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3 Licht-Materie Wechselwirkung 3.1 Klassische Dispersionstheorie 3.1.1 Phänomenologie Abbildung 3.1: Resonanzen Wie bereits angedeutet findet man in der Ab- sorption und Dispersion unterschiedlichster Ma- terialien häufig resonante Effekte, d.h. große Än- derungen des Absorptionskoeffizienten, resp. des Brechungsindexes mit der Wellenlänge. Allge- mein bekannt sind die schmalen Änderungen der Absorption, resp. Emission von atomaren Spek- tren. Abbildung 3.2: Variation des Brechungsindexes in der Nähe der Resonanz von Rb Atomen (Steinberg und Chiao, Phys. Rev. A 49, 2071 (1994). Beim Brechungsindex ist man ebenso gewohnt, dass in transparenten Materialien wie Glas der Brechungsindex mit der Wellenlänge (schwach) abnimmt, wobei die Variation über den gesamten Bereich des sichtbaren Spektrums in der Größen- ordnung von 0.1 liegt. In Materialien mit Absorp- tionslinien ist jedoch diese Variation sehr viel stärker. In der Figur ist die Wellenlängenabhän- gigkeit des Brechungsindexes in der Nähe der Absorptionslinien von Rb Gas dargestellt. Sie führt dazu, dass die Ausbreitungsgeschwindgkeit von Licht in diesem Bereich entsprechend stark variiert. Sie kann sogar negativ werden, d.h. ein Puls erreicht das Ende einer entsprechenden Zel- le bevor er am Eingang eintrifft. Eine Interpretation dieser Effekte benötigt ei- ne detaillierte Theorie darüber, wie die gemes- senen Resonanzlinien zustande kommen. Eine vollständige Theorie liefert die Quantenmecha- nik. Allerdings ist die vollständige quantenme- chanische Theorie nicht analytisch lösbar; ledig- lich ein stark vereinfachtes Modell, das Jaynes- Cummings Modell ist für analytische Beschrei- bungen (und damit für die Diskussion im Rah- men einer Vorlesung) zugänglich. Dieses Modell wird im Kapitel 3.2 im Detail dargestellt wer- den. Wir beginnen zunächst aber mit einer klas- sischen Beschreibung - einerseits aus historischen Gründen, andererseits in der Hoffnung, dadurch an Anschaulichkeit zu gewinnen. Der physika- lische Gehalt dieses Modells ist im Wesentli- chen der gleiche wie bei den später diskutierten quantenmechanischen Modellen. Natürlich erge- ben sich im Detail durch die Berücksichtigung der Quantenmechanik unterschiedliche Resulta- te, die wir auch diskutieren werden. 3.1.2 Das Lorentz-Lorenz Modell Die erste mikroskopische Theorie, welche die Fre- quenzabhängigkeit der Wechselwirkung zwischen 40

3 Licht-Materie Wechselwirkung · während das Elektron sich im elektrischen Feld bewegt. Wir benutzen ein eindimensionales Ko-ordinatensystem, dessen Ursprung im Kern liegt und schreiben

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Page 1: 3 Licht-Materie Wechselwirkung · während das Elektron sich im elektrischen Feld bewegt. Wir benutzen ein eindimensionales Ko-ordinatensystem, dessen Ursprung im Kern liegt und schreiben

3 Licht-Materie Wechselwirkung

3.1 KlassischeDispersionstheorie

3.1.1 Phänomenologie

Abbildung 3.1: Resonanzen

Wie bereits angedeutet findet man in der Ab-sorption und Dispersion unterschiedlichster Ma-terialien häufig resonante Effekte, d.h. große Än-derungen des Absorptionskoeffizienten, resp. desBrechungsindexes mit der Wellenlänge. Allge-mein bekannt sind die schmalen Änderungen derAbsorption, resp. Emission von atomaren Spek-tren.

Abbildung 3.2: Variation des Brechungsindexesin der Nähe der Resonanz von RbAtomen (Steinberg und Chiao,Phys. Rev. A 49, 2071 (1994).

Beim Brechungsindex ist man ebenso gewohnt,

dass in transparenten Materialien wie Glas derBrechungsindex mit der Wellenlänge (schwach)abnimmt, wobei die Variation über den gesamtenBereich des sichtbaren Spektrums in der Größen-ordnung von 0.1 liegt. In Materialien mit Absorp-tionslinien ist jedoch diese Variation sehr vielstärker. In der Figur ist die Wellenlängenabhän-gigkeit des Brechungsindexes in der Nähe derAbsorptionslinien von Rb Gas dargestellt. Sieführt dazu, dass die Ausbreitungsgeschwindgkeitvon Licht in diesem Bereich entsprechend starkvariiert. Sie kann sogar negativ werden, d.h. einPuls erreicht das Ende einer entsprechenden Zel-le bevor er am Eingang eintrifft.

Eine Interpretation dieser Effekte benötigt ei-ne detaillierte Theorie darüber, wie die gemes-senen Resonanzlinien zustande kommen. Einevollständige Theorie liefert die Quantenmecha-nik. Allerdings ist die vollständige quantenme-chanische Theorie nicht analytisch lösbar; ledig-lich ein stark vereinfachtes Modell, das Jaynes-Cummings Modell ist für analytische Beschrei-bungen (und damit für die Diskussion im Rah-men einer Vorlesung) zugänglich. Dieses Modellwird im Kapitel 3.2 im Detail dargestellt wer-den. Wir beginnen zunächst aber mit einer klas-sischen Beschreibung - einerseits aus historischenGründen, andererseits in der Hoffnung, dadurchan Anschaulichkeit zu gewinnen. Der physika-lische Gehalt dieses Modells ist im Wesentli-chen der gleiche wie bei den später diskutiertenquantenmechanischen Modellen. Natürlich erge-ben sich im Detail durch die Berücksichtigungder Quantenmechanik unterschiedliche Resulta-te, die wir auch diskutieren werden.

3.1.2 Das Lorentz-Lorenz Modell

Die erste mikroskopische Theorie, welche die Fre-quenzabhängigkeit der Wechselwirkung zwischen

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3 Licht-Materie Wechselwirkung

Licht und Materie beschreiben konnte, ist dieLorentz-Lorenz Theorie der Dispersion. Sie wur-de kurz nach der Entwicklung der Maxwell’schenGleichung hergeleitet und im Jahr nach Max-well’s Tod (Nov. 1879) publiziert, und zwar vonzwei fast gleichnamigen Physikern unabhängigvoneinander entwickelt. (H. A. Lorentz, ”Überdie Beziehung zwischen der Fortpflanzungsge-schwindigkeit des Lichtes und der Körperdich-te”, Ann. Phys. Chem. 9, 641-665 (1880); L. Lo-renz, ”Über die Refractionsconstante”, Wiedem.Ann. 11, 70-103 (1881)). Die Theorie behandeltdas Material als eine Ansammlung von schwin-gungsfähigen elektrischen Dipolen. Dieses Bildwird auch heute noch benutzt, obwohl sich dieformale Beschreibung geändert hat.

Abbildung 3.3: Hendrik Antoon Lorentz (1853-1928).

H.A. Lorentz hat weitere wichtige Beiträge zurPhysik geliefert: er hat das Elektron postuliert;auf dieser Basis konnte der Zeeman-Effekt er-klärt werden. Dafür erhielt er 1902 den Nobel-preis für Physik. Außerdem hat er die nach ihmbenannte Lorentz-Kontraktion beschrieben. Sei-ne Lorentz-Transformation bildete die Grundla-ge für die spezielle Relativitätstheorie.

Makroskopisch stellen wir fest, dass ein elekri-sches Feld, das auf ein polarisierbares Mediumwirkt, darin eine Polarisation erzeugt

~P = (ε− 1)ε0 ~E = χε0 ~E .

Abbildung 3.4: Polarisation des Mediums.

Die Proportionalitätskonstante χ wird als Sus-zeptibilität bezeichnet. Sie enthält die material-spezifischen Eigenschaften.

Die Polarisation wird mikroskopisch zurückge-führt auf atomare, resp. molekulare Dipolmo-mente

~µe = α~E .

Die Proportionalitätskonstante α wird als diePolarisierbarkeit des Mediums bezeichnet. Diemakroskopische Polarisation erhält man durchMittelung über die mikroskopischen Dipole; sieist somit mit proportional zum mittleren Dipol~µe und zur Dichte N :

~P = N ~µe = N α ~E .

Die Polarisierbarkeit α, resp. die Suszeptibili-tät χ enthalten die Wellenlängenabhängigkeit.Sie sind komplexe Größen, welche sowohl dieAbsorption wie auch die Dispersion des Medi-ums beschreiben. Die Absorptionslinien erschei-nen als Resonanzen der Polarisierbarkeit.

Die Theorie, die wir im Folgenden diskutieren,ist ein Versuch, diese Beobachtung zu erklären.Sie leistet grob zusammengefasst folgendes:

• sie berechnet die Polarisierbarkeit α aus dermikroskopischen Beschreibung des Materi-als.

• aus der Polarisierbarkeit α erhält man Ab-sorption und Brechung des Mediums.

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3 Licht-Materie Wechselwirkung

3.1.3 Bewegungsgleichung

Da wir resonante Effekte eines zeitabhängigenelektrischen Feldes betrachten schreiben wir fürdie Amplitude des Feldes E0e

iωt, wobei E0

die komplexe Amplitude des monochromatischenFeldes mit der Frequenz ω darstellt.

Abbildung 3.5: Dipol in einem oszillierendenFeld.

Um sich diesen schwingenden Dipol vorzustellen,kann man z.B. von einem atomaren System aus-gehen. Aufgrund der höheren Masse (mp/me =1836) bleibt der Kern im Wesentlichen am Ort,während das Elektron sich im elektrischen Feldbewegt. Wir benutzen ein eindimensionales Ko-ordinatensystem, dessen Ursprung im Kern liegtund schreiben die Bewegungsgleichung für denOrt des Elektrons als

F = mx = −fx − eE0eiωt − 2γmx ,

wobei f eine Kraftkonstante darstellt, m dieMasse, −e die Ladung des Elektrons und γeine phänomenologische Dämpfungskonstante.Der erste Term stellt die rücktreibende Wirkungder Coulomb-Wechselwirkung zwischen Elektronund Kern dar. Wir nehmen an, dass das Poten-tial quadratisch verläuft, was in der Umgebungdes Gleichgewichts immer möglich ist. Der Kopp-lungsterm mit dem äußeren Feld entspricht derKraft auf ein Elektron in einem äußeren Feld.Der geschwindigkeitsproportionale Dämpfungs-term kann an dieser Stelle nicht weiter begründetwerden.

3.1.4 Lösung

Wie aus der Theorie des gedämpften harmoni-schen Oszillators bekannt ist, hat die stationäre

Lösung die Form

x(t) = x0eiωt .

x0 stellt somit die Amplitude der stationären Lö-sung dar.

Wir setzen diesen Ansatz in die Bewegungsglei-chung ein und erhalten

−mω2x0 = −fx0 − 2iγmωx0 − eE0 .

Mit der Resonanzfrequenz

ω0 =

√f

m

wird die Amplitude somit

x0 =eE0

m

1ω2 − ω2

0 − 2iγω.

Von praktischem Interesse ist vor allem der Fallγ � ω0.

Abbildung 3.6: Verhalten der Amplitude für ω ≈ω0.

Dann wird der Nenner sehr klein für ω → ω0, d.h.die Amplitude wird bei dieser Frequenz resonantverstärkt.

3.1.5 Resonanzlinien

Wir beschränken die Diskussion auf den fast-resonanten Fall, wo die Frequenz ω des Feldesnahe bei der Resonanzfrequenz ω0 des Systemsliegt. Außerdem schreiben wir die Frequenz desFeldes als eine Summe aus Resonanzfrequenzund Verstimmung ∆,

ω = ω0 + ∆ ,

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3 Licht-Materie Wechselwirkung

so dass

x0 =eE0

m

1(ω0 + ∆)2 − ω2

0 − 2iγ(ω0 + ∆).

Wir betrachten kurz typische Größenordnun-gen dieser Variablen für den Fall freier Atome.Für optische Frequenzen sind ω,ω0 ≈ 1015s−1,γ ≈ 107s−1, während die Laserverstimmung übereinen Bereich von der Größenordnung von |∆| ≤109s−1 verstimmt wird.

Es ist deshalb sinnvoll, für die weitere Betrach-tung die Näherung ω0 � ∆, γ zu machen undTerme mit ∆2 oder ∆γ zu vernachläßigen. Da-mit erhalten wir einen vereinfachten Ausdruckfür die stationäre Amplitude:

x0 =eE0

2mω0

1∆− iγ

=eE0

2mω0

∆ + iγ

∆2 + γ2.

Die Amplitude ist somit komplex. Auf der Reso-nanz (∆ = 0) verschwindet der Realteil,

x0(∆ = 0) = ieE0

2mγω0.

Der Dipol ist somit 90 Grad außer Phase.

Abbildung 3.7: Polarisation und Feld bei reso-nanter Anregung.

3.1.6 Optische Polarisation

Diese oszillierenden Elektronen erzeugen somitein Dipolmoment

µe = αE = −ex0 .

In einem homogenen Medium erzeugen diese in-duzierten Dipole eine makroskopische Polarisati-on. In der Maxwell Theorie wird diese geschrie-ben als

Pω = (ε− 1)ε0Eω = χε0Eω .

Abbildung 3.8: Mikroskopische Dipole und ma-kroskopische Polarisation.

Der Index ω gibt an, dass diese Polarisation mitder Frequenz ω der einfallenden Welle oszilliert.Gleichzeitig muss sie mit den mikroskopischenDipolen verbunden sein über

Pω = Nµe = −Nex0 .

N stellt die Dichte der atomaren Dipole dar.

Da die Polarisation proportional zur Feldstärkeder einfallenden Welle ist, ist die sinnvollere Grö-ße die Proportionalitätskonstante, welche als op-tische Suszeptibilität bezeichnet wird:

χ = − Ne2

2mε0ω0

∆ + iγ

∆2 + γ2.

Abbildung 3.9: Realteil und Imaginärteil derSuszeptibilität als Funktion derVerstimmung.

Der Realteil dieser Funktion ist offenbar anti-symmetrisch bezüglich ∆, d.h. er ändert das Vor-zeichen bei ∆ = 0. Der Imaginärteil weist bei∆ = 0 das Betragsmaximum auf und ist symme-trisch bezüglich der Verstimmung.

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3 Licht-Materie Wechselwirkung

Abbildung 3.10: Polarisation, einfallende undauslaufende Wellen.

3.1.7 Lichtausbreitung

Diese optische Polarisation, welche mit der Fre-quenz der einfallenden Welle oszilliert, stellt ei-ne beschleunigte Ladung dar. Sie strahlt somitein Feld ab, d.h. sie wirkt als Quelle einer op-tischen Welle. Diese interferiert mit der einfal-lenden Welle und führt dadurch zu Dispersion(d.h. einer Änderung der Ausbreitungsgeschwin-digkeit) und Absorption (d.h. Abschwächung).

