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Bayerischer Landtag 14. Wahlperiode Plenarprotokoll 14/74 25. 10. 2001 74. Sitzung am Donnerstag, dem 25. Oktober 2001, 8.30 Uhr, in München Geschäftliches ................... 5269 Geburtstagswünsche für Staatsminister Hans Zehetmair und die Abgeordneten Karin Prangho- fer und Sebastian Kuchenbaur ......... 5269 Mündliche Anfragen gemäß § 73 Abs. 1 GeschO 1. Maßnahmen gegen Personalmangel am Bamberger Landgericht Odenbach (SPD) ............ 5269, 5270 Staatsminister Dr. Weiß ........ 5269, 5270 2. Auftragsvergabe zur Durchführung des Pro- jekts bajTECH 2000 an externe Dienstleister Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) ............. 5270, 5271 Staatsminister Dr. Weiß ........ 5270, 5271 3. Förderung der niederbayerischen Grenzland- kreise Freyung-Grafenau, Passau und Regen im Rahmen eines Sonderprogramms ab 2002 Brandl (SPD) .............. 5271, 5272 Staatssekretär Spitzner ........ 5271, 5272 4. Behindertengerechter Ausbau der S-Bahn- höfe im Großraum Nürnberg Frau Naaß (SPD) ............... 5272 Staatssekretär Spitzner ............ 5273 5. Instandsetzung der Burgruine Hohenburg Donhauser (CSU) ........... 5273, 5274 Staatsminister Zehetmair ........... 5274 6. Betriebsausgaben der vom Freistaat Bayern bezuschussten nichtstaatlichen Theater und Folgerungen für zukünftigen Zuschuss Welnhofer (CSU) ............... 5273 Staatsminister Zehetmair ........... 5274 7. Dritte Vorbereitungsklasse für jugendliche Spätaussiedler in Ruhstorf an der Rott Frau Narnhammer (SPD) ........... 5275 Frau Staatsministerin Stewens ........ 5275 8. Kindernotrufe in Bayern Frau Gote (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) ............. 5275, 5276 Frau Staatsministerin Stewens .... 5275, 5276 Mündliche Anfragen gemäß § 73 Abs. 2 Satz 2 GeschO (Anlage 1) 9. Elternwille beim Übertritt von der 6. Klasse Hauptschule an die Realschule Möstl (SPD) .................. 5349 10. Stellenzusage für Bewerber für den Schul- dienst im Schuljahr 2001/2002 und Einstel- lung von Bewerbern Frau Narnhammer (SPD) ........... 5349 11. Besetzung von Planstellen durch zum Schul- jahr 2001/2002 eingestellte Lehrkräfte Hufe (SPD) .................. 5350 12. Einstellungszuwächse bei Lehrkräften für die Jahre 1998, 1999, 2000 und 2001 Frau Goertz (SPD) .............. 5350 13. Probleme bei der Besetzung frei gewordener Stellen oder der mobilen Reserve in den ein- zelnen Regierungsbezirken Bayerns Pfaffmann (SPD) ............... 5351 14. Verteilung der von der Staatsregierung ange- kündigten zusätzlichen Lehrerstellen bis zu 2003/2004 auf Schularten und -jahre Frau Hirschmann (SPD) ........... 5351

74. Sitzung - Bayerischer Landtag · 5266 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 15. Anzahl der Vollzeit-, Zweidrittel- oder Teilzeit-verträge

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Page 1: 74. Sitzung - Bayerischer Landtag · 5266 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 15. Anzahl der Vollzeit-, Zweidrittel- oder Teilzeit-verträge

Bayerischer Landtag14.Wahlperiode Plenarprotokoll14/74

25.10.2001

74. Sitzungam Donnerstag, dem 25. Oktober 2001, 8.30 Uhr,

in München

Geschäftliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5269

Geburtstagswünsche für Staatsminister HansZehetmair und die Abgeordneten Karin Prangho-fer und Sebastian Kuchenbaur . . . . . . . . . 5269

Mündliche Anfragen gemäß § 73 Abs. 1 GeschO

1. Maßnahmen gegen Personalmangel amBamberger Landgericht

Odenbach (SPD) . . . . . . . . . . . . 5269, 5270Staatsminister Dr. Weiß . . . . . . . . 5269, 5270

2. Auftragsvergabe zur Durchführung des Pro-jekts bajTECH 2000 an externe Dienstleister

Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . 5270, 5271Staatsminister Dr. Weiß . . . . . . . . 5270, 5271

3. Förderung der niederbayerischen Grenzland-kreise Freyung-Grafenau, Passau und Regenim Rahmen eines Sonderprogramms ab 2002

Brandl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 5271, 5272Staatssekretär Spitzner . . . . . . . . 5271, 5272

4. Behindertengerechter Ausbau der S-Bahn-höfe im Großraum Nürnberg

Frau Naaß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 5272Staatssekretär Spitzner . . . . . . . . . . . . 5273

5. Instandsetzung der Burgruine Hohenburg

Donhauser (CSU) . . . . . . . . . . . 5273, 5274Staatsminister Zehetmair . . . . . . . . . . . 5274

6. Betriebsausgaben der vom Freistaat Bayernbezuschussten nichtstaatlichen Theater undFolgerungen für zukünftigen Zuschuss

Welnhofer (CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 5273Staatsminister Zehetmair . . . . . . . . . . . 5274

7. Dritte Vorbereitungsklasse für jugendlicheSpätaussiedler in Ruhstorf an der Rott

Frau Narnhammer (SPD) . . . . . . . . . . . 5275Frau Staatsministerin Stewens . . . . . . . . 5275

8. Kindernotrufe in Bayern

Frau Gote (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . 5275, 5276Frau Staatsministerin Stewens . . . . 5275, 5276

Mündliche Anfragen gemäß § 73 Abs. 2 Satz 2GeschO (Anlage 1)

9. Elternwille beim Übertritt von der 6. KlasseHauptschule an die Realschule

Möstl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5349

10. Stellenzusage für Bewerber für den Schul-dienst im Schuljahr 2001/2002 und Einstel-lung von Bewerbern

Frau Narnhammer (SPD) . . . . . . . . . . . 5349

11. Besetzung von Planstellen durch zum Schul-jahr 2001/2002 eingestellte Lehrkräfte

Hufe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5350

12. Einstellungszuwächse bei Lehrkräften für dieJahre 1998, 1999, 2000 und 2001

Frau Goertz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 5350

13. Probleme bei der Besetzung frei gewordenerStellen oder der mobilen Reserve in den ein-zelnen Regierungsbezirken Bayerns

Pfaffmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 5351

14. Verteilung der von der Staatsregierung ange-kündigten zusätzlichen Lehrerstellen bis zu2003/2004 auf Schularten und -jahre

Frau Hirschmann (SPD) . . . . . . . . . . . 5351

Page 2: 74. Sitzung - Bayerischer Landtag · 5266 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 15. Anzahl der Vollzeit-, Zweidrittel- oder Teilzeit-verträge

5266 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001

15. Anzahl der Vollzeit-, Zweidrittel- oder Teilzeit-verträge für die angekündigten 4100 zusätzli-chen Lehrerplanstellen

Frau Berg (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 5351

16. Anzahl der frei werdenden Lehrerplanstellenje Schulart bis 2004

Dr. Hahnzog (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 5351

17. Anzahl der Klassen im laufenden Schuljahrmit mehr als 30 Schülern

Werner Schieder (SPD) . . . . . . . . . . . . 5351

18. PCB-Belastungen in der Gesamtschule inHollfeld

Frau Biedefeld (SPD) . . . . . . . . . . . . . 5352

19. Möglichkeit der Anfragen an das Kultusmini-sterium über das Internet für Lehrkräfte

Irlinger (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 5352

20. Reiterhof im Landschaftsschutzgebiet als pri-vilegiertes Bauwerk

Frau Scharfenberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . 5352

21. Maßnahmen der Staatsregierung zur Reali-sierung des sechsspurigen Ausbaus der A 3zwischen Aschaffenburg und Erlangen

Boutter (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 5352

22. Verkehrserschließung des neuen Stadions inder Fröttmaninger Heide

Prof. Dr. Gantzer (SPD) . . . . . . . . . . . . 5353

23. Einhaltung der bankaufsichtsrechtlichen Be-stimmungen des § 13 a KWG bei der Vergabevon Großkrediten durch die Bayerische Lan-desbank an die Kirch-Gruppe

Frau Kellner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . 5353

24. Beurteilung des Weißbuchs der Kommission„Europäisches Regieren“ durch die Staatsre-gierung

Dr. Heinz Köhler (SPD) . . . . . . . . . . . . 5354

25. Finanzielle Unterstützung einer MBO-Über-nahme des Fertigungswerkes der LucentTechnologies in Nürnberg durch die LfA

Dr. Scholz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 5354

26. Kennzeichnung für aus Drittländern impor-tierte Kälber vor dem 01.07.1998

Sprinkart (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . 5354

27. Senkung der überhöhten Trichinenschau-gebühren

Schläger (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 5354

28. Verseuchtes Erdreich aus Segnitz (LandkreisKitzingen)

Frau Radermacher (SPD) . . . . . . . . . . 5355

29. Verbleib von Bauschutt aus dem Abriss deskerntechnischen Forschungszentrums vonSiemens/KWU in Karlstein-Großwelzheim

Frau Münzel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . 5355

30. Personalstand des technischen Personals inden Jahren 1990, 1995 und 2000 in den Kern-kraftwerken Isar 1, Isar 2, Gundremmingen Bund C sowie Grafenrheinfeld

Wörner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 5355

31. Anonyme Meldungen betreffend Missständein bayerischen Kernkraftwerken seit 1998

Gartzke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 5356

32. Einzugsbereich für die Zulassung von Einzel-handelsprojekten für die Städte Fürth undStein

Dr. Jung (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 5357

Aktuelle Stunde gemäß § 75 GeschO auf Antragder Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

„Die Situation der ausländischen Studierendenin Bayern“.

hierzu:

Dringlichkeitsantrag der Abg. Dr. Dürr, Münzel u.Frakt. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Situation der ausländischen Studierenden inBayern verbessern (Drs. 14/7705)

Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . 5276Dr. Wilhelm (CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 5278Frau Dr. Baumann (SPD) . . . . . . . . . . . 5279Kreuzer (CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 5281Dr. Hahnzog (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 5281Dr. Spaenle (CSU) . . . . . . . . . . . . . . 5282Volkmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 5282Staatsminister Zehetmair . . . . . . . . . . . 5284Nadler (CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 5285Hufe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5286Frau Prof. Männle (CSU) . . . . . . . . . . . 5287

Beschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5288

Nachruf auf den ehemaligen Abgeordneten ErnstMichl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5288

Gesetzentwurf der Staatsregierungzur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes(Finanzausgleichsänderungsgesetz 2002) (Drs.14/7580)

– Erste Lesung –

und

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Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 5267

Gesetzentwurf der Staatsregierung

Zweites Gesetz zur Änderung des Haushalts-gesetzes 2001/2002 (2. Nachtragshaushaltsge-setz 2002) (Drs. 14/7581)

– Erste Lesung –

Staatsminister Prof. Dr. Faltlhauser . 5288, 5308, 5309

Strasser (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 5293Ach (CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5298Frau Kellner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . 5303, 5307, 5309Hofmann (CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 5307

Verweisung in den Haushaltsausschuss . . . . . 5311

Gesetzentwurf der Staatsregierung

Bayerisches Gesetz zur Unterbringung vonbesonders rückfallgefährdeten hochgefährli-chen Straftätern (BayStrUBG) (Drs. 14/7642)

– Erste Lesung –

Dr. Hahnzog (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 5311Kreuzer (CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 5311Frau Elisabeth Köhler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . 5312Staatsminister Dr. Beckstein . . . . . . . . . 5313

Verweisung in den Innenausschuss . . . . . . . 5315

Gesetzentwurf der Staatsregierung

zur Änderung des Bayerischen Schlichtungs-gesetzes (Drs. 14/7643)

– Erste Lesung –

Verweisung in den Verfassungsausschuss . . . 5315

Unterbrechung der Sitzung . . . . . . . . . . . . 5315

Dringlichkeitsantrag der Abg. Glück, Herrmann,Dr. Kempfler u.a. u. Frakt. (CSU)

Maßnahmen des Bundes für eine verantwor-tungsvolle Sicherheitspolitik einfordern (Drs.14/7706)

Hölzl (CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5315Prof. Dr. Gantzer (SPD) . . . . . . . . . . . . 5317Frau Tausendfreund (BÜNDNIS 90DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . 5319, 5324Welnhofer (CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 5321Staatsminister Dr. Beckstein . . . . . . 5323, 5324

Namentliche Abstimmung (s.a. Anlage 2) . 5327, 5329

Dringlichkeitsantrag der Abg. Maget, Werner-Muggendorfer u. Frakt. (SPD)

Keine Terrorzellen in der LandeshauptstadtMünchen (Drs. 14/7707)

Pfaffmann (SPD) . . . . . . . . . . . . 5327, 5335

Staatsminister Dr. Beckstein . . . . . . . . . 5329Glück (CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5329Frau Schopper (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 5330Haedke (CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 5331Memmel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 5332Welnhofer (CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 5334

Namentliche Abstimmung (s.a. Anlage 3) . 5340, 5341

Dringlichkeitsantrag der Abg. Dr. Dürr, Münzel,Gote u.a. u. Frakt. (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Bundesratszustimmung zum Entschließungs-antrag des Landes Schleswig-Holstein zumVerbot der Pelztierhaltung (Drs. 14/7708)

Frau Münzel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . 5336, 5339Brunner (CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 5338Frau Lück (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 5338Staatsminister Sinner . . . . . . . . . . . . . 5339

Beschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5340

Dringlichkeitsantrag der Abg. Glück, Dinglreiter,Ach u.a. u. Frakt. (CSU)

Bayern bei privaten Betreibermodellen für denAutobahnausbau nicht benachteiligen (Drs.14/7709)

Dringlichkeitsantrag der Abg. Maget, HerbertMüller, Hoderlein u.a. u. Frakt. (SPD)

Sechsstreifiger Ausbau der A 8 (Drs. 14/7710)

Verweisung in den Wirtschaftsausschuss . . . . 5340

Dringlichkeitsantrag der Abg. Glück, Kaul, Hof-mann u.a. u. Frakt. (CSU)

Mobilfunk (Drs. 14/7711)

Verweisung in den Umweltausschuss . . . . . . 5340

Besetzung des Bayerischen Verfassungsge-richtshofs;

Neuwahl eines berufsrichterlichen Mitglieds

Geheime Wahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5340

Beschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5346

Gesetzentwurf der Abg. Maget, Dr. Hahnzog,Werner-Muggendorfer u.a. u. Frakt. (SPD)

zur Ausführung des Lebenspartnerschaftsge-setzes (Drs. 14/6771)

– Zweite Lesung –

Beschlussempfehlung des Verfassungsausschus-ses (Drs. 14/7440)

und

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5268 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001

Gesetzentwurf der Staatsregierung

Gesetz zur Ausführung des Lebenspartner-schaftsgesetzes (Drs. 14/7338)

– Zweite Lesung –

Beschlussempfehlung des Verfassungsausschus-ses (Drs. 14/7721)

Frau Narnhammer (SPD) . . . . . . . . . . . 5341Frau Dr. Fickler (CSU) . . . . . . . . . . . . 5341Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . 5342Staatsminister Dr. Weiß . . . . . . . . . . . . 5344Freiherr von Rotenhan (CSU) . . . . . . . . 5345

Abstimmung zum SPD-Gesetzentwurf 14/6771 . 5346

Beschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5346

Abstimmung zum Regierungsentwurf 14/7338 . . 5346

Schlussabstimmung zum Regierungsentwurf14/7338 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5346

Bestellung eines Mitglieds der Enquete-Kommis-sion „Mit neuer Energie in das neue Jahrtau-send“

Beschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5346

Abstimmung über Anträge etc., die gemäß § 63Abs. 6 der GeschO nicht einzeln beraten werden(s. a. Anlage 4)

zusätzliche Beratung zu folgenden Anträgen

Dringlichkeitsantrag der Abg. Dr. Dürr, Paulig,Kellner u.a. u. Frakt. (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜ-NEN)

Bericht über die Sicherheit der bayerischenAtomkraftwerke (Drs. 14/7409)

Dringlichkeitsantrag der Abg. Dr. Dürr, Paulig,Kellner u.a. u. Frakt. (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜ-NEN)

Bericht über die Sicherheit des geplanten For-schungsreaktors FRM II (Drs. 14/7410)

Dringlichkeitsantrag der Abg. Maget, Biedefeld,Gartzke u.a. u.Frakt. (SPD)

Innere Sicherheit in Bayern und Betrieb derAtomkraftwerke (Drs. 14/7626)

Dringlichkeitsantrag der Abg. Elisabeth Köhler,Paulig, Kellner, Münzel u. Frakt. (BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN)

Sicherheit in den Bayerischen Atomkraftwer-ken (Drs. 14/7645)

Hofmann (CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 5347

Beschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5347

Mitteilung betreffs Erledigung von Anträgen (s.a.Anlage 5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5347

Schluss der Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . 5347

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Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 5269

(Beginn: 8.32 Uhr)

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Verehrte Kolleginnenund Kollegen! Ich eröffne die 74. Vollsitzung des Bayeri-schen Landtags. Presse, Funk und Fernsehen sowieFotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten.Die Genehmigung wurde erteilt.

Meine Damen und Herren, ich möchte ein paar Glück-wünsche aussprechen. Frau Kollegin Pranghofer konnteam 22. Oktober einen runden Geburtstag feiern. Halb-runde Geburtstage begingen am 23. Oktober HerrStaatsminister Hans Zehetmair und, ebenfalls am 23.Oktober, Herr Kollege Sebastian Kuchenbaur.

(Allgemeiner Beifall)

Im Namen des Hohen Hauses und persönlich gratuliereich den Genannten sehr herzlich und wünsche ihnenalles Gute sowie Kraft und Erfolg bei der Erfüllung ihrerparlamentarischen Arbeit.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 1

Mündliche Anfragen

Ich bitte zunächst Herrn Staatsminister der Justiz um dieBeantwortung der ersten Frage. Erster Fragesteller istKollege Odenbach.

Odenbach (SPD): Guten Morgen, Herr Staatsminister,sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kol-legen! Nachdem es laut einem Pressebericht der „Süd-deutschen Zeitung“ aufgrund von Personalproblemenam Bamberger Landgericht fraglich ist, ob es je zu einemProzess gegen den früheren Leiter des Bamberger Sozi-alamtes und zwei seiner Mitarbeiter kommen wird, dievon der Staatsanwaltschaft Bamberg des Betrugs undder Untreue beschuldigt werden – sie sollen der StadtBamberg und dem Freistaat Bayern zwischen 1991 und1995 einen Schaden von rund 500000 DM zugefügthabe, – frage ich die Staatsregierung, was sie gegen deneklatanten Personalmangel am Bamberger Gericht zutun gedenkt und wie sie sicherzustellen gedenkt, dassden Beschuldigten der Prozess gemacht wird.

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Herr Staatsminister,bitte schön.

Staatsminister Dr. Weiß (Justizministerium): Sehrgeehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kolle-gen! Ich beantworte die Frage wie folgt: Wie in derPresse geschildert, beschuldigt die StaatsanwaltschaftBamberg einen Beamten der Stadt Bamberg und zweiPrivatpersonen, in den Jahren 1994 und 1995 imZusammenhang mit der Gewährung von Unterkünftenfür Asylbewerber und deren Verpflegung unberechtigterhöhte Erstattungsbeträge geltend gemacht zu haben.Das Landgericht Bamberg hat die Eröffnung des Haupt-verfahrens noch nicht beschlossen. Mit Schreiben vom25. September 2001 regte das Gericht stattdessen eine

Einstellung des Verfahrens gemäß § 153 a StPO an underwähnte in diesem Zusammenhang unter anderem dieBelastung der Strafkammer mit einer Vielzahl vordringli-cher Haftsachen. Zur Frage der Einstellung des Verfah-rens hat sich die Staatsanwaltschaft noch nicht geäu-ßert.

Die hohe Belastung der bayerischen Gerichte undStaatsanwaltschaften aufgrund der angespannten Haus-haltslage ist hinlänglich bekannt. Die vom BayerischenLandtag als dem Haushaltsgesetzgeber ausgewiesenenRichterstellen werden auf Vorschlag der Präsidenten derOberlandesgerichte entsprechend der jährlich festge-stellten Belastungssituation auf die einzelnen Gerichteverteilt. Die Überprüfung der Geschäftszahlen des Land-gerichts Bamberg hat keinen eklatanten Personalman-gel, wie die mündliche Anfrage unterstellt, ergeben. DieBelastung des Landgerichts Bamberg liegt zwar etwasüber dem Durchschnitt des OberlandesgerichtsbezirksBamberg und dem Landesdurchschnitt. Trotz dieserSachlage konnten bisher alle Geschäftsaufgaben desLandgerichts ordnungsgemäß erledigt werden, sodassfür den Präsidenten des Oberlandesgerichts kein Anlassbestand, sich um eine Verstärkung zu bemühen.

Die Verteilung der gerichtlichen Geschäftsaufgaben istSache des Präsidiums dieses Gerichts, das in richterli-cher Unabhängigkeit handelt. Das Präsidium des Land-gerichts Bamberg hat die entsprechende Prüfung auf-grund des oben erwähnten Belastungshinweises derStrafkammer bereits eingeleitet. Dessen Entscheidungbleibt abzuwarten. Ich bin sicher, dass auch das ange-sprochene Strafverfahren, sollte über seine Eröffnungentschieden sein, ordnungsgemäß abgewickelt wird.

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Zusatzfrage: der Fra-gesteller.

Odenbach (SPD): Herr Staatsminister, welche Folgenhätte es, wenn der zuständige Richter, wie er bekundethat, den umfangreichen Prozess wegen Betrugs undUntreue nicht verhandeln kann oder wenn er bereitsinhaftierte Kinderschänder, Vergewaltiger, Rauschgift-dealer und Räuber wieder frei herumlaufen lassenmuss?

Staatsminister Dr. Weiß (Justizministerium): Der Rich-ter hat selbst bereits deutlich gemacht, dass die Haftsa-chen vorgehen. Die Kinderschänder, Vergewaltiger usw.werden also auf jeden Fall verurteilt. Wenn ein Verfahrennicht rechtzeitig betrieben wird, hat dies zur Folge, dasses zu einer Verjährung kommen könnte. Sie dürfen aberdavon ausgehen, dass es dazu nicht kommen wird.

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Weitere Zusatzfrage:Herr Kollege Odenbach, bitte.

Odenbach (SPD): Herr Staatsminister, nachdem dieErmittlungen – von der Bamberger Presse wird das ja alsJustizskandal bezeichnet – in diesem Fall fünf Jahregedauert haben, frage ich Sie, ob dies angesichts derpersonellen Situation in unseren Staatsanwaltschaften

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5270 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001

und Gerichten jetzt und in Zukunft der Normalfall seinwird.

Staatsminister Dr. Weiß (Justizministerium): Die Ermitt-lungen in Wirtschaftssachen dauern in der Regel sehrlange. Gerade wenn es darum geht, dass Beamte Sozi-alhilfemittel möglicherweise falsch eingesetzt haben, istes nachvollziehbar, dass es äußerst schwierig ist, dieAkten beizuziehen und genau zu überprüfen. Auf jedenFall ist es nicht der Normalfall, dass Verfahren so langedauern. Bei Wirtschaftsstrafsachen, gerade wenn es umKonkurse usw. geht, kann es andererseits durchausetwas länger dauern. Dies liegt dann aber nicht an derschlechten Besetzung der Staatsanwaltschaft, sondernan der Problematik der Materie.

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Letzte Zusatzfrage:der Fragesteller.

Odenbach (SPD): Herr Staatsminister, welchen Ratwürden Sie diesem Richter geben? Wie soll er in derkonkreten Situation entscheiden?

Staatsminister Dr. Weiß (Justizministerium): Der Rich-ter hat zunächst einmal die Anregung gegeben, das Ver-fahren nach § 153 a StPO einzustellen, das heißt, dassdas Verfahren gegen eine hohe Geldbuße abgeschlos-sen wird. Zunächst ist zu überprüfen, ob die Staatsan-waltschaft und die Angeklagten mitmachen. Wennjemand nicht zustimmen würde, wäre auf jeden Fall dasHauptverfahren zu eröffnen.

Ich möchte jetzt dem Präsidium nicht vorgreifen. Sogäbe es beispielsweise die Möglichkeit einer Ersatzkam-mer oder der Verstärkung der Kammer. Ich will aberdeutlich sagen: Der Richter, der dann dort hinkommt,muss woanders abgezogen werden, wo das Personalauch knapp ist. Ich habe im Gegensatz zur Kultusminis-terin leider keine Personalreserve, die ich einsetzenkann, wenn irgendjemand krank wird oder irgendwo eineÜberlastung vorliegt.

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Nächste Fragestellerinist Frau Kollegin Stahl.

Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Guten Morgen, Herr Minister. Ich frage die Staatsregie-rung, an welche externe Dienstleister Aufträge zurDurchführung des vom Bayerischen Staatsministeriumder Justiz initiierten Projekts bajTECH 2000 erteilt wor-den sind, und ich frage, welchen finanziellen Umfang dieeinzelnen Aufträge jeweils hatten und – die wichtigsteFrage – ob diese Auftragserteilung nach öffentlicherAusschreibung erfolgt ist.

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Herr Staatsminister.

Staatsminister Dr. Weiß (Justizministerium): GutenMorgen, Frau Kollegin Stahl. Ich beantworte Ihre Fragewie folgt, Herr Präsident. Bei der Durchführung des Pro-

jekts bajTECH 2000 wurden folgende Aufträge anexterne Dienstleister erteilt:

Erstens. Beratung und Unterstützung bei der Auswahleines Leitverfahrens. Der Auftrag wurde der Firma debisSystemhaus erteilt. Er hatte ein finanzielles Volumen von190000 DM. Eine öffentliche Ausschreibung wurde nichtdurchgeführt.

Zweitens. Beratung und Unterstützung bei der Erstellungeiner Voruntersuchung und eines Grobkonzepts für dasProjekt bajTECH 2000. Der Auftrag wurde mit einer Ver-gütung in Höhe von 154000 DM der Firma INFORAGmbH erteilt. Eine öffentliche Ausschreibung wurdenicht durchgeführt.

Drittens. Beratung und Unterstützung bei der Durchfüh-rung eines europaweiten Vergabeverfahrens. Der Auf-trag wurde mit einer Vergütung in Höhe von 83600 DMder Firma UDF Unternehmensberatung GmbH erteilt.Eine öffentliche Ausschreibung wurde nicht durchge-führt.

Viertens. Beratung und Unterstützung beim Projekt– undBeschaffungsmanagement. Der Auftrag mit einemHöchstvolumen von 4816000 DM wurde der FirmaINFORA GmbH erteilt. Eine öffentliche Ausschreibungwurde nicht durchgeführt.

Fünftens. Beratung und Unterstützung bei der Konzep-tion der system– und softwaretechnischen Rahmenbe-dingungen sowie zur Erstellung von Pflichtenheften fürdie Lieferung und den Betrieb von PC-Arbeitsplätzenund Systemkomponenten. Der Auftrag mit einem finan-ziellen Höchstvolumen von 3270400 DM wurde derFirma CSC PLOENZKE AG erteilt. Eine öffentliche Aus-schreibung wurde durchgeführt.

Sechstens. Beratung und Unterstützung bei der Auswahleines Textsystems. Der Auftrag mit einem finanziellenVolumen von 86000 DM wurde der Firma FAST GmbHerteilt. Eine öffentliche Ausschreibung wurde nichtdurchgeführt.

Siebtens. Beratung und Unterstützung bei der Erstellungvon Fachfeinkonzepten für die Entwicklung von IT-Fach-verfahren sowie bei der Konzeption und dem Aufbaueines User-Help-Desk. Der Auftrag mit einem finanziel-len Höchstvolumen von 3026000 DM wurde der FirmaSiemens Business Services GmbH & Co. OHG erteilt.Eine öffentliche Ausschreibung wurde durchgeführt.

Achtens. Beratung und Unterstützung bei der Qualitäts-sicherung. Der Auftrag mit einem finanziellen Volumenvon 53760 DM wurde der Firma UDF Consulting AGerteilt. Eine öffentliche Ausschreibung wurde nichtdurchgeführt.

Neuntens. Realisierung der IT-Fachverfahren des Pro-jekts bajTECH 2000. Der Auftrag mit einem finanziellenVolumen in Höhe von 18147 000 DM wurde der FirmaSiemens Business Services GmbH & Co. OHG erteilt.Eine öffentliche Ausschreibung wurde zur notwendigenSicherstellung einer einheitlichen Entwicklung bei anzu-passenden vorhandenen und neu zu entwickelnden Tei-

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Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 5271

len des Gesamtprogramms nicht durchgeführt. Der Auf-trag für die Entwicklung der vorhandenen anzupassen-den und in das Gesamtverfahren einzugliedernden Pro-gramme wurde nach öffentlicher Ausschreibung erteilt.

