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Professionelle Beratung in der Primärversorgung am Beispiel der Herzinsuffizienz Nursing counseling in primary health care with the special consideration of heart failure Masterarbeit Zur Erlangung des akademischen Grades Master of Science in Advanced Nursing Counseling (MSc) der Fachhochschule FH Campus Wien Masterlehrgang: 0200016 Vorgelegt von: Brigitte Steinberger Personenkennzeichen: 1530016004 ErstbetreuerIn / ErstbegutachterIn: Mag. a Sonja Scheichenberger ZweitbetreuerIn / ZweitbegutachterIn: Dr. in Christina Mogg Eingereicht am: 6. September 2017

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  • Professionelle Beratung in der Primärversorgung am Beispiel der

    Herzinsuffizienz

    Nursing counseling in primary health care with the special consideration of heart failure

    Masterarbeit

    Zur Erlangung des akademischen Grades

    Master of Science in Advanced Nursing Counseling (MSc)

    der Fachhochschule FH Campus Wien

    Masterlehrgang: 0200016

    Vorgelegt von:

    Brigitte Steinberger

    Personenkennzeichen:

    1530016004

    ErstbetreuerIn / ErstbegutachterIn:

    Mag.a Sonja Scheichenberger

    ZweitbetreuerIn / ZweitbegutachterIn:

    Dr.in Christina Mogg

    Eingereicht am: 6. September 2017

  • Erklärung:

    Ich erkläre, dass die vorliegende Masterarbeit von mir selbst verfasst wurde und ich keine anderen als die angeführten Behelfe verwendet bzw. mich auch sonst keiner unerlaubter Hilfe bedient habe.

    Ich versichere, dass ich diese Masterarbeit bisher weder im In- noch im Ausland (einer Beurteilerin/einem Beurteiler zur Begutachtung) in irgendeiner Form als Prüfungsarbeit vorgelegt habe.

    Weiters versichere ich, dass die von mir eingereichten Exemplare (ausgedruckt und elektronisch) identisch sind.

    Datum: ....................... Unterschrift: ...............................................

  • iii

    Kurzfassung

    Die vorliegende Arbeit befasst sich mit den speziellen Bedürfnissen an

    Versorgung durch das Gesundheitssystem, die Menschen mit chronischer

    Herzinsuffizienz haben, und versucht Pflegeberatungsansätze zu identifizieren,

    die in diesem Bereich erfolgreich implementiert werden können. In der

    Literatur geht man davon aus, dass in den westlichen industrialisierten

    Nationen etwa 1-2% der Bevölkerung an Herzinsuffizienz leiden. Gleichzeitig

    wird ein relativ bedeutender Teil der Gesundheitsausgaben (rund 1,8 Mrd.

    Euro in Österreich, etwa 5% der Gesamtgesundheitsausgaben) für die

    Krankheitsgruppe der Herz-Kreislauferkrankungen (I0-I99) aufgewendet. Ein

    wichtiger Grund für diese hohe Kostenbelastung dürfte in der

    krankenhauszentrierten Versorgung der Patienten liegen.

    Der Ausbau der Primärversorgung ist für die steigende Anzahl der Patienten

    mit chronischer Herzinsuffizienz ein besserer Weg, um eine effektive und

    patientennahe Betreuung zu gewährleisten. In diesem Bereich sollte die

    Pflegeberatung eine wichtige Rolle spielen und den Patienten dabei

    unterstützen, seine Krankheit weitgehend selbst zu managen. Dies bedeutet

    sowohl die Symptomkontrolle als auch die Bewältigungsstrategien für diese

    chronische Erkrankung dem Patienten zu überantworten und ihn bei der

    Durchführung dieser Maßnahmen zu betreuen. Internationale

    Vergleichsstudien legen nahe, dass durch diese Strukturanpassung signifikante

    Kostensenkungspotentiale genutzt werden können und gleichzeitig das

    Wohlbefinden und die Lebensqualität dieser Patientengruppe gesteigert

    werden kann.

  • iv

    Abstract

    This thesis describes the particular needs of patients with chronic heart failure

    in terms of professional care and attempts to identify treatment and

    counselling methods that can be implemented successfully. Estimates in the

    literature suggest that about 1-2% of the population in western industrialised

    countries suffers from heart failure. At the same time, a considerable share of

    health expenditures (about 1.8 bln Euro in Austria, approximately 5% of total

    health expenditure) is being spent on the treatment of heart disease (I0-I99).

    An important reason for the high cost of this type of disease could be the

    strong focus on hospital-based inpatient care that is prevalent in many

    countries.

    An increased emphasis on primary care for the growing number of patients

    with chronic heart failure promises to be a better way to provide the patients

    with effective and quality care. In this regard, strengthening the role of

    nursing counselling should be a primary objective, as this type of support is

    most likely to empower the patient to manage the disease by herself. This

    implies that the patient is being entrusted with both, symptom control and

    coping strategies for the condition, and that professional care monitors and

    supports her in performing these tasks. Comparative international studies

    suggest that this structural change in the treatment method for chronic heart

    failure can lead to significant cost savings and at the same time improve well-

    being and quality of life of patients affected by this condition.

  • v

    Abkürzungsverzeichnis

    AAHFN American Association of Heart Failure Nurse

    ANA American Nurses Association

    APN Advanced Practice Nurse

    APA Austria Presse Agentur

    BMG Bundesministerium für Gesundheit

    bzw. beziehungsweise

    CCM Chronic Care Modell

    CHI Chronische Herzinsuffizienz

    etc. et cetera

    ESC European Society of Cardiology

    GAI Guideline Adherence Indicator

    GUKG Gesundheits- und Krankenpflegegesetz

    HF Heart Failure

    HFN Heart Failure Nurse

    HI Herzinsuffizienz

    HKE Herz-Kreislauferkrankung

    NVL Nationale Versorgungsleitlinien

    NP Nurse Practitioner

    NYHA New York Heart Association

    ÖKG Österreichische Kardiologische Gesellschaft

    RN Registered Nurse

    SM Selbstmanagement

    SVA Sozialversicherung Austria

    usw. und so weiter

    z.B. zum Beispiel

  • vi

    Inhaltsverzeichnis

    KURZFASSUNG .............................................................................................. III

    ABSTRACT .................................................................................................... IV

    ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ......................................................................... V

    INHALTSVERZEICHNIS ................................................................................ VI

    1. EINLEITUNG ................................................................................... 1

    1.1 Motivation ....................................................................................... 1 1.2 Erkenntnisinteresse .................................................................... 4 1.3 Hauptfragestellung und Zielsetzung .................................... 6

    2. METHODIK ....................................................................................... 7

    2.1 Literaturrecherche ....................................................................... 7 2.2 Literaturübersicht ........................................................................ 9

    3. HERZINSUFFIZIENZ AUS SICHT DER PFLEGE .................. 19

    3.1 Begriffserläuterung ................................................................... 19 3.2 Einteilung und Ursache von Herzinsuffizienz ................. 20 3.3 Diagnosestellung und ihre Auswirkung für die Betroffenen ............................................................................................. 21 3.4 Allgemeine Behandlungsstrategien .................................... 24

    4. CHRONISCHE ERKRANKUNG AM BEISPIEL HERZINSUFFIZIENZ ............................................................................ 25

    4.1 Begriffserklärung Chronizität ................................................ 26 4.2 Modelle zur Bewältigung von chronischer Krankheit .. 28

    4.2.1 Das Trajekt Modell nach Corbin Strauss ......................................28

    4.2.2 Das Modell der Pflege chronisch Kranker nach Mieke Grypdonk .............................................................................................................32

    4.2.3 Chronic Care Modell .............................................................................34

    5. PFLEGEBERATUNG BEI CHRONISCHER HERZINSUFFIZIENZ: EINE BEST PRACTICE ANALYSE ............ 40

    5.1 Internationaler Vergleich ....................................................... 42 5.2 Entwicklungen in Europa ........................................................ 44

  • vii

    5.3 Chronische Herzinsuffizienz und die Kosten für das Gesundheitssystem ............................................................................. 49

    5.3.1 Versorgungskosten chronischer Herzinsuffizienz in Österreich ............................................................................................................50

    5.3.2 Kosteneffizienz und Rehospitalisierungsrate.............................52

    6. DIE PRIMÄRVERSORGUNG ...................................................... 55

    6.1 Begriffserklärung Primärversorgung ................................. 57 6.2 Modelle von Primärversorgung im internationalen Vergleich .................................................................................................. 60 6.3 Die Rolle der Pflege in der Primärversorgung ................ 67 6.4 Herzinsuffizienz in der Primärversorgung ....................... 73

    7. PROFESSIONELLE PFLEGEBERATUNG ................................ 76

    7.1 Begriffserklärung Pflegeberatung ....................................... 77 7.2 Grundsätze der Pflegeberatung ........................................... 80 7.3 Der Pflegeberatungsprozess ................................................. 82 7.4 Handlungsfelder der Pflegeberatung ................................. 86

    7.4.1 Selbstpflegemodell und geeignete Messinstrumente .............88

    7.4.2 Aufgaben des Selbstmanagements ................................................90

    7.4.3 Grundkompetenzen des Selbstmanagements ............................93

    7.4.4 Evidenz von Selbstmanagementprogrammen ...........................94

    7.4.5 Implementierung von Selbstmanagement im Gesundheitssystem ..........................................................................................95

    8. RESÜMEE ........................................................................................... 97

    LITERATURVERZEICHNIS ......................................................................... 100

    ABBILDUNGSVERZEICHNIS ...................................................................... 108

    TABELLENVERZEICHNIS ........................................................................... 109

  • 1

    1. EINLEITUNG

    Motivation

    Die Anforderungen zur Bewältigung eines, durch die chronische Krankheit

    Herzinsuffizienz (HI) veränderten, Alltags sind oftmals komplex und

    vielschichtig für den Erkrankten und seine Angehörigen. Dies führt in vielen

    Fällen dazu, dass die aktuellen Angebote im Gesundheitssystem, vor allem in

    der extramuralen Versorgung, für die individuelle Situation der Betroffenen

    nicht ausreichend sind. Oftmalige stationäre Wiederaufnahmen als einziger

    Ausweg auf Grund mangelnder Betreuung in der häuslichen Versorgung sind

    oft die Folge (vgl. Kolbe et al., 2009; Stewart et al., 2003; Lorig et al.,

    2003).

    Gleichzeitig wird in der Öffentlichkeit in Österreich, bei aller Zufriedenheit mit

    der bestehenden Versorgung im Krankenhaus, oft bemängelt, dass das

    österreichische Gesundheitssystem eines der teuersten im internationalen

    Vergleich ist. Im OECD-Vergleich der Ausgaben pro Kopf für nationale

    Gesundheitssysteme lag Österreich im Jahr 2010 auf Platz 4 (siehe Czypionka

    T., Ulinski S., 2014). Dies lässt darauf schließen, dass strukturelle

    Ineffizienzen im österreichischen Gesundheitssystem bestehen, die zum Teil in

    der starren Aufgabenteilung zwischen primärer und tertiärer Versorgung zu

    suchen sind.

    Untersuchungen in Deutschland beschreiben die Versorgungssituation dieser

    Patientengruppe ebenfalls als unzureichend und argumentieren, dass

    vermehrte Krankenhausaufenthalte nicht nur die Lebensqualität der

    betroffenen Menschen verschlechtern, sondern auch überdurchschnittliche

    Kosten verursachen (vgl. Kolbe et al., 2009). Knox und Mischke (1999) gehen

    davon aus, dass bis zu 50% der Krankenhausaufenthalte der betroffenen

    Patientengruppe durch adäquate Patientenschulung und die Begleitung der

    PatientInnen im Alltag vermieden werden könnten (vgl. Knox et al., 1999).