Um diese Effekte zu beschreiben verwenden wirals Ausgangspunkt die Maxwell-Gleichungen fürein homogenes isotropes Medium:

~∇× ~H =∂

∂t~D ~∇× ~E = − ∂

∂t~B

~∇ · ~D = ρe~∇ · ~B = 0 .

Abbildung 3.11: Lösungsansatz : ebene Welle ||z.

Wir suchen als Lösung transversale ebene Wel-len, deren Wellenvektor parallel zur z-Richtungliegt. Die Komponenten des elektromagnetischenFeldes sind somit

~E = Re[ei(ωt−kzz)

Ex

Ey

0

]

~D = ε0(1 + χ) ~E

~H = Re[ei(ωt−kzz)

Hx

Hy

0

]

~B = µ0~H ,

wobei wir angenommen haben, dass das Materialnicht magnetisch ist, d.h. µ=1.

Wir lösen zunächst die Gleichung

~∇× ~E = − ∂

∂t~B

Wenn wir den Nabla Operator schreiben als

~∇ =

∂∂x∂∂y∂∂z

,

so können wir für den Fall der ebenen Welle dieAbleitungen nach x und y zu 0 setzen und erhal-ten so den vereinfachten Ausdruck

~∇eW =

00∂∂z

.

Angewendet auf einen transversalen Vektor wiedas E-Feld wird 0

0∂∂z

×

Exe−ikzz

Eye−ikzz

0

= −ikz

−Ey

Ex

0

e−ikzz.

Die Maxwell-Gleichung wird somit Hx

Hy

0

=kz

µ0ω

−Ey

Ex

0

.

Dies ist die übliche Beziehung zwischen der elek-trischen und der magnetischen Komponente ei-ner elektromagnetischen Welle.

Diese Beziehung setzen wir ein in

~∇× ~H =∂

∂t~D

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3 Licht-Materie Wechselwirkung

und erhalten eine algebraische Gleichung für dieelektrischen Feldamplituden allein: Ex

Ey

0

k2z

µ0ω=

Ex

Ey

0

ωε0(1 + χ) .

Diese ist offensichtlich leicht lösbar, da wir denvektoriellen Teil abtrennen können und lediglichnoch eine gewöhnliche algebraische Gleichung zulösen haben.

3.1.8 Absorption und Dispersion

Nach Abtrennung des vektoriellen Teils enthältdie Wellengleichung als Unbekannte nur nochden Wellenvektor kz. Damit die Gleichung erfülltist, muss dieser somit

kz =ω

c

√1 + χ = k0

√1 + χ ≈ k0(1 +

χ

2)

sein, wobei wir die Beziehungen

c =1

√ε0µ0

für die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum und

k0 =ω

c

für den Vakuum-Wellenvektor verwendet haben.Die Näherungsform gilt für verdünnte Medien,wo χ « 1.

Wir setzen nun diese Lösung für den Wellenvek-tor in unseren Ansatz ein und finden

~E = Re[

Ex

Ey

0

eiωte−ik0z(1+χ/2)] .

Da die Suszeptibilität χ eine komplexe Größe ist,ist es in vielen Fällen sinnvoll, sie in Realteil undImaginärteil aufzuteilen. Wir schreiben für denRealteil

n = 1 +12Re[χ] = 1− Ne2

4mε0ω0

∆∆2 + γ2

.

und für den Imaginärteil

α = − ω

2cIm[χ] =

Ne2

4cmε0γ

∆2 + γ2.

Die komplexe Suszeptibilität ist dann eine Funk-tion dieser reellen Größen:

χ = 2(n− 1)− 2icαω

.

Die Welle wird damit

~E = Re[

Ex

Ey

0

eiωte−ink0ze−αz] .

Der Brechungsindex n zeigt somit eine Vergrö-ßerung des Wellenvektors, d.h. eine Verkürzungder Wellenlänge an, während der Absorptionsko-effizient α eine Verringerung der Intensität be-schreibt.

Diese Beziehung zwischen der optischen Suszep-tibilität χ, die aus den mikroskopischen Eigen-schaften des Materials hergeleitet werden kann,und den Koeffizienten α und n, welche dieLichtausbreitung beschreiben, ist das Hauptre-sultat der Lorentz-Lorenz Theorie der Disper-sion. Wichtig ist hierbei, dass Absorption undDispersion zwei Aspekte des gleichen mikrosko-pischen Phänomens sind, nämlich der Anregungvon schwingungsfähigen Dipolen im Medium.

Abbildung 3.12: Absorption und Brechungsinexin der Nähe der Resonanz.

Weiterhin können wir damit eine direkte Bezie-hung zwischen den experimentell beobachtbaren

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3 Licht-Materie Wechselwirkung

makroskopischen Größen und den mikroskopsi-chen Größen herstellen: Die Resonanzfrequenzω0 =

√f/m ist gegeben durch das Verhältnis

von Kraftkonstante f zur bewegten Masse m.Und die Linienbreite ist gegeben durch die Däm-fungskonstante γ. Auch in der quantenmechani-schen Variante der Theorie, welche im nächstenKapitel diskutiert wird, werden diese beiden Pa-rameter ähnliche Bedeutung haben.

3.2 Das Jaynes-CummingsModell

Das Jaynes-Cummings Modell ist ein voll quan-tenmechanisches Modell für die Wechselwirkungvon Materie mit dem Strahlungsfeld, welchesanalytisch mit geringem Aufwand durchgerech-net werden kann.

3.2.1 System

Sowohl das materielle System wie auch dasStrahlungsfeld werden in diesem Modell quan-tenmechanisch behandelt. Um ein konkretes Bei-spiel im Auge zu behalten können wir uns für dasmaterielle System z.B. ein Wasserstoffatom vor-stellen.

Abbildung 3.13: Zustände in einem realen Atom(links) und 2 relevante Zustän-de (rechts).

Obwohl jedes Atom eine unendliche Zahl von Zu-ständen besitzt, zwischen denen eine unendlicheZahl von erlaubten Übergängen existieren, ist esin vielen Fällen möglich, alle außer Zweien zu

vernachläßigen. Die beiden relevanten Zuständesind diejenigen, deren Energiedifferenz in der Nä-he der Photonenergie liegt. Wir schreiben für denenergetisch tiefer liegenden Zustand |g〉 und fürden höher liegenden Zustand |e〉.

Abbildung 3.14: Das Zweiniveausystem.

Für dieses Zweiniveausystem können wir somiteinen Hamiltonoperator

Hatom = −~2ω0σz

schreiben. Hier bezeichnet ω0 die Energiediffe-renz zwischen den beiden Zuständen und σz diez-Komponente der Pauli-Operatoren. Der positi-ve Eigenwert gehört somit zu |g〉. Der Ursprungfür die Energieachse wurde für das 2-Niveauatomso gewählt, dass er in der Mitte zwischen den bei-den Zuständen liegt. Dies hat keine tiefere Be-deutung, ist aber für die weiteren Rechnungennützlich.

3.2.2 Quantisierung des Feldes

Die Herleitung der Operatordarstellung für daselektrische Feld ist aufwändiger; es kann nichtdurch einen einzelnen Operator ausgedrückt wer-den. Statt dessen benutzt man üblicherweise eineSumme über die einzelnen Moden des Feldes.

Abbildung 3.15: Einzelne Resonatormode.

Davon gibt es aber unendlich viele. Jede einzelneMode entspricht einem harmonischen Oszillator.Die vollständige Form des Hamiltonoperators istdeshalb bei weitem nicht trivial.

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3 Licht-Materie Wechselwirkung

Es gibt jedoch eine vereinfachte Form, die eserlaubt, analytische Resultate zu erhalten undtrotzdem einige wesentliche Aspekte der Wech-selwirkung exakt beschreibt. Dazu vernachläßigtman sämtliche Moden außer einer. Eine einzel-ne Mode ist ein relativ leicht zu beschreibendesObjekt.

Abbildung 3.16: Quantenmechanischer harmoni-scher Oszillator.

Die formale Behandlung ist identisch mit dereines harmonischen Oszillators. Die relevantenOperatoren können als Funktion des Auf- undAbsteigeoperators a† und a geschrieben werden.Das elektrische Feld dieser Mode ist proportionalzu

E ∝ a† + a .

Für die Energie erhalten wir

HFeld = ~ωL(a†a+12) .

Das Produkt a†a aus Auf- und Absteigeoperatorzählt die Anzahl der Photonen und wird deshalbauch als ”Zahl-Operator” bezeichnet. ωL stelltdie Laserfrequenz dar; somit ist ~ωL die Ener-gie eines einzelnen Photons.

Damit haben wir die beiden Bestandteile desJaynes-Cummings Modells diskutiert. Es bein-haltet auf der materiellen Seite ein sogenann-tes ’nacktes’ Atom, mit zwei möglichen Zustän-den. Auf der anderen Seite ist das Strahlungsfeldmit einer unendlichen Folge von Zuständen, wel-che wie bei einem harmonischen Oszillator äqui-distant sind. Im Folgenden diskutieren wir dieWechselwirkung zwischen diesen beiden Teilen.

Abbildung 3.17: Das Jaynes-Cummings - Mo-dell.

3.2.3 Wechselwirkung

Abbildung 3.18: Dipol im elektrischen Feld.

Klassisch wird die Wechselwirkung zwischen ei-nem Atom und dem Strahlungsfeld durch dasSkalarprodukt

U = − ~E · ~d

beschrieben, wobei ~E das elektrische Feld und~d das atomare Dipolmoment beschreiben. Ge-mäß dem Korrespondenzprinzip können wir die-se klassische Wechselwirkung in einen Hamilton-operator umwandeln indem wir die klassischenVariablen durch die entsprechenden quantenme-chanischen Operatoren ersetzen.

Den atomaren Dipol schreibt man bekanntlichals

~d = −e~r ,

wobei −e die Ladung und ~r den Ort des Elek-trons bezeichnet.

Atome besitzen kein permanentes elektrischesDipolmoment. Somit verschwinden die Diagonal-

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3 Licht-Materie Wechselwirkung

elemente des Dipoloperators,

〈e|~r|e〉 = 〈g|~r|g〉 = 0 .

Dagegen nehmen wir an, dass die Außerdiago-nalelemente nicht verschwinden.

−e〈e|~r|g〉 = −e〈g|~r|e〉∗ = µe .

Wir können die Phase der beiden Zustände sowählen dass die Matrixelemente reell werden.Der Dipoloperator ist dann proportional zur x-Komponente der Pauli Matritzen σx = (σ++σ−)und kann geschrieben werden als

d = µe(σ+ + σ−) .

Der Feldoperator ist für eine einzelne Mode pro-portional zur Summe eines Aufsteige- und einesAbsteigeoperators

E ∝ a+ a† .

Damit können wir den Wechselwirkungsoperatorschreiben als

Hww = ~ω1(a+ a†)(σ+ + σ−)

= ~ω1(aσ+ + aσ− + a†σ+ + a†σ−) ,

wobei ω1 die Kopplungsstärke parametrisiert.Diese hängt vom atomaren Dipolmoment, demModenvolumen, sowie von der Position desAtoms in der Mode ab.

Abbildung 3.19: Wechselwirkungsprozesse desKopplungsoperators.

Der gesamte Wechselwirkungsoperator be-schreibt somit vier unterscheidbare Prozesse:

Der Term aσ+ beschreibt die Vernichtung ei-nes Photons und die Erhöhung der Energie desAtoms, d.h. die Absorption eines Photons.

Der Term aσ− beschreibt die Erniedrigung derEnergie des Atoms unter gleichzeitiger Vernich-tung eines Photons. Dies entspricht offenbar ei-nem Prozess, der nicht energieerhaltend ist. DerTerm a†σ+ entspricht dem inversen Prozess undist damit ebenfalls nicht energieerhaltend. Derletzte Term entspricht dem Inversen der Absorp-tion, d.h. der Emission eines Photons.

3.2.4 Reduzierte Wechselwirkung

Eine wentlich einfachere Form erhält man indemman die Terme a†σ+ und aσ− vernachläßigt, wel-che die Energie nicht erhalten und deshalb erstin sehr hoher Ordnung einer Störungsrechnungeine Rolle spielen. Damit wird

Hww ≈ ~ω1(aσ+ + a†σ−) .

Dies entspricht der Approximation eines rotie-renden Feldes (anstelle eines oszillierenden), dasin der halbklassischen Näherung noch diskutiertwird.

Abbildung 3.20: Wechselwirkungsprozesse.

Der Wechselwirkungsoperator kann direkt miteinem physikalischen Prozess verknüpft werden.Der eine Term beschreibt die Absorption einesPhotons, d.h. die Vernichtung eines Photons unddie Erhöhung der Energie des atomaren Systemsum ein Quant. Der konjugierte Operator be-schreibt den umgekehrten Prozess.

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3 Licht-Materie Wechselwirkung

3.2.5 Modell und Wirklichkeit

Dieses Modell ist von Jaynes und Cummings ent-wickelt worden (E.T. Jaynes and F.W. Cum-mings, Proc. IEEE 51, 89 (1963)). Es war ur-sprünglich als ein rein theoretisches Modell ent-wickelt worden, um zu untersuchen, inwiefernsich die Voraussagen der Quantenmechanik vondenen der klassischen Theorie, d.h. der Maxwell-Gleichungen unterscheiden würde. Zu dieser Zeitschien es nicht denkbar, dass man mit einzelnenModen des Strahlungsfeldes oder einzelnen Ato-men Experimente durchführen könnte.

Abbildung 3.21: Mikrowellenresonator für dieexperimentelle Realisierung.

Inzwischen ist es aber in verschiedenen Grup-pen gelungen, Versuchsaufbauten zu realisieren,in denen diese theoretische Idealsituation in einersehr guten Näherung erreicht wird. Man mussdafür einerseits die Wechselwirkung mit einerMode verstärken, andererseits die Wechselwir-kung mit allen anderen Moden unterdrücken, sodass die Wechselwirkung des Systems mit einereinzelnen Mode sehr viel stärker wird als die mitallen anderen Moden zusammen.

Literatur: P. Goy, J.M. Raimond, M. Gross,and S. Haroche, ’Observation of cavity-enhancedsingle-atom spontaneous emission’, Phys. Rev.Lett. 50, 1903-1906 (1983).

H. Walther, ’The single atom maser and thequantum electrodynamics in a cavity’, PhysicaScripta T23, 165-169 (1988).

S. Haroche and D. Kleppner, ’Cavity quantum

electrodynamics’, Physics Today January 1989,24-30 (1989).