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Zusatzfrage, die Fra-gestellerin.

Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Zum Projekt der Firma Siemens Business ServicesGmbH & Co. OHG möchte ich Sie fragen, ob es hier Fol-geprogrammierkosten gibt, und wenn ja, in welcherHöhe. Ist dies ebenfalls ohne Ausschreibung erfolgt,oder wurde für diese Folgekosten eine Ausschreibungvorgenommen?

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Bitte, Herr Staatsmi-nister.

Staatsminister Dr. Weiß (Justizministerium): Ichmöchte zunächst feststellen, dass es hier eine Schwel-lenwertgrenze von 200000 Euro gibt. Alle Projekte, dieüber dieser Summe liegen, müssen europaweit ausge-schrieben werden. Bei Projekten, die unter diesemBetrag liegen, können andere Ausgabe– und Vergabe-verfahren angewendet werden. Der Auftrag der Realisie-rung der IT-Fachverfahren des Projekts bajTech 2000wurde freihändig an die Firma Siemens Business Ser-vices GmbH & Co. OHG in Verhandlungsverfahren ohneTeilnahmewettbewerb vergeben. Der Auftragswert über-schreitet zwar den Schwellenwert für die vorgeschrie-bene Durchführung europaweiter Vergabeverfahren, indiesem Fall tritt jedoch der Ausnahmetatbestand des§ 3 a Nummer 2 Buchstabe e VOL/A zu.

Das Staatsministerium der Justiz hat 1996 nach Durch-führung eines europaweiten Vergabeverfahrens derFirma Siemens Business Services GmbH & Co. OHGden Auftrag zur Realisierung des Verfahrens „ProjusStrafsachen“ erteilt. Wesentliche Komponenten diesesVerfahrens sind nunmehr auch für die weiteren, im Rah-men von BajTECH 2000 zu entwickelnden, IT-Fachver-fahren nach Anpassung genutzt worden. Eine Aufteilungder Programmentwicklung auf zwei Unternehmen hättemit hoher Wahrscheinlichkeit zu Unverträglichkeiten beiden Programmen und deshalb zu erheblichen Nachtei-len bei der Nutzung sowie bei der Weiterentwicklung undPflege der Programme geführt. Zu dieser Einschätzungkam auch ein externes Unternehmen, das zur Prüfungdieser Frage beigezogen worden ist. Aus diesemGrunde wurde der Anschlussauftrag der Firma SiemensBusiness Services GmbH & Co. OHG erteilt. Wir müs-sen mit diesem System weiterarbeiten, weil es proble-matisch wäre, wenn wir zu einer anderen Firma wech-seln würden.

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Eine weitere Zusatz-frage, Frau Kollegin Stahl.

Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Herr Staatsminister, habe ich Sie richtig verstanden,dass für ein Folgeprogramm, bei dem mit einem Kosten-

umfang von zirca 10 bis 15 Millionen DM zu rechnen ist,keine Ausschreibung erfolgt ist, weil dieses Programmmit dem System kompatibel sein muss?

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Bitte, Herr Staatsmi-nister.

Staatsminister Dr. Weiß (Justizministerium): Frau Kol-legin, Sie haben das richtig verstanden. Wir haben diesextra überprüfen lassen, weil wir die Problematik ken-nen. Wenn ein Auftrag an eine Firma vergeben wird,erhält diese Firma automatisch Anschlussaufträge. Wirhaben uns von der TÜV-Informationstechnik GmbH einGutachten erstellen lassen. Diese Möglichkeit ist in derVOL/A vorgesehen. Wir haben prüfen lassen, ob wir grö-ßere Vorteile bei einer Neuausschreibung hätten. DieseFrage wurde abgewogen. Wenn ich an eine bestimmteFirma gebunden bin, kann ich selbstverständlich nichtmehr so frei handeln. Das Gutachten kam jedoch zu demErgebnis, dass dieser Auftrag an die gleiche Firma ver-geben werden sollte. Allerdings ist klar – dies steht auchin dem Gutachten –, dass wir uns nicht zu sehr an eineFirma binden sollten.

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Damit sind diese bei-den Fragen erledigt. Die nächsten Fragen werden andas Staatsministerium für Wirtschaft, Verkehr und Tech-nologie gerichtet. Ich möchte darauf hinweisen, dass dieVerkehrsverhältnisse in München möglicherweise dazuführen, dass wir in dieser Fragestunde etwas durchei-nander kommen. Ich bitte deshalb alle Fragesteller, insPlenum zu kommen. Der erste Fragesteller ist Herr Kol-lege Hartenstein. Er ist momentan nicht da. Der nächsteFragesteller ist Herr Kollege Brandl.

Brandl (SPD): Guten Morgen, Herr Staatssekretär!Nachdem von der Staatsregierung mehrmals angekün-digt wurde, dass im Rahmen eines Sonderprogrammsim bayerisch-tschechischen Grenzgebiet ab dem Jahr2002130 Millionen Euro eingesetzt werden, frage ich dieStaatsregierung, welche Maßnahmen hierbei gefördertwerden und mit welchen Förderbeträgen jeweils die nie-derbayerischen Grenzlandkreise Freyung-Grafenau,Passau und Regen rechnen können.

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Bitte, Herr Staatsse-kretär.

Staatssekretär Spitzner (Wirtschaftsministerium):Guten Morgen, Herr Kollege Brandl! Ich darf die Fragewie folgt beantworten: Nachdem die Unterstützung derEU zur Bewältigung des Anpassungsdrucks durch dieOsterweiterung unzureichend ist und leider auch – ent-gegen den Zusagen des Herrn Bundeskanzlers im vori-gen Jahr in Weiden – der Bund überhaupt keinen Beitragleisten wird, wird die Staatsregierung ein eigenes EU-Er-tüchtigungsprogramm vorlegen. 100 Millionen Euro ausdem teilweisen Verkauf der Beteiligung an der E.ON AGsind zur Stärkung des grenznahen Raums für Maßnah-men aus der Zuständigkeit des Staatsministeriums fürWirtschaft, Verkehr und Technologie vorgesehen. Überdie Verwendung der Mittel entscheidet der Bayerische

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Landtag im zweiten Nachtragshaushalt. Zur Mittelvertei-lung auf die einzelnen Maßnahmen können somit zumjetzigen Zeitpunkt, da der Landtag noch nicht beratenhat, keine detaillierten Angaben gemacht werden.

Herr Kollege Brandl, nach dem gegenwärtigen Stand derPlanungen wird der Schwerpunkt bei der Förderungarbeitsplatzschaffender und arbeitsplatzsichernderInvestitionen durch Verstärkung der Regionalförderungliegen. Der Mitteleinsatz ist vorrangig im Grenzstreifenentlang der tschechischen Grenze – das sind die Land-kreise Hof, Wunsiedel, Tirschenreuth, Neustadt an derWaldnaab, Schwandorf, Cham, Regen, Freyung-Garfe-nau, die nördliche Hälfte des Landkreises Passau sowiedie kreisfreien Städte Hof und Weiden – beabsichtigt.Bei besonders strukturwirksamen Vorhaben können Mit-tel auch in den angrenzenden Landkreisen eingesetztwerden. Ein inhaltlicher Schwerpunkt soll dabei natürlichdie Ansiedlung von Kfz-Zulieferbetrieben in Hochfrankensein.

Als weitere Vorhaben sind unter anderem die Förderungvon Maßnahmen zur Vorbereitung der Wirtschaft auf dieOsterweiterung in den wichtigen Bereichen Qualifizie-rung, Standortmarketing, Innovationsberatung und Ver-bundforschung sowie der Ausbau des Flughafens Hofgeplant. Eine Vorab-Verteilung der Fördermittel für diegewerbliche Wirtschaft auf einzelne Landkreise ist nichtvorgesehen. Dies widerspricht dem Ziel, mit diesenMaßnahmen einen möglichst großen arbeitsplatzschaf-fenden Effekt zu erzielen. Genau dies ist unsere Inten-tion.

Zusätzliche Mittel werden für den Staatsstraßenbaubereitgestellt, denn eine gut ausgebaute Infrastruktur istTeil der bayerischen Standortqualität. Ein leistungsfähi-ges Straßennetz gewährleistet die gerade in einem Flä-chenstaat wie Bayern von den Menschen und der Wirt-schaft dringend geforderte Mobilität und Flexibilität. DerVorschlag der Staatsregierung, bayernweit zusätzlich30 Millionen Euro für den Um- und Ausbau der Staats-straßen bereitzustellen, kommt daher gerade auch demostbayerischen Raum zugute. Zum jetzigen Zeitpunkt,insbesondere vor der Entscheidung des BayerischenLandtags zur Mittelverwendung, können auch hier nochkeine detaillierten Angaben darüber gemacht werden,welche Mittel letzten Endes für Maßnahmen in den nie-derbayerischen Grenzlandkreisen Freyung-Grafenau,Passau und Regen eingesetzt werden.

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Zusatzfrage: der Fra-gesteller.

Brandl (SPD): Herr Staatssekretär, werden die Maßnah-men zu 100% gefördert, oder werden von den Kommu-nen bzw. den Objektträgern ebenfalls Anteile erwartet?

Staatssekretär Spitzner (Wirtschaftsministerium): Eswird keine Förderung „100% plus Mehrwertsteuer“geben, sondern es ist klar, dass Maßnahmen zunächstfür die Wirtschaft gedacht sind. Herr Kollege Brandl, wieSie aus vielen einschlägigen Fällen wissen, sind von derEuropäischen Union unsere Förderhöhen für die Wirt-

schaft beihilferechtlich vorgeschrieben. Das heißt, wirkönnen diese Mittel verwenden und mit Hilfe der sogenannten Fördersätze, die wir jetzt mangels Masse anMittel nicht voll ausschöpfen können, weitgehend aus-nutzen. Wir werden also zunächst einmal aufstocken.Wir legen dabei auch Wert auf Bestandssicherung, aberauch auf neue Arbeitsplätze. Wir wissen, dass eineganze Reihe von Firmen, gerade aus den von Ihnenangesprochenen Landkreisen, im Hinblick auf die bevor-stehende Osterweiterung der Europäischen Union soge-nannte arbeitsplatz- und standortsichernde Investitionendurchführen müssen. Einerseits wollen wir diesen Fir-men helfen. Andererseits ist es natürlich unser Ziel,möglichst viele neue Arbeitsplätze zu schaffen. Dies giltinsbesondere für die Wirtschaft.

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Weitere Zusatzfrage:der Fragesteller. Herr Kollege, bitte schön.

Brandl (SPD): Herr Staatssekretär, das Förderpro-gramm soll und wird, wie Sie dargestellt haben, 2002beginnen. Über welchen Zeitraum wird sich die Förde-rung erstrecken?

Staatssekretär Spitzner (Wirtschaftsministerium): Auchüber diese Details sind wir uns noch nicht im Klaren. Wirwollen diese Mittel möglichst bald, schnell und effizienteinsetzen. Es kommt jetzt darauf an, die interessantenInvestitionsprojekte zu fördern. Sie können also davonausgehen, dass dieses Geld am Vorabend der Osterwei-terung der Europäischen Union zur Stärkung der Wirt-schaft in dieser Region schnell und effizient eingesetztwird.

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Letzte Zusatzfrage:der Fragesteller, bitte schön.

Brandl (SPD): Herr Staatssekretär, wurden bereits Kom-munen bzw. Objektträger aufgefordert, passendeObjekte zur Förderung einzureichen?

Staatssekretär Spitzner (Wirtschaftsministerium): DieWirtschaft steht schon längst auf der Matte. Sie wissen,dass der Regierung bereits eine ganze Reihe von Anträ-gen vorliegt. Wir sind über unsere Regierungen mit derWirtschaft in diesem Raum in engem Kontakt. Staatsmi-nister Dr. Wiesheu und ich sind oft vor Ort und wissen,dass hier eine ganze Reihe von Maßnahmen geplant ist.Das gilt insbesondere für Hof. Ich weiß, dass bereits jetztviele Kommunen äußerst aktiv sind, wenn es etwadarum geht, beim Thema Staatsstraßenbau die Dring-lichkeit anzumelden. Insofern ist in den letzten Jahren,gerade auch im bayerischen Grenzland, sehr vielgeschehen.

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Nächste Fragestellerinist Frau Kollegin Naaß, bitte schön.

Frau Naaß (SPD): Herr Staatssekretär, nachdem dasBayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Verkehrund Technologie am 19.06.2001 einen Vertrag mit der

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Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 5273

DB AG über den behindertengerechten Ausbau derS-Bahnhöfe im Raum München abgeschlossen hat, bitteich um Mitteilung, ob bereits alle S-Bahnhöfe im Groß-raum Nürnberg, Mittelfranken, behindertengerechtgestaltet sind und ob für den Raum Nürnberg ein ent-sprechender Vertrag mit der DB AG existiert bzw.geplant ist?

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Herr Staatssekretär.

Staatssekretär Spitzner (Wirtschaftsministerium): FrauKollegin Naaß, ich darf die Frage wie folgt beantworten.Von den S-Bahnhöfen im Großraum Nürnberg sindbekanntlich nur die Stationen an der S 2, also Nürnberg-Altdorf, und S 3, Nürnberg – Roth, behindertengerechtgestaltet.

Die von Ihnen angesprochene Nachrüstung der Bahn-höfe, gerade an der S 1, Nürnberg – Lauf, ist im Vertragzum Bau bzw. Ausbau von Nahverkehrsanlagen im Tarif-gebiet des Verkehrsverbundes Großraum Nürnberg – imso genannten 90-Millionen-Vertrag – geregelt. Mit derMaßnahme wurde allerdings bislang logischerweisenoch nicht begonnen, da die S 1 künftig bis Forchheimdurchgebunden werden wird und deshalb eine einheitli-che bauliche Gestaltung hinsichtlich aller Bahnsteighö-hen, die von der Einstiegshöhe des einzusetzendenFahrzeuges abhängt, erforderlich ist. Der behinderten-gerechte Ausbau des Abschnitts Nürnberg – Lauf ist ausdiesem Grund nur im Rahmen der Realisierung der Stre-cke Nürnberg – Forchheim sinnvoll. Insofern wird einBaubeginn im Jahre 2003 angestrebt.

Frau Naaß (SPD): In welcher Größenordnung wird dieseBaumaßnahme in Mittelfranken liegen, nachdem für denBereich München eine Baumaßnahme mit einem Volu-men von 200 Millionen DM geplant ist?

Staatssekretär Spitzner (Wirtschaftsministerium): FrauNaaß, ich habe jetzt die genaue Höhe der Kosten derBaumaßnahme nicht parat. Sie bekommen sie abernoch heute Vormittag. Uns – der Bayerischen Staatsre-gierung, Staatsminister Dr. Wiesheu und mir – ist derbehindertengerechte Ausbau ein großes Anliegen. Aufdiesem Gebiet ist in Bayern in den letzten Jahren in denGroßräumen München und Nürnberg sehr viel gesche-hen. Wir werden uns gerade diese Maßnahmen zum Zielsetzen.

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Frau Kollegin, das wares aus Ihrer Sicht. Herr Staatsminister Zehetmair, demich nachträglich nochmals herzlich zum Geburtstag gra-tuliere, ist nun anwesend.

(Allgemeiner Beifall)

Es ist nun möglich, die Fragen an sein Haus zu beant-worten. Erster Fragesteller ist Herr Kollege Donhauser,bitte schön.

Donhauser (CSU): Herr Präsident, Herr Staatsminister,was gedenkt die Staatsregierung gegen die Weigerung

der rot-grünen Bundesregierung zu tun, die – nichtzuletzt durch den in den letzten Wochen gestiegenenÜbungsbetrieb auf dem Truppenübungsplatz Hohenfelsund die Tatenlosigkeit der Bundesrepublik Deutschlandals deren Eigentümerin – akut vom Untergang bedrohteBurgruine Hohenburg instand zu setzen, damit dieAnwohner nicht zu Schaden kommen und der drohendeEinsturz der überregional bedeutenden Burganlageabgewendet werden kann?

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Herr Staatsminister.

Staatsminister Zehetmair (Wissenschaftsministerium):Herr Präsident, Hohes Haus, lieber Kollege! Die Standsi-cherheit der Überreste der Burganlage Hohenburg,deren Ursprünge in das elfte Jahrhundert zurückreichen,ist seit Jahrzehnten labil; allerdings hat sie sich in denletzten Jahren besonders verschlechtert.

Bereits vor Jahren wurden unter der Trägerschaft desMarktes Hohenburg Sicherungsmaßnahmen mit einemKostenumfang von etwa 300000 DM durchgeführt, andenen sich die Bundesrepublik Deutschland als Eigentü-merin nicht beteiligte. Die nun für notwendig befundenenSicherungsmaßnahmen haben einen Kostenumfang vonetwa 900000 DM. Mit der Bundesrepublik Deutschland –Bundesvermögensamt Amberg – wurden zwar Gesprä-che zu einer Kostenbeteiligung des Bundes geführt, siehaben aber bisher keine abschließende Erklärung desBundes bewirkt; eine Beteiligung in Höhe von bis zu135000 DM, also schmale 15% der Gesamtkosten,steht immerhin im Raum.

Ein kurzfristiger Abschluss der Verhandlungen, der zueiner Sicherstellung der genannten Summe führt, istnicht zu erwarten. Bis zur Durchführung der Sicherungs-arbeiten muss daher die Sicherheit der Bürgerinnen undBürger gegebenenfalls durch behördliche Maßnahmen,wie etwa Absperrungen und Warnhinweise, bewirkt wer-den. Die Durchführung von Sofortmaßnahmen, auf wes-sen Kosten auch immer, wird angesichts der Tatsache,dass es sich um Ruinenreste handelt, seitens des Frei-staats Bayern nicht für sachgerecht gehalten.

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Zusatzfrage? –

(Donhauser (CSU): Nein!)

– Vielen Dank. Damit ist diese Frage erledigt. Herr Kol-lege Donhauser, übernehmen Sie die Frage des Kolle-gen König?

(Welnhofer (CSU): Die übernehme ich!)

– Herr Kollege Welnhofer übernimmt sie.

Welnhofer (CSU): Wie haben sich die Betriebsausga-ben der vom Freistaat Bayern bezuschussten nichtstaat-lichen Theater in den letzten zehn Jahren im Einzelnenentwickelt, und welche Folgerungen ergeben sich ausder Sicht der Staatsregierung hieraus im Hinblick auf diezukünftige Zuschussbemessung? Die Frage passt auchganz gut auf Regensburg.

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Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Herr Staatsminister.

Staatsminister Zehetmair (Wissenschaftsministerium):Herr Präsident, Hohes Haus! Herr Kollege, nach denSummentabellen in der Theaterstatistik des DeutschenBühnenvereins waren dort 1989/1990 insgesamt 18 und1999/2000 19 öffentliche Theaterunternehmen erfasst,davon drei Staatstheater und der Rest in kommunalerTrägerschaft. Die Betriebsausgaben dieser Bühnen stie-gen danach insgesamt von rund 374,9 Millionen DM imJahr 1989 um rund 165,2 Millionen DM – das sind zirka44,1% – auf rund 540,1 Millionen DM im Jahr 1999. DieZuweisungen und Zuschüsse des Landes stiegen imgleichen Zeitraum von rund 193,8 Millionen DM um rund34,3% auf rund 260,3 Millionen DM, die der Gemeindenvon rund 154,2 Millionen DM um rund 46,1% auf rund225,3 Millionen DM. Die Aufgliederung der Zahlen imEinzelnen für die weit über 80 vom Staat gefördertennichtstaatlichen Theater und sonstigen Einrichtungender darstellenden Kunst einschließlich derjenigen in pri-vater Trägerschaft – dafür bitte ich um Verständnis – istim Rahmen einer mündlichen Anfrage nicht möglich undbedürfte einer arbeitsaufwendigen Auswertung. Dies giltinsbesondere für die Bühnen in privater Trägerschaft, fürdie auch die Theaterstatistiken des Deutschen Bühnen-vereins keine Angaben enthalten.

Die staatlichen Zuschüsse zum Betrieb der kommunalenTheater und Festspiele wurden von rund 51,6 MillionenDM im Jahr 1989 um zirka 32,3% auf rund 68,3 MillionenDM im Jahre 1999 angehoben, während von 1990 bis1999 die linearen Tariferhöhungen 30,6% betrugen. Zielder Staatsregierung ist es, auch künftig bei den Betriebs-zuschüssen Tariferhöhungen und allgemeine Preisstei-gerungen anteilig mitzutragen. Darüber hinaus ist eineangemessene Beteiligung des Staates auch dann sach-gerecht und wünschenswert, wenn ein Theaterträgerzum Beispiel durch Ausweitung seines Spielbetriebsoder zur Steigerung der künstlerischen Qualität bereitist, zusätzliche Mittel für sein Theater bereitzustellen. Daes sich bei den staatlichen Fördermitteln um freiwilligeLeistungen handelt, kommt es jedoch letztlich darauf an,welche Ausgabemittel vom Haushaltsgesetzgeber fürdiesen Zweck in den Haushalt eingestellt werden.

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Zusatzfrage? – HerrKollege Welnhofer.

Welnhofer (CSU): Herr Staatsminister, gehen Sie mitmir davon aus, dass in der Frage, welche Mittel vomHaushaltsgesetzgeber in den Staatshaushalt eingestelltwerden, die vorbereitende Mitwirkung der Staatsregie-rung häufig von maßgeblicher Bedeutung ist? Um dieFrage fortzusetzen: Sind Sie auch der Auffassung, dasszumindest die Zuschüsse für die staatlichen Theater pro-zentual nicht stärker ansteigen sollten als die Zuschüssefür die kommunalen Theater es tun, nachdem die kom-munalen Theater, wie sie selbst nicht ganz zu Unrechtmeinen, nun besser bedient werden könnten?

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Herr Staatsminister.

Staatsminister Zehetmair (Wissenschaftsministerium):Herr Präsident, Hohes Haus! Lieber Kollege, es gab ein-mal die These, dass man ein Gleichgewicht der Gelderfür die staatlichen und für die kommunalen Theater bzw.nichtstaatlichen Theater anstrebe. Ich habe immergesagt und sage es auch heute mit allem Freimut: Diesist eine Illusion. Ich sage auch ganz deutlich, dass für diekommunalen Theater – deswegen heißen sie auch so –die Kommunen die erste Verantwortung zu tragenhaben. Das gilt mutatis mutandis auch für die Trägernichtstaatlicher Theater. Dass wir gleichwohl mehr tunmüssen und mehr tun wollen, ergibt sich aus dem, waswir von Seiten der Staatsregierung dem Hohen Hauszum Nachtragshaushalt vorlegen, und daran zeigt essich auch, dass die Staatsregierung eine Vorarbeits-pflicht hat. Im Theaterbereich ist ja eine deutliche Anhe-bung vorgesehen, wenngleich ich darüber traurig bin,dass aufgrund des zweiten aktuellen Ereignisses diesesJahres finanzielle Prioritäten für den Innen- und Sicher-heitsbereich gelten müssen, welche durch Globalkür-zungen in allen frei verfügbaren Haushaltsstellen finan-ziert werden müssen. Ich stehe dazu, aber das heißtnatürlich, dass uns für die Theater wieder einige Millio-nen abgehen werden.

Der Fragesteller Kollege König bringt im Hintergrund sei-ner Frage den Vorwurf zum Ausdruck, welcher aus Hofkam: Man müsse nur schludern wie in Würzburg, unddann würde der Staat mehr Geld geben. Ich gebe nurwieder, was gesagt wurde; das ist nicht meine Meinung.Wenn aber jemand brav und solide arbeite – so verstehtsich Hof –, dann würde das nicht entsprechend berück-sichtigt werden. Diese Meinung ist zwar emotional nach-vollziehbar, sachlich aber nicht richtig, denn Hofbekommt überdurchschnittlich hohe Staatszuschüsse.Sie sind höher als für Regensburg. Regensburg ist aller-dings auch finanzkräftiger als Hof. Wir müssen natürlichdarauf achten, dass wir in etwa gerecht sind, denn Ober-franken ist schließlich ein besonders sensibler Bereich.Geben wir dem einen mehr, so nennen es die anderenungerecht. Achten wir aber darauf, dass man nach Maß-gabe des Haushaltsvolumens und des Gewerbesteuer-aufkommens im einen Fall weniger und im anderen Fallmehr helfen muss, dann ist es auch wieder nicht recht.

Ich glaube, am wichtigsten wäre es, wenn dieses HoheHaus bei sich wieder bietender Gelegenheit – ich hoffeauch, die kommt – ein wachsames Auge auf die nicht-staatlichen Theater und Orchester richten würde. Einesmuss im Laufe der letzten Jahre klar geworden sein. Beiallem Fleiß beim Straßenbau und im Bau von Wasser-und Abwasseranlagen: Selbstverständnis und Leben ineine Gemeinde bringen die Vereine und im weitestenSinne die aktive Kulturpolitik in den Gemeinden, imLandkreis, in den Bezirken und letztlich auch im Frei-staat Bayern. Meine Devise ist, auch bei begrenztenMöglichkeiten möglichst viel zu helfen.

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Herr Staatsminister,ich darf mich herzlich bei Ihnen bedanken und jetzt FrauStaatsministerin Stewens bitten, die nächsten beidenFragen zu beantworten. Die Frage von Frau KolleginPeters übernimmt Frau Kollegin Narnhammer.

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Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 5275

Frau Narnhammer (SPD): Frau Staatsministerin, siehtdie Staatsreigerung eine Möglichkeit, in Ruhstorf an derRott auch wegen des weiteren Zuzugs in der Umgebung– zum Beispiel in Sandbach, Ebersberg und Vornbach –eine dritte Vorbereitungsklasse für jugendliche Spätaus-siedler zu bilden, damit sie den qualifizierenden Haupt-schulabschluss erreichen können, um zu vermeiden,dass betroffene Jugendliche zur Untätigkeit verdammtund eventuell straffällig werden, weil sie wegen derÜberfüllung der bisherigen Klassen nur auf einer Warte-liste stehen und erst im nächsten Jahr zum Zuge kom-men würden?

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Frau Staatsministerin.

Frau Staatsministerin Stewens (Sozialministerium):Frau Kollegin Narnhammer, bei den angesprochenenVorbereitungsklassen für jugendliche Spätaussiedler inRuhstorf an der Rott handelt es sich um Integrations-sprachkurse mit dem Ziel eines qualifizierenden Schul-abschlusses, die aus dem Garantiefonds für den Schul-und Berufsbildungsbereich des Bundes gefördert wer-den. Im Rahmen des Garantiefonds werden in Bayernfür die Zielgruppe auch Integrationssprachkurse mitzusätzlichen berufsorientierenden Bestandteilen durch-geführt. Ziel der Sprachkurse ist es, den nicht mehrschulpflichtigen jugendlichen Spätaussiedlern den Startin das Berufsleben mit einer abgeschlossenen Schul-ausbildung und ausreichenden Deutschkenntnissen zuerleichtern.

Mit den vom zuständigen Bundesministerium für Familie,Senioren, Frauen und Jugend im Haushaltsjahr 2001zugewiesenen Fördermitteln in Höhe von 17,9 MillionenDM können im laufenden Schuljahr 2001/2002 in Bayerninsgesamt 63 Garantiefonds-Sprachkurse gefördert wer-den. Aufgrund der restlos verplanten Haushaltsmittelkann die Förderung weiterer Integrationssprachkursenur dann in Betracht kommen, wenn das Bundesfamili-enministerium hierfür weitere Ausgabemittel bereitstellt.Die Zuweisung weiterer Haushaltsmittel hängt von derBedarfssituation in den anderen Bundesländern ab. DasStaatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familieund Frauen hat bereits angesichts der hohen Nachfragenach Sprachkursen an einzelnen Standorten in Bayerneinen Mehrbedarf beim Bundesministerium für Familie,Senioren, Frauen und Jugend angemeldet. Selbstver-ständlich wird bei einer zusätzlichen Mittelzuweisungauch die Möglichkeit für die Durchführung eines weiterenSprachkurses in Ruhstorf an der Rott, Sandbach, Ebers-berg, Vornbach geprüft werden.

Im Übrigen möchte ich noch darauf hinweisen, dass sichdas Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozial-ordnung, Familie und Frauen auch in der Vergangenheiterfolgreich für die Bereitstellung von Garantiefondsmit-teln eingesetzt hat. So liegen beispielsweise die imHaushaltsjahr 2001 bereits jetzt verfügbaren Fördermit-tel in Höhe von 17,9 Millionen DM mit 16,3% – bezogenauf das bundesweite Gesamtvolumen von 109,5 Millio-nen DM – über der von Bayern aufzunehmenden jährli-chen Spätaussiedlerquote von 14,4%. Sie sehen also:Wir tun alles, um an die Bundesmittel heranzukommen.

