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fortbildung 42 DFZ 1 · 2014 Der Freie Zahnarzt 1· 2014 · 42-49 · s12614-013-1770-0 · © Springer- Verlag Berlin Heidelberg 2013 3D-Planung komplexer Implantatfälle Grenzen und Möglichkeiten der computergestützten Implantologie H. Rudolph, R.G. Luthardt | Ulm Zusammenfassung Die Möglichkeiten der computergestützten Implantologie können nur beim Einsatz von 3D-Röntgendiagnostik genutzt werden. Je komplexer sich implantologisch zu versorgende Fälle darstellen, desto notwendiger wird die Anfertigung von 3D-Schnittbildern. Dennoch können einfache implanto- logische Fragestellungen in der Regel mit zweidimensio- nalen diagnostischen Maßnahmen und Referenzobjekten beantwortet werden. Dentale Volumentomographien (DVT) unterliegen gewissen Limitationen hinsichtlich Artefakten, Auflösung sowie Weichgewebsdarstellung und müssen streng indikationsbezogen eingesetzt werden. Zwischen geplanter und klinisch erzielter Implantatposition kann es aus verschiedenen Gründen zu mehr oder minder deutli- chen Abweichungen kommen. Dennoch ist die Genauigkeit größer, als bei Freihand gesetzten Implantaten. Die virtuelle Implantatplanung schafft Planungssicherheit, und durch die Verknüpfung mit weiteren CAD/CAM-Technologien können individuelle, minimal-invasive sowie ästhetische Lösungen besonders für komplexe Implantatfälle geschaffen werden. Schlüsselwörter Virtuelle Systeme - Computer-aided design - Dentale Volumentomographie - Dentale Abutments - Software CME Dieser CME-Beitrag ist nach den Leitsätzen der Bundeszahn- ärztekammer zur zahnärztlichen Fortbildung einschließlich der Punktebewertung von BZÄK/DGZMK erstellt. Pro Fort- bildungseinheit können 2 CME-Punkte erworben werden. Redaktion Dr. Norbert Grosse, Wiesbaden © Digital Vision / thinkstockphotos.com

3D-Planung komplexer Implantatfälle

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DFZ 1 · 2014 Der Freie Zahnarzt 1· 2014 · 42-49 · s12614-013-1770-0 · © Springer- Verlag Berlin Heidelberg 2013

3D-Planung komplexer ImplantatfälleGrenzen und Möglichkeiten der computergestützten Implantologie

H. Rudolph, R.G. Luthardt | Ulm

Zusammenfassung

Die Möglichkeiten der computergestützten Implantologie können nur beim Einsatz von 3D-Röntgendiagnostik genutzt werden. Je komplexer sich implantologisch zu versorgende Fälle darstellen, desto notwendiger wird die Anfertigung von 3D-Schnittbildern. Dennoch können einfache implanto-logische Fragestellungen in der Regel mit zweidimensio-nalen diagnostischen Maßnahmen und Referenzobjekten beantwortet werden. Dentale Volumentomographien (DVT) unterliegen gewissen Limitationen hinsichtlich Artefakten, Auflösung sowie Weichgewebsdarstellung und müssen streng indikationsbezogen eingesetzt werden. Zwischen geplanter und klinisch erzielter Implantatposition kann es aus verschiedenen Gründen zu mehr oder minder deutli-chen Abweichungen kommen. Dennoch ist die Genauigkeit größer, als bei Freihand gesetzten Implantaten. Die virtuelle Implantatplanung schafft Planungssicherheit, und durch die Verknüpfung mit weiteren CAD/CAM-Technologien können individuelle, minimal-invasive sowie ästhetische Lösungen besonders für komplexe Implantatfälle geschaffen werden.

Schlüsselwörter

Virtuelle Systeme - Computer-aided design - Dentale Volumentomographie - Dentale Abutments - Software

CME Dieser CME-Beitrag ist nach den Leitsätzen der Bundeszahn-

ärztekammer zur zahnärztlichen Fortbildung einschließlich der Punktebewertung von BZÄK/DGZMK erstellt. Pro Fort-bildungseinheit können 2 CME-Punkte erworben werden.

RedaktionDr. Norbert Grosse, Wiesbaden

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LernzieleNach der Lektüre dieses Beitrags

D sind Sie in der Lage, kenntnisorientiert zwischen 2D- und 3D-Diagnostik abzuwägen.

D kennen Sie die Möglichkeiten der computergestützten Implantologie in der praktischen Anwendung.

D können Sie die Abläufe von der DVT-Vorbereitung bis zur Operationsnavigation mit generativ oder konventionell gefertigten Operationsschablonen beschreiben.

D sind Sie mit der berührungslosen Erfassung der klinischen Implantatposition vertraut.

EinleitungDie Ziele, die mithilfe der computergestützten Implantologie, der "computer-aided implantology" (CAI) erreicht werden sol-len, decken sich in hohem Maß mit den Erwartungen, die auch in anderen Bereichen des computergestützten Arbeitens an den Einsatz dieser Technologien gestellt werden [1]:

D größere Präzision, D größere Sicherheit und D Zeitersparnis.

In der Implantologie sind darüber hinaus auch die Möglichkeit des minimal-invasiven Arbeitens und der Vorabherstellung der Restauration von Bedeutung.

Dabei stellt wie stets in der Zahnheilkunde die sorgfältige und genaue Diagnose einen Hauptfaktor des Behandlungserfolgs dar.

Die digitale 3D-Datenerfassung, die Pforte zur virtuellen Welt, ist für die CAI ebenso unerlässlich, wie für die CAD/CAM-Technologien. Während Letztere intra- oder extraoral gewonnene Oberfl ächendigitalisierdaten benötigen, erfordert die CAI zusätzlich röntgenologische 3D-Schnittbildverfahren. Mit der dentalen Volumentomographie (DVT; engl. "cone-beam computer-tomography", CBCT) können alle notwendigen radio-logischen Fragestellungen vor einer Implantation beantwortet werden [2,3].

Vergleich mit 2D-RöntgendiagnostikBei geplanter Implantatinsertion ist die Beurteilung der knö-chernen Strukturen und der vorhandenen Zähne erforderlich.

In einem stufenweisen Vorgehen kommen zunächst 2D-Rönt-genverfahren zum Einsatz [4]. Für die Basisuntersuchung liefert zum Beispiel eine Panoramaschichtaufnahme eine Übersichts-darstellung der Organe und funktionellen Einheiten. Mit einer befundbezogenen Untersuchung kann dann die gezielte Abklä-rung des Anfangsbefunds erfolgen.

Für „weitergehende röntgenologische Techniken“ wie DVT ist der zusätzliche Erwerb der Sachkunde (Erlernen der recht-fertigenden Indikation, der technischen Durchführung und der Befundung von Röntgenuntersuchungen unter besonde-rer Beachtung des Strahlenschutzes) erforderlich. Die DVT-Fachkunde kann nach einer ausreichenden Zahl dokumentier-ter Untersuchungen (25 Stück, Zeitraum mindestens 3 Mona-te) und zusätzlicher theoretischer Ausbildung erlangt werden. Für weiterführende Untersuchungen sind Überweisungen erfor-derlich, da es sich zum Beispiel bei der Computertomographie (CT) um eine Untersuchung außerhalb der zahnmedizinischen Fachkunde handelt [5].

Gemäß der entsprechenden Leitlinie der Deutschen Gesell-schaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK, [3]) »»»

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2 Umsetzung des Wax-up in eine DVT-Schiene mit röntgenopakem Kunststoff. Die Bohrungen dienen als

Orientierungshilfe für die spätere computergestützte Implantatplanung

1 a,b Wax-up des Oberkiefers

genügt für implantologische Fragestellungen in den meisten Fäl-len ein 2D-Röntgenverfahren unter Verwendung von Referenz-körpern. Entscheidend ist die Möglichkeit der ausreichenden radiologischen Diagnostik des Knochenangebots im Implantat-bett und der angrenzenden anatomischen Strukturen wie Wur-zeln der Nachbarzähne (sofern vorhanden), N. alveolaris infe-rior, Foramen mentale, Kiefer- und Nasenhöhle. 2D-Projektionen der dreidimensionalen anatomischen Ver-hältnisse weisen folgende typische Limitationen auf:

D Dimensionsänderung (meist Vergrößerung), D Verzerrung, D Überlagerung und D Artefakte.

Vor allem die linguale Anatomie wird nicht hinreichend dar-gestellt [6]. Während Vergrößerungsfehler durch geometrische Verzerrung in DVT nicht auftreten, führt die Art des Mess- und Rekonstruktionsvorgangs zu unvermeidlichen Rekonstruk-tionsproblemen wie Auslöschungs- und Aufhärtungsartefakten, bedingt durch hochdichte Strukturen in Strahlengangrichtung (z. B. metallische Restaurationen, [2]).

StrahlenexpositionDie Strahlenbelastung der Patienten durch die Röntgendiag-nostik wird als effektive Dosis in Mikrosievert (µSv) angegeben. In Abhängigkeit vom verwendeten Gerät und des eingestellten

Aufnahmebereichs, des "field of view" (FOV), das dem "As-low-as-reasonably-achievable"(ALARA)-Prinzip folgend immer so klein wie möglich und so groß wie nötig sein sollte, beträgt die effektive Dosis von in Deutschland zugelassenen DVT-Geräten zwischen 11 und 674 µSv [3]. Zum Vergleich: Ein Intraoralauf-nahmestatus führt zu einer effektiven Dosis von 34,9 bis 388 µSv; eine digitale Panoramaschichtaufnahme hat eine Dosis zwischen 2,7 und 24,5 µSv, und eine CT verursacht 180 bis 2100 µSv [3]. Zusätzlich zum eingestellten Aufnahmevolumen (FOV) steigt die Höhe der Strahlenbelastung mit der Reduktion der Schichtstärke und damit der höheren Auflösung an. Sie beträgt bei aktuell zugelassenen DVT-Geräten in der Regel zwischen 0,1 und 0,4 mm. Eine gute Übersicht über verfügbare DVT-Geräte findet sich unter http://www.3d-roentgen.ch/DVT-Vergleich.htm (Stand August 2013).

IndikationenAus den diagnostischen und Strahlenschutzüberlegungen heraus ergeben sich folgende mögliche Indikationen für die präimplanto logische 3D-Röntgendiagnostik [3]:

D deutliche anatomische Abweichungen (z. B. reduziertes transversales Knochenangebot, unter sich gehende Alveo-larfortsatzbereiche, extreme Atrophie im Unterkiefer-seitenzahnbereich, Kieferhöhlensepten),

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3 Virtuelle Implantatplanung (Software coDiagnostiX™, Fa. Straumann, Freiburg). Implantatplanung auf Basis der dentalen Volumen-tomographie (DVT) mit eingesetzter DVT-Schiene. Im Schnittbild oben links ist die geplante Position des Implantats in Regio 013 zu

sehen; die Position der Schnitte ist in der rechten Bildhälfte durch die parallelen roten Linien dargestellt

D zweifelhafter Erfolg nach Augmentation, D unsichere Darstellung anatomisch wichtiger Nachbar-strukturen in der 2D-Diagnostik,

D in konventioneller Diagnostik aufgefallene pathologische Veränderungen mit weitergehendem Klärungsbedarf,

D Vorerkrankungen oder Voroperationen der Kieferhöhle, D Komplikationen nach Implantation oder Augmentation.

Für spezielle chirurgische und/oder prothetische Therapiekon-zepte wie Sofortversorgung, navigationsgestützte Implanto-

logie oder komplexe interdisziplinäre Behandlungen und die computergestützte Planung von Implantaten auf der Basis von 3D-Röntgenverfahren wird in der Regel die Anfertigung eines DVT empfohlen [2,3].

LimitationenDurch die bereits erwähnten Aufhärtungsartefakte ist die Beurteilung der unmittelbaren periimplantären Umgebung in DVT und CT nur eingeschränkt möglich [7]. Auch der geringe Weichgewebskontrast bzw. die nur indirekt über die röntgen-

T1 Übersicht über gängige am Markt befindliche Systeme

Software, Positionierungsgerät Hersteller Konventionelle Ferti-gung

Stereolitho-graphie

HSC-Meh-rachsfräsen

CeHa imPLANT®c C. Hafner x

coDiagnostiX™, gonyX™ Straumann x

CTV, Winkeltisch m&k GmbH m&k GmbH x x

EasyGuide® Keystone dental x

EXPERTEASE™a DENTSPLY Implants x

Facilitate™a DENTSPLY Implants (zuvor Astra Tech) x

IMPLA 3D, IPS IMPLA Position System Schütz Dental x

Med 3D Implantology, Positionierer X1, X2 Med 3D x

MGuide MIS Implant Technologies x

Navigator® Biomet 3i x

Nobel Clinician, NobelGuide™ Nobel Biocare x

SICAT Implant Sicat GmbH x

SimPlant®, SurgiGuide® Materialise Dental x

SKYplanXb, SKY5X Übertragungstisch Bredent x

SMOP, Positionierer X1 Swissmeda Medical Application x xaBasiert auf SimPlant Software.bBasiert auf coDiagnostiX™ Software.cBasiert auf Implant3D Software.

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5 Eingegliederte Langzeitprovisorien auf den Zähnen 17, 12, 11, 21 und 27 im Oberkiefer und 34, 43, 44 im Unterkiefer4 Schematische Darstellung der Vernetzung der einzel-

nen Schritte im Rahmen der computergestützten Implanto-logie. CAD "computer-aided design", CAM "computer-

aided manufacturing", CT Computertomographie

Abformung,Registrat,

Meistermodell,prothetisches Set-up

Abformung mitSchablone,Registrat,

Meistermodell

Digitalisierung Röntgen/CT

CAD: Schablone,individueller Lö�el

CAM: Schablone,individueller Lö�el

CAM:Bohrschablone CAMCAM: Restauration

CAD:Bohrschablone CADCAD: Restauration

Implantation

Digitalisierung Daten-erfassung

Zahnarzt/Labor

ZahnarztEingliederung

sichtbaren Prothesen oder Schienen ermittelbare Weichgewebs-kontur sind zu berücksichtigen [8].

Aspekte der ErsteinschätzungEng an den Behandlungserfolg sind stets die Berücksichtigung des Behandlungswunsches des Patienten und damit die Frage, ob unter diesem Aspekt anderweitige Versorgungen möglich wären, geknüpft.

Bestehen seitens des Patienten allgemeine Bedenken gegen-über einem operativen Eingriff, dürfen diese keinesfalls übergan-gen werden. Absolute und relative Kontraindikationen (Grund-erkrankungen, Medikation, "habits") ergeben sich im Rahmen der Anamnese. In der Zusammenschau muss eine Nutzen-Risiko-Abschätzung erfolgen, die folgende Fragen berücksichtigt:

D Welche lokalen Voraussetzungen bestehen in dem prospek-tiven Implantationsgebiet, und mit welchem Aufwand wäre eine Implantation voraussichtlich durchführbar?

D Scheint der Patient zur konsequenten Pflege nach erfolg-ter Implantation motivierbar und mittelfristig körperlich fähig?

D Wie gestaltet sich die Erweiterbarkeit der geplanten Ver-sorgung, und welche Möglichkeit der Folgeversorgung besteht?

D Welche Therapieoption offeriert vorhersagbare Ergebnisse?

Im Rahmen der prothetisch-orientierten computergestützten Implantatplanung kommt der Auswahl der Restaurationsart bereits in diesem frühen Therapiestadium besondere Bedeu-tung zu. Um den relativen Verlust von Hart- und Weichgewebe abschätzen zu können, sollte eine Prothese oder ein Wax-up (»Abb. 1) angefertigt werden, mit dem die korrekte Zahnposition, die Randausdehnung und die Relation zwischen den Zahn- bzw. Kieferbögen erfasst werden können [9].

Praktisches VorgehenSofern eine 2D-Planung ausreichend ist, kann die Planungsscha-blone später auch als chirurgische Führungsschablone verwendet werden. Für die 3D-Planung müssen zunächst röntgenopake Pro-

thesen hergestellt oder die Wachsaufstellung bzw. das Wax-up in eine Schiene mit Hülsen oder Bohrungen als Planungshilfe umgesetzt werden (»Abb. 2).

Die Hülsen oder Bohrungen im Bereich der fehlenden Zäh-ne geben bei der späteren virtuellen Implantatplatzierung eine räumliche Orientierungshilfe.

Die Röntgenopazität der Prothesen oder Schienen wird durch die Verwendung von bariumhaltigen Acrylaten oder durch Bei-mengung von 30 %igem Bariumsulfat zu zahnfarbenem, kalthär-tendem Kunststoff erzielt. Alternativ können auch vorhandene Prothesen mit einem Bariumlack oder -puder bedeckt werden (ältere Technik). In der späteren Röntgenaufnahme liefern die Prothesen aus bariumhaltigem Kunststoff zusätzliche Informa-tionen über die Weichgewebskontur.

Die DVT-Aufnahme erfolgt mit der eingegliederten Schablo-ne. An der Schablone befinden sich zumeist systemspezifische Referenzmarker, die die spätere 3D-Zuordnung der Daten im Rahmen der Planung ermöglichen.

Mit entsprechender Planungs-Software kann dann die zunächst virtuelle Implantat- und Abutment-Positionierung festgelegt werden (»Abb. 3). Dabei kann gemäß dem jeweiligen lokalen Knochenangebot die Implantatpositionierung anguliert erfolgen und der Winkel durch die Wahl eines entsprechenden Abutment für die prothetische Versorgung ausgeglichen wer-den. So kann Augmentationsbedarf vermieden oder zumindest reduziert werden, was wiederum das der Behandlung immanen-te Komplikationsrisiko senkt [10]. Die Vernetzung der einzel-nen Schritte miteinander ist schematisch in »Abb. 4 dargestellt.

SystemvielfaltWeltweit gibt es inzwischen eine Vielzahl von Software-Syste-men für die virtuelle Implantatplanung [11-13]. Eine Übersicht über die vermutlich gängigsten Systeme gibt Tab. 1. Während die Schablonen für die DVT-Aufnahmen in der Regel konventionell zahntechnisch unter Zuhilfenahme spezieller Positionierungs- und Ausrichtungstische hergestellt werden, gibt es neben der Weiterverwendung der Röntgenschablone oder der labortech-nischen Herstellung bei einigen Systemen auch die Möglichkeit der stereolithographischen oder gefrästen Herstellung von Ope-rations- oder Bohrschablonen (»Tab. 1, [14]). Die Operations-

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6 Zustand nach beidseitigem Sinus-Lift und Freilegung der Implantate in Ober- und Unterkiefer

7 a,b Eingegliederte definitive Oberkieferrestaurationen. Die Unterkieferversorgung erfolgt nach dem Prinzip der

verkürzten Zahnreihe

schablone sorgt so für eine genaue und zielgerichtete Implantat-insertion entsprechend der prothetischen Planung [15]. In ver-schiedenen Studien werden durchaus erhebliche Abweichungen zwischen der geplanten und klinisch erzielten Implantatposition beschrieben [16,17]. Im Vergleich zu Freihand gesetzten Implan-taten sind die Abweichungen jedoch signifikant geringer [18]. Die Gründe für derartige Abweichungen sind vielfältig und können in jedem einzelnen Schritt der Prozesskette auftreten [19-21].

Falls eine Abstützung auf der Restbezahnung nicht möglich ist (bei zahnlosen Kiefern), kann eine knochengestützte Schie-ne verwendet werden, deren Einsatz jedoch eine Lappenbildung erfordert, was dem Konzept der minimal-invasiven Vorgehens-weise entgegenläuft.

Eine Skeletierung der Bohrschablone verbessert zwar den intra operativen Überblick, dafür steigt jedoch die Verrutsch-gefahr. Welcher Art der Abstützung der Vorzug zu geben ist, ist Gegenstand aktueller Diskussionen [22,23].

Die Passgenauigkeit der Schienen ist unter anderem von der Schichtstärke des CT-/DVT-Datensatzes und dem verwendeten Gerät abhängig [24,25].

In Situationen, in denen bereits ein DVT ohne Schiene ange-fertigt wurde, kann die geplante prothetische Versorgung den-noch in die Implantatplanung einbezogen werden, wenn die Digitalisierdaten beispielsweise des Wax-up und die Situations-modelldaten mit einem geeigneten Digitalisiergerät erfasst wer-den. Dazu muss die Planungs-Software die Möglichkeit bieten, Daten zu "matchen", also die Modell- und Prothetikdaten mit den DVT-Daten korrekt dreidimensional zu überlagern.

Direkte oder indirekte Fertigstellung von provisorischer Versorgung oder RestaurationEiner der Vorteile der computergestützten Implantatplanung liegt in der Möglichkeit, entweder eine provisorische Versorgung (»Abb. 5) oder auch die definitive Restauration zum Termin der Implantatfreilegung vorliegen zu haben (Abb. 6 und Abb. 7). Die Operationsschablone kann auch für die minimal-invasive Freilegung mithilfe einer Stanze oder eines Minilappens ein-gesetzt werden [26].

Vorteil des Stanzens ist die schnelle und einfache Vorgehens-weise, die durch die Operationsschablone positionsgetreu statt-

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finden kann. Die Schablone erlaubt ebenso, eine situationsange-passte optimierte Schnittführung für ein periimplantäres Weich-gewebs-Management im Rahmen der Freilegung durchzuführen.

Nachteil des Stanzens ist der Verlust des ausgestanzten Weich-gewebes, dessen Auswirkungen auf das ästhetische und funk-tionelle Ergebnis zu berücksichtigen sind. Diese Technik erfor-dert daher eine breite befestigte Mukosa. Auch lässt sich das Durchtrittsprofil nicht ohne Mehraufwand individualisie-ren. Nach eigener Erfahrung erfordern Situationen mit einer dünnen Weichgewebsdecke, zum Beispiel infolge vorausge-gangener Augmentationsverfahren, die ästhetisch anspruchs-voll sind, komplexere Freilegungstechniken mit zusätzlicher Weichgewebschirurgie.

Bei indirekter Fertigung kann eine konventionelle Abformung mit der offenen oder geschlossenen Löffeltechnik und Präzisions-abformmaterial sowie nachfolgender Gipsmodellerstellung und extraoraler Digitalisierung erfolgen. Alternativ können im Rah-men der berührungslos-optischen Digitalisierung "scan bodies" oder "scan abutments" (digitalisierbare, Abutment-artige Ein-sätze) die klinisch erzielte Implantatposition übertragen. Intra-operativ sind intraorale Digitalisiergeräte, die für die Muster-

erkennung oder Mattierung Puder erfordern, problematisch im Hinblick auf die mögliche Kontamination des Operationsgebiets mit Puderpartikeln.

Die Digitalisierdaten können sowohl für das Design und die Fertigung individueller Abutments als auch für die Herstellung von CAD/CAM-gefertigten Restaurationen verwendet werden. Für das periimplantäre Weichgewebs-Management und ein angestrebtes hochästhetisches Ergebnis bieten die individuell und virtuell designten Abutments gute Möglichkeiten.

Mögliche Probleme der ImplantatabformungImplantaten fehlt eine Eigenbeweglichkeit zum Ausgleich von Ungenauigkeiten bei der Herstellung von Restaurationen, daher ist stets ein "passive fit", die spannungsfreie Passung, anzustre-ben und gegebenenfalls in einem weiteren Arbeitsschritt herzu-stellen. Die Auswirkungen von Misspassungen auf eine in der Folge auftretende Periimplantitis sind unklar, aber zu vermuten.Schwierigkeiten sind vor allem bei erhöhten Stauchungen und plastischen Verformungen des konventionellen Präzisions-abformmaterials im Rahmen der Entnahme als Folge divergenter Implantatachsen zu erwarten.

Fazit für die Praxis D Mit 3D-Schnittbildverfahren ist die räumliche Darstel-lung der anatomischen Strukturen ohne Dimensionsverlust detailgetreu möglich; sie sind den 2D-Verfahren überlegen. Computergestützte Implantatplanung und navigationsge-stützte Implantologie erfordern 3D-Verfahren, in der Regel ein DVT.

D Die Vernetzung von CAD/CAM-Technologie und 3D-Pla-nung zu "computer-aided implantology" wird die Implanto-logie nachhaltig verändern. Dabei ist die enge Zusammen-arbeit von Prothetikern und Implantologen zwingend erforderlich; sie wird durch die Möglichkeiten der 3D-Pla-nung deutlich vereinfacht. Die erzielbare Präzision im Rah-men von schablonengestützt-inserierten Implantaten liegt über der Freihand erreichbaren und liefert eine deutlich höhere Planungssicherheit.

D Bei allen Vorteilen darf der Kostenaspekt für die Patienten nicht aus dem Auge verloren werden, da der erhöhte tech-nische, radiologische sowie Planungs- und Konstruktions-aufwand entsprechend erhöhte Behandlungskosten nach sich zieht.

D Die Komplexität der Techniken und Materialien erfordert zum einen umfangreiches Training des Behandlers und liefert trotz allem keine absolute Sicherheit: Jeder einzel-ne Schritt muss stets klinisch plausibilisiert werden, ohne ein Übermaß an Technikgläubigkeit zuzulassen. Dann aber sind die Vorteile in Bezug auf möglichst minimierte Inva-sivität, gesteigertem Patientenkomfort und vor allem die Planungs- sowie Erfolgssicherheit gerade bei komplexen Behandlungsfällen groß.

LiteraturDas vollständige Literaturverzeichnis kann bei der Red aktion angefordert werden: [email protected].

» Dr. H. Rudolph wurde 2005 mit Auszeichnung zum Dr. med. dent. promoviert. Nach einer Ausbildung zur klinischen Prüfärztin ist sie seit 2005 Gutachterin für die Europäische Union im Rahmen des 6. und 7. Forschungsprogramms und seit 2007 wissenschaftliche Mitarbeiterin der Medizinischen Fakultät der Universität Ulm.

» Im Jahr 2010 erfolgte die Ernennung zur Oberärztin. Seit 2012 ist sie Sprecherin des Querschnittsbereichs Biomaterialien und Klinische Werkstoffkunde für den nationalen kompetenzba-sierten Lernzielkatalog (NKLZ). Ihre Forschungsschwerpunkte sind: Abformmaterialien, Hochleistungskeramik (Restauratio-nen und Implantate), CAD/CAM-Technologie, "rapid prototy-ping", Verfahren zur 3D-Analyse, klinische Werkstoffkunde und Biomaterialforschung.

Interessenkonflikt: H. Rudolph und R.G. Luthardt geben an, dass im Rahmen von anteilig drittmittelgeförderten klinischen Studien an der Klinik für Zahnärztliche Prothetik in Ulm Produkte der Firmen Swissmeda, Straumann und Astra Tech/Dentsply zum Einsatz kom-men. Das vorliegende Manuskript enthält keine Studien an Men-schen oder Tieren.

Dr. H. RudolphDepartment für ZahnheilkundeKlinik für Zahnärztliche ProthetikUniversitätsklinikum UlmAlbert-Einstein-Allee 1189081 [email protected]

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Wann genügt eine 2D-Röntgendiagnostik für implantologische Fragestellungen?

òWenn kein Referenzkörper verwendet wird. òWenn eine ausreichende radiologische Dia-gnostik des Knochenangebots im Implan-tatbett möglich ist. òBei stark atrophierten Kiefern. òWenn die linguale Anatomie unklar ist. òWenn es zu Überlagerungen benachbarter Strukturen kommt.

Wann wird die Anfertigung einer präim-plantologischen 3D-Diagnostik in der Re-gel empfohlen?

òBei normaler unauffälliger Anatomie òNach erfolgreicher Augmentation òBei sicherer Darstellung anatomisch wich-tiger Nachbarstrukturen in der 2D-Diag-nostik òBei überlagerungsfreier Darstellung wichti-ger Strukturen im Orthopantomogramm òBei prothetischen Therapiekonzepten wie Sofortversorgung oder navigationsge-stützter Implantologie

Wie hoch ist die effektive Strahlendo-sis von in Deutschland zugelassenen DVT-Geräten?

òZwischen 2,7 und 24,5 µSv òZwischen 11 und 674 µSv òZwischen 34,9 und 388 µSv òZwischen 200 und 550 µSv òZwischen 180 und 2100 µSv

Welche Art der Röntgenschiene wird für die 3D-Diagnostik benötigt?

òEine knochengestützte Schiene òDie bisherige, unbehandelte Prothese òEine Silikatschiene òEine Schiene aus bariumsulfathaltigen Acrylaten òEine Tiefziehschiene aus Äthylenvinylacetat kopolymer

Welche der folgenden Aussagen über die Strahlenexposition trifft zu?

òDas FOV sollte immer so groß wie mög-lich sein. òDie Strahlenbelastung der Patienten durch die Röntgendiagnostik wird durch die Energie dosis in µSv angegeben. òDie Schichtstärke beträgt bei aktuell zu-gelassenen DVT-Geräten in der Regel zwi-schen 1 und 4 mm. òDie Reduktion der Schichtstärke führt zu einer geringeren Auflösung. òDie Höhe der Strahlenbelastung steigt mit der Reduktion der Schichtstärke.

Welche Möglichkeiten der Röntgenschienen herstellung gibt es neben der Weiterverwendung der Röntgen schablone oder der labortechni-schen Herstellung?

òStereolithographie òWachsplotten òFunkenerosion òDruckguss òKopierschleifen

Unter welcher der folgenden Vorausset-zungen darf ein Zahnarzt ein DVT anferti-gen und befunden (die rechtfertigende In-dikation besteht)?

òNach Erhalt der zahnärztlichen Approba-tion. òWenn die Aktualisierung Fachkunde im Strahlenschutz nicht länger als 2 Jahre zu-rückliegt. òGar nicht. Ein DVT muss durch einen Fach-arzt angefertigt werden. òWenn die Sachkunde (DVT-Fachkunde) nachgewiesen werden kann. òAuf ausdrücklichen Wunsch des Patienten.

Welche der folgenden Aussagen trifft auf divergierende Implantatachsen zu?

òSie erleichtern das Ein- und Ausgliedern. òSie können problemlos kompensiert wer-den. òSie können zu plastischer Verformung in der Implantatabformung führen. òSie erfordern die Versorgung mit einem Standard-Abutment. òWerden durch die Eigenbeweglichkeit der Implantate abgemildert.

Welches der folgenden diagnostischen Mittel genügt gemäß der entsprechenden Leitlinie der DGZMK für implantologische Fragestellungen in den meisten Fällen?

òEin 2D-Röntgenverfahren unter Verwen-dung von Referenzkörpern òEin 3D-Modell mithilfe einer Präzisionsab-formmasse òEin 3D-Röntgenverfahren ohne Verwen-dung von Referenzkörpern òEin 2D-Röntgenverfahren ohne Verwen-dung von Referenzkörpern òEin 3D-Röntgenverfahren unter Verwen-dung von Referenzkörpern

Welcher der folgenden Punkte ist der Vor-teil der CAI?

òDie kostengünstige Behandlung òDie einfache Technik òDie hohe Planungssicherheit òDie hohe Invasivität òDer geringe Aufwand

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