E.A. Hinds, ’Cavity Quantum Electrodynamics’,in Adv. atomic, mol. opt. phys. 28, Editor: D.Bates, Academic Press, Boston (1991).

S. Haroche, ’Cavity Quantum Electrodynamics’,in Fundamental Systems in Quantum Optics;Proceedings of the Les Houches summer scool,Editor: J. Dalibard, J.M. Raimond, and J. Zinn-Justin, North-Holland, Amsterdam (1992).

H. Walther, ’Experiments on cavity quan-tum electrodynamics’, Phys. Rep. 219, 263-281(1992).

3.2.6 Zustände und Energien

Wir verwenden die folgende Bezeichnung für dieBasiszustände:

|n, g〉= n Photonen im Feld, Atom im Grundzu-stand

|n − 1, e〉= n − 1 Photonen im Feld, Atom imangeregten Zustand.

In dieser Basis besitzt der gesamte Hamiltonope-rator

Htot = HAtom +HFeld +HWW

eine Block-diagonale Struktur.

Abbildung 3.22: Blockstruktur des Hamilton-operators.

Jeder einzelne Block umfasst zwei Zustände undhat die Form

Hn = ~(

(n+ 12)ωL − ω0

2 ω1√n

ω1√n (n− 1

2)ωL + ω02

),

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3 Licht-Materie Wechselwirkung

wobei als Basis für diesen Block die Zustände(|n, g〉

|n− 1, e〉

)verwendet wurden.

Abbildung 3.23: Energie der Eigenzuständedes JC-Hamiltonoperatorsals Funktion der atomarenÜbergangsfrequenz ω0.

Vernachläßigen wir zunächst die Kopplung, sobeträgt die Differenz der Energien dieser Zustän-de

E1 − E2

~= (n+

12)ωL−

ω0

2− [(n− 1

2)ωL +

ω0

2]

= ωL − ω0 ,

d.h. die Energien sind identisch wenn die Laser-frequenz der Resonanzfrequenz entspricht. Sonstist die Energiedifferenz gleich der Resonanzver-stimmung.

Betrachten wir die Eigenzustände, so werden dieEnergien durch die Kopplung verschoben. DerEinfluss ist gering wenn die Verstimmung ωL−ω0

groß ist, wird aber wichtig wenn die Laserfre-quenz gleich der atomaren Übergangsfrequenzist. Dann erzeugt die Kopplung eine Aufspaltung

von 2√nω1. Im allgemeinen Fall wird die Auf-

spaltung

∆ =√

4nω21 + (ωL − ω0)2 ,

d.h. sie nimmt mit zunehmender Photonenzahlzu.

Abbildung 3.24: ”Dressed states” als Eigenzu-stände des JC-Modells.

Das gekoppelte System besteht aus einer unend-lichen Reihe solcher Zustände, welche als "dres-sed states" bezeichnet werden: Das Atom ist miteinem Photon "bekleidet". Wenn der Laser mitdem atomaren Übergang resonant ist, so sind je-weils die beiden gekoppelten Zustände beinaheentartet. Die Entartung wird aufgehoben durchdie Kopplung zwischen den Zuständen.

3.2.7 Dynamik

Wir gehen hier nicht im Detail auf die Berech-nung der Dynamik ein, da sie weitgehend demspäter zu behandelnden halbklassischen Fall ent-spricht. Wir diskutieren lediglich einen einfachenFall, welcher einige Besonderheiten des quanten-mechanischen Modells aufzeigt. Dafür nehmenwir an, dass

• die Energie der Photonen exakt der Aufspal-tungsenergie des Atoms entspricht, ω0 =ωL.

• das Atom anfangs im angeregten Zustandist, ψa(0) = |e〉.

• das Feld zu Beginn n Photonen enthält,ψf (0) = |n〉 .

50

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3 Licht-Materie Wechselwirkung

Somit ist

ψ(0) = |n, e〉 .

Man sieht leicht, dass der KopplungsoperatorÜbergänge zwischen diesem Zustand und demZustand |n− 1, g〉 induziert.

Abbildung 3.25: Oszillation der Aufenthalts-wahrscheinlichkeit zwischenden beiden Zuständen.

Man kann die Schrödingergleichung für diesesZweiniveausystem leicht explizit lösen. Für dieWahrscheinlichkeit, das Atom im angeregten Zu-stand zu finden findet man

|〈ψ(t)|e, n− 1〉|2 =12(1 + cos(2ω1

√nt)) .

Dieses Resultat beschreibt den oszillatorischenAustausch eines Energiequantums zwischen demAtom und dem Feld. Die Oszillationsfrequenzist proportional zur Stärke des Feldes und somitzur Wurzel aus der Photonenzahl. Dieses Verhal-ten entspricht der quantenmechanischen Versionder Rabi-Oszillationen, die wir bei der halbklas-sischen Beschreibung noch genauer diskutierenwerden.

Abbildung 3.26: Abhängigkeit der Oszillations-frequenz von der Photonenzahln.

3.2.8 Zustände der Feldmode

Dies stimmt aber nur solange das Feld durch ei-ne scharfe Anzahl Photonen charakterisiert wer-den kann. Ein solches Feld, ein sogenannterZahlzustand, hat jedoch einen stark nichtklas-sischen Charakter und kann experimentell nursehr schwer realisiert werden. Ist dies nicht derFall, so hängt die Evolution des Systems davonab, in welchem Zustand sich das Feld befindet.

Abbildung 3.27: Photonenstatistik für die bei-den wichtigsten Zustände desFeldes.

In der Figur sind die beiden für die Praxis wich-tigsten Zustände eines optischen Feldes darge-stellt. Die rote Kurve zeigt die Wahrscheinlich-keitsverteilung für einen thermischen Zustand.Solche Zutände werden erzeugt wenn sich dasFeld im thermischen Gleichgewicht befindet. Bei-spiele dafür sind die Lichtfelder von klassischenLichtquellen, wei z.B. Sonne oder Glühbirne.Hier ist die Wahrscheinlichkeit am höchsten, dasssich kein Photon in der Mode befindet.

Ein idealer Laser erzeugt im Gegensatz dazueinen kohärenten Zustand, bei dem die Wahr-scheinlichkeit für das Auftreten einer bestimm-ten Zahl von Photonen ein Maximum aufweistund die Breite der Verteilung gleich der Wurzelaus der mittleren Photonenzahl ist.

Tritt einer dieser Zustände in Wechselwirkungmit dem Atom, so erhält man für jede mögliche

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3 Licht-Materie Wechselwirkung

Photonenzahl eine Oszillation, deren Frequenzproportional zur Wurzel aus der Photonenzahlist, und deren Amplitude durch die Wahrschein-lichkeit für das Auftreten dieser Photonenzahlgegeben ist.

ω ∝ ω1

√n ; A ∝ P (n) .

Bei einer Überlagerung von zwei Zahlzuständenerhalten wir also ein Schwebungssignal, dessenFrequenz der Differenz der beiden Kopplungs-stärken entspricht.

3.2.9 Kopplung an thermischenZustand

Das Feld, welches von einer klassischen Licht-quelle erzeugt wird, kann in guter Näherungdurch einen thermischen Zustand beschriebenwerden, d.h. durch die Bose-Einstein Statistik.Bei einer gegebenen Temperatur T findet manin einer Mode im Durchschnitt

〈n〉 =1

ehν/kT − 1

Photonen. Die entsprechende Wahrcheinlich-keitsverteilung P (n) ist jedoch sehr breit. Sie lau-tet

P (n) =〈n〉n

(〈n〉+ 1)n+1.

Abbildung 3.28: Thermische Zustände unter-schiedlicher Temperatur.

In der Figur ist diese Verteilung für zwei unter-schiedliche mittlere Photonenzahlen dargestellt.Die wichtigsten Aspekte sind:

• Die Wahrscheinlichkeit P(n) ist immer amgrößten für n=0.

• Die Breite der Verteilung, d.h. die Schwan-kung der Photonenzahl ist von der gleichenGrößenordnung wir ihr Mittelwert.

Bei einem thermischen Zustand mit der mittle-ren Photonenzahl 3.3 tragen nur relativ wenigeZustände zur Wahrscheinlichkeitsamplitude bei.Deshalb erhält man hier (dargestellt durch dieblaue Kurve) ein oszillatorisches Verhalten, wo-bei deutlich wird, dass mehrere Frequenzen bei-tragen.

Abbildung 3.29: Thermischer Kollaps für zweiunterschiedliche Temperaturen.

Steigt die mittlere Photonenzahl auf 50 (darge-stellt durch die rote Kurve, so ist Zahl der Zu-stände, welche zum Signal beitragen, so groß,dass es sich um eine beinahe kontinuierliche Ver-teilung handelt. In diesem Fall klingt die Oszil-lation rasch ab und die Wahrscheinlichkeit, dasAtom im angeregten Zustand zu finden wird 1/2,d.h. das Photon ist zwischen dem Atom und derMode mit gleicher Wahrscheinlichkeit verteilt.

Im Rahmen des Jaynes-Cummings Modells dis-kutieren wir die Wechselwirkung mit einer ein-zelnen Mode. Hier bleibt das Photon deshalbmit 50%iger Wahrscheinlichkeit auf dem Atom.Im freien Raum findet diese ”Teilung” zwischendem Atom und einer unendlichen Zahl von Mo-den statt, so dass die Wahrscheinlichkeit, dass essich auf dem Atom befindet, verschwindet. Wirerhalten auf diese Weise spontane Emission.

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3 Licht-Materie Wechselwirkung

3.2.10 Kopplung an kohärentenZustand

Kehren wir zum Fall einer einzelnen Mode zu-rück und betrachten einen kohärenten Zustand.Dies kann als Modell für die Wechselwirkung miteinem Laserstrahl betrachtet werden. In diesemFall lautt die Wahrscheinlichkeitsverteilung P (n)dafür, dass man n Photonen misst,

P (n) =〈n〉n

n!e−〈n〉 .

Abbildung 3.30: Verteilung der Photonenzahlfür einen kohärenten Zustandmit 10 Photonen.

Wie in der Figur gezeigt ist in diesem Fall derWert der höchsten Wahrscheinlichkeit nahe beimklassischen Wert. Die Breite der Verteilung istvon der Größenordnung

√〈n〉.

Auch hier besitzt die Feldstärke keinen scharfenWert, sondern eine Verteilung, dessen Breite pro-portional zur Quadratwurzel aus der mittlerenPhotonenzahl ist. In diesem Fall erhält man eineSuperposition aller möglichen Frequenzen, wel-che jeweils proportional zur Quadratwurzel ausder Photonenzahl sind. Diese Frequenzen sinddargestellt, jeweils mit der entsprechenden Am-plitude, d.h. der Wahrscheinlichkeit ihres Auftre-tens in der Verteilung des kohärenten Zustandes.

In der Figur ist die Wahrscheinlichkeit, das Atomim angeregten, resp. Grundzustand, anzutreffen,als Funktion der Zeit dargestellt. Für kurze Zei-ten findet ein oszillatorischer Austausch statt.Aufgrund der Verteilung der Frequenzen ergibtsich eine Dämpfung der Oszillation, wobei dieZerfallszeit indirekt proportional zur Breite derVerteilung der Rabifrequenzen ist. Danach er-reicht das System einen zeitunabhängigen Zu-stand, in dem die Hälfte der Atome sich im

Abbildung 3.31: Kollaps und Revival für kohä-renten Anfangszustand.

Grundzustand und die andere Hälfte im ange-regten Zustand befindet. Nach diesem sogenann-ten Cummings Kollaps bleibt die Besetzungszahlkonstant bei je 50%.

3.2.11 Revival

Dieses außer Phase geraten kann natürlich nochklassisch, als eine Folge der Intensitätsfluktua-tion verstanden werden. In einem solchen klas-sischen Bild würde man dann aber erwarten,dass die Wahrscheinlichkeitsverteilung anschlie-ßend bei diesem Wert bleibt. Die Verteilung derRabifrequenzen ist aber nicht kontinuierlich, son-dern diskret. Da nur eine endliche Zahl vonFrequenzen zum Signal beiträgt kann es sichnicht um einen wirklich zeitunabhängigen Zu-stand handeln. Die Diskretisierung der Zustän-de führt deshalb zu einem Wiederaufleben derOszillation. Die Zeit bis zum Erscheinen dieses”Echos” ist indirekt proportional zum Abstandzwischen den Rabifrequenzen. Der Zerfall unddas Wiederaufleben dieser Oszillation sind in derLiteratur als ”Cummings collapse” und ”revival”bekannt. Sie stellen einen wesentlichen Unter-schied zwischen den klassischen und den quan-tenmechanischen Voraussagen für die zeitlicheEntwicklung dar.

Vergleicht man die Zerfalls- und Revival Kur-ven für Zustände mit unterschiedlicher Photo-nenzahl, so findet man genau die Unterschiede,die man auf Grund der Eigenschaften der Fou-riertransformation erwartet. Nimmt die mittle-re Photonenzahl zu, so steigt die Rabifrequenz.

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3 Licht-Materie Wechselwirkung

Abbildung 3.32: Kollaps und Revival für kohä-rente Zustände mit unterschied-licher mittlerer Photonenzahl(=Energiedichte).

Gleichzeitig wird die Breite der Verteilung größerund damit zerfällt die Oszillation schneller. DerAbstand benachbarter Moden im Frequenzraumnimmt ab (sowohl absolut wie auch relativ) unddeshalb nimmt die Zeit zu, bei der das ”Echo”auftritt.

3.2.12 Experimentelle Verifizierung

Dass diese Rechnungen nicht nur Theorie sindkonnte vor einigen Jahren eine Gruppe des Max-Planck Institutes für Quantenoptik beweisen, in-dem sie diesen Prozess experimentell nachwiesen.

Sie verwendeten dafür einen Mikrowellenresona-tor extrem hoher Güte (Q ≈ 1010) (G. Rempe,H. Walther, and N. Klein, ’Observation of Quan-tum Collapse and Revival in a One-Atom Maser’,Phys. Rev. Lett. 58, 353-356 (1987)). Dieser Re-sonator kann Photonen fast eine Sekunde spei-chern.

Aufgrund der hohen Güte besitzen die einzelnenModen diskrete Energien. Das Experiment be-ruht darauf dass nur eine dieser Moden in Reso-nanz ist mit einem Übergang zwischen zwei Ryd-bergzuständen. Die Atome fliegen frei durch denResonator durch und werden vor dem Eintrittmit Hilfe eines Lasers in den oberen Zustand prä-

Abbildung 3.33: Experimenteller Aufbau fürdie Untersuchung des Jaynes-Cummings Systems.

pariert. Im Resonator spielt nur die Wechselwir-kung zwischen diesen beiden Zuständen und derresonanten Mode des Strahlungsfeldes eine Rol-le. Die im Resonator vorhandene Energie bestehtaus den thermisch aktivierten Photonen sowiedenjenigen Photonen, die durch den Übergangvon Atomen in den unteren Zustand emittiertwerden. Hinter dem Resonator werden die Ato-me detektiert, wobei gemessen wird, in welchemder beiden Zustände sie sich befinden.