Aber, Frau Kollegin Narnhammer, der Bund müssteetwas verbessern.

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Zusatzfrage? – DieFragestellerin.

Frau Narnhammer (SPD): Der Bund hat es gehört. –Liebe Frau Staatsministerin, können Sie mir sagen, wieviele Schülerinnen und Schüler zur Zeit auf der Warte-liste stehen und ob diese im nächsten Jahr alle zum Zugkommen werden?

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Frau Staatsministerin.

Frau Staatsministerin Stewens (Sozialministerium):Nach dem derzeitigen Sachstand gibt es an den Stand-orten Waldkraiburg, Nürnberg, Straubing und Traunsteinzusätzlichen Bedarf an Integrationssprachkursen, derüber dem von Ihnen angesprochenen Bedarf in Ruhstorfan der Rott liegen dürfte. Wie viele Schüler das exaktsind, kann ich Ihnen nicht sagen. Wir können das abereruieren.

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Nächste Fragestellerinist Frau Kollegin Gote.

Frau Gote (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Präsi-dent, Frau Ministerin! Wie viele Kindernotrufe gibt es proBezirk in Bayern; wie ist das Verhältnis Einwohner zuKindernotrufen in den einzelnen Bezirken, und nach wel-chen Kriterien entscheidet die Staatsregierung über dieFörderung bereits bestehender oder neu einzurichtenderKindernotrufe?

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Frau Staatsministerin.

Frau Staatsministerin Stewens (Sozialministerium):Frau Kollegin, Herr Präsident! Kindernotrufe etablierensich unter Nutzung der unterschiedlichen Medien und fürverschiedene Zielgruppen. Soweit es sich um Angeboteder Kinder- und Jugendhilfe handelt, liegen diese origi-när in der Planungs- und Gesamtverantwortung derkreisfreien Städte und Landkreise. Die Initiativen orien-tieren sich am regionalen Bedarf und an den jeweiligenfinanziellen Ressourcen. Da sie nicht statistisch erfasstwerden, besteht kein exakter Überblick über die beste-hende Zahl an Kindernotrufen. Mittlerweile wird auchdas Internet immer mehr als Medium für die Beratunggenutzt, wodurch die Zahl der Einwohner pro Bezirknicht in ein aussagekräftiges Verhältnis zur Zahl an Kin-dernotrufen gestellt werden kann. Die Situation der Kin-dernotrufe stellt sich in Bayern wie folgt dar:

Erstens. Die letzte aufwendige Gesamterhebung 1998der Kinder- und Jugendtelefone im Rahmen der Kinder-und Jugendhilfe ergab folgendes Bild: Oberbayern 12,Niederbayern 16, Oberpfalz 5, Oberfranken 6, Mittelfran-ken 8, Unterfranken 5 und Schwaben 14. Das sind inBayern über alle Regierungsbezirke verteilt insgesamt66 Notrufe.

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Das Sozialministerium fördert beim Deutschen Kinder-schutzbund im Rahmen der Stärkung des ehrenamtli-chen Engagements eine Fachkraft mit 50% der Perso-nalkosten, um ehrenamtliche Mitarbeiter der Kinder- undJugendtelefone insbesondere durch Aus- und Fortbil-dung zu unterstützen. Die einzelnen Kinder- undJugendtelefone erhalten keine sonstigen staatlichenZuschüsse.

Zweitens. Mit dem „Sorgen-chat“, der Online-Beratungim Rahmen der Erziehungsberatung, fördert das Sozial-ministerium seit September 2000 modellhaft ein Projektder Bundeskonferenz für Erziehungsberatung, mit demErfahrungen und Erkenntnisse gewonnen werden sol-len, inwieweit junge Menschen auch in Krisensituationendas Internet nutzen. Weiter sollen Erkenntnisse gewon-nen werden, inwieweit dieses Medium als Beratungsin-strument in Krisensituationen geeignet ist. Für dieseszweijährige Modellprojekt wurden 250000 DM bereitge-stellt.

Drittens. In Bayern existieren 32 staatlich geförderte Not-rufe für misshandelte Frauen und Mädchen, die diesenschwerpunktmäßig Beratung und Hilfe bei sexuellerGewalt, in der Regel aber auch bei anderen körperlichenoder psychischen Misshandlungen bieten. Ein Teil derNotrufe steht auch Jungen, die von sexueller Gewaltbetroffen sind, als Hilfsangebot in dieser besonderenSituation zur Verfügung.

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Zusatzfrage? – DieAntragstellerin.

Frau Gote (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Ministe-rin, Sie sprachen davon, dass die Kindernotrufe nachBedarf eingerichtet werden. Wie erfolgt die Erhebungund der Nachweis des Bedarfs? Wie wird vor einer even-tuellen Förderung der Bedarf geprüft?

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Bitte schön, FrauStaatsministerin.

Frau Staatsministerin Stewens (Sozialministerium):Frau Kollegin Gote, ich habe vorhin gesagt, dass es sichin der Regel um Angebote der Kinder- und Jugendhilfehandle, deren Planung originär der Gesamtverantwor-tung der kreisfreien Städte und Landkreise unterliege.Der Bedarf innerhalb der kreisfreien Städte – ich denkean Ballungsräume wie München, Augsburg oder Ingol-stadt – ist anders als der Bedarf im ländlichen Raum.Deswegen haben wir – wie ich eingangs gesagt habe –keinen exakten Überblick darüber, wie viele Kindernot-rufe es tatsächlich gibt.

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Weitere Zusatzfra-gen? – Die Fragestellerin. Frau Gote, bitte schön.

Frau Gote (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Bin ich richtigdarüber informiert, dass Sie die Förderanträge von denEinrichtungen erhalten, also nicht über die Städte oderdie Landkreise, dass also die Einrichtungen den Bedarfbegründen müssen?

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Frau Staatsministerin.

Frau Staatsministerin Stewens (Sozialministerium):Ich habe vorhin bereits gesagt, dass die Planung für Kin-der- und Jugendhilfe in der Verantwortung der kreis-freien Städte und Landkreise liege. Die Anträge kommenüber die Träger, die kreisfreien Städte und die Land-kreise.

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Damit ist die Frage-stellung erledigt und die Zeit der Fragestunde abgelau-fen. Der Ältestenrat wird darüber nachzudenken haben,ob es angesichts der Verkehrsverhältnisse in Münchenklug ist, so früh eine Fragestunde anzusetzen.

Ich rufe zur gemeinsamen Beratung auf:

Tagesordnungspunkt 2

Aktuelle Stunde

„Die Situation der ausländischen Studierenden inBayern“

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Dr. Dürr,Münzel und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Situation der ausländischen Studierenden in Bayernverbessern (Drucksache 14/7705)

Für die heutige Sitzung ist die Fraktion des BÜNDNIS-SES 90/DIE GRÜNEN für die Aktuelle Stunde vor-schlagsberechtigt. Sie hat das oben angeführte Themagewählt.

Die einzelnen Redner dürfen grundsätzlich nicht längerals fünf Minuten sprechen. Auf Wunsch einer Fraktionkann einer ihrer Redner zehn Minuten in Anspruch neh-men; dies wird auf die Gesamtredezeit der jeweiligenFraktion angerechnet. Wenn ein Mitglied der Staatsre-gierung kraft seines Amtes das Wort nimmt, wird die Zeitseiner Rede nicht mitgerechnet. Ergreift ein Mitglied derStaatsregierung das Wort für mehr als zehn Minuten,erhält auf Antrag einer Fraktion eines ihrer MitgliederGelegenheit, fünf Minuten ohne Anrechnung auf die Zeitder Dauer der Aussprache zu sprechen. Ich bitte, aufmein Signal zu achten. Der erste Redner ist Herr KollegeDr. Dürr. Er spricht zehn Minuten. Herr Kollege, Siehaben das Wort.

Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Präsident,Kolleginnen und Kollegen! Ministerpräsident Dr. Stoiber,Minister Zehetmair und die Hochschul- und Wirtschafts-politiker der CSU wollen die besten Köpfe der Welt nachBayern holen.

Minister Huber fährt dafür sogar durch die ganze Welt;aber so einfach ist das nicht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ganz anders als diejenigen, die glauben, Wunder wieattraktiv ihre selbst gebastelte Leitkultur ist, reißen sichdie besten Köpfe der Welt nicht darum, bei bayerischen

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Firmen anzuheuern. Kürzlich hat das Institut der Deut-schen Wirtschaft wieder darauf hingewiesen, dass keineausländischen Akademiker vor den Türen deutscherUnternehmen Schlange stehen, sondern dass die Unter-nehmen in Deutschland selbst aktiv werden und erhebli-che Anstrengungen unternehmen müssen, um Bewer-ber zu bekommen. Hier herrscht scharfer internationalerWettbewerb. Auch deshalb muss die Staatsregierungendlich dafür sorgen, dass sich die besten Köpfe in derWelt bei uns wirklich willkommen fühlen.

Was erwartet ausländische Studierende, wenn sie heutezu uns nach Bayern kommen? – Ärger mit den Auslän-derbehörden, zu wenig Betreuung, überforderte Bera-tungsstellen, überfüllte Kurse, Probleme bei der Job-und Zimmersuche und bayerische Behörden, die sie alsinternationale Terroristen verdächtigen. Das alles ist keinRuhmesblatt für Bayern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb fordern wir die Staatsregierung auf, die Situa-tion ausländischer Studierender in Bayern schleunigstzu verbessern. Die Staatsregierung muss erstens diefinanziellen, räumlichen und personellen Engpässe derHochschulen schnellstens beheben, und zweitens musssie endlich damit aufhören, ausländische Studierendepauschal als Gefahr für das Allgemeinwohl zu verdächti-gen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr.Bernhard (CSU): Wer tut das?)

Ausländische Studierende sind ein Gewinn für Bayern.Die Münchner LMU sagt, der Ruf der Universitäten hängtauch von ausländischen Studierenden ab, und sie seiglücklich über ihre ausländischen Studierenden.

Ich würde mir wünschen, dass ich das einmal von derStaatsregierung höre.

(Dr. Wilhelm (CSU): So?)

Damit wären wir ein großes Stück weiter. Es reicht nicht,dass Minister Zehetmair Bewerbern aus dem Auslandweiter Mut für ein Studium an einer bayerischen Hoch-schule machen will. Sie müssen die Erwartungen, dieSie wecken, auch erfüllen, Herr Minister.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es genügt nicht, Herr Minister, zu sagen, das Sicher-heitsbedürfnis dürfe nicht dazu führen, dass man allenAusländern mit Misstrauen begegnet. Die Staatsregie-rung muss das nicht nur sagen, sondern sie muss auchentsprechend handeln. Ich schaue auf die rechte Seiteder Regierungsbank, aber da sitzt keiner.

(Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Da sitzt er, auf der linken Seite! – Dr. Bernhard(CSU): Orientierungslosigkeit!)

– Ich bin froh, wenn ich nicht weiß, wo er sitzt.

Das gilt nicht nur für die allgemeinpolitische Lage, son-dern auch für die absolut unzureichenden Studienbedin-gungen. Das liegt auch daran, dass der Beckstein über-all ist, aber nirgendwo richtig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Lachenbei der SPD)

Gerda Leisch, die Leiterin des überfüllten Studienkollegsder bayerischen Universitäten, bezeichnet den Umgangmit ausländischen Studierenden als zynisch: „Man willdie Besten aus der ganzen Welt haben, aber man tutnichts dafür.“ Es ist skandalös, dass Sie Hunderte vonjungen Menschen, die alle formalen Voraussetzungenfür ein Studium in Bayern erfüllen, wieder nach Hauseschicken, weil es keinen Platz für sie gibt.

Das kommt nicht überraschend. Das Kultusministeriumhat im Februar erklärt, dass angesichts der Steigerungder Zahl der Studierenden zusätzliche Stellen dringenderforderlich seien. – Ist Frau Hohlmeier gegangen? – Dasitzt sie.

(Zuruf von Abgeordneten der CSU)

Die ist genauso wie der Beckstein: überall, aber nir-gendwo richtig, überall etwas anfangen, aber nichts fer-tig machen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hier ist ein Bedarf erkannt, aber in den Haushaltsbera-tungen wird nichts umgesetzt.

(Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Das ist das Verwirrspiel der CSU!)

An den Hochschulen sieht es nicht besser aus. In allenBereichen, mit denen ausländische Studienanfänger zutun haben, fehlen Mittel, Räume und Personal. Es gibtkeinen Platz in den Wohnheimen, und auf dem freienMarkt haben ausländische Studierende keine Chance.Wer einen schwarzen Bart oder ein Kopftuch trägt, kanndie Wohnungssuche ohnehin vergessen. In Augsburgzum Beispiel musste das Studentenwerk deshalb Not-quartiere schaffen. Die Stadt hat deshalb die Wohn-heime des Krankenhauszweckverbandes geöffnet.Trotzdem gibt es immer noch Studierende ohne Unter-kunft.

Statt hier Abhilfe zu schaffen, streicht die Staatsregie-rung den Studentenwerken Mittel, die sie dringend inzusätzliche Wohnungen investieren müssten.

Verärgert abreisende Bewerber sind nicht gerade idealeBotschafter für den Standort Bayern. So werden alleAnwerbebemühungen zur Negativwerbung. Wesentlichwird diese Gefahr durch ein innenpolitisches Klimaerhöht, das viele Ausländerinnen und Ausländer an derWeltoffenheit Bayerns zweifeln lässt. Auch hier muss dieStaatsregierung endlich zugunsten des Standortes Bay-ern handeln, selbst wenn es ihr noch so schwer fällt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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Die CSU leidet momentan an enormen geistigen undsprachlichen Verrenkungen. Sie kann nicht von ihrerideologischen und überholten Abschottungspolitik las-sen; aber die Wirtschaft zwingt sie, eine weltoffene Poli-tik zu machen. Gleichzeitig gegen Ausländer Wahlkampfzu machen und Bayern als Wirtschaftsstandort zusichern, das ist ein unmögliches Kunststück. Da greiftsogar ein sonst so besonnener Minister, wie Sie, HerrZehetmair, voll daneben. Die „Süddeutsche Zeitung“ hatSie mit dem Satz zitiert: „Der Argwohn gegen ausländi-sche Studenten darf nicht verallgemeinert werden.“ Die-sen Satz müssen Sie mir noch genauer erklären. Solldas heißen, dass der Argwohn in Ordnung ist, wenn ernicht verallgemeinert wird? Gegen wen darf er nicht ver-allgemeinert werden? Sie werden mir sicher noch sagen,was Sie damit meinen.

Herr Minister, Sie sind als Erster in der Pflicht, weiter fürdie Internationalisierung der Hochschulen und für einweltoffenes Bayern einzutreten. Wir sind uns mit Ihneneinig in dem Ziel, die Zahl der ausländischen Studieren-den in Bayern zu verdoppeln; Sie müssen die Weichendafür stellen. Die Hochschulpolitiker der CSU sind in derletzten Zeit leider ziemlich kleinlaut geworden. Endlichwaren Sie auch so weit, nachdem sie jahrelang unsereAnträge abgeschmettert haben, initiativ zu werden fürdie Internationalisierung der Hochschulen. Seit gerau-mer Zeit hört man nichts mehr von Ihnen, Totenstille.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Söder (CSU))

Sie haben sich zwar schon für Ihre Anträge in der Pressefeiern lassen; den parlamentarischen Weg gehen Sieaber nicht. Da braucht sich niemand zu beschweren,dass das Interesse am Hohen Haus ausgehöhlt wird,wenn das schon in der Presse gefeiert wird. Warum solldann noch jemand hier reinkommen?

Sie, Kolleginnen und Kollegen von der CSU, zumindestdie Hochschulpolitiker, sollten sich die Bemühungen, dieHindernisse abzubauen, nicht vom Sicherheitswahn desInnenministers kaputt machen lassen.

(Lachen bei der CSU)

Es ist doch völlig widersinnig und wirtschaftlich schäd-lich, wegen der Verbrechen Einzelner jetzt Zehntau-sende als Verbrecher zu verdächtigen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Ziel einer absoluten Sicherheit können wir nicht ein-mal erreichen, wenn wir überhaupt keine fremden Stu-dierenden mehr hereinlassen. Wir bestehen auf Verhält-nismäßigkeit. Deshalb lehnen wir eine Rasterfahndungab, die nicht von einem präzisen Täterprofil ausgeht,sondern alle Studenten „mit vermutlich islamischer Reli-gionszugehörigkeit und vermutlich legalem Aufenthalts-status“ in Deutschland aufs Korn nimmt. Das heißt: Jeunbescholtener ein Student ist, desto mehr läuft erGefahr, als Schläfer verdächtigt zu werden.

Der Datenschutzbeauftragte der TU München BerndRadig hofft, dass bald wieder Vernunft einkehrt: „Denn,

wer geht schon gerne in ein Land, in dem die PolizeiLebensumstände akribisch überwacht?“

Der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz KlausLandfried fordert, dass es für die Überprüfung von Stu-dierenden konkrete Verdachtsmomente geben müsse.Keinesfalls dürften die Ermittlungen in allgemeineBespitzelungen ausarten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Professor Gotthard Jasper von der Erlanger Universitätbefürchtet, dass die Rasterfahndung zu einer Stigmati-sierung der Muslime führen könnte.

Selbst TU-Präsident Herrmann sagt: Die innere Sicher-heit ist wichtig, aber die Rasterfahndung kann kein Dau-erzustand sein. Das beste Rezept gegen Extremismussei, ausländische Studenten in Gruppen zu integrieren,anstatt sie dem anonymen Alltag der Massenuniversitätzu überlassen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist unserer Überzeugung nach das beste Rezept fürmehr Sicherheit, nämlich Integration und Öffnung stattAngstmache und Abgrenzung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Kolleginnen und Kollegen, wir fordern Sie auf, mit unsdiejenigen in die Schranken zu verweisen, die uns fal-sche Sicherheiten vorgaukeln wollen und mit ihren vor-schnellen Rezepten mehr kaputt machen, als sie nutzen.Treten Sie mit uns für ein weltoffenes Bayern ein!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Nächster Redner istHerr Kollege Dr. Wilhelm. Bitte schön.

Dr. Wilhelm (CSU): Herr Präsident, meine sehr geehr-ten Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Dürr, heutehaben Sie mit enttäuscht.

(Beifall bei der CSU – Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN): Immerhin war das möglich!)

– Es war möglich, denn Sie enttäuschen mich ansonstenselten, Herr Kollege. Ich sage Ihnen Folgendes: Wirwaren in einer großen Anhörung am 4. April im Parla-ment – nicht vor der Presse –, an der hochkarätigeExperten teilgenommen haben, im Ergebnis entspre-chend den übereinstimmenden Aussagen der Expertender Ansicht, dass die Attraktivität des Hochschulstandor-tes Bayern in vielen konkreten Punkten durchaus gestei-gert werden kann, völlig in Übereinstimmung mit demHochschulstandort Deutschland. In Bayern ist die Situa-tion genauso wie in Deutschland, weil wesentliche Rege-lungen vom Bund zu erlassen sind, insbesondere diedes Arbeitserlaubnisrechts und des Aufenthaltsrechts.

Jetzt sagen Sie – das war die Ankündigung IhresAntrags –, es gebe ein Klima der Verdächtigungen, das

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Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 5279

die Staatsregierung eifrig schüre. Sie sagen, die Staats-regierung stelle alle Ausländer unter Generalverdacht.Sie sprechen von Bespitzelung. Bei intellektueller Red-lichkeit, die nach meiner subjektiven Beobachtung oft beiIhnen anzutreffen ist, hätten Sie darauf kommen können,dass das so nicht richtig ist. Heute im Plenum sprechenSie tatsächlich vom angeblichen Sicherheitswahn desInnenministers Dr. Beckstein. Sie fordern, die Staatsre-gierung solle wenigstens einmal sagen, dass ausländi-sche Wissenschaftler und Studierende in Bayern will-kommen seien.

Sie haben eine gewisse Orientierungslosigkeit gezeigt,was den Sitzplatz von Staatsminister Zehetmair anbe-langt. Anscheinend haben Sie auch einen gewissenGedächtnismangel aufzuweisen; denn StaatsministerZehetmair hat nicht nur einmal, sondern häufig – auch ineiner Initiative nach unserer Anhörung – genau daserklärt, was Sie vermisst haben. Ich kann Ihnen sagen:Unsere Anträge – die SPD hat zwei Anträge gestellt, Siehaben einen Antrag gestellt, und wir haben fünf Anträgein Vorbereitung – sind in allen Arbeitskreisen der Frak-tion mit kleinen Änderungen gebilligt worden. Dann istder 11. September gekommen. Der entsetzliche Mas-senmord ist mitverursacht worden von Leuten, die sichals Studierende in Deutschland eingeschrieben haben.

Im Bund sind sich fast alle einig, dass man überlegenmuß, was getan werden kann, um solche Extremistenund Terroristen zu erfassen, auch wenn sie an Universi-täten und Fachhochschulen studieren. Das versteht sichvon selbst, sodass ich mich wundere, dass Sie den Kon-sens derer, die vernünftig denken, verlassen und dassSie das, was eigentlich erfreulich war an diesem unend-lich unerfreulichen Vorfall, nämlich dass die westlichenGesellschaften mit all ihren politischen Kräften zusam-menstehen, aufgeben.

Ich lese vor, was das Kabinett mit Beschluß vom16.10.2001 will: Bei Angehörigen bestimmter Staatenmüssen die Visaanträge mit den Datenbeständen derSicherheitsbehörden abgeglichen werden. Was kannman dagegen sagen? – Mir fällt nichts ein. Für Perso-nen, bei denen konkrete Anhaltspunkte für eine extre-mistische Betätigung vorliegen, muß ein zwingendesEinreise- und Aufenthaltsverbot bestehen. Der Aufent-halt von Ausländern, die Sicherheitsgefahren darstellen,muß beendet werden. Der Abschiebeschutz für auslän-dische Extremisten muß eingeschränkt werden. Wasman an diesen Maßnahmen kritisieren kann und wieman zu der völlig verstiegenen Formulierung „Sicher-heitswahn“ kommen kann, das müßten Sie mir schonsehr lang erklären, und ich würde es vermutlich immernoch nicht verstehen.

(Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Das liegt dann aber nicht an uns!)

– Geschenkt.

Die Maßnahmen, die notwendig sind, um ein wissen-schaftsfreundliches Profil des Arbeitserlaubnisrechtsund des Aufenthaltsrechts zu schaffen, werden auchvom Innenminister und der Staatsregierung gebilligt.Dass nach dem 11. September einiges zusätzlich zu

überlegen ist, versteht sich wohl von selbst. Wir werdenmit dem Innenminister und den Innenpolitikern der Frak-tion abgestimmte Anträge, mit denen auch Sie vernünfti-gerweise ganz gut leben werden können, vorlegen undhoffentlich den Konsens der Fraktionen in dieser wichti-gen Frage wiederherstellen, wenn Sie davon Abstandnehmen, ein Übersoll an Oppositionspolitik zu erfüllen.

(Beifall bei der CSU)

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Nächste Rednerin istFrau Kollegin Dr. Baumann.

Frau Dr. Baumann (SPD): Herr Präsident, Kolleginnenund Kollegen! Ich finde, es handelt sich hier um einschwieriges Thema, vor allem in den Tagen nach dem11. September. Um gleich auf Sie einzugehen, Herr Dr.Wilhelm: Das Fatale ist, dass die Terroristen Studierendewaren, denn Studierende haben in der BundesrepublikDeutschland schon von jeher den Geruch der subversi-ven Tätigkeit gehabt. Studierende Gruppen sind auch inden Sechziger- und Siebzigerjahren zu Zeiten der SPD-Regierung schnell als „Rote Zellen“ abgestempelt wor-den. Mit diesem Wort wird in München gerade auf fataleArt und Weise Kommunalpolitik gemacht. Was hätte sichan der Situation geändert, wenn die Terroristen Kfz-Me-chaniker gewesen wären, angestellt bei einer der großendeutschen Automobilfirmen? Würde man deshalb keindeutsches Auto mehr kaufen, oder würde man deswe-gen sein Auto nicht mehr in eine einschlägige Werkstattzur Reparatur bringen? Bei den Studierenden wird jetztallerdings – Herr Kollege Dr. Dürr hat den Artikel in der„Süddeutschen Zeitung“ vom 10. Oktober angesprochen– die Rasterfahndung durchgeführt. Nach den Erfahrun-gen der Siebzigerjahre halte ich von der Rasterfahndungnichts.

(Zuruf von der CSU)

– Ich bin aber gern bereit, dazuzulernen, um gleich aufden Zwischenruf einzugehen. Ich glaube nicht, dass esunser Ziel sein kann, bestimmte Gruppen, die automa-tisch stigmatisiert werden, in die Sache hineinzuziehen.

Ich will einmal versuchen zu rekapitulieren, was sich inder Bundesrepublik in den letzten fünf Jahren getan hat,um Deutschland für ausländische Studierende interes-santer zu machen. Über alle Parteien hinweg war mansich einig, dass wir mehr ausländische Studierendebrauchen, dass mehr deutsche Studentinnen und Stu-denten ins Ausland gehen sollten und dass der Aus-tausch florieren muß. Wir in Bayern haben das fürbesonders wichtig gehalten, weil in Bayern die Abiturien-ten- und Studierendenquote niedriger ist als im Bundes-durchschnitt.

Am 18.12.1996 wurde in einer gemeinsamen Erklärungder Regierungschefs von Bund und Ländern zur Steige-rung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Stu-dienstandortes Deutschland festgelegt, Erleichterungenbeim Hochschulzugang für Ausländer zu finden und ver-stärkte internationale Ausrichtungen des Studienange-botes einzuführen. Das ist zum Teil mit Bachelor- undMasterabschlüssen geschehen. Außerdem ging es um

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den Ausbau der Weiterbildungsangebote, die Verleihunginternational anerkannter Studienabschlüsse – ich sagtees gerade – und die Gewährleistung sozialer und fachli-cher Betreuung ausländischer Studierender. Diesesumzusetzen, war gemeinsame Absicht vor fünf Jahren.

Im Januar dieses Jahres hat die Bundesregierung170 Millionen DM aus UMTS-Erlösen zur Verfügunggestellt unter dem Motto „brain gain statt brain drain“, umausländische Wissenschaftler in die Bundesrepublik zuholen und umgekehrt deutsche Wissenschaftler, die imAusland promoviert und ihre Post-Doc-Phase absolvierthaben, zurückzuholen. Aus vielen Diskussionen mitNobelpreisträgern und mit Mitnobelpreisträgern deut-scher Herkunft, die erst kürzlich in den USA ihre nobel-preiswürdigen Tätigkeiten wieder aufgenommen haben,wissen wir, dass es nicht an der fachlichen Ausrichtungin Deutschland liegt. Es liegt nicht daran, dass die Lehr-stühle nicht gut ausgestattet wären, sondern daran, dasses bestimmte bürokratische Hemmnisse gibt. Im Bundversuchen wir – ich hoffe gemeinsam –, dem Problemmit einer Änderung des Hochschulrahmengesetzes zubegegnen.

Vieles hängt auch vom Klima ab. Dies haben wir in vie-len Anhörungen erörtert. Ich führe hierzu auch die Anhö-rung des Ausschusses zur Forschungspolitik, For-schungsstandort Bayern im Jahr 2000, an, in der vonden Experten einmütig ein ausländerfeindliches Klima inBayern und in ganz Deutschland festgestellt worden ist.Ich will gar nicht behaupten, dass das in Bayern beson-ders schlimm wäre; die Haltung gegenüber Ausländerndifferiert in den einzelnen Bundesländern nicht so stark.Die Bemühungen aber, dem ausländerfeindlichen Klimaentgegenzuarbeiten, sind in der Tat sehr unterschiedlich.

Kollege Dr. Wilhelm, Sie erwähnten schon die Anhörungim Hochschulausschuss am 4. April 2001 zur Frage, wasgetan werden kann, um Bayern für Studierende undjunge Wissenschaftler aus dem Ausland attraktiver zumachen. Ich bin immer noch der Ansicht, dass wir ein-mütig über die Parteien hinweg festgestellt hatten: WennBayern seinen Standard in Wissenschaft und Wirtschaftund damit den Wohlstand der bayerischen Bevölkerunghalten möchte, muss der Anteil hochqualifizierender Stu-dierender aus dem Ausland stärker wachsen als bisher.Viele Möglichkeiten wurden unter dem Gesichtspunktder Entbürokratisierung des Ausländerrechtes debat-tiert. Die verschiedenen Fraktionen haben nach demaufmerksamen Lesen des Protokolls der Anhörung dazuAnträge gestellt. Die SPD hat einen Antrag gestellt. DieGRÜNEN waren noch schneller als wir mit ihren Anträ-gen. Die CSU hatte Anträge angekündigt. Seitdem lagertalles im Verfassungsausschuss; dort geht es nicht wei-ter. Das ist nicht unser Verschulden. Ich vermute, dassdie CSU-Fraktion noch nicht so weit ist, dass sie sich mitihrer Mehrheit hinter bestimmte Vorstöße des Arbeits-kreises Hochschule der CSU-Fraktion wirklich stellenkönnte.

Wissenschaftsminister Zehetmair forderte direkt nachder Anhörung am 9. April per Presseerklärung die Ein-führung einer White card, weil die Green card der Bun-desregierung und auch die Blue card der BayerischenStaatsregierung nicht weit genug gehen würden; für aus-

ländische Wissenschaftler müsste eine White card ein-geführt werden. Ich zitiere aus der Presseerklärung vom09.04.01:

Studenten und Wissenschaftler, die aus dem Aus-land nach Deutschland kommen möchten, stündeneiner Vielzahl verschiedener und schwer über-schaubarer Regelungen des Aufenthalts- und Visa-rechts sowie restriktiven Vorschriften bei einerArbeitsaufnahme gegenüber.

Das ist Originalton Zehetmair. – Im Mai haben die EU-Bildungsminister einen europäischen Bildungsraum miterleichterten Zuzugsmöglichkeiten für Studierende undForscher vereinbart. Das ist der politische Wille, dessenUmsetzung aber auf der Strecke bleibt. Seit den Attenta-ten am 11. September sind wir mental wieder so weit zufordern: kontrollieren vor studieren; Rasterfahndung anden Universitäten. Die Universitäten versuchen, denSchaden zu begrenzen. Ich muss gestehen, dass ichkeine Patentlösung dafür habe, wie man Schläfern in derBundesrepublik auf die Spur kommen könnte; ich bin daratlos.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Ich sehe jedenfalls keinen Sinn darin, Studierende jetztnach ihren Herkunftsländern zu sortieren. Wir müssengemeinsam – Kollege Dr. Dürr hat das vor einem Jahroder zwei Jahren so genannt – ein Welcome-Klimaschaffen. Wir müssen uns darum bemühen, an denbayerischen Hochschulen einen Welcome-Service ein-zuführen. Dieser Gedanke findet sich in den Anträgender Oppositionsfraktionen wieder: Wir wollen die Auslän-derämter an den Hochschulen zu Servicestellen aus-bauen. Wir wollen – darauf wird Kollege Volkmann nochnäher eingehen – die Studienkollegs verbessern. Es istnicht mit mehr Personal für die Studienkollegs getan,sondern man muss die Tätigkeit der Studienkollegszusammenführen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Die Tatsache, dass ein Studienkolleg beim Wissen-schaftsministerium und das andere beim Bildungsminis-terium angesiedelt ist, dient nicht der Beschleunigungder Arbeit. Wir als Politiker, die sich für die Wissenschaftbegeistern und sich dafür engagieren, dass sich Auslän-der hier wohlfühlen können, müssen ein Interesse daranhaben, dass die Studienkollegs in einer Hand zusam-mengeführt werden.

(Beifall bei der SPD)

Es gibt etwas, das mir in den letzten Wochen zuneh-mend Sorge gemacht hat. Zum Welcome-Service fürausländische Studierende gehört auch ein virtuellesAngebot an den Hochschulen. Wir haben über die virtu-elle Hochschule an dieser Stelle schon oft diskutiert undwaren hinsichtlich der Konzepte nicht einer Meinung. Ichbefürchte, dass unsere Bedenken wegen des Konzeptesder CSU richtig waren: Die virtuelle Hochschule stehtohne Rektor da und pfeift finanziell aus dem letztenLoch. Wir hatten damals vom Ministerium Finanzie-rungskonzepte erwartet. Wenn schon das Internet-Portal

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nicht funktioniert, schafft man damit keinen Zugang fürausländische Studierende.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Nächster Redner istHerr Kollege Kreuzer, bitte.

Kreuzer (CSU): Herr Präsident, liebe Kolleginnen undKollegen! Kollege Dr. Wilhelm hat eindrucksvoll klargemacht, dass es uns allen darum geht, den Wissen-schaftsaustausch zu fördern und ausländische Studen-ten in unser Land zu holen. Wir fordern auch, dass Stu-denten aus Bayern ihre Ausbildung im Ausland absolvie-ren, da dies dem Freistaat nützt, den Menschen nütztund zur Völkerverständigung beiträgt. Herr KollegeDr. Dürr, wer aber einen Gegensatz zwischen diesemZiel und der Sicherheit der Menschen herstellt, ist einwandelndes Sicherheitsrisiko in diesem Land.

(Beifall bei der CSU – Lachen beim BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN – Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN und von der SPD)

Wir müssen ganz klar erkennen, dass wir nach dem 11.September die Verantwortung dafür haben, Sicherheitfür unsere Bürgerinnen und Bürger und für alle Bürgerin-nen und Bürger in der Welt zu gewährleisten. Das eineschließt das andere nicht aus. Wir müssen alles tun,damit sich Attentate wie in New York und Washingtonzukünftig nicht wiederholen.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Wir tun dies im Interesse unserer Bevölkerung und auchim Interesse aller ausländischer Studierenden und fürdie Bevölkerung in deren Heimatländern. Dass Siesagen, dass in diesem Fall Maßnahmen nicht ange-bracht sind, zeigt, dass Ihre Partei die Zeichen der Zeitnicht erkannt hat. Sie sind der Entwicklung nach dem 11.September weder außenpolitisch noch innenpolitischgewachsen. Meine Damen und Herren, Sie versagen aufder ganzen Linie.

(Beifall bei der CSU)

Aufgrund der Erfahrungen, die wir in Hamburg gemachthaben, müssen wir zukünftig Studierenden daraufhinüberprüfen, ob sie bei uns ihre Ausbildung absolvierenwollen oder andere Ziele verfolgen, etwa das Ziel, terro-ristische Attentate zu begehen. Jeder in diesem Landversteht das, nur nicht die Kollegen Dr. Dürr und FrauBaumann.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Dürr (BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN))

Eine Rasterfahndung ohne Täterprofil, wie Sie vorhersagten, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Die Rasterfahn-dung benötigt ein Täterprofil und führt dazu, dass alle,die nicht verdächtig sind, von vornherein ausgeschlos-sen werden und diejenigen, die in das Raster passen,überprüft werden. Damit wird niemand beschuldigt, son-

dern wir müssen Gefahren ausschließen. Wer sich demwidersetzt, wird seiner Verantwortung den Menschengegenüber nicht gerecht, der nimmt billigend in Kauf,dass wir Täter, die Ähnliches planen, wie am 11. Sep-tember in New York geschehen ist, nicht identifizierenkönnen und ihrer nicht habhaft werden, und der geht dasRisiko ein, dass sich derartige Dinge wiederholen. Daswill ich Ihnen ganz klar sagen.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Dieser Verantwortung entkommen Sie nicht. Sie sindjetzt gefordert – Gott sei Dank nicht in Bayern, aber dochin Berlin –, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dasswir mehr Sicherheit für die Menschen in Deutschlandund für die Menschen auf der ganzen Welt bekommen,und zwar nicht zu Lasten der Studenten; das will ichganz klar betonen.

Aber wer diese Zeichen nicht erkennt, der spricht wie einBlinder von der Farbe, der wird seiner Verantwortungnicht gerecht und dem kann man auch keine politischeVerantwortung in diesem Land übertragen.

(Beifall bei der CSU)

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer : Als nächster Rednerhat Herr Kollege Dr. Hahnzog das Wort.

(Hofmann (CSU): Befasst der sich jetzt mit Schily?)

Dr. Hahnzog (SPD): Herr Präsident, liebe Kolleginnenund Kollegen! Eines wundert mich sehr: Unser Aus-schuss ist dafür bekannt, dass er die Angelegenheitensehr schnell und intensiv behandelt. Wir setzen immerwieder die Anträge über die Studierenden an den Hoch-schulen auf die Tagesordnung, und dann kommt immerwieder ein Sendbote aus den Reihen der CSU und teiltmit, dass die CSU überlege, ob sie zum Thema derAnträge der SPD und der GRÜNEN eigene Anträge stel-len könne, aber noch nicht soweit sei. Das war schon vordem 11. September der Fall, und deswegen geht dieSache nicht voran. Sie, Herr Wilhelm, schmücken sichnach außen mit großen Vorhaben, aber es kommt nichts.

(Dr. Wilhelm (CSU): Seien Sie ganz beruhigt, eswird etwas Gutes kommen! – Dr. Dürr (BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN): Ist Beckstein jetzt Hoch-schulpolitiker?)

Es gibt den dicken Bericht der bayerischen interministe-riellen Arbeitsgruppe „Zuwanderungssteuerung undZuwanderungsbegrenzung“. Dieser unter Federführungdes Innenministeriums erstellte Bericht stammt vomDezember 2000. Dort ist auf Seite 128 zu lesen:

Die Steigerung der Attraktivität Deutschlands undBayerns für qualifizierte ausländische Wissen-schaftler und Studierende ist zur Sicherung unseresWissenschaftsstandorts unerlässlich.

Wer sonst die Entscheidungsfreude und den Willen derStaatsregierung, immer an der Spitze der Bundesrepu-blik zu marschieren, kennt, der fragt sich, ob es an der

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Staatsregierung liegt, dass diese „unerlässliche Steige-rung“ der Attraktivität nicht kommt oder ob die Fraktionder CSU eine Bremse darstellt. Das ist die generelleSituation.

Herr Kreuzer, über das Thema Ihrer Ausführungen kannman in einem anderen Zusammenhang diskutieren.Besonnenheit ist aber auch nach dem 11. Septembererforderlich, sonst machen wir unsere eigene Gesell-schaft kaputt. Das wäre der größte Sieg für diese Terro-risten, und den sollten wir ihnen nicht gönnen.

(Beifall bei der SPD und beim BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt eine Menge Dinge, die mit dem 11. Septembernichts zu tun haben. Warum dürfen ausländische Studie-rende in der Regel nur 90 Tage im Jahr arbeiten? Dabeiwird auch ein täglicher Zweistundenjob angerechnet.Das hat wirklich nichts mit dem 11. September zu tun.Warum gibt es Schwierigkeiten beim Nachzug von Ehe-gatten? Auch Studenten sind heute sehr oft verheiratet.Diese entscheiden sich oft dafür, nur dann in ein fremdesLand zu gehen, wenn sie gemeinsam dorthin gehen kön-nen. Nach unseren ausländerrechtlichen Vorschriftenreicht es nicht aus, wenn ein ausländischer Studierenderein Stipendium erhält, welches auch die Lebenshal-tungskosten des Ehegatten abdeckt, um den Ehegattennachkommen zu lassen.

Ich erinnere weiter an das Theater, welches gemachtwird, wenn ein Studierender sein Studium in der norma-len Zeit abgeschlossen hat und ein Zusatz- oder Ergän-zungsstudium absolvieren will. Bei all diesen Fällen gibtes unendlich viele Schwierigkeiten, die Sie kennen. Dasalles hat nichts mit dem 11. September zu tun. Deshalbnehmen Sie von der CSU von Ihrer AnkündigungspolitikAbstand. Schaffen Sie die notwendigen Grundlagen,damit Bayern wirklich attraktiv wird, und erfinden Sienicht dauernd neue Ausreden!

(Beifall bei der SPD und beim BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN)

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Der nächste Redner istHerr Kollege Dr. Spaenle.

Dr. Spaenle (CSU): Herr Präsident, verehrte Kollegin-nen und Kollegen! Die Situation ausländischer Studie-render in unserem Land hat – in dieser Beziehung hatHerr Kollege Hahnzog Recht – ohne Zweifel nur bedingtmit dem 11. September zu tun. Es hat sich aber deutlichgezeigt – da kann ich die klaren und präzisen Ausführun-gen von Herrn Kollegen Kreuzer unterstreichen –, dasssich mit dem 11. September selbstverständlich die Situa-tion auch in diesem für unseren Wissenschaftsstandortzentralen Bereich der ausländischen Studierendengrundlegend verändert hat.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Dürr (BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN))

Insofern ist auch die Überlegung, wie sich die Landes-hauptstadt München in dieser Frage verhält, natürlich

Gegenstand einer intensiven öffentlichen Auseinander-setzung, die wir offensiv führen werden.

Intensiv beschäftigen müssen wir uns – und das ist keinWiderspruch, im Gegenteil – mit der Tatsache, dass wirauf der einen Seite bürokratische Hemmnisse haben,auf der anderen Seite eine Zuwanderung von qualifizier-ten Fachkräften erreichen wollen. Da hat gut Ding Weile.Die intensive Befassung mit der Frage, welche Maßnah-men zu welchem Zeitpunkt getroffen werden, um dasangestrebte Ziel zu erreichen, hat Vorrang vor populisti-schen oder vermeintlich gut gemeinten Schnellschüs-sen. Sie können davon ausgehen, dass wir mit unseremsich in Arbeit befindenden Maßnahmenpaket diesen bei-den Polen Rechnung tragen werden. Wir werden dieangesprochenen Defizite ausräumen, wobei wir in dieserBeziehung auf einer Linie liegen, Herr Kollege Dr. Hahn-zog. Auf der anderen Seite werden wir das besondereBedürfnis, auch bezüglich der Studierenden aus demAusland für ein hohes Sicherheitsniveau zu sorgen,berücksichtigen. Diese beiden Pole müssen zusammen-geführt werden. In diesem Zusammenhang widerspre-chen sich weder die Aussagen der beiden StaatsministerZehetmair und Beckstein noch diejenigen der KollegenWilhelm und Kreuzer.

Ein besonders wichtiger Punkt neben den ausländer-rechtlichen Fragen ist die Situation, die die ausländi-schen Studierenden vorfinden, wenn sie nach Bayernkommen. Neben der Notwendigkeit, sich in das Milieuund die Sprache einzufinden, gibt es ein besonderesProblem, nämlich den mangelnden studentischenWohnraum. Hier müssen entsprechende Maßnahmenergriffen werden. Die Notwendigkeit zusätzlicherAnstrengungen konzentriert sich wiederum auf denStandort München. Die Forderung des ORH bezüglichder Rückstellungen der Studentenwerke, die bayernweitGültigkeit hat, ist für München zurückzuweisen. In Mün-chen müssen Rückstellungen weiterhin möglich seinbzw. diese Rückstellungen für den Mitteleinsatz für denBau neuen studentischen Wohnraums, der zu einemgroßen Teil ohnehin von ausländischen Studierendenbevorzugt belegt werden kann, ermöglicht werden.

Ich glaube, dass wir vor einer großen Aufgabe stehen,die wir allerdings mit der nötigen politischen Muße ange-hen müssen, um das rechte Maß zu finden. Wir müssenauf der einen Seite den dringend notwendigen attrakti-ven Standort für Wissenschaft und Forschung bzw. fürausländische Studierende und Wissenschaftler schaf-fen, und dies auf der anderen Seite mit der auf die grund-legenden Veränderung unserer gesamten Lebenssitua-tion, die die Ereignisse nach dem 11. September mit sichgebracht haben, in Einklang bringen.

(Beifall bei der CSU)

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Der nächste Redner istHerr Kollege Volkmann.

Volkmann (SPD): Herr Präsident, meine Damen undHerren! Die Debatte ist insofern ausgesprochen interes-sant, als wesentliche Teile der Redner der CSU dasThema dieser Aktuellen Stunde völlig verfehlt haben,

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Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 5283

weil sie an der Frage vorbeigegangen sind, wie dieSituation ausländischer Studierender in Bayern verbes-sert werden kann.

(Beifall bei der SPD und beim BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben sich nur darauf konzentriert, den GRÜNENVorwürfe zu machen, sie seien nicht loyal, zuverlässigoder sonst etwas. Das können Sie von der CSU beijedem anderen Thema machen; hier war dies jedoch fehlam Platz. Ich finde es schade, dass Sie das getanhaben.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Dürr (BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN))

Das Thema der Aktuellen Stunde ist in einer Hinsichtnichts Besonderes. Es handelt sich nämlich um einenjener zahlreichen Fälle, in denen die Staatsregierungwieder deutlich macht, dass das Beste an ihr dieReklame ist, die sie macht.

(Beifall bei der SPD – Frau Elisabeth Köhler (BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN): Das stimmt!)

Sie kündigen vollmundig an, Jungakademiker schnellernach Deutschland kommen zu lassen. „Wir wollen“ – wiees so schön heißt – „die besten Köpfe nach Bayernholen“. Herr Zehetmair sagt: „Wir wollen den Anteil derausländischen Studenten verdoppeln“. Das sind alleslöbliche Absichten. Aber die Realität sieht so aus, dassin den meisten, ja in fast allen westlichen Ländern dasStudium für ausländische Studenten – insbesondere ausder Dritten Welt – auf vielfältige Art und Weise gefördertwird, sei es durch Stipendien oder die Bereitstellung vonWohnheimen, während ihnen bei uns der Aufenthalteher erschwert wird.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Das ist der eigentliche Vorwurf, den ich mache. Hier giltes, Verbesserungen anzustreben. Erschwernisse gibt esbei der Erteilung von Visa, bei den Aufenthaltserlaubnis-sen und bei der Genehmigung zur Ausübung eines Stu-dentenjobs. Herr Dr. Hahnzog hat bereits auf diesenAspekt hingewiesen. Das ist etwas, was Sie, meineDamen und Herren, nicht nur zum Nachdenken veran-lassen sollte, sondern auch dazu, die Situation dieser zuuns kommenden jungen Leute zu verbessern.

Ein wesentlicher Aspekt hierbei ist das Studienkolleg inMünchen. Dies ist eine Einrichtung, die Studenten ausLändern, deren Abitur bei uns nicht als Hochschulreifeanerkannt wird, ein Jahr lang auf das Studium vorberei-tet. Das ist grundsätzlich vernünftig. Diese Leute, diedort hinkommen, können bereits Deutsch und müssensich einer durchaus strengen Aufnahmeprüfung unter-ziehen. Diese Aufnahmeprüfung hat übrigens eine hoheDurchfallquote. Diejenigen, die diese Aufnahmeprüfungbestehen, sind berechtigt, sich in diesem Studienkollegein Jahr lang auf das Studium an einer deutschen Uni-versität vorzubereiten.

Trotz der hehren Ziele, die gerade hier in Bayern immerwieder angekündigt werden, ist die Situation leider so,dass etwa ein Viertel dieser Bewerber – ich rede jetztnicht von denjenigen, die die Prüfung nicht bestandenhaben, sondern von denjenigen, die diese Prüfungbestanden haben – abgewiesen wird. In den letzten drei-einhalb Jahren waren dies über 350 Bewerber; sie sindmit großen Hoffnungen und Erwartungen nach Münchengekommen und werden jetzt trotz Qualifikation nachHause geschickt. Sie müssen sich einmal vorstellen,welche Auswirkungen das bei diesen Menschen, ihrerVerwandtschaft und in den Ländern, aus denen sie kom-men, hat.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Ich möchte ein Zitat aus der „Süddeutschen Zeitung“bringen; es stammt vom August diesen Jahres:

Nach jeder Aufnahmeprüfung

– so schilderte es die Leiterin dieses Kollegs aus denletzten Semestern –

haben sich in ihrem Direktorat dramatische Szenenabgespielt, wenn junge Menschen, die alle formalenVoraussetzungen für ein Studium in Bayern erfüllen,wieder nach Hause geschickt werden müssen. DieFrage, warum in allen Medien zu hören und zu lesensei, dass ausländische Studierende auch in Bayernwillkommen seien, kann ich den enttäuschtenBewerbern nicht beantworten.

So die Leiterin. Das ist natürlich eine Frage, die sie nichtbeantworten kann. Da fehlen einem die Worte dazu, undso etwas gehört wirklich schleunigst geändert.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Die Staatsregierung hinkt deutlich hinter dem her, wassie vollmundig verkündet. Das ist bitter. Aber dasgeschieht viel öfters, als Sie es in den Medien lesen kön-nen.

Wir haben übrigens eine ähnliche Situation am Studien-kolleg in Coburg. Es gibt, wie Sie vielleicht wissen, dortein zweites Studienkolleg zur Vorbereitung auf das Stu-dium an der Fachhochschule. Dort sind die Zuständeteilweise sogar schlimmer, weil die Bewerber dort nochgrößere Schwierigkeiten haben, zu ihrem Recht zu kom-men.

Ich habe an die Staatsregierung und an die CSU-Frak-tion gerade bei diesem Thema die ganz nachhaltigeBitte: Machen Sie in Zukunft etwas weniger Reklameund tun Sie stattdessen mehr; dann wäre allen in diesemBereich geholfen.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

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Präsident Böhm: Bevor ich dem Herrn Staatsministerdas Wort erteile, möchte ich als Besucherin bei unsbegrüßen die Ministerin der Justiz aus Ungarn, Frau Dr.Ibolya David,

(Allgemeiner Beifall)

und in ihrer Begleitung Herrn Generalkonsul Prof. Dr.György Gyarmathy. Auch herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Ich wünsche Ihnen, dass Sie positive Eindrücke ausBayern und aus Bayerns Parlament mit nach Hausenehmen. Jetzt hat das Wort Herr Minister Zehetmair.

Staatsminister Zehetmair (Wissenschaftsministerium):Herr Präsident! Hohes Haus! Zunächst eine Vorbemer-kung: Ich bedaure sehr, dass diese so wichtige Frageaus der Aktuellen Stunde in den unmittelbaren Zusam-menhang ideologischer Relikte aus dem 11. Septembergesetzt wird. Der 11. September hat die Welt in vielenBereichen verändert. Das geht an den Hochschulennicht vorbei. Ich halte es für redlich, wenn Frau KolleginBaumann sagt, sie sei für ein Endergebnis noch offen,wenngleich das Wort „Rasterfahndung“ ihr nicht sympa-thisch sei. Das ist für uns nicht die Frage.

Wir müssen uns mit der Tatsache auseinandersetzen,dass diese Schläfer an deutschen Hochschulen einge-schrieben waren. Wir tun unseren Studentinnen und Stu-denten aus dem Ausland keinen guten Dienst, wenn wirdie Augen davor verschließen.

(Beifall bei der CSU)

Es geht um den Schutz der ausländischen Studentinnenund Studenten. Wer nichts anstellt oder nichts angestellthat, braucht nichts zu befürchten. Herr Innenminister, ichsagen Ihnen in aller Offenheit, dass ich sogar darübernachdenke, ob wir für alle Studentinnen und Studentenan unseren Hochschulen eine Form finden, durch diekeine Verdächtigungen aufkommen können.

Genauso deutlich will ich auch sagen, dass ich es nichtmag, wenn man diesen Verdächtigungen – das war auchmeine Aussage in der Zeitung – folgendermaßen verall-gemeinernd Nachdruck gibt: Ja, der Unruheherd ist anden Hochschulen; das kann dies oder jenes sein. Beiuns wird das besonders registriert, denn dort, wo es einegebündelte Intellektualität gibt oder man sie zu findenglaubt, sind natürlich auch immer attraktivere Ansprech-partner zu finden als sonst irgendwo. Dort ist es fokus-siert. Das sollten wir doch einmal ganz redlich und deut-lich ansprechen.

Die Internationalisierung unserer Hochschullandschaftist und bleibt eines der zentralen Anliegen der Hoch-schulpolitik der Staatsregierung. Herr Volkmann, mitdem Ausdruck „Vorankündigung“ können Sie mich mitSicherheit nicht treffen. Ich bleibe dabei, dass ich eine50-prozentige Erhöhung anstrebe. Ich sage Ihnen aberauch deutlich, dass wir in den letzten zehn Jahren dieZahl der ausländischen Studierenden an den bayeri-

schen Universitäten bereits um 46% erhöht haben. Wirliegen mit insgesamt 20400 Studentinnen und Studen-ten im Wintersemester 2000/2001 bei 10% ausländi-scher Studenten, die bei uns eingeschrieben sind. Wirhaben damit einen deutlichen Erfolg erzielt. Das warauch deshalb möglich, weil der Herr Kollege Innenminis-ter in der Frage der Vorabgenehmigung für einreisendeWissenschaftler enorm entgegenkommend war, zugege-benermaßen erst nach langen Verhandlungen; diesesind aber beim Bundesinnenminister und bei den ande-ren Länderinnenministern in gleicher Weise gelaufen.Das erlebt jede Kollegin und jeder Kollege von mir, dassman zunächst intensiv diskutieren muss.

Zur Frage der Werbung mit den UMTS-Erlösen nur dies:Sie wissen, dass ich das mit der Kollegin Bulmahngemeinsam propagiert habe; da stehen wir an einerFront. Daran gibt es keinen Zweifel. Wenn Sie Scheinge-fechte im Parlament austragen wollen, suchen Sie sichandere Themen. Das jetzt diskutierte Thema ist für denRuf unseres Landes viel zu wichtig, als dass man soargumentieren dürfte, der eine habe mehr getan, derandere weniger.

(Beifall bei der CSU)

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie sehr, alle aneinem Strang zu ziehen. Dazu gehört auch, dass ich dasHohe Haus bitte, die Wohnraumsituation sehr ernst zunehmen.

(Beifall bei der CSU und bei Abgeordneten der SPDund des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kollegen Abgeordneten aus München, ihr müsstethier am meisten tun; ihr tut bis jetzt am wenigsten.

(Widerspruch bei der SPD)

– Nein, da hilft nichts. Mit Worten können Sie die Faktennicht widerlegen. Es gibt außer München keinen Hoch-schulstandort, für den ich kaum Leute anwerben kann;denn in München haben wir mindestens 3000 Wohn-heimplätze zu wenig. Wir haben immer noch keine Ant-wort vom Bundesverteidigungsminister auf die Bitte, obman Liegenschaften der Verteidigung freigeben könnte.

Wir haben jetzt im Neubau Panzerwiese 550 Plätze vor-gesehen, und in Garching sind es 150.

(Frau Dr. Baumann (SPD): Aber der Haushaltsaus-schuss hat dafür die Mittel gestrichen!)

– Darauf komme ich gleich noch.

(Weiterer Zuruf der Frau Abgeordneten Dr. Bau-mann (SPD))

Wenn Sie dies dazwischenrufen, darf ich gleich Folgen-des dazu sagen: Es war ein Fehler, dass diese Mittelgestrichen wurden. Verursacht war dies – meine Damenund Herren, Sie müssen nicht alle Schuld auf sich neh-men – durch den Obersten Rechnungshof. Der ORH hatden Vorwurf erhoben, dass die Studentenwerke zuvielGeld horten. Wir haben dem Rechnung getragen, weil

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wir oft bemüht sind, dem ORH zu folgen. Aber das warwieder einmal ein falscher Ratschlag, den er uns gege-ben hat, weil er unsere Flexibilität beeinträchtigt.

(Beifall der Frau Abgeordneten Dr. Baumann (SPD))

Das will ich ganz deutlich sagen. Daher bitte ich auchdas Hohe Haus, daraus die Konsequenzen zu ziehen.Letztlich muss die Verantwortung bei den gewähltenLeuten verbleiben.

(Beifall bei der CSU)

Das Thema Studienkolleg ist ein Ärgernis. Ich habe Kol-legin Hohlmeier gebeten – und wir sind uns einig –, andiese Frage intensiv heranzugehen. Ich darf an dieseHälfte des Hohen Hauses gerichtet aber auch sagen: Ichbitte Sie ganz herzlich, massiv bei der von Ihnen gestell-ten Bundesregierung dagegen vorstellig zu werden,dass – welch ein Wahnsinn – jetzt für die deutschenSchulen im Ausland wieder 50 Millionen DM gestrichenwerden. Das können Sie dann alles vergessen. Aus Bul-garien kommen unglaublich viele Studenten zu uns, weiles dort eminent gute deutsche Schulen gibt. Ähnlichesgilt für einige osteuropäische Länder. Nur ein paar Zah-len: Im vergangenen Wintersemester kamen 4600 Stu-dierende aus osteuropäischen Ländern – das sind knapp70% mehr als im Wintersemester 1998/99. Dabei hatsich die Zahl der Studenten aus Bulgarien von 137 imWintersemester 1996/97 auf 925 im Wintersemester2001/02 erhöht. Ähnlich hat sich die Zahl der Studieren-den aus der Ukraine verdreifacht. Aus Polen kommen828 Studentinnen und Studenten, aus Ungarn 655, HerrBotschafter und Frau Ministerin, und aus Rumänien 478.Wir wären auf einem guten Weg. Allerdings tun wir zuwenig für das Erlernen der deutschen Sprache in denHerkunftsländern, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU)

Deswegen bitte ich Sie, dass darüber Konsens besteht.Es geht nicht um eine Auseinandersetzung zwischenHochschulpolitik und Sicherheitspolitik. Wir wollensichere Einrichtungen sein im sichersten Land Deutsch-lands, im Freistaat Bayern. Wir wollen uns in Bayern undin Deutschland auch um die Intellektuellen und um dieElite für Wissenschaft, Wirtschaft und Forschung weitergemeinsam bemühen. Dazu gehört vor allem auswärtigeKulturpolitik. Wir werden das Unsere weiter nicht nurankündigen, sondern auch in Taten vollbringen.

(Beifall bei der CSU)

Präsident Böhm: Als nächster hat Herr Kollege Nadlerdas Wort.

Nadler (CSU): Herr Präsident, liebe Kolleginnen undKollegen! Da wirft uns Kollege Volkmann vor, wir hättendas Thema verfehlt, weil wir uns zu sehr mit dem11. September beschäftigten. Lieber Herr Volkmann,kennen Sie die Pressemitteilung der GRÜNEN? Darinsteht: Integration und Öffnung statt Angstmache undPanik. Man macht also am 11. September ein Themafest. Wenn ich mich recht erinnere, hat Kollege Hahnzog

eben ausgeführt, dass das mit dem 11. September allesnichts zu tun hat. Jawohl, der Mann hat recht. Es wäreaber ehrlicher gewesen, wenn sich die GRÜNEN heutenur mit der Internationalisierung beschäftigt hätten.Damit erzielt man allerdings in der Öffentlichkeit nichtdas Aufsehen, das man haben möchte.

(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Hat der11. September nichts mit Internationalisierung zutun?)

Ich sage: Ihnen geht es nicht um die Sache, sondernIhnen geht es um den Wirbel, den Sie damit erzeugenwollen.

(Beifall bei der CSU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich finde es imGrunde genommen ganz gut, dass ich heute einmalGelegenheit habe, etwas zur Internationalisierung undzu unserer Arbeit für die Internationalisierung zu sagen.Ich möchte nur den Bereich der Sprachkurse und derStudienangebote etwas beleuchten. Allerdings frage ichmich schon, ob die Bundesregierung – Herr Dürr, weilSie gerade so lachen – richtig liegt. Der Minister hatgerade gesagt, wie wichtig es wäre, im Ausland mehr fürdie deutsche Sprache zu tun, da einige Studienangebotedeutsche Prüfungen erfordern. Wenn allerdings die Bun-desregierung mit ihrer Arbeit wesentlich dazu beiträgt,dass ein Goetheinstitut nach dem anderen das Bündelschnüren und abreisen muss, dass überall in der Weltdie Goetheinstitute aufgegeben werden, dann wird eineganz wesentliche Einrichtung, die wir eigentlich bräuch-ten, zunichte gemacht.

Meine Damen und Herren, beim weltweiten Kampf umHumankapital ist doch klar, dass wir bemüht sind, diehellsten Köpfe in unser Land zu bekommen. Das ist fürdie Wissenschaft von großem Interesse; das ist aberauch eine Investition in die künftigen wissenschaftlichen,kulturellen und politischen Beziehungen unseres Landeszu allen Regionen in der Welt.

Zur Lage der ausländischen Studierenden. Sie sagen,sie hat sich seit dem Terroranschlag verschlechtert. Ichfrage mich, woher Sie diese Weisheit nehmen. Ich habemich mit dem Leiter des Auslandsamtes meiner Heimat-universität unterhalten. Dieser sagt mir: Wir haben mehrAusländer als je zuvor, es gibt keinen, der sich von denEreignissen des 11. September hätte abhalten lassen.Dieser sagt mir: Kein einziger Fall, in dem ein Studieren-der ihm gegenüber Ängste oder Ähnliches geäußerthätte. Meine Damen und Herren, die Rasterfahndung istweder in Bayreuth noch in anderen Universitätsstädtennoch in München ein Thema. Auch aus Kreisen Münch-ner Studierender, die arabische Kommilitonen haben,höre ich nicht von Ängsten. Im Gegenteil – auch das istheute schon gesagt worden –: Die ausländischen undinsbesondere islamischen Studierenden, die bei unssind, haben ein Interesse daran, dass festgestellt wird,dass sie keine Schläfer sind, haben ein Interesse daran,dass ihnen die gleiche Sicherheit gewährt wird, die wiralle haben wollen.

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5286 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001

Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit Blick aufdas gewachsene Sicherheitsbedürfnis unserer Bevölke-rung kann man doch die Hochschulen nicht ausklam-mern, man kann sie doch nicht als eine Insel der Seligenbelassen. Die Erfahrung allerdings, dass islamischeExtremisten an Hochschulen in Deutschland einge-schrieben waren, darf nicht dazu führen, dass wir auto-matisch jedem ausländischen Studenten mit Misstrauenbegegnen. Dies unterstreiche ich auch für die CSU-Frak-tion.

(Beifall bei der CSU)

Jeder, der sich nichts zuschulden kommen lässt, ist unsherzlich willkommen, meine Damen und Herren.

Doch zurück zu Integration, Öffnung und Studienange-boten. Die Zahl der ausländischen Studenten steigt anallen bayerischen Hochschulen kontinuierlich an – derHerr Minister hat die Zahlen genannt. Wir haben über1300 Partnerschaften mit ausländischen Hochschulen.In einem Stipendien- und Kooperationsprogramm wirdder Austausch von Studenten und Wissenschaftlern mitinsgesamt über 4,6 Millionen DM gefördert. Mit demFremdsprachenprogramm wurde ein wichtiger Akzentgesetzt. 22,2 Millionen DM stehen für die Universitätenund 15 Millionen DM für die Fachhochschulen zur Verfü-gung. Der Fonds „Hochschule international“ wurde um29 Millionen DM auf 49 Millionen DM aufgestockt. EinInternationalisierungskonzept ist in Vorbereitung. Wirwerden dazu das Nötige liefern. Allein in diesem Jahr hatsich die Zahl der genehmigten international ausgerichte-ten Studiengänge an Bayerns Hochschulen um 35% von120 auf 165 erhöht. Kollege Dürr, Sie nicken; Sie wissendas. Für Masterstudiengänge und darüber hinaus sindAngebote in englischer und französischer Sprache ent-wickelt worden. Aus Zeitgründen kann ich nicht alles auf-führen, was getan worden ist. Es ist auch alles in Land-tagsdrucksachen nachzulesen, Kollege Hufe.

Bayern stellt seit Jahren Sondermittel und Stellen zurVerfügung. Für den Zeitraum von 2001 bis 2006 ist einFremdsprachenprogramm aufgelegt, das neben Eng-lisch und Französisch auch Spanisch und Portugiesischsowie insbesondere osteuropäische Sprachen beinhal-tet. Ich könnte noch viel mehr zur fremdsprachlichenFachausbildung usw. sagen.

Die Beschäftigungsaussichten unserer Hochschulabsol-venten steigen. Zu den GRÜNEN sage ich, meineDamen und Herren: Hören Sie auf mit Angstmache, mitPanikmache,

(Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Sie machen doch Angst!)

mit bösen Anschuldigungen und Halbwahrheiten, undwenden Sie sich einer sachorientierten Hochschulpolitikzu. Wir werden Ihren Dringlichkeitsantrag ablehnen, weiler uns viel zu oberflächlich ist. Sie haben schon Besse-res vorgelegt. Wir werden aber für die Internationalisie-rung das Unsere tun, das unsere bayerischen und aus-ländischen Studierenden und Wissenschaftler weiter-bringt.

(Beifall bei der CSU)

Präsident Böhm: Jetzt hat Herr Kollege Hufe das Wort.Bitte, Herr Kollege Hufe.

Hufe (SPD): Herr Präsident, liege Kolleginnen und Kolle-gen! Ich glaube, wir sind uns einig, dass wir ein Interessedaran haben, den hohen Qualitätsstandard unsererHochschulen und Studienfächer zu halten und die bes-ten Wissenschaftler und die besten Studierenden nachBayern und die Bundesrepublik Deutschland zu holen.Das ist ein Rotationsprinzip: An einer deutschen natur-wissenschaftlichen oder medizinischen Fakultät findenSie heute kaum einen Wissenschaftler oder einen Pro-fessor, der nicht soundso lange im Ausland studiert hat,natürlich sehr häufig in Amerika. Wenn wir das von unse-ren Wissenschaftlern erwarten, dann müssen wir natür-lich auch dafür sorgen, dass ausländische Wissen-schaftler bei uns arbeiten können und dass ausländischeStudierende bei uns studieren können.

Hier ist vor allem das allgemeine Klima wichtig. Eine„Willkommensatmosphäre“ lässt sich nicht befehlen. Siekann aber vorbereitet und beeinflusst werden. Liebe Kol-leginnen und Kollegen von der CSU, Sie haben dabei inder Vergangenheit häufig keine besonders glücklicheRolle gespielt.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Mit dem Wort „Ausländer“ assoziieren Sie die Begriffe„Zuzugsbegrenzung“ und „Gefahrenpotenzial“. Die CSUhat bis heute das Gefühl, dass Deutschland und insbe-sondere Bayern eine Art Paradies seien, wo Menschenbesondere Nachweise erbringen müssten, um über-haupt herkommen zu dürfen. Menschen, die hierherkommen wollen, müssen nach Meinung der CSU beson-ders renommiert sein, um nicht zu sagen Überflieger. Ichglaube, dass Sie sich von diesen Vorstellungen lösenmüssen. Auch nach dem 11. September wird es notwen-dig sein, einen weltweiten Austausch zu organisieren.

Wir haben heute schon eine ganze Reihe von Notwen-digkeiten gehört. Ich stimme ausdrücklich mit HerrnStaatsminister Zehetmair darin überein, dass es umjedes Goetheinstitut, das geschlossen wird, schade ist.Wir müssten uns eine solche Schließung eigentlichdrei bis vier Mal überlegen, weil wir das Geld, dass wirdadurch einsparen, in Deutschland mehrfach wiederausgeben müssen, um hier entsprechende Vorausset-zungen zu schaffen.

(Beifall bei der SPD)

Wir müssen auch Arbeitsplätze für Ehefrauen schaffen.Die Stipendienkultur in der Bundesrepublik Deutschlandmuss verbessert werden. Wenn ein Austauschstudentaus den USA kommt, wird für den deutschen Studentenin den USA die Studiengebühr von 20000 bis30000 Dollar bezahlt. Der amerikanische Student findetjedoch in Deutschland keine vergleichbaren Verhältnissevor. Wir müssen dafür sorgen, dass ein fertiger Studie-render nicht nachweisen muss, dass sein Verbleib in

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Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 5287

Deutschland im öffentlichen Interesse liegt. Das ist nichtzu machen. Hier müssen wir einen Paradigmenwechselvornehmen. Herr Staatsminister Zehetmair hat erklärt,dass die Studienkollegs verbessert werden müssten.Herr Zehetmair hat hierüber ein intensives Gespräch mitFrau Staatsministerin Hohlmeier geführt. Er hat jedochnicht gesagt, wie diese Verbesserung konkret aussehensoll.

(Beifall bei der SPD)

Wir müssen auch die Unterbringungsmöglichkeiten ver-bessern und Wohnraumplätze schaffen. Lieber Herr Kol-lege Dr. Wilhelm, wir haben über dieses Thema disku-tiert. In zwei Anhörungen wurde uns aufgezeigt, was zutun ist. Wir erwarten Ihre Vorschläge. Unsere Vorschlägeliegen vor. Wir haben erklärt, wohin der Weg gehenmuss. Wir müssen diesen Weg möglichst schnell gehen.

(Beifall bei der SPD)

Präsident Böhm: Das Wort hat Frau Kollegin Prof.Männle.

Frau Prof. Männle (CSU): Herr Präsident, meine Kolle-ginnen und Kollegen! Bayern gilt in der Welt nicht nur alsoffenes Land, es ist auch ein offenes Land. In seinerBilanz zu Beginn dieses Studienjahres hat der Wissen-schaftsminister sehr deutlich dargelegt, dass der Anteilder ausländischen Studenten ansteigt. Er beträgtmomentan 10%. Die Tendenz ist positiv. Wir rechnen mitnoch mehr ausländischen Studenten. Wir wollen dieseLeute in Bayern haben. Sie sind uns willkommen.

Herr Kollege Hufe, Sie haben vorhin auf die vielfältigenProbleme hingewiesen. Die sprachliche Situation ist inDeutschland etwas schwieriger als in der angelsächsi-schen Welt. Wir haben außerdem Schwierigkeiten beimThema „Wohnen“. Bei uns gibt es keine Campus-Kultur.Außerdem haben wir Probleme bei der Betreuung derStudenten. Wir haben ein völlig anderes Betreuungssys-tem als andere Länder. Aus diesen Gründen haben aus-ländische Studenten in Deutschland mehr Schwierigkei-ten als in anderen Ländern.

Deutschland investiert jedoch sehr viel. Herr KollegeHufe, Sie haben soeben die Stipendiensituation ange-sprochen. Ich möchte darauf verweisen, dass Deutsch-land eines der wenigen Länder ist, in denen das Studiumfür inländische wie ausländische Studenten keinen Pfen-nig Studiengebühr kostet. Das müssten die anderenLänder erst einmal nachmachen. Deshalb ist Deutsch-land sicherlich auch ein attraktives Land für Studierende;denn für ein naturwissenschaftliches Studium müssendie Studierenden in den USA locker 50000 Dollar hin-blättern. Wir haben uns dafür entschieden, für das Erst-studium keine Studiengebühr zu erheben. Dies solltehier unterstrichen werden.

Unser Stipendiensystem ist vielfältig. Ich verweise nurauf den DAAD und die Humboldt-Stiftung. Die Nachbe-treuung gerade der ausländischen Studierenden istgroßartig. Wir können auf das Netz derjenigen zurück-greifen, die in Deutschland studiert haben und in ihr Hei-

matland zurückgekehrt sind. Sie machen in ihren Hei-matländern für Deutschland Werbung und weckengleichzeitig Verständnis für unsere Kultur. In den letztenJahren haben wir unsere Anstrengungen verdoppelt undspezifische Akzente gesetzt. Herr Staatsminister Zehet-mair hat auf den in Deutschland einmaligen Fonds„Hochschule international“ hingewiesen. Er hat dabeinicht die Summe genannt, die wir für diesen Fonds aus-geben. Gegenwärtig sind es 49 Millionen DM. Mit die-sem großartigen Instrument können Eliten gefördert undPostgraduierte sowie Postdocs gezielt unterstützt wer-den.

Wir können hier ein weltweites Netz in der Forschungs–und Hochschullandschaft aufbauen. Wir fördern jedochnicht nur Eliten. Wir haben auch im allgemeinen Stipen-dienprogramm und im Studienprogramm Akzentegesetzt. Bayern hat zwei Millionen DM bereitgestellt, umausländische Universitätsstudenten zu unterstützen. DieHochschulen können diese Mittel in eigener Regie ver-wenden. Was für die Universitäten gilt, gilt natürlich auchfür die Fachhochschulen. Auch hier wurden die Mittelerhöht. Wir fördern besonders qualifizierte Studentenund vor allem – das möchte ich ausdrücklich hervorhe-ben – Studierende aus den ehemaligen Ostblock-Län-dern. Diese Studenten haben häufig nicht die sprachli-chen Probleme, die Studenten aus anderen Ländernhaben. Jährlich vergeben wir hier 30 Stipendien.

Wer angesichts dieser Maßnahmen behauptet, Bayernwürde nichts für ausländische Studierende tun und nichtgezielt in den Wissenschaftsaustausch investieren,kennt die Realität nicht. Vergessen wir auch nicht dievielfältigen Kontakte der bayerischen Universitäten undFachhochschulen mit unzähligen Partnern. Bayern istder Wissenschaftsstandort, der Kontakte mit dem Aus-land pflegt. Wir arbeiten intensiv daran, den Austauschin der Wissenschaft zu fördern und zu intensivieren;denn auch wir sind darauf angewiesen, dass nicht nurunsere Studierenden ins Ausland gehen, sondern dassein zweigleisiger Austausch besteht. Wissenschaftsaus-tausch ist keine Einbahnstraße. Wir werden unsereBemühungen fortsetzen und uns von Schnellschussan-trägen aus der Opposition nicht aus der Ruhe bringenlassen.

(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): UnserAntrag liegt schon seit einem Jahr vor!)

– Herr Kollege Dr. Dürr, dieser Dringlichkeitsantrag istsehr oberflächlich. Lesen Sie einmal den ersten SatzIhres Antrages. Wir müssen diesen Dringlichkeitsantragallein wegen dieses Satzes ablehnen. Warten Sie aufunsere Anträge. Wir werden die Konsequenzen aus die-ser sehr guten Anhörung, in der ein großer Konsens zwi-schen allen Fraktionen bestand, ziehen.

(Beifall bei der CSU)

Präsident Böhm: Ich habe niemanden mehr auf derRednerliste. Die Aktuelle Stunde ist beendet.

Ich lasse nun über den mitzuberatenden Dringlichkeits-antrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

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– Situation der ausländischen Studierenden in Bayernverbessern, Drucksache 14/7705 – abstimmen. Werdem Dringlichkeitsantrag zustimmen möchte, den bitteich um ein Handzeichen. – Das sind die Fraktionen derSPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gibt esGegenstimmen? – Das ist die Fraktion der CSU. Gibt esStimmenthaltungen? – Keine. Der Antrag ist abgelehnt.Der Tagesordnungspunkt zwei ist damit erledigt.

Bevor wir den Nachtragshaushalt und das Finanzaus-gleichsgesetz beraten, möchte ich Sie bitten, eines ehe-maligen Kollegen zu gedenken. Am 19. Oktober verstarbnach langer, mit Tapferkeit und mit immer wieder neuemMut ertragener Krankheit Herr Ernst Michl im67. Lebensjahr. Er gehörte dem Landtag vom 1974 bis1998 an und vertrat für die CSU den Wahlkreis Oberbay-ern. Seine aufrichtige, liebenswürdige Art und sein hoherSachverstand machten Ernst Michl zu einem über dieFraktionsgrenzen hinweg geschätzten und anerkanntenKollegen. Er war Mitglied im Präsidium, in den Aus-schüssen für kulturpolitische Fragen, für Fragen desöffentlichen Dienstes, für Bundesangelegenheiten undEuropafragen und insbesondere 20 Jahre lang im Aus-schuss für Staatshaushalt und Finanzfragen, dessenVorsitz er von 1994 bis 1998 innehatte.

Sein Engagement galt der politischen Entwicklung Bay-erns und den Menschen in seiner oberpfälzischen Hei-matregion. Mit großem persönlichen Einsatz wirkte ErnstMichl darüber hinaus in vielen Gremien des öffentlichenLebens mit. Als Anerkennung seiner Leistungen wurdenihm zu Lebzeiten zahlreiche Auszeichnungen zuteil.Ernst Michl wird allen, die ihn gekannt haben, als gradli-nige Persönlichkeit, als fachkundiger Kollege und ver-lässlicher Freund unvergessen bleiben. Welche Wert-schätzung er genoss, zeigte sich gestern bei der Beerdi-gung; eine große und breite Trauergemeinde warerschienen. Der Bayerische Landtag will dem Verstorbe-nen ein ehrendes Gedenken bewahren. – Sie haben sichzu Ehren des Toten von den Plätzen erhoben. Ich dankeIhnen.

Ich rufe zur gemeinsamen Behandlung auf:

Tagesordnungspunkt 3 a

Gesetzentwurf der Staatsregierung

zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes(Finanzausgleichsänderungsgesetz 2002) (Drucksa-che 14/7580)

– Erste Lesung –

Tagesordnungspunkt 3 b

Gesetzentwurf der Staatsregierung

Zweites Gesetz zur Änderung des Haushaltsgeset-zes 2001/2002 (2. Nachtragshaushaltsgesetz 2002)(Drucksache 14/7581)

– Erste Lesung –

Hierzu hat Herr Staatsminister der Finanzen das Wort.Er wird sich auf eine Redezeit von 30 Minuten beschrän-ken.

Staatsminister Prof. Dr. Faltlhauser (Finanzministe-rium): Herr Präsident, meine Damen und Herren! DieLage der öffentlichen Haushalte in Deutschland hat sichnach den guten Jahren 1999 und 2000 im Laufe desJahres 2001 erheblich verschlechtert. Wir stehen im Hin-blick auf die Haushalte vor einem dramatischen Paradig-menwechsel. Auch wenn diese wesentlichen Fragenviele in der Opposition nicht zu interessieren scheinen,

(Zuruf von der SPD: Aber etwas Wesentliches!)

darf ich sagen, dass 1999 und 2000 alle – Kommunen,Land und Bund – gute Haushaltsjahre hatten. Erstensmusste der Freistaat Bayern in diesen beiden Jahren dievom Landtag genehmigte Nettoneuverschuldung nicht inAnspruch nehmen. Das heißt, wir haben bereits zweiJahre lang – 1999 und 2000 – einen ausgeglichenenHaushalt praktizieren können. Zweitens konnte ich fürdie Steuerreform Rücklagen bilden. Nur so wird die Aus-sage, dass man die Steuern senkt und die Bürger entlas-tet, wenn man das finanziell schultern kann, glaubwür-dig. Mit Rücklagen kann man die Entlastungen schul-tern. Das ist die Technik des Freistaates Bayern – auchder übrigen Länder, wenn auch nicht in diesem Ausmaß– gewesen. Drittens konnte ich in diesen beiden Jahrensogar eine Milliarde DM des großen Schuldenbergs, dersich in vielen Jahren angesammelt hat, zurückzahlen.Dies war in der Geschichte des Freistaates einmalig. ImJahr 2001 ergibt sich nun plötzlich ein völlig anderesBild.

Wir haben uns jetzt der Situation zu stellen, dass wir aufder Einnahmenseite die Ausfälle aufgrund der Steuerre-form und gleichzeitig die Ausfälle aufgrund der konjunk-turellen Entwicklung zu verkraften haben. Die Steuerre-form kostet den Freistaat Bayern – ich beklage das nicht,denn ich will die Bürger entlasten – bis zum Jahr 200612,9 Milliarden DM. Wir nehmen also aufgrund der Steu-erreform bis zum Jahr 2006 fast 13 Milliarden DM weni-ger ein. Dabei werden in den Jahren 2005 und 2006 diegrößten Einbrüche zu verzeichnen sein. Gleichzeitighaben wir Einbrüche bei der Konjunktur: Noch im letztenJahr wurden für das Jahr 2001 rund 3% prognostiziert,inzwischen sagen die führenden Wirtschaftsforschungs-institute in ihrem Herbstgutachten für das nächste Jahrein Wirtschaftswachstum von nur noch rund 1% voraus.Selbst die Bundesregierung, die bisher für 2002 von2,25% Wachstum ausgegangen ist, spricht jetzt zögerndvon 1 bis 1,5%.

Die Reaktionsgeschwindigkeit der Herren Eichel undSchröder im Hinblick auf die Konjunktur und die Realitä-ten in der Konjunktur ist dramatisch langsam, und diesist bedenklich und beängstigend. Endlich erkennen sie,dass die Konjunktur tatsächlich geringer ist. Aber immernoch sprechen sie von 1,5% für das nächste Jahr. Ichhalte diese Prognose für eine völlig überzogene undoptimistische Erwartung.

(Zuruf von der CSU: Die ruhige Hand!)

– Herr Kollege, das ist nicht die „ruhige Hand“; Herr Kol-lege Glos hat es richtig beschrieben: Es ist die „ruhigeKugel“.

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Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 5289

Diese Verlangsamung des Wirtschaftswachstums istnicht auf den 11. September zurückzuführen, sonderndies war ein zusätzlicher Effekt. Es war bereits vorheraus allen Daten erkennbar, dass die Konjunktur drama-tisch einbricht. Heute sind wir insbesondere in der Euro-päischen Union aufgrund der Politik der Bundesregie-rung – wir sind da nicht allein – von der ehemaligen Kon-junkturlokomotive Deutschland zum Schlusslicht amKonjunkturzug Europa geworden. Frankreich, selbstver-ständlich Großbritannien und sogar Italien liegen imWachstum deutlich vor der Bundesrepublik Deutschland.Dass Deutschland das Schlusslicht bildet, ist hausge-macht. Dies ist das eigentliche Problem, das aber vonder Bundesrepublik nicht erkannt wird. Ich halte das füreinen Skandal.

Jetzt rächt es sich, dass die Bundesregierung die Flexi-bilisierung des Arbeitsmarktes und die Schaffung vonArbeitsplätzen über Jahre hinweg verhindert hat. Wäh-rend sich damals noch Kanzlerkandidat Schröder aneinem Abbau der Arbeitslosigkeit auf unter 3,5 Millionenmessen lassen wollte, haben wir jetzt 3,7 MillionenArbeitslose; Tendenz: steigend. Dies hat er mit Hilfeeiner Reihe von Herren und mit Herrn Riester an derSpitze gemacht, von dem man lange Zeit nichts mehrgehört hatte; er hat sich auf seinen Fehlern ausgeruht.Heute haben wir ihn erstmals wieder gehört. Er hat sichjedoch wieder in die falsche Richtung geäußert.

Jetzt rächt es sich auch, dass die Bundesregierung dieWarnung des Internationalen Währungsfonds, der schonvor dem 11. September ein schwaches Wachstum fürDeutschland vorhergesehen hat, missachtet hat.

Jetzt rächt es sich auch, dass die Bundesregierung aufunsere Steuervorstellungen nicht eingegangen ist. Ichwill an diesem Pult nicht zu sehr darauf pochen, dass wirRecht gehabt hätten. Mit leisen Tönen darf ich es aberdoch sagen. Hätte die Bundesregierung doch unsereKonzeption der Steuerreform – eine deutlichere Entlas-tung im Jahr 2001 – auf breitester Ebene akzeptiert undumgesetzt, dann hätten wir in diesem Land keine solchekonjunkturelle Situation. Wir wären in diesem Land bes-ser dran.

(Beifall bei der CSU)

Realität ist, dass im September die Steuereinnahmen imbayerischen Staatshaushalt um 626 Millionen DMzurückgegangen sind. Ich bin besonders erstaunt darü-ber, dass ich heute in einer Presseerklärung des SPD-Fraktionsvorsitzenden lese – –

(Zurufe von der CSU: Wo ist er denn, der Fraktions-vorsitzende?)

Das will er sich jetzt nicht anhören, weil er keine Faktenhören will.

(Volkmann (SPD): Und wer ist auf der Regierungs-bank? Keinen Minister von der Staatsregierung inte-ressiert das! – Weitere Zurufe)

Präsident Böhm: Ich bitte um Verständnis dafür, dassHerr Staatsminister das Wort hat. Ich bitte die Kollegen,Zwischenrufe aus dem Sitzen zu machen und nicht ausdem Stehen.

Staatsminister Prof. Dr. Faltlhauser (Finanzministe-rium): Ich will ihr Kaffeekränzchen gar nicht unnötig stö-ren. Ich muss aber doch darauf hinweisen, dass heutefrüh jedem eine riesige Presseerklärung des Fraktions-vorsitzenden der SPD zum Haushalt auf den Tischgeflattert ist. In dieser Erklärung steht eine derartigeFülle von Unsinnigkeiten und Falschheiten, dass icherschüttert war. Einen solchen Unsinn auf einem BlattPapier habe ich das ganze letzte Jahr nicht mehr gele-sen.

(Beifall bei der CSU)

So steht zum Beispiel in der Presseerklärung etwas vonRücklagen, welche Faltlhauser nicht eingestanden hätte.Was heißt eingestehen? Die Rücklagen stehen im Haus-halt. Man kann es nachlesen. So etwas kommt voneinem Fraktionsvorsitzenden. Wenn draußen auf derStraße einer sagt, das hätte er nicht gewusst, wundertmich das nicht. Von einem Fraktionsvorsitzenden aberverlange ich, dass er den Haushalt einigermaßen lesenkann. Zumindest sollte er ihn lesen, bevor er solcheErklärungen abgibt.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Ich hätte von ihm auch erwartet, dass er bei der Haus-haltsaussprache in diesem Hohen Haus auch hier sitzt,wenn er zuvor schon solche großen Töne spuckt. Dannnämlich hätte ich es ihm selber sagen können.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU – Zuruf von derCSU: Der ist beim Kaffeetrinken! – Kaul (CSU):Genossen, holt euren Genossen herein!)

Wir haben aufgrund der Steuerreform und gleichzeitigaufgrund der dramatischen Konjunkturentwicklung deut-liche Steuermindereinnahmen hinzunehmen. Hochrech-nungen für das nächste Jahr zufolge werden die Kon-junktureinbrüche zusätzlich zu einem Weniger an Steu-ereinnahmen von 1 Milliarde DM führen. Neben diesenEinbrüchen auf der Einnahmenseite haben wir auf derAusgabenseite besondere Herausforderungen zubewältigen.

Mit dem Entwurf des Nachtragshaushalts 2002, den ichIhnen heute vorlege, meine ich aber, dass es dem Frei-staat Bayern gelingt, trotz der schwieriger werdendenLage erhebliche Verbesserungen umzusetzen. Dabei istes mir nun wichtig, auf Folgendes hinzuweisen: Wirhaben durch die gute Veräußerung von 1% an denE.ON-Anteilen bei einem Kurs von 64,4 Euro 938 Millio-nen DM erlöst. Schauen Sie sich doch die Börsenkursean. Heute dümpelt der E.ON-Kurs bei 59,5 Euro herum.Wochenlang ist er nicht über die Sechziger-Grenzehinaus gekommen. Wir haben also zum richtigen Zeit-punkt gehandelt. Diese zusätzlichen Einnahmen habenuns bei der Bewältigung unserer Schwerpunktaufgabengeholfen.

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Ich möchte aber auch darauf hinweisen, dass der beidem einen oder anderen offenbar entstandene Eindruck,allein die zusätzlichen Gelder hätten uns die Schwer-punktsetzungen in der Bildungs- und in der Familienpoli-tik ermöglicht, völlig falsch ist. Die Kosten für die zusätz-lichen Lehrer in den nächsten drei Schuljahren steigenvon jährlich rund 215 Millionen DM im nächsten Jahr –um es plastischer zu machen, rede ich noch von D-Mark,obwohl dieser Haushalt bereits in Euro ausgewiesen ist– bis auf 467 Millionen DM im Jahr 2006. Davon sindnicht mehr als rund 15% aus E.ON-Erlösen finanziertworden. Um es in Lehrerzahlen auszudrücken: Nur rund700 der 4100 Lehrerstellen, die wir zusätzlich schaffen,werden aus Privatisierungserlösen finanziert. AllesÜbrige wird aus dem normalen Haushalt finanziert. Daszeigt, welche besonderen Anstrengungen wir bei diesemHaushalt aufnehmen. Oder anders gesagt: Die E.ON-Er-löse haben uns zusätzlich geholfen, sie sind aber nichtein alles abdeckendes Wundermittel.

Das Gleiche gilt für die Kosten der Kinderbetreuung. DiePersonalkosten steigen hier von rund 29 Millionen DMim nächsten Jahr auf 160 Millionen DM im Jahr 2006.Nur etwa 20 Millionen DM – also rund 10 Millionen Euro– pro Jahr stammen aus Privatisierungserlösen.

Meine Damen und Herren, ich habe schon etwas zu denkonjunkturellen Steuerausfällen gesagt. Ich will aberdoch noch einmal unsere Forderungen wiederholen. Wirakzeptieren das gesamte Konzept der Steuererleichte-rung von Herrn Eichel nicht. Wir halten es für falsch. Wirhalten es für zu lange. Die Zeitspanne von 2001 über2003 bis 2006 ist zu lange. In der gegenwärtigen kon-junkturellen Situation halten wir es für angebracht, dassdie Steuerreformstufe des Jahres 2003 auf das nächsteJahr, auf 2002, vorgezogen wird. Das ist unsere Forde-rung. Das würde eine Entlastung von 13 Milliarden DMbedeuten.

(Gartzke (SPD): 13 Milliarden DM wollt ihr ver-schenken?)

Ich möchte nur darauf hinweisen, die wirtschaftswissen-schaftlichen Forschungsinstitute – das DIW in Berlin,das wirklich nicht berühmt ist für Unionsfreundlichkeit,das Hamburgische Weltwirtschaftsarchiv, das Ifo-Institutin München,

(Maget (SPD): Was ist mit Kiel? Die lehnen das ab!)

das Institut für Wirtschaftsforschung in Halle, das Rhei-nisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung,alles Experten, die etwas dazu zu sagen haben – sagenübereinstimmend, dass das Vorziehen der Steuerreformmit einer Entlastung um 13 Milliarden DM notwendig sei.Sie sagen etwas Zusätzliches, um dieses Argumentauch gleich mit aufzugreifen: Durch das Vorziehen derSteuerreform wird der Stabilitätspakt nicht gefährdet.Das heißt, wir können diese Maßnahme auf der Basisder vereinbarten Stabilitätsbemühungen durchführen.Das würde uns helfen. Ich sage aber auch noch etwasZusätzliches und Kritisches: Die Entlastung um 13 Milli-arden DM schafft zwar keine völlig neue konjunkturelleSituation. Sie hilft aber, die Konjunktur zu stabilisieren.

Sie ist aber mit Sicherheit kein Wundermittel, Herr Kol-lege Strasser.

Was kann uns denn in dieser Situation insgesamt hel-fen? Wir befinden uns im europäischen Binnenmarkt.Wir befinden uns fünf Minuten vor der Einführung desEuro. Wenn wir schon die Steuerreformstufe des Jahres2003 auf 2002 vorziehen, wäre es sinnvoll, wenn dieübrigen europäischen Staaten in gleicher Weise handelnwürden.

Aber insbesondere seit dem 11. September 2001 höreund sehe ich nichts von Europa, von Brüssel. MeineDamen und Herren, ich sehe nichts in außenpolitischerHinsicht, ich höre nichts in sicherheitspolitischer Hin-sicht, und ich sehe auch nichts in finanz- und wirtschafts-politischer Hinsicht. Europa ist spätestens seit dem 11.September 2001 ausgeblendet – kein Wort, keine Initia-tive. Wir bräuchten in konjunkturpolitischer Hinsicht –wenn wir etwa auf der Angebotsseite etwas tun wollen, –die unmittelbare Abstimmung, nicht nur zwischen Frank-reich und Deutschland, sondern mit mehreren Staaten.Ich habe am Montag mit dem französischen Finanzmi-nister Fabius darüber geredet.

(Frau Kellner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Undüber die Landesbank!)

– Wir haben uns ausführlich über die Konjunktur unter-halten, liebe Frau Kollegin, und über eine andere wich-tige strategische Entscheidung – das vermuten Sie rich-tig. Ich halte die Zusammenarbeit der Caisse des Depôtsmit einer Überkreuz-Beteiligung als Ziel für außerge-wöhnlich interessant für die Bayerische Landesbank.

Wir haben uns darüber ausgetauscht, und auch erbeklagt, dass absolut keine Koordinierung stattfindet.Gerade in der schwierigen Zeit ist Europa ausgeblendet.Meine Überzeugung war, Europa sei keine Schönwetter-Veranstaltung, sondern wir bräuchten Europa insbeson-dere bei den großen Herausforderungen, die wir jetztaußen- und sicherheitspolitisch haben. Wir brauchen esaber auch in der Wirtschafts- und Finanzpolitik.

Ich frage: Was macht eigentlich Eichel? Was machteigentlich Schröder? – Versuchen die beiden eigentlichdiese Koordination? – Nein, sie versuchen sie nicht. Sieverschlafen sie.

(Beifall bei der CSU – Gartzke (SPD): Aber sicher –es gibt einen einstimmigen Europaratsbeschluss!)

Meine Damen und Herren, das einzige, was man zurstrukturellen Situation hört, ist ein Stakkato von Steuer-erhöhungen. Für die Herausforderung in der Sicherheits-politik gibt es auf Bundesebene drei Milliarden DM.Meine Damen und Herren, der Bundeshaushalt hat rund490 Milliarden DM. Die Bundesregierung ist nicht in derLage, in diesem großen Haushalt drei Milliarden DM fürein Sicherheitspaket einzusparen.

(Gartzke (SPD): Wollen Sie bei der Landwirtschaftkürzen?)

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Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 5291

Das ist wirklich eine schwache Leistung. Ich weiß,wovon ich rede. Ich kenne diesen Bundeshaushalt.

(Beifall bei der CSU)

Diese drei Milliarden DM werden geschwind und schlau-meierisch mit einer Versicherungssteuer und der Tabak-steuer aufgefüllt.

(Maget (SPD): Sie haben doch gar nichts einge-spart, Sie haben nur Schulden gemacht!)

Die Tabaksteuererhöhung haben sie auch nicht richtighinbekommen. Sie haben das nicht einmal handwerklichim Griff. Das ist unglaublich. Ich habe mich intensiv mitder Tabaksteuer befasst. Man weiß, dass es nicht soleicht geht, im Umstellungszeitraum zum Euro nochschnell ohne Abstimmung mit der Branche die Tabak-steuererhöhung einzuführen. Das ist eine unglaublicheFehlleistung. Eichel macht sogar seine Fehler nochfalsch!

(Lachen und Beifall bei der CSU – Gartzke (SPD):Das müssen uns die Bankrotteure sagen!)

Neben der Tabak- und der Versicherungssteuer – dieBürger haben das fast schon wieder vergessen – kom-men automatisch noch einmal 6 Pfennige pro Liter aufdie Mineralölsteuer und die Erhöhung der Stromsteuer.Das heißt, dass zum jetzigen Zeitraum, wo die Konjunk-tur so schlecht ist, gleichzeitig drei Verbrauchssteuernerhöht werden. Das ist Frost auf der Plantage der Kon-junktur. Das ist selbstgemachte Fehlleistung der Bun-desregierung.

(Beifall bei der CSU)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich etwas zu denEckwerten des Nachtragshaushalts 2002 sagen. Im Hin-blick auf die von mir gerade dargelegten deutlich ver-schlechterten Rahmenbedingungen ist der Entwurf desNachtragshaushalts 2002, den ich heute vorlege, einklares Zeichen dafür, dass wir unseren Kurs der nach-haltigen Finanzpolitik auch in schwierigen Zeiten ent-schlossen fortsetzen können. Obwohl wir das nächsteJahr die veranschlagten Steuereinnahmen um 358 Mil-lionen Euro gegenüber der Veranschlagung im Stamm-haushalt senken müssen, wird die Neuverschuldung imJahr 2002 auf 467 Millionen Euro – das heißt 914,5 Mil-lionen DM – zurückgeführt. Wir gehen, obwohl dasschwierig ist, diesmal in der Zurückführung der Netto-neuverschuldung erstmalig unter die Ein-Milliarden-Grenze. 914,5 Millionen DM Nettoneuverschuldung ste-hen im Haushalt. Damit gehen wir den Weg zum Haus-halt ohne Nettoneuverschuldung ab dem Jahr 2006 kon-sequent weiter.

Bayern ist nicht ohne Grund seit Jahren das Land mit derniedrigsten Pro-Kopf-Verschuldung in Deutschland. Am31.12.2000 waren es in Bayern 2891 DM, also wenigerals 3000 DM, im Länderdurchschnitt waren es fast 8000DM, nämlich 7931 DM pro Kopf.

Die Investitionsquote, die Kollegem Ach und dem Haus-haltsausschuss so wichtig ist, erhöht sich durch den

Nachtragshaushalt auf 15,6%. Bei Hinzurechnung derPrivatisierungserlöse, Herr Kollege Strasser, sind wir bei16,7%. Damit sind wir Welten von den anderen westli-chen Flächenländern entfernt. Auch der Bund steuertkonsequent auf die 10-Prozent-Marke hin. Das heißt, derBund schädigt immer mehr die Zukunftsfähigkeit desLandes. Der Durchschnitt der Investitionsquote ist in denFlächenländern West leider auch schon bei 10,7%.

Wenn das so weiter geht, werden die jungen Landtags-kollegen in Nordrhein-Westfalen oder in Niedersachsenin 15 Jahren von 100 DM nur noch 5 DM in Investitionenstecken können. Das ist eine Demontage der parlamen-tarischen Gestaltungsmöglichkeit.

(Beifall bei der CSU)

Nicht zuletzt deshalb ist die Investitionsquote in Bayernvom Haushaltsausschuss immer wieder besonders her-vorgehoben worden.

Meine Damen und Herren, ich habe schon darauf hinge-wiesen, dass wir 938 Millionen DM mit dem Verkauf, jeE.ON-Aktie von 64,4 Euro, erlöst haben. Wir haben diePrivatisierungserlöse folgendermaßen aufgeteilt: 215Millionen DM für Kinder und Familie – das ist ein beson-ders hervorzuhebendes Programm –, 411 Millionen DMfür Schulen und 254 Millionen DM für die Vorbereitungauf die EU-Osterweiterung und für die Infrastruktur indiesem Land.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich einige Anre-gungen zum Kinderbetreuungskonzept machen. DieVerbesserung der Kinderbetreuung ist ein ganz wichtigerund entscheidender Schritt in unserer Gesellschaft, umdie Vereinbarkeit von Familie und Beruf wieder zuerleichtern. Die frühere Situation, dass eine Frau vieleJahre aus dem Beruf ausscheiden und dann wieder ein-steigen konnte, ist heute im Rahmen des harten Wettbe-werbs und des sich schnell verändernden Wissensstan-des nicht mehr möglich. Die Frauen wollen früher in denBeruf; darauf müssen wir reagieren.

(Frau Radermacher (SPD): Das ist schon lange so!– Maget (SPD): Das gibt es aber schon lange!)

– Nein, das hat sich dramatisch verändert.

(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Für Sie viel-leicht!)

Wir reagieren angemessen darauf. Dabei bleibt dieStaatsregierung allerdings ihrem Standpunkt treu: Kin-der und Jugendliche sollen nicht noch mehr Zeit als jetztschon in der Schule verbringen müssen.

(Frau Radermacher (SPD): Überlassen Sie die Ent-scheidung den Eltern!)

Vielmehr sollen die Eltern weiterhin die Möglichkeithaben, selbst zu entscheiden.

(Allgemeine Unruhe – Maget (SPD): Warum bevor-munden Sie? Seien Sie nicht so eitel und arrogant!)

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Wir schaffen 30000 Kinderbetreuungsplätze für dieunter Dreijährigen und für die älteren Kinder.

Im Rahmen des E.ON-Konzeptes haben wir zusätzlichfür die bayerischen Schulen massiv vorgesorgt. Ich wie-derhole es, meine Damen und Herren: Mit dem Kraftakt,den wir Ihnen heute vorlegen, investiert der FreistaatBayern alleine in den nächsten drei Jahren eine MilliardeDM in zusätzliche Lehrerstellen.

In den nächsten drei Jahren werden für zusätzliche Leh-rerstellen eine Milliarde DM ausgegeben. Das leistetkein anderes Land in der Bundesrepublik Deutschland,was wir hier leisten.

(Beifall bei der CSU – Zuruf der Frau AbgeordnetenRadermacher (SPD))

Ich weise noch darauf hin, Herr Kollege Maget, dass allefrei werdenden Lehrerstellen in Bayern neu besetzt wer-den.

(Zuruf des Abgeordneten Maget (SPD) – FrauJohanna Werner-Muggendorfer (SPD): Das ist dasMindeste!)

Nach der Statistik zahlen wir in Bayern 8700 DM jeSchüler und stehen damit noch vor Baden-Württemberg,das 8600 DM je Schüler ausgibt. Nordrhein-Westfalenund Rheinland-Pfalz folgen nach dieser statistischenErhebung mit jeweils 8100 DM je Schüler. Das ist statis-tisch belegt, entgegen aller Polemik von irgendwelchenLeuten. Ich wiederhole: Wir geben 8700 DM pro Schüleraus, Baden-Württemberg 8600 DM, und Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz stehen jeweils an derdritten Stelle mit 8100 DM. Also auch hier wieder: Bay-ern vorne.

(Beifall bei der CSU)

Wir haben von den Privatisierungserlösen zusätzlich 100Millionen Euro für ein Ertüchtigungsprogramm zurSchaffung von Arbeitsplätzen in Oberfranken und Ost-bayern eingesetzt.

Wenn die Tschechische Republik und die übrigen Staa-ten, die beitreten wollen, in die Europäische Union ein-treten, dann ist es zu spät, ein Förderprogramm zumachen. Wir müssen jetzt ein Ertüchtigungsprogrammauflegen.

(Willi Müller (CSU): So ist es!)

Wenn die Tschechische Republik dabei ist – um diesesBeispiel zu nennen, gestern waren fast alle Mitgliederdes Haushaltsausschusses in Eslarn –, dann gibt es dortKostenvorteile, Vorteile bei den Lohnnebenkosten, weni-ger administrative Reglementierung. Wenn sie dabeisind, dann sind sie auch noch ein Zielgebiet I. Das heißt,sie bekommen massive europäische Förderung; auf deranderen Seite der Grenze, in Eslarn, gibt es nichts. Wirmüssen die Betriebe zwischen Hof und Passau massivfördern, um sie wettbewerbsfähig für diese Herausforde-rung zu machen.

(Willi Müller (CSU): Es ist ein Jammer, dass dieBundesregierung überhaupt nichts macht!)

Wir geben fast 60 Millionen DM für den Straßenbau aus.Auch das wird flächendeckend in Bayern zur Verfügungstehen.

Ich verweise aus Zeitgründen nur kursorisch auf unserSicherheitspaket, das der Herr Ministerpräsident vorzwei Wochen hier vorgestellt hat. Das ist eine besondereHerausforderung.

Wir setzen nicht nur aktiv gestaltend Akzente bei Familieund Bildung. Wir sind auch in der Lage, defensiveAkzente zu setzen, zum Beispiel erstens im Verbrau-cherschutz aufgrund der BSE-Krise. Wir geben dafür657 Millionen DM aus. Wir setzen den zweiten Akzentbei der Sicherheit mit zusätzlich 400 Millionen DM. Ichmöchte das Wort „zusätzlich“ interpretieren – das ist mirals Haushaltsminister wichtig: Jede Mark ist gegenfinan-ziert. Das ist ein Beispiel für Herrn Eichel. Man kanndurchaus Schwerpunkte bei der Sicherheit setzen, ohnedies durch Steuererhöhungen zu finanzieren. Man kanndas auch durch Gegenfinanzierung machen. Alle Häusertragen dazu bei, dass wir dieser außergewöhnlichenHerausforderung bei der inneren Sicherheit Herr werdenkönnen.

(Hufe (SPD): Und beim Golfkrieg haben Sie dieMineralölsteuer um 25 Pfennig pro Liter erhöht, umdie Schulden bei Amerika zu bezahlen! – Maget(SPD): Plus Tabaksteuer, plus Versicherungs-steuer!)

– Meine Damen und Herren, wir sind in einer dramati-schen Haushaltssituation, die die BundesrepublikDeutschland genauso wie Bayern betrifft. Sie redenständig vom Jahr 1991.

(Lachen bei der SPD)

Haben Sie nichts anderes entgegenzusetzen, als irgend-welche Verzerrungen aus der Vergangenheit, die zehnJahre zurückliegen?

(Beifall bei der CSU)

Ich habe noch nie eine so schwache Erwiderung gehört.Bleiben Sie in dieser Zeit, und legen Sie Ihre Konzeptefür die Gegenwart auf den Tisch!

(Widerspruch bei der SPD – Maget (SPD): WennSie Steuern erhöhen, dann ist es in Ordnung, aberwenn wir das machen, dann ist es schlecht!)

Wir setzen weitere Akzente im Stammhaushalt; ich ver-weise auf mein Konzept: Unterziehschutzwesten, Not-rufnummer 112 – auch dies sind zwei Maßnahmen fürdie innere Sicherheit –, Meister-BAföG, Staatsforstbe-triebe – wegen des Preisverfalls nach dem Orkan Lotharmussten wir das machen –, Maßregelvollzug – teuer,aber notwendig –, mehr Mittel für die Forschungsstiftungund die Universitätskliniken.

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Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 5293

Lassen Sie mich zu den Universitätskliniken noch etwassagen, das ist der vorletzte Absatz meiner Rede. Wirmüssen bei den Universitätskliniken viel machen. DerHaushalt für 2001 enthält bereits 107,5 Millionen Europlus 25,6 Millionen Euro an Verstärkungsmitteln und 4,1Millionen Euro OZB III Privatisierungserlöse, also insge-samt 137 Millionen Euro. Im nächsten Jahr müssen wirdas zusammenzählen und kommen dann – zusammenmit zusätzlichen 10 Millionen Euro Verstärkungsmittelnaus dem zweiten Nachtragshaushalt 2002 – auf 374 Mil-lionen DM für unsere Kliniken. Das muss zuerst einmalverbaut werden. Ich glaube, das zeigt, dass wir hier mas-siv einen Schwerpunkt setzen. Frau Kellner, Sie waren indieser Frage immer sehr engagiert. Ich glaube, Sie wer-den hier auch an das Rednerpult treten und endlich ein-mal das Weihrauchfass für unsere Schwerpunktbildungschwingen.

(Zuruf der Frau Abgeordneten Kellner (BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN))

Wir tun etwas für die Kommunen. Ich will nur zweiPunkte herausgreifen: Erstens. Wir haben den Kommu-nen in den Haushaltsverhandlungen für das nächsteJahr gegenüber 2001295 Millionen DM zugestanden.Die bereinigten Landesleistungen steigen um 3,2%,während der Gesamthaushalt nur um 2,1% steigt. Daszeigt, dass die Bayerische Staatsregierung in besonde-rer Weise kommunalfreundlich ist.

(Beifall bei der CSU – Lachen bei der SPD – Wider-spruch bei Abgeordneten der SPD)

Wir haben vor allem eine langfristige Zusage, die ichgemacht habe, eingehalten. Die Kommunen habenimmer wieder gesagt, die so genannten sachfremdenLeistungen, insbesondere aus dem Asylbewerberleis-tungsgesetz, soll der Freistaat Bayern zahlen. Ich habezugestanden, das ab der Mitte des nächsten Jahres zubezahlen. Das bedeutet für den nächsten Haushalt imJahr 2002: 71 Millionen DM zusätzlich für die Kommu-nen.

Das Wichtige dabei ist, Kollege Strasser, dass die Kom-munen das langfristig bekommen. Ab dem Jahr 2003heißt das, ganzjährig erhalten die Kommunen 140 Millio-nen DM zusätzlich. Die Grenzziehung zwischen demFreistaat und den Kommunen ist also ganz deutlichzugunsten der Kommunen verschoben worden. DieKommunen haben durch diese entsprechende Ände-rung finanzpolitisch Land gewonnen. Das ist der ent-scheidende Punkt in diesem Nachtragshaushalt für dieKommunen. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeitund wünsche gute Beratungen des Nachtragshaushaltsim Haushaltsausschuss.

(Beifall bei der CSU)

Präsident Böhm: Ich eröffne die gemeinsame Ausspra-che, die auf 30 Minuten pro Fraktion angesetzt war. DieRedezeit erhöht sich jetzt um wenige Minuten. Das Worthat Kollege Strasser.

Strasser (SPD) (vom Redner nicht autorisiert): Herr Prä-sident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wer wie derHerr Finanzminister an das Rednerpult tritt und versucht,immer wieder darauf hinzuweisen, was man von Seitendes Bundes alles besser machen sollte, der darf sichnicht darüber wundern, wenn ihn seine Vergangenheiteinholt.

Herr Finanzminister, Sie wollen uns belehren – wie esauch der Herr Ministerpräsident immer wieder macht –,dass wir Steuern nicht erhöhen sollen. Wir müssen Siedaran erinnern, dass es die CSU und ihr Vorsitzenderwaren, die über Jahre hinweg die Steuern erhöht haben.

Sie sind die größte Steuererhöhungspartei der Bundes-republik Deutschland.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CSU)

– Ganz sachlich: Wer hat denn die Mineralölsteuer jähr-lich im Schnitt um fünf Pfennige erhöht? – Das war dieCSU. Wer hat die Tabaksteuer erhöht? – Das warendoch Sie, die CSU. Wer hat die Grunderwerbsteuererhöht? – Das waren doch Sie, die CSU. Wer hat dieVermögensteuer erhöht? – Das waren doch Sie, dieCSU. Wer hat denn für eine Politik gesorgt, die zurhöchsten Abgabenquote für die Arbeitnehmerinnen undArbeitnehmer geführt hat? – Das war doch die CSU.

(Beifall bei der SPD)

Jüngstes Beispiel. Fragen Sie doch die Autobesitzer:Wer hat denn am 01.07.1997 beschlossen, dass die Kfz-Steuer um etwa 60% erhöht werden soll? – Das wardoch die CSU. Deshalb sind und bleiben Sie die größteSteuererhöhungspartei der Bundesrepublik Deutsch-land.

(Beifall bei der SPD)

Wir würden nichts sagen, wenn nicht der Finanzministerauf das Thema eingegangen wäre. Herr Minister, Siesollten sich nicht immer wieder an das Jahr 1991 erin-nern. Erinnern Sie sich nur an das Jahr 1998. 1998 muß-ten Sie bei einem Schuldenstand – das muß man sichauf der Zunge zergehen lassen – von 1,5 Billionen DMabtreten. Herr Minister, Sie und die CSU mit ihrem Lan-desvorsitzenden sind verantwortlich für einen Schulden-stand von 1,5 Billionen DM. Das ist Tatsache, und dassollten Sie zur Kenntnis nehmen.

Sie sprechen die Steuererhöhung an und sagen, esmüßte doch möglich sein, aus dem großen Bundeshaus-halt 3 Milliarden DM herauszuschneiden. Machen Sie esuns doch vor! Setzen Sie sich in Ihr Ministerium, undmachen Sie es uns vor. Sie sind es doch, die von denVereinen und den nichtstaatlichen Theatern mit einerSperre von 12% und einer Zusatzsperre von 3% zusätz-liche Abgaben fordern. Heben Sie diese Sperre auf, undmachen Sie das, was Sie vom Bund fordern. Hier kön-nen Sie selbst Hand anlegen und ein guter Schulmeistersein. Aber das sind Sie nicht.

(Beifall bei der SPD)

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5294 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001

Mein Kollege Dr. Manfred Schuhmann hat auf die Situa-tion bei den nichtstaatlichen Theatern hingewiesen.Diese Theater haben einen Spielplan und müssen Ver-träge einhalten. Plötzlich kommt der Finanzminister undsagt: Pech gehabt, 3% Zusatzsperre. Sie schneiden dasaus Ihrem Haushalt nicht heraus, aber Sie stellen sichhierher und belehren die Opposition und die Bundesre-gierung.

Die Diskussion über das Vorziehen der Steuerreform istunendlich. Sie weisen zum Schluss auf die Kommunenhin. Sie müssen sehen, nicht durch die Bundesregie-rung, durch Fusionsgeschäfte gibt es einen Zick-Zack-Kurs bei der Gewerbesteuer. Die Kommunen habenheute große Schwierigkeiten. Sie sagen, durch ein Vor-ziehen der Steuerreform müßten die Kommunen weiterauf Geld verzichten, obwohl die Kommunen diejenigensind, die auf der politischen Ebene am meisten investie-ren. Das schafft eine Sackgasse für die Kommunen.Deshalb wird die Steuerreform nicht vorgezogen. Wirhalten fest, dass der Konsolidierungskurs der Bundesre-gierung richtig ist, weil wir alle davon profitieren. Es gehtum die Zukunft unseres Landes. Deshalb bitten wir Sie,endlich konstruktiv an unserem Konsolidierungskurs mit-zuarbeiten.

(Beifall bei der SPD)

Herr Minister, Sie bringen heute offiziell den Nachtrags-haushalt ein, wobei Sie das Wort „Nachtragshaushalt“sehr wörtlich genommen haben. Sie sind wohl der Mei-nung, der Nachtragshaushalt müßte so spät wie möglichkommen, um seinem Namen gerecht zu werden.

(Heiterkeit bei der SPD)

Die Unterlagen sind uns erst in der letzten Woche vorge-legt worden, was zu spät ist. Sie hätten bereits vor denKlausurtagungen bereitgestellt werden müssen. WirSozialdemokraten fordern, dass die Staatsregierungdem Parlament die Unterlagen rechtzeitig zur Verfügungstellt, damit wir richtig mitarbeiten können, denn dasBudgetrecht liegt nicht beim Finanzministerium, sondernbeim Parlament.

(Beifall bei der SPD)

Für die Vorlage ist ein Kabinettsbeschluß notwendig, deraber erst am 25. September gefaßt wurde. Wir müssenuns fragen: Warum wurde der Kabinettsbeschluß erstam 25. September gefaßt? Zentraler Streitpunkt – sobeurteilen wir das – war die Bildungspolitik. Die Bayeri-sche Staatsregierung war sich konzeptionell und finan-ziell nicht einig. Die CSU-Landtagsfraktion faßte auf ihrerKlausurtagung einen Beschluß zur Bildungspolitik. Sienannte das „Beschluß“; in Wirklichkeit war der Beschlußinhaltslos und weder richtungs- noch zukunftsweisend.Tatsache ist, in der Bildungspolitik geht ein großer Rissdurch die CSU. Die Staatsregierung, insbesondere diebeteiligten Minister, konnte sich lange Zeit nicht auf eingemeinsames Handeln einigen. Ich denke hier beson-ders an Frau Staatsministerin Hohlmeier und HerrnStaatsminister Prof. Dr. Faltlhauser. Die Staatsregierunginsgesamt wollte etwas anderes als die CSU-Fraktion,und die CSU-Kommunalpolitiker wollten wieder etwas

anderes, wobei wir feststellen, dass das, was die CSU-Kommunalpolitiker wollen, in diesem vielstimmigen Chorder CSU das Vernünftigste ist.

Die Staatsregierung will Aufgaben von oben nach untenverlagern, was die Ganztagsbetreuung anbetrifft. Wirwenden uns entschieden dagegen, dass die BayerischeStaatsregierung, das Finanzministerium und die CSU-Fraktion immer mehr finanzielle Belastungen von obennach unten delegieren, wie das bei der Ganztagsbetreu-ung der Fall ist.

(Beifall bei der SPD)

Es ist nicht in Ordnung, dass die Kommunen für das,was sich in der Gesellschaft geändert hat, bezahlenmüssen. Hier ist der Staat gefordert. Wir werden es nichtzulassen, dass eine Politik gemacht wird, die gegen dieKommunen und die Familien gerichtet ist.

(Beifall bei der SPD)

Zur Bildungspolitik stellen wir fest, dass diese in Bayerntrotz Ihrer Äußerungen, Herr Minister, Mangelware ist.Es mangelt an Lehrern; es mangelt an pädagogischemPersonal; es mangelt an Qualität, und es mangelt anGanztagsschulen und Ganztagsbetreuung. Das ist Tat-sache. Deshalb ist diese Politik Mangelware.

(Zurufe von der CSU)

– Ich höre, es gibt aus Ihren Reihen Widerspruch. Sollich Ihnen ein Beispiel aus jüngster Zeit nennen? – Es istschade, dass die CSU-Kollegen aus meiner Region nichthier sind. Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Nachdem seitSchuljahresbeginn Kunsterziehung an einem Gymna-sium ausfällt und die Parlamentarier gebeten wurden,Kontakt aufzunehmen, hört man vom Ministerium, es istkein Geld da. Der Unterricht muß ausfallen. Es könntehöchstens ab 1. Dezember zusätzliches Geld geben. Einanderes Beispiel: Sie betonen immer wieder, wie wichtigFremdsprachen sind. Ich kann Ihnen ein Gymnasiumnennen, an dem der Französischunterricht ausfällt. Ichfrage die Leiterin der Schule, warum keine Aushilfskräfteeingestellt werden. Sie sagt, es ist kein Geld da. Wennda nicht Handlungsbedarf besteht, weiß ich nicht, wannwir etwas tun müssen. Das sind Fakten, Herr Minister.Deshalb sagen wir, es ist einiges nicht in Ordnung. Wirbrauchen dringend eine Korrektur der Bildungspolitik.Sie sind nicht die großen Macher, sondern Zauderer undZögerer, die die Probleme nicht lösen.

(Beifall bei der SPD)

Mit Blick auf den Nachtragshaushalt stelle ich fest: Wasdie Bildungspolitik betrifft, haben Sie eine große Chancevertan. Wir als Sozialdemokraten fordern – so unsereAnträge in der Vergangenheit –: Wer von Bildungsoffen-sive redet, der muß handeln. Wir werden dafür kämpfen,dass Bildung in unserer Gesellschaft Vorfahrt hat.

(Beifall bei der SPD)

Sie hätten vor der Sommerpause die Möglichkeit gehabt,mit uns zu diskutieren, aber Sie haben unsere Anträge

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Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 5295

abgelehnt. Das ist leider so. Nun werden wir versuchen,im Nachtragshaushalt unsere Akzente zu setzen.

Gestatten Sie mir noch ein paar Gedanken zum Nach-tragshaushalt, der zum ersten Mal in Euro ausgewiesenist. Die Sozialdemokraten haben vor der Sommerpausebereits einiges zu den Eckdaten und der Höhe der nicht-verplanten Mittel für den Nachtragshaushalt gesagt.Nach der Vorlage des Nachtragshaushalts sagen wir dasGleiche, was wir schon vorher gesagt haben. Die Zah-len, die wir genannt haben, sind nur bestätigt worden.Die Rücklagen aus dem Doppelhaushalt, die zusätzli-chen Rücklagen aus dem Jahr 2000, die bislang nochnicht etatisiert sind, die zusätzlichen Zinseinnahmensowie die E.ON-Erlöse ergeben insgesamt – das istunsere Aussage – ein Volumen von 2,4 Milliarden Euro –das sind 4,7 Milliarden DM – an nichtverplanten Haus-haltsmitteln. Diese Summe muß genannt werden, unddiese Summe spielt beim Nachtragshaushalt eine Rolle:4,7 Milliarden DM oder 2,4 Milliarden Euro.

Nun zu den einzelnen Punkten, die von Ihnen bestrittenwerden. Wir bedauern immer wieder Ihre Äußerungen.

Weder das Finanzministerium noch die CSU-Fraktionhat konkret zu den Zahlen Stellung genommen, nur zuden verbalen Äußerungen. Angesichts der Äußerungeneines Kabinettsmitglieds, die ich gestern gelesen habe,bitte ich die Mitglieder des Kabinetts und die verantwort-lichen Pressesprecher, darüber nachzudenken, welcheBegriffe verwendet werden sollen. Es ist nicht in Ord-nung, dass ein Minister sagt, die Kollegen der anderenFakultät sind Propagandatrottel. Die Begriffe, die in die-ser politischen Auseinandersetzung gebraucht werden,sind nicht in Ordnung. Mehr Sachlichkeit wäre geboten.

(Beifall bei der SPD)

Kern unserer Aussagen war und ist es, dass es aus demJahr 2000 zusätzliche Rücklagen in Höhe von gut einerMilliarde Euro gab, die nicht im Doppelhaushalt etatisiertsind. Im Nachtragshaushalt des Finanzministeriums sindjetzt zum 31.12.2000 Rücklagen mit 2,8 Milliarden Euroausgewiesen. Warum ist das bisher nicht geschehen?Für uns steht fest, dass der Finanzminister das nichtgemacht hat, um die Öffentlichkeit, vor allem die CSU-Fraktion über die wahre Größe der Rücklagen nicht zuinformieren. Herr Finanzminister, Sie verstecken dasGeld unter der Matratze, und die CSU-Fraktion schläftdarauf, ohne es zu merken.

(Beifall und Heiterkeit bei der SPD – Gabsteiger(CSU): Kollege Strasser, das ist unglaublich, dasmüssen Sie sofort zurücknehmen!)

Wir fordern, dieses Kapital arbeiten zu lassen. Wir wen-den uns ganz entschieden dagegen, dass Sie diesesGeld jetzt einfach ansammeln und bunkern, um es kurzvor der Landtagswahl im Jahr 2003 großzügig unter dasVolk zu streuen. Das ist keine solide Finanzpolitik. DasGeld der Bürger ist Ihnen anvertraut worden, damit Siedamit solide arbeiten, nicht, damit Sie im Jahr 2003Wahlkampf betreiben.

(Beifall bei der SPD)

Herr Minister, Ihr Ministerium hat an Einnahmen aus denRücklagen gut 15 Millionen Euro eingestellt. Das wärelediglich eine Verzinsung von einem halben Prozent. ImHaushalt sind nunmehr Rücklagen in Höhe von 2,6 Milli-arden eingestellt. Sie geben 15 Millionen Euro an Zins-einnahmen an. Das wäre eine Verzinsung von nur einemhalben Prozent, höchsten von einem Prozent. Für Spar-einlagen bei einer Bank bekommt man mindestens 1,5%Zinsen. Wer in der freien Wirtschaft so arbeiten würde,würde seinen Job verlieren. So kann man nicht wirt-schaften. Herr Minister, im Haushalt fehlen 100 MillionenEuro.

(Zuruf des Abgeordneten Gabsteiger (CSU))

Das ist keine ordentliche Verzinsung. Wo haben Sie dasGeld versteckt? Warum fehlen 100 Millionen?

(Zurufe von der CSU)

Wir sind ausführlich auf die E.ON-Erlöse und die Rückla-gen eingegangen. Wir lagen immer wieder bei 480 Millio-nen Euro an nicht verplanten Haushaltsmitteln; dashaben wir immer wieder angesprochen. Wenn wir allesaddieren, kommen wir auf 2,4 Milliarden Euro oder 4,7Milliarden DM an Rücklagen; das sind die Rücklagen,Zinseinnahmen und E.ON-Erlöse zusammengefasst.Genaue Nachrechnungen bestätigen uns das.

Nun will ich noch einige Worte zu Steuereinnahmen, zurSteuerentwicklung und zu Steuererhöhungen sagen.Herr Minister, angesichts der Fakten müssen Sie einräu-men, dass kein Grund für eine Panikstimmung besteht;die Zahlen belegen das. Das Jahr 2000 war mit seinenSteuereinnahmen ein absolutes Rekordjahr. Im Jahr2000 waren 25,4 Milliarden Euro an Steuereinnahmengeplant; tatsächlich sind 1,3 Milliarden Euro mehr einge-gangen, insgesamt also 26,7 Milliarden Euro. Aus die-sen überplanmäßigen Steuereinnahmen konnte jeneMilliarde Euro den Rücklagen zugeführt werden, dieerstmals im Nachtragshaushalt schriftlich belegt ist. Washaben wir für das Jahr 2001 eingestellt? Wir haben fürdas Jahr 2001 bereits die Steuerreform berücksichtigtund deshalb weniger Einnahmen angesetzt, nämlich25,3 Milliarden Euro. Ein Blick auf die tatsächliche Ent-wicklung der ersten drei Quartale des Haushalts zeigt,dass wir um 100 Millionen Euro hinter der geplanten Ein-nahme zurückliegen. Wer die Steuermindereinnahmenden zusätzlichen Zinseinnahmen durch die Rücklagengegenüber stellt, wird sehen, dass für Panik überhauptkein Anlass besteht. Meine sehr geehrten Damen undHerren, das müssen Sie zur Kenntnis nehmen. Das isteine ganz solide, saubere Rechnung. Herr Minister, IhrePanikmache trägt dazu bei, dass das Klima in der Wirt-schaft schlechter wird. Es besteht keine Veranlassung,bei der Haushaltsberatung des Freistaates Bayern einesolche Panik zu verbreiten.

(Beifall bei der SPD)

Der Entwurf des Nachtragshaushaltes, den Sie vorge-legt haben, gibt keine Antwort auf die wichtigen Forde-rungen der Wirtschaft und ihrer Verbände. Sie habenvorhin erklärt, was Sie alles für die Bildung tun. Die Wirt-schaftsverbände fordern alle, dass mehr für die Bildung

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getan wird. Was macht die Bayerische Staatsregierung?Die Bayerische Staatsregierung stellt gerade einmal7,6% der E.ON-Erlöse – einen windigen Bruchteil! – fürdie Bildung zur Verfügung. Das ist viel zu wenig. Damitkönnen die Forderungen der Wirtschaftsverbände beiweitem nicht erfüllt werden. Ihre Rhetorik ist viel besserals das, was Sie wirklich für die Familien, Kinder undSchulen tun.

(Beifall bei der SPD)

Das Thema Innere Sicherheit wurde breit angesprochen.Ich gestehe, dass Ihre Rede einiges enthält, was wiranders gesehen haben. Der Ministerpräsident hat 650neue Stellen für die Polizei angekündigt. Wir habenbeklagt, dass die 650 Stellen nicht im Nachtragshaushaltenthalten sind. Ich höre, dass diese Stellen im Nach-schub noch kommen sollten. Das hätte man vielleichtfrüher machen können. Wer stets von innerer Sicherheitredet, muss nach unserer Meinung etwas mehr tun. Hierist wirklich Handeln gefragt. Heute fordern die Bayeri-sche Staatsregierung und Herr Ministerpräsident plötz-lich mehr Stellen für die Polizei. Es waren aber der Minis-terpräsident und die CSU-Fraktion, welche jahrelang dieForderungen der SPD abgelehnt haben. Es waren dochdie Sozialdemokraten, die nach ihren vielen Besuchenvon Polizeidirektionen und -inspektionen festgestellthaben, dass die Polizei ausgedünnt worden ist, dass zuwenige Menschen in den Polizeiinspektionen sind.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben festgestellt, dass die Polizei dringend aufge-stockt werden muss. Sie haben die Sollstärkeberech-nung in den Landtag gebracht. Sie waren es, die Stellengestrichen haben. Meine Damen und Herren von derCSU, Sie haben unsere Anträge abgelehnt, und deshalbsind Sie dafür verantwortlich, dass es beim Schicht-dienst Schwierigkeiten gibt und die Polizei überaltert ist.Es ist längst überfällig, dass mehr Planstellen für diePolizei geschaffen werden. Wir werden hier tätig werdenund warten auf eine Unterstützung durch die CSU.

(Beifall bei der SPD)

Man könnte bei den Haushaltsberatungen noch daraufhinweisen, dass die innere Sicherheit finanziert werdenmuss, dass auch das VerbraucherschutzministeriumGeld dafür hergeben muss. Sie kündigen politische Ini-tiativen an und wollen für deren Finanzierung Mittel ver-wenden, die Sie schon einmal ausgegeben haben. Daswiderspricht dem Haushaltsgesetz; denn jede Mark kannnur einmal ausgegeben werden.

(Zuruf des Abgeordneten Ach (CSU))

– Lieber Kollege Ach, nach dem aufmerksamen Lesender Regierungserklärung, Ihrer Sonntagsreden und IhrerPressemitteilungen komme ich zu einem interessantenErgebnis:

Wir müssten einen neuen Einzelplan einführen, einenEinzelplan mit der Nummer 16 und der Bezeichnung„Politische Luftnummern“. Die dort eingestellten Finanz-mittel können mehrfach verwendet werden, müssen

aber niemals tatsächlich bezahlt werden. In diesem Ein-zelplan können selbstverständlich alle politischenAnkündigungen, die sie immer wieder bei den Grußwor-ten machen, verbucht werden.

(Dr. Kempfler (CSU): Sehr geistreich!)

Einzelplan Nummer 17 müsste die Bezeichnung „Son-derrücklage Landtagswahl“ haben. In diesem Einzelplanbucht der bayerische Finanzminister alle nichtverplantenHaushaltsmittel, die er im Hinblick auf Wahlgeschenkefür die nächste Landtagswahl im Jahr 2003 hortet. In die-sen Einzelplan kann der bayerische Finanzministerhineinschreiben, was er will, da es seine Zielsetzung ist,die Öffentlichkeit, den Landtag und auch die CSU-Frak-tion über die Höhe der nichtverplanten Mittel möglichstim Unklaren zu lassen.

Als nächstes käme der Einzelplan Nummer 18, dersicherlich interessant sein kann, weil er ein Beitrag zurKlarheit und Transparenz ist und die Aktivitäten derStaatsregierung deutlich macht. Dieser könnte dieBezeichnung „Kostenwirksame Fehlentscheidungen desbayerischen Ministerpräsidenten“ haben.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Dort können Sie mehrere Positionen hineinschreiben,zum Beispiel LWS, Deutscher Orden und alles, wasdamit zusammenhängt.

Diese drei Einzelpläne können einen Beitrag zur Haus-haltswahrheit und Haushaltsklarheit leisten. Das wäreauch im Interesse des Parlaments und der Öffentlichkeit.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Sozialde-mokraten haben im Vorfeld zu diesem Nachtragshaus-halt immer wieder darauf verwiesen, dass wir dreiSchwerpunkte brauchen: Bildungspolitik, innere Sicher-heit und Kommunalpolitik. Unser bildungspolitischerNachtragshaushalt, den wir noch vor der Sommerpausein den Landtag eingebracht haben und der für das Schul-jahr eigentlich konkrete Verbesserungen gebracht hätte,enthält drei wesentliche Elemente.

Erstens. Wir brauchen dringend eine Qualitätsverbesse-rung an den bayerischen Schulen. Zweitens. Die Siche-rung der Unterrichtsversorgung, die ich vorhin angespro-chen habe, ist dringend notwendig. Drittens. Wir brau-chen dringend den Einstieg in eine bedarfsdeckendeEinführung der Ganztagsschule, so wie es die Wirtschaftund viele Verbände fordern. Wenn unsere Forderungenerfüllt worden wären, hätten die Maßnahmen schon imnächsten Schuljahr wirksam werden können, aber Siehaben es nicht gewollt. Dass wir zur nachhaltigen Ver-besserung der Bildungspolitik in Bayern auch regulärePlanstellen fordern, wird Sie nicht überraschen. Ebensowie aufgrund der BSE-Krise mehr Geld im Verbraucher-schutzministerium notwendig ist, brauchen wir auf deranderen Seite Mittel und Planstellen für die Schulen.Diese müssen wissen, woran sie sind. Deshalb sind wirder Auffassung, dass wir auch über den Stellenplan imZusammenhang mit der Bildungspolitik diskutieren müs-sen. Wir sind der Auffassung, dass wir eine echte Bil-dungsoffensive brauchen. Rhetorik hatten wir in der letz-

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Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 5297

ten Zeit genug. Die Eltern, die Verbände und die Schüle-rinnen und Schüler brauchen mehr Engagement in derBildungspolitik. Nur so hat unser Land insgesamt eineZukunft.

(Beifall bei der SPD)

Lassen Sie mich zur inneren Sicherheit kommen. Hierhaben wir rechtzeitig Maßnahmen angemahnt. Ich habevorhin schon darauf hingewiesen, dass es eine Zeit gab,in der die CSU Forderungen zur Beschaffung vonSchutzwesten und zur besseren Ausstattung der Polizeinicht zugestimmt und uns die rote Karte gezeigt hat,wenn wir diesbezüglich Anträge eingebracht haben. Gottsei Dank sind Sie von der CSU jetzt etwas anderer Mei-nung. Es ist notwendig, dass sich in puncto zusätzlichePlanstellen bei der Polizei wesentlich mehr tut. Sie han-deln in der inneren Sicherheit nach dem altbekanntenDrehbuch: eigenes jahrelanges Nichtstun zur Vorberei-tung öffentlich wirksamer Ankündigungen. Der Minister-präsident beklagt hier, dass für die innere Sicherheit zuwenig getan worden sei. Dafür ist im Grunde genommener verantwortlich. Er ist mitschuldig, dass es einen sogroßen Personalbedarf bei den Polizeiinspektionen gibt.

(Beifall bei der SPD)

Wir sind gespannt, wie die CSU argumentiert.

Lassen Sie mich nun zur Kommunalpolitik kommen. Sie,Herr Minister, haben vorhin gesagt, wir seien ein kom-munalfreundliches Land.

(Staatsminister Prof. Dr. Faltlhauser (CSU): Rich-tig!)

Das sagen Sie, und Ihre Rhetorik und die des Minister-präsidenten ist gut. Das müssen wir anerkennen. DieRealität schaut jedoch ganz anders aus. Wer war esdenn, der die RZWas geändert hat, sodass die Bürgerin-nen und Bürger jetzt höhere Abwassergebühren bezah-len müssen? Das kann man nicht kommunalfreundlichnennen.

(Ach (CSU): Das ist doch keine Pflichtaufgabe desStaates!)

– Lieber Herr Kollege Ach, Sie wissen das.

(Hofmann (CSU): Wir haben die Mittel erhöht!)

– Sie haben auf der einen Seite die Mittel erhöht, auf deranderen Seite bekommen die Kommunen weniger. Wirkönnten darüber lange diskutieren.

Ich habe vom Bayerischen Gemeindetag und den Bür-germeistern die Klagen gehört, dass es zu lange dauert,bis die Zuschüsse ausgezahlt werden und Gebührener-höhungen notwendig sind. Hierfür haben Sie von derCSU die Verantwortung.

Wir Sozialdemokraten haben schwarz auf weiß, wie esum die Kommunalpolitik bestellt ist. Laut einer Antwortauf eine Anfrage zu den bayerischen Kommunalfinanzensteht der Freistaat Bayern im Vergleich zu den alten Flä-

chenländern hinsichtlich der staatlichen Mittel für Kom-munen nicht an vorderster Stelle. Von all Ihren alljährli-chen Jubelmeldungen über die staatlichen Leistungenfür die bayerischen Kommunen bleibt nicht mehr vielübrig. Wir waren immer bemüht, ein differenziertes Bildvon den bayerischen Kommunen zu zeichnen. Genaudas gibt die Antwort des Bayerischen Finanzministeri-ums wieder. Das Finanzministerium sagt, dass Bayernbei den Schlüsselzuweisungen für unsere Kommunenmit Abstand den letzten Platz belegt. Das Finanzministe-rium gibt an, bei den Zuweisungen für Investitionenbelege Bayern den ersten Platz. Bei Schlüsselzuweisun-gen und Zuweisungen für die Investitionen zusammenbelegt Bayern wiederum den letzten Platz im Vergleichmit den anderen Bundesländern.

(Zuruf des Abgeordneten Mehrlich (SPD))

Bei den staatlichen Zuweisungen im Rahmen desFinanzausgleichs belegt Bayern von acht Bundeslän-dern den dritten Platz. Von Spitzenreiter ist keine Redemehr. „Bayern vorn“ trifft nicht mehr zu. Das müssen Sieden Kommunalpolitikern im Lande sagen. Bei den staat-lichen Zuweisungen an die Kommunen insgesamt belegtBayern zusammen mit dem Saarland den fünften Platz.Bei der Verschuldung der Kommunen steht Bayernschlechter da als Baden-Württemberg, Schleswig-Hol-stein und das Saarland.

(Zuruf des Abgeordneten Ach (CSU))

Insgesamt ergibt sich für die Finanzausstattung derbayerischen Kommunen gerade noch ein Mittelplatz.Von „Bayern vorn“ sind Sie auf jeden Fall weit entfernt.Das sollten Sie einmal zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der SPD)

Wir Sozialdemokraten sind der Meinung, dass es abso-lute Priorität haben muss, die Finanzsituation unsererKommunen endlich zu verbessern, weil eine gute Aus-stattung unserer Kommunen so wichtig ist. Die Kommu-nen müssen wissen, wann sie das Geld vom Freistaatbekommen. Die Kämmerer, Bürgermeister und Oberbür-germeister dürfen nicht zu Bittstellern im Ministeriumdegradiert werden.

(Beifall bei der SPD)

Wir werden uns bei den Haushaltsberatungen in denkommenden Wochen an den hausgemachten landespo-litischen Problemen orientieren. Schnell, spürbar undnachhaltig müssen die Probleme in den Schulen, bei derPolizei und den Kommunen gelöst werden. Wenn dieCSU-Fraktion nicht bereit ist, gegenüber dem vomFinanzministerium vorgelegten Entwurf ordentlich nach-zulegen, werden Sie mit diesem Nachtragshaushalt poli-tisch nicht bestehen können. Wir werden auf jeden Fallalle nötigen Initiativen ergreifen, um aus diesem Geld-verwaltungshaushalt einen politischen Gestaltungshaus-halt zu machen.

Ich komme zum Resümee. Es gab noch niemals einenHaushaltsentwurf, dessen Zahlenwust so wenig mit tat-sächlichen landespolitischen Problemen zu tun hatte,

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wie der heute vorgelegte Nachtragshaushalt. Er kam vielzu spät. Es mangelt ihm nicht an Masse, denn das Geldist vorhanden, aber es mangelt ihm an Klasse. Einselbstbewusstes Parlament müsste diesen Entwurfeigentlich zur kompletten Überarbeitung an den Finanz-minister zurückgeben.

(Beifall bei der SPD)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Als nächster Red-ner hat Herr Kollege Ach das Wort.

Ach (CSU): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen undKollegen! Lieber Kollege Strasser, Sie haben sicherlicheine unheimlich schwierige Funktion. Sie müssen hierDinge verkünden, die mit der Wirklichkeit leider über-haupt nicht übereinstimmen.

(Zuruf des Abgeordneten Strasser (SPD))

Ich bedauere – das trifft nicht Sie persönlich, sondernIhre Fraktion –, mit welcher Oberflächlichkeit Sie eineDiskussion über einen Nachtragshaushalt mit so vielengrundsätzlich neuen Elementen beginnen. Entwedersind Sie nicht bereit, ernsthaft mit uns zu diskutieren,oder Sie haben das Gefühl: Die sind so gut, es bringtnichts, wenn wir hier überhaupt noch diskutieren wollen.

Sie behaupten beispielsweise, wir bräuchten neue Ein-zelpläne. Lieber Kollege Strasser, Sie sollten alles ersteinmal richtig lesen. Dann werden Sie nämlich feststel-len, dass alles, was Sie zu den Einzelplänen 16 bis 18genannt haben, im Bereich der Fabel oder der Phantasieanzusiedeln oder als „Strassers Märchen“ zu bezeich-nen ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie habenDinge erneut aufgegriffen, die schon längst der Vergan-genheit angehören und die wir schon x-mal diskutierthaben. Sie werfen uns außer der Erhöhung der Mineral-ölsteuer dies und jenes vor und sagen, wir seien eineSteuererhöhungspartei. Dazu ein Beispiel, das leider inVergessenheit geraten ist. Als wir im Bund im Jahre1963 die Regierung gebildet haben, war eine der erstenAktionen, die Grunderwerbsteuer von 7% auf 2% zusenken. Als Sie angetreten sind, haben Sie sofort dieÖkosteuer mit 30 Pfennigen eingeführt. Das sind dieUnterschiede beim Start einer neuen Regierung, liebeKolleginnen und Kollegen; darauf darf ich sicherlich aucheinmal hinweisen.

(Beifall bei der CSU)

Dann werfen Sie uns nach wie vor vor, wir hätten 1,5 Bil-lionen DM an Schulden zu verantworten. Sie vergessennach wie vor – ich behaupte, Sie waren nicht mit vollemHerzen dabei –, dass der überwiegende Anteil dieserGelder aufgrund der Deutschen Einheit geflossen ist.Nehmen Sie das endlich zur Kenntnis; alles anderebedeutet, die Leute für dumm zu verkaufen.

(Beifall bei der CSU – Zurufe von der SPD)

Nächste Feststellung: Sie sagen, Sie werden die Steuer-reform nicht vorziehen, Sie haben wohl noch nicht dasletzte Wort mit dem Bundeskanzler gesprochen. BeimBund denkt man jetzt zwar über andere Alternativennach, aber wie immer heißt es auch: Wir stehen Gewehrbei Fuß. So lange der Bund so sagt, sagen wir auch so,wenn er dann anders pfeift, pfeifen wir morgen auchanders. Insofern, glaube ich, sitzen Sie hier auch nichtauf dem richtigen Dampfer; und Sie werden noch einigeserleben müssen.

(Beifall bei der CSU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kollegin-nen und Kollegen, es gäbe noch eine Menge zu dem zusagen, was Kollege Strasser für die SPD-Fraktion aus-geführt hat. Aber aus Zeitgründen werden wir bei derEinzelberatung darauf zurückkommen, und vor allenDingen in der Schlussdebatte werde ich Ihnen mitSicherheit die eine oder andere Behauptung und dieeine oder andere vorgetragene Zahl schlicht und einfachwiderlegen können, insbesondere wenn es um den kom-munalen Finanzausgleich geht.

Ich persönlich möchte zunächst für die CSU-Fraktiondem Kollegen Faltlhauser für die Vorlage des Haushalts-entwurfs herzlich danken. Mit dieser Vorlage heute ist esmöglich, rechtzeitig zum 1. Januar 2002 den Nachtrags-haushalt 2002 in Kraft zu setzen. Ferner können wirdamit auch zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzung fürdie Umstellung des Nachtragshaushalts auf den Euroschaffen. Weshalb die CSU-Fraktion im Wesentlichendie von Herrn Staatsminister Faltlhauser vorgelegteKonzeption nachdrücklich unterstützt, werde ich Ihnenjetzt begründen. Wir begrüßen sie aus sechs Gründen.

Erstens. Wir begrüßen die vorgelegte Konzeption desNachtragshaushalts 2002, weil die Begrenzung der Net-tokreditaufnahme auf rund 486 Millionen Euro im Jahr2002 zur nachhaltigen Rückführung der Nettoneuver-schuldung führt. Unserem Ziel eines Haushalts ohneNeuverschuldung bis zum Jahre 2006 kommen wir damiterneut ein großes Stück näher. Andere können davonnur träumen. Die Abbauschritte von rund 117 MillionenEuro jährlich bei der Neuverschuldung werden also, wiepolitisch vorgegeben, eingehalten.

Zweitens. Wir begrüßen den Erhalt der Investitionsquotevon deutlich über 15% zur Sicherung des Wirtschafts-standortes. Trotz erheblicher Sparzwänge wird dieInvestitionsquote gegenüber dem Stammhaushalt um0,2 Prozentpunkte auf 15,6% erhöht. Inklusive der Priva-tisierungserlöse beträgt sie sogar 16,7%.

(Zurufe von der CSU: Bayern vorn!)

– Bayern vorn, stimmt, Herr Kollege. Bayern nimmtdaher erneut die Spitzenposition unter den Flächenlän-dern West bei der Investitionsquote ein. Sie liegt in derLändergesamtheit – die ostdeutschen Bundesländerausgenommen – bei 11,2%. Und liebe Kolleginnen undKollegen in der Opposition, an Ihre Adresse gerichtet:Die rot-grüne Bundesregierung sackte inzwischen aufeine Investitionsquote von unter 11% ab. Das nur alsMerkposten.

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Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 5299

Drittens. Die CSU-Fraktion begrüßt den Nachtragshaus-halt, weil sie darin das Kennzeichen einer soliden undverlässlichen Finanzpolitik erkennt. Deshalb wollen wirmit diesem Nachtragshaushalt den Grundstein dafürlegen, die vorbildliche Haushaltsstruktur auch in dennächsten Jahren halten zu können.

Viertens. Eine gerechte und sozialverantwortliche Haus-haltspolitik darf sich nicht nur an der Gegenwart orientie-ren, liebe Kolleginnen und Kollegen der Opposition. Des-halb treffen wir auch hinreichend Vorsorge für dieZukunft.

Fünftens. Zur Sicherung der Lebenschancen künftigerGenerationen – da sind wir hoffentlich einer Meinung –muss einem Ansteigen der Staatsverschuldung Einhaltgeboten werden. Es müssen ausreichend Mittel fürZukunftsinvestitionen bereit gestellt werden. Eine hoheInvestitionsquote ist nicht nur ein wichtiger Beitrag zurStärkung des Wirtschaftswachstums, sondern auch einwesentlicher Beitrag zu mehr Generationengerechtig-keit.

Sechstens. Unser finanzpolitischer Kurs – das ist ent-scheidend, deshalb bitte ich jetzt gut zuzuhören, KollegeStrasser, und vielleicht interessiert es auch Kollegen Dr.Kaiser – wird auch von der Fachwelt unterstützt. So istdie Solidität der bayerischen Finanzdaten erst kürzlichdurch die wiederholte Verleihung des Spitzentestats Tri-ple A bestätigt worden. Das Spitzentestat von StandardPoor’s wurde vor allem aufgrund der ausgezeichnetenHaushaltsergebnisse und der starken wirtschaftlichenEntwicklung vergeben und sichert auch in Zukunft – dasist bedeutsam – den guten Zugang Bayerns zu den inter-nationalen Kapitalmärkten.

Nichtsdestoweniger bewegen uns natürlich auch dieschlechten Wirtschafts- und Finanzdaten. Wir habenbesorgniserregende wirtschaftliche Rahmenbedingun-gen. Wir bewegen uns am Rande einer Rezession. DieArbeitslosigkeit steigt; das gibt inzwischen auch der Bun-deskanzler zu. Deutschland ist das Schlusslicht beimWirtschaftswachstum in Europa. Das war es bis 1998nicht.

Zu der Misswirtschaft Ihrer Regierung, die entstanden istdurch eine zu zögerliche Steuerreform – der Staatsmi-nister hat Sie ausführlich darauf hingewiesen –, zur Ein-führung der Ökosteuer – die nächste Erhöhung um 6Pfennige pro Liter kommt schon zum 1. Januar –, zurimmer noch bestehenden Benachteiligung des Mittel-standes sowie zu den Verschlechterungen bei Kündi-gungen und beim Betriebsverfassungsrecht kommennunmehr die Auswirkungen – das ist das Tragische – derentsetzlichen Terroranschläge vom 11. September 2001zu.

(Dr. Kaiser (SPD): Von Wirtschaftspolitik verstehenSie nichts!)

– So wenig wie Sie von der Finanzpolitik.

Das bedeutet, die finanziellen Rahmenbedingungenwerden immer schwieriger.

Ich möchte an dieser Stelle erneut darauf hinweisen:Bereits ein halbes Prozent weniger Wirtschaftswachs-tum – das können Sie vielleicht nachvollziehen, Herr Kol-lege Dr. Kaiser – bedeutet für den bayerischen Staats-haushalt Mindereinnahmen in der Größenordnung vonrund 125 bis 150 Millionen Euro. Das sind ungefähr 300Millionen DM. Da können wir uns alle und insbesondereSie sich selbst ausrechnen, was die für 2001 zu erwar-tende verbleibende Restwachstumssteigerung von0,7% für unseren Haushalt bedeutet. Da muss man nurdas Einmaleins können.

Auch die Zukunft schaut nicht besser aus, liebe Kollegin-nen und Kollegen. Die Aussichten für das kommendeJahr sind nur minimal besser. Der Herr Finanzministerhat darauf hingewiesen. Nach dem Herbstgutachten dersechs führenden wirtschaftswissenschaftlichen For-schungsinstitute wird für nächstes Jahr ein Anstieg um1,3% erwartet. Nach Einschätzung der Institute befindenwir uns also „am Rande einer Rezession“ – das ist natür-lich international bedeutsam –, die – so die Experten –schon vor einem Jahr mit dem Abschwung der Konjunk-tur begonnen hat. Damit ist auch belegbar – das mussich Ihnen sagen, ob es Ihnen passt oder nicht –, dassunsere jetzigen wirtschaftlichen Probleme hausgemachtund zum großen Teil – nicht in allen Punkten – von Rot-grün auf Bundesebene verursacht sind.

(Beifall bei der CSU)

Vom Finanzminister bereits erwähnt wurden die drama-tisch sinkenden Steuereinnahmen. Mit Sorge sehen wirauf die nächste Steuerschätzung am 8./9. November2001. Da wird sich entscheiden, ob wir im Vollzug nochetwas tun können oder nicht. Darüber hinaus – das isthinreichend bekannt und sollte auch der Oppositionbekannt sein – werden die weiteren Entlastungsstufender Steuer- und Rentenreform schon ab 2003 zu zusätz-lichen Steuerausfällen führen. Dennoch ist der vorge-legte Entwurf des Nachtragshaushalts, wie nicht anderszu erwarten, sehr solide. Dabei halten wir alle selbstver-ständlich an unserem gesetzlich verankerten Ziel desausgeglichenen Haushalts bis 2006 fest. Im Gegensatzdazu wird Bundesfinanzminister Eichel auf seinem Wegzum gleichen Ziel, das bisher aus bloßen mündlichenAbsichtserklärungen besteht, schon wankelmütig. Seinpolitischer Rückhalt schwindet bereits deutlich erkenn-bar. Deshalb meine vorherige Feststellung, dass ichZweifel daran habe, Herr Kollege Strasser, ob das, wasSie heute behaupten, von Berlin so sanktioniert wird.

Diese politischen Absichtserklärungen sind vor dem Hin-tergrund zu sehen, dass die Europäische Kommission –das wird in der Öffentlichkeit nicht klar zum Ausdruckgebracht – bereits im April 2001, also vor einem gutenhalben Jahr, angesichts des nachlassenden Wirtschafts-wachstums in Deutschland ein Alarmsignal sendete undvon der Bundesrepublik forderte, den Sparkurs konse-quent fortzusetzen.

Ich möchte an einem weiteren Beispiel aufzeigen, wasunsere solide tatsächliche Finanzpolitik in Bayern vonder medienwirksamen Ankündigungspolitik auf Bundes-ebene unterscheidet. Es handelt sich um die Überlegun-gen des Bundes – ich bitte, gut zuzuhören –, schon ab

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nächstem Jahr den Anteil kurzfristiger Schuldtitel an derKreditaufnahme deutlich auszuweiten. Ich meine:Gerade in politisch so brisanten Zeiten, wie wir siemomentan erleben, bedeuten solche Planungen eindeutlich erhöhtes Zinsänderungs- und damit Haushalts-risiko. Das ist eine Weisheit, die nicht nur von unskommt; darauf hat auch schon der Bundesrechnungshofhingewiesen und dieses Verfahren offen kritisiert. LiebeKolleginnen und Kollegen, jetzt zeigt sich wieder einmal,dass wegen des vermeintlichen Vorteils, kurzfristig Zins-ausgaben zu vermeiden, die langfristige und nachhaltigePerspektive einer soliden Finanzpolitik von Rot-Grünvernachlässigt wird. Solche Taschenspielertricks werdenSie, solange wir die finanzpolitische Verantwortung inBayern tragen, von uns in Bayern nicht erleben, liebeKolleginnen und Kollegen der SPD.

(Beifall bei der CSU)

Kollege Strasser, Sie haben in Ihrem Redebeitragbesonders das Land Bayern für die Belastung der Kom-munen verantwortlich gemacht, aber dabei bewusstübersehen, in welchem Umfang der Bund die Länderund Kommunen belastet. Der Bund verteilt nach wie vorunverdrossen Lasten auf Länder und Kommunen. DieseFeststellung ist belegbar. Rot-Grün hat den Kommunenunter anderem die Übernahme von immer neuen Aufga-ben im sozialen Bereich verordnet, ohne deren Finanzie-rung sicherzustellen. Allein die Rentenreform wird dieKommunen bis 2008 15,5 Milliarden DM kosten. DerBund aber hat zum Beispiel im Jahr 2000 durch die Ver-steigerung der UMTS-Lizenzen zusätzlich 100 MilliardenDM eingenommen. Davon wurde kein Pfennig nachunten weitergereicht – im Gegenteil: Durch die Abschrei-bung der Kosten bei den Telekommunikationsfirmenwerden voraussichtlich 14 Milliarden DM an Gewerbe-steuern entfallen. Das trifft die Kommunen. Da hilft denKommunen auch die Ankündigung nicht sehr viel, dassjetzt vermeintlich großzügig 5 Milliarden DM aus Zinser-trägen für Investitionen bereit gestellt werden sollen.Wer weiß, wie Bayern vom Bund behandelt wird – dashaben wir bei der Verteilung der Gelder für die Privatfi-nanzierung von Autobahnen gesehen –, weiß auch, wasfür Bayern letztlich hier herauskommt.

Selbstverständlich – ich bitte, das auch in der Öffentlich-keit einmal bewusst zu machen – kann der FreistaatBayern nicht alle diese Fehler und Versäumnisse aufBundesebene ausbügeln. Dennoch steigern wir seit Jah-ren die Ansätze für den kommunalen Finanzausgleichüberproportional, so auch erneut in diesem Nachtrags-haushalt. Deshalb verstehe ich, Herr Kollege Strasser,Ihre Argumentation beim besten Willen nicht. Sie solltenlieber positiv zu Kenntnis nehmen, liebe Kolleginnen undKollegen von der SPD, was wir tun, anstatt ständig zupolemisieren. Die Tatsache, in welchem Umfang Rot-Grün Lasten vom Bund auf Länder und Kommunen ver-lagert, sollten Sie ebenfalls endlich zur Kenntnis neh-men.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nun zum Nachtragsent-wurf im Einzelnen. Schwerpunkt ist das Verwendungs-konzept der Privatisierungserlöse. Entgegen der dauer-haft falschen Darstellung in Verlautbarungen der Oppo-sition handelt es sich bei den Privatisierungserlösen

weder um Rücklagen noch um freie Gelder. Bereits aufder Klausurtagung Mitte September in Kloster Banzhaben wir im Schulterschluss mit der Staatsregierungein Verwendungskonzept beschlossen. Wie sieht diesesVerwendungskonzept aus? Ich verstehe nicht, wie Sie,Herr Kollege Strasser, bei der Bildung auf 7,6% kom-men. Ich versuche, Sie aufzuklären und vielleicht auchzu überzeugen. Wir investieren 100 Millionen Euro – 200Millionen DM – in die Kinderbetreuung. Wir investieren210 Millionen Euro – knapp 400 Millionen DM – in die Bil-dung und weitere 100 Millionen Euro in die EU-Osterwei-terung, was insbesondere den Grenzgebieten nachTschechien zugute kommt. Weiter haben wir zusätzlicheInvestitionen im sozialen Bereich in Höhe von 10 Millio-nen Euro und von 30 Millionen Euro bzw. rund 60 Millio-nen DM für den Staatsstraßenbau in Bayern vorgese-hen. Mit diesen Privatisierungserlösen – das ist ja unserThema – tragen wir den einmaligen Sondersituationen,denen wir uns derzeit und demnächst in den genanntenBereichen gegenüber sehen, inhaltlich voll Rechnung.

Wir leisten eine Anschubfinanzierung für die Kinderbe-treuung. Wir können damit die Lasten aus dem bis 2007steigenden Schülerberg bewältigen. Wir können unsereGrenzregionen im Hinblick auf den bevorstehenden EU-Beitritt mittel- und osteuropäischer Länder stärken. Ichmeine, das sind drei ganz wesentliche Säulen künftigerPolitik in Bayern.

Gerade bei der EU-Osterweiterung – auch darauferlaube ich mir hinzuweisen – können wir nicht alle Ver-säumnisse der EU – gestatten Sie, dass ich auf denzuständigen Kommissar Verheugen hinweise, der schonaufgrund seiner Herkunft mehr Einsatz für Bayern hättezeigen können – und der rot-grünen Bundesregeirungausgleichen. Wir können dies aufgrund unseres Interes-ses für eine solide Finanzpolitik auch für unsere nachfol-genden Generationen nicht.

Von Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD,vermisse ich, wie üblich, einen Einsatz für Bayern. Daranändert auch der halbstündige Besuch des Herrn Bun-deskanzlers in Marktredwitz nichts.

(Beifall bei der CSU)

Ständig schimpfen und lamentieren Sie über die guteArbeit der CSU-Fraktion und der Staatsregierung undsuchen krampfhaft nach Kritikpunkten. Bis heute erwar-ten wir von Ihrer Seite jedoch vergeblich Unterstützungfür bayerische Interessen etwa dadurch, dass nach-drücklich der Beitrag des Bundes für die GrenzregionenBayerns angemahnt wird. Vielleicht ändern Sie das ganzschnell.

Im Schulbereich, der zweiten wesentlichen Säule, wer-den wir mit der Einstellung von über 4100 Lehrern in denkommenden drei Schuljahren die Situation nochmalsmassiv verbessern. Wenn Sie Anfang des Schuljahresdie Medienberichte gelesen haben, wissen Sie, dass imGrunde genommen alle mit dem Einsatz der verfügbarenLehrerinnen und Lehrer recht zufrieden waren. Auch,was nicht erkannt wird, ist das Problem des Unterrichts-ausfalls weitgehend gelöst. Deshalb halte ich auch Ihreheutige Behauptung, dass wir nach wie vor einen Eng-

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pass hätten, für nicht korrekt und für nicht in Ordnung.Insgesamt – ich möchte betonen, was der Herr Finanz-minister gesagt hat – haben wir seit 1989 entgegensonstigen Überlegungen, Personal abzubauen, keineStellen abgebaut, sondern zusätzlich 9000 neue Lehrer-stellen geschaffen. Freunde, das macht uns kein ande-res Land in Deutschland nach.

Wir stehen aber auch für kontinuierliche finanzielle Ver-besserungen bei den Kommunen, ob es Ihnen recht istoder nicht. Wir ermöglichen den Kommunen, ihre verfas-sungs- und gesetzmäßigen Aufgaben wahrzunehmen,indem wir sie – der Herr Finanzminister hat sehr ausführ-lich darauf hingewiesen, und ich werde das auch im Aus-schuss nochmals tun – mit der nötigen finanziellen Aus-stattung unterstützen. Im Entwurf des Nachtragshaus-haltes sind gegenüber 2001 gesteigerte Landesleistun-gen – ich nenne den Betrag in Euro, der Herr Finanzmi-nister hat ihn in D-Mark benannt – von 162,4 MillionenEuro vorgesehen. Damit wächst wie in all den vergange-nen Jahren der Finanzausgleich überproportional. Daswird im Übrigen auch von den kommunalen Spitzenver-bänden akzeptiert und begrüßt.

Ich komme auf ein altes Ritual der SPD zurück, derOppositionsforderung nach einer Kommunalmilliarde.Auch hier, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Oppo-sition, sollten Sie endlich einmal die Tatsachen zurKenntnis nehmen und den Haushaltsplan richtig lesen.Die Landesleistungen werden, bereinigt um die system-fremden Leistungen, ab 1. Juli 2002 auf 5,188 MilliardenEuro steigen, um unsere Kommunen angemessen aus-zustatten.

(Zuruf der Frau Abg. Radermacher (SPD))

– Das ist beweisbar. Damit versetzen wir sie in die Lage,dass sie Ihre Aufgaben ordnungsgemäß wahrnehmenkönnen und so dazu beitragen, dass Demokratie vonunten nach oben solide verankert wird. Sollte ich michmissverständlich ausgedrückt haben, Frau KolleginRadermacher, kann ich Ihnen in den Ausschussberatun-gen beweisen, dass es nicht anders ist. Ich sage das nur,damit Sie nicht meinen, ich hätte eine abschließendeMeinung dazu.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Gespräche mit denkommunalen Spitzenverbänden im Sommer und Früh-herbst dieses Jahres verliefen, wie ich als Teilnehmerpersönlich feststellen konnte, sehr harmonisch und führ-ten zu einem von allen Seiten akzeptierten Ergebnis.Ihre ständigen Versuche, die Kommunen mit falschenDarstellungen, unzutreffenden Behauptungen undUnterstellungen aufzuwiegeln, einen Keil zwischen denStaat und die Kommunen zu treiben, sind daher vonvornherein – das müssten Sie eigentlich merken – zumScheitern verurteilt.

(Beifall bei der CSU)

Es muss deutlich gemacht werden, dass auch im Län-dervergleich die Ansätze für den kommunalen Finanz-ausgleich steigen. Sie stellen in der Zwischenzeit – seitSie in der Bundesregierung sitzen – auch solche Verglei-che an. Früher haben Sie kritisiert, wenn wir das getan

haben. In anderen Ländern wurden die Ansätze für denkommunalen Finanzausgleich gekürzt, so in Nordrhein-Westfalen. Dort wird künftig ein äußerst restriktiver Spar-kurs gefahren. Dort will man im Jahr 2002 über 100 ein-zelne Sparmaßnahmen durchführen. Diese treffen alleRessorts und insbesondere die Gemeinden. Neben derKürzung oder gar der kompletten Streichung von Pro-grammen, zum Beispiel in der Familien– und Kinderhilfe,sind auch massive Kürzungen bei den gesetzlichen Leis-tungen vorgesehen. Darüber wird bei uns überhauptnicht gesprochen.

Wir hingegen können in Bayern nochmals einen Haus-haltsentwurf mit zahlreichen positiven Verbesserungenvorlegen. Mit dem Entwurf des Nachtragshaushalts wirdsich das Ausgabenwachstum im Jahr 2002 auf 2,1%belaufen. In Nordrhein-Westfalen beträgt das Ausgaben-wachstum hingegen 0,1%. Diese Zahl ist bedeutsam.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die SPD hat schonEnde September kundgetan, dass der Nachtragshaus-halt um 2,66% steigen soll. Sie wollen, wie üblich, immernoch eins draufsetzen. Dabei interessiert es Sie über-haupt nicht, welche Auswirkungen dies langfristig hat.Auf dem Weg zu einer geringeren Staatsquote und lang-fristig soliden Finanzen sind Ihre Vorschläge kontrapro-duktiv und werden von uns nicht akzeptiert.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen auch an dieNachhaltigkeit denken. Ein Thema beschäftigt sowohlHerrn Kollegen Strasser von der SPD als auch mich. Ichspreche von den Rücklagen. Ich muss jetzt einige län-gere Ausführungen zu den Rücklagen machen, damitman endlich einmal kapiert, worum es dabei geht.Zunächst eine allgemeine Feststellung: VernünftigesHaushalten heißt, in guten Zeiten Vorsorge zu treffen.Das machen Sie, das mache ich, und hoffentlich machenes alle. Dies gilt sowohl für die privaten Haushalte alsauch für die Unternehmen und die öffentlichen Haus-halte.

Unsere Haushaltsordnung kennt ebenso wie die kauf-männische Buchführung die Bildung von Rücklagen.Wer das nicht weiß, kann es in Artikel 25 BayHO nachle-sen. Die Rücklagen sind außerdem in allen Einzelplänender Doppelhaushalte dargelegt. Ich verstehe nicht,woher Sie Ihre Zahlen nehmen. Die Entnahmen undZuführungen sind im Haushaltsplan eindeutig ausgewie-sen. Wir haben hier überhaupt nichts zu verstecken oderzu tricksen. Herr Kollege Strasser, Sie haben sich vorhinüber eine Formulierung beschwert. Seien wir doch ein-mal ehrlich: Sie sparen auch nicht mit Komplimenten,herben Ausführungen oder Worthülsen.

(Hofmann (CSU): Das ist halt ein Schwabe! Derkann draufhaun!)

Ich glaube, dass wir damit sehr gut leben können. Jedermuss sich einmal vom anderen runterbügeln lassen. Dasist eben so. Die sachliche Arbeit soll daran nicht schei-tern.

Eines verstehe ich allerdings nicht: warum die Opposi-tion die Rücklagen mystifiziert. Wie baut man Rücklagenauf? Schließlich müssen sie zunächst aufgebaut wer-

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den, bevor sie abgebaut werden können. In den vergan-genen drei Jahren konnte Bayern ausgezeichnete Haus-haltsergebnisse erzielen. Wir haben jedoch die Über-schüsse nicht im Überschwang der Freude verpulvert.Wir sind mit den Mehreinnahmen sehr sorgsam umge-gangen und haben die allgemeine Haushaltsrücklage inden Jahren 1998 bis 2000 um 4,85 Milliarden DM auf5,6 Milliarden DM aufgestockt. Das sind gut 8% desgesamten Haushaltsvolumens bzw. über 10% der Steu-ereinnahmen eines Jahres.

Das war in der Aufbauphase. Wenn man etwas aufge-baut hat, kann man es auch, sofern dies notwendig ist,wieder abbauen. Wir wissen alle, dass die Zeit der Haus-haltsverbesserung vorbei ist. Deshalb müssen wir – wasauch in der BayHO so vorgesehen ist – auf unsere Rück-lagen zurückgreifen können. Leider mussten wir dieseRücklagen viel schneller wieder entnehmen, als wir unsdas gedacht haben. Neben der Abdeckung der Steuer-ausfälle durch die Steuerreform drücken weltwirtschaftli-che Einflüsse die Konjunktur und damit die Entwicklungder Steuereinnahmen. Hier sind wir uns einig.

Diese negative Entwicklung wird durch katastrophaleFehlentscheidungen der rot-grünen Bundesregierungverstärkt. Dies gilt sowohl für die Finanz– als auch für dieWirtschaftspolitik. Von der Außenpolitik will ich nichtsprechen. Wir müssen daher heuer und in den nächstenJahren mit Steuerausfällen in Milliardenhöhe rechnen.Die Rücklage hilft uns, genau diese Durststrecke zuüberwinden. Wir haben gesehen, dass die Rücklagen imNachtragshaushalt sehr schnell verbraucht werden.Bereits der von uns verabschiedete Doppelhaushaltsieht Entnahmen aus den Rücklagen in Höhe von1,5 Milliarden DM im Jahr 2001 und von 0,5 MilliardenDM im Jahr 2002 vor. Ich habe bereits erwähnt: Die rot-grüne Konjunktursituation bringt uns im Jahr 2002 wei-tere Steuerausfälle. Wir müssen daher in dem vorliegen-den Entwurf des Nachtragshaushalts 2002 eine weitereEntnahme in Höhe von gut 820 Millionen DM vorneh-men.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der dann noch verblei-bende Betrag von etwas über 2,5 Milliarden DM ist durchdie absehbaren weiteren steuerrechtlichen und konjunk-turbedingten Steuerausfälle in den Folgejahren sehrschnell aufgebraucht. Mit anderen Worten: Es gibt kei-nen Spielraum für zusätzliche Ausgaben.

(Beifall bei der CSU)

Die SPD will das hinlänglich bekannte Spiel betreiben,zwei DM auszugeben, wenn nur eine DM in der Kasseist. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, diesesSpiel machen wir nicht mit. Ich komme damit zur Bil-dungspolitik: Einerseits von Bildungspolitik zu fabulierenund andererseits die Zukunftschancen der Kinderdadurch zu verbauen, dass diese in einem immer höhe-ren Schuldenturm gefangen werden, weil Sie das Geldmit vollen Händen ausgeben wollen, das mag SPD-Poli-tik für Bayern sein, dies ist aber nicht die CSU-Politik fürunser Land. Wir betreiben mittelfristig eine solideFinanzpolitik, die im Interesse der nachfolgenden Gene-rationen liegt.

Dennoch vergessen wir dabei nicht, die politischenSchlüsselfelder ausreichend zu dotieren. Ich habebereits auf die Kinderbetreuung, die Bildungspolitik unddie Kommunalfinanzen hingewiesen. Herr Kollege Stras-ser, Sie haben lange Ausführungen zur Bildunggemacht. Mir fällt das Schlagwort „Bildungsmilliarde“ ein.Das ist ein sehr eingängiges Wort. Meine lieben Kolle-gen, nehmen Sie bitte bei aller sachlichen Auseinander-setzung zur Kenntnis, dass Bayern auf diesem Gebietseit Jahren überdurchschnittliche Anstrengungen leistet.

Ich unterstelle einmal, dass Sie den Einzelplan 05 ernst-haft gelesen haben. Sie wissen, dass der Einzelplan 05seit Jahren überproportional wächst. Der Haushaltsan-satz liegt hier bei über 7,5 Milliarden Euro. Das sind rund15 Milliarden DM. Damit geht über ein Fünftel dergesamten Staatsausgaben in die Bildungspolitik. Ichfrage mich, warum wir in Bayern einen Bildungsnotstandhaben sollen. Ein Kraftakt steht aber noch bevor: Wirwerden für die nächsten drei Schuljahre über 4100 neueLehrerstellen bereitstellen. Wer dann immer noch voneinem Bildungsnotstand redet, sagt meiner Meinungnach die Unwahrheit.

Der Sondersituation zur Bewältigung des Schülerbergstragen wir durch den über mehrere Jahre verteilten Ein-satz der E.ON-Erlöse Rechnung. Herr Kollege Strasser,Sie haben das Thema der inneren Sicherheit angespro-chen. Die innere Sicherheit ist ein Thema, das die Men-schen in unserem Lande besonders bewegt. Was dieSPD jedoch zu einem Schwerpunkt des Nachtragshaus-halts machen will, wurde von uns längst erkannt undpositiv angegangen. Sie springen auf einen fahrendenZug auf. Für die Polizei sind weitere deutliche Verbesse-rungen im Entwurf des Nachtragshaushalts vorgesehen,der uns vorliegt. Sie haben vorhin die mangelnden Stel-len bei der bayerischen Polizei kritisiert. Warum habenSie nach Ihrer Meinung in Hamburg die Wahl verloren?

(Gartzke (SPD): Ihr habt Sie doch verloren! – Wei-tere Zurufe von der SPD und vom BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

– Ich spreche von Hamburg. Zwischen Hamburg undBerlin besteht ein Unterschied. Ich spreche jetzt vonHamburg – Sie können später von Berlin reden. Da habeich nichts dagegen. Hamburg liegt im äußersten Norden.Berlin liegt eher im östlichen Bereich. Ich bin aber gernebereit, eine Landkarte mitzubringen, damit Sie nachse-hen können, wo Hamburg liegt. Sie haben die Wahl inHamburg verloren, weil Sie bei der Polizei abgebauthaben.

(Fortgesetzte Zurufe von der SPD und vom BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN)

1982 haben die Verlierer die Bundesregierung gestellt.Das war damals Helmut Schmidt als Bundeskanzler.

1982 haben die Verlierer die Bundesregierung gestellt.Damals haben Sie nicht gesagt, die Wahlverlierer hättendie Bundesregierung gestellt.

(Zuruf des Abgeordneten Gartzke (SPD))

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Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 5303

Wir stellen in Hamburg deshalb die Regierung, weil Siedie Polizeistellen und den Verfassungsschutz abgebauthaben, wofür auch die GRÜNEN in Bayern eintraten. Wirsind der Auffassung, dass wir nach wie vor für die Polizeialles Mögliche tun müssen, um deren und unsereSicherheit zu schützen. Deshalb werden wir die Mittel fürdie Schutzwesten aufstocken und diese umfassend ein-führen. Mit dem Sicherheitskonzept Bayern, das über dieerste Nachschubliste noch etatisiert werden wird, bewei-sen wir erneut, welchen Stellenwert die innere Sicherheitinsgesamt, auch bei der Justiz für uns hat.

(Zuruf des Abgeordneten Gartzke (SPD))

Es steht fest: Wir haben dieses Konzept bis auf den letz-ten Pfennig solide finanziert und gegenfinanziert; auchdies ist bemerkenswert. Wir nehmen die gesamteGegenfinