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Tragwerkslehre I Statik Ausgabe: Oktober 2017 Dipl.-Ing. E. Schuler Tragwerkslehre 1 1

47-seitige Tragwerkslehre im PDF-Format der Uni … · 1.2. Sicherheit Ein Tragwerk ist dann korrekt bemessen, wenn sowohl die innere als auch die äu-ßere Standsicherheit ausreichend

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Tragwerkslehre IStatik

Ausgabe: Oktober 2017

Dipl.-Ing. E. Schuler

Tragwerkslehre 1 �1

1.Einführung 2

1.1. Die Statik als Teilgebiet der Mechanik 2

1.2. Sicherheit 3

1.3. Modellbildung 4

1.4. Methoden der Statik 4

2. Kräfte 5

2.1. Definition 5

2.2. Arten von Kräften bzw. Lasten im Bauwesen 5

2.2.1 Die Lastabtragung 6

2.3. Lehrsätze über Kräfte 7

2.4. Das zentrale Kräftesystem 8

2.5. Das allgemeine ebene Kräftesystem 10

3. Schwerpunktsberechnungen 19

3.1. Schwerpunkt von Linienzügen 19

3.2. Schwerpunkt von Flächen 20

3.3. Schwerpunkt symmetrischer Flächen und Linienzüge 21

4. Ebene Stabwerke 22

4.1. Äußere Standsicherheit - Ermittlung der Auflagerreaktionen 22

4.2. Innere Standsicherheit - Ermittlung der inneren Kräfte (Schnittgrößen) 27

5. Besondere Tragwerke 32

5.1. Schräge Träger 32

5.2. Geknickte Träger 33

5.3. Gerberträger 34

5.4. Fachwerke 35

5.5. Dreigelenksrahmen und Dreigelenksbogen 43

Anhang: Rechenregeln

Tragwerkslehre 1 Seite �1

1.Einführung

1.1. Die Statik als Teilgebiet der Mechanik

Als Teilgebiet der Physik beschreibt die Mechanik den Kräfte- und Bewegungs-zustand materieller Körper. Dies umschließt stets auch den Ruhezustand, das Gleichgewicht, als Sonderfall einer Bewegung. Je nach dem Aggregatzustand der untersuchten Stoffe wird eine Mechanik der festen, flüssigen und gasförmi-gen Körper unterschieden.

In jedem dieser Gebiete beschäftigt sich die Kinematik mit der mathematischen Beschreibung von Bewegungs- und Verformungszuständen allein, also ohne Be-rücksichtigung der einwirkenden Kräfte, während die Dynamik die Bewegungs- und Verformungszustände als Folge der einwirkenden Kräfte beschreibt.Das eigentliche Arbeitsgebiet der Statik bildet die Ermittlung des Kräfte- und Ver-formungszustands ruhender, d.h. sich im Gleichgewicht befindlicher Körper. Sie dient im Bauingenieurwesen der Ermittlung der Beanspruchungen und Verformun-gen von Tragwerken als Grundlage zu deren nachfolgender Bemessung.

Mechanik

Mechanik fester Körper

Fluidmechanik 1.Aero- und Gas-dynamik

Kinematik Dynamik

Kinetik Statik

Bewegungs- und Verformungs-zustände ohne Berücksichtigung einwirkender Kräfte

Bewegungs- und Verformungs-zustände als Folge einwirkender Kräfte

Bewegungs- und Verformungs-zustände als Folge einwirkender Kräfte

Ruhezustände als zeitunabhän-gige Sonderfälle von Bewegung. Beispiel: Dachstuhl

zeithängige Kraft- und Verfor-mungszustände. Beispiel: Karus-sellAssoziation: kinetische Energie

Tragwerkslehre 1 Seite �2

Einordnung der Statik innerhalb der Mechanik

Statik als Sonderfall der Dynamik

Kinematik

Dynamik

Zweck der Statik

1.2. Sicherheit

Ein Tragwerk ist dann korrekt bemessen, wenn sowohl die innere als auch die äu-ßere Standsicherheit ausreichend gegeben ist.

Beispiel für äußere und innere Standsicherheit:

Beispiel für eine Bemessungsaufgabe:

Liefert die Beanspruchung eines Trag-werks (innere Kräfte)

Statik

Liefert die Verknüpfung zwischen Kräf-ten und Verformungen/Spannungen

Festigkeitslehreinnere

Standsicherheit

Bemessung in Stahl, Stahlbeton, HolzVersagen durch Bruch .....

Versagen durch Umstürzen, Gleiten, Aufschwimmen

äußere Standsicherheit

Träger auf zwei Stützen: Wahl des Profils/Querschnitts

Holzbalken Stahlprofil Stahlbeton-träger

Tragwerkslehre 1 Seite �3

Begriffe Sicherheit und Versagen

ausreichende Si-cherheit -> Normen

äußere und innere Standsicherheit

Stützmauer stürzt als Ganzes um --> äußere Standsicherheit nicht gegeben

Stützmauer bricht --> innere Standsi-cherheit nicht gegeben

1.3. Modellbildung

Bei einer statischen Berechnung wird ein Tragwerk idealisiert und in möglichst ein-fache Bestandteile (Tragelemente) zerlegt.

Tragelemente: 3D-Struktur Platte, Schale, Scheibe 2D (d <<lx, d<<ly)

Stabelemente 1D (b<<l, h<<l) gerade und gekrümmte

Tragwerke:

Man unterscheidet :

Stabwerke: das Tragwerk besteht nur aus StabelementenBerechnung durch sog. Stabstatik

Flächentragwerke: das Tragwerk besteht aus Flächentragelementen3D-Tragwerke: das Tragwerk kann nur als 3D-Kontinuum berechnet

werden (EDV-Einsatz)

Beispiele für Tragwerke:

1. für Stabwerke: Fachwerk, Rahmen, Trägerrost, Bogenträger2. für Flächentragwerke: Kuppel, Gewölbe, Behälter, Deckenplatte3. für 3D-Tragwerke: Schwergewichtsmauer, Maschinenfundament

� �Reichen für die Berechnung eines Tragwerks die Gleichgewichtsbedingungen aus, so spricht man von einem statisch bestimmten Tragwerk. Ist dies nicht der Fall, so müssen zur Berechnung des Tragwerks Verformungen herangezogen werden. Man spricht dann von einem statisch unbestimmten Tragwerk.

1.4. Methoden der Statik

In der Statik werden folgende Methoden eingesetzt:

1. Graphische Methoden (Krafteck, Seileck, Cremonaplan)

2. Rechnerische Methoden - für praktisch alle Problemtypen anwendbar

3. Experimentelle Methoden - wo keine Modellbildung möglich bzw. zur Überprüfung von Berechnungen und Theorien

Tragwerkslehre 1 Seite �4

Begriffe

Tragwerk -Tragelemente

Tragwerkstypen

statisch be-stimmte - sta-tisch unbestimm-te Tragwerke

2. Kräfte

2.1. Definition

Eine Kraft ist die Ursache einer Bewegungs- bzw. Formänderung von Körpern.Eine Kraft ist durch drei Bestimmungsstücke vollständig gegeben:

1. Betrag (Größe) der Kraft [N, kN etc.]2. Angriffspunkt3. Wirkungsrichtung

Die durch den Angriffspunkt und die Kraftrichtung bestimmte Gerade bezeichnet man als Wirkungslinie.

Graphische Darstellung:

�Kraftmaßstab: 1cm = 2 kN

Zahlenmäßige Darstellung in Komponentenschreibweise:

F = [Fx Fy] in E2bzw. F = [Fx Fy Fz] in E3

2.2. Arten von Kräften bzw. Lasten im Bauwesen

• Unterscheidung nach Belastungskategorie:1. ständige Lasten g,G Eigengewicht2. Verkehrslasten bzw. Nutzlasten p,P Wohnbau 2kN/m23. Gesamtlasten q,Q

• Unterscheidung nach der Lasteinwirkung:

Einzellast Linienlast Flächenlast

�Verteilte Lasten können gleichmäßig oder ungleichmäßig verteilt sein.

Betrag = 5 kN

Angriffspunkt (5,2)

Wirkungsrichtung

WirkungslinieX

Y Kraft F

F=20kN p=6.0 kN/m p=6.0 kN/m2

Tragwerkslehre 1 Seite �5

Definition einer Kraft

Bestim-mungsstücke einer Kraft

2.2.1 Die Lastabtragung(oder wie man auf Einzel-, Linien und Flächenlasten kommt)

Die Hierarchie der Tragwerkselemente wird durch die Flussrichtung der Lasten be-stimmt: im obigen Beispiel von der quartären Dachschalung über die tertiären Bal-ken auf die sekundären Pfetten, welche wiederum auf den primären Fachwerken liegen.

Zum Begriff der Lasteinzugsfläche: Die Lasteinzugsfläche eines Tragwerksele-ments ist jener Bereich eines Daches bzw. einer Decke, aus dem die Last in dieses Tragwerkselement fließt.

Dachlasten: Eigengewicht, Schneelast, Windlastalle gleichförmig verteilte Flächenlasten

Primär: Fachwerk

Sekundär: PfetteTertiär: Balken

quartär: Dachschalung

Dachhaut

Achsabstand FachwerkeAchsabstand Pfetten

Lasteinzugsflächeder Pfetten Lasteinzugsfläche

der Fachwerke

Tragwerkslehre 1 Seite �6

2.3. Lehrsätze über Kräfte

2.3.1. Trägheitsaxiom

Jeder Körper beharrt im Zustand der Ruhe (Gleichgewichtszustand) oder der gleichförmigen Bewegung, solange er nicht durch einwirkende Kräfte zu einer Än-derung seines Zustands gezwungen wird (1. Newtonsches Gesetz).

2.3.2. Äquivalenzaxiom

Zwei Kräfte heißen äquivalent (gleichwertig), wenn sie auf einen Körper die glei-cheWirkung ausüben. Zwei Kräfte gleichen Betrages, gleicher Richtung und gleicher Wirkungslinie, je-doch unterschiedlichen Angriffspunkts, üben auf einen starren Körper offensichtlich die gleiche Wirkung aus. Somit sind sie äquivalent, d.h., Kräfte dürfen längs ihrer Wirkungslinie verschoben werden. Beispiel: Schieben oder Ziehen eines Wagens - äquivalente Kräfte

2.3.3. Verschiebungsaxiom

Kräfte dürfen entlang ihrer Wirkungslinie beliebig verschoben werden (sie sind sog. linienflüchtige Vektoren).

2.3.4. Reaktionsaxiom

Wird von einem Körper A eine Kraft FAB auf einen zweiten Körper B ausgeübt, so übt der Körper B die gleiche Kraft auf den Körper A aus. Beide Kräfte besitzen die gleiche Wirkungslinie, sind gleich groß, jedoch entgegengesetzt gerichtet:

FAB = -FBA

(actio = reactio; 3. Newtonsches Gesetz).Beispiel: Die Hand zieht am Seil mit 0.2 kN, also zieht auch das Seil an der Hand mit 0.2 kN.

2.3.5. Parallelogrammaxiom

Die Wirkung zweier Kräfte mit gleichem Angriffspunkt ist ihrer vektoriellen Summe äquivalent.(siehe Zentralsystem)

2.3.6. Grundgesetz der Mechanik

F = m * a (2. Newtonsches Gesetz)

F1

F2

R12 (Resultierende von F1 und F2)

Tragwerkslehre 1 Seite �7

Bildung der Resultieren-den

Resultierende

Axiome

2.4. Das zentrale Kräftesystem

Ein zentrales Kräftesystem (Zentralsystem) liegt vor, wenn alle vorhandenen Kräfte einen gemeinsamen Angriffspunkt besitzen (Sonderfall des allgemeinen Kräftesys-tems). Auf Grund des Verschiebungsaxioms ist diese Bedingung erfüllt, wenn sich die Wirkungslinien der Kräfte schneiden, da die Kräfte dann in den Schnittpunkt der Wirkungslinien hineinverschoben werden können.

�2.4.1. Die Resultierende

Das Parallelogrammaxiom läßt die schrittweise Bildung einer Resultierenden der angreifenden Kräfte zu. (Demonstrieren!). Die Resultierende R hat die gleiche Wir-kung wie die angreifenden Kräfte F1, F2 und F3.

Vereinfacht lässt sich die Resultierende durch vektorielle Addition der Einzelkräfte bilden. Dies ist aus dem obigen Beispiel ersichtlich.

F1 F2

F3

F1 F2

F3

R12

R123

Tragwerkslehre 1 Seite �8

Definition Gleichge-wicht

Beispiel:

2.4.2. Gleichgewicht

Gleichgewicht liegt in einem Zentralsystem vor, wenn die Resultierende aller Kräfte gleich 0 ist.

In Komponentenschreibweise lautet die Gleichgewichtsbedingung daher:

∑ Fx = 0 ∑ Fy = 0

Beispiel: Dübelaufhängung für 4 Seile. Welche Kraft muss der Dübel aufnehmen, damit das System im Gleichgewicht ist? Graphisch und numerisch durchführen!

Ermittle die Resultierende der Kräfte G und E. Zusatzfrage: Ist das System im Gleichgewicht?

0.80

2.0

h=6.0m

E=108 kNγ=25

2.0

R

Tragwerkslehre 1 Seite �9

2.5. Das allgemeine ebene Kräftesystem

Ein allgemeines ebenes Kräftesystem liegt vor, wenn sich die Kräfte nicht einem Punkt oder gar nicht schneiden. Es tritt in diesem allgemeinen Fall eine Drehwir-kung auf, Drehmoment genannt.

2.5.1. Grundbegriffe

Satz: Unter dem Begriff Moment bzw. Drehmoment versteht man die Drehwirkung einer Kraft um einen bestimmten Punkt. Der Betrag eines Momentes ist das Pro-dukt von Kraftgröße mal Normalabstand zum Drehpunkt.

M = F x a

Ein Drehmoment kann auch als Vektor dargestellt werden, der normal zur Zei-chenebene wirkt. (Momentenvektor). Vorzeichenkonvention: Rechtsschraubenregel

F1

F2

F3

R123 = 0

Fa P

M

Fa

M

==P

F

P

Tragwerkslehre 1 Seite �10

Begriff Drehmoment

Das Kräftepaar

�Definition: Zwei Kräfte F im Abstand a, parallel, jedoch gegensinnig gerichtet.Eigenschaft: Das Moment eines Kräftepaares ist auf jeden Punkt der Ebene gleich groß.

2.5.2. Gleichgewicht im allgemeinen ebenen Kräftesystem

Gleichgewicht liegt in einem allgemeinen ebenen Kräftesystem vor, wenn die Re-sultierende aller Kräfte 0 ist und auch das Drehmoment M gleich 0 ist.

In Komponentenschreibweise lautet die Gleichgewichtsbedingung daher:

∑ Fx = 0 keine Translation ∑ Fy = 0

∑ M = 0 keine Rotation --> Ruhezustand

2.5.3. Die Resultierende im allgemeinen ebenen Kräftesystem

Die Resultierende muss definitionsgemäß den Einzelkräften äquivalent sein, und zwar sowohl was die Kraftwirkung an sich anbelangt als auch was die Drehwirkung anbelangt.Der Betrag und die Richtung der Resultierenden wird wie im Zentralsystem durch vektorielle Addition der Einzelkräfte ermittelt.

Die Ermittlung der Lage der Resultierenden erfolgt graphisch über die Bildung von Teilresultierenden oder die sogenannte Seileckskonstruktion und rechnerisch über den Momentensatz.

F

F

aP1

P2

P3

d1

M1 = F(d1+a) - F d1 = F aM2 = F(d2+a) - F d2 = F aM ≡ F x a

Tragwerkslehre 1 Seite �11

Definition Gleichge-wicht

Begriff Kräf-tepaar

2.5.3.1. Graphische Lösung

Graphische Lösung über Teilresultierende

�Anmerkung: Nur dann anwendbar, wenn sich die Kräfte auf der Zeichenebene schneiden!

0.8

1.7

3.0

1.5

4.5

E=95 kNϕ=10°

2.0

G1

R1E G1=140.625

E

G2

G2 = 112.5

R

KM: 1cm = 20 kNM 1:50

Tragwerkslehre 1 Seite �12

Die Seileckskonstruktion

Anmerkung: Auch anwendbar, wenn sich die Kräfte nicht auf der Zeichenebene oder überhaupt nicht schneiden.

Pol

0.8

1.7

3.0

1.5

4.5

E=95 kN ϕ=10°

2.0

G1

G1=140.625

E

G2

G2 = 112.5

R

KM: 1cm = 20 kNM 1:50

1

2

3

4

Tragwerkslehre 1 Seite �13

2.5.3.2. Rechnerische Lösung

Momentensatz: Die Summe der Drehmomente der Einzelkräfte um einen Dreh-punkt D ist gleich dem Drehmoment der Resultierenden um denselben Drehpunkt D.

Beispiel:

Beispiel: Berechne Größe und Lage der Resultierenden für obige Stützmauer mit Hilfe des Momentensatzes. Hinweis: Abstand der Wirkungslinie von G1 zur Hinter-seite der Stützmauer a1 = 0.652 m.

M = Fi∑ × ai = R × aR

⇒ aR =Fi∑ × aiR

F1F2

F3

R

aRD

F1 = 2.0 kNF2 = 4.0 kN

5.0

Lage von R = ?

Tragwerkslehre 1 Seite �14

Tabellarische Bestimmung der Größe und Lage der Resultierenden mit Hilfe des Momentensatzes

Vorzeichenvereinbarungen:

Beispiel:

Y

X

F+Fy

+Fxx

yDxDyD

MD = -Fx*(y-y D) + Fy*(x-x D)+

+ϕA

RF1 = 4 kN F2 = 2.828 F3 = 5 F4 = 2D = (1,0)

x1 = 3.0 x2 = 7.0 x3 = 9.0 x4 = 14.0

Y

X

F phi x y Fx Fy -Fx*(y-yD) Fy*(x-xD) xD yD

[kN] Grad [m] [m] kN kN kNm kNm

4.000 -90.000 3.000 0.000 0.000 -4.000 0.000 -8.000 1.000 0.000

2.828 -45.000 7.000 0.000 2.000 -2.000 0.000 -12.000

5.000 240.000 9.000 0.000 -2.500 -4.330 0.000 -34.641

2.000 90.000 14.000 0.000 0.000 2.000 0.000 26.000

4.438 0.000 -0.500 -8.330 0.000 -28.641

Rx = -0.500 kN

Ry = -8.330 kN

R = 8.345 kN

MD = -28.641 kNm

MD/Ry = 3.438 m

xR = 4.438 m

Tragwerkslehre 1 Seite �15

Beispiel 2:

D = (0,0):

D = (3,0):

0.8

1.7

3.0

1.5

4.5

E=95 kN ϕ=10°

2.0

G1 = 90

G3 = 112.5

Y

X

G3 = 50.625

D

F phi x y Fx Fy -Fx*(y-yD) Fy*(x-xD) xD yD

[kN] Grad [m] [m] kN kN kNm kNm m m

90.000 -90.000 2.600 3.750 0.000 -90.000 0.000 -234.000 0.000 0.000

112.500 -90.000 1.500 0.750 0.000 -112.500 0.000 -168.750

50.625 -90.000 1.900 3.000 0.000 -50.625 0.000 -96.188

95.000 -170.000 3.000 2.000 -93.557 -16.497 187.113 -49.490

1.340 0.000 -93.557 -269.622 187.113 -548.427

Rx = -93.557 kN

Ry = -269.622 kN

R = 285.392 kN

MD = -361.314 kNm

MD/Ry = 1.340 m

xR = 1.340 m

F phi x y Fx Fy -Fx*(y-yD) Fy*(x-xD) xD yD

[kN] Grad [m] [m] kN kN kNm kNm

90.000 -90.000 2.600 3.750 0.000 -90.000 0.000 36.000 3.000 0.000

112.500 -90.000 1.500 0.750 0.000 -112.500 0.000 168.750

50.625 -90.000 1.900 3.000 0.000 -50.625 0.000 55.688

95.000 -170.000 3.000 2.000 -93.557 -16.497 187.113 0.000

1.340 0.000 -93.557 -269.622 187.113 260.438

Rx = -93.557 kN

Ry = -269.622 kN

R = 285.392 kN

MD = 447.551 kNm

MD/Ry = -1.660 m

xR = 1.340 m

Tragwerkslehre 1 Seite �16

1.5

2.5.4 Besondere Eigenschaften von Kräften und Kräftepaaren

Satz: Kräftepaare dürfen in der Ebene beliebig verschoben und gedreht werden.

Satz: Kräftepaare sind äquivalent, wenn das von ihnen ausgeübte Drehmoment gleich groß ist.

Satz: Die Resultierende einer Kraft F und eines Kräftepaars ist eine in gleicher Richtung wirkende Kraft im Abstand a.

=F F

F

F

Y

X

F F

F F

=x1 x2

=F1 F1 F2 F2a1

a2 <=> F1 a1 = F2 a2

+F F

a=F =F F

a

F F

x-ax

Tragwerkslehre 1 Seite �17

Satz: Eine Kraft F läßt sich in der Ebene um den Abstand a quer zu seiner Wir-kungslinie verschieben, wenn ein Kräftepaar (F,a) hinzugezählt wird. Dies ist eine Umkehrung des letzten Satzes.

F

x

= F F

a

F

x= F

x+a

M = F*a

Tragwerkslehre 1 Seite �18

3. Schwerpunktsberechnungen

3.1. Schwerpunkt von Linienzügen

Der Schwerpunkt einer einzelnen Linie liegt in Linienmitte.

Der Schwerpunkt eines Linienzuges kann entweder graphisch mittels Seileck oder rechnerisch mit Hilfe des Momentensatzes ermittelt werden. In der Praxis werden sog. „dünnwandige Querschnitte“ als Linienzüge idealisiert. (C,U,Z Profile etc.)Das Gewicht Gi einer einzelnen Linie des Linienzugs ist dabei Gi = li*di. Wenn d bei allen Linien gleich ist, fällt es aus der Berechnung heraus.

�umgeformter Momentensatz:

xS = ∑Gi*xi/∑GyS = ∑Gi*yi/∑G

Y

X

P1

P2

S

x1 (x1+x2)/2 x2

y1

y2

(y1+y2)/2

1

23

4 5

6

1

2

3

45

X

Y

S

Tragwerkslehre 1 Seite �19

Tabellarische Berechnung

Übung 1: Ermittlung des Schwerpunkts des obigen Beispiels mittels Seileck!Übung 2: Wie Ü1, jedoch sei Linie 4 doppelt so dick wie die übrigen Linien.

3.2. Schwerpunkt von Flächen

Wird völlig analog zur Schwerpunktsermittlung bei Linienzügen durchgeführt.Die gesamte Fläche wird in geometrisch möglichst einfache Teilflächen (Rechtecke und Dreiecke, ev. Trapeze) unterteilt. Dann wird wiederum der Momentensatz oder die Seileckskonstruktion angewandt.

Pkt. xi yi Linie xsi ysi Gi (=Li) Gi*xsi Gi*ysi1 5.00 6.20 1 5.00 7.20 2.000 10.000 14.4002 5.00 8.20 2 3.40 8.20 3.200 10.880 26.2403 1.80 8.20 3 1.80 4.85 6.700 12.060 32.4954 1.80 1.50 4 3.95 1.50 4.300 16.985 6.4505 6.10 1.50 5 6.80 2.25 2.052 13.952 4.6176 7.50 3.00 18.252 63.877 84.202

xs = 3.500ys = 4.613

A1

A2

A3

A4

7.5

1.5

5.0

2.3

4.6

2.2

Y

X

(0,0)

Tragwerkslehre 1 Seite �20

Tabellarische Berechnung

3.3. Schwerpunkt symmetrischer Flächen und Linienzüge

Symmetrieachsen sind zugleich Schwerachsen sind, was sich natürlich sehr vor-teilhaft ausnützen läßt:

1. Bei einfachsymmetrischen Flächen ist eine der beiden Schwerachsen bekannt und nur eine solche muss ermittelt werden.

�2. Bei zwei- oder mehrfachsymmetrischen Flächen ist der Schwerpunkt von vorn-

herein bekannt, er liegt im Schnittpunkt zweier Symmetrieachsen.

� �3. Bei punktsymmetrischen Flächen ist der Schwerpunkt gleich dem Symmetrieur-

sprung.

Fläche xsi ysi Gi (=Ai) Gi*xsi Gi*ysi

1 5.95 8.05 11.25 66.94 90.56

2 3.40 4.80 12 40.80 57.60

3 1.47 4.47 7.15 10.49 31.94

4 2.30 1.15 10.58 24.33 12.17

40.980 142.558 192.266

xs = 3.479

ys = 4.692

Tragwerkslehre 1 Seite �21

Symmetrie

4. Ebene StabwerkeBei der Berechnung von Stabwerken wie auch von Tragwerken im allgemeinen ist nachzuweisen, dass

1. die äußere Standsicherheit gegeben ist2. die innere Standsicherheit gegeben ist.

4.1. Äußere Standsicherheit - Ermittlung der Auflagerreaktionen

Die äußere Standsicherheit eines Tragwerks ist gegeben, wenn kein Versagen durch Umkippen, Gleiten etc. auftritt, oder präziser: wenn das Tragwerk unter der Einwirkung der äußeren Kräfte keine Bewegung (Translation, Rotation) erleidet. Voraussetzung für die äußere Standsicherheit ist daher der Ruhezustand des Tragwerks.

Ein Tragwerk ist dann in Ruhe, wenn alle äußeren Kräfte miteinander im Gleichge-wicht sind.

In der Ebene ist das der Fall, wenn gilt

∑ Fx = 0 keine Translation ∑ Fy = 0 } Ruhezustand

∑ M = 0 keine Rotation siehe 2.5.2

In E3 müssen statt drei gleich sechs Gleichgewichtsbedingungen erfüllt sein:

∑ Fx = 0 ∑ Fy = 0 keine Translation

∑ Fz = 0∑ Mx = 0∑ My = 0 keine Rotation∑ Mz = 0

Zu den äußeren Kräften gehören:

1. die Lasten (Eigenlasten, Verkehrslasten) oder Aktionskräfte2. die Auflagerkräfte = Reaktionkräfte

F (äußere Kräfte)

A1 A2 (Auflagerreaktionen

Tragwerk

Tragwerkslehre 1 Seite �22

Aktions- und Reaktionskräfte

Mit anderen Worten:

Gleichgewicht liegt vor, wenn die Aktionskräfte (Lasten) sich mit den Auflagerreak-tionskräften aufheben.

Die Auflager müssen daher so ausgelegt werden, dass ein Tragwerk keine Bewe-gungsmöglichkeiten mehr hat.

Der Nachweis der äußeren Standsicherheit bedeutet, dass die vorhandenen Aufla-gerreaktionen den maximal möglichen gegenüber gestellt werden. Liegt ein genü-gend großer Sicherheitsabstand vor, so ist die äußere Standsicherheit gegeben.

Die erste Aufgabe innerhalb der statischen Berechnung eines Tragwerks ist daher die Ermittlung der Auflagerreaktionen. Diese kann graphisch und rechnerisch erfol-gen.

4.1.1. Arten von Auflagern

a) Einwertige Lager: Können nur Kräfte in einer Richtung aufnehmen.

Symbole:

�Beispiele: Rollenlager, Gleitlager, Pendelstab

b) Zweiwertige Lager: Können Kräfte in beiden Richtungen X und Y, jedoch keine Drehmomente aufnehmen. Sog. feste Lager.

Symbol:

c) Dreiwertige Lager: Können Kräfte in beiden Richtungen X und Y und auch Drehmomente aufnehmen. Sog. Einspannung.

Symbol:

Tragwerkslehre 1 Seite �23

4.1.2. Rechnerische Ermittlung der Auflagerreaktionen

Für die Ermittlung der Auflagerreaktionen werden die drei Gleichgewichtsgleichun-gen (siehe oben) herangezogen.

Beispiel 1:

∑Fx = 0: Ax + Bx + F1x + F2x = 0 => Ax = Bx = 0∑Fy = 0: Ay + By + F1y + F2y = 0 => Ay + By = - F1y - F2y∑MA= 0: By*L + F1y*x1 + F2y*x2 = 0 => By = (-F1y*x1 - F2y*x2 )/L

Achtung: Kraftkomponenten mit dem Vorzeichen einsetzen!

Beispiel 2:

Beispiel 3:

�Beispiel 4:

A

F1 F2

L x2x1 B

F1 = 20 kNF2 = 30 kNL = 6 mx1 = 2 m

A

F1 F2

L1 x2x1 B

F1 = 20 kNF2 = 30 kNL1 = 6.0 mL2 = 2.5 mx1 = 2.0 mL2

45˚

A

F1

Lx1 B

F1 = 20 kNL = 6 mx1 = 2 m

45˚

F1 = 35 kN

F2 = 35 kN

(2.0/0)

(6.0/2.0) (10.0/2.0)

(4.0/0)

Tragwerkslehre 1 Seite �24

4.1.3. Graphische Ermittlung der Auflagerreaktionen

Gleichgewicht liegt vor, wenn die Aktionskräfte (Lasten) sich mit den Auflagerreak-tionskräften aufheben. Siehe oben.Dies bedeutet, dass die Resultierende der Lasten gleich groß sein und die gleiche Wirkungslinie haben, jedoch entgegengerichtet sein muss.

Beispiel 1:

Beispiel 2:

AF1 F2

L x2x1B

F1 = 20 kNF2 = 30 kNL = 6 mx1 = 2 m

1

2

3B

A

S

AF1 F2

L x2x1B

F1 = 20 kNF2 = 30 kNL = 6 mx1 = 2 m

1

2

3B

AS

Tragwerkslehre 1 Seite �25

Beispiel 3:

Tragwerkslehre 1 Seite �26

4.2. Innere Standsicherheit - Ermittlung der inneren Kräfte (Schnittgrößen)

Die innere Standsicherheit eines Tragwerks ist gegeben, wenn kein Versagen durch Fließen oder Bruch auftreten kann, mit anderen Worten, wenn die im Inneren eines Tragwerks wirkenden Kräfte einen genügend großen Sicherheitsabstand zu den gerade noch ertragbaren Grenzkräften aufweisen.Die inneren Kräfte werden auch Schnittkräfte bzw. Schnittgrößen genannt.

4.2.1. Arten von Schnittgrößen

Im Fall ebener Systeme gibt es drei Arten von Schnittgrößen:

1. NormalkräfteSo benannt, weil sie normal zur Schnittfläche wirken.

Symbol: NVorzeichendefinition: Zug positiv

2. QuerkräfteSo benannt, weil sie quer zur Stabachse wirken.

�Symbol: V (Q)Vorzeichendefinition: rechtes Schnittufer nach unten positiv

N = F

F FSchnittfläche

F

V = F

Schnittfläche

Tragwerkslehre 1 Seite �27

3. BiegemomenteBewirken eine Verbiegung der Stabachse.

Symbol: MVorzeichendefinition: Bezugsfaser gezogen - positivdie Bezugsfaser wird i.a. an der Stabunterseite angenom-men. Alternative Definition: Momentenvektor am rechten Schnittufer in die positive z-Richtung wirkend = positiv

4.2.2. Vorzeichen der Schnittgrößen am herausgeschnittenen Element

�Achtung: Diese Vorzeichendefinition hat nichts mit der Vor-zeichendefinition für die Auflagerkräfte zu tun! Die inneren Kräfte sind auf die beliebig liegende Stabachse (sog. lokales Koordinatensystem) bezogen, die Auflagerkräfte auf ein glo-bales Koordinatensystem.

F

M = Fxa

Schnittfläche

a

Tragwerkslehre 1 Seite �28

Sätze zur Schnittgrröße-nermittlung

4.2.3. Rechnerische Ermittlung der Schnittgrößen

Satz: Wenn das gesamte System im Gleichgewicht ist, so befindet sich auch jedes beliebige Teilsystem des Tragwerks im Gleichgewicht.

Satz: An der Schnittstelle werden die inneren Kräfte zu äußeren Kräften.

Aufgabe der statischen Berechnung ist es, an jeder Stelle des Tragwerks die inne-ren Kräfte (Schnittgrößen) zu ermitteln. Diese werden dann in einem Diagramm aufgetragen.Auf der Grundlage der beiden obigen Sätze wird an einer Stelle x ein Schnitt ge-führt, wodurch zwei Teilsysteme entstehen, die für sich im Gleichgewicht sein müs-sen. Man betrachtet nun eines dieser Teilsysteme und errechnet sich jene äußeren Kräfte an der Schnittstelle, die für das Gleichgewicht dieses Teilsystems erforder-lich sind.

Beispiel 1:

Beispiel 2:

Beispiel 3:

V=F(-)

FM=F*x

+x x

Teilsystem muss im Gleichgewicht sein!d.h. ∑Fx = 0∑Fz = 0∑M = 0

V(-)

[V](-)

M=F*l

[M] (-)

- l -

H

N=H N

[N] (+)

Tragwerkslehre 1 Seite �29

4.2.4. Eigenschaften der Querkraft- und Momentenbilder

1. Belastung durch Einzellasten:• Querkraftbild: Zwischen den Kräften ist die Querkraft konstant, am Angriffs-

punkt der Kräfte weist die Querkraft einen Sprung in der Größe der Kraft auf.

• Momentenbild: Zwischen den Kräften verläuft die Momentenlinie linear, un-ter den Kräften weist die Momentenlinie einen Knick auf.

2. Belastung durch Gleichlasten:• Querkraftbild: Unter einer Gleichlast verläuft die Querkraftlinie linear.• Momentenbild: Unter einer Gleichlast hat die Momentenlinie die Form einer

quadratischen Parabel.

Weitere wichtige Sätze:

1. Wo die Querkraft Null ist, nimmt das Biegemoment ein Extremum an.

2. Das Moment an einer beliebigen Stelle x entspricht dem Flächeninhalt des Querkraftbildes bis zu dieser Stelle.

3. Die Schnittgrößen aus zwei oder mehreren einzelnen Lastzuständen dürfen ad-diert werden, um die resultierenden Schnittgrößen für die Gesamtlast zu erhalten. (sog. Überlagerungsgesetz/Superpositionsgesetz)

Beispiel zum Überlagerungsgesetz:

F1 F

F1

F

=

+

=

+

[M1]

[M2]

[M]=[M1]+[M2]

(-)

(+)

(-)(+)

Tragwerkslehre 1 Seite �30

Mit Hilfe des Überlagerungssatzes zu lösendes Beispiel:

Fq

Tragwerkslehre 1 Seite �31

5. Besondere Tragwerke

5.1. Schräge Träger

Beispiel 1:

Beispiel 2:

3.0

4.0

g=2.0kN/m

A

B

3

4.0

w=2.0kN/m

A

B

Tragwerkslehre 1 Seite �32

5.2. Geknickte Träger

Beispiel 1:

�Beispiel 2:

�Beispiel 3:

q

M

Tragwerkslehre 1 Seite �33

Begriff statisch unbestimmt

5.3. Gerberträger

In der Praxis sind häufig mehrere Felder mit einem Träger zu überspannen. Man spricht dann von einem sog. Mehrfeldträger.Zur Ausbildung eines Mehrfeldträgers gibt es grundsätzlich folgende Möglichkeiten:

1. Kette von Einzelträgern

2. Gelenk- oder Gerberträger

3. Durchlaufträger

Um einen statisch unbestimmten Durchlaufträger in ein statisch bestimmtes Sys-tem umzuwandeln, sind soviele Gelenke anzuordnen, wie es Innenstützen gibt.In einem Gelenk gilt: M=0 (sog. Momentengelenk).Dadurch werden zusätzliche Gleichungen erhalten, die das system mit Hilfe der Gleichgewichtsgleichungen wieder lösbar machen. Werden die Gelenke über den Auflagern angeordnet, so spricht man von einer Trägerkette.Ordnet man die Gelenke hingegen in den Feldern an, so bezeichnet man das Tragwerk als Gerberträger.

Bei einem Gerberträger müssen die Gelenke sinnvoll angeordnet werden, d.h.:

1. In den Endfeldern darf jeweils nur ein Gelenk sein.

2. Mittelfelder dürfen zwei Gelenke haben. In diesem Fall dürfen die Nach-barfelder jedoch kein Gelenk besitzen.

3. Nur ein Auflager ist fest. Alle anderen Lager sind Gleitlager. Damit ist die eindeutige Ableitung der Horizontalkräfte gewährleistet.

Ungünstige Anordnung: Koppelträger

statisch be-stimmt

statisch be-stimmt

statisch un-bestimmt

Tragwerkslehre 1 Seite �34

ideale Fach-werke - Vorausset-zungen

5.4. Fachwerke

5.4.1. Grundlagen

Fachwerke bestehen aus zug- und druckfesten Stäben, die in Knotenpunkten mit-einander verbunden sind. Liegen Stabachsen, Knotenpunkte und Lasten in einer Ebene, so sprechen wir von ebenen Fachwerken, im anderen Fall von räumlichen Fachwerken.Zur Berechnung der Schnitt- und Auflagergrößen werden folgende, durch Karl Culmann 1851 eingeführte Voraussetzungen getroffen:

1. alle Stabachsen seien gerade;2. alle Stäbe seien in den Knotenpunkten zentrisch und3. durch reibungsfreie Gelenke miteinander verbunden;4. es treten nur Knotenlasten auf, die Stäbe selbst seien unbelastet.

Fachwerke, die diese Voraussetzungen erfüllen, heißen ideale Fachwerke.Als Folge dieser Idealisierungen bleiben die Knotenpunkte und somit die Stäbe biegemomentenfrei. Als einzige Schnittgröße treten somit Normalkräfte (sog. Stab-kräfte ) auf.

Wirkliche Fachwerke entsprechen den getroffenen Idealisierungen jedoch nur un-vollständig. Siehe Bild unten.

Tragwerkslehre 1 Seite �35

Abzählkriteri-um ebene - räumliche Fachwerke

Für die Unterscheidung von statisch bestimmten und statisch unbestimmten Fach-werken gibt es das sog. Abzählkriterium:

n = a + p - 2k (ebene Fachwerke)

bzw.

n = a + p - 3k (räumliche Fachwerke)

Die einzelnen Parameter bedeuten dabei:

a ... Anzahl der Auflagerreaktionenp ... Anzahl der Stäbek ... Anzahl der Knotenpunkte

Es gilt:n > 0 ... statisch unbestimmtes Fachwerkn = 0 ... statisch bestimmtes Fachwerkn < 0 ... statisch unterbestimmtes Fachwerk (= kinematisch verschieblich)

5.4.2. Fachwerksarten

Man unterscheidet grundsätzlich• einfache• komplexe oder nicht-einfache

Fachwerke (Fachwerkscheiben). Siehe Bild unten.

Definition für einfache Fachwerkscheiben:

Eine einfache Fachwerkscheibe entsteht aus einem Stabdreieck, wenn jeder neue Knoten durch 2 neue, nicht auf einer Geraden liegende Stäbe angeschlossen wird.Einfache Fachwerkscheiben sind statisch bestimmt.

Tragwerkslehre 1 Seite �36

Ausfachungsarten von Fachwerken:

Tragwerkslehre 1 Seite �37

Konstruktionsformen von Fachwerken:

Tragwerkslehre 1 Seite �38

5.4.3. Rechnerische Ermittlung der Stabkräfte statisch bestimmter Fachwerke

Bei der rechnerischen Bestimmung der Stabkräfte stehen zwei Verfahren zur Ver-fügung:

1. Ansatz der Knotengleichgewichtsbedingungen für jeden KnotenHierbei wird ein Rundschnitt um jeden einzelnen Knoten geführt. Jeder Knoten stellt ein Zentralsystem dar. Die Stabkräfte können somit unter Ansatz der Gleichgewichtsbedingungen ∑Fx = 0 und ∑Fy=0 errechnet. werden. Die Methode ist stets anwendbar, hat aber den Nachteil, dass alle vor einem bestimmten Stab liegenden Stäbe gleich mitberechnet werden müssen.

2. Ansatz des Gleichgewichts an einem beliebigen Teilsystem (Ritter)Das System wird so aufgetrennt, dass drei Stäbe geschnitten werden, die sich nicht alle in einem Punkt treffen. Durch Ansatz der Gleichge-wichtsbedingungen lassen sich die Kräfte der geschnittenen Stäbe er-rechnen. Die Methode ist nur in Kombination mit dem Ringschnitt an-wendbar, hat aber den Vorteil, gezielt Stabkräfte zu liefern.

Beispiel für die Stabkraftsermittlung mittels Knotengleichgewichtsbedingungen:

Beispiel für die Ermittlung der Stabkräfte am Teilsystem:

FF F BA

F F F F F F/2F/2

BA

Tragwerkslehre 1 Seite �39

5.4.4. Graphische Ermittlung der Stabkräfte statisch bestimmter Fachwerke (Cremonaplan)

Beim Cremonaplan wird der Reihe nach für jeden Knoten ein Krafteck gezeichnet. Jede Stabkraft scheint dabei in zwei Kraftecken auf, da er an zwei Knoten ange-schlossen ist. Die einzelnen Kraftecke für die Knoten des Fachwerks können durch geschickte Vorgangsweise so ineinander geschoben werden, dass ein Kraftplan entsteht, in dem jeder Stab nur einmal vorkommt.

Das Verfahren ist das graphische Äquivalent des Rundschnittverfahrens.

Vorgangsweise:

1. Man beginnt wie beim Rundschnittverfahren bei einem Knoten mit max. 2 unbe-kannten Stabkräften. Die unbekannten Stabkräfte werden unter Zuhilfenahme des Parallelogrammaxioms ermittelt.

2. Bei jedem Knoten sind die Kräfte (Stabkräfte und äußere Kräfte) in einem be-stimmten Umfahrungssinn aufzutragen. Dieser Umfahrungssinn ist über das ganze Fachwerk beizubehalten. Man beginnt mit der letzten bekannten Kraft gegen den Umfahrungssinn.

3. Die Wirkungsrichtung bzw. das Vorzeichen der Stabkräfte kann direkt aus dem Cremonaplan entnommen werden.

Tragwerkslehre 1 Seite �40

Beispiel 2 für Cremonaplan: 1. Beispiel für den Rundschnitt (siehe oben)

F=8kN

F=8kN F=8kN

12kN 12kN

A

1 2 3 4

5

67

89 10

11

1213

5

1

F

610

7F 11

3

12

F

8B

Cremonaplan KM: 1cm = 2.5 kN

Tragwerkslehre 1 Seite �41

5.4.5. Besonderheiten parallelgurtiger Fachwerke

Parallelgurtige Fachwerke können mittels eines Ersatzträgers besonders leicht be-rechnet werden.

Beispiel:

Diagonalen: D = V/sinϕ (+ fallende/ - für steigende Diagonalen)Pfosten: P = VGurte: N = M/h

F F F F F F/2F/2

BA

[V]

[M]

Tragwerkslehre 1 Seite �42

5.5. Dreigelenksrahmen und Dreigelenksbogen

Beispiele:

Dreigelenksbogen und Dreigelenksrahmen besitzen zwei feste Auflager und somit vier unbekannte Auflagerreaktionen. Diesen vier Unbekannten stehen drei Gleich-gewichtsgleichungen (∑Fx=0,∑Fy=0,∑M=0) sowie eine zusätzliche Gleichung für das Gelenk (∑M=0) gegenüber. Damit sind diese Systeme statisch bestimmt.

Beispiel:

Dreigelenksbogen Dreigelenksrahmen

Sparrendach

F

Tragwerkslehre 1 Seite �43

Begriffe: Stützlinie, Kern

Beispiel Dreigelenksbogen:

�Gl1: ∑Fx=0:Ax + Bx = 0

Gl2: ∑Fy=0:Ay+By-40 = 0

Gl3: ∑Mb=0:Ay*8.5355 - Ax*3.5355 - 10*(4.535+5.535+6.535+7.535) = 0

Gl4: ∑Mg=0:Ay*5-Ax*5-10*(4+3+2+1) = 0Ax = Ay-2*(4+3+2+1) = Ay-20

-> Gl3: Ay*8.535-3.535*(Ay-20) - 241.421 = 0Ay*(8.535-3.535) + 20*3.535 - 241.421 = 0

Ay = 1/5*(241.421-20*3.535) = 34.142 kNAx = Ay - 20 = 14.142 kNBx = -Ax = -14.142 kNBy = 40 - Ay = 40 - 34.142 = 5.858 kN Probe: ∑Mg=0 mit Bx und By!

Berechnung der Normalkraft und der Querkraft:

Q(ϕ) = Sy sin(ϕ) − Sx cos(ϕ)N(ϕ) = −Sy cos(ϕ) − Sx sin(ϕ)

Ax

101010

10

R=5

α=45°

Ay

By

Bxx=2

x=3x=4

x=1

x=0

x=y=3.5355

Ay

ByBx

Ax

F1

F2

F3

F4

R1

R2

R3

R4

R5

Stützlinie

ϕ

SxSy

Tragwerkslehre 1 Seite �44

Tabellarische Schnittgrößenbestimmung:

S x S y p h i Q(ph i) N(ph i ) M(ph i )14,142 34,142 0,000 -14,142 -34,14214,142 34,142 10,000 -7,998 -36,07914,142 34,142 20,000 -1,612 -36,92014,142 34,142 30,000 4,824 -36,63914,142 34,142 36,800 9,128 -35,81014,142 24,142 36,800 3,138 -27,80314,142 24,142 53,130 10,828 -25,79914,142 14,142 53,130 2,828 -19,79914,142 14,142 66,420 7,304 -18,61814,142 4,142 66,420 -1,861 -14,61814,142 4,142 78,460 1,229 -14,68514,142 -5,858 78,460 -8,569 -12,68414,142 -5,858 90,000 -5,858 -14,14214,142 -5,858 105,000 -1,998 -15,17614,142 -5,858 120,000 1,998 -15,17614,142 -5,858 135,000 5,858 -14,142

Tragwerkslehre 1 Seite �45

Anhang: RechenregelnAngeschrieben werden Rechenergebnisse auf min. 3 und max. 4 signifikante Stellen. Beispiele:

Genaues Ergebnis 34567,8 -> angeschrieben wird 34600

Genauer Wert: 0,012345 -> angeschrieben wird 0,0123

Wichtig: Signifikante Stellen nicht verwechseln mit Dezimalstellen!

Ob man 3 oder 4 signifikante Stellen wählt, ist Geschmacksache, bereits bei drei Stellen ist eine Genauigkeit von 1 Promille gegeben, was angesichts der Unge-nauigkeit der Eingangsgrößen mehr als genug ist.

Gerechnet wird stets mit voller Genauigkeit. D.h., dass Zwischenergebnisse im Taschenrechner gespeichert werden müssen, damit die Genauigkeit nicht verlo-rengeht.Für den unwahrscheinlichen Fall, dass man Zwischenergebnisse aufschreibt und dann wieder eintippen muss, empfehle ich die Mitnahme von min. 5 signifi-kanten Stellen, damit letztlich eine Genauigkeit von drei bis vier signifikanten Stellen im Ergebnis erhalten bleibt.

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