Abbildung 3.34: Besetzungswahrscheinlichkeitdes angeregten Zustandes.

Hier ist der Unterschied in den Zählraten für diebeiden Zustände dargestellt, also für die Wahr-scheinlichkeit dass man das Atom im Grund-,resp. angeregten Zustand findet, als Funkti-on der Wechselwirkungszeit, also der Zeit, wel-che das Atom benötigt, um durch den Reso-nator hindurch zu fliegen. Für kurze Wechsel-wirkungszeiten beobachtet man einen oszillatori-schen Energieaustausch zwischen Atom und Re-

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3 Licht-Materie Wechselwirkung

sonator. Diese Oszillationen geraten dann offen-bar außer Phase und über eine gewisse Zeit bleibtdie Nachweishäufigkeit für die beiden Zuständeetwa gleich.

Nach einer längeren Zeitspanne sieht man aberwiederum Oszillationen entstehen. Diese Mes-sungen zeigen also nicht nur die quantenmecha-nischen Fluktuationen der Feldamplitude, son-dern auch, aufgrund des ’revivals’, dass dieKopplungsstärken diskret verteilt sind.

3.2.13 Vakuum-Rabi-Aufspaltung

Bei der Diagonalisierung des Hamiltonoperatorsstellt man fest dass die Zustände jeweils paar-weise auftreten und sie um die Wechselwirkungs-energie (die "Rabi-Frequenz") aufgespalten sind.Dies gilt auch für den Fall dass sich gar kein Pho-ton im Feld befindet, für den sog. "Vakuumzu-stand". Man spricht in diesem Fall von der sog.Vakuum - Rabi Aufspaltung. Diese Kopplung aneine ”leere” Mode ist der eigentliche Grund fürdas Auftreten von spontaner Emission, welcherein klassisch nicht erklärt werden kann.

Abbildung 3.35: Experimenteller Aufbau fürdie Messung der Vakuum-RabiAufspaltung.

Die Aufspaltung dieser ’dressed states’ aufgrundder Kopplung an den Vakuumzustand kann auchexperimentell nachgewiesen werden. Erste Ex-perimente dieser Art wurden im Mikrowellen-bereich durchgeführt. Experimente im optischenBereich wurden möglich, nachdem Spiegel mitextrem hoher Reflektivität verfügbar wurden(R > 99.999%).

Um dem Jaynes-Cummings Modell möglichst na-he zu kommen, wurde für diese Experimentedas Atom in einen optischen Resonator gebracht.Durch die räumliche Eingrenzung wird die Wech-selwirkung mit der Resonatormode selektiv ver-stärkt und dominiert gegenüber der Wechsel-wirkung mit dem Kontinuum der übrigen Mo-den. Atome wurden in der Form eines Atom-strahls durch diesen Resonator geschickt und dieAufspaltung wurde spektroskopisch mit Hilfe ei-nes Laserstrahls nachgewiesen. Damit wirklichdie Wechselwirkung mit der Resonatormode undnicht mit dem Laserstrahl gemessen wurde, mus-ste die Intensität dieses Strahls sehr gering gehal-ten werden.

Für einen empfindlichen Nachweis wurde eineHeterodyn Technik angewendet, d.h. der schwa-che Probenstrahl wurde einem wesentlich inten-siveren Lokaloszillator überlagert.

Abbildung 3.36: Messung der Vakuum-RabiAufspaltung.

Wie das experimentelle Spektrum zeigt konn-te die Aufspaltung tatsächlich gemessen wer-den. Der Abstand zwischen den beiden Maxi-ma entspricht dabei direkt der Stärke der Kopp-lung zwischen dem Atom und dem Vakuumzu-stand der Resonatormode. Diese Aufspaltung er-gibt die spontane Emission, wenn die Wechsel-wirkung nicht mehr mit einer einzelnen Modestattfindet, sondern mit dem Kontinuum.

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3 Licht-Materie Wechselwirkung

3.3 Das halbklassischeZweiniveaumodell

Literatur:

R.P. Feynman, F.L. Vernon, and R.W. Hell-warth, ’Geometrical representation of the Schrö-dinger equation for solving maser problems’, J.Appl. Phys. 28, 49-52 (1957).

R.G. Brewer, Coherent optical spectroscopy, inFrontiers of Laser Spectroscopy, Editor: R. Bali-an, S. Haroche, and S. Liberman, North Holland(1977).

L. Allen and J.H. Eberly, ’Optical resonance andtwo-level atoms’, Dover Publications, Mineola,NY (1987).

Dieter Suter, ’The Physics of Laser-Atom Inter-action’, Cambridge University Press, Cambridge(1997). Chapter 2.

3.3.1 Übersicht

Der Ausgangspunkt für die halbklassische Be-schreibung ist ein Zweiniveaumodell für dasatomare System, wobei die beiden Zuständedurch einen Dipol-erlaubten Übergang verbun-den sind. Dieses quantenmechanische Zweini-veausystem wird von einer klassischen elektro-magnetischen Welle getrieben.

Abbildung 3.37: Klassische elektromagnetischeWelle koppelt an Zweiniveaua-tom.

Das halbklassische Modell gleicht dem klassi-schen weitgehend: In beiden Fällen treibt dieelektromagnetische Welle einen schwingungsfä-higen Dipol. Dieser ist selbst die Quelle einer

elektromagnetischen Welle, welche mit der einge-strahlten Welle weiter läuft und sich ihr überla-gert. Die in-, resp. außer Phase Komponente die-ser Welle führt zu Absorption, resp. Dispersion.Wie im quantenmechanischen Fall schreiben wirfür die Zustände des Atoms |g〉 (Grundzustand)und |e〉 (angeregter Zustand). Die beiden Zustän-de sind über einen elektrischen Dipol-Übergangverbunden.

Abbildung 3.38: Quantenmechanischer harmoni-scher Oszillator.

Dies ist offenbar nicht das, was man durch einedirekte Quantisierung des klassischen Modells er-halten würde: dort hatten wir das Atom als har-monischen Oszillator beschrieben. Dieser müsstequantenmechanisch durch ein nach oben offenesSystem von äquidistanten Zuständen beschrie-ben werden. Wir erwarten somit bereits an dieserStelle, dass das quantenmechanische System sichanders verhalten wird als das klassische.

Wir nehmen an, dass der Übergang elektrisch-Dipol erlaubt ist. Die beiden Zustände habendann unterschiedliche Parität. Wie im Jaynes-Cummings Modell diskutiert hat der Dipolope-rator die Matrixelemente

〈e|d|g〉 = 〈g|d|e〉 = µe

〈e|d|e〉 = 〈g|d|g〉 = 0 ,

wobei µe das reelle Matrixelement des Dipolope-rators darstellt.

Ein quantenmechanisches System, das durchzwei Zustände aufgespannt wird,

ψ = c1|g〉+ c2|e〉

kann mit zwei komplexen oder vier reellen Pa-rametern vollständig beschrieben werden. Diese

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3 Licht-Materie Wechselwirkung

stellen Real- und Imaginärteil der beiden Koef-fizienten dar. Das System besitzt in diesem Sinnvier Freiheitsgrade. Da die Phase eines quanten-mechanischen Zustandes aber keine physikalischeBedeutung besitzt, können wir aber einen Frei-heitsgrad eliminieren; es bleiben dann drei phy-sikalisch relevante Freiheitsgrade.

3.3.2 Basisoperatoren

Das gleiche können wir sofort für den Raum derOperatoren, die auf dieses System wirken, sagen:Die Operatoren können als 2 × 2 Matrizen dar-gestellt werden.(

a c+ idc− id b

).

Wenn wir uns auf hermitesche (selbstadjungier-te) Operatoren beschränken, müssen die bei-den Diagonalelemente reell sein. Die Realteileder Außerdiagonalelemente müssen gleich sein,die Imaginärteile entgegengesetzt. Somit werdenauch die Operatoren durch vier reelle Parametereindeutig beschrieben.

Es ist nützlich, für die Beschreibung der Ope-ratoren eine Basis aus Operatoren zu wählen.Alle andern können dann als Linearkombinationdieser Basisoperatoren dargestellt werden. Dafürkommen beliebige vier linear unabhängige (bee-ser: orthogonale) Operatoren in Betracht. Einebesonders nützliche Basis besteht aus der Ein-heitsmatrix, sowie aus den drei Operatoren

Sx =12

(0 11 0

)Sy =

i

2

(0 −11 0

)

Sz =12

(1 00 −1

).

Die Matrixelemente sind somit

〈g|Sx|g〉 = 0 〈g|Sx|e〉 =12

〈e|Sx|e〉 = 0

〈g|Sy|g〉 = 0 〈g|Sy|e〉 = − i2

〈e|Sy|e〉 = 0

〈g|Sz|g〉 =12

〈g|Sz|e〉 = 0 〈e|Sz|e〉 = −12.

Es handelt sich somit jeweils um die Pauli-Matrizen, multipliziert mit 1/2, Sα = 1

2σα.

Wie man leicht feststellen kann erfüllen dieseOperatoren die Vertauschungsrelationen

[Sx, Sy] = iSz und cycl. ,

welche aus der quantenmechanischen Theorie desDrehimpulses bekannt sind. Diese drei Operato-ren können u.a. die drei kartesischen Komponen-ten eines Spins 1/2 darstellen.

Wenn wir den elektrischen Dipoloperator für die-ses System in dieser Basis schreiben erhalten wir

d = 2µeSx =(

0 µe

µe 0

).

3.3.3 Hamiltonoperator

Abbildung 3.39: Atomares Zweiniveausystem.

Wir schreiben für die Anregungsenergie vomGrund- zum angeregten Zustand ω0 (mit ~ = 1).In dieser Form des Hamiltonoperators, wie auchin allen folgenden Rechnungen schreiben wirEnergieeinheiten in der Form von Frequenzen.Damit erhalten wir eine direkte Beziehung zuden entsprechenden Experimenten, wo Energie-differenzen immer als Frequenzen erscheinen. Inder hier benutzten Form des Hamiltonoperatorsist der Ursprung der Energieachse in der Mittezwischen den beiden Zuständen. Diese Wahl desUrsprungs ist geeignet, die Symmetrie des Sy-stems deutlich zu machen.

Da wir ein einzelnes Atom betrachten, von demwir annehmen, dass es im Raum in Ruhe sei, undweil die Wellenlänge λ des Laserfeldes groß ist ge-genüber der Ausdehnung des Atoms, können wirdie räumlichen Koordinaten vernachläßigen und

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3 Licht-Materie Wechselwirkung

annehmen, das Feld sei (über den Bereich desAtoms) homogen. Unser Modell reduziert sichdamit auf ein oszillierendes elektrisches Feld

E =12{E0e

iωLt + c.c.}

mit der Frequenz ωL und Amplitude E0.

Die elektrische Dipolwechselwirkung kann danngeschrieben werden als

HWW = −2ωx cos(ωLt)Sx ,

mit der Kopplungskonstante

ωx = E0 µE .

Wir vernachläßigen die Eigenenergie des elek-trischen Feldes. Der gesamte Hamiltonoperatorwird somit

H = HAtom+HWW = −ω0Sz−2ωxcos(ωLt)Sx .

Im Hamiltonoperator erscheint das elektrischeFeld nicht als Vektor, sondern als ein Skalar.Dies ist ein inhärentes Problem des Zweiniveau-systems, das nur gelöst werden kann indem mandas Zweiniveaumodell aufgibt und eine vollstän-digere atomare Struktur mit einer größeren Zahlvon Zuständen berücksichtigt.

3.4 Der Dichteoperator

3.4.1 Beschreibung eines Ensembles

In vielen Experimenten, die in diesem Zusam-menhang interessieren, besteht das physikalischeSystem aus einem Ensemble von Atomen, wel-ches nicht mit Hilfe einer Wellenfunktion oderZustandsfunktion beschrieben werden kann.

Als einfaches Beispiel betrachten wir drei Atome,von denen sich zwei im Grundzustand und einesim angeregten Zustand befinden und suchen dieZustandsfunktion, welche das Gesamtsystem be-schreibt. Man könnte versucht sein, diesen Zu-stand mit der Funktion

ψ =

√15(2|g〉+ |e〉)

Abbildung 3.40: Einfaches Ensemble von 3 Ato-men

zu schreiben.

Um zu überprüfen, ob dies sinnvoll ist, berechnenwir das elektrische Dipolmoment dieses Zustan-des:

〈d〉 = 〈ψ|d|ψ〉 = 〈= µE

5(

2 1)·(

0 11 0

)·(

21

)

=µE

5(

2 1)·(

12

)=

4µE

5.

Man würde also voraussagen, dass ein Dipolmo-ment in Richtung der x-Achse vorliegen würde.Dies entspricht nicht der Beobachtung und wäreauch nicht zu verstehen: das Dipolmoment einesAtoms in einem Eigenzustand des Hamiltonope-rators verschwindet. Deshalb muss das Dipolmo-ment auch für das Ensemble verschwinden. Dieszeigt, dass unsere Beschreibung des Zustandesmit obiger Funktion falsch ist.

Korrekterweise müsste man für jedes einzelneAtom das Dipolmoment ausrechnen und die Re-sultate addieren.

〈d〉 =∑

i

〈di〉 =µE

5[2

(1 0

)·(

0 11 0

)·(

10

)

+(

0 1)·(

0 11 0

)·(

01

)]

=µE

5[2

(1 0

)·(

01

)+

(0 1

)·(

10

)] = 0 .

Der Schrödinger-Formalismus der Quantenme-chanik erlaubt es nicht, direkt Ensembles vongleichartigen Quantensystemen zu behandeln.

Die meisten Experimente werden aber an En-sembles von näherungsweise identischen Syste-men durchgeführt. Wenn wir z.B. die Absorp-tion eines Laserstrahls in einem atomaren Gas

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3 Licht-Materie Wechselwirkung

Abbildung 3.41: Messung an einem Ensemble.

messen, so stellt die absorbierte Leistung eineSumme über die Beiträge einer ganzen Reihe vonZweiniveausystemen dar. Wenn man dieses Sy-stem durch eine Zustandsfunktion beschreibt, soist dies nur dann korrekt, wenn

• alle Atome im gleichen Zustand sind

• alle Atome die gleichen äußeren Felder spü-ren

• keine Wechselwirkungen zwischen den Ato-men existieren.

3.4.2 Definition des Dichteoperators

Für die Beschreibung eines solchen Ensemblesbenötigt man statt dessen den sogenannten Dich-teoperator. Er kann am besten definiert werdenmit Hilfe der bra-ket Schreibweise

ρ =1N

N∑i=1

|ψi〉〈ψi| .