  • 2

    In der Forschung wird intensiv versucht eine Antwort auf die Frage zu finden,

    welches Versorgungsprogramm und welches Behandlungsmodell für Patienten

    mit Herzinsuffizienz und ihre Angehörigen das Beste wäre. Die empirische

    Evidenz zeigt bisher deutlich in Richtung positiver Effekte verschiedener

    extramuraler Programme. Eine Vielzahl von Untersuchungen über Disease

    Management Programme bei chronischer Herzinsuffizienz und über 15

    Metaanalysen wurden bisher zu dem Thema publiziert. Anhand dieser

    systematischen Literaturübersichten konnte festgestellt werden, dass die

    durch HI verursachte Rehospitalisierungsrate (8 von 9 Übersichten) verbessert

    werden konnte und, dass auch die Mortalitätsrate (6 von 12 Reviews) positiv

    beeinflusst wurde (vgl. Clark et al., 2010). Dies führte in weiterer Folge zur

    Entwicklung von nationalen und internationalen Versorgungsleitlinien,

    verschiedenen Formen von interdisziplinären Teams und verstärktem Einsatz

    von Modellen zur Betreuung chronisch Kranker.

    Gleichzeitig wurde in der Literatur jedoch auch festgestellt, dass:

    o Die gefundenen Programme sich in ihrem Aufbau und Inhalt

    unterscheiden, mehr als in den meisten Metaanalysen bestätigt oder

    zugegeben wird.

    o Die Vergleiche zur üblichen Versorgung kaum beschrieben werden, und

    im Allgemeinen sehr vage bleiben.

    o Ergebnisse von nicht vergleichbaren Programmen unangemessen

    zusammengefasst werden.

    (vgl. Clark et al., 2010)

    Die Suche nach der effektivsten Methode zur Betreuung chronischer

    Herzinsuffizienzpatienten, die allgemein gültig und in jede Situation

    übertragbar ist, gestaltet sich daher als schwierig. Für Österreich bedeutet

    dies, dass auf Grund der komplexen Ausgangssituation mit einer starken

    sektoralen Trennung zwischen dem primären und dem tertiären Bereich, die

    Verankerung zusätzlicher Primärversorgungseinrichtungen zur extramuralen

    Versorgung der Patienten erschwert wird. Das Fehlen klarer empirischer

    Ergebnisse bezüglich der optimalen Ausgestaltung der Programme verhindert

  • 3

    die Fokussierung auf die Implementierung der Veränderungen und führt zu

    langen Diskussionen über die konkrete Ausgestaltung des einzuführenden

    Primärversorgungssystems.

    Deshalb soll mit dieser Literaturarbeit der Versuch unternommen werden, die

    folgenden Fragen zu beantworten:

    Wie kann nun ein Gesundheitssystem mit hohen Kosten im stationären Bereich

    besser auf die Bedürfnisse der immer größer werdenden Bevölkerungsgruppe

    der Menschen mit chronischer Herzinsuffizienz reagieren?

    und

    Welche Programme zur Versorgung von Menschen mit chronischer

    Herzinsuffizienz wurden von Seiten der Krankenpflege entwickelt und haben

    sich in der Praxis bewährt?

    Auch in der österreichischen Politik ist die Implementierung der

    Primärversorgung ein derzeit heiß diskutiertes Thema. Während sich die

    Trägerverbände der gesetzlichen Krankenversicherung für die Einführung eines

    solchen Systems aussprechen, gibt es von Seiten der Ärzteschaft und der

    Krankenhäuser erheblichen Widerstand. Im Vergleich zu anderen europäischen

    Staaten wie z.B. Schweden fehlt jedoch ein umfassendes Konzept für die

    Primärversorgung in Österreich. Internationale Organisationen weisen immer

    wieder auf die Tatsache hin, dass für eine langfristig qualitativ hochwertige

    Gesundheitsversorgung eine gut entwickelte Primärversorgung die Basis jedes

    Gesundheitssystems sein muss (vgl. Czypionka T., Ulinski S. 2014).

    Die World Health Organisation (WHO) hat eine Stellungnahme zum Thema

    Primärversorgung verabschiedet, in der sie diese, als ein wichtiges Prinzip für

    ein erfolgreiches Gesundheitssystem deklariert (vgl. WHO, 2008).

  • 4

    Erkenntnisinteresse Der Hauptfokus der Masterarbeit liegt auf einer Literaturrecherche zum Thema

    „Professionelle Pflegeberatung von Patienten mit Herzinsuffizienz als eine

    chronische Erkrankung“ und der Identifikation von Potentialen für

    Effizienzsteigerung im österreichischen Gesundheitssystem in der Versorgung

    bzw. der beratenden Begleitung durch die Krankenpflege im Primärbereich.

    Eine Erhebung der derzeitigen Situation evidenzbasierter Pflegeberatung bei

    der betroffenen Patientengruppe mit Fokussierung auf Nutzen und Effizienz

    würde in einem weiteren Schritt Rückschlüsse auf konkrete Maßnahmen zur

    Effizienzsteigerung möglich machen. Um der Dringlichkeit einer qualitativ

    hochwertigen Versorgung von Patienten mit Herzinsuffizienz in der

    Primärversorgung größeren Nachdruck zu verleihen, wird unter anderem die

    Kostenstruktur der Versorgung von Patienten mit Herzinsuffizienz in den USA,

    Europa und Österreich näher untersucht.

    Ein weiterer Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit ist Primärversorgung zu

    definieren und die Entwicklung von Primärversorgungseinrichtungen in

    internationalen Gesundheitssystemen zu recherchieren. Dabei sollen

    insbesondere verschiedene Modelle der Primärversorgung in Amerika und

    Europa näher untersucht und die Rolle der Krankenpflege identifiziert werden.

    Anschließend werden die Auswirkungen der Maßnahmen zum Management von

    Patienten mit HI in der Primärversorgung untersucht. Die Pflege hat hier auch

    eine große Mitverantwortung ihr Fachwissen in einem multidisziplinären Team

    erfolgreich zu integrieren, und den Primärsektor nicht zu einem Hoheitsgebiet

    der Medizin zu erklären. Kolbe et al. (2009) erwähnen in ihrer Studie, dass

    auch in Deutschland in der Primärversorgung eine Arztzentriertheit

    vorherrscht.

    Der abschließende Teil soll geeignete Beratungskonzepte für Patienten mit

    Herzinsuffizienz anhand der aktuellen Literatur untersuchen und diese in

    Bezug auf Anwendbarkeit in der Primärversorgung analysieren. Denn neben

    der medizinischen Therapie gehören auch krankheitsspezifische Beratung und

  • 5

    Unterstützung im Selbstmanagement des Patienten, zu einer umfassenden

    Versorgung, mit dem Ziel einen stabilen Gesundheitszustand zu erhalten und

    häufige Wiederaufnahmen ins Krankenhaus zu verhindern (vgl. Maning S.,

    2011). Diese Form der Pflegeberatung soll auch unter dem Blickpunkt der

    Effizienz für das Gesundheitssystem berücksichtigt werden.

  • 6

    Hauptfragestellung und Zielsetzung

    Um eine Bedarfsanalyse für Beratungskonzepte für Patienten mit

    Herzinsuffizienz in der Primärversorgung, im speziellen für das österreichische

    Gesundheitssystem durchführen zu können muss der Istzustand erfasst

    werden. Dazu bedarf es auch klarer Definitionen der Begrifflichkeiten um

    Missverständnissen vorzubeugen. Die Hauptfragestellung, die sich daraus

    ergibt, ist:

    „Gibt es im österreichischen Gesundheitssystem ein Potential für

    Effizienzsteigerung durch professionelle Pflegeberatung von chronisch Kranken

    mit Herzinsuffizienz in der Primärversorgung?“

    Daraus ergeben sich insbesondere jene Teilfragen, die im Rahmen der

    folgenden Literaturarbeit behandelt werden sollen:

    Welchen Beitrag kann die Pflege bei der chronischen Krankheit

    Herzinsuffizienz leisten?

    Welche Modelle für die Versorgung chronisch Kranker gibt es?

    Wie ist die derzeitige Situation der Pflegeberatung bei HI- Patienten?

    Wie hoch sind die Kosten von HI für das Gesundheitssystem?

    Welche Entwicklungen gibt es in Ländern mit Erfahrungen in der

    Primärversorgung?

    Welche Rolle kann die Krankenpflege im Bereich der Primärversorgung

    einnehmen?

    Wie sieht die derzeitige Situation der Pflegeberatung bei Patienten mit

    HI?

    Welche Beratungskonzepte in der Krankenpflegepraxis gibt es?

  • 7

    2. METHODIK

    Die vorliegende Arbeit untersucht auf Basis einer Analyse der aktuellen

    Literatur die Wirkung pflegerischer Beratung in der Primärversorgung am

    Beispiel der chronischen Krankheit Herzinsuffizienz.

    Die angewendete Methodik besteht aus einer Recherche der zur verfügenden

    stehenden Fachliteratur und Studien durch die Anwendung von Ein-und

    Ausschlusskriterien (siehe Tab. 1), Bewertung der eigenen Suche nach dem

    PRISMA-Statement (siehe Abb. 1), Beschreibung der Reviews (siehe Abb.2

    und 3) und Analyse der Fachliteratur (siehe Tab.2). Die Literatursuche hatte

    einen iterativen Charakter. Nur Publikationen, die im Volltext erschienen,

    wurden für diese Arbeit verwendet. Die Sachliteratur wurde einer

    Klassifizierung in Tabellenform unterzogen (siehe Tab. 2).

    Literaturrecherche

    Anhand aktueller und aussagekräftiger Publikationen in den Datenbanken von

    Pubmed, Medline und Google Scholar wird nach dem neuesten Stand der

    Erkenntnis gesucht. Die Literaturrecherche umfasst auch die Erhebung

    nationaler und internationaler Daten durch Analysen von Fachartikel und

    Metastudien. Im Zentrum der Literaturrecherche stehen Herzinsuffizienz als

    chronische Erkrankung, die Primärversorgung im Gesundheitssystem und die

    professionelle Beratung im Berufsfeld der Gesundheits- und Krankenpflege.

    Diese drei Schwerpunkte werden, mit den Stichwörtern: Herzinsuffizienz (HI),

    Pflegeberatung, Primärversorgung jeweils miteinander verknüpft, wobei auch

    erweitert mit den Begriffen: Selbstmanagement, Selbstpflegemanagement,

    chronischen Krankheit und multidisziplinäre Teams in der Primärversorgung,

    der letzte Stand der Wissenschaft beleuchtet werden soll. Die Suche zum

    Thema professionelle Pflegeberatung umfasst, ob der oftmals unscharfen

    Abgrenzung auch die Begriffe: Schulung, Patientenberatung und

  • 8

    Patientenedukation. Um der Frage zur Kostenentwicklung nachzukommen,

    wird die Suche mit dem Wort Kosten und Effizienz, erweitert.

    Die entsprechenden Begriffe in der englischsprachigen Literatur lauten daher:

    heart failure (HF), nursing counseling, efficiency, cost, primary health care.

    Zur Orientierung wurden im Suchverlauf Blöcke nach dem PICO Schema

    gebildet:

    P (Population): HI, HF, CHF, chronische Krankheit;

    I (Intervention): Pflegeberatung, Patientenberatung, Schulung, Nursing

    Counseling, Education;

    C (Comparison-Methodenfilter): Review, Metaanalyse, Fachbücher

    O (Outcome): Primärversorgung, multidiziplinäre Teams, Primary Health Care

    Nurse, Kosten, Effizienz, Cost, Efficiency;

    Die Kombinationen der Schlagwörter wurde mit den Boolschen Operatoren

    “und” und “nicht” verknüpft, um die gefundenen Arbeiten auf das Thema und

    die neuesten Entwicklungen zu konzentrieren. Diese Suche wurde so lange

    intensiviert, bis keine neuen Erkenntnisse gewonnen werden konnten und

    davon auszugehen war, dass die Literaturrecherche in ihrer Tiefe und Breite

    ausreichend war.

