zusammen, British Naval DefenceAct 1889)

• damit sind Wege zur weiteren Modellverfeinerung aufgezeichnet

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3.KontinuierlicheModellbildung und

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Existenz eines Gleichgewichts

• Folie 11 sowie Theorie der ODE: hinreichend für Attraktivität eines Gleich-gewichts (p, q) sind negative Realteile der Eigenwerte der Jacobimatrix zu

F (p, q) =(

f(p, q) · pg(p, q) · q

)

in (p, q) , also der Eigenwerte von

JF (p, q) =(

fp(p, q) · p + f(p, q) fq(p, q) · pgp(p, q) · q gq(p, q) · q + g(p, q)

)=(

fp(p, q) · p fq(p, q) · pgp(p, q) · q gq(p, q) · q

)• Vielzahl denkbarer Konstellationen (verschiedene Eigenschaften von f und

g , wichtig für Gleichgewicht):

– Wettbewerb / Konkurrenz : beide Spezies von derselben Charakteristik,konkurrieren um denselben Lebensraum

– Räuber-Beute : eine Spezies ist natürliche Beute der anderen

– Symbiose : beide profitieren voneinander in einer Gemeinschaft

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3.KontinuierlicheModellbildung und

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Konkurrenz-Szenario

• Die Spezies P und Q sind keine Feinde im Sinne von Nahrung, aber siekonkurrieren um dieselben Ressourcen (etwa Löwen und Leoparden):

fp(p, q), fq(p, q), gp(p, q), gq(p, q) < 0 für p, q > 0

• Als hinreichende Eigenwertbedingung ergibt sich

fp(p, q) · gq(p, q) − fq(p, q) · gp(p, q) > 0

(Deutung: Eigenbehinderung größer als Fremdbehinderung)

• einfachstes (konkretes) Modell: lineares f und g

f(p, q) = a1 + a2 · p + a3 · q, g(p, q) = a4 + a5 · p + a6 · q

mit (aufgrund der obigen Modellannahmen an f und g )

a1, a4 > 0, a2, a3, a5, a6 < 0, a2 · a6 > a3 · a5

• System f(p, q) = g(p, q) = 0 ist eindeutig lösbar (lineare Algebra), die zuge-hörige stationäre Lösung ist attraktiv (Eigenwerte!)

• einzig p > 0, q > 0 ist noch zu klären

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Konkurrenz-Szenario (2)

• Ermittlung des Gleichgewichtszustands:

– zu lösen sind zwei lineare Gleichungen in zwei Unbekannten:

f(p, q) = a1 + a2 · p + a3 · q = 0

g(p, q) = a4 + a5 · p + a6 · q = 0

– eindeutige Lösung:

p =a3a4 − a1a6

a2a6 − a3a5, q =

a1a5 − a4a2

a2a6 − a3a5

(Nenner größer Null!)

– Lösung definiert Gleichgewicht, falls p und q größer Null; dies sicherge-stellt, falls

a2

a5>

a1

a4>

a3

a6

– Attraktivität steckt schon in Modellannahme drin!

• im linearen Fall ist auch der (Entartungs-) Fall a2a6 = a3a5 behandelbar:

– Eigenbehinderung = Fremdbehinderung

– die Folge kann beispielsweise das Aussterben einer Spezies sein

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Beispiel Konkurrenz: Gleichgewicht

• Modell:

f(p, q) =52

+√

324

− 58· p −

√3

24· q

g(p, q) =78

+3√

32

− 3√

38

· p − 78· q

• Eigenwerte der Matrix: −1/2,−1

• es gilt a2a6 − a3a5 = 0.5 > 0

• Start bei(

p0

q0

)=(

1/43

), Gleichgewicht (attraktiv) bei

(pq

)=(

41

)

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3.KontinuierlicheModellbildung und

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Beispiel Konkurrenz: Aussterben von P

• Modell:f(p, q) =

718

− 2312

· p − 2512

· q

g(p, q) =738

− 2512

· p − 2312

· q

• Eigenwerte der Matrix: −4, 1/6

• es gilt a2a6 − a3a5 = − 23 < 0

• Anfangswerte(

p0

q0

)=(

1/41/2

)• Gleichgewicht (nicht attraktiv, sondern Sattelpunkt) bei

(pq

)=(

33/2

)

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Was macht Q so ganz allein?

• P stirbt (und scheidet somit) aus!

• Q gehorcht somit nun der ODE

q = g(0, q) · q =(

738

− 2312

· q)· q =

738

· q − 2312

· q2

• dies ist ODE für logistisches Wachstum (vgl. Folie 8)!

• mit a = 738 , b = 23

12 ergibt sich daher folgende Lösung:

q(t) =a · q0

b · q0 + (a − b · q0) · e−at

(dabei gibt q0 den Bestand von Q zum Zeitpunkt des Aussterbens von P an– jetzt wieder auf t = 0 gesetzt)

• Ablesen zeigt q0 ≈ 4.8 , und damit erhält man

q(t) ≈ 43.89.2 − 0.075 · e−9.125·t , lim

t→∞ q(t) =a

b≈ 4.761

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Beispiel Konkurrenz: Aussterben (2)

• Modell:

f(p, q) = 7 − 3√

332

− 74· p − 3

√3

16· q

g(p, q) = −138

+ 12√

3 − 3√

3 · p − 134

· q• es gilt a2a6 − a3a5 = 4 > 0

• Start bei(

p0

q0

)=(

1/41/2

)• stabiler Zustand (attraktiv), aber kein Gleichgewicht

(pq

)=(

4−1/2

)

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Beispiel 1 zur Entartung

• jetzt gelte a2a6 = a3a5 (Attraktivitätsbedingung verletzt!)

• konkret:f(p, q) = 4 − p − 2q

g(p, q) = 6 − 2p − 4q

• es gilt (−1) · (−4) − (−2) · (−2) = 0

• keine Lösung für f = g = 0 ; zwei parallele Geraden; Gleichgewicht: einerstirbt aus

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Beispiel 2 zur Entartung

• wieder sei a2a6 = a3a5 (Attraktivitätsbedingung verletzt!)

• konkret:f(p, q) = 8 − p − 2q

g(p, q) = 16 − 2p − 4q

• es gilt (−1) · (−4) − (−2) · (−2) = 0

• unendliche viele Lösungen für f = g = 0 ; alle sind Gleichgewichtszustände!

• Zielpunkt hängt von Startpunkt ab

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Räuber-Beute-Szenario

• Q ist „Nahrung“ für P , was zu einem unterschiedlichen Wachstumsverhaltenführt (Unsymmetrie):

fp(p, q), gp(p, q), gq(p, q) < 0, fq(p, q) > 0 für p, q > 0

• in unserem linearen Modell heißt das

a2, a5, a6 < 0, a3 > 0

(Räuber P profitiert natürlich jetzt von starker Population der Beute Q)

• Man kann für dieses Szenario zeigen:

– Jede Gleichgewichtslösung (sofern existent) erfüllt die Eigenwertbedin-gung, ist also attraktiv!

• Konstruktion von Gleichgewichtslösungen:

– löse das 2 × 2-Gleichungssystem (wie zuvor; Nenner aufgrund obigerBedingung nie Null)

– prüfe, ob die berechneten Werte p, q positiv sind

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Räuber-Beute-Szenario (2)

• klassischer Vertreter: Modell nach Volterra und Lotka:

– keinerlei Eigeneinfluss (P auf P bzw. Q auf Q):

a2 = a6 = 0

– unsymmetrischer Fremdeinfluss wie zuvor:

a3 > 0, a5 < 0

– konstante Terme in f und g (auch hier Unsymmetrie):

a1 < 0, a4 > 0

– Gleichgewichtslösung kann berechnet werden:

0 < p = −a4

a5, 0 < q = −a1

a3

– Beide Eigenwerte der Jacobimatrix sind rein imaginär (die Realteile derEigenwerte sind somit Null und nicht negativ)!!

– Statt der Attraktivität kann Stabilität gezeigt werden: Entwicklung bleibtgefangen in Umgebung der Gleichgewichtslösung!

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Beispiel zu Volterra-Lotka

• Volterra-Lotka-Szenario:

p = f(p, q) · p, f(p, q) = −12

+1

200· q

q = g(p, q) · q, g(p, q) =15− 1

50· p

• Gleichgewichtslösung:p = 10, q = 100

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3.1.2. Numerische Behandlung von ODE

• Modelle der Populationsdynamik: eine/mehrere ODE, zusammen mit zu-sätzlichen Bedingungen zur eindeutigen Lösbarkeit

– dort als Anfangswertproblem: Lösung vorgegeben am Start des be-trachteten Zeitintervalls (Ausgangsstärke p0)

– manchmal auch als Randwertproblem: Werte der Lösung an beidenIntervallendpunkten vorgegeben (z.B. optimale Flugbahn eines SpaceShuttle)

• Prototypen eines Anfangswertproblems (AWP):

y(t) = f(t, y(t)), y(a) = ya, t ≥ a

oder – im Falle eines Systemes –

yi(t) = fi(t, y1(t), . . . , yn(t)), yi(a) = yi,a, t ≥ a, i = 1, . . . , n

• Falls f nur vom ersten Argument t abhängt: einfaches Integrationsproblem(Trivialsituation)!

• i.A.: analytisch nicht lösbar, näherungsweise (also numerische) Berechnungerforderlich!

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Kurzer Exkurs zur Diskretisierung

• Start jedes numerischen Ansatzes: Diskretisierung

• Übergang vom Kontinuum zu Diskretem/Endlichem:

– statt (überabzählbar vieler) reeller Zahlen nun alternativ

* ganzzahlige Arithmetik: feste Auflösung, fester Bereich, Integer

* Fixpunkt-Arithmetik: feste Auflösung, fester Bereich, Dezimalpunkt

* Gleitpunkt-Arithmetik: variable Auflösung, variabler BereichGleitpunktzahlen:

IFB,t = M · BE : M = 0 ∨ Bt−1 ≤| M |< Bt; M,E ∈ ZZ(Basis B, Mantisse M, Exponent E, Stellenzahl t)

Maschinenzahlen:

IF = IFB,t,a,b = f ∈ IFB,t : a ≤ E ≤ bAuflösung (maximaler Relativabstand): ρ = B1−t

kleinste positive / größte Maschinenzahl: B1−t · Bα, (Bt − 1) · Bβ

– statt unendlicher Reihen (Sinus) endliche Polynome

– diskrete Punktmenge (Gitter ) statt eines Intervalls etc.

– statt Ableitungen nun Differenzenquotienten:

y(t) ≈ y(t + h) − y(t)h

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Rundung, Rundungsfehler

verschiedene Fehlerquellen in numerischen Algorithmen

• Rundungsfehler: durch Verwendung von Gleitpunktzahlen

– Nachbarn zu x ∈ IR :

fl(x) = maxf ∈ IF : f ≤ x, fr(x) = minf ∈ IF : f ≥ x– Rundung: rd : IR → IF, surjektiv – idempotent – monoton

* Aufrunden: rd(x) = fr(x)

* Abrunden: rd(x) = fl(x)

* korrektes Runden: zum Näheren der beiden (Sonderbehandlungdes Mittelpunkts!)

* Abhacken: zum näher an Null Gelegenen

* Schranke für relativen Rundungsfehler: ρ bzw. ρ/2– ideale Arithmetik:

a∗b = rd(a ∗ b) ∀a, b ∈ IF ∀∗ ∈ +,−, ·, /(technisch möglich (IEEE!), aber nicht in allen Rechnern realisiert)

– Abschwächung:

a∗b = (a ∗ b) · (1 + ε(a, b)), | ε(a, b) |< ε = O(ρ)

– Rundungsfehleranalyse: akkumulierten Einfluss bei längeren Berech-nungen abschätzen (Beispiel: Horner-Schema zur Polynomauswertung)

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Weitere Fehlerquellen

• Diskretisierungsfehler: durch Verwendung diskreter Punkte anstelle des Kon-tinuums

• Abbruchfehler: durch Abbruch einer Iteration nachN Iterationsschritten, z.B.

– Abbruch einer Reihenberechnung nach N Gliedern

– Abbruch einer Nullstellensuche nach Newton nach N Schritten

– Abbruch einer Nullstellensuche nach Newton, wenn keine signifikanteÄnderung mehr eintritt

• Datenfehler: Eingabedaten sind oft (ungenaue) Messwerte o. Ä.

• Alle diese Fehlerquellen sind im Auge zu behalten!

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Das Euler-Verfahren

• Standard-Diskretisierungsansatz für AWP:

– Finite-Differenzen-Approximation: nähere die Ableitung durch geeigne-te Differenzenquotienten an, z.B. im einfachsten Fall

y(a + δ t) = y(a) + δ t · f(t, y(a))d.h. dann als Rechenvorschrift:

yk+1 = yk + δ t · f(tk, yk), tk = a + kδ t, k = 0, 1, . . .

– Aus einer kontinuierlichen Gleichung (gültig in allen Punkten) wird so-mit eine Folge diskret(isiert)er Gleichungen (gültig in jeweils einem Punkt);Abstand zweier Punkte: Schrittweite

– Bereich kann auch endlich sein: t ∈ [a, b]

– Vorgehensweise wird Euler-Verfahren genannt

– Gretchenfragen:

* Was passiert für δt → 0 ? Konvergenz gegen Lösung der ODE?

* Wie schnell ist Konvergenz (Fehler bei Halbierung der Schrittwei-te)?

* Gibt es scharfe Maximalgröße für die Schrittweite?

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Euler-Verfahren, Diskretisierungsfehler

• alternative Herleitung des Euler-Verfahrens: abgehackte Taylor-Entwicklungder exakten Lösung y(t) :

y(tk+1) = y(tk) + (tk+1 − tk)y(tk) + R = y(tk) + (tk+1 − tk)f(tk, yk)

• lokaler Diskretisierungsfehler: maximaler lokaler Einfluss durch Verwendungvon Differenzen statt Ableitungen; hier (Achtung: y(t) bezeichnet die exakteLösung des Problems, keine Näherung):

l(δ t) = max[a,b]

(y(t + δ t) − y(t))δ t

− f(t, y(t))

• globaler Diskretisierungsfehler: maximaler Fehler aller berechneten diskre-tenNäherungswerte:

e(δ t) = max[a,b]

| yk − y(tk) |

• Konsistenz: l(δ t) → 0 für δ t → 0

• Konvergenz (stärker): e(δ t) → 0 für δ t → 0

• Konsistenz- / Konvergenzordnung k: l(δ t), e(δ t) = O(δ tk)

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Lokaler und globaler Diskretisierungsfehler im Vergleich

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Konsistenz- und Konvergenzordnung

• Euler (bei Beschränktheit von y und fy) :

– konsistent von erster Ordnung : l(δ t) = O(δ t)

– konvergent von erster Ordnung : e(δ t) = O(δ t)

– Es gibt aber durchaus konsistente Verfahren, die nicht konvergieren!