(U. Fano, ’Description of states in quantum me-chanics by density matrix and operator techni-ques’, Rev. Mod. Phys. 29, 74-93 (1957).).

Für ein einzelnes Atom im Zustand

ψ = a|g〉+ b|e〉

wird der Dichteoperator

ρ = (a|g〉+ b|e〉)(a∗〈g|+ b∗〈e|) .

Die Matrixelemente sind

〈g|ρ|g〉 = 〈g|(a|g〉+ b|e〉)(a ∗ 〈g|+ b ∗ 〈e|)|g〉

= (a〈g|g〉+ b〈g|e〉)(a∗〈g|g〉+ b∗〈e|g〉) = |a|2 ,

wobei wir die Orthonormalität der Zustände be-nutzt haben. Analog erhalten wir

〈e|ρ|e〉 = ... = |b|2

〈g|ρ|e〉 = 〈g|(a|g〉+b|e〉)(a∗〈g|+b∗〈e|)|e〉 = ab∗

〈e|ρ|g〉 = ... = a∗b

oder in Matrixschreibweise

ρ =(|a|2 ab∗

a∗b |b|2).

Ein einzelnes Atom im Grundzustand wird dem-nach durch den Dichteoperator

ρg =(

1 00 0

)beschrieben, und eines im angeregten Zustanddurch

ρe =(

0 00 1

).

Für ein Einzelsystem besteht somit eine 1-1 Be-ziehung zwischen der Zustandsfunktion und demDichteoperator.

Der Dichteoperator für einen einzelnen Zustandist ein Projektor:

|ψ〉〈ψ|ϕ〉 = 〈ψ|ϕ〉 |ψ〉 ,

d.h. das Resultat ist die Projektion des Vektors|ϕ〉 auf den Vektor |ψ〉 . Für den Dichteopera-tor eines Einzelsystems gilt damit, wie für jedenProjektor, ρ2 = ρ.

3.4.3 Dichteoperator für Ensembles

Der wichtigste Unterschied zwischen dem Dich-teoperator und einer Zustandsfunktion bestehtdarin, dass der Dichteoperator eines Ensembleseinfach durch die Summe der Dichteoperatorender einzelnen Teilsysteme gegeben ist. Wie wirfür das einfache Beispiel von 3 Atomen gesehenhatten, ist das bei der Zustandsfunktion nichtder Fall.

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3 Licht-Materie Wechselwirkung

Für das aus drei Atomen bestehende Ensemblein unserem Beispiel wird der Dichteoperator

ρ =13

3∑i=1

ρi =13

((1 00 0

)+

(1 00 0

)

+(

0 00 1

))=

13

(2 00 1

).

Die Diagonalelemente stellen direkt die Popula-tionen der entsprechenden Zustände dar. Für dasvorliegende Ensemble finden wir somit 2/3 derAtome im Grundzustand, 1/3 im angeregten Zu-stand.

Man überprüft leicht, dass für den Dichteope-rator eines Ensembles das Quadrat nicht mehrgleich dem Operator ist, ρ2 6= ρ. Man kann diesverwenden, um zu prüfen, ob ein gegebener Dich-teoperator ein Einzelsystem oder ein (echtes, ge-mischtes) Ensemble beschreibt; man spricht vonreinen, resp. gemischten Zuständen.

Der Dichteoperator des Systems beschreibt eingemitteltes Atom. Man kann ihn verwenden umdie Zeitabhängigkeit der Mittelwerte zu berech-nen. Das bringt den großen Vorteil, dass wirfür die Berechnung der Zeitentwicklung des Sy-stems nicht zuerst die Zeitentwicklung jedes ein-zelnen Atoms berechnen müssen, sondern direktdie Zeitentwicklung des Mittelwertes berechnenkönnen. Voraussetzung dafür ist allerdings dassdie verschiedenen Atome gut voneinander iso-liert sind und die gleiche Umgebung sehen. Diewichtigsten Abweichungen sind Relaxationsef-fekte und Inhomogenitäten.

Abbildung 3.42: Wechselwirkung zwischen Ato-men des Ensembles.

Relaxation kommt durch die Wechselwirkungzwischen den einzelnen Teilsystemen zustande,sowie durch die Wechselwirkung mit der Umge-bung. Diese geschieht vor allem über elektroma-gnetische Felder und/oder über die translatori-schen Freiheitsgrade.

Abbildung 3.43: Inhmogenitäten.

Mit Inhomogenitäten bezeichnet man unter-schiedliche Wechselwirkung en der Atome mitihrer Umgebung. Dies können z.B. durch unter-schiedliche Geschwindigkeiten (Dopplerverbrei-terung) oder durch unterschiedlichen Ort in in-homogenen externen Feldern (z.B. einem La-serstrahl mit endlichem Durchmesser) zustandekommen.

3.4.4 Zeitentwicklung

Ausgehend von der Schrödingergleichung

∂tψ = −iHψ ,

welche bekanntlich die Lösung

ψ(t) = e−iHtψ(0)

hat, finden wir die Bewegungsgleichung für denDichteoperator als

ρ =∂

∂t(|ψ〉〈ψ|) = | − iHψ〉〈ψ|+ |ψ〉〈−iHψ|

= −iH|ψ〉〈ψ|+ |ψ〉〈ψ|iH = −i[H, ρ] .Diese Gleichung ist auch als Liouville-Schrödinger Gleichung bekannt.

Die Lösung finden wir durch Einsetzen der Lö-sung der Schrödingergleichung:

ρ(t) = |ψ(t)〉〈ψ(t)| = e−iHt|ψ(0)〉〈ψ(0)|eiHt

= e−iHtρ(0)eiHt .

60

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3 Licht-Materie Wechselwirkung

3.4.5 Erwartungswert

Der Erwartungswert einer Observablen A für denZustand, welcher durch den Dichteoperator ρ be-schrieben wird, kann ebenfalls aus der Definitiondes Dichteoperators hergeleitet werden:

〈ψ|A|ψ〉 =∑i,j

(c∗iAijcj) =∑i,j

(Aijρji)

=∑

i

(Aρ)ii = Sp{Aρ} = Sp{ρA} .

Für die Berechnung von Erwartungswerten istes wichtig, dass die Spur eines Operators unterzyklischen Vertauschungen invariant bleibt,

Sp{ABC} = Sp{BCA} = Sp{CAB}

Daraus folgt zum Beispiel

Sp{ρ(t)A} = Sp{e−iHtρ(0)eiHtA}

= Sp{ρ(0)eiHtAe−iHt} = Sp{ρ(0)A(t)}

Diese Umformung entspricht dem Übergang vomSchrödingerbild zum Heisenbergbild: Im Schrö-dingerbild ist der Zustand zeitabhängig, währenddie Observable invariant ist, im Heisenbergbildentwickelt sich die Observable. Für diese läuftdie Zeitentwicklung umgekehrt als für den Dich-teoperator.

3.4.6 Darstellung in einer Basis

Wie jeder quantenmechanische Operator kannauch der Dichteoperator in einem geeignetenSatz von Basisoperatoren aufgespannt werden.Für das Zweiniveausystem besteht ein beson-ders geeigneter Satz von Basisoperatoren ausden Drehimpulsoperatoren Sx, Sy und Sz, dieoben definiert wurden. Wir schreiben die Ent-wicklungskoeffizienten als sx, sy und sz, so dassder Dichteoperator folgende Form erhält

ρ′ = a1 + sxSx + sySy + szSz .

Die Diagonalelemente des Dichteoperators stel-len Populationen dar, z.B. ρ11 die Wahrschein-lichkeit, dass sich das Atom im Grundzustand

befindet. Die Summe der Diagonalelemente mussdeshalb immer gleich 1 sein,∑

i

ρii = Sp{ρ} =∑

i

pi = 1 ,

da sich jedes System in irgendeinem Zustand be-finden muss. Damit wird der Koeffizient a be-stimmt als 1/2 und der Dichteoperator des Zwei-niveausystems wird

ρ′ = 121 + sxSx + sySy + szSz .

=12

(sz sx − isy

sx + isy −sz

).

Der Einheitsoperator 1 ist zeitunabhängig undträgt zu keiner beobachtbaren Größe bei. Im Sin-ne einer Abkürzung ist es deshalb häufig einfa-cher, diesen Teil des Dichteoperators herauszulö-sen und den reduzierten Dichteoperator

ρ = sxSx + sySy + szSz

zu betrachten, dessen Spur verschwindet.

Als Beispiel betrachten wir unser Standard-Ensemble:

ρ =(

23 00 1

3

)− 1

2

(1 00 1

)=

16

(1 00 −1

)

=13Sz .

Die Diagonalelemente können somit kleiner,gleich oder größer als Null sein. Sie stellennicht Populationen dar, sondern die Abweichungder Populationen von der Gleichverteilung. Inspektroskopischen Experimenten misst man abermeist nicht Populationen, sondern Populations-differenzen, und diese sind die gleichen bei ρ undρ′.

Die Entwicklungskoeffizientensx, sy und sz sinddie Komponenten eines Spinvektors. Wenn wirein Spin-1

2 System betrachten, so entsprichtdies genau den 3 kartesischen Komponenten desDrehimpulsvektors.

61

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3 Licht-Materie Wechselwirkung

3.4.7 Pseudospin

Die Bewegungsgleichungen eines solchen Zwei-niveausystems wurden erstmals von Felix Blochgenau diskutiert (F. Bloch, ’Nuclear induction’,Phys. Rev. 70, 460-485 (1946).), und zwar fürdie Beschreibung der magnetischen Resonanz.Die Zweiniveausysteme waren in diesem Zusam-menhang Spin-1

2 Systeme. Die resultierenden Be-wegungsgleichungen sind deshalb als Blochglei-chungen bekannt.

Etwa 10 Jahre später zeigten Feynman, Ver-non und Helwarth (FVH) dass jedes Zweiniveau-system den gleichen Bewegungsgleichungen ge-horcht und deshalb mit Hilfe der Blochgleichun-gen diskutiert werden kann (R.P. Feynman, F.L.Vernon, and R.W. Helwarth, ’Geometrical repre-sentation of the Schrödinger equation for sol-ving maser problems’, J. Appl. Phys. 28, 49-52 (1957)). Aufgrund dieser Analogie bezeich-net man allgemein Zweiniveausysteme gerne alsPseudo-Spin-1

2 Systeme und diskutiert die Bewe-gungsgleichungen indem man Teile des Systemsals Spin-Komponenten bezeichnet und die Wech-selwirkung mit äußeren Feldern auf magnetischeWechselwirkungen zurückführt.

In diesem Bild entspricht der Grundzustand desSystems z.B. dem +1

2 Zustand des Pseudo-Spins,während der angeregte Zustand dem -1

2 Zustandentspricht. Die Energiedifferenz zwischen Grund-und angeregtem Zustand entspricht der Zeeman-Aufspaltung. Die z-Komponente des Pseudo-spins beschreibt die Populationsdifferenz zwi-schen den beiden Zuständen. Im Fall des opti-schen Zweiniveausystems beschreiben die x- undy-Komponenten die quantenmechanische Kohä-renz zwischen den beiden Zuständen, welchephysikalisch ein oszillierendes elektrisches Dipol-moment beschreibt. Dieser Pseudospin ist au-ßerordentlich hilfreich für die Visualisierung derzeitlichen Entwicklung des Systems, welche ex-akt auf die Bewegung eines Drehimpulses zu-rückgeführt werden kann, der an ein magneti-sches Moment gekoppelt ist.

Die Gleichungen werden deshalb als optischeBlochgleichungen bezeichnet (→Kap. 3.5).

3.4.8 Beispiel: Populationen

Befindet sich das Atom im Grundzustand, so istdie Zustandsfunktion

ψa = |g〉 =(

10

)und die entsprechende Dichtematrix

ρ′a =(

1 00 0

).

Die entsprechende reduzierte Dichtematrix ist

ρa = Sz =12

(1 00 −1

).

Für diesen Zustand gilt somit sx = sy = 0 undsz = 1. Falls dieser Dichteoperator ein Ensemblebeschreibt, so sind alle Atome im Grundzustand|g〉, und die Energie des Systems erreicht ein Mi-nimum,

Sp{Hρ} = −ω0

2.

Für den angeregten Zustand gilt

ψb = |e〉 =(

01

)und die entsprechende Dichtematrix

ρ′b =(

0 00 1

).

Die entsprechende reduzierte Dichtematrix ist

ρb = −Sz =12

(−1 00 1

).

Die Figur illustriert die Orientierung des Pseudo-spins und zeigt die entsprechende Zustandsfunk-tion und den Dichteoperator, der diesen Zustandbeschreibt. Da wir den Teil eliminiert haben, derproportional zum Einheitsoperator ist, wird derDichteoperator spurfrei. Für Atome im Grund-zustand ist der Pseudospin nach oben orientiert(sz = +1

2), für Atome im angeregten Zustandnach unten(sz = −1

2) .

62

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3 Licht-Materie Wechselwirkung

Abbildung 3.44: Atome im Grundzustand, resp.angeregten Zustand.

3.4.9 Kohärenzen

Die transversalen Komponenten des Pseudo-Spins bezeichnen das optische Dipolmoment desAtoms und entsprechen dem quantenmechani-schen Analogon der oszillierenden Dipolmomenteder Lorentz-Lorenz Theorie.

Abbildung 3.45: Kohäenz und Dipolmoment

Wie in der Figur gezeigt bezeichnen sie eine ko-härente Superposition der beiden Zustände. Inder linken Bildhälfte ist eine Überlagerung mitidentischen Phasen dargestellt,

ψa =1√2

(11

).

Dem entspricht eine reduzierte Dichtematrix

ρa = Sx =12

(0 11 0

).

Auf der rechten Seite sind die beiden Koeffizien-ten imaginär, respektive reell:

ψb =1√2

(1i

).

Dem entspricht eine reduzierte Dichtematrix

ρb = Sy =12

(0 −ii 0

).

Die Orientierung des Pseudospins in der trans-versalen Ebene bezeichnet die Phase des oszil-lierenden Dipolmomentes, in direkter Analogiezur komplexen Notation für die Beschreibung deselektrischen Feldes.

3.4.10 Der Hamiltonoperator desPseudospins

Wir betrachten den Hamiltonoperator inklusiveder Störung

H = Hatom +Hww = −ω0Sz−2ωxcos(ωLt)Sx .

In der Spin-12 Analogie entspricht die elektroni-

sche Anregungsenergie

ω0 = µzBz

der Energiedifferenz µzBz zwischen den Spinzu-ständen in einem Magnetfeld, welches parallelzur z-Achse orientiert ist.

Abbildung 3.46: Spin-Analog der Wechselwir-kungen.