    Die Literatursuche für die einzelnen Kapitel der Masterarbeit wurde durch die

    „Berrypicking“ Methode von M.Bates (1989), um Datenmengen der Online

    Recherche einschränken und punktuell vertiefen zu können, ergänzt. Damit

    konnte der Erkenntnisstand zu den einzelnen Themenbereichen flexibel

    gestaltet und durch Synonyme erweitert werden (z.B. Primary Health Care-

    Transitional Care). Die Suchergebnisse wurden laufend reflektiert und dem

    jeweiligen Kapitelschwerpunkt angepasst. Bei der Berrypicking Methode wurde

    unter anderem, die Strategie „backward chaining“ und „forward chaining“

    angewendet. Unter „backward chaining“ versteht man die Auswertung des

    Literaturverzeichnisses der gefundenen Publikationen, nach relevanten

    Dokumenten, um den Erkenntnisstand zu verdichten. Das sogenannte

    „forward chaining“ wurde zur Bestätigung von relevanten Dokumenten

  • 9

    eingesetzt. In speziellen Fällen wurde nach Publikationen einzelner Autoren

    gesucht, diese Vorgehensweise des „author searching“ brachte vereinzelt (z.B.

    Lorig, Stewart, Kolbe, Bodenheimer, Jaarsma, Riegel, Naylor;) weitere

    relevante Information hervor.

    Der Zeitraum wird je nach Fragestellung unterschiedlich eingeschränkt, um

    der historischen Entwicklung des Themas Rechnung zu tragen. Für die

    Datenanalyse zum Thema Primärversorgung und die Kostenentwicklung in den

    westlichen Industrienationen wird ein Zeitraum von 2000-2017 gewählt, da in

    manchen Ländern wie GB und den USA Kostenanalysen und der Nutzen der

    Pflegeberatung in diesem Gesundheitssystem schon länger untersucht werden

    und viele große Metaanalysen aus den Anfängen des 21. Jahrhunderts

    stammen. Die anderen Begriffe werden in einem Zeitraum von 2010-2017

    untersucht und der Zeitrahmen nur bei ungenügender Datenlage punktuell

    erweitert.

    Eine Handsuche zur einschlägigen Buchliteratur wurde in diversen Bibliotheken

    vorgenommen und durch eine Analyse der verfügbaren Literaturverzeichnisse

    ergänzt.

    Literaturübersicht

    Die Literaturübersicht ermöglicht die Nachvollziehbarkeit der

    Literaturrecherche. Studien und Publikationen wurden nach den Ein- und

    Ausschlusskriterien (siehe Tab. 1) bewertet und nur im Volltext vorhandene

    Literatur wurde aufgenommen.

    Die gefundenen Publikationen wurden nach dem Prisma Schema (siehe Abb.

    1) beurteilt, die gefundenen Metaanalysen und Reviews wurden hinsichtlich

    ihrer systematischen Aufbereitung beurteilt (siehe Abb.2 und 3). Einen

    Überblick über die Klassifizierung der gefundenen Fachliteratur ergänzt, die für

    diese Literaturarbeit verwendeten Quellen (siehe Tab.2).

  • 10

    I. Ein- und Ausschlusskriterien:

    Einschlusskriterien Ausschlusskriterien

    Inhaltliche Variablen und Phänomene:

    o Phänomen Herzinsuffizienz und Kosten

    o Herzinsuffizienz und Beratung in der Pflege

    o Primärversorgung Ist-Analyse und Zukunftsperspektiven

    o Beratung in der Primärversorgung Aufgaben der Pflege

    Beratung im tertiären Bereich bei Herzinsuffizienz

    Rehabilitation

    case management

    disease management

    Entlassungsmanagement

    Bevölkerungs-gruppe:

    Patienten, mit der schon erfolgten Diagnose chronischer Herzinsuffizienz

    Patienten in der Akutversorgung

    Setting: Primärer Gesundheitsbereich Sekundär, tertiärer Gesundheitsbereich

    Publikation: Systematische Reviews

    Einzelstudien

    Publikationen

    Fachbücher

    Nicht wissenschaftliche Publikationen

    Zeitraum: 2000-2017

    Sprache: Deutsch, Englisch Alle anderen Sprachen

    Kulturraum: Westliche Industriestaaten Entwicklungsländer

    Tab. 1: Übersicht der Such- und Ausschlusskriterien der Literaturrecherche

  • 11

    II. Dokumentation der eigenen Recherche nach dem Prisma Schema: Die Publikationen (167) wurden in den Datenbanken Medline, Pubmed und Google Scholar gefundenen und durch die „Berrypicking“ Methode von Bates, wurden 22 Veröffentlichungen identifiziert.

    Abb. 1: Dokumentation der Literatursuche, Flussdiagramm Prisma Schema, eigene Darstellung

  • 12

    III. Strukturierung der gefundenen Literaturreviews nach dem Prisma-Schema:

    Es wurden zehn Reviews für diese Arbeit gefunden, drei verwendeten bei ihrem systematischen Vorgehen explizit das Prisma Schema. Zur Darstellung dieser umfassenden Analyse, werden diese drei hier genauer beschrieben. Systemische Review und Metaanalyse, „Effectiveness of chronic care models:

    opportunities for improving healthcare practice and health outcomes: a

    systemic review “Davy et al. (2015):

    Die Kernfragen der Review lauten:

    Welche Elemente des Chronic Care Modells werden in der

    Primärversorgung implementiert?

    Hat sich die Praxis im Gesundheitsbereich dadurch verbessert?

    Hat sich die Versorgung der betroffenen Patientengruppe dadurch

    verbessert? Und konnte eine Verbesserung der klinischen und

    funktionellen Ergebnisse gemessen werden?

    Einschlusskriterien waren:

    Chronische Erkrankungen

    Im Rahmen der Primärversorgung

    Auch wenn nur eine Gesundheitsprofession beteiligt war, wie z.B. der

    Hausarzt (i.e. general practitioner)

    Zusätzlich zu den sechs Elementen des, im Abschnitt 3 ausführlich

    beschriebenen, Chronic Care Modells wurden zwei weitere Elemente (Case-

    Management und Familienunterstützung) in die Analyse eingeschlossen. Es

    wurden nur jene Studien verwendet, die mindestens zwei der acht Elemente

    inkludiert haben.

    Dabei wurde jede Art der Veränderung auf die Versorgungspraxis, wie auch

    die klinischen oder funktionellen Ergebnisse des Patienten gemessen. Für diese

    systematische Review wurde von den Autoren, die sieben elektronischen

    Datenbanken: Cinahl, Embase, MEDLINE, Scopus, Informit Online, PsycINFO

    und Web of Science im Zeitraum von Jan. 1998- April 2013 durchsucht.

    Auswahl der Studien erfolgte nach vorher festgelegten Ein-und

    Ausschlusskriterien. Bei der anfänglich sehr hohen Zahl an gefundenen

  • 13

    Publikationen, wurde der Titel und das Abstract untersucht und jene Werke

    ausgeschlossen, die den Kriterien nicht entsprachen.

    Die Resultate wurden in einem Flussdiagramm graphisch dargestellt:

    Abb. 2: Flussdiagramm PRISMA 2009, vgl. Davy et al. (2015)

  • 14

    Martinez-Gonzalez et al. (2014)

    Systemische Review und Metaanalyse, „Substitution of physicians by nurses in

    primary care “

    In der systematischen Literaturanalyse von Martinez-Gonzalez wurden Studien

    identifiziert, in denen Pflegefachpersonal die Rolle des Arztes ersetzten und

    hauptverantwortlich autonome oder delegierte Aufgaben in der

    Primärversorgung übernehmen, die vorher von einem Arzt ausgeführt worden

    sind.

    Die Publikationen umfassen die folgenden Bereiche:

    Versorgung im Verantwortungsbereich der Krankenpflege

    Interventionen, die in der Grundversorgung stattfinden

    Patienten aller Altersgruppen und Krankheitsbilder

    Unter Angabe von Patientenzufriedenheit, Lebensqualität,

    Krankenhausaufenthalte, Sterberate und Kosten für das

    Gesundheitssystem

    Exkludiert wurden Studien zu Aufgaben, die schon vorher im Aufgabenbereich

    der Pflege gelegen sind oder die Zusammenarbeit der Krankenpflege im Team

    beschreiben, und somit der Effekt der Pflege nicht genau identifiziert werden

    konnte.

    Es wurde ein Protokoll entwickelt und nach den PRISMA Richtlinien

    vorgegangen. Auswahlkriterien wurden durch die oben erwähnten Ein-

    Ausschlusskriterien und Englisch als Publikationssprache festgelegt.

    Die für diese Metaanalyse verwendeten Datenbanken waren OVID Medline,

    CINAHAL, Embase und die Cochrane Libary und umfassten den Zeitraum bis

    August 2012. Ergänzt wurde die Suche durch die manuelle Durchsicht der

    Literaturverzeichnisse.

  • 15

    Die Vorauswahl der Studien wurde vorgenommen und die Eignung und die

    eingeschlossenen Publikationen mittels Flowchart dargestellt.

    Abb. 3: PRISMA Flussdiagramm; Martinez-Gonzalez et al. (2014)

  • 16

    Jaarsma et al. (2012)

    Systematische Literaturreview, „Components of heart failure management in

    home care “

    In dieser Publikation wurde der Frage nachgegangen, welche Komponenten

    und Maßnahmen, bei der Versorgung von HI-Patienten im Bereich der

    häuslichen Betreuung, durch die Forschungsarbeiten identifiziert werden

    können. Ziel war eine genaue Beschreibung der in der Primärversorgung durch

    professionellen Gesundheitspersonal durchgeführten Maßnahmen, um in einem

    nächsten Schritt diese Erkenntnisse zur Entwicklung von

    Managementprogrammen bei HI im Primärbereich, zu verwenden. Die

    Suchbegriffe und die Boolschen Operatoren wurden für die einzelnen

    Datenbanken separat festgelegt und ein Zeitraum einheitlich bis April 2011

    definiert. In Pubmed wurden 181 Publikationen, in Embase 254 Artikel, Cinhal

    91 Treffer und in Cochrane 177 Veröffentlichungen gefunden.

    IV. Klassifizierung der Fachliteratur:

    AutorInnen Titel Jahr Art der

    Literatur Inhalt/ Kernaussage

    Corbin J., Strauss A.,

    Weiterleben lernen.

    2. Auflage, 2004.

    Fachbuch, Übersetzung aus dem Amerikani-schen

    Orginalwerk, Buch über effektive Bewältigung einer chronischen Erkrankung, gezielte Beschreibung der Verlaufskurve der Erkrankung und der konkret zu leistenden Arbeit, der erste Teil entwickelt den theoretischen Bezugs-rahmen (veranschaulicht durch Fallbeispiele), der zweite Teil geht auf die einzelnen Phasen der Verlaufskurve ein.

    Hüper C.,

    Hellige B.,

    Professionel-le Pflegebe-ratung und Gesundheits-förderung für

    3. Auflage, 2015.

    Fachbuch Fachbuch über Beratung in der Pflege, bezugnehmend auf spezielle Anforderungen chronisch Kranker; gesetzliche Rahmen-

  • 17

    chronisch Kranke

    bedingungen, Grundlagen und Konzepte der Pflegeberatung, Zusammenführung der Konzepte der Krankheitsverlaufskurve, Salutogenese und dem integrativen Beratungs-modell nach Sander zum kooperativen Pflege-beratungsmodell

    Klug-Redmann B.