• schnellere Konvergenz bei höherer Ordnung (k größer)

– möglicher Ausgangspunkt Taylor-Entwicklung: führt zu kompliziertenFormeln (höhere Ableitungen von f erforderlich)

– alternativ: benutze zusätzliche Auswertungen von f (neben den Gitter-punkten): Verfahren vom Runge-Kutta-Typ

• einfachster Vertreter: Methode von Heun

yk+1 = yk +δ t

2

(f(tk, yk)) + f(tk+1, yk + δ t · f(tk, yk))

)• sowohl konsistent als auch konvergent (2. Ordnung)

l(δ t) = O(δ t2), e(δ t) = O(δ t2)

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Verfahren nach Runge und Kutta

• berühmtester Vertreter: Runge-Kutta-Verfahren

yk+1 = yk +δ t

6(T1 + 2T2 + 2T3 + T4) ,

T1 = f(tk, yk),

T2 = f(tk +

δ t

2, yk +

δ t

2T1

),

T3 = f(tk +

δ t

2, yk +

δ t

2T2

),

T4 = f(tk+1, yk + δ t T3)

• konsistent und konvergent von vierter Ordnung

• Die Verfahren nach Euler bzw. Heun bzw. Runge-Kutta entsprechen üb-rigens alle einer Quadratur-Regel (Rechtecksregel bzw. Trapezregel bzw.Simpson-Regel ):

– Integriere die ODE formal und interpretiere die einzelnen Verfahren alsNäherungen für das dann zu bestimmende Integral über f :

y = f(t, y(t)) ⇒ y(tk+1) = y(tk) +∫ tk+1

tk

f(t, y(t)) dt

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Alternative: Mehrschrittverfahren

• Runge-Kutta-Verfahren sind teuer, da sie viele Auswertungen von f erfor-dern (f oft nicht in geschlossener Form verfügbar)

• Alternative zur Erzielung höherer Ordnung: nutze Historie, also bereits er-folgte Auswertungen (Adams-Bashforth- oderMehrschrittverfahren)

– prominenter Vertreter: Methode 2. Ordnung

yk+1 = yk +δ t

2(3f(tk, yk) − f(tk−1, yk−1)

)= yk +

δ t

2(3fk − fk−1)

– allg.: betrachte Polynom P (t) vom Grad p − 1 , welches f in den p dis-kreten Stützstellen (ti, fi = f(ti, yi)), i = k − p + 1, . . . , k, interpoliert

yk+1 = yk +∫ tk+1

tk

y(t) dt = yk +∫ tk+1

tk

f(t, y(t)) dt = yk +∫ tk+1

tk

P (t) dt

– p = 1: Euler

– p = 2: obiges Verfahren

– allgemeiner Ansatz: Ordnung p

– keine zusätzlichen Auswertungen von f (eine pro diskretem Zeitpunkt)

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Mehrschrittverfahren (2)

• am Anfang: keine oder zu wenige Vorgänger verfügbar

• Abhilfe: modifizierte Vorgehensweise

– Setze ein Einschrittverfahren oder ein Mehrschrittverfahren mit hinrei-chend kleiner Schrittzahl ein, um einen Wert für yk+1 und somit für fk+1

zu erhalten.

– Ordnung bleibt erhalten!

• Nachteil aller bisher vorgestellten Verfahren:

– Die Schrittweite δt muss oft sehr klein sein, wenn Instabilitäten (Os-zillationen in der berechneten Lösung, die dadurch von grundlegendanderem Charakter als die „echte“ Lösung ist) vermieden werden sol-len!

– Eine kleine Schrittweite bedeutet natürlich einen entsprechend hohenBerechnungsaufwand!

• Auch hierfür gibt’s eine Abhilfe: implizite Verfahren!

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Implizite Verfahren

• Alle bisher vorgestellten Verfahren sind explizit: Die jeweilige Vorschrift er-möglicht die direkte Berechnung eines weiteren Zeitschritts.

• jetzt: benutze das zu bestimmende yk+1 auch rechts

• führt zu Adams-Moulton Mehrschrittverfahren:

– benutze Interpolation und Vorgänger wie bei Adams-Bashforth, abermit dem neuen Zeitpunkt als Stützstelle

– impliziter Euler (1. Ordnung):

yk+1 = yk + δ t · fk+1

– Variante 2. Ordnung:

yk+1 = yk + δ t · (fk + fk+1)2

– Variante 4. Ordnung:

yk+1 = yk +δ t

24(fk−2 − 5fk−1 + 19fk + 9fk+1)

• Problem: Wie ermittelt man yk+1 im impliziten Fall?

– Holzhammer: i.A. nichtlineare Gleichung auflösen (Newton o. Ä.)

– einfacher und verbreitet: Prädiktor-Korrektor Ansatz

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Prädiktor-Korrektor-Ansatz

• zweistufiges Verfahren:

– Zunächst wird mit einem geeigneten expliziten Verfahren ein vorläufigerWert für yk+1 ermittelt (Prädiktor).

– Dieser wird dann in der impliziten Vorschrift auf der rechten Seite ver-wendet, um den endgültigen Wert von yk+1 zu bestimmen (Korrektor).

• wesentliche Eigenschaft (wenn man alles richtig macht):

– vollständig explizites Verfahren (Prädiktor & Korrektor explizit!)

– dennoch Charakteristik eines impliziten Verfahrens

• Bewertung impliziter Verfahren:

– einzelner Zeitschritt ist teurer (Auflösung einer Gleichung anstelle deseinfachen „Fortschaltens“ der Zeit)

– Zahl der Zeitschritte i.A. kleiner (größere Schrittweite möglich), dadurchwieder weniger Rechenaufwand

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Höhere Ableitungen, Systeme

• Modelle der Populationsdynamik: nur erste Ableitung tritt auf

• in der Mechanik etwa: zweite Ableitung (Beschleunigung, Kraft)

• Vorgehensweise bei höheren Ableitungen:

– Reduktion auf System von ODE mit nur erster Ableitung

– dazu: Hilfsvariable

y1 = y, y2 = y, y3 = y, . . . , yn = y(n−1);

aus einer Gleichung n-ter Ordnung

y(n) = f(t; y, y, y, . . . , y(n−1))

wird somity1 = y2

y2 = y3

. . .

yn−1 = yn

yn = f(t; y1, y2, . . . , yn)

• Systeme: analoge Verfahren wie für eine ODE

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Schlecht konditionierte Probleme

• Kondition eines Problems: Einfluss von Schwankungen in der Eingabe aufdas Resultat

– Eigenschaft des Problems, nicht eines numerischen Verfahrens!

• schlechte Kondition:

– Kleinste Trübungen in den Eingabedaten können zu völlig verschiede-nen Ergebnissen führen!

– Numerische Behandlung wird dann sehr schwer (weil exakte Eingabe-daten fast nie verfügbar sind).

• ein Beispiel:

– betrachte folgende ODE:

y(t) − N · y(t) − (N + 1) · y(t) = 0

– Anfangsbedingungen (zwei, da ODE zweiter Ordnung):

y(0) = 1, y(0) = −1

– exakte Lösung:y(t) = e−t

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Schlecht konditionierte Probleme (2)

• jetzt: beliebig kleine Änderung in einer der beiden Anfangsbedingungen:

– neuer Wert von y in t = 0 : yε(0) = 1 + ε

– resultierende neue Lösung:

yε(t) =(1 +

N + 1N + 2

ε)· e−t +

ε

N + 2· e(N+1)t

– völlig verschiedenes Verhalten für t → ∞ :

limt→∞ y(t) = 0, lim

t→∞ yε(t) = ∞

• Risiko bei numerischen Verfahren:

– Eingabedaten liegen nicht exakt vor (z.B. aus Messungen)

– Zwischenresultate (Eingabe für nächsten Schritt) nicht exakt wegenRundungsfehlern

• schlechte Kondition: prima Ausrede („da geht eh nix“) oder GAU für die Nu-merik?

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Stabilität

• Jetzt gehen wir von gut konditionierten Problemen aus (also keine Ausredenmehr!).

• Ziel: Lücke zwischen Konsistenz und Konvergenz schließen

• betrachte neues AWP: y(t) = −2y(t) + 1, y(0) = 1

• exakte Lösung: y(t) =(e−2t+1

)2

• gut konditioniert: yε(0) = 1 + ε ⇒ | yε(t) − y(t) |= εe−2t

• verwendeMittelpunktsregel: yk+1 = yk−1 + 2δ t · fk

also

yk+1 = yk−1 + 2δ t(−2yk + 1) = yk−1 − 4δt · yk + 2δt, y0 = 1

• 2-Schritt-Verfahren, starte mit y0 und dem exakten y(δt)

– Zeitschrittweite δ t = 1.0 ⇒ y9 = −4945.5, y10 = 20953.9

– Zeitschrittweite δ t = 0.1 ⇒ y79 = −1725.3, y80 = 2105.7

– Zeitschrittweite δ t = 0.01 ⇒ y999 = −154.6, y1000 = 158.7

• Fazit: irgendwann geht’s immer schief!

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Beispiel zu Stabilität und Mittelpunktsregel

• jetzt das Ganze im Schaubild:AWP war y(t) = −2y(t) + 1, y(0) = 1, Lösung y(t) = e−2t+1

2

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Stabilität (2)

• Phänomen Instabilität:

– starke Oszillationen

– Gestalt von berechneter und exakter Lösung völlig verschieden

– berechnete Lösung nicht akzeptabel (nicht interpretierbar als exaktesErgebnis zu leicht modifizierten Eingabedaten)

• Mittelpunktsregel ist

– konsistent (Differenzenquotient approximiert erste Ableitung)

– offensichtlich aber nicht konvergent (sogar unabhängig von δt , wenndas Intervall nach rechts unbeschränkt ist)

• allgemein gilt (unter Erhalt der Ordnung):

Konsistenz + Stabilitat = Konvergenz

• Es gibt Stabilitätsbedingungen an ein Verfahren (stellen i.d.R. starke Ein-schränkungen an die Zeitschrittweite: sehr klein!)

• stabile Verfahren:

– alle expliziten Einschrittverfahren sind’s, Mittelpunktsregel nicht !

– Adams-Bashforth und Adams-Moulton s-Schritt stabil für s > 1

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Steifheit

• ein weiteres Phänomen: betrachte das AWP

y(t) = −1000y(t) + 1000, y(0) = y0 = 2

• exakte Lösung:y(t) = e−1000t + 1

• Problem ist gut konditioniert

• explizites Euler-Verfahren liefert

yk+1 = yk + δ t(−1000yk + 1000) = (1 − 1000δ t)yk + 1000δ t

= (1 − 1000δ t)k+1 + 1

• offensichtlich: Oszillationen und Divergenz für δ t > 0.002

• dies, obwohl

– expliziter Euler konsistent

– expliziter Euler stabil (wie alle expliziten s-Schritt-Verfahren)

– somit auch konvergent!

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Steifheit (2)

• Phänomen wird Steifheit genannt

– eine unwichtige Komponente der Lösung (im Beispiel der negative Ex-ponentialterm e−1000t) erzwingt Mini-Schrittweite bei der Diskretisie-rung (und zwar auf gesamtem Bereich!)

– dadurch inakzeptabel hoher Berechnungsaufwand

– dies, obwohl Lösung fast überall trivial darstellbar

• Erklärung?

– Konsistenz und Stabilität sind beides asymptotische Begriffe, treffen al-so Aussagen für den Grenzfall hinreichend kleiner Schrittweite δt

– Konsistenz/Stabilität/Konvergenz also nicht verletzt, das Betreten derasymptotischen Phase erfolgt allerdings erst für sehr kleine Schrittweiteund ist dadurch extrem aufwändig!

– gilt für alle expliziten Verfahren – diese taugen nicht für steife Differential-gleichungen

• Abhilfe: implizite Verfahren!

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Steifheit (3)

• jetzt impliziter Euler:

yk+1 = yk + δ t · f(tk+1, yk+1)= yk + δ t · (−1000 · yk+1 + 1000)

=yk + 1000 · δ t

1 + 1000 · δ t

=1

(1 + 1000 · δ t)k+1+ 1

• offensichtlich: keine Oszillationen, stets Konvergenz

• Erklärung:

– Explizite Verfahren approximieren Lösung mit Polynomen- und das funk-tioniert bei negativ exponentiellem Abklingen eben nicht!

– Implizite Verfahren setzen dagegen rationale Funktionen ein!

• Ergo: bei steifen ODE stets implizite Verfahren verwenden!

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3.KontinuierlicheModellbildung und

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Zusammenfassung

• Wir haben drei Phänomene betrachtet, die uns bei der numerischen Lösungvon ODE das Leben schwer machen:

– schlechte Kondition:

* bedrohliche Eigenschaft des zugrunde liegenden Problems (hatnichts mit numerischen Näherungsverfahren zu tun)

* im Extremfall wenig Spielraum für die Numerik

– Instabilität:

* bedrohliche Eigenschaft eines numerischen Verfahrens, die i.d.R.zu sehr kleinen Zeitschritten und im Extremfall zur Untauglichkeitdes Verfahrens führt

* implizite Verfahren sind hier expliziten oft überlegen

– Steifheit:

* bedrohliche Eigenschaft eines Problems, der aber mit implizitennumerischen Verfahren beizukommen ist

* implizite Verfahren hier ein Muss

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3.KontinuierlicheModellbildung und

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Ausblick auf Randwertprobleme

• Beispiel:y = f(t, y, y), ta ≤ t ≤ tb, y(ta) = ya, y(tb) = yb

• Spezialfall:y = a(t)y(t) + b(t)y(t) + c(t)

gleiche Randbedingungen

• a = 0 und, b > 0: RWP hat eindeutige Lösung

• diskretes Gitter:

δ t = (tb − ta)/n, t0 = ta, tn = tb, ti = ta + iδ t

• Finite-Differenzen-Approximation für zweite Ableitung:

y(t) =y(t + δ t) − 2y(t) + y(t − δ t)

δ t2

• diskretes Analogon zur ODE in jedem Gitterpunkt:

δ t−2 · (yi+1 − 2yi + yi−1) − biyi = ci, i = 1, . . . , n − 1

• Tridiagonalsystem linearer Differenzengleichungen

• Matrixeigenschaften entscheidend für Konvergenz!

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3.KontinuierlicheModellbildung und

SimulationHans-Joachim Bungartz

Tridiagonalmatrix im Beispiel

• Gestalt des tridiagonalen Gleichungssystems:⎛⎜⎜⎜⎝2 + b1h

2 −1−1 2 + b2h

2 −1

−1. . . −1−1 2 + bn−1h

2

⎞⎟⎟⎟⎠ ·

⎛⎜⎜⎜⎝y1

y2

...yn−1

⎞⎟⎟⎟⎠ =

⎛⎜⎜⎜⎝−h2c1 + ya

−h2c2

...−h2cn−1 + yb

⎞⎟⎟⎟⎠– Schreibweise jetzt: h für die Schrittweite

– n − 1 diskrete Gleichungen an den n − 1 Innenpunkten

– vorgegebene Randwerte in ta, tb wandern auf die rechte Seite

– Bedingung b(t) > 0 garantiert strenge Diagonaldominanz der Matrix:

| aii |>∑j =i

| aij | ∀ i

• Eigenschaften der Matrix:

– streng diagonaldominant (folglich nichtsingulär)

– symmetrisch und positiv definit

– Eigenwerte von A entscheidend für Konvergenz (hier: 2. Ordnung)

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3.KontinuierlicheModellbildung und

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Randwertprobleme: Erste Ableitungen

• jetzt a(t) nicht notwendig Null, auch erste Ableitungen kommen vor

• Diskretisierung der ersten Ableitung:

– zentrale Differenz (zweiter Ordnung):

y(t) =y(t + h) − y(t − h)

2h

– Differenzengleichung ergibt sich in inneren Punkten zu(− 1 − aih

2

)yi−1 + (2 + bih

2)yi +(− 1 +

aih

2

)yi+1 = −h2ci

– Nachteil: zur eindeutigen Lösbarkeit sind kleine Zeitschritte nötig! (Be-dingung | aih |≤ 2 etwa garantiert Diagonaldominanz)

– deshalb oft Upwind-Diskretisierung:

y(t)=1h·

yi+1 − yi für ai < 0yi − yi−1 für ai ≥ 0

– jetzt unbedingt diagonaldominant und nichtsingulär

– Nachteil: Approximationsgüte nur noch von erster Ordnung!

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Randwertprobleme: Randbedingungen

• Randbedingungen bisher:

– Festschreibung der Werte von y(t) an den Randpunkten des Intervalls:Dirichlet-Randbedingungen

• weitere mögliche Randbedingungen:

– Neumann-Randbedingungen:

* Festschreibung der (ersten) Ableitung im Randpunkt:

y(ta) = ya

* diskretisierte Gleichung am Rand (virtueller Punkt t−1) :

ya =y1 − y−1

2h⇒ y(ta) =

y−1 − 2y0 + y1

h2=

2y1 − 2y0 − 2yah

h2

* Daraus ergibt sich diskrete Gleichung in t0 .

* Achtung: y0, yn sind jetzt auch Unbekannte!

– periodische Randbedingungen:

* Randwerte stimmen an beiden Enden überein:

y(ta) = y(tb) = y0

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Schießverfahren

• Ein ganz anderer Ansatz sind Schießverfahren:

– Rückführung eines RWP auf eine Folge von AWP!

• Ausgangspunkt wieder:

y = f(t, y, y), ta ≤ t ≤ tb, y(ta) = ya, y(tb) = yb

• gelöst wird nun

y = f(t, y, y), ta ≤ t ≤ tb, y(ta) = ya, y(ta) = s

(mit unbekanntem Parameter s : „Schusswinkel“)

• Aufgabe lautet somit: finde s und AWP-Lösung y(t; s) so, dass gilt

y(tb; s) = yb

• Lösung:

– erinnert an inverses Problem

– Iteration (Newton-ähnlich, z.B. mit einem AWP pro Iterationsschritt)

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Zusammenfassung

• ein erstes kontinuierliches Beispiel studiert:

– Populationsdynamik!

• Modellierung:

– Herleitung verschiedener und unterschiedlich genauer Modelle für ganzunterschiedliche Szenarien

– Rüstzeug: Anfangswertprobleme gewöhnlicher Differentialgleichungen

– Diskussion der erhaltenen Modelle (Existenz von Lösungen, stationäreZustände etc.)

• Simulation:

– direkte (analytische) Lösung scheitert i.A.

– deshalb: numerische Lösung der Modellgleichungen

– somit eingehender diskutiert: numerische Lösung von ODE

* Anfangswertprobleme

* Randwertprobleme

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3.2. Regelungstechnik: Deterministische undFuzzy Logic Ansätze

3.2.1. Basics zur Regelungstechnik

• Führung technischer Prozesse erfordert und kombiniert

– Planung: Konzeption, Definition des Soll-Zustands

– Steuerung: Anstreben eines Soll-Zustands durch Einstellung von Steu-erparametern (Stellgrößen)

* Beispiel: immer mittags zusätzlichen Kühlkreislauf zuschalten

– Regelung: Überwachung und Minimierung von Soll-Ist-Abweichungen(Echtzeit-Aufgabe)

* Beispiel: Temperatur im Reaktor konstant halten

• äußere und innere Regelschleifen:

– äußere: langsame Reaktion, größere Abweichungen erlaubt

* Realisierung in Software möglich

* Beispiel: Kontostand auf Girokonto

– innere: zeitkritisch, nur kleine Abweichungen erlaubt

* Realisierung in Hardware erforderlich

* Beispiel: Temperatur in chemischem Reaktor konstant halten

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Notation

• Regelung:

• Ziel: Stellgröße u so, dass sich möglichst geringe Ist-Soll-Diskrepanz ergibt

• mögliche Optimierungsstrategien / Optimalitätskriterien:

– Abweichung schnellstmöglich gegen Null

– Abweichung bleibt in vorgegebener Bandbreite

– Abweichung im statistischen Mittel Null

– geringstmögliche Regelkosten (bspw. Energiebedarf für das Einstellender Stellgrößen)

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Wichtige Typen von Reglern

• P-Regler:

– enthält nur sogenannte Proportional-Komponente (Stellgröße propor-tional zur Soll-Ist-Abweichung):

u ∼ ∆y = ySoll − yIst

– bleibende Regelabweichung ∆y = 0 möglich

• PID-Regler:

– mächtiger, besteht aus Proportional-Komponente (wie zuvor), Integral-und Differential-Komponente

– Integral-Komponente garantiert verschwindende Regelabweichung:

∆y → 0

– Differentialglied berücksichtigt Änderung der Regelabweichung

– insgesamt nach Diskretisierung (diskrete Punkte ti, ∆ti = ti − ti−1 ) :

u(ti) = KP · ∆yi + KI · ∆ti ·∑

j

∆yj + KD · ∆yi − ∆yi−1

∆ti,

∆yi = ySoll(ti) − yIst(ti)

– entscheidend:Auslegung der Parameter KP ,KI ,KD (Modell)

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PID-Regler

• Proportional-Komponente:

– Regelmaßnahme orientiert sich an bzw. ist proportional zur aktuellenSoll-Ist-Abweichung

– soll lokaler Abweichung entgegenwirken

• Integral-Komponente:

– Regelmaßnahme orientiert sich an bzw. ist proportional zur Summe derbisher aufakkumulierten Soll-Ist-Abweichungen

– soll Abweichung in der Summe (auf längere Sicht) bekämpfen

• Differential-Komponente:

– Regelmaßnahme orientiert sich an bzw. ist proportional zur Änderungder Soll-Ist-Abweichung von einem Zeitschritt zum nächsten

– soll Aufschaukeln und Oszillationen verhindern

• Frage: Braucht man alle drei Komponenten?Dazu schauen wir ein Beispiel an!

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3.2.2. Beispiel: Lineare Rückführregelung

• Modell: zu regelnder Prozess als homogenes System linearer ODE

– Vektor der Zustandsvariablen x(t) ∈ IRn

– Koeffizientenmatrix (zeitinvariant) A ∈ IRn,n

– Vektor der Stellgrößen u(t) ∈ IRm

– Matrix der Stellkoeffizienten (zeitinvariant) B ∈ IRn,m

• Variante I (ohne Regelkreis):

x(t) = A · x(t)

(vgl. Wettrüstmodell auf Folien 12 ff.; dort war x(t) = A · x(t) + c)

• Variante II (mit Regelkreis):

x(t) = A · x(t) + B · u(t)

• lineare Rückführregelung: Stellgrößen u linear aus Zustand x

– Rückführmatrix K ebenfalls zeitinvariant: u = −K · x, K ∈ IRm,n

– Bestimmung von K : Erfüllung von Regelziel und Nebenbedingungen

• somit zu lösen:

– wie zuvor System linearer ODE (aber mit anderer Systemmatrix)– Ziel: stationärer Grenzzustand (Ableitung 0, o.B.d.A. auch Soll 0)

x(t) = A · x(t) + B · (−K · x(t)) = (A − BK) · x(t)

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Lösung des ODE-Systems

• zu lösen ist das System

x(t) = M · x, M = A − B · K, x(0) = x0

• Standard-Vorgehensweise bei homogenen linearen ODE (einfach!):

– Lösungsansatz x(t) = ν · eλt, ν ∈ IRn konstant– Einsetzen in ODE ergibt

λ · ν · eλt = M · ν · eλt ⇔ Mν = λν

– λ, ν sind also als Eigenwert und Eigenvektor von M zu wählen– n (komplexe) Eigenwerte λi gibt’s immer; falls auch n linear unabhän-gige Eigenvektoren νi vorliegen (M symmetrisch oder paarweise ver-schiedene Eigenwerte, z.B.), ergibt sich als Lösung

x(t) =n∑

i=1

νi · eλit mit x0 =n∑

i=1

νi

– sonst: komplizierter, es geht aber immer: x(t) = et·M · x0

– Charakteristik der Eigenwerte hat ablesbare Konsequenzen:

* Realteile aller Eigenwerte negativ: Lösung stabil/stationär/gegen 0

* mindestens ein positiver Realteil: exponentiell wachsende Kompo-nente

* alle Realteile Null: periodische Schwingungen der Lösung

* alle Realteile negativ, alle Imaginärteile Null: Idealfall ohne Oszilla-tionen

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Auslegung des Reglers (Matrix K )

regeln heißt jetzt: Rückführmatrix K so bestimmen, dass M = A − BK „besser“als A, d.h.:

• möglichst negative Realteile aller Eigenwerte von M

– Wirkung: Abklingen

• möglichst große Absolutbeträge der Realteile aller Eigenwerte von M

– Wirkung: rasches Abklingen

• möglichst kleine Absolutbeträge der Imaginärteile aller Eigenwerte von M

– Wirkung: keine hochfrequenten Oszillationen

• Stabilität sollte auch bei Einführung kleiner Störgrößen (ist dann entspre-chend komplizierteres Modell) noch gegeben sein!

– gibt das Modell der linearen Rückführregelung per se natürlich nicht her(enthält ja keine Störgrößen)

• Beispiel: PID-Regler für lineares ODE-System(verfügbar als Maple-Worksheet)

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3.2.3. Regelung mittels Fuzzy-Logik

• vorneweg ein paar Definitionen:

– scharfe Menge (crisp set) X : Menge von Elementen x ∈ X im üblichenSinn (endlich oder unendlich)

– unscharfe Menge (fuzzy set) A über X : charakterisiert über eine soge-nannte Zugehörigkeitsfunktion

µ(., X, A) : X → [0, 1]

diese gibt für jedes Element x ∈ X die Wahrscheinlichkeit an, mit der esder unscharfen Menge A angehört (Achtung: µ(x,X, A) + µ(x,X, B) >1 ist möglich!)

– man schreibt die unscharfe Menge auch

A =(

x, µ(x,X, A)), x ∈ X

,

also als Menge von Paaren (Element, Wahrscheinlichkeit)

– als Spezialfall gilt dabei:

µ(x, X, X) = 1 ∀x ∈ X, µ(x,X, A) = 1 ∀x ∈ A

– Trägermenge (support) von A : supp(A) =

x ∈ X : µ(x, X, A) > 0

– α -Schnitt (-level-set, -cut):

Aα =(

x, µ(x, X, A))

: x ∈ X und µ(x,X, A) ≥ α

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Fuzzy-Logik

• noch ein Begriff:

– gekappte unscharfe Menge A ↑ α :

µ(x,X, A ↑ α) =

µ(x,X, A), falls µ(x, X, A) ≤ αα sonst

die Wahrscheinlichkeiten werden also nach oben beschränkt

• Modellieraufgabe v.a.: Festlegung der Gestalt (Form und Werte) der Zuge-hörigkeitsfunktion

– 0-1-Sprungfunktion: herkömmliche Mengen

– viele andere Formen sind denkbar (stückweise linear, stückweise Poly-nome höheren Grades, ...)

• verfügbare Fuzzy-Logik-Systeme bieten verschiedene (meist einfache) Va-rianten an

• Wir schauen uns exemplarisch ein paar Möglichkeiten an.

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Formen der Zugehörigkeitsfunktion

• scharfe Menge: Rechteck!

• Dreieck (oft gleichschenklig, aber nicht immer):

• Trapez (meist symmetrisch, aber nicht immer):

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Formen der Zugehörigkeitsfunktion

• S- bzw. Z-Form (typisch z.B. für einseitig abgegrenzte unscharfe Begriffe):

• Glockenkurve (verwendet bei beidseitig abgegrenzten unscharfen Begrif-fen):

• verbreitet sind ferner Polygonzüge, Sinus (halbe Periode), etc.

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Operationen auf unscharfen Mengen

• üblicherweise benötigt und definiert: Pendants zu den Standard-Mengen-bzw. logischen Operationen

– Durchschnitt

– Vereinigung

– Komplement

• großer Spielraum bei der konkreten Realisierung (an Anwendung anpassbar)

• gewisse Einschränkungen:

– z.B.: übliche Regeln bzw. Operationen der Logik sollten in den „schar-fen“ Grenzfällen noch gelten

µ ≡ 1, µ ≡ 0

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Definition der Operationen

• Durchschnitt C = A ∩ B über

µ(x,X, C) = min

µ(x, X, A), µ(x,X, B)

• Vereinigung C = A ∪ B über

µ(x, X, C) = max

µ(x, X, A), µ(x, X, B)

• Komplement C = A über µ(x,X, C) = 1 − µ(x,X, A)

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Linguistische Variable

• Eine linguistische Variable ist charakterisiert durch ihren Namen v und durchihre möglichen Werte (Ausprägungen, linguistische Terme).

– Jeder linguistischen Variablen ist eine scharfe Menge X zugeordnet.

– Die Menge aller Werte von v heißt Termmenge T (v) .

– Jeder linguistische Term ist eine unscharfe Menge, definiert über derscharfen Menge X .

• Beispiel 1: linguistische Variable „Temperatur“

– zugeordnete scharfe Menge: reelle Achse (Temperaturwerte)

– linguistische Terme: eiskalt – kalt – normal – lauwarm – warm – heiß

• Beispiel 2: linguistische Variable „Farbe“

– zugeordnete scharfe Menge: Frequenzbereich 400nm ... 800nm

– linguistische Terme: green – yellowish-green – yellow-green – greenish-yellow – yellow (vgl. Farbmodell CNS in der Computergraphik)

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Bsp.: Linguistische Variable Temperatur

• Name: Temperatur

• zugehörige scharfe Menge: Temperaturskala (also etwa die reellen Zahlenoder ein Teilintervall)

• zugehörige linguistische Terme: siehe vorige Folie

• jeweilige Zugehörigkeitsfunktionen (jeder Wert/Term hat als unscharfe Men-ge eine):

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Fuzzy-Regelung

• heute weit verbreitet, insbesondere bei Konsumgütern wie Waschmaschi-nen oder Fotoapparaten

• Vorteile einer Fuzzy-Regelung :

– mathematisches Modell ist oftmals für die zu beschreibenden Prozessenicht vorhanden oder zu komplex (wir haben ja zuvor nur den einfachenFall eines Systems homogener linearer ODE betrachtet – die Welt istjedoch wesentlich komplizierter), erfordert also erheblichen mathema-tischen Aufwand zu seiner Beherrschung

– Fuzzy-Regelung ist dagegen mit Schulmathematik möglich

– Fuzzy-Regelung ist intuitiv: linguistische / umgangssprachliche Begriffezur Nachbildung des WENN-DANN- Regelungsvorgangs

• beachte: alles, also insbesondere alle Prämissen und alle Folgerungen, wirdunscharf ausgewertet!

• im Folgenden: weg vom scharfen Messwert über den Umweg des unschar-fen Modellapparats schließlich zur scharfen Stellgröße

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Entwurfsschritte

• 1. Schritt:Fuzzifizierung (!) der gemessenen Größe(n) (also z.B. Temperatur), d.h. De-finition der linguistischen Variablen sowie ihrer jeweiligen Terme samt denentsprechenden Zugehörigkeitsfunktionen

• 2. Schritt:Erstellung der Regelbasis (Beziehungen auf WENN-DANN-Basis etc.) aufder Grundlage von Expertenwissen

• 3. Schritt:Auswahl geeigneter Inferenzoperatoren (Übertragung der Unschärfe von denMessgrößen auf die Stellgrößen)

• 4. Schritt:Defuzzifizierung, d.h. Berechnung der scharfen Stellgrößen

• Beispiel nach Bothe, Fuzzy Logic, Springer 1993

– Aufgabe: Regelung einer Kühlventilstellung

– Messgröße: Temperatur T

– Messwert: gemessene Temperatur t

– Stellgröße bzw. Stellwert: Stellung K bzw. k des Kühlventils

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Schritt 1: Fuzzifizierung

• allgemeines Prinzip:

– gemessene Werte stammen aus scharfen Mengen (linguistische Varia-ble)

– zu jeder linguistischen Variablen gibts mehrere unscharfe Mengen (lin-guistische Terme, gemäß menschlicher Wahrnehmung)

– für jeden Messwert werden zu allen linguistischen Termen dieZugehörigkeitswahrscheinlichkeiten ermittelt

• am konkreten Beispiel:

– Temperaturwert t wurde gemessen

– zwei linguistische Variable, zwei scharfe Mengen:

* Temperatur T

* Stellung K des Kühlventils

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Schritt 1: Fuzzifizierung (2)

• (einige) unscharfe Mengen zu denWerten der linguistischen Variablen „Tem-peratur“:

• (einige) unscharfe Mengen zu denWerten der linguistischen Variablen „Kühl-ventilstellung“:

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Schritt 2: Regelbasis

• allgemeines Prinzip:

– Elementarbedingungen der Art X = A mit linguistischer Variablen Xund Wert (unscharfer Menge) A

– logische Verknüpfung von Elementarbedingungen mittels der üblichenOperatoren AND, OR und NOT

– ausgelöste Aktion der Art Y = B mit linguistischer Variable Y und Wert(unscharfer Menge) B

– somit Regeln der Art

IF X1 = A1,j AND X2 = A2,j THEN Y = Bj (Regel j)

mit entsprechenden linguistischen Variablen und Termen

• am konkreten Beispiel:

– Regel 1: IF T = niedrig THEN K = halb offen

– Regel 2: IF T = mittel THEN K = fast offen

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Schritt 3: Inferenz

• allgemeines Prinzip:

– berechne zum gemessenen Wert x ∈ X und zu jeder Elementarbedin-gung X = A die Wahrscheinlichkeit der Zugehörigkeit µ(x,X, A)

– Verknüpfungen der µ -Werte gemäß:

* AND als Durchschnitt unscharfer Mengen(Minimum der Zugehörigkeitswahrscheinlichkeiten)

* OR als Vereinigung unscharfer Mengen(Maximum der Zugehörigkeitswahrscheinlichkeiten)

* NOT als Komplement einer unscharfen Menge(1 minus Zugehörigkeitswahrscheinlichkeit)

– Damit ist für die linke Seite jeder Regel (der IF-Teil) ein µj berechenbar.

– Somit ist nun der IF-Teil aller Regeln mit einer unscharfen Zugehörigkeit(Zugehörigkeitswahrscheinlichkeit) belegt.

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Schritt 3: Inferenz (2)

• allgemeines Prinzip (Fortsetzung):

– nahe liegende Inferenz-Strategie für jede Regel:der Wert µj des IF-Teils der Regel beschränkt die Zugehörigkeitswahr-scheinlichkeit (den µ -Wert) der unscharfen Menge Bj des THEN-Teilsder Regel

– Begründung: Eine nur unwahrscheinliche Prämisse zieht die nur un-wahrscheinliche Ausführung der Konklusion nach sich.

– Somit wird für jede Regel j die bezüglich µj gekappte unscharfe MengeBj ↑ µj berechnet.

• Daraus ist dann im vierten und letzten Schritt mit Hilfe der Defuzzifizierungwieder ein scharfer Ventilstellungswert zu ermitteln.

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Schritt 3: Inferenz (3)

• jetzt wieder am konkreten Beispiel:

– Regel 1 liefert µ1 = µ(t, T,niedrig)

– daraus ergibt sich: halb offen ↑ µ1

– Regel 2 liefert µ2 = µ(t, T,mittel)

– daraus ergibt sich: fast offen ↑ µ2

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Schritt 4: Defuzzifizierung

• allgemeines Prinzip:

– Zu jeder im THEN-Teil einer Regel auftretenden linguistischen Varia-blen werden alle entsprechenden Regeln betrachtet.

– Aus den hierzu in Schritt 3 ermittelten gekappten unscharfen Mengenwird jeweils die (unscharfe) Vereinigung gebildet.

– verschiedene Möglichkeiten zur anschließenden Berechnung scharferStellwerte:

* Mittelwert aus Maximal- und Minimalwert des Trägers der unschar-fen Vereinigung

* Mittelwert aus den Minimal- und Maximalwerten der Träger der ein-zelnen gekappten unscharfen Mengen

* Schwerpunkt der Vereinigungsfläche

* gewichteter Schwerpunkt (bei gewichteten Regeln)

* · · ·

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Schritt 4: Defuzzifizierung (2)

• Formeln zur Schwerpunktbildung:

– Bezeichnungen:

* x : ein Wert des Ausgabebereichs (Stellwert)

* µ(x) : Zugehörigkeitsfunktion zur unscharfen Vereinigung

* gj : Gewicht der Regel j

* µj : Ergebnis der linken Seite der Regel j

* F (A) : Fläche der Zugehörigkeitsfunktion der unscharfen Menge

– x-Koordinate xS des Schwerpunkts:

xS =∫

x · µ(x) dx∫µ(x) dx

– x-Koordinate des gewichteten Schwerpunktmittels:

xS =

∑j xS,j · ωj∑

j ωjmit

ωj = F (Bj ↑ µj) · µj · gj

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Schritt 4: Defuzzifizierung (3)

• und wieder am konkreten Beispiel:

– berechne Schwerpunkt der Vereinigung der beiden gekappten unschar-fen Mengen halb offen ↑ µ1 und fast offen ↑ µ2

– Schwerpunkt sei S = (kS , µS)

– Ergebnis: Ventil ist auf den (scharfen) Wert kS einzustellen!

• Anmerkung: Es gibt auch adaptive Fuzzy-Regelungen:

– Anpassung der Gewichte bzw. der Zugehörigkeitsfunktionen

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3.2.4. Beispiel: Balancierter Stab

• klassisches Beispiel zur Demonstration der Regelung: balancierter Stab bzw.inverses Pendel

• klassische Modellierung:

– vier Gleichungen (Horizontal-, Vertikal- und Drehbewegung des Stab-schwerpunkts, Horizontalbewegung des Wagens)

– führt auf System von vier linearen ODE in Unbekannten ϕ, ϕ, s, s

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Balancierter Stab (2)

• auch bei linearer Rückführregelung relativ kompliziert

• Alternative: Fuzzy-Logik-Regelung

• linguistische Variable:

– Winkel ϕ mit linguistischen Termen (z.B) negativ, null, positiv

– Winkelbeschleunigung ϕ mit linguistischen Termen negativ , null, posi-tiv

– Stellkraft u mit linguistischen Termen groß-negativ, negativ, null, positiv,groß-positiv

• neun Regeln, einfache AND-Verknüpfung von Winkel und Winkelbeschleu-nigung; z.B.:

IF ϕ = negativ AND ϕ = positiv THEN u = positiv

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Balancierter Stab (3)

• alle neun Regeln:

ϕϕ negativ null positiv

negativ groß-positiv positiv negativ/null

null positiv null negativ

positiv positiv/null negativ groß-negativ

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Hardware-Realisierungen

• Fuzzy Regler als Chips

– oft nur Regler mit zwei Eingängen (Variable x und ihre Zeitableitung)sowie einem Ausgang (Stellgröße u ) nötig

– hierfür Spezialchips (müssen sehr billig sein für Massenmarkt, z.B. beiKonsumgütern)

– zeitkritische Regelungen auf Fuzzy-Basis erfordern Hochleistungs-Co-Prozessoren

– typische Eigenschaften (bzw. was heute geht):

* interne Parallelauswertung von Regeln

* bis zu 8 (>256) Eingangsgrößen, bis zu 8 (>64) Ausgangsgrößen

* bis zu 7 Terme mit Zugehörigkeitsfunktion pro linguistischer Varia-ble

* bis zu 16 Interpolationspunkte pro Zugehörigkeitsfunktion

* bis zu 256 (>16384) Regeln

* Auswertezeit zwischen 0.1 und maximal 50 Millisekunden (1.25 Mi-krosekunden)

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Zusammenfassung

• Folgende Prozesskette wurde realisiert:

– scharfen Messwert für jede Messgröße ablesen

– Fuzzifizierung: Definition der unscharfen Welt

– Regelsystem: Folgerungen in der unscharfen Welt aufstellen

– Inferenz:

* zu jeder Regel mit Hilfe des Messwerts einen Zugehörigkeitswertzum IF-Teil der Regel ermitteln

* damit unscharfe Menge des THEN-Teils der Regel kappen

– Defuzzifizierung:

* unscharfe Vereinigung jeweils aller gekappten unscharfen Mengenzu einer linguistischen Variablen

* Schwerpunktbildung der unscharfen Vereinigung liefert schließlicheinen scharfen Stellwert für jede linguistische „THEN-Variable“

– scharfen Stellwert für jede Stellgröße einstellen

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3.3. Verkehrsfluss: Modellierung überkontinuierliche Größen

3.3.1. Einführung

• strategisches Verhalten bei hoher Verkehrsdichte:

– einzelner Autofahrer:

* individuelles Optimum aus Reduzierung der eigenen Fahrzeit undVermeidung der eigenen Verwicklung in Unfälle

* intuitiver positiver Beitrag zu störungsfreiem Verkehrsfluss insge-samt (also auch für die anderen Verkehrsteilnehmer) schwierig

– Polizei bzw. Verkehrsleitstelle:

* Vermeidung von Staus und Unfällen (Gesamtsicht)

* Mittel: Straßenbau, Verkehrsleitsysteme, flexible Richtungsnutzungvon Fahrspuren, Ampelanlagen etc.

• erforderlich: Modellierung des Verkehrsflusses

– um auch komplexe Situationen verstehen zu können

– um sinnvoll steuernd sowie regelnd tätig werden zu können

– Wechselwirkungen von Verkehrsdichte und Geschwindigkeit, im Großen(Durchsatz) und im Detail (Fortpflanzung kurzer Stockungen)

– wir werden studieren: einfaches Modell nach Lighthill & Whitham

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Mögliche Beschreibungsarten

• Vielzahl verschiedener möglicher Ansätze:

– Straßennetz als Graph bzw. Netzwerk, Dynamik (Autos im System) mitPetri-Netzen

– Straßennetz als zellulärer Automat, Dynamik (Verkehr) über geeigneteRegelbasis

– Straßennetz als Wartenetz im Sinne von Abschnitt 2.3: Ampeln bzw.allgemeine Kreuzungen als elementare Wartesysteme, Zu- und Abflussvon Autos als stochastische Prozesse

– Autos als Elementarteilchen (Moleküle wie in Molekulardynamik, oderstochastisch mittels Aufenthaltswahrscheinlichkeiten wie bei Boltzmann,Schrödinger & Co.)

– Straßennetz als Kanalsystem, Gesamtverkehr als zähes Fluid, das sichdurch die Kanäle quält

– Staus, Ampeln:Wellenausbreitung, Akustik

– · · ·

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Verkehrsfluss: Analogien

• breite Anwendbarkeit solcher Verkehrsmodelle:

– Gleichungen zur Verkehrsmodellierung können z.B. auch die Ausbrei-tung von Verschmutzungen in Strömungsfeldern (Gewässer, Luft) be-schreiben

– Ausbreitung von Staus analog

* zur Ausbreitung von Schockwellen (Düsenflugzeuge, Schüsse etc.,Druckwelle nach Explosionen)

* zur Fortpflanzung von Feuerfronten bei Waldbränden

* zur Versickerung von Wasser im Boden nach starken Regenfällen

* zur Bewegung von Eisenbahnwaggons beim Rangieren

• wir streifen kurz

– stationäre Verkehrsströme (im Gleichgewichtszustand)

– dynamische Änderungen und singuläre Störungen

• dabei durchwegs kontinuierliche Beschreibung („Strömungsgrößen“)

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Rolle des Individuums

• menschliches (Fahr-) Verhalten ist

– variabel und anpassungsfähig

– auch von psychologischen Faktoren bestimmt

– kaum exakt (im Sinne eines mathematisch-physikalischen Modells) be-schreibbar

• Einfluss des Individuums unterschiedlich:

– einspurige Fahrbahn, wenig Verkehr, Überholverbot:

* der Langsamste bestimmt das Tempo

* Durchschnittsgrößen wenig sinnvoll

– Autobahn, starker Verkehr:

* Einfluss einzelner Autos gering

* Verwendung von Durchschnittsgrößen sinnvoll

• Schwerpunkt von Modellierung und Simulation:

– starker Verkehr

– mehrspurige Straßen

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3.3.2. Gleichmäßiger Verkehrsfluss

• Studium der Verkehrsströme, nicht individueller Fahrzeugbewegungen

– außenstehender Beobachter beschreibt (Euler-Beschreibung)

– Alternative wäre Lagrange-Beschreibung (teilchenartig, Bewegungen derAutos werden erfasst)

• Szenario (zunächst ziemlich unrealistisch):

– Autos alle gleich lang ( l ) und gleich schnell, gleicher Abstand

– gleichförmiger, stationärer, einspuriger Verkehrsfluss

• drei Größen:

– Abstand zweier Autos (Straßenlänge normiert auf 1):

1 − N · lN − 1

– Verkehrsgeschwindigkeit V (km/h): Tempo der Autos

– Verkehrsdichte N (Autos/km): Anzahl der Autos pro Strecke

– Verkehrsfluss F (Autos/h): Durchsatz an einem Kontrollpunkt

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Eine erste Beziehung: F, N und V

• fundamentale Beziehung zwischen Fluss, Geschwindigkeit, Dichte (absolutoder gemittelt): F = N · V

– vgl. Formel von Little aus Abschnitt 2.3:Füllung = Verweilzeit mal Durchsatz

* Durchsatz entspricht Fluss F

* Füllung entspricht Dichte N

* Verweilzeit entspricht Geschwindigkeit−1V −1

– neu ist lediglich die Raumdimension („Strecke“)

– Veranschaulichung:

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Eine zweite Beziehung: V und N

• charakterisiere zunächst V als Funktion von N :

– V streng monoton fallend in N

* höhere Geschwindigkeit erfordert höheren Sicherheitsabstand undsomit geringere Dichte

* im Grenzfall (Maximaldichte, Abstand 0):

V → 0 für N → Nmax =1l

– Höchstgeschwindigkeit auf leerer Straße:

V → Vmax für N → 0

– Linearisierung (Vereinfachung):

V = Vmax ·(1 − N

Nmax

)• Verkehrspolitik hätte lieber Abstand und somit N als Funktion von V :

– Bremsweg wird maßgeblich von V bestimmt!

– vgl. die plakatierte Regel „Abstand halber Tacho“

– Ansatz liefert leider keine vernünftigen Modelle für das Fahrverhalten

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Eine dritte Beziehung: F und N

• aus dem Gesagten folgt

F = F (N) = V (N) · N

• im Fall der linearen V -N -Abhängigkeit:

F (N) = Vmax · N ·(1 − N

Nmax

)parabolisches Modell:

F → 0 für N → Nmax , N → 0

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Gleichgewichtszustände

• zwei Möglichkeiten, einen Fluss F < Fmax zu erreichen:

– Möglichkeit 1: kleine Dichte, große Geschwindigkeit

– Möglichkeit 2: große Dichte, kleine Geschwindigkeit

• Möglichkeit 1 ist attraktiver:

– für einzelnen Autofahrer, weil schneller am Ziel

– für Verkehrsplaner, weil Autofahrer glücklicher

• tritt Möglichkeit 1 in Praxis ein?

– bei wenig Verkehr ja (alle geben Gas)

– bei viel Verkehr eher nein

• jetzt Steuerung/Regelung gefragt:

– erzwinge die „bessere“ Alternative

– Mittel: Ampeln, Tempohinweise ...

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Alternative: kubisches Modell

• parabolisches Modell war:

F (N) = Vmax · N ·(

1 − N

Nmax

)• unbefriedigend u.a., weil (oft im Gegensatz zur Beobachtung)

– maximaler Fluss starr bei halber Maximaldichte

– maximaler Fluss starr bei halber Maximalgeschwindigkeit

• daher kubisches Modell:

F (N) = Vmax · N ·(1 − αN − βN2

)• Bedingungen:

– per Ansatz wieder erfüllt: F (N) → 0 für N → 0

– ebenfalls per Ansatz wieder erfüllt: F′(N) → Vmax für N → 0

– außerdem soll wieder gelten: F (N) → 0 für N → Nmax

– schließlich: F′(Nopt) = 0, Nopt · Vopt = Fmax

– hierbei Vopt beobachtbar (Geschwindigkeit mit maximalem Fluss)

– somit drei zusätzliche Gleichungen (nicht alle linear) für die drei Unbe-kannten α, β, Nopt

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3.3.3. Instationäre Situationen

• jetzt: Dichte variiert in Ort und Zeit (realistischer)

• Frage: Wie entwickelt sich der Fluss?

– als kontinuierliche Größe: F = F (x, t)

– nicht Bewegung einzelner Autos, sondern Verkehrsstrom als Ganzes

• Annahmen (zur Erleichterung):

– vernünftige Zeit- und Längenskalen seien a priori wählbar

– weiterhin gelte F = F (N) = V (N) · N (quasi-stationär )

* verzögerungsfreie Anpassung der Autos an Verkehrssituation

* damit außen vor: Situation beim Lichtwechsel an Ampeln

– kontinuierliche Beschreibung sei möglich (kein Ärger mit Glattheit (Ste-tigkeit, Differenzierbarkeit) etc.)

• jetzt: kontinuierliche Beziehungen herleiten

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Ein Erhaltungssatz

• geschlossene Teststrecke von x = a nach x = b

– keine Auf- oder Abfahrten auf der Teststrecke (Erhaltung)

– unidirektionaler Verkehr: Zugänge bei a , Abgänge bei b

– kontinuierlich betrachtete kontinuierliche Größen:

* Dichte N(x, t) am Ort x zur Zeit t

* Fluss F (x, t) am Ort x zur Zeit t

* Anzahl der Autos auf der Strecke M(t) zur Zeit t

• dann gilt

– zu jedem Zeitpunkt:

M(t) =∫ x=b

x=a

N(x, t) dx

– mit fortschreitender Zeit:

∂tM(t) = Mt(t) =

∫ x=b

x=a

Nt(x, t) dx

– verantwortlich für Änderungen von M(t): Fluss in a und b

∂tM(t) = Mt(t) = F (a, t) − F (b, t) = −

∫ x=b

x=a

Fx(x, t) dx

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Ein Erhaltungssatz (2)

• Visualisierung der Berechnung von M(t) :

• zwei Wege zur Berechnung der Zeitableitung von M(t) :

– via Integral der Zeitableitung der Dichte über ganze Strecke

– oder via Zu- und Abgangsbilanz an den Endpunkten a und b

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Ein Erhaltungssatz (3)

• insgesamt gilt somit∫ x=b

x=a

Nt(x, t) dx = −∫ x=b

x=a

Fx(x, t) dx

bzw. ∫ x=b

x=a

(Nt(x, t) + Fx(x, t)) dx = 0

und zwar

– für jeden Zeitpunkt t

– für jede Teststrecke [a, b]

• deshalb gilt (bei hinreichender Differenzierbarkeit)

Nt(x, t) + Fx(x, t) = 0 ∀x, t

bzw. mit F = F (N):

Nt(x, t) + FN (N(x, t)) · Nx(x, t) = 0 ∀x, t

• Verkehrsgleichung (nichtlineare partielle DGL!)

– berücksichtigt Erhaltung von Autos: Dichteänderungen schlagen sich inFlussänderungen nieder und umgekehrt

– Unbekannte: Dichte; daraus dann mittels F = F (N) der Fluss

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Verkehrsgleichung

• man beachte:

– Die Abhängigkeit F = F (N) ist eine Modellannahme und somit bereit-zustellen (z.B. parabolisches oder kubisches Modell).

– Die Verkehrsgleichung ist ein einfaches Beispiel einer nichtlinearenhyperbolischen Wellengleichung (beschreiben allgemeine Wellenaus-breitungsphänomene).

– Die Ableitung des Flusses nach der Dichte, also

∂NF = FN ,

wird Signalgeschwindigkeit genannt:

* aus Dimensionsgründen (Einheit!) tatsächlich Geschwindigkeit

* Auswirkung einer Dichteänderung (Störung) auf den Fluss, d.h.Ausbreitung der Information einer Änderung oder einer Störung

* Signalgeschwindigkeit ist ungleich Autogeschwindigkeit V

* Signalgeschwindigkeit kann bei V ≥ 0 positiv, negativ oder Nullsein.

• Verkehrsgleichung kann in einfachen Fällen analytisch gelöst werden(Charakteristiken-Methode)

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Zur Signalgeschwindigkeit

• es gilt:

– Signalgeschwindigkeit stets kleiner gleich Autogeschwindigkeit

– Straße leer:N → 0, V → Vmax, F → 0, FN = V,

d.h.

* Verursachte Störungen werden mit den Verursacherautos aus demSystem entfernt, die anderen Teilnehmer merken nichts.

– N und F steigen an:

* Störungen entfernen sich langsamer als die Verursacher.

* Die nachfolgenden Autos werden beeinträchtigt.

– Maximalfluss erreicht:

* Signalgeschwindigkeit wird Null, Störung verharrt an der Quelle

* katastrophal (und das gerade im Idealfall des maximalen Flusses!)

– Dichte steigt weiter, Fluss sinkt wieder:

* negative Signalgeschwindigkeit, Information läuft rückwärts , GAU

* Stau (bei hoher Dichte besonders große negative Signalgeschwin-digkeit)

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Zur Signalgeschwindigkeit (2)

• grafische Veranschaulichung:

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Beispielphänomene

• Losfahren von Autos an der Ampel:

– Signalgeschwindigkeit ist hier praktisch erleb-/erleidbar!

– entspricht abruptem Dichteabfall, der aufgelöst wird (allerdings nichtsofort bzw. „auf einmal“, sondern im Laufe der Zeit)

– immerhin: maximale Dichte an Ampel, also auch maximale negativeSignalgeschwindigkeit!

– Eingriffsmöglichkeiten: Position der Ampel, Synchronisierung aufeinan-der folgender Ampeln, Tempolimits etc.

• Entstehung und Auflösung von Staus:

– eine Spur blockiert: plötzlicher Dichtesprung nach oben bzw. bei opti-malem Einfädeln – Halbierung des Flusses

– zweite Spur wird wieder frei: Dichtesprung nach unten

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Graphische Veranschaulichung

• Dichte und Geschwindigkeit am Anfang

• Verkehrsverhältnisse bewegen sich fort mit FN

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3.4. Wärmeleitung: Modell und numerische Lösung

Auflösung des Raums

• Differentialgleichungen bei Populationsmodellen:

– nur eine unabhängige Variable, nämlich die Zeit

– gewöhnliche Differentialgleichungen (ODE)

• Verkehrsgleichung:

– zwei unabhängige Variablen: Zeit und eine Raumrichtung

– partielle Ableitungen nach beiden Variablen, deshalb partielle Differen-tialgleichung (partial differential equation, PDE)

– wieder (wie bei Populationen) kontinuierliches Modell, obwohl diskreteWelt (Autos)

• Einsatz der Modellwerkzeuge ODE und PDE durchaus auch alternativ:

– höhere Genauigkeit bei PDE (räumliche Heterogenitäten)

– höherer Aufwand bei PDE (Diskretisierung von Zeit und Raum)

– Beispiel: Populationsdynamik

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Raumauflösende Populationsmodelle

• einerseits: rein zeitabhängige Modelle manchmal zu grob

– Bevölkerungsentwicklung in den USA in den 1850ern (California goldrush): stark ausgeprägte räumliche Ost-West-Komponente

– Migration der Weltbevölkerung im 21. Jahrhundert: auch hier räumli-cher Aspekt, prognostizierte Süd-Nord-Wanderung

– Vorhersage von Heuschreckenplagen in Afrika: flächige Ausbreitung,diffusive und andere Effekte

• deshalb Zielgröße eher p(x, t) oder p(x, y, t) anstelle von p(t)

• Erhöhung der Komplexität:

– Modelle: Wie hängen räumliche und zeitliche Ableitungen zusammen(Wellengleichung wäre eine Möglichkeit)?

– Numerik: Erhöhung von Speicher- und Rechenaufwand u.v.m.

• andererseits: höhere Genauigkeit überhaupt erforderlich?

– Europa: viele Auswanderer (egal, wo das Gold gefunden wird)

– USA: wichtig zu wissen, wo Infrastruktur bereitzustellen

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Systemschicht vs. Prozessebene

• Systemschicht:

– Interesse nur an makroskopischen Phänomenen wie Wirkungsgrad,Kosteneffizienz etc.

• Prozessschicht:

– Verständnis der die Makroebene bestimmenden mikroskopischen Pro-zesse

• Gretchenfragen:

– Was aus der Mikrowelt brauche ich nur zum Zwecke der Erkenntnis?

– Was aus der Mikrowelt darf ich nicht ohne signifikante Konsequenzenfür die Makrowelt vernachlässigen?

– Beispiel: Bauelemente und Schaltkreise

* für Standard-Schaltplan reicht Kirchhoff; keine „Elektronen“

* für EMV (elektromagnetische Verträglichkeiten, z.B. Wechselwir-kungen zwischen zwei benachbarten Leiterbahnen) reicht Kirch-hoff nicht

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3.4.1. Modellierung mit PDE

• Raumauflösung ist essentiell für viele Probleme bzw. Phänomene aus Phy-sik oder Kontinuumsmechanik:

– Strömungsmechanik/Thermodynamik:

* Wo entsteht ein Tornado?

* Ist die gegebene Karosserie aerodynamisch günstig?

– Strukturmechanik?

* Hält das Gebäude einer Belastung stand?

* Wo sind Sollbruchstellen?

– Verfahrenstechnik:

* Wo wird es wie heiß in einem (nuklearen / chemischen / biologi-schen) Reaktor?

– Elektromagnetismus:

* Wo im Transistor ist die Elektronendichte wie hoch?

– Geologie:

* Wann, wo und wie heftig wird es Erdbeben geben?

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Mit oder ohne Zeit?

• stationäre Phänomene:

– keine Zeit-, sondern nur Ortsabhängigkeit

– bei eindimensionalem Raum: wieder ODE!

– Beispiele: Gleichgewichtssituationen

* Auflösung einer löslichen Substanz in Wasser ohne äußere Einflüs-se (die Dinge ändern sich zwar, streben aber zu einer stationärenLösung)

* Temperaturverteilung in konstant beheiztem Raum

• instationäre Phänomene:

– Zeit- und Ortsabhängigkeit

– auf jeden Fall PDE!

– Beispiele:

* Oszillationen: mechanische Belastung einer Schiffschaukel

* Turbulenz (vgl. Strömung über Wehr, Wirbel im Nachlauf startenderFlugzeuge)

* Regelkreis (ständig angepasste Randbedingungen)

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Beispiel: Wärmeleitung

• Kernproblem der Thermodynamik

– Wärme beeinflusse die Oberfläche eines Objekts

– Ziel: Ausbreitung bzw. Verteilung vorhersagen

• Beispiele:

– ein Hitzdraht

– ein Kochtopf auf einer Herdplatte

– Kühlwasser im Reaktor eines Kernkraftwerks

– ein Zimmer im Winter: wo die Heizung platzieren?

– ein Zimmer im Sommer: Aufheizung an Fensterflächen

• Objekt der Begierde i.W.: Temperatur T

T (x; t) oder T (x, y; t) oder T (x, y, z; t)

• entscheidend:

– Rand- und Anfangsbedingungen

– Materialeigenschaften (Wärmeleitfähigkeit etc.)

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Szenario

• Gebiet Ω ⊂ IR3 , Gebietsrand ∂Ω , Zeitintervall [0, τ ]

• Start: Wasser kalt, Platte kalt

• dann: Einschalten der Platte

– Platte schnell auf Zieltemperatur, Wasser erhitzt sich allmählich

– beachte Kühlwirkung des Außenraums des Topfes

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Ein Modell für die Wärmeleitung

• Standardbeispiel für eine physikalische Herleitung

• mehrteiliges Modell:

– die PDE:

* beschreibt die Wechselwirkungen von Temperaturänderungen inBezug auf Raum (hier jetzt 3D) und Zeit

* eine Gleichung für eine gesuchte Funktion ausreichend

* Gleichung bestimmt Schar von Lösungen

– Anfangs- und Randbedingungen:

* zur eindeutigen Festlegung der gesuchten Lösung

* Anfangsbedingungen: Temperaturfeld im gesamten Gebiet zum Start-zeitpunkt (wie bei ODE)

* Randbedingungen: Temperaturdaten (Werte oder Änderungen) amRand des betrachteten Gebiets zu allen Zeiten

• beide Teile sind herzuleiten

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Herleitung der Wärmeleitungsgleichung

• die Lösung vorneweg, dieWärmeleitungsgleichung:

κ · (Txx + Tyy + Tzz) = κ ·(∂2T

∂x2+

∂2T

∂y2+

∂2T

∂z2

)=

∂T

∂t= Tt

oder kurzκ · ∆T = Tt

mit dem Laplace-Operator

∆ = Txx + Tyy + Tzz

• kurze (!) Herleitung als kleiner Ausflug in die Physik:

– Start ist das grundlegende Prinzip der Energieerhaltung

– zeitliche Temperaturänderungen in einem TeilgebietD des Gebiets sindbedingt entweder durch Wärmefluss durch die Oberfläche von D oderdurch Wärmequellen und -senken im Innern von D :

∂t

∫D

ρcT dV =∫

D

q dV +∫

∂D

k∇T · n dS

– Dichte ρ , spezifische Wärme c , Quellterm q , Wärmeleitfähigkeit k,äußere Normale n, Volumenelement dV bzw. Oberflächenelement dS,Gradient ∇

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Veranschaulichung der Energieerhaltung

• idealisiertes Volumenelement D :

– Wärmeänderung in D durch

* A:Wärmefluss ins Element hinein bzw. aus dem Element heraus

* B: Wärmequellen oder -senken im Innern

• Erhaltung der Wärme oder Umwandlung der Wärmeenergie (z.B. in kineti-sche Energie)

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Herleitung (2)

• Transformation mit dem Gaußschen Integralsatz in ein reines Volumeninte-gral: ∫

D

(ρcTt − q − k ∆T ) dV = 0

• Integral verschwindet für beliebiges Teilgebiet D , daher muss Integrand Nullsein:

Tt = κ ∆T +q

ρc, κ =

k

ρc

• κ > 0 wird thermischer Diffusionskoeffizient genannt (Laplace-Operator be-schreibt Diffusions- oder Ausgleichsprozesse)

• ohne äußeren Einfluss q = 0 ergibt sich eben die Wärmeleitungsgleichung:

Tt = κ∆T

• stationärer Fall: Laplace-Gleichung

∆T = 0

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Herleitung (3)

• dies ist Beispiel für Standard-Vorgehensweise bei der Modellierung in derPhysik (leicht verkürzt)

– Start bei einem grundlegenden physikalischen Gesetz:

* der berühmte Apfel

* die Erhaltung von Masse

* die Erhaltung von Energie oder ...

– daraus Gewinnung einer Bilanzgleichung (typischerweise ein summa-torischer Zusammenhang mit Integralen)

– Zuhilfenahme der Analysis: Vereinfachung

* Gaußscher Integralsatz (ein üblicher Verdächtiger)

* „Integral verschwindet stets“ zieht „Integrand Null“ nach sich

– Vereinfachung durch physikalische Einschränkungen

* keine Quellterme etc.

– am Ende dann die gewünschte (Differential-) Gleichung

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Typen von Randbedingungen

• nun zu (einigen) möglichen Randbedingungen:

– Dirichlet Randbedingungen: T auf Rand vorgegeben

T (t; x, y, z) = ψ(t; x, y, z) auf ∂Ω

* Temperatur T selbst wird auf dem Rand festgeschrieben

* d.h.: definiertes Heizen oder Kühlen

– Neumann Randbedingungen: Normalableitung (Ableitung in Richtungder äußeren Normalen) von T auf Rand vorgegeben

∂T

∂n(t; x, y, z) = ∇T (t; x, y, z) · n = ϕ(t; x, y, z) auf ∂Ω

* Wärmefluss durch Rand bzw. Teile des Rands festgeschrieben

* Wert Null: keine Temperaturunterschiede, folglich kein Wärmetrans-port in das Gebiet hinein oder aus dem Gebiet hinaus, d.h. vollstän-dige Isolation

ϕ(t; x, y, z) = 0 auf ∂Ω

• Frage: Was ist physikalisch sinnvoll (oft nicht trivial)?

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Rand- und Anfangsbedingungen

• möglich sind:

– reine Dirichlet-Randbedingungen

* Temperaturvorgabe auf dem gesamten Rand

– Mix aus Dirichlet- und Neumann-Randbedingungen

* teils Vorgabe der Temperatur, teils Vorgabe des Flusses

– reine Neumann-Randbedingungen dagegen nicht:

* reichen nicht zur Gewährleistung einer eindeutigen Lösung

* mit T ist auch jedes T + const. Lösung (Funktionen sind durch ihreAbleitungen alleine noch nicht eindeutig charakterisiert)

* dies physikalisch auch vernünftig: Fluss legt Absolutbetrag nichtfest!

• Anfangsbedingungen:

– Wert der Temperatur zur Startzeit im gesamten Gebiet, z.B.

T (0;x, y, z) = φ(x, y, z) in Ω

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Zurück zum Szenario

• Gebiet Ω ⊂ IR3 , Zeitintervall [0, τ ]

• Anfangsbedingung: T = const. im ganzen Topf

• Randbedingungen:

– Platte: evtl. Hochfahren, dann konstant heiß (also Dirichlet)

– Seitenwand und oben: konstanter Wärmeabtransport (Neumann)

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Tut’s nicht auch eine Raumdimension?

• Gebiet Ω ⊂ IR3 , Zeitintervall [0, τ ]

• perfekte Platte:

– bei z = 0 gleichmäßig (flächig) beheizt

– größere Unterschiede wohl nur in der Höhe

– Eine Raumdimension (z-Koordinate) scheint auszureichen.

• z > 0 : Störung der Homogenität der Temperatur in einer Ebene durch Kühl-wirkung am Rand?

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Reichen zwei Raumdimensionen?

• Gebiet Ω ⊂ IR3 , Zeitintervall [0, τ ]

• reale Platte:

– Beheizung von der Plattenmitte aus

– Unterschiede in der Höhe, im Abstand von Mitte

– Zwei Raumdimensionen (z- und r- Koordinate)!

• aber: Konkrete Position (Winkel) wirklich egal?

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Also doch drei Raumdimensionen?

• Gebiet Ω ⊂ IR3 , Zeitintervall [0, τ ]

• kaputte Platte:

– Beheizung von Plattenmitte aus, nicht rotationssymmetrisch

– Unterschiede in der Höhe, im Abstand von Mitte, im Winkel

– Drei Raumdimensionen (z-, r- und ϕ -Koordinate)!

– gleich gute, aber adäquatere Beschreibung als (x, y, z)-System

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Zur Lösung des Modells

• Wärmeleitung ist beliebtes Anschauungsbeispiel:

– allgemeine Aussagen zu Existenz und Eindeutigkeit von Lösungen mög-lich

– In einfachen eindimensionalen Konfigurationen kann die Lösung expli-zit bestimmt werden (Separation der Variablen, Fourier-Methode).

– insofern Beispiel eines sehr einfachen Rand- bzw.Rand-Anfangswertproblems

• allgemein

– Existenz und Eindeutigkeit von Lösungen oft offen

– nur numerische Lösung möglich

– insbesondere im höherdimensionalen Fall (drei Raumdimensionen plusZeit) oft extrem aufwändig

• Numerik von PDE eines der wichtigsten Themen der numerischen Simulati-on!

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Klassifizierung: Typen von PDE

• Wärmeleitungsgleichung ist einfaches Beispiel einer linearen PDE 2. Ord-nung in d Dimensionen:

d∑i,j=1

ai,j(x) · Txi,xj (x) +d∑

i=1

ai(x) · Txi(x) + a(x) · T (x) = f(x)

– linear: nur Linearkombination verschiedener Ableitungen, keine Pro-dukte etc.

– 2. Ordnung: nur Funktion selbst, erste und zweite Ableitungen

– d = 4 : drei Raumdimensionen und die Zeit, also x = (x, y, z; t)

– Wärmeleitungsgleichung: alle Koeffizientenfunktionen konstant!

κ · ∆T − Tt = κ · Txx + κ · Tyy + κ · Tzz − Tt = 0

A = (aij)i,j =

⎛⎜⎜⎝κ 0 0 00 κ 0 00 0 κ 00 0 0 0

⎞⎟⎟⎠ , b = (ai)i =

⎛⎜⎜⎝000−1

⎞⎟⎟⎠ , a = f = 0

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Klassifizierung (2)

• Man unterscheidet drei Typen:

– elliptische PDE:

* Matrix A der Koeffizienten ai,j ist positiv oder negativ definit– hyperbolische PDE:

* Matrix A hat einen positiven und d − 1 negative Eigenwerte oderumgekehrt

– parabolische PDE:

* ein Eigenwert von A ist Null, die anderen haben gleiches Vorzei-chen

* Rang vonA zusammenmit dem Vektor ai ist maximal bzw. voll, d.h.Wert d (wenn nach einer Variablen keine zweite Ableitung auftritt,dann wenigstens eine erste!)

• einfache Beispiele:

– elliptisch: Laplace- oder Potenzialgleichung

∆u = 0

– parabolisch:Wärmeleitungsgleichung

∆u = ut

– hyperbolisch:Wellengleichung

∆u = utt

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3.4.2. Numerik von PDE

• Klassifizierung wichtig:

– verschiedene Klassen erfordern komplett verschiedene Numerik

– hier: Beschränkung auf den elliptischen Fall, genauer auf die einfacheLaplace-Gleichung ∆u = 0

• verschiedene Diskretisierungsverfahren:

– Finite Differenzen (FD):

* direkte Approximation aller auftretenden Ableitungsterme (vgl. ODE)

* nahe liegender, direkter Ansatz

* leicht zu implementieren, allerdings wenig theoretischer Hintergrund

– Finite Volumen (FV):

* direkte Implementierung der kontinuumsmechanischen Erhaltungs-sätze auf kleinen Volumen, insb. bei Strömungen

– Finite Elemente (FEM):

* Variationsansatz, betrachte eine leicht abgeschwächte Variante derPDE anstatt ihrer selbst

* komplizierter in der Implementierung, aber schöne Theorie

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Finite Differenzen Verfahren

• gegeben: GebietΩ ⊆ IRd, d ∈ 1, 2, 3

• darauf wird definiert: (regelmäßiges) Gitter Ωh

• Gitterabstand oderMaschenweite

h = (hx, hy, hz)

• ersetze Ableitungen durch Differenzenquotienten:

– erste Ableitungen: Vorwärts-, Rückwärts- oder zentrale Differenzen

∂u

∂x(ξ) .=

u(ξ + hx) − u(ξ)hx

,u(ξ) − u(ξ − hx)

hx,u(ξ + hx) − u(ξ − hx)

2hx

– zweite Ableitungen: Standard 3-Punkt-Stern (vgl. Abschnitt 3.1.2)

∂2u

∂x2

.=u(ξ + hx) − 2u(ξ) + u(ξ − hx)

h2x

– Laplace-Operator in 2D oder 3D: 5-Punkt- oder 7-Punkt-Stern

– Es gibt auch breitere Sterne (Involvierung von mehr Nachbarn).

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Finite Differenzen Verfahren (2)

• in jedem inneren Gitterpunkt:

– setze eine Differenzengleichung an

– Unbekannte (Freiheitsgrade): diskrete Näherungswerte für die Funkti-onswerte in den Gitterpunkten

– ein Freiheitsgrad pro Gitterpunkt und pro (skalarer) unbekannter Größe

• in Punkten auf dem oder nahe am Rand:

– konkrete Gestalt der Gleichung hängt von Randbedingungen ab:

* Dirichlet: keine Differenzengleichung in Randpunkten (dort ist Funktions-wert ja vorgegeben, somit keine Unbekannte)

* Neumann: spezielle Gestalt der Differenzengleichung amRand (Ein-bau der Randbedingungen, vgl. RWP bei ODE in Abschnitt 3.1)

• Diskretisierung führt auf lineares Gleichungssystem (LGS)

– im Allgemeinen dünn besetzt

– schnelle (iterative) Lösungsverfahren lebenswichtig

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Finite Differenzen Verfahren (3)

• einfaches Beispiel: Poisson-Gleichung auf dem Einheitsquadrat

−∆u = f on ]0, 1[2

• äquidistantes quadratisches Gitter: h = hx = hy = 1/N

• Anzahl der Freiheitsgrade (Unbekannten): M = (N − 1)2

• Standard-5-Punkt-Stern ergibt lineares System Ax = b mit

– M × M -Matrix A (die punktweisen Differenzengleichungen)

– M -Vektoren b (rechte Seite) und x (gewünschte Werte von u )

• A ist eine dünn besetzte Matrix (sparse matrix) mit Bandstruktur; nach Multi-plikation mit h2 :

– Dirichlet Randbedingungen:

* alle Diagonalelemente sind 4, pro Zeile 2 bis 4 Nicht-Nullen (−1)

* Randwerte auf die rechte Seite

– Neumann Randbedingungen (z.B., verschiedene Möglichkeiten):

* Diagonalelemente sind 2 oder 3 nahe dem Rand und 4 sonst;dementsprechend viele – 1en (2 bis 4) in jeder Zeile

* Paare (1,−1) entlang dem Rand auf die rechte Seite

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Diskretisierung eines Dirichlet-Rands

• Dirichlet: • Punkt auf dem Rand, Wert gegeben

• Differenzengleichung:

−u(x − h, y) + 2u(x, y) − u(x + h, y)h2

+−u(x, y − h) + 2u(x, y) − u(x, y + h)

h2

= f(x, y)

• Matrixzeile je nach Lage (nach Multiplikation mit h2 ):

(. . . − 1 . . . − 1 . . . 4 . . . − 1 . . . − 1 . . .),

(. . . − 1 . . . − 1 . . . 4 . . . − 1 . . .),

(. . . − 1 . . . 4 . . . − 1 . . .)

• Bekanntes (Randwerte): auf rechte Seite der Gleichung bringen

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Diskretisierung eines Neumann-Rands

• Neumann: z.B. u(x,y+h)−u(x,y)h am oberen Rand bekannt

• Differenzengleichung:

u(x − h, y) − 2u(x, y) + u(x + h, y)h2

+u(x, y − h) − 2u(x, y) + u(x, y + h)

h2= −f(x, y)

• Matrixzeile je nach Lage (nach Multiplikation mit h2 ):

(. . . − 1 . . . − 1 . . . 4 . . . − 1 . . . − 1 . . .),

(. . . − 1 . . . − 1 . . . 3 . . . − 1 . . .),

(. . . − 1 . . . 2 . . . − 1 . . .)

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Finite Differenzen Verfahren (4)

• Genauigkeit typischerweise quadratisch:

‖uberechnet − uexakt‖ = O(h2) = O(N−2)

• Fluch der Dimension:

– es werden O(Nd) Punkte bei d Dimensionen benötigt

• Ansatzpunkte für Verbesserungen:

– Sterne höherer Ordnung (kubisch, quartisch, ...):

* mehr als zwei benachbarte Punkte pro Raumrichtung heranziehen

* Problem: Matrix wird voller (weniger Nicht-Nullen)

– größere Sparsamkeit mit Gitterpunkten:

* lokal verfeinerte Gitter verwenden (adaptive Gitter)

* Problem: Vorgehensweise an den Nahtstellen – welcher Wert?

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Finite Elemente Methoden

• keine direkte Diskretisierung von Ableitungen, sondern Transformation derPDE in eine schwache Form (Integralform, Skalarprodukt)

• fünf wesentliche Schritte:

– Substrukturierung oder Gittererzeugung: zerlege das Gebiet in ein-zelne Parzellen endlicher Ausdehnung (finite Elemente)

– schwache Form: erfülle die PDE nicht punktweise überall, sondern nurnoch abgeschwächt (in Form eines Skalarprodukts) bzw. gemittelt (alsIntegral)

– endlich dimensionaler Ansatzraum: ersetze die kontinuierliche Lö-sung in der schwachen Form durch geeignete diskrete Approximatio-nen

– System linearer Gleichungen: stelle (wieder) das zugehörige Systemlinearer Gleichungen auf (eine Gleichung für jeden Freiheitsgrad)

– Lösung des linearen Systems: Einsatz geeigneter Iterationsverfahrenzur Bestimmung der Approximation der Lösung

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Substrukturierung, Gittererzeugung

• unterteile das Problemgebiet in finite Elemente:

– Vorgehen aus den Ingenieurwissenschaften (Statik):

* zerlege komplexe Objekte in Standardkomponenten, deren Verhal-ten einfach zu beschreiben ist

* leite daraus das Verhalten des Gesamtobjekts ab

– in 3D erhält man ein FE-Netz (geeignete Datenstruktur!) mit

* Elementen: 3D Atome (Würfel, Tetraeder, ...)

* Flächen: 2D Oberflächenstrukturen (Dreiecke, Quadrate, ...)

* Kanten: 1D Randstrukturen der Elemente

* Gitterpunkten oder Knoten: hier leben die Unbekannten

• Zu jedem Knoten gehört eine Ansatzfunktion ϕk :

– endlicher Träger: von Null verschieden nur in Nachbarelementen

– alle Ansatzfunktionen zusammen spannen den linearen und endlich-dimensionalen Ansatzraum auf und bilden eine Basis

– in diesem Ansatzraum Vn wird die Näherung der Lösung gesucht

• einfachste Basis von Ansatzfunktionen ϕk in 1D: stückweise lineare Stütz-punktbasis

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Schwache Form der PDE

• L bezeichne den Differentialoperator (z.B. ∆ )

• anstelle von Lu = f auf Ω betrachte∫Ω

Lu · ψl dΩ =∫

Ω

f · ψl dΩ ∀ψl

für eine Menge von Testfunktionen ψl

– Methode der gewichteten Residuen oder Galerkin-Ansatz

– somit ein weiterer linearer Raum, jetzt von diesen Testfunktionen auf-gespannt der Testraum Wn

– falls Test- und Ansatzraum

* identisch: Ritz-Galerkin-Ansatz

* verschieden: Petrov-Galerkin-Ansatz

– Linearität: nur Basisfunktionen müssen schwache Form erfüllen

– Schreibweise: Bilinearform a(., .) und Linearform b(.):

a(u, ψl) = b(ψl) ∀ψl ∈ Wn

– das sind n lineare Gleichungen (n : Dimension des Testraums)

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Diskrete Approximation und Gleichungen

• ersetze (exakte/kontinuierliche) Lösung u in obigen n Gleichungen durcheine diskrete Approximation in Vn (damit n Unbekannte ak ):

un =∑

k

αkϕk ∈ Vn

• in der schwachen Form:

a(un, ψl) = a(∑

k

αkϕk, ψl

)=∑

k

αk · a(ϕk, ψl) = b(ψl) ∀ψl ∈ Wn

• alle a(ϕk, ψl) und b(ψl) :

– hängen nicht ab von der jeweiligen Approximation für u, sondern nurvom Problem (vgl. ihre Definition!)

– ein für alle Mal zu Beginn zu berechnen

– führt auf System von n linear unabhängigen linearen Gleichungen inn Unbekannten: Ax = b mit der sogenannten Steifheitsmatrix A (alsowieder LGS wie bei Finiten Differenzen)

Populationsdynamik: . . .

Regelungstechnik: . . .

Verkehrsfluss: . . .

Wärmeleitung: Modell . . .

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Lösung des resultierenden LGS

• Eigenschaften von A (und unseres LGS):

– insb. bei Ritz-Galerkin Vn = Wn ist A oft symmetrisch positiv definit(SPD)

– Traumkonstellation: A diagonal, d.h. alle Ansatz- bzw. Testfunktionensind (bi-) orthogonal (selten, und wenn, dann schwer erreichbar)

ai,j = a(ϕi, ϕj) =∫

Ω

Lϕi · ϕj dΩ = δi,j

– immerhin: Ansatz- und Testfunktionen haben i.A. nur lokalen Träger

– deshalb ist A typischerweise dünn besetzt

– deshalb und aufgrund der oft hohen Zahl von Unbekannten werdeniterative Löser benötigt

• Strategie folglich:

– wähle Ansatz- und Testräume mit guten Approximationseigenschaften

– konstruiere für diese Räume Basen, die in „schönen“ Matrizen und da-mit in schnell zu lösenden LGS resultieren

– Wesentlich besser als Stützpunktbasen (gleiche Basisfunktion in je-dem Gitterpunkt) sind hier hierarchische Basen, wie sie in der Vorlesung„Hierarchie und Rekursion in numerischen Algorithmen“ betrachtet wer-den.

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Populationsdynamik: . . .

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Standard-Iterationsverfahren für LGS

• iterative Lösung großer (dünn besetzter) LGS:

– eine der zentralen numerischen Aufgabenstellungen in der numerischenSimulation

– treten bei der Diskretisierung von ODE (RWP) und PDE auf

• direkte Löser oft nicht wettbewerbsfähig:

– Zahl der Unbekannten zu groß (vgl. PDE in 3D)

– klassische Elimination zerstört die (dünne) Struktur der Matrix

– wozu exakte Lösung bei Approximationen? (gilt insb. im nichtlinearenFall, wo ein LGS in jedem äußeren Iterationsschritt zur Behandlung derNichtlinearität auftritt)

– Ziel: Performance nach der Art „für 3 Stellen braucht man 10 Schritte“– unabhängig von der Zahl der Unbekannten

• typisch jedoch für die klassischen Iterationsverfahren:

– Konvergenzgeschwindigkeit verschlechtert sich mit wachsender Pro-blemgröße!

Populationsdynamik: . . .

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Grundlegendes zu Iterationsverfahren

• betrachte Iterationsverfahren, starte bei x(0) ∈ IRn und ende (hoffentlich)nahe bei Lösung x von Ax = b:

x(0) → x(1) → . . . → x(i+1) → . . . → limi→∞

x(i) = x

• Konvergenzgeschwindigkeit:

‖x − x(i+1)‖ < γ · ‖x − x(i)‖s

für ein 0 < γ < 1 , Konvergenzordnung s

• typisches Verhalten einfacher Iterationsverfahren für LGS:

s = 1, γ = O(1 − n−k), k ∈ 0, 1, 2, ...(n : Anzahl der Gitterpunkte)

• Strategie: suche Verfahren mit

– nur O(n) arithmetischen Operationen pro Iterationsschritt (Kosten; soviel Aufwand wohl mindestens nötig)

– Konvergenzverhalten gemäß γ < 1 − const. (Nutzen)

• zwei große Familien: Relaxations- und Krylov-Raum-Verfahren

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Relaxationsverfahren

• manchmal auch Glätter genannt:

– Richardson-Iteration

– Jacobi-Iteration

– Gauß-Seidel-Iteration

– Überrelaxation (SOR) oder gedämpfte Methoden

• Ansatzpunkte:

– Fehler e der momentanen Näherung (Ursache): unbekannt

– Residuum r der momentanen Näherung (Wirkung): ermittelbar

r(i) = b − Ax(i) = Ax − Ax(i) = A(x − x(i)) = −Ae(i)

(mangels Besserem als Fehlerindikator verwendet)

• wie Residuum für verbesserte Approximation verwerten?

– Richardson: Residuum direkt als Korrektur

– Jacobi/Gauß-Seidel: eine Komponente von r zu Null machen

– SOR/gedämpft: wie zuvor, aber Korrektur etwas zu hoch / niedrig

Populationsdynamik: . . .

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Wichtige Relaxationsverfahren

• Richardson-Iteration:

for i = 0,1,...for k = 1,...,n: x

(i+1)k := x

(i)k + r

(i)k

Hier wird einfach das Residuum r(i) komponentenweise als Korrektur für dieaktuelle Näherung x(i) herangezogen.

• Jacobi-Iteration:

for i = 0,1,...for k = 1,...,n: yk := 1

akk· r(i)

k

for k = 1,...,n: x(i+1)k := x

(i)k + yk

– In jedem Teilschritt k eines Schritts i wird eine Korrektur yk berechnetund gespeichert.

– Sofort angewendet, würde diese zum (momentanen) Verschwinden derk-Komponente des Residuums r(i) führen (leicht durch Einsetzen zuverifizieren).

– Gleichung k wäre mit dieser aktuellen Näherung für x somit exakt ge-löst – ein Fortschritt, der im folgenden Teilschritt zu Gleichung k + 1natürlich gleich wieder verloren ginge.

– Allerdings werden diese Komponentenkorrekturen nicht sofort, sondernerst am Ende eines Iterationsschritts durchgeführt (zweite k-Schleife).

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Wichtige Relaxationsverfahren (2)

• Gauß-Seidel-Iteration:

for i = 0,1,...for k = 1,...,n: r

(i)k := bk−

∑k−1j=1 akjx

(i+1)j −∑n

j=k akjx(i)j

yk := 1akk

· r(i)k , x

(i+1)k := x

(i)k + yk

– Hier wird also dieselbe Korrektur wie beim Jacobi-Verfahren berechnet,der Update wird jetzt allerdings immer sofort und nicht erst am Endedes Iterationsschritts vollzogen.

– Damit liegen beim Update von Komponente k für die Komponenten 1bis k − 1 bereits die modifizierten neuen Werte vor.

• Manchmal führt in jeder der drei skizzierten Methoden ein Dämpfen (Multi-plikation der Korrektur mit einem Faktor 0 < α < 1) bzw. eine Überrelaxation(Faktor 1 < α < 2) zu einem besseren Konvergenzverhalten:

x(i+1)k := x

(i)k + αyk .

– Im Gauß-Seidel-Fall ist vor allem die Version mit α > 1 gebräuchlich,man spricht hier von SOR-Verfahren (Successive Over Relaxation).

– Im Jacobi-Fall wird dagegen meistens gedämpft.

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Diskussion: Additive Zerlegung der Systemmatrix

• Für eine kurze Konvergenzanalyse der obigen Verfahren benötigen wir einealgebraische Formulierung (anstelle der algorithmischen).

• Alle gezeigten Ansätze basieren auf der einfachen Idee, die Matrix A alsSumme A = M + (A − M) zu schreiben, wobei Mx = b sehr einfach zulösen und der Unterschied A − M bzgl. einer Matrixnorm nicht zu groß seinsollte.

• Mit Hilfe eines solchen geeigneten M werden sich Richardson-, Jacobi-,Gauß-Seidel- und SOR-Verfahren schreiben lassen als

Mx(i+1) + (A − M)x(i) = b

bzw., nach x(i+1) aufgelöst,

x(i+1) := M−1b−M−1(A−M)x(i) = M−1b−(M−1A−I)x(i) = x(i)+M−1r(i) .

• Darüber hinaus zerlegen wir A additiv in seinen Diagonalteil DA, seinenstrikten unteren Dreiecksteil LA sowie seinen strikten oberen DreiecksteilUA:

A =: LA + DA + UA .

Damit können wir die folgenden Beziehungen zeigen:

– Richardson: M := I ,

– Jacobi: M := DA ,

– Gauß-Seidel: M := DA + LA ,

– SOR: M := 1αDA + LA .

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Diskussion: Additive Zerlegung der Systemmatrix (2)

• Bei Betrachtung der algorithmischen Formulierungen für das Richardson-sowie das Jacobi-Verfahren erweisen sich die ersten beiden Gleichungenals offensichtlich:

– Bei Richardson wird das Residuum direkt als Korrektur genommen, alsVorfaktor ergibt sich somit die Identität I.

– Bei Jacobi wird das Residuum durch das Diagonalelement dividiert, alsVorfaktor ergibt sich somit die Inverse des Diagonalanteils DA.

• Weil die Gauß-Seidel-Iteration ein Spezialfall des SOR-Verfahrens ist (α =1), reicht es aus, obige Formel für M für den allgemeinen SOR-Fall zu zei-gen. Aus dem Algorithmus folgt unmittelbar

x(i+1)k := x

(i)k + α

⎛⎝bk −k−1∑j=1

akjx(i+1)j −

n∑j=k

akjx(i)j

⎞⎠ /akk

⇔ x(i+1) := x(i) + αD−1A

(b − LAx(i+1) − (DA + UA)x(i)

)⇔ 1

αDAx(i+1) =

DAx(i) + b − LAx(i+1) − (DA + UA)x(i)

⇔(

DA + LA

)x(i+1) +

((1 − 1

α)DA + UA

)x(i) = b

⇔ Mx(i+1) + (A − M)x(i) = b ,

womit die Behauptung für das SOR-Verfahren bewiesen ist.

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Diskussion: Allgemeines Konvergenzverhalten

• Was die Konvergenz angeht, so gibt es zwei unmittelbare Konsequenzenaus dem Ansatz

Mx(i+1) + (A − M)x(i) = b :

– Falls die Folge(x(i))konvergiert, dann ist der Grenzwert die exakte

Lösung x unseres Systems Ax = b.

– Für die Analyse werde angenommen, dass die Iterationsmatrix−M−1(A−M) (d.h. die Matrix, die auf e(i) angewandt wird, um e(i+1) zu erhalten;s.u.) symmetrisch sei. Dann ist der Spektralradius ρ (d.h. der betrags-größte Eigenwert) die für das Konvergenzverhalten entscheidende Grö-ße: (

∀x(0) ∈ IRn : limi→∞

x(i) = x = A−1b)

⇔ ρ < 1 .

Um das zu sehen, subtrahiere man Mx + (A − M)x = b von der Glei-chung ganz oben:

Me(i+1) + (A − M)e(i) = 0 ⇔ e(i+1) = −M−1(A − M)e(i) .

Wenn alle Eigenwerte betragsmäßig kleiner 1 sind und somit ρ < 1 gilt,werden alle Fehlerkomponenten in jedem Iterationsschritt reduziert. ImFalle ρ > 1 wird sich mindestens eine Fehlerkomponente aufschaukeln.

– Ziel bei der Konstruktion iterativer Verfahren muss natürlich ein mög-lichst kleiner Spektralradius der Iterationsmatrix sein (möglichst nahebei Null).

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Diskussion: Konvergenzaussagen

• Es gibt eine Reihe von Resultaten zur Konvergenz der verschiedenen Ver-fahren, von denen einige bedeutende erwähnt werden sollen:

– Notwendig für die Konvergenz des SOR-Verfahrens ist 0 < α < 2.

– Falls A positiv definit ist, dann konvergieren sowohl das SOR-Verfahren(für 0 < α < 2) als auch die Gauß-Seidel-Iteration.

– Falls A und 2DA − A beide positiv definit sind, dann konvergiert dasJacobi-Verfahren.

– Falls A strikt diagonal dominant ist (d. h. aii >∑

j =i | aij | für alle i),dann konvergieren das Jacobi- und das Gauß-Seidel-Verfahren.

– In bestimmten Fällen lässt sich der optimale Parameter α bestimmten(ρ minimal, so dass Fehlerreduktion pro Iterationsschritt maximal).

• Die Gauß-Seidel-Iteration ist nicht generell besser als das Jacobi-Verfahren(wie man aufgrund des sofort vollzogenen Updates vermuten könnte). Esgibt Beispiele, in denen Erstere konvergiert und Letzteres divergiert, undumgekehrt. In vielen Fällen kommt das Gauß-Seidel-Verfahren jedoch mitder Hälfte der Iterationsschritte des Jacobi-Verfahrens aus.

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Zum Spektralradius typischer Iterationsmatrizen

• Offensichtlich ist ρ nicht nur entscheidend für die Frage, ob die Iterations-vorschrift überhaupt konvergiert, sondern auch für deren Qualität, also ih-re Konvergenzgeschwindigkeit: Je kleiner ρ ist, desto schneller werden alleKomponenten des Fehlers e(i) in jedem Iterationsschritt reduziert.

• In der Praxis haben die obigen Resultate zur Konvergenz leider eher theo-retischen Wert, da ρ oft so nahe bei 1 ist, dass – trotz Konvergenz – dieAnzahl der erforderlichen Iterationsschritte, bis eine hinreichende Genauig-keit erreicht ist, viel zu groß ist.

• Ein wichtiges Beispielszenario ist die Diskretisierung partieller Differential-gleichungen:

– Typisch ist, dass ρ von der Problemgröße n und somit von der Auflö-sung h des zugrunde liegenden Gitters abhängt, also beispielsweise

ρ = O(1 − h2l ) = O

(1 − 1

4l

)bei einer Maschenweite hl = 2−l.

– Dies ist ein gewaltiger Nachteil: Je feiner und folglich auch genauer un-ser Gitter ist, umso erbärmlicher wird das Konvergenzverhalten unsereriterativen Verfahren. Bessere iterative Löser (z.B. Mehrgitterverfahren,die aber den Rahmen dieser Vorlesung sprengen würden) sind also einMuss!

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Ganz anders: Steilster Abstieg

• alternative Sehweise für positiv definites A :

x löstAx = b ⇔ x minimiert f(x) = 0.5 · xT Ax − bT x + c

(Eindeutigkeit des Minimums, da A positiv definit)

• somit neue Strategie:

– suche nach Minimum der Funktion f

– möglicher Weg: Methode des steilsten Abstiegs

repeat(i) : αi =r(i)T

r(i)

r(i)T Ar(i);

x(i+1) = x(i) + αir(i);

r(i+1) = r(i) − αiAr(i);

– sucht nach maximaler Verbesserung in Richtung des negativen Gradi-enten)

−f ′(x(i)) = r(i)

– eindimensionale Suche nach Minimum: minαi f(x(i) + αir(i))!

– vernünftige Vorgehensweise, aber trotzdem stark heuristisch

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Steilster Abstieg (2)

• Geht’s noch simpler?

– 1D-Suche längs der Koordinatenachsen (statt Gradienten)

– führt zu Gauß-Seidel-Iteration (man sieht: alles ist verwandt!)

• Konvergenzgeschwindigkeit:

– beliebig langsam

– erzielter Fortschritt kann immer wieder verloren gehen (unabhängigeslokales Herumoptimieren in wechselnde und nicht zusammenhängen-de Richtungen)

• entscheidende Größe hier:

– spektrale Konditionszahl von A (Eigenwerte betragsmäßig)

κ(A) =λmax(A)λmin(A)

– gut: möglichst klein, also begrenzte Breite des Spektrums (auch beizunehmender Auflösung des Gitters)

– ergo: algorithmische Entwicklung muss in Richtung einer Zähmung derEigenwerte gehen (diesmal der Systemmatrix anstelle der Iterations-matrix wie bei den Relaxationsverfahren)

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Verbesserung: Konjugierte Richtungen

• Verbesserung gegenüber steilstem Abstieg:

– orthogonale Suchrichtungen, Fehler nach i Schritten soll orthogonalauf allen vorigen Suchrichtungen stehen

– nichts zerstört, folglich: im Prinzip direktes Verfahren (nach n Schrittenim Optimum)

– allerdings sind n Iterationen in der Praxis zu viel, daher Einsatz alsiterative Methode (semi-iteratives Verfahren)

– neue Suchrichtungen: x(i+1) = x(i) + αid(i)

– optimale Orthogonalität wäre 0 = d(i)T

e(i+1) , aber Fehler ja unbekannt

– daher Konjugation: 0 = d(i)T

Ae(i+1)

(u und v A-orthogonal oder konjugiert , falls uT Av = 0 )

– Algorithmus: starte mit d(0) = r(0) und iteriere:

repeat(i) : αi =d(i)T

r(i)

d(i)T Ad(i);

x(i+1) = x(i) + αid(i);

r(i+1) = r(i) − αiAd(i);

– noch zu tun: Konstruktion der konjugierten Richtungen d(i)

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Schließlich: Konjugierte Gradienten

• obiges Verfahren + Konstruktion der konjugierten Richtungen

• Konstruktionsprinzip: Gram-Schmidt Konjugation der Residuen

• keine Details oder Herleitung, nur der fertige Algorithmus:

repeat(i) : αi =d(i)T

r(i)

d(i)T Ad(i);

x(i+1) = x(i) + αid(i);

r(i+1) = r(i) − αiAd(i);

βi+1 =r(i+1)T

r(i)

r(i)T r(i);

d(i+1) = r(i+1) + βi+1d(i);

• schneller als steilster Abstieg, aber immer noch n-abhängig!

• Suchräume bilden sogenannte Krylov Sequenz:

spand(0), . . . , d(i−1) = spand(0), Ad(0), . . . , Ai−1d(0)= spanr(0), Ar(0), . . . , Ai−1r(0)

• andere bekannte Krylov-Verfahren: GMRES, Bi-CGSTAB

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Schnelle iterative Löser für LGS

• entscheidender Nachteil der bisher diskutierten Lösungsverfahren: Konver-genz verlangsamt sich bei zunehmender Gitterfeinheit!

• deshalb jetzt: Suche nach möglicher Abhilfe

– Relaxation: explizite Anwendung desMehrgitterprinzips

– Krylov/cg: Vorkonditionierung (typischerweise auch mehrgitterartig)

• zunächst Vorkonditionierung:

– entscheidende Größe für die Konvergenz des cg-Verfahrens: Konditionder Matrix

– PDE: diese Kondition wächst dramatisch mit n

– deshalb: modifiziere Matrix, um Kondition zu verbessern

Ax = b ⇔ M−1Ax = M−1b ⇔ W−1AW−T y = W−1b, wobei

M s.p.d., WWT = M, y = WT x, M−1A und W−1AW−T ähnlich

– M bzw. W müssen nicht explizit konstruiert werden, sie müssen nurangewandt werden

– Vorteil der W -Schreibweise: Symmetrie von A vererbt sich!

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Strategien für Vorkonditionierer

• einfachste Wahl: M = I (billig, aber nutzlos)

• beste Wahl: M = A (perfekt, aber so teuer wie Ax = b )

• einige mögliche Kompromisse:

– diagonaler oder Jacobi Vorkonditionierer: M = DA

– GS oder SOR werden nicht benutzt (nicht symmetrisch)

– SSOR Vorkonditionierer:

M (1/2) := α−1DA + LA;

M (1) := α−1DA + UA;

M :=α

α − 2(M (1/2))−1D−1

A M (1)

– unvollständige Faktorisierung, z.B. ILU: berechne näherungsweise Fak-toren L und U anstelle der exakten bei direkten Lösern

– sparse approximate inverse: konstruiere einfaches B mit

minB

‖I − AB‖2, M−1 = B

– Multilevel Vorkonditionierer: folgen dem Mehrgitterprinzip (folgt)

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Das Mehrgitterprinzip

• starting point: Fourier mode analysis of the errors

– decompose the error e(i) = x(i)−x into its Fourier components (Fouriertransform)

– observe how they change/decrease under a standard relaxation likeJacobi or Gauß-Seidel (in a two-band sense):

* The high frequency part (with respect to the underlying grid) isreduced quite quickly.

* The low frequency part (w.r.t. the grid) decreases only very slowly;actually the slower, the finer the grid is.

– This behaviour is annoying

* the low frequencies are not expected to make troubles, but we canhardly get rid of them on a fine grid;

– but also encouraging

* the low frequencies can be represented and, hopefully, tackled ona coarser grid – there is no need for the fine resolution.

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Ein einfaches Beispiel

• 1D Laplace equation, u(0) = u(1) = 0 (exact solution 0)

• equidistant grid, 65 points, 3-point stencil, damped Jacobi method with dam-ping parameter 0.5

• start with random values in [0, 1] for u in the grid points

• After 100 (!) steps, there is still a maximum error bigger than 0.1 due tolow-frequency components!

• therefore the name smoothers for relaxation schemes:

– They reduce the strongly oscillating parts of the error quite efficiently.

– They, thus, produce a smooth error which is very resistent.

• the idea: work on grids of different resolution and combine the effects in anappropriate way

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Ein einfaches Beispiel (2)

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Grobgitterkorrektur

• sequence of equidistant grids on our domain: Ωl, l = 1, 2, . . . , L, with meshwidth hl = 2−l

• let Al, bl denote corresponding matrix, right-hand side, ...

• combine work on two grids with a correction scheme:

smooth the current solution xl ;

form the residual rl = bl − Alxl;

restrict rl to the coarse grid Ωl−1 ;

provide a solution to Al−1 el−1 = rl−1 ;

prolongate el−1 to the fine grid Ωl;

add the resulting correction to xl;

if necessary, smooth again ;

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Grobgitterkorrektur (2)

• the different steps of this 2-grid algorithm :

– the pre-smoothing: reduce high-frequency error components, smootherror, and prepare residual for transfer to coarse grid

– the restriction: transfer from fine grid to coarse grid

* injection : inherit the coarse grid values and forget the others

* (full) weighting : apply some averaging process

– the coarse grid correction: provide an (approximate) solution on thecoarse grid (direct, if coarse enough; some smoothing steps otherwi-se)

– the prolongation: transfer from coarse grid to fine grid

* usually some interpolation method

– the post-smoothing: sometimes reasonable to avoid new high-frequencyerror components

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Der V-Zyklus

• recursive application of 2-grid scheme leads to multigrid methods

• there, the coarse grid equation is solved by coarse grid correction, too; theresulting algorithmic scheme is called V-cycle :

smooth the current solution xl ;

form the residual rl = bl − Alxl;

restrict rl to the coarse grid Ωl−1 ;

solve Al−1 el−1 = rl−1 by coarse grid correction ;

prolongate el−1 to the fine grid Ωl;

add the resulting correction to xl;

if necessary, smooth again ;

• on the coarsest grid: direct solution

• number of smoothing steps: typically small (1 or 2)

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Verkehrsfluss: . . .

Wärmeleitung: Modell . . .

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Modellbildung und Simulation

3.KontinuierlicheModellbildung und

SimulationHans-Joachim Bungartz

Weitere Mehrgitterzyklen

• the V-cycle is not the only multigrid scheme:

– the W-cycle: after each prolongation, visit the coarse grid once more,before moving on to the next finer grid

– W-cycle is sometimes advantageous with respect to speed of conver-gence

Populationsdynamik: . . .

Regelungstechnik: . . .

Verkehrsfluss: . . .

Wärmeleitung: Modell . . .

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3.KontinuierlicheModellbildung und

SimulationHans-Joachim Bungartz

Nested Iteration und Full Multigrid

• two more famous multigrid schemes:

– the nested iteration: start on coarsest grid Ω1 , smooth, prolongate toΩ2 , smooth, prolongate to Ω3 , and so on, until finest grid is reached;now start V-cycle

– full multigrid: replace ‘smooth´ steps above by ‘apply a V-cycle´; com-bination of improved start solution and multigrid solver

• multigrid idea is not limited to rectangular or structured grids: we just need ahierarchy of nested grids (works for triangles or tetrahedra, too)

• also without underlying geometry: algebraic multigrid methods

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Populationsdynamik: . . .

Regelungstechnik: . . .

Verkehrsfluss: . . .

Wärmeleitung: Modell . . .

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3.KontinuierlicheModellbildung und

SimulationHans-Joachim Bungartz

Grundlegende Konvergenzresultate

• Cost (storage and computing time):

– 1D : c · n + c · n/2 + c · n/4 + c · n/8 + . . . ≤ 2c · n = O(n)

– 2D : c · n + c · n/4 + c · n/16 + c · n/64 + . . . ≤ 4/3c · n = O(n)

– 3D : c · n + c · n/8 + c · n/64 + c · n/512 + . . . ≤ 8/7c · n = O(n)

– i.e.: work on coarse grids is negligible compared to finest grid

• Benefit (speed of convergence):

– always significant acceleration compared with pure use of smoother(relaxation method)

– in most cases even ideal behaviour γ = O(1 − const.)

– effect:

* constant number of multigrid steps to obtain a given number ofdigits

* overall computational work increases only linearly with n