Die Kopplung an das oszillierende Laserfeld istäquivalent zur Wechselwirkung eines Spins 1

2 miteinem oszillierenden Magnetfeld parallel zur x-Achse, wobei die Kopplungsstärke

ωx =12µxBx

beträgt und Bx die Amplitude des magnetischenWechselfeldes bezeichnet.

63

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3 Licht-Materie Wechselwirkung

3.5 Die optische Blochgleichung

3.5.1 Blochgleichung im Laborsystem

Die Bewegungsgleichung für den Dichteoperatorlautet

ρ(t) = −i[H(t), ρ(t)] .

Eine Lösung dieser Bewegungsgleichung würdein der Angabe der Zeitabhängigkeit aller vierMatrixelemente des Dichteoperators bestehen.Für die formale Beschreibung ist es aber nütz-licher, nicht die eigentlichen Matrixelemente ρij

zu betrachten, sondern den Dichteoperator in ei-ner Basis von Operatoren zu entwickeln. Mei-stens benutzt man dafür die Basis der Spinope-ratoren. Die Basis selbst bleibt zeitunabhängig,während die Entwicklungskoeffizienten als zeit-abhängig betrachtet werden:

ρ(t) = sx(t)Sx + sy(t)Sy + sz(t)Sz .

Aus einem gegebenen Dichteoperator könnendiese Koeffizienten aufgrund der Orthogonalitätder Spinoperatoren,

Sp{SαSβ} =12δαβ

als Erwartungswerte berechnet werden:

sα(t) = 2Sp{ρ(t)Sα} α = y, x, z .

Diese Entwicklung erlaubt uns, die Schrödinger-gleichung in ein lineares System von gewöhn-lichen Differentialgleichungen umzuformen, des-sen Variablen die Entwicklungskoeffizienten desDichteoperators sind:

ρ = sx(t)Sx + sy(t)Sy + sz(t)Sz

= −i[H(t), ρ(t)]

= −i[−ω0Sz − 2ωxcos(ωLt)Sx,

sx(t)Sx + sy(t)Sy + sz(t)Sz]

Ausmultiplizieren ergibt

ρ = −i{−ω0[sx(t)[Sz, Sx] + sy(t)[Sz, Sy]

+sz(t)[Sz, Sz]]− 2ωxcos(ωLt)[sx(t)[Sx, Sx]

+sy(t)[Sx, Sy] + sz(t)[Sx, Sz]]}

Mit Hilfe der Kommutatoren schreiben wir diesals

ρ = −ω0(sx(t)Sy − sy(t)Sx)

−2ωxcos(ωLt)(sy(t)Sz − sz(t)Sy) .

Für die Entwicklungskoeffizienten erhalten wirdamit eine Bewegungsgleichung, die in Matrix-schreibweise folgende Form hat:

∂t

sx

sy

sz

=

0 ω0 0−ω0 0 2ωxcos(ωLt)

0 −2ωxcos(ωLt) 0

sx

sy

sz

.

Diese Gleichung ist identisch mit der klassischenBewegungsgleichung für einen Drehimpuls, aufden ein Drehmoment wirkt. Die drei Entwick-lungskoeffizienten sx, sy und sz sind die Kom-ponenten eines Drehimpulsvektors im dreidimen-sionalen Raum. Die Kraft, welche dessen zeitli-che Entwicklung bestimmt, entspricht somit ei-nem Drehmoment. Die statische Komponente ω0

wirkt entlang der z-Achse und die zeitabhängige(2ωxcos(ωLt)) entlang der x-Achse.

Die beiden Komponenten haben üblicherweiseeine sehr unterschiedliche Größenordnung. DieStärke der statischen Komponente beträgt in derOptik etwa 1014 − 1015Hz, die der oszillieren-den ist für kontinuierliche Laser kleiner als 109.Lediglich bei gepulsten Hochleistungslasern kanndiese Komponente sehr groß werden. In diesenextremen Fällen ist jedoch die 2-Niveau Nähe-rung für die Beschreibung des Materials nichtmehr gültig.

3.5.2 Freie Präzession

Die einzige analytische Lösung dieser Bewe-gungsgleichung finden wir für den trivialen Fall

64

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3 Licht-Materie Wechselwirkung

verschwindender Kopplung, ωx = 0, d.h. für freieAtome. In diesem Fall ist die z-Komponente zeit-unabhängig, sz(t) = sz(0), wie wir bereits beider allgemeinen Diskussion der Zeitentwicklunggesehen hatten: die Diagonalelemente des Dich-teoperators sind zeitunabhängig.

Es bleiben die beiden transversalen Komponen-ten, welche durch ω0 aneinander gekoppelt sind:

∂t

(sx

sy

)=

(0 ω0

−ω0 0

) (sx

sy

).

Die Kopplungsmatrix entspricht offenbar einerDrehmatrix. Die Lösung wird damit

sx(t) = sx(0)cos(ω0t) + sy(0)sin(ω0t)

sy(t) = sy(0)cos(ω0t)− sx(0)sin(ω0t) .

Abbildung 3.47: Freie Präzession des Pseudo-spins.

Wenn wir dieses Resultat mit dem Resultat fürdie z-Komponente kombinieren, finden wir, dassder Pseudospin um die z-Achse präzediert, d.h.um das virtuelle Magnetfeld.

Für die optische Polarisation des Systems,

2µESp{ρ(t)Sx} = µEsx(t)

= µE(sx(0)cos(ω0t) + sy(0)sin(ω0t)) ,

Abbildung 3.48: Zeitabhängigkeit des elektri-schen Dipolmomentes.

entspricht diese Präzession einer Oszillation mitder Frequenz ω0, wie in der Figur dargestellt.

Diese Oszillation ist das quantenmechanischeAnalogon des oszillierenden Dipols der Lorentz-Lorenz Theorie. Allerdings betrachten wir hierden Fall ohne Laserfeld, d.h. das Atom muss vor-her in diesen kohärenten Zustand gebracht wer-den.

3.5.3 Rotierendes Koordinatensystem

Die vorliegende Form der Bewegungsgleichungist in zwei Beziehungen unbefriedigend: Im Fallverschwindender Kopplung finden wir eine Prä-zession des Pseudo-Spins mit der atomaren Reso-nanzfrequenz ω0/2π, welche im sichtbaren oderinfraroten Teil des Spektrums von der Größen-ordnung von 5 · 1014Hz ist. Diese Präzessions-frequenz ist nicht direkt beobachtbar. Hingegenmaskiert sie langsamere Bewegungsprozesse, dieeigentlich interessanter sind.

Das zweite Problem ist die Zeitabhängigkeitdes Hamiltonoperators, resp. der Koeffizientender Differentialgleichung: Dadurch existiert keineanalytische Lösung. Beide Probleme können eli-miniert werden wenn wir eine Koordinatentrans-formation auf die Bewegungsgleichungen anwen-den, so dass sie nicht mehr im Laborsystem ge-schrieben werden. Wir verwenden statt dessenein System, das gegenüber dem Laborsystem umdie z-Achse rotiert. Indem wir uns mit diesem Sy-stem mitdrehen klammern wir die schnelle Bewe-

65

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3 Licht-Materie Wechselwirkung

gung des Pseudospins aus der Betrachtung aus.Die selbe Transformation eliminiert gleichzeitigdie Zeitabhängigkeit des Hamiltonoperators undermöglicht es damit, eine analytische Lösung derBewegungsgleichungen zu finden. Mathematischentspricht diese Koordinatentransformation ei-ner unitären Transformation, welche wir untenim Detail diskutieren.

Physikalisch erhält man diese Transformationüber eine Rotation des Koordinatensystems umdie z-Achse. Da es sich mit dem Feld mitdreht er-scheint dieses im neuen Koordinatensystem sta-tisch.

Weil ein rotierendes Koordinatensystem kein In-ertialsystem ist, erwarten wir, dass die Bewe-gungsgleichungen korrigiert werden müssen wennwir sie im rotierenden Koordinatensystem schrei-ben. Dies geschieht durch die Einführung eineszusätzlichen Terms, ähnlich wie der Zentrifugal-kraft, resp. der Corioliskraft.

Für die Herleitung der Bewegungsgleichungen imrotierenden Koordinatensystem suchen wir zu-nächst die mathematische Form der Transforma-tion. Anstelle der üblichen Basis |g〉, |e〉 benutzenwir eine zeitabhängige Basis

|gr〉 = |g〉eiωLt/2 |er〉 = |e〉e−iωLt/2 .

In Vektorschreibweise entspricht dies einerTransformation(

|gr〉|er〉

)=

(eiωLt/2 0

0 e−iωLt/2

) (|g〉|e〉

)

= U(t)(|g〉|e〉

).

Wir können den Transformationsoperator Uschreiben als

U(t) = eiωLtSz ,

was einer Rotation um die z-Achse mit der Fre-quenz ωL des Laserfeldes entspricht. Diese Wech-selwirkungsdarstellung wird deshalb als rotieren-des Koordinatensystem bezeichnet.

Zur Illustration berechnen wir die transversalenKomponenten sx(t), sy(t) eines Zustandes

ψ(t) =(eiωLt/2 0

0 e−iωLt/2

)1√2

(|1〉|1〉

)

=1√2

(eiωLt/2

e−iωLt/2

).

Wir erhalten

〈ψ|Sx|ψ〉 = c∗1c2 + c∗2c1 =14(eiωLt + ei−ωLt)

=12

cos(ωLt) ,

also tatsächlich einen Zustand, der in der xy-Ebene um die z-Achse rotiert.

3.5.4 Transformation von Zuständen

Ein quantenmechanischer Zustand

ψ(t) =(cgce

)= cg|g〉+ ce|e〉

= cg|gr〉e−iωLt/2 + ce|er〉eiωLt/2

besitzt die beiden Darstellungen

ψlab(t) =(cgce

)

ψr(t) =(cge

−iωLt/2

ceeiωLt/2

)= U−1ψlab(t) .

Der obere Index bezeichnet die Basiszustände,welche für die entsprechende Darstellung verwen-det wurden. Die Transformation der Zustands-funktion ist deshalb das Inverse der Transforma-tion der Basiszustände.

3.5.5 Transformation von Operatoren

Die Transformation der Zustandsfunktion impli-ziert für die Transformation des Dichteoperators

ρr = (|ψ〉〈ψ|)r = U−1|ψ〉〈ψ|U = U−1ρU .

66

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3 Licht-Materie Wechselwirkung

Die Transformationseigenschaften für die Obser-vablen erhalten wir aus der Bedingung dass dieErwartungswerte unabhängig von der Basis seinmüssen, in der sie berechnet werden:

〈A〉 = Sp{ρA} = Sp{ρrAr} .

Wir benutzen die Transformation für den Dich-teoperator

〈A〉 = Sp{ρrAr} = Sp{U−1ρUAr}

= Sp{ρUArU−1} ,

wobei im letzten Schritt die Invarianz der Spurunter zyklischen Vertauschungen verwendet wur-de. Somit muss gelten

A = UArU−1

oder

Ar = U−1AU .

Diese Beziehung gilt für alle Observablen. Ledig-lich der Hamiltonoperator ist eine Ausnahme, daer nicht nur eine Observable ist, sondern gleich-zeitig der Erzeuger der Bewegung des Systems.

3.5.6 Transformation desHamiltonoperators

Für die Herleitung der Bewegungsgleichung imrotierenden Koordinatensystem betrachten wirdie zeitliche Ableitung des Zustandes

∂tψr(t) =

∂t(U−1(t)ψlab(t)) =

= U−1(t)ψlab(t) + U−1(t)∂

∂tψlab(t) .

Wir benutzen die Schrödingergleichung im La-borsystem und schreiben den Zustand im rotie-renden Koordinatensystem. Damit finden wir

∂tψr(t) = [U−1(t)U(t)−U−1(t)iHlabU(t)]ψr(t) .

Der Hamiltonoperator soll der Erzeuger der zeit-lichen Entwicklung bleiben. Deshalb müssen wir

fordern, dass seine Darstellung im rotierendenKoordinatensystem gegeben ist durch

Hr = U−1HlabU + iU−1U .

Dies ist die allgemeine Form der Transformationdes Hamiltonoperators. Zusätzlich zur üblichenTransformation eines Operators

U−1HlabU

erhalten wir einen Korrekturterm

iU−1U ,

welcher nicht verschwindet wenn der Transfor-mationsoperator U zeitabhängig ist.

• Er berücksichtigt die Tatsache dass das ro-tierende Koordinatensystem kein Inertialsy-stem darstellt und kann als eine Analogiezur Corioliskraft der klassischen Mechanikgesehen werden.

• Er hängt nicht vom Hamiltonoperator ab,sondern lediglich vom Transformationsope-rator U .

3.5.7 Anwendung auf Blochgleichung

Wir wenden diese allgemeine Form auf den Ha-miltonoperator

H = Hatom +Hww = −ω0Sz−2ωx cos(ωLt)Sx

an und finden

Hr = U−1(t)HatomU(t) + U−1(t)HwwU(t)

+iU−1(t)U(t) .

Weil U und Hatom nur Sz enthalten ist der ersteTerm invariant unter der Transformation:

U−1(t)HatomU(t) = Hatom = −ω0Sz .

Wegen

e−iφSzSxeiφSz = Sx cosφ+ Sy sinφ

67

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3 Licht-Materie Wechselwirkung

gilt

U−1(t)HwwU(t)

= 2ωx cos(ωLt)[Sx cos(ωLt) + Sy sin(ωLt)]

= −2ωx[Sx cos2(ωLt) + Sy cos(ωLt) sin(ωLt)]

= −ωxSx−ωx(Sx cos(2ωLt) +Sy sin(2ωLt)) .

Schließlich ist

U−1(t)U(t) =∂

∂t(e−iωLtSz)eiωLtSz = −iωLSz ,

so dass

Hr = −∆ω0Sz − ωxSx − ωx(Sx cos(2ωLt)

+Sy sin(2ωLt))

mit

∆ω0 = ω0 − ωL .

Die Wechselwirkungsenergie mit dem statischenMagnetfeld ist somit um eine Photonenenergiereduziert. Da dieser Term die Präzession desPseudospins um die z-Achse erzeugt bedeutetdies dass die Präzessionsgeschwindigkeit im ro-tierenden Koordinatensystem um die Laserfre-quenz reduziert wurde - in Übereinstimmung mitder Erwartung für einen Übergang in ein ro-tierendes Koordinatensystem. Der Wechselwir-kungsterm besteht aus zwei Teilen, einem zeitun-abhängigen und einem zeitabhängigen Teil, dermit der doppelten Laserfrequenz um die z-Achserotiert.

Diese Aufteilung hat auch eine physikalische In-terpretation: Die beiden Beiträge entsprechenden zirkular polarisierten Komponenten eines li-near polarisierten Feldes. Diejenige Komponente,welche im Laborsystem in die gleiche Richtungrotiert wie das Koordinatensystem wird im ro-tierenden System zeitunabhängig, während dieandere Komponente hier mit der doppelten Fre-quenz rotiert.

Abbildung 3.49: Effektives Laserfeld im La-borsystem (links) und imrotierenden Koordinatensystem(rechts).

3.5.8 Näherungsform

Wir können eine vereinfachte Bewegungsglei-chung gewinnen wenn wir die rasch rotierendeKomponente vernachläßigen. Man kann durchStörungsrechnung zeigen, dass diese Komponen-te in niedrigster Ordnung vernachläßigt werdenkann, also dann wenn das Wechselfeld klein istim Vergleich zum statischen Feld. Ich möchtemich hier aber auf qualitative Argumente be-schränken: Die Möglichkeit, diesen Term zu ver-nachläßigen ergibt sich daraus, dass sein zeitli-cher Mittelwert verschwindet. Diese Näherungist die direkte Analogie zur Vernachläßigung der-jenigen Terme des Jaynes-Cummings Operators,die nicht energieerhaltend sind, also z.B. desjeni-gen Terms, der gleichzeitig das Atom anregt undein Photon erzeugt.

Der Hamiltonoperator für das rotierende Koor-dinatensystem wird dann

Hr ≈ −∆ω0Sz − ωxSx .

Diese Näherung, bei der man die gegenläufig ro-tierende Komponente vernachläßigt, wird als ”ro-tating wave approximation” bezeichnet. In zwei-ter Ordnung erzeugt die gegenläufige Komponen-te eine Verschiebung der Resonanzfrequenz umden Betrag

∆ωBS =ω2

x

2ωL.

68

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3 Licht-Materie Wechselwirkung

Diese Verschiebung der Resonanz wird in der ma-gnetischen Resonanz als Bloch-Siegert shift be-zeichnet (F. Bloch and A. Siegert, ’Magnetic re-sonance for nonrotating Felds’, Phys. Rev. 57,522-527 (1940).) und in der Laserspektroskopieals dynamischer Stark-Effekt.

Abbildung 3.50: Bloch-Siegert Shift.

Dieser nichtresonante Effekt skaliert invers pro-portional zur Resonanzfrequenz und direkt pro-portional mit der Intensität. Er ist vor allemdann wichtig wenn bei hohen Intensitäten mithoher Auflösung gearbeitet wird.

3.6 Laserpulse

3.6.1 Eigenwerte und Eigenvektoren

Wie andere lineare Differentialgleichungssystemekann man die quantenmechanischen Bewegungs-gleichungen dadurch lösen, dass man die Eigen-werte und Eigenvektoren bestimmt. Im Fall desZweiniveausystems können wir dies direkt errei-chen indem wir das Feynman-Vernon-HellwarthBild verwenden. Es liefert die Eigenwerte und Ei-genvektoren über rein geometrische Überlegun-gen, ohne eine eigentliche Diagonalisierung desHamiltonoperators.

Wie bei der Einführung des Pseudospins gezeigtund beim Übergang ins rotierende Koordinaten-system benutzt kann man die beiden Komponen-ten des Hamiltonoperator als Magnetfelder in-terpretieren, welche an das magnetische Momentdes Pseudospins koppeln. Die beiden Komponen-ten sind parallel zur z-, resp. x-Achse ausgerich-tet. In Frequenzeinheiten ist die z-Komponente

Abbildung 3.51: Effektives Feld.

durch die Frequenzverstimmung ∆ω0 = ω0 − ωL

gegeben und die x Komponente ωx entspricht derWechselwirkung zwischen dem atomaren Dipol-moment und dem Laserfeld. Das effektive Feldωeff , die Vektorsumme der beiden Komponen-ten, liegt in der xz Ebene, unter einem Winkel

θ = tan−1 ωx

∆ω0

von der z-Achse. Die Stärke dieses Feldes ist

ωeff =√

∆ω20 + ω2

x .

Wir wissen bereits, dass der Hamiltonoperatordiagonal ist, wenn wir nur eine Feldkomponentehaben, welche parallel zur z-Achse ausgerichtetist. Es muss somit möglich sein, den Hamilton-operator auf Diagonalform zu bringen indem wirdie z-Achse des Koordinatensystems in Richtungdes effektiven Feldes wählen. Ausgehend vom ro-tierenden Koordinatensystem xyz erreicht mandies, indem man eine (zeitunabhängige) Rotati-on um die y-Achse durchführt:

Hd = eiθSyHre−iθSy = ωeffSz .

Die beiden Exponentialoperatoren rotieren denHamiltonoperator um einen Winkel θ von der z-Achse in die Richtung des effektiven Feldes. Derobere Index d zeigt an, dass der Hamiltonopera-tor in dieser Basis diagonal ist.

In dieser Basis sehen wir sofort, dass die Eigen-werte

λ± = ±12ωeff = ±1

2

√∆ω2

0 + ω2x

sind.

69

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3 Licht-Materie Wechselwirkung

Abbildung 3.52: Eigenvektoren entlang derRichtung des effektiven Feldes.

Die Eigenvektoren sind parallel, resp. antiparal-lel zur Richtung des effektiven Feldes. In der Ba-sis des rotierenden Koordinatensystems ist ihreDarstellung

ξ+ =(

cos θ2

sin θ2

)ξ− =

(− sin θ

2

cos θ2

).

Diese Zustände sind Superpositionszuständezwischen Grund- und angeregtem Zustand. In ei-nem quantenmechanischen Bild ist das Photonaufgrund der Wechselwirkung teilweise an dasAtom gebunden, aber es wird nicht vollständigabsorbiert. Man bezeichnet diese Zustände häu-fig als ”dressed states”, also bekleidete Zustände,in Analogie zur Situation die wir beim Jaynes-Cummings Modell diskutiert haben.

3.6.2 Verstimmungsabhängigkeit derEnergien

Die Energie dieses Zustandes hängt nicht nurvom internen Hamiltonoperator des Atoms ab,sondern auch von der Frequenz und der Ampli-tude des Laserfeldes.

Die Figur zeigt die Abhängigkeit der Energiender bekleideten Zustände von der Laserfrequenz.Wir betrachten zunächst den Fall dass die Kopp-lung ans äußere Feld verschwindet, ωx → 0. DieEigenwerte werden dann

λ± = ±12∆ω2

0 ,

Abbildung 3.53: Energien und Eigenzustände imrotierenden Koordinatensystemals Funktion der Laserverstim-mung.

sind also direkt gleich der Laserverstimmung.Am Ursprung der x-Achse, bei ∆ω0 = 0, sinddie beiden Zustände somit entartet.

Wenn wir die Kopplung ans äußere Feld mitberücksichtigen, so verschwindet diese Entar-tung. Offenbar sind die Zustände an dieser Stelleum ωx aufgespalten. Wird die Laserverstimmunggroß gegenüber der Kopplungsstärke, so nähernsich die Energien wieder dem Fall des ungestör-ten Atoms, wie man leicht aus der geometrischenDarstellung der Feldkomponenten ersehen kann.Offenbar ist also der Einfluss der Kopplung aufdie Energien am größten wenn die Laserverstim-mung verschwindet, also dann wenn der Laserresonant mit dem atomaren Übergang ist.

Der Effekt des Lasers ist nicht nur für die Ener-gien am größten, sondern auch für die Eigen-vektoren. Dies kann man ebenfalls sehr einfachmit geometrischen Argumenten nachvollziehen:auf der Resonanz ist die Richtung des effekti-ven Feldes orthogonal zur Richtung des stati-schen Feldes. Die Eigenvektoren des gekoppeltenSystems, welche parallel zum effektiven Feld lie-gen, sind somit orthogonal zu den Eigenvektorendes ungekoppelten Systems. Dies ist in der Fi-gur durch die kleinen Bilder dargestellt, welche

70

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3 Licht-Materie Wechselwirkung

die Richtung des effektiven Feldes für negative,verschwindende, und positive Laserverstimmungzeigen.

3.6.3 Präzession und Pulse

Die zeitliche Entwicklung des Systems ist damitbeinahe trivial. Die Bewegungsgleichung für dieKomponenten des Dichteoperators lautet

∂t

sx

sy

sz

=

ω0

−ω0 ωx

−ωx

sx

sy

sz

.

Wie wir beim freien Atom gesehen hatten er-halten wir in einem statischen Feld eine Präzes-sionsbewegung des Spinvektors um dieses Feld.Dies entspricht aber gerade der jetzigen Situati-on. Das Feld ωeff ist hier um den Winkel θ vonder z-Achse geneigt, so dass die Präzessionsbe-wegung um diese Richtung erfolgen muss.

Abbildung 3.54: Präzession des Pseudospinsum die Achse des effektivenFeldes für unterschiedlicheVerstimmung und Laserinten-sität. Die Anfangsbedingungentspricht jeweils der Bestzungdes Grundzustandes.

Die Anfangsbedingungen bestimmen die Detailsdieser Präzessionsbewegung. Die Länge des Spin-vektors und der Winkel zwischen dem Vektorund der Präzessionsachse bleiben hierbei kon-stant.

Eine besonders wichtige Anfangsbedingung istdas thermische Gleichgewicht. Der Pseudospin-vektor ist dann parallel zur positiven z-Achse

ausgerichtet. Wenn wir uns weiter auf den Fallder resonanten Einstrahlung konzentrieren sehenwir, dass das effektive Feld parallel zur x-Achseliegt, dass der Pseudospin somit in der yz-Ebenepräzediert.

Abbildung 3.55: Rotation durch Laserpuls

Die Präzessionsbewegung dauert so lange wie dieKopplung an das äußere Feld. Es ist somit mög-lich, beliebige Präzessionswinkel einzustellen, in-dem man die Stärke der Kopplung und die Dau-er der Einstrahlung wählt. Ein wichtiger Fall istz.B. die Drehung um 90 Grad, also ein Präzessi-onswinkel von π

2 . Während der Ausgangszustand sx

sy

sz

=

001

einer Populationsdifferenz entspricht, ist im End-zustand sx

sy

sz

=

010

die Populationsdifferenz Null, doch die transver-sale Komponente des Pseudospins maximal.

Wie wir gezeigt hatten entspricht diese im Falldes optischen Systems einem oszillierenden Di-polmoment. Eine Rotation um π/2 wird als 90Grad- oder π/2 Puls bezeichnet. Ein solcher Pulswird dazu verwendet, einen Zustand mit mög-lichst großem optischen Dipolmoment zu erzeu-gen.

71

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3 Licht-Materie Wechselwirkung

Abbildung 3.56: Zustand des Systems für Puls-winkel 0, π/2 und π.

Ein weiterer wichtiger Fall entspricht dem π-Puls, also einer Drehung um 180 Grad. Aus demthermischen Anfangszustand erhält man somitden Endzustand sx

sy

sz

=

00−1

,

was offenbar einem Austausch der Populationenzwischen Grund- und angeregtem Zustand ent-spricht. Man spricht von einer Populationsinver-sion.

Als eine Art Nebenrechnung kann man ver-suchen, einen solchen Zustand durch eineBoltzmann-Verteilung darzustellen.

Abbildung 3.57: Zustände unterschiedlicherTemperatur.

Wie man leicht sieht entspricht ein solcher Zu-stand einer negativen Temperatur. Da Zustän-de mit höherer Temperatur allgemein Zuständenmit höherer Energie entsprechen schließen wir,dass negative Temperaturen höher sind als allepositiven Temperaturen.

3.7 Stationäre Lösung

3.7.1 Longitudinale Relaxation

Die Präzessionsbewegung, die wir als Lösung derHamilton´schen Bewegungsgleichung kennenge-lernt haben erklärt natürlich nicht die Wech-selwirkung zwischen Licht und Atomen allge-mein. In tatsächlichen Experimenten erreichendie Systeme einen stationären Zustand, ihre Ei-genschaften werden zeitunabhängig (abgesehenvon der Oszillation des elektrischen Dipolmo-ments mit der Laserfrequenz). Die zeitliche Ent-wicklung zu diesem Gleichgewichtszustand undden Zustand selber können wir nur bestimmenwenn wir auch die Relaxationsprozesse berück-sichtigen. Darunter fasst man alle Prozesse zu-sammen, die nicht im Hamiltonoperator enthal-ten sind. Wir gehen hier nicht auf die physikali-schen Hintergründe ein, sondern beschreiben siemit Hilfe der beiden phänomenologischen Para-meter Γ1 und Γ2.

Abbildung 3.58: Relaxationsprozesse

Γ1 ist die reziproke Lebensdauer des angeregtenZustandes und beschreibt den Transfer von Po-pulation vom angeregten Zustand zum Grundzu-stand

ρ11 = −ρ22 = Γ1ρ22 ,

d.h. pro Zeiteinheit fällt ein konstanter Anteil inden Grundzustand zurück.

72

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3 Licht-Materie Wechselwirkung

Wir möchten die Relaxation in die Bewegungs-gleichung für den Pseudospin einsetzen. Die lon-gitudinale Relaxation betrifft zunächst nur diez-Komponente

sz = (ρ11−ρ22) = ((1−ρ22)−ρ22) = 1−2ρ22 ,

wobei wir benutzt haben dass die Summe der Po-pulationen gleich 1 ist. Die Population des ange-regten Zustandes kann somit geschrieben werdenals

ρ22 =(1− sz)

2.

Damit wird der Beitrag von Γ1 zur Bewegungs-gleichung

sz = ρ11 − ρ22 = 2Γ1ρ22 = Γ1(1− sz) .

In freien Atomen wird dieser Prozess durch diespontane Emission getrieben, aber die Wech-selwirkung mit der Umgebung kann ebenfallszu Relaxationsprozessen führen. Darunter fallenz.B. die Wechselwirkung mit anderen Atomenoder räumliche Bewegungen, wie z.B. Phononenin Festkörpern.

3.7.2 Transversale Relaxation

Die transversalen Komponenten zerfallen mit derRate Γ2:

sx = −Γ2sx sy = −Γ2sy ,

welche ebenfalls einen Beitrag der spontanenEmission beinhaltet: wenn der angeregte Zu-stand zerfällt muss auch die Superposition zwi-schen Grund- und angeregtem Zustand zerfallen.In freien Atomen beträgt die transversale Rela-xationsrate die Hälfte der longitudinalen Rate,

Γ2 = Γ1/2 .

Zusätzliche Beiträge stammen von der Wechsel-wirkung mit der Umgebung. Da bei der Relaxa-tion der transversalen Komponenten keine Ener-gieübertragung erfolgt, sind diese Prozesse meist

effizienter als die Relaxation der Populationen,so dass die transversale Relaxationsrate meistensgrößer ist als die longitudinale, Γ2 > Γ1. Ins-besondere führen auch inhomogene Wechselwir-kungen wie der Dopplerschift zum Zerfall der Ko-härenz.

3.7.3 Die optische Blochgleichung mitRelaxation

Um die vollständige Lösung zu erhalten gehenwir aus vom Hamilton?schen Teil der Bewe-gungsgleichung. Unter Berücksichtigung der Re-laxationsprozesse wird daraus

sx = ∆ω0sy − Γ2sx

sy = −∆ω0sx + ωxsz − Γ2sy

sz = −ωxsy + Γ1(1− sz) .

Diese Bewegungsgleichung für das quantenme-chanische Zweiniveausystem war von Felix Blochuntersucht worden, als er die magnetische Re-sonanz von Spin-1/2 Systemen betrachtete (F.Bloch, ’Nuclear induction’, Phys. Rev. 70, 460-485 (1946).). Nachdem Feynamn, Vernon undHellwarth gezeigt haben, dass die gleichen Glei-chungen auch optische Zweiniveausysteme be-schreiben, wurden sie in der optischen Spektro-skopie als die optischen Blochgleichungen be-kannt (L. Allen and J.H. Eberly, ’Optical reso-nance and two-level atoms’, Dover Publications,Mineola, NY (1987).).

3.7.4 Stationäre Lösung

Die Blochgleichung hat die folgende stationäreLösung: sx

sy

sz

=1

Γ22 + ∆ω2

0 + ω2x

Γ2Γ1

∆ω0ωx

ωxΓ2

Γ22 + ∆ω2

0

.

In freien Atomen beträgt die transversale Rela-xationsrate die Hälfte der longitudinalen. In die-sem Fall vereinfacht sich der Ausdruck zu sx

sy

sz

=1

Γ21 + 4∆ω2

0 + 2ω2x

4∆ω0ωx

2ωxΓ1

Γ21 + 4∆ω2

0

.

73

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3 Licht-Materie Wechselwirkung

.

Bevor wir diese Lösung im Detail diskutierenschreiben wir sie um indem wir den Sättigungs-parameter

s =2ω2

x

Γ21 + 4∆ω2

0

einführen. Der Zähler ist proportional zum Qua-drat des Dipolmatrixelementes und zum Qua-drat der Feldstärke, d.h. proportional zur Inten-sität des Lasers und damit zur Anzahl der einfal-lenden Photonen. Der Nenner enthält die Rela-xationsrate und die Laserverstimmung und kannals die Tendenz des Systems, Photonen nicht auf-zunehmen, resp. sie wieder zu emittieren verstan-den werden. Der Sättigungsparameter ist eine di-mensionslose Größe, welche proportional zur In-tensität des Laserfeldes ist. Wir können ihn alsParametrisierung der Laserintensität betrachten,wobei die Einheiten an das System angepasstsind.

Damit wird der stationäre Zustand sx

sy

sz

=s

1 + s

2∆ω0/ωx

Γ1/ωx

1/s

.

Für s = 1 verringert sich die longitudinale Kom-ponente sz = 1/(1 + s) auf 1/2, so dass sich einViertel der Atome sich im angeregten Zustandbefindet (3/4 in |g〉). s < 1 entspricht offen-bar ”niedriger” Intensität, d.h. einer Intensität,die noch störungstheoretisch behandelt werdenkann, während s > 1 starke Sättigung bedeutet.

3.7.5 Intensitätsabhhängigkeit

Für freie Atome wird dieser Wert erreicht wenn

ω2x =

12Γ2

1 + 2∆ω20 .

Bei dieser Intensität wird also der Sättigungspa-rameter eins und die Populationsdifferenz ist aufdie Hälfte reduziert. Für noch höhere Intensitätnimmt die Populationsdifferenz weiter ab, doch

Abbildung 3.59: Abhängigkeit der Populations-differenz vom Sättigungspara-meter s.

sie verschwindet erst für unendlich hohe Inten-sität. Für alle endlichen Intensitäten bleibt diePopulation des angeregten Zustandes unter der-jenigen des Grundzustandes - dies im Gegensatzzur Anregung durch einen π-Puls.

Eine weitere interessante Größe ist die Rate r,mit der Photonen gestreut werden. Wir berück-sichtigen hier nur die spontane Emission aus demangeregten Zustand. Die Zahl der Atome im an-geregten Zustand beträgt

ρ22 =12(1− sz∞) =

12[1− Γ2

2 + ∆ω20

Γ22 + ∆ω2

0 + ω2x

Γ2Γ1

]

=Γ2

2Γ1

ω2x

Γ22 + ∆ω2

0 + ω2x

Γ2Γ1

.

Diese multiplizieren wir mit der spontanen Emis-sionsrate Γ1 und erhalten

r =Γ2

2ω2

x

Γ22 + ∆ω2

0 + ω2x

Γ2Γ1

.

Energieerhaltung erfordert dass diese Rate auchdie Rate ist, mit der Photonen aus dem Laser-strahl entfernt werden, d.h. mit der sie absorbiertwerden.

Bei geringer Intensität, ωx � Γ1,Γ2 können wirdie Rate annähern mit

r ≈ ω2xΓ2

2(Γ22 + ∆ω2

0),

d.h. sie wird proportional zur Laserintensität.Für niedrige Intensitäten ist die Absorption (d.h.

74

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3 Licht-Materie Wechselwirkung

das Verhältnis von gestreuter zu einfallender Lei-stung) somit konstant. Wird der dritte Term imNenner aber groß gegen die beiden ersten, so fin-den wir

r → Γ2

2ω2

x

ω2x

Γ2Γ1

=Γ1

2.

Dies entspricht auch den Erwartungen: bei ho-her Sättigung befindet sich die Hälfte der Atomeim angeregten Zustand, so dass die Anzahl dergestreuten Photonen bei Γ1/2 sättigt.

Abbildung 3.60: Absorbierte vs. einfallende Lei-stung.

Die Streurate fängt somit zunächst proportionalzur Intensität an und nähert sich dem GrenzwertΓ1/2.

3.7.6 Verstimmungsabhängigkeit

Die Verstimmungsabhängigkeit der Streurategibt uns somit die Form der Absorptionslinie.Man erkennt leicht, dass die Funktion ihr Maxi-mum erreicht wenn die Verstimmung verschwin-det, ∆ω0 = 0.

Abbildung 3.61: Verstimmungsabhängigkeit

Für große Verstimmungen, ∆ω0 � Γ2, ωx

nimmt die Funktion quadratisch mit der Ver-

stimmung ab. Ihre Form entspricht somit qua-litativ der Lorentzlinie. Die Analogie wird exaktwenn man den Term ω2

xΓ2/Γ1 im Nenner ver-nachläßigt, was dann möglich ist, wenn die In-tensität niedrig ist.

Die Populationsdifferenz sz variiert mit der Ver-stimmung wie

sz∞ =Γ2

2 + ∆ω20

Γ22 + ∆ω2

0 + ω2x

Γ2Γ1

= 1−ω2

xΓ2Γ1

Γ22 + ∆ω2

0

.

Abbildung 3.62: Verstimmungsabhängigkeit derPopulationsdifferenz.

Der Nenner wird auf der Resonanz minimal. DerBruch wird somit maximal und die Funktion ins-gesamt wieder minimal. Mit zunehmender Ver-stimmung steigt die Funktion an und nähertsich asymptotisch dem Wert 1 wenn der Ver-stimmungsterm groß wird gegenüber den ande-ren Termen

∆ω20 � Γ2

2 + ω2x

Γ2

Γ1.

Somit bleibt die Populationsdifferenz relativ un-gestört wenn die Verstimmung groß wird.

3.7.7 Transversale Komponenten:Absorption / Dispersion

Wir haben aber bei der Diskussion des klassi-schen Lorentz-Lorenz Modells gesehen, dass dieAbsorption und die Dispersion aus dem oszillie-rende elektrischen Dipolmoment berechnet wer-den können. Dies ist auch im halbklassischen Mo-dell möglich. Hier wird das Dipolmoment durchdie transversalen Komponenten des Pseudospinsbeschrieben:

P = Sp{ρd} = 2µESp{ρSx} = µesx .

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3 Licht-Materie Wechselwirkung

Das Außerdiagonalelement des Dichteoperatorsgibt somit direkt die Amplitude des oszillieren-den Dipolmomentes an.

Die Rechnungen, die wir hier durchführen, sindalle im rotierenden Koordinatensystem. BeimÜbergang zum Laborsystem werden die x- undy-Komponenten gemischt. Beide bezeichnen dasgleiche oszillierende Dipolmoment, sie sind le-diglich um 90 Grad phasenverschoben. Für dastransmittierte Lichtfeld ist deshalb direkt diekomplexe optische Polarisation

sxy = sx + isy

die Quelle des optischen Feldes. In direkter Ana-logie zur Diskussion von Absorption und Emissi-on beim Lorentz-Lorenz Modell können wir auchhier voraussagen, dass Real- und Imaginärteil zuDispersion und Absorption führen.

Abbildung 3.63: Verstimmungsabhängigkeit dertransversalen Komponenten.

Bei den transversalen Termen(sx

sy

)∞

=ωx

Γ22 + ∆ω2

0 + ω2x

Γ2Γ1

(∆ω0

Γ2

)beträgt der Gleichgewichtswert für große Ver-stimmung offenbar Null, da hier der Verstim-mungsterm im Nenner dominiert. Allerdingsfällt die x-Komponente mit 1/∆ω0 ab, die y-Komponente mit 1/∆ω2

0.

Das Verhalten bei der Resonanz ist für die bei-den Terme unterschiedlich: Die x-Komponente,welche im Zähler proportional zu ∆ω0, weist aufder Resonanz einen Nulldurchgang auf, währenddie y-Komponente hier ihr Maximum erreicht.

Die beiden Kurven zeigen offenbar qualitativdas gleiche Verhalten wie im Falle des Lorentz-Lorenz Modells. Für kleine Intensitäten,

ω2x � Γ1Γ2, ∆ω2

0

Γ1

Γ2,

erhalten wir das bekannte Lorentzprofil der Brei-te Γ2. Der dritte Term im Nenner beschreibtden Effekt einer Leistungsverbreiterung, also ei-ner Verbreiterung der Resonanzlinie bei hohenLeistungen.

Abbildung 3.64: Verstimmungsabhängigkeit der3 Komponenten der Gleichge-wichtspolarisation.

Die Figur zeigt die Abhängigkeit der drei Kom-ponenten des Pseudospins von der normiertenLaserverstimmung δ = ∆ω0/Γ2 für alle dreiKomponenten. Die transversalen Komponentenbeschreiben Absorption und Dispersion des Me-diums. Im Grenzfall geringer Intensität (s→ 0),sind diese Resultate identisch wie diejenigen derLorentz-Lorenz Theorie. Die z-Komponente, wel-che die Populationsdifferenz darstellt, strebt fürgroße Verstimmung gegen 1, was zeigt, dass sichdie Atome dann hauptsächlich im Grundzustandaufhalten. In der Nähe der Resonanz hingegennimmt die Population des angeregten Zustandesmit zunehmender Laserintensität zu.

Mit der Verstimmung ändert sich bei niedrigerLeistung die Amplitude des Pseudospin-Vektorsnur wenig. Die Richtung hingegen kann stärkervariieren. Hier ist die Richtung für eine Reihe vonVerstimmungen dargestellt. Bei großen Verstim-mungen liegt er nahe bei der z-Achse, während

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3 Licht-Materie Wechselwirkung

Abbildung 3.65: Gleichgewichtsvektor in derEinheitskugel für unterschiedli-che Verstimmungen.

bei resonanter Einstrahlung (Pfeil) die Auslen-kung am größten ist.

3.7.8 Vergleich klassisches /quantenmechanisches Modell

Der wichtigste Unterschied zwischen dem klassi-schen und dem quantenmechanischen Dipolmo-ment ist die maximale Größe, die das induzierteDipolmoment erreichen kann. Im klassischen Fallhatten wir gefunden, dass das induzierte Dipol-moment proportional zum elektrischen Feld ist,

P = χε0 ~E .

Damit kann das induzierte Dipolmoment belie-big groß werden wenn nur das Anregungsfeld ent-sprechend stark ist.

Im quantenmechanischen Fall hingegen kann dasinduzierte Dipolmoment eine maximale Größenicht überschreiten. Mathematisch wird diesemaximale Größe durch die Bedingung für dieSpur des Dichteoperators gegeben

Sp{ρ′2} =12(1 + s2x + s2y + s2z) ≤ 1

oder

(s2x + s2y + s2z) ≤ 1 .

Im FVH-Bild impliziert diese Beziehung dass dieLänge des Spinvektors beschränkt ist: Der Vek-tor muss innerhalb der Einheitskugel liegen. En-det er auf der Kugeloberfläche, so befindet sichdas System in einem reinen Zustand, d.h. alle be-teiligten Atome sind im gleichen quantenmecha-nischen Zustand. Dies sind genau diejenigen Zu-stände, die mit Hilfe eines Zustandsvektors be-schrieben werden können. Für einen gemischtenZustand Sp{ρ′2} < 1, kann der Vektor kürzersein, aber nie länger.

Abbildung 3.66: Vergleich Zweiniveausystemund harmonischer Oszillator.

Der Unterschied kann auch auf die Struktur derEnergieniveaus zurückgeführt werden: Auch inder Quantenmechanik können Oszillatoren be-liebig große Auslenkung erfahren, sofern es sichz.B. um harmonische Oszillatoren handelt. DerGrund ist der, dass ein harmonischer Oszillatorein nach oben unbegrenztes Spektrum besitzt.Ein Zweiniveausystem, hingegen, ist sowohl nachunten wie nach oben beschränkt. Jedes Atomkann deshalb maximal ein Photon absorbieren,während ein harmonischer Oszillator immer einweiteres Photon absorbieren und damit in einenhöheren Zustand übergehen kann. Die Beschrän-kung der Energieaufnahme durch die quanten-mechanische Struktur limitiert auch die Oszilla-tionsamplitude.

Für kleine Amplituden,

sx, sy � 1, sz ≈ 1 ,

bei denen sich das System hauptsächlich imGrundzustand befindet, verhält sich das quan-

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3 Licht-Materie Wechselwirkung

tenmechanische Zweiniveausystem wie ein klas-sischer Dipol. Der stationäre Zustand wird hier

(sx + isy)∞ ≈ ωx∆ω0 + iΓ2

Γ22 + ∆ω2

0

.

Wir vergleichen dies mit dem Lorentz-LorenzModell, wo die Schwingungsamplitude

x0 = eE0

2mω0

∆ + iγ

∆2 + γ2

beträgt. Offenbar sind die beiden Resultate vollkompatibel.

Dies ist auch der Bereich, in dem Störungsrech-nung nützlich ist. Das Resultat der Störungsrech-nung ist deshalb identisch zum Resultat des klas-sischen harmonischen Oszillators des Lorentz-Lorenz Modells (W. Heitler, ’The quantum theo-ry of radiation’, Dover Publications, New York(1953).). Bis zur Entwicklung des Lasers war esin der Optik selten möglich, diesen Bereich zuverlassen.

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