    Selbst-management chronisch Kranker

    2008 Fachbuch, Übersetzung aus dem Amerikani-schen

    Theoretischer Hintergrund und Entwicklungen der Konzepte von Selbstmanagement, Schulung von Selbstmanagement nach einzelnen Krankheiten unter anderem HI

    Koch-Straube,

    Beratung in der Pflege

    2001 Fachbuch Entwicklung der Beratung in der Pflege im deutschsprachigen Raum, jedes Kapitel endet mit einer Schlussfolgerung, Bsp. aus dem Pflegealltag veranschaulichen die Aussagen, Überblick über Beratungstheorien und Bsp. für Handlungsfelder

    London F Informieren, Schulen, Beraten.

    2. Auflage 2010

    Fachbuch/ Nach- Schlagewerk Übersetzung aus dem Amerikani-schen

    Umfassendes praktisches Arbeitsbuch zum Thema Beratung in der Pflege, schrittweise praktische Anleitungen, Antworten auf häufig gestellte Fragen in der Pflegepraxis

    Lubkin I.: Chronisch Kranksein,

    2002 Fachbuch, Übersetzung aus dem Amerikani-schen

    Chronizität Auswirkungen für den Patienten und sein Umfeld, Bedeutung für die Pflege, vor allem die Rolle der Pflege bei Verhaltens-änderung bzw. Patientenedukation chronisch Kranker, die einzelnen Kapitel sind von verschiedenen Experten geschrieben, einzeln zusammengefasst mit

  • 18

    jeweiligem Literaturverzeichnis

    Norwood S. Pflege-Consulting

    2002 Fachbuch, Übersetzung aus dem Amerikani-schen

    Übersichtliches Standardwerk zur Beratung in der Pflege, Berater als übergeordneter Experte, berät Pflegepersonen, vor allem praxisbezogen, ausführliche Erläuterung des Beratungsprozesses.

    Peterman F.

    Patienten-schulung und Patienten-beratung

    1997 Lehrbuch Patientenschulung und -beratung aus Sicht der Psychologie, Überblick über psychologische Grundlagen der Beratung, historische Entwicklungen, Überlegungen zur Wirtschaftlichkeit von Schulungsprogrammen.

    Schaeffer D., Schmidt-Kaehler S.

    (Heraus-geber)

    Patienten-beratung,

    2012 Lehrbuch Konzepte, Aufgaben, Formen, Praxisfelder und Beispiele internationaler Entwicklungen, die Beiträge wurden von Autoren geschrieben, die aus verschiedenen Disziplinen kommen.

    Seidl E., Walter I.

    Chronisch kranke Menschen in ihrem Alltag, das Modell von Mieke Grypdonck bezogen auf PatientInnen nach Nierentrans-plantationen

    2005 Fachbuch Ausführliche Beschreibung des Modells von Grypdonck, anhand chronischer Erkrankung, praktische Entwicklung des Modells für spezielle Patientengruppe

    Tab. 2: Kurzbeschreibung der Fachbücher

  • 19

    3. HERZINSUFFIZIENZ AUS SICHT DER PFLEGE

    Begriffserläuterung Man unterscheidet zwischen akuter und chronischer Herzinsuffizienz. Diese

    Arbeit beschränkt sich auf das komplexe Krankheitsbild der diagnostizierten

    chronischen Herzinsuffizienz (HI). Die Abgrenzung der akuten von der

    chronischen Herzinsuffizienz obliegt den medizinischen Fachkräften und ist

    daher für die Pflegepersonen vorgegeben. Die Krankheit chronische

    Herzinsuffizienz gehört zu den fortschreitenden Herz-Kreislauferkrankungen,

    die in verschiedenen Ausprägungs- und Erscheinungsformen auftreten (vgl. C.

    Bläuer et al 2013).

    Die Prävalenz dieser Erkrankung ist stark altersabhängig, je höher das

    Lebensalter, umso häufiger erkranken Personen an chronischer HI. Es wird

    erwartet, dass mit zunehmenden Alter der Bevölkerung und gleichzeitig einer

    Verbesserung der Überlebensrate nach akutem Herzinfarkt, Kardiomyopathien

    oder Herzklappenerkrankungen, die Anzahl der Menschen mit HI in den

    nächsten Jahren weiter steigen wird (vgl. Nationale Versorgungsleitlinien,

    2011). Die staatliche Gesundheitsfürsorge für ältere Menschen in den USA,

    MEDICARE, gibt als die am häufigsten gestellte Diagnose Herzinsuffizienz an.

    Dieses Krankheitsbild verursacht mehr Kosten, als irgendein anderes

    Krankheitsbild (vgl. B. Klug-Redman, 2008).

    Es gibt viele Definitionen von Herzinsuffizienz, die sich entweder auf den

    pathophysiologischen oder klinischen Aspekt der Erkrankung konzentrieren.

    Eine pathophysiologische Definition für die chronische Herzinsuffizienz wäre,

    das Unvermögen des Herzens den Organismus mit genügend Sauerstoff und

    ausreichend Blut zu versorgen um in Ruhe oder unter Belastungsbedingungen

    den Stoffwechsel zu gewährleisten (vgl. Nationale Versorgungsleitlinien,

    2011).

  • 20

    Klinische Definitionen von Herzinsuffizienz beschreiben diese als ein Syndrom,

    bei dem typische Symptome wie Atemnot, Müdigkeit, Beinödeme oder Fatigue

    und klinische Zeichen wie z.B. Tachykardie, pulmonare Rasselgeräusche,

    Halsvenenstau, drittes Herzgeräusch und Pleuraerguss auftreten. Diese treten

    aber in unterschiedlicher Ausprägung und Intensität auf, sodass eine

    Anpassung der Leistungsfähigkeit im Alltag für die Betroffenen oft eine große

    Herausforderung ist (vgl C. Bläuer et al 2013). Auch andere Symptome wie

    Gleichgewichtsstörungen und damit verbunden Stürze, gestörter Schlaf,

    Depression oder Niedergeschlagenheit konnten bei Herzinsuffizienz beobachtet

    werden.

    Riegel et al. (2002) stellt fest, dass Menschen mit HI auch kognitive

    Beeinträchtigungen, wie nachlassende Konzentrationsfähigkeit, eingeschränkte

    Gedächtnisleistung oder Aufmerksamkeit haben. 29% der untersuchten

    Personen, die zu Hause leben habe eine kognitive Beeinträchtigung, dies

    entspricht auch dem Ergebnis ähnlicher Studien (vgl. Cacciatore et al.,1998;

    Zuccala et al., 1997, zit. in Riegel et al., 2002). Erwähnenswert im

    Zusammenhang mit dieser Studie ist, dass keine Korrelation zwischen

    systolischem Blutdruck, Alter, Dehydration oder Flüssigkeitseinlagerung und

    kognitiver Beeinträchtigung gefunden werden konnte. Nach Einschätzung der

    Autorin könnte die doch eher geringe Samplegröße der Studie eine Rolle

    gespielt haben und empfiehlt weitere Forschung, um die auslösenden Faktoren

    die zu kognitiver Einschränkung bei Personen mit Herzinsuffizienz führen,

    evaluieren zu können.

    Einteilung und Ursache von Herzinsuffizienz Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass HI ein oftmals sehr

    komplexes Krankheitsbild darstellt und für Betroffene und ihre Angehörigen oft

    nur schwer richtig einschätzbar ist. Daher bedarf es bei jeder Diagnosestellung

    immer eines umfassenden Assessments, um die Ausgangssituation richtig

    einschätzen und klassifizieren zu können. Das in klinischen Studien am

  • 21

    häufigsten verwendete Klassifikationssystem ist jenes der New York Heart

    Association (NYHA – siehe Tab. 3). Hierbei orientiert sich die Zuordnung der

    Symptome in die einzelnen Stadien an der Leistungsfähigkeit der Betroffenen.

    Tab. 3: NYHA-Klassifikation der Stadien von Beeinträchtigung durch HI

    Quelle: Nationale Versorgungsleitlinien 2011

    Als häufigste Ursachen einer chronischen HI gelten koronare

    Herzerkrankungen und Hypertonie. Als weitere Ursachen können insbesondere

    angeborene oder erworbene Herzerkrankungen, nicht ischämische

    Kardiomyopathien infektiös (z.B. viral) oder toxisch (z.B. zytostatisch) bedingt

    und Arhythmien genannt werden.

    Diagnosestellung und ihre Auswirkung für die Betroffenen

    In der Literatur wird die Diagnosestellung häufig auf zwei Wegen beschrieben.

    Zum einen fand vor allem bei asymptomatischen Personen die

    Diagnosestellung per Zufallsbefund statt, zum anderen wurde der Arzt meist

    verspätet bei schon manifester Symptomlage aufgesucht. In der

    Literaturanalyse von Bläuer et al. (2013) wurden als die häufigsten

  • 22

    Erstsymptome Dyspnoe, Flüssigkeitsretention und/oder Gewichtszunahme

    genannt. Oft versuchen die Betroffenen anfangs die Anzeichen der Erkrankung

    zu verdrängen und dies erschwert die Diagnosestellung durch den Arzt,

    wodurch die Schwere der Erkrankung nicht immer sofort erkannt wird.

    Welstad et al. (2009) stellt dazu fest, dass nach der Diagnosestellung einer

    Herzinsuffizienz in der Literatur nicht untersucht, wie lange die Betroffenen

    schon mit ihrem eingeschränkten Gesundheitszustand gelebt, und wie ihre

    bisherigen Erfahrungen das Alltagsleben beeinflusst haben. Auch können der

    Beginn, die Schwere und das Fortschreiten der Symptome nicht als linear

    beschrieben werden, sondern variieren. Manche Menschen erleben ihre

    Beschwerden als nicht schwerwiegend, die meisten aber sind von der

    Erkrankung überwältigt und in ihrem Alltagsleben Einschränkungen

    unterworfen. Dadurch kann das Gefühl entstehen, Gefangene ihres Körpers zu

    sein. Deshalb ist eine zeitnahe und präzise Diagnosestellung für die weitere

    Therapie und adäquate Umgang mit der Erkrankung wichtig.

    Allgemein erfolgt die Diagnostik nach einer Untersuchung auf klinischen

    Zeichen und gründlichen Anamnese durch die Schlüsseluntersuchungen: EKG,

    Lungenröntgen, Blutabnahme und Echokardiographie. Die Folgen einer

    unbehandelten HI sind Veränderungen am Herz, die zu einer Kardiomegalie,

    Herzgeräuschen, Anomalitäten in der Echokardiographie und zu einer

    Erhöhung der natriuretisch Peptide führen. Die Ermittlung der Konzentration

    dieser Peptide ist bei einer bestehenden HI ein guter Indikator für die

    Prognoseeinschätzung (SVA, 2011), doch kann weder diese Methode, noch die

    Echokardiographie als spezifisches und sensitives Screening Instrument

    eingesetzt werden (vgl. Nationale Versorgungsleitlinien, 2011). Durch eine

    rechtzeitige Diagnostik und damit auch verbundenen Therapiebeginn kann auf

    die derzeit recht hohe Mortalitätsrate Einfluss genommen werden. Laut dem

    Statistischen Bundesamt Deutschland war im Jahre 2005 Herzinsuffizienz die

    dritthäufigste Todesursache Deutschlands.

  • 23

    Um die Versorgungslage von Menschen mit chronischer HI in Österreich besser

    untersuchen zu können wurde das Herzinsuffizienz Register (HIR) Austria im

    Jahre 2006 gegründet. Ziel ist es die Umsetzung der Diagnose- und

    Therapieleitlinien zu evaluieren. Bei der Veröffentlichung der Ergebnisse lag

    die 1-Jahres-Mortalitätsrate bei 10.3 % gleichzeitig wurde auch der „Guideline

    Adherence Indicator“ (GAI), ein Messinstrument um die Leitlinientreue zu

    messen, angewandt. Die gefundenen Ergebnisse zeigten klar, eine durch

    geringe Leitlinientreue, schlechte Prognose für die Betroffenen. Die

    Wahrscheinlichkeit, in einem Jahr wegen kardialer Dekompensation

    hospitalisiert zu werden oder zu versterben, lag im HIR- Austria um 52%

    höher als bei einer optimalen Therapie (vgl. Pölzl et al., HIR 2006-2009). Die

    Autoren kamen zu dem Schluss, dass es Versorgungsdefizite bei der

    Patientenbetreuung gibt und fordern den Ausbau von speziellen

    Versorgungsnetzwerken, um damit eine Verbesserung der leitliniengerechten

    Therapie zu erreichen.

    Kolbe et al. (2009) hat sich in einer Studie mit den Auswirkungen chronischer

    Herzinsuffizienz für Menschen und ihre Angehörigen in Deutschland

    auseinandergesetzt, um eine Orientierungshilfe für professionelles,

    pflegerisches Handeln bieten zu können. Das Resultat bestätigen andere

    Studienergebnisse, sowie Modelle chronischer Krankheit, wie zum Beispiel die

    von Corbin/Strauss (2004) und M. Grypdonck (2005). Es konnte festgestellt

    werden, dass Betroffene auf zwei verschiedene Weisen auf ihre Erkrankung

    reagieren. Entweder wird die CHI angenommen oder ignoriert. Daraus ergeben

    sich dann Strategien und Handlungsabläufen, die für den weiteren Umgang mit

    der Krankheit ausschlaggebend sind. Die Studienautoren kamen zu dem

    Schluss, dass für den Betroffenen das Erleben der Veränderungen und

    Beeinträchtigungen das Kernproblem darstellt.

    Die bestehende Lebenssituation und das Umfeld sind bestimmend für die

    Bedürfnisse des Erkrankten. Somit sind die individuelle Ausgangslage und das

    bestehende Aktivitätsniveau für die weitere Planung und eine zielgerechte

    Begleitung von Seiten der professionellen Pflege, ausschlaggebend. Weitere

  • 24

    Forschung zu diesem Thema sind in Zukunft noch notwendig, um die

    Handlungsfelder der Pflege besser definieren zu können (vgl. Kolbe et al.,

    2009).

    Allgemeine Behandlungsstrategien Die Therapieziele der chronischen HI laut den Nationalen Versorgungsleitlinien

    (NVL, 2011) können folgendermaßen definiert werden:

    Verbesserung der Lebensqualität

    Senkung der Sterblichkeit

    Senkung der Hospitalisierungsrate

    Hemmung des Krankheitsverlaufs

    Günstige Beeinflussung oder Verminderung zusätzlicher

    Begleiterkrankungen

    Verbesserung der Belastungstoleranz

    Allgemein kann man zwischen kausaler Therapie, operativer/apparativer

    Therapie, pharmakologischer und nicht-pharmakologischer Therapie

    unterscheiden. Zur nicht-pharmakologischen Therapie werden Training und

    Schulung, Änderung des Lebensstils und Rehabilitation gezählt. Die European

    Society of Cardiology hat in ihren Leitlinien aus dem Jahre 2016 auch noch auf

    die multidisziplinäre Versorgung von Personen mit chronischer Herzinsuffizienz

    hingewiesen. Charakteristisch für diesen Ansatz ist die Zusammenarbeit von

    kompetent und professionell geschultem Personal verschiedener

    Berufsgruppen, wie zum Beispiel Kardiologen, Hausärzte, Pflegepersonal,

    Sozialarbeiter, Physiotherapeuten und Ernährungsberater um nur einige zu

    nennen. Bestandteile dieser Versorgungsprogramme bestehen in einer

    optimierten medikamentösen Versorgung, adäquater Patientenaufklärung mit

    dem Schwerpunkt auf Adhärenz und Selbstversorgung. Auch wird explizit die

    Wichtigkeit der Nachbetreuung unterstrichen, die gegebenenfalls bis zu einer

    Versorgung zu Hause ausgeweitet werden muss, um dadurch einen

    verbesserten Zugang zur medizinischen Versorgung gewährleisten zu können.

  • 25

    Eine spezielle Empfehlung wurde noch für die Betreuung von älteren Personen

    mit HI festgehalten. Hierbei sollte der Fokus der Überwachung neben der

    Überprüfung der optimalen Medikation einschließlich des klinischen Zustandes

    auch die Gebrechlichkeit der Personengruppe umfassen, um auf etwaige

    Veränderung zu einem frühen Zeitpunkt reagieren zu können.

    In der Literatur kann man im Bereich der nicht pharmakologischen Therapie

    verschiedene Behandlungsansätze und deren Auswirkungen auf die

    Lebensqualität, Sterberate oder Rehospitalisierungsrate finden. Hierbei werden

    oftmals zwei Begriffe verwendet, nämlich Selbstpflegemanagement und

    Selbstmanagement. Zu diesem Thema wurde im Jahr 2013 eine

    Literaturanalyse durchgeführt, die unter anderem zu dem Ergebnis kam, dass

    diese Terminologien oft gleichzeitig und austauschbar verwendet werden und

    manchmal die Bedeutung von Wissen, Kenntnis, die Erhaltung des

    Gesundheitszustandes oder eine chronische Erkrankung zu managen, haben.

    Die Notwendigkeit einer konzeptuellen Klarheit wird schon in vielen

    Publikationen angesprochen und gefordert (J.Peeters et al., 2013). Die

    Unterstützung von Selbstmanagementprogrammen oder die Förderung der

    Selbstpflege sind wesentlicher Bestandteil der Therapie bei chronischer

    Herzinsuffizienz und sind in der Pflegeberatung wichtige Schulungselemente.

    4. CHRONISCHE ERKRANKUNG AM BEISPIEL HERZINSUFFIZIENZ

    Herzinsuffizienz als chronische Erkrankung stellt Betroffene oft vor große

    praktische und psychologische Herausforderungen. Dazu ist es notwendig eine

    umfassende Sichtweise auf die chronische Krankheit zu haben, um die

    physische, psychische und soziale Dimension des individuellen Erlebens der

    Erkrankung zu vereinen und gleichzeitig die Lebensqualität und Zufriedenheit

    in den Mittelpunkt zu stellen. Da es aber keine Heilung für die Erkrankung

    gibt, ist ein ausreichendes und umfassendes Management über den gesamten

    Krankheitsverlauf unabdingbar. Doch ist das Gesundheitssystem historisch

    gesehen auf das Diagnostizieren, die Behandlung von Symptomen und das

  • 26

    Management von akuten Erkrankungen, sowie die Entwicklung von

    Heilverfahren ausgerichtet. Bis zur Hälfte des vergangenen Jahrhunderts

    machten akute Krankheiten, die größte Gruppe der Gesundheitsprobleme in

    Europa und den Vereinigten Staaten aus. Heutzutage dominieren aber

    chronischen Erkrankungen und sind hauptverantwortlich für

    Erwerbsunfähigkeit und für 70 % der Gesundheitsausgaben (vgl. Lorig et al.,

    2004).

    Mein Grund für diese Entwicklung dürfte die Tatsache sein, dass sich zwar die

    Heilungschancen von vielen Krankheiten verbessert haben und, dass die

    Überlebensraten nach akuten Erkrankungen und die Lebenserwartung der

    Menschen zunehmen. Das Gesundheitssystem hat sich diesen veränderten

    Anforderungen jedoch nicht angepasst. Als Konsequenz kommt es laut Lorig

    (2004) zu Fragmentierung und Unterbrechungen in der

    Gesundheitsversorgung. Auch werden oft unnötige Technologien und

    Methoden eingesetzt und die Ausgaben steigen, ohne dass PatientInnen in

    einem angemessenen Ausmaß davon profitieren. Es ist zu beobachten, dass

    Verantwortliche und im Gesundheitswesen Tätige chronische Erkrankungen

    immer noch als episodisch oder akut auftretend betrachten, und so kann es zu

    einem Missverhältnis zwischen den Kosten, die durch die Behandlung

    verursacht werden und den eigentlichen gesundheitlichen Bedürfnissen der

    Betroffenen kommen (vgl. Curtin & Lubkin, 2002).

    Begriffserklärung Chronizität

    Was kann aber nun unter dem Begriff Chronizität verstanden werden? Schon

    vom Ursprung des griechischen Wortes „Chronos ()“, mit der

    Bedeutung „Zeit“ kann man den Zeitbezug erkennen. Curtin & Lubkin (2002)

    haben festgestellt, dass aus Sicht der Pflege bis dato keine Begriffserklärung

    vorliegt. Bei ihrer Analyse von neun verschiedenen Definitionen sind sie auch

    auf die daraus resultierenden Vor- und Nachteile eingegangen und haben dann

    ihr Verständnis einer chronischen Erkrankung folgendermaßen formuliert:

  • 27

    „Unter chronischer Erkrankung versteht man das irreversible Vorhandensein

    bzw. die Akkumulation oder dauerhafte Latenz von Krankheitszuständen oder

    Schädigungen, wobei im Hinblick auf unterstützende Pflege, Förderung der

    Selbstversorgungskompetenz, Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit und

    Prävention weiterer Behinderungen, das gesamte Umfeld des PatientInnen

    gefordert ist.“ (Curtin & Lubkin, 2002, S. 26)

    Eine weitere Möglichkeit chronische Erkrankungen zu definieren ist die

    Charakteristika der Chronizität zu erläutern. Lorig (2004) fasst die Merkmale

    chronischer Krankheiten folgendermaßen zusammen:

    Oft schleichender Beginn

    Entwicklung der Erkrankung über einen längeren Zeitraum

    Verschiedene Ursachen, die sich auch verändern

    Phasenhafter Verlauf

    Diagnostische Phase oft prolongiert, unklare Prognose

    Keine Heilung, Management über den Krankheitsverlauf

    notwendig

    Tiefgreifende Verunsicherung

    Ähnlich haben auch Hüper und Hellige (2015) die Merkmale chronischer

    Erkrankung charakterisiert:

    o Dauerhaftigkeit

    o Durchzunehmendes Alter mehrere parallel verlaufend chronische

    Erkrankungen

    o Nicht kausal sondern symptomatisch behandelbar

    o Multifaktorielle Ursachen

    o Phasenhafter Krankheitsverlauf

    o Große Bemühungen um Symptomauswirkung zu lindern

    o Führen häufig zur Isolation

    o Chronisch Kranke und ihre Angehörige müssen Hauptarbeit der

    Krankheitsbewältigung leisten

    o Unsicherheit

  • 28

    Die komplexe Situation, in der sich ein chronisch Kranker befindet, hat

    Konsequenzen auf sein gesamtes weiteres Leben und erfordert strategische

    Bewältigungsstrategien. Oft treten diese Auswirkung in zyklischer Weise auf

    und betreffen physische, psychische, soziale und ökonomische Aspekte des

    Lebens. Jeder einzelne Aspekt kann dabei Auswirkungen auf andere

    Dimensionen haben, wodurch flexible Anpassungsstrategien von dem

    Betroffenen gefordert werden.

    Es gibt nun verschiedene Modelle, die einen theoretischen Rahmen zur

    professionellen Betreuung von chronisch Kranken beschreiben und für die

    Krankenpflege neue Perspektiven aufzeigen.

    Modelle zur Bewältigung von chronischer Krankheit

    4.2.1 Das Trajekt Modell nach Corbin Strauss

    Corbin und Strauss (2004) haben auf Basis ihrer Forschungsarbeit und

    mehreren qualitativen Studien aus den späten 60iger Jahren die Frage

    beantworten wollen, wie Menschen mit chronischer Krankheit unterstützt

    werden können, ihre Erkrankung effektiv zu bewältigen. Das Ziel war die

    biographischen Aspekte und Alltagssituationen sowie den prozesshaften

    Charakter chronischer Erkrankungen herauszuarbeiten. Sie vergleichen die

    chronische Erkrankung mit der Entdeckungsreise auf einem Schiff, bei welcher

    der Kurs zwar vorbestimmt ist, der PatientInnen aber wie ein Seemann mit

    dem Seegang zurechtkommen muss, ohne ihn beeinflussen zu können. So

    muss der Erkrankte lernen mit der Krankheit, den körperlichen Reaktionen und

    den damit verbundenen Konsequenzen und Belastungen für den Lebensalltag

    zurechtzukommen.

    Im Mittelpunkt ihres Konzeptes, das als „Illness Trajectory“ oder Modell der

    Krankheitsverlaufskurve bezeichnet wird, stehen die Begriffe Arbeit und

  • 29

    Verlaufskurve. Die dahinterstehende Überlegung war, dass zur

    Krankheitsbewältigung die Versorgung im Sinne von Arbeit durch ein oder

    mehrere Personen durchgeführt werden muss und dadurch auch

    Arbeitsbeziehungen aufgebaut werden müssen. Chronische Krankheiten haben

    lebenslange Verläufe, die durch verschiedene Phasen gekennzeichnet sind. Die

    krankheitsbezogene Arbeit schwankt daher je nach der entsprechenden

    Krankheitsphase (vgl. Corbin&Strauss, 2004).

    Hüper und Hellige (2015) haben die Phasen der Krankheitsverlaufskurve

    folgendermaßen zusammengefasst (siehe Tab. 4), betonen aber, dass die

    Darstellung keinen chronologischen Verlauf abbildet und die verschiedenen

    Phasen durch Arbeit gestaltbar sind und somit auch den Verlauf positiv oder

    negativ beeinflussen können:

    Verlaufs-

    kurvenphase

    Zentrale Aspekte Handlungsziele

    Vorstadium o Genetische Faktoren o Lebensweise, die eine

    Gesellschaft oder das Individuum für eine chronische Krankheit prädisponiert

    Vorbeugung durchgesundheits-fördernde Lebensweise

    Verlaufs-kurvenbeginn

    o Erste Symptome o Einsetzen der Diagnostik o Unsicherheit über biographische

    Konsequenzen und die Auswirkungen auf den Alltag, die Berufsarbeit, die Familie

    Angemessene Verlaufsvorstellung und -pläne sollten entwickelt werden

    Stabile Phase o Kontrollierbarer Krankheitsverlauf o Aktivitäten des täglichen Lebens

    und Biographie sind im Rahmen der limitierenden Faktoren ausbilanziert

    o Krankheitsmanagement findet zu Hause statt

    Wichtigste Phase im Verlauf:

    Es geht darum, die Stabilität der Verlaufskurve zu erhalten und zu unterstützen

    Instabile Phase

    o Die Symptome sind nicht kontrollierbar

    o Es können zudem biographische Probleme auftreten und/oder es können Probleme bestehen, den Alltag, Familie und Beruf zu organisieren

    Rückkehr zur stabilen Phase

  • 30

    Akute Phase o Es kommt zu Komplikationen oder einer Zunahme der Symptomatik

    o Aktivitäten sind nur begrenzt möglich

    o Eine Krankenhauseinweisung kann notwendig werden

    Die Handlungsziele sind auf Kontrolle der Krankheit und die Rückkehr zur stabilen Phase auszurichten. Biographische Arbeit verbleibt gegebenenfalls in der Schwebe.

    Krisenphase o Es kommt zu einer kritischen oder lebensbedrohlichen Situation

    Das primäre Handlungsziel ist die Kontrolle der Krankheit und somit die Rückkehr zur stabilen Phase

    Normali-sierung

    o Zeit der Normalisierung o Es geht darum, mit

    eingeschränkten Ressourcen zu leben

    o Der Verlauf ist aufwärts gerichtet

    Das Handlungsziel ist das Erreichen körperlichen und seelischen Wohlbefindens orientiert an den adaptierten Verlaufskurvenvor-stellungen und Plänen aller AkteurInnen

    Abwärts-phase

    o Es kann sowohl eine graduelle oder eine rapide Verstärkung der Symptomatik auftreten

    o Es können Probleme bei der Symptomkontrolle entstehen

    o Alltag und Biographie müssen ständig angepasst werden

    Das Handlungsziel ist eine Akzeptanz und ein Anpassen an die sukzessiven Fähigkeitsverluste

    Sterbephase o Es handelt sich um die Tage oder Wochen vor dem Tod

    o Es können rapide Fähigkeitsverluste auftreten

    o Es kann der Wunsch bestehen, das Leben zu reflektieren, um loslassen zu können

    Das Handlungsziel sollte sein, ein würdevolles Sterben zu ermöglichen.

    Tab. 4: Verlaufskurvenphase, zentrale Aspekte und Handlungsziele (Hüper & Hellige (2015), S. 63 ff., nach Corbin (1998), Corbin & Strauss (2004), S. 60 ff.)

    Daraus wird ersichtlich, dass die Bewältigung von chronischen Erkrankungen

    hoch komplex verläuft und die Wahrnehmung in welcher Krankheitsphase sich

    der Betroffene gerade befindet von großer Wichtigkeit ist, um die aktuellen

    medizinischen, pflegerischen und alltagsrelevanten Problem planen zu können.

    Den Phasen des Verlaufskurvenmodells stehen somit drei Hauptarbeitslinien

  • 31

    gegenüber: die Krankheitsarbeit, die Alltagsarbeit und die Biographiearbeit.

    Diese sollten miteinander in Einklang gebracht werden (vgl. Hüper & Hellige,

    2015). An diesen Arbeitslinien, im Rahmen der Verlaufskurven, sind der

    Betroffene, die Personen seines Umfeldes und die Pflegepersonen beteiligt.

    Um die zentralen Punkte ihres Modelles nämlich Arbeit und Verlaufskurve und

    ihr komplexe Beziehung zueinander darzustellen, haben Corbin & Strauss

    (2004) folgende definitorische Kernaussage verfasst:

    „Das Verlaufskurvenkonzept bezieht sich nicht nur auf den Krankheitsverlauf,

    sondern auch auf die damit verbundene krankheitsbezogene Arbeit, die mittels

    Arbeitsprozessen durchgeführt wird.“

    Enthalten in dieser Arbeit und den Arbeitsprozessen sind Arbeitstypen und

    Arbeitslinien und Weisen, diese zu organisieren, sowie die verschiedenen

    biographischen Prozesse, die durch den Krankheitsverlauf an sich und die zu

    seiner Bewältigung erforderliche Arbeit sowohl in Gang gesetzt als auch

    beeinflusst werden und die sich dann wieder auf die Durchführung der Arbeit

    auswirken, die mithilfe der Arbeitsprozesse geleistet wird.“ (vgl. Corbin &

    Strauss, 2004, S. 358 ff).

    Für die Pflege und des Weiteren für die Pflegeberatung von chronisch Kranken

    bietet dieses Modell somit eine fundamentierte Basis um den Einzelnen bei

    einem selbstbestimmten Umgang mit seiner Krankheit zu bestärken. Konflikte,

    die sich manchmal beim Management der Krankheit durch unterschiedliche

    Zielsetzungen der Pflegefachkräfte und des Betroffenen ergeben, können

    damit vermieden werden. Denn ein zentrales Element dieses Modelles ist die

    Patientenperspektive und das individuelle Erleben seiner Krankheit und ihres

    Verlaufes unter Einbeziehung der Biographie und Erfahrung des chronisch

    Kranken und seiner Angehörigen. Die Zielsetzung, die der Sichtweise des

    Betroffenen entspricht, erleichtert und bestimmt somit die weitere Richtung

    des Krankheitsmanagements.

  • 32

    4.2.2 Das Modell der Pflege chronisch Kranker nach Mieke Grypdonk

    Ein weiteres Konzept für die professionelle Pflege chronisch Kranker bietet das

    Modell von Mieke Grypdonck. Seit 1971 widmet sie sich der Forschung von

    Menschen mit chronischen Krankheiten und hat 1996 eine Theorie der Pflege

    chronisch Kranker vorgestellt, die Ausgangspunkt weiterer Forschung und

    Studien war. Dabei unterteilt sie die Pflegewissenschaft in zwei

    Hauptströmungen. Die eine geht davon aus, dass Gesundheit mit

    Funktionieren zu tun hat und Heilung, Wiederherstellung dieser Funktion

    bedeutet. Im Vordergrund steht für die Pflege dabei, die Unterstützung der

    Aktivitäten des täglichen Lebens und nennt als Prototyp die

    Selbstfürsorgetheorie von Orem (vgl. Grypdonck in Seidl/Walter, 2005, S.17).

    Die andere Strömung geht von der Erlebensperspektive des Betrachters aus.

    Die Krankheit ist nicht ein objektives Geschehen außerhalb des Körpers,

    sondern krank sein wird durch das Erleben des Betroffenen geprägt. So meint

    sie weiter, dass Pflegepersonen von der Erlebensperspektive und der

    Erfahrung und der Bedeutung, die das Individuum seiner chronischen

    Erkrankung verleiht ausgehen sollten. In diesem Zusammenhang soll der

    Betroffene seinem Leben, mit seiner Krankheit Bedeutung und Sinn verleihen.

    Sie möchte auch ihre Pflegetheorie nicht als ein in einer gewissen Zeitspanne

    entstandenes starres Instrument, sondern in Anlehnung an eine

    metatheoretische Sicht, als Prozess verstanden wissen (vgl. Grypdonck, in

    Seidl/Walter 2005). Im Zentrum der Pflege eines chronisch Kranken soll der

    Mensch und nicht seine Krankheit und ihre Folgen stehen.

    Dabei kommt der Reaktion des chronisch Kranken auf seine Erkrankung eine

    große Rolle zu.

    Grypdonck unterscheidet zwischen Individuen, die sich trotz Widrigkeiten, die

    die Krankheit mit sich bringt, am Leben erfreuen können und über Krisen

    hinwegkommen. Die Krankheit wird nicht lebensbestimmend und sie schaffen

    es, ihr Leben über die Krankheit zu stellen. Die zweite Reaktionsweise wäre

  • 33

    mit dem Leben unzufrieden zu sein und sich nicht auf die Veränderungen, die

    die Krankheit mit sich bringt einstellen zu können. Hilfe empfinden sie als nicht

    ausreichend, da sie sich eine Befreiung von der Krankheit wünschen (vgl.

    Grypdonck in Seidl/Walter, 2005, S. 21ff). Menschen mit chronischer

    Krankheit müssen lernen mit körperlichen Einschränken zu leben und die

    Trennung, die zwischen dem Körper und der Person entsteht, zu überwinden.

    Oft macht einem die Erkrankung die eigene Verletzlichkeit bewusst und das

    führt wiederum zu einer starken Verunsicherung.

    Grypdonck (1996) beschreibt weiters vier Aufgaben, die sich daraus für die

    Pflege ergeben (siehe Abb. 2).

    Abb 2: Aufgaben der Pflege nach Grypdonck (eigene Darstellung)

    Ein weiteres wichtiges Merkmal des Modelles ist die Beziehung zwischen der

    Pflegeperson und dem chronisch Kranken. Diese sollte geprägt sein durch ein

    positives Verhältnis. Merkmale sind die Tatsache, sich zu kennen und

    Vertrauen zu haben und gleichzeitig die Autonomie des Betroffenen zu

    wahren. Die Begleitung im Krankheitsverlauf sollte von einer speziell für

    chronische Erkrankungen geschulten Pflegeperson ausgeübt werden, die den

    Betroffenen, sein Umfeld und den Krankheitsverlauf kennt und somit auch die

    Hilfe zur Überwindung der existentiellen Krise:

    Die betrifft nicht nur die Zeit der Diagnosestellung, sondern auch wenn

    sich die Erkrankung verändert oder verschlechtert. Hierbei soll sich der

    Betroffenen umfassend verstanden und ernst genommen fühlen

    Unterstützung im täglichen Leben:

    Bedeutet eine Anpassung der Unterstützung an die Bedürfnisse des Augenblicks, unter Berücksichtigung

    schon bestehender Bewältigungsstrategien und

    Erfahrungen.

    Hilfe beim Ausführen des therapeutischen Regimes:

    Hierbei zählt die Unterstützung beim Management der Erkrankung und der

    Symptome.

    Hilfe bei der Organisation oder Koordination der Pflege:

    Das bedeutet die Privatsphäre und den individuellen Tagesplan des chronisch

    Kranken zu berücksichtigen.

  • 34

    Verbindung zu anderen Gesundheitsanbietern darstellt. Diese Pflegeperson

    nennt sie die „trajectory nurse“ (vgl. Grypdonck in Seidl/Walter, 2005, S.50ff).

    Zusammenfassend ist das Modell von Grypdonck die professionelle Begleitung,

    Unterstützung und Beratung in den verschiedenen Phasen des Lebens mit

    einer chronischen Krankheit, wobei der Betroffene befähigt werden soll das

    Leben über seine Erkrankung herauszuheben (vgl. Grypdonck in Seidl/Walter,

    2005, S.30).

    4.2.3 Chronic Care Modell

    Chronische Krankheiten stellen Betroffene nicht nur vor physischen,

    psychischen und sozialen Anforderungen, sondern sie stellen auch das

    bestehende Gesundheitssystem vor neue Herausforderungen. Historisch war

    es ausgerichtet auf die rasche und effiziente Behandlung akuter Krankheiten.

    Der Fokus lag auf dem unmittelbaren Problem, der zügigen Definition einer

    Diagnose, dem Ausschluss von Alternativdiagnosen und dem Beginn einer

    professionellen Behandlung. Die Rolle des Patienten war weitgehend passiv

    geprägt. Somit besteht ein Problem in der Struktur dieses Gesundheitssystem

    und Verbesserungen desselben können den Druck erhöhen, führen aber nicht

    zu Veränderungen, die für die Versorgung von chronischen Erkrankungen

    notwendig wären.

    Um eine verbesserte Versorgungsstruktur für chronisch Kranke zu schaffen,

    hat Wagner (1996) das Chronic Care Model entwickelt, das als

    Rahmenkonzept zur Verbesserung der Betreuungsqualität von Menschen mit

    chronischer Krankheit dienen soll. Mittlerweile wird dieses von mehr als 100

    Gesundheitsanbietern verwendet (vgl. Wagner et al., 2001). Der Autor

    argumentiert, dass der chronisch Kranke vergleichbar ist mit einem Piloten,

    der ausgebildet werden muss, ein Flugzeug zu fliegen. Somit besteht die

    Aufgabe des Fachpersonals im Gesundheitswesen, die ja, um mit dem Bild

    Wagners fortzufahren, nur für einige Zeit im Flugzeug anwesend sind, darin,

  • 35

    den Betroffenen fachgerecht auszubilden und für sichere Flugzeuge und

    Flugpläne zu sorgen um den Erkrankten sicher an sein Ziel zu bringen. Dazu

    bedarf es neben dem Selbstvertrauen auch den Fähig- und Fertigkeiten um

    den Zustand selbständig zu managen und einer angemessenen Therapie, um

    eine optimale Krankheitskontrolle sicher zu stellen und Komplikationen

    vorzubeugen. Die Planung der Behandlung muss im gegenseitigen Konsens

    erfolgen, welcher durch eine kontinuierliche Begleitung auf dem

    Krankheitsweg ergänzt wird (vgl. Wagner et al., 2001).

    Die größten Defizite in der Versorgung chronisch Kranker, die sich nun aus der

    Analyse der gegenwärtigen Situation ergeben, Wagner nannte sie die „Chronic

    Care-Krise“, könnte man folgendermaßen (vgl. Gensichen et al., 2006)

    beschreiben:

    Prävalenz: Veränderungen der medizinischen Tätigkeiten, vor allem in der

    Primärversorgung durch Anstieg chronisch oder mehrfach chronisch Kranken

    Klinische Versorgung: medizinischer Fortschritt führt zu immer komplexeren

    Optionen bei Therapie und Diagnostik, oft fehlt aber bei der Ausführung die

    notwendige Evidenz

    Koordination: unzureichende Kommunikation, da PatientInnen von

    verschiedenen Akteuren betreut werden, führt oft zu fragmentierter

    Versorgung oder unnötigen Behandlungen

    Patientenrolle: oft noch in passive Rolle gedrängt, Bedürfnisse ungenügend

    berücksichtigt, dadurch erhalten Betroffene keine effektive Hilfe

    Kontinuität: zu starker Fokus auf Akutversorgung, dadurch zu wenig

    Ressourcen für kontinuierliche Begleitung (follow-up)

    Aus dieser Beobachtung formulierte Wagner (1996) das Chronic Care Modell

    (CCM – siehe Abb. 4) und beschreibt darin, wie PatientInnen, durch

    Übernahme einer aktiven Rolle, gemeinsam mit einem vorausschauenden

    Praxisteam (bestehend aus einem Arzt und medizinisch geschulten

    Pflegefachpersonal) ihre Behandlungsergebnisse verbessern.

  • 36

    Es ist gleichzeitig multidimensional und interdisziplinär, unter Einbeziehung

    aller im Gesundheitssystem und Versorgungebenen Beteiligten angelegt.

    Abb. 4: Das Chronic Care-Modell nach Wagner (1996)

    Quelle: deutsche Übersetzung: Gensichen, Knieps, Schlette (2006)

    Um eine qualifizierte und optimale Versorgung chronisch Kranker in der

    Primärversorgung gewährleisten zu können, umfasst das Modell sechs

    Elemente:

    Das Gesundheitssystem: dieses soll durch entsprechende Kultur, Organisation

    und Instrumente eine qualitativ hochwertige Versorgung chronisch Kranker

    gewährleisten. Das bedarf auch der Motivation und Bereitschaft für

    Veränderung von Seiten der Gesundheitsstruktur. Koordination der

    Versorgung zwischen und auch innerhalb von Organisationen. Gewährleistung

    eines offenen Umganges mit Fehlern und Qualitätsproblemen.

    System der Leistungserbringung: dazu gehört effiziente und effektive

    Versorgung einschließlich einer verantwortungsvollen Aufgabenteilung, genaue

  • 37

    Definition der Schnittstellen und der einzelnen Versorgungsstufen, um auf die

    individuelle Situation eingehen zu können. Auch eine kontinuierliche

    Begleitung in Form von „follow-ups“ und gegenseitiger Austausch, um neueste

    evidenzbasierte Versorgung gewährleisten zu können.

    Klinisches Informationssystem: wie z.B. durch Patientenregister, individuellen

    Therapieplänen oder Patientenpässen, Erinnerungssystemen, und der

    Möglichkeit eines Austausches zwischen PatientInnen und den

    Gesundheitsanbietern. Identifizierung relevanter Populationen für eine aktive

    Versorgung.

    Entscheidungsunterstützung: durch evidenzbasierte Leitlinien, auch als

    Entscheidungshilfe für den Betroffenen zugänglich und verstehbar,

    Verwendung bewährter Schulungsmethoden, Einbezug von Expertenwissen in

    der Primärversorgung.

    Unterstützung des Selbstmanagements: unter Betonung der zentralen Rolle

    des Betroffenen, Verwendung effektiver SM Strategien, wie Assessment,

    Zielsetzung, Handlungsplan, Problemlösung und Verlaufskontrolle.

    Gemeinwesen: damit ist die individuelle Lebenswelt und das kommunale

    Umfeld chronisch Kranker gemeint, dazu gehören auch Ressourcen auf lokaler

    Ebene wie Selbsthilfegruppen oder soziale Dienste, oder

    Präventionsprogramme. Bedarfs- und Bedürfnislücken sollen geschlossen

    werden.

    Quelle: www.improvingchroniccare.org, 2006-2017, Gensichen et al. (2006)

    Der durch die verschiedenen Elemente des Modells aktivierte und informierte

    Mensch kann und soll somit stärker die Rolle des Managers seiner Erkrankung

    einnehmen und steht einem proaktiven und vorbereiteten Versorgungsteam

    gegenüber. Durch evidenzbasierte und vorausschauende Planung sollen

    Konsequenzen der Erkrankung kontrollierbar bleiben und optimale

    Behandlungsergebnisse, durch größtmöglichen Nutzen/ Kosteneffizienz

    erreicht werden (vgl. Wagner et al., 2001; Gensichen et al., 2006). Case-

    Management und Disease-Management können in das CCM als Instrumente

    implementiert werden.

  • 38

    Dieses organisatorische Modell wird vorwiegend zur verbesserten Betreuung

    chronisch Kranker in der der Primärversorgung eingesetzt. Es ist speziell als

    theoretisches Konzept für Veränderungen oder Neuausrichtungen schon

    bestehender Gesundheitssysteme entwickelt worden.

    Die Who (2002) hat das CCM als Basiskonzept für eine verbesserte Versorgung

    für Menschen mit chronischen Erkrankungen für ihr „Innovative Care for

    Chronic Conditions“ Framework verwendet. Darin werden auf Makro-, Meso-,

    und Mikroebene politische Handlungsfelder definiert, die für die

    Implementierung des CCM von großer Bedeutung sind (vgl. Djalali &

    Rosemann, 2015).

    In verschiedenen Literaturanalysen (vgl. Coleman et al., 2009; Davy et al.,

    2015; Tsai et al., 2005) wurden die Effekte des Chronic Care Modells auf die

    Betreuung der immer größer werdenden Zielgruppe der chronisch Kranken

    untersucht. Ziel war es, die positiven Effekte der Implementation des CCM auf

    klinische, funktionelle und wirtschaftliche Behandlungsergebnisse zu

    untersuchen. Die identifizierten Literaturanalysen wurden in einem Zeitraum

    zwischen 1998-2003, 2000- 2008, 1998-2013 durchgeführt und umfassten

    einmal 112, 82 und 77 Studienergebnisse, die den vorher definierten

    Einschlusskriterien entsprachen (vgl. Coleman et al., 2009; Davy et al., 2015,

    Tsai et al., 2005). Um die gefunden Studien miteinander vergleichbar zu

    machen, mussten die einzelnen Elemente die das CCM verwendet identifiziert

    und definiert werden, dabei wurde festgestellt, dass je mehr Elemente

    verwendet wurden, umso besser waren Qualität und Ergebnisse der

    Versorgung (vgl. Coleman et al., 2009). Kein einzelnes Element des CCM für

    sich konnte zu einer Verbesserung des Behandlungsergebnisses führen (vgl.

    Tsai et al., 2005).

    In der Review von Davy et al. (2015) konnte weiters festgestellt werden, dass

    es eine große Schwankung bezüglich der Elemente des CCM gibt. Bei dieser

    Literaturanalyse wurden die sechs Element nämlich um zwei, die

    Familienunterstützung und das Casemanagement erweitert. Auch wurde eine

    Variabilität über die Art und Weise wie diese Elemente implementiert wurden

  • 39

    beobachtet. Der große Teil der Studien ergab eine signifikante Verbesserung

    der Behandlungsergebnisse, es konnte aber nicht identifiziert werden, ob ein

    Element für sich oder eine Kombination der Elemente den entscheidenden

    Vorteil brachte. Auch kann nicht ausgeschlossen werden, dass schon die

    Umsetzung des CCM alleine und die verbundene klare Botschaft, dass die

    strukturierte und optimale Versorgung chronisch Kranker wichtig und

    erwünscht ist, eine Rolle gespielt haben mag (vgl. Davy et al., 2015).

    Auch die Effekte auf die Kosten für das Gesundheitssystem wurden untersucht.

    Dabei konnte ein Zusammenhang zwischen Interventionen, die zur

    verbesserte Kontrolle des Krankheitsmanagements führen und der

    Reduzierung der Gesundheitskosten festgestellt werden (vgl. Goetzel et al.

    ,2005). Allgemein sind Effekte der Kostenersparnis nicht kurzfristig bemerkbar

    und erwachsen eher dem Versicherungsnehmer selber, als den Anbietern in

    der Primärversorgung. Auch wird darauf hingewiesen, dass es zu einem

    Missverhältnis zwischen dem, der das CCM und seine Elemente implementiert

    und der, der davon finanziell profitiert, kommen kann. Evidenz über die

    Kosteneffektivität von CCM ist noch in der Entstehungsphase und weitere

    Forschung, um den Zusammenhang zwischen Kosten und den Vorteilen für

    Praxis, Auftraggeber und PatientInnen zu identifizieren, ist von Nöten (vgl.

    Coleman et al., 2009).

  • 40

    5. PFLEGEBERATUNG BEI CHRONISCHER

    HERZINSUFFIZIENZ: EINE BEST PRACTICE

    ANALYSE

    Beratung wird in der Pflege oft als informieren, Rat geben und aufklären

    verstanden. In manchen Fällen reicht aber die Informationsweitergabe nicht

    aus, um die Bedürfnisse von PatientInnen und ihren Angehörigen zu erfüllen.

    Sie erhoffen sich neben Rat auch Unterstützung und Begleitung, um die

    Anforderungen veränderter Gesundheitszustände und Lebenswelten

    bewältigen zu können (vgl. Engel & Sickendiek, 2005).

    Ziel der Beratung ist es unter anderem, Ressourcen zur Bewältigung von

    Gesundheitsproblemen zu aktivieren, um Selbstbestimmung und die

    Beteiligung der Betroffenen zu fördern. Pflegeberatung, einschließlich einer

    genauen Analyse der Begrifflichkeiten und Konzepte wird in Abschnitt 8 noch

    ausführlich behandelt. In diesem Kapitel liegt der Fokus auf der Frage, ob es

    schon Erfahrungen zur Pflegeberatung bei Herzinsuffizienz in den westlichen

    Industrienationen gibt und wie sich die aktuelle Situation in Österreich

    darstellt.

    Leider werden in der Literatur die Begriffe Pflegeberatung, Patientenberatung

    und Patientenschulung nicht immer klar voneinander abgegrenzt. So ist auch

    in diesem Fall die Beantwortung der Frage nicht einfach. Im Vordergrund der

    Recherche steht somit, die Betreuung der Personen mit chronischer

    Herzinsuffizienz von Seiten der Krankenpflege, in den westlichen

    Industrienationen und schließt alle drei vorhergenannten Fachausdrücke, die

    Beratungskomponenten enthalten, mit ein.

    Die Veränderung des Krankheitsspektrums hin zu einer steigenden Anzahl

    chronisch Kranker verlangt nach neuen Bewältigungsstrategien, um diese

    hochkomplexen Probleme, mit all ihren Herausforderungen bedarfsgerecht

    aber auch inhaltlich und ökonomische effizient, gerecht zu werden.

    Ausganspunkt ist der Mensch seine Erkrankung, sein Erleben, seine

  • 41

    individuelle Reaktion auf diese, unter Miteinbeziehung seines gesamten

    persönlichen Umfeldes. Aus diesem Grund ist eine Analyse der Bedürfnisse der

    Betroffenen ein wichtiger Anhaltspunkt, um bei der Entwicklung von neuen

    Pflegestrukturen, die Gesamtsituation nicht aus dem Auge zu verlieren.

    Erwähnenswert ist hier eine Studie von Neuderth et al. (2005), die der Frage

    nachgegangen ist, ob ein Schulungsbedürfnis von Seiten Betroffener mit

    chronischer Herzinsuffizienz besteht. Mehr als die Hälfte der Befragten äußerte

    Interesse, wobei die Bereitschaft zur Teilnahme mit dem Alter negativ

    korreliert war. Im Vordergrund war das Interesse an medizinischen Themen,

    wie Risikofaktoren, Verlauf der Erkrankung, Therapie und Rehabilitation.

    Personen, die seelisch belastet waren interessierten sich mehr für

    Schulungsthemen, wie Krankheitsbewältigung und Depression. Interessant ist,

    dass 40% der Studienteilnehmer kein Interesse an einem Schulungsinhalt

    angaben. Eine mögliche Erklärung von Seiten der Autoren war, dass

    Betroffene entweder schon ausreichend informiert waren, oder kein Interesse

    bestand, sich mit der Krankheit auseinanderzusetzen. Dazu gaben 28% an

    sich kaum oder gar nicht mit chronischer Herzinsuffizienz auszukennen. Nur

    die Hälfte der Befragten, und da vor allem jüngere Menschen wünschten sich

    ein partnerschaftliches Verhältnis zum Arzt, und somit ein kooperatives

    Miteinbeziehen in die Behandlung. Der Grund von Seiten der Betroffenen war

    Unsicherheit und die Sorge Fehler zu machen. Somit kann es notwendig sein,

    in entsprechenden Schulungsprogrammen auf diese Ängste einzugehen und

    durch professionelle Begleitung, Menschen mit chronischer Herzinsuffizienz,

    zum Selbstmanagement zu motivieren.

    Die Autoren empfehlen daher aufgrund der gefundenen Erkenntnisse, bei der

    Anwendung von Schulungsprogrammen immer von der individuellen Situation

    des chronisch Kranken auszugehen ist und nicht eine Zuordnung nach

    Geschlecht, Alter oder Klassifizierungssystem, wie z.B. das NYAH,

    vorzunehmen (vgl. Neuberth et al., 2005).

  • 42

    Internationaler Vergleich

    Eine Untersuchung von Coulter & Magee (2005) in acht europäischen Ländern

    (Großbritannien, Deutschland, Polen, Italien, Schweiz, Schweden, Spanien,

    Slowenien) über die Bedürfnisse von Betroffenen und ihren Beratungsbedarf

    hat festgestellt, dass „die Bürger klar und deutlich verlangen, dass sie über

    das Thema Gesundheit, Krankheit, Behandlungsmöglichkeiten und

    Hilfsoptionen besser informiert werden“ um „aufgeklärt ihre Entscheidungen

    über Behandlungsoptionen treffen oder entscheiden können, welche

    Leistungserbringer im Gesundheitswesen sie konsultieren sollen“ (Coulter &

    Magee, 2005, S.50; zitiert in Hüper & Hellige, 2015, S8). Beratung in der

    Pflege wird somit zunehmend bedeutungsvoller und muss ein integrativer

    Bestandteil der Krankenpflege sein, der systematisch Teil der Pfleghandlung ist

    und auch nicht an anderen Berufsgruppen delegiert werden kann (vgl. Koch-

    Straube, 2001, S.175).

    Dazu bedarf es auch einer entsprechenden Spezialisierung und Qualifizierung

    der Pflegefachkräfte, die nicht dadurch erreicht werden kann, dass Kurse oder

    Weiterbildungen in Gesprächsführung oder Beratungstechniken gelehrt

    werden. Damit wäre Beratung nur als ein Anhängsel der Pflege degradiert und

    wäre weiterer ein Zuwachs von Anforderungen und Aufgaben, die zu einer

    unzumutbaren Mehrbelastung führen (vgl. Hüper & Hellige, 2015, S.8; Koch-

    Straube, 2001, S.181).

    Es hat sich im internationalen Vergleich gezeigt, dass im Bereich der Beratung

    und Schulung bei der Pflege von HI PatientInnen eine Weiterentwicklung

    stattgefunden hat, durch den Einsatz speziell geschulter Fachkräfte, die als

    ANP oder Heart Failure Nurse in interdisziplinären Teams zur Versorgung von

    chronisch Kranken mit Herzinsuffizienz einen wichtigen Beitrag leisten (vgl.

    Kolbe et al., 2009).

    In Amerika entwickelte sich die Rolle der speziell ausgebildeten Nurse

    Practitioner (NP) schon seit den 60iger Jahren des vergangenen Jahrhunderts.

    Anfangs wurde sie vor allem in ländlichen Bereichen zur Versorgung der

  • 43

    Bevölkerung eingesetzt. Mittlerweile sind sie nicht nur im Primärbereich tätig,

    sondern auch in speziellen Bereichen der Akutversorgung, wie z.B.

    Notfallambulanzen (Blue et al.,2005). Auch ist in Amerika die Versorgung der

    wachsenden Zahl an Erkrankten mit chronische HI eine große

    Herausforderung. Schon jetzt sind circa 6 Millionen Amerikaner betroffen und

    nach Schätzungen soll sich diese Zahl um 46% bis 2030 erhöhen (vgl.

    Heidenreich et al. 2013). Schon die American Nurses Association (ANA) hat im

    Aufgabenbereich der kardiovaskulären Pflege die Verantwortung der

    Pflegefachkraft zur evidenzbasierten Patientenschulung hervorgehoben (vgl.

    Rasmusson et al., 2015).

    Seit 2004 beschäftigt sich die American Association Of Heart Failure Nurse

    (AAHFN) mit der Ausbildung und der Zertifizierung von HF Nurses, der

    klinischen Praxis und der Forschung im Bereich der Herzinsuffizienz, um die

    Situation und Versorgung der Betroffenen zu verbessern. Das Ziel ist das

    Setzen von Maßstäben in der Pflege von Personen mit chronischer

    Herzinsuffizienz. In einer Mitgliederbefragung (2013) musste festgestellt

    werden, dass sich trotz aller Bemühungen, eine umfassende Patientenschulung

    in der Praxis leider noch nicht ganz durchgesetzt hat. 45% der Befragten

    gaben an, dass PatientInnen kaum oder nie 60 Minuten an Schulung erhielten.

    Barrieren waren neben Mangel an Zeit auch das Fehlen von geeignetem

    Schulungsmaterial, keine institutionelle Unterstützung, Probleme bei der

    Dokumentation. Es konnte aber festgestellt werden, dass speziell geschulte

    Pflegefachkräfte (Heart Failure Nurse) besser Ergebnisse erzielten (vgl.

    Rasmusson et al., 2013).

    Ein Beispiel für eine umfassende Implementation von Beratung in der

    Versorgung einer geschlossenen Gruppe an versicherten Personen, stellt das

    Beispiel von Kaiser Permanent einem US- Gesundheitsdienstleister dar. Die

    Versorgungsbereiche umfassen Prävention, Behandlung, Patientenschulung

    und Selbstmanagement und sollen ein Kontinuum in der Gesundheits- und

    Krankheitsversorgung darstellen. Diese Non-Profit Organisation Versichert und

    betreut 8,7 Mio Menschen (in 9 Staaten), beschäftigt 164.000 Personen,

  • 44

    davon 45.000 Pflegekräfte und zusätzlich 15.000 ÄrztInnen. Für eine

    lückenlose Betreuung stehen 35 medizinische Zentren und 454 Ärztehäuser,

    bei einem Jahresumsatz von $45,1 Mrd. zur Verfügung (vgl. Schlette, S.296,

    in Patientenberatung, 2012).

    Große Bedeutung kommt der stetigen Qualitätsverbesserung und

    Weiterentwicklung des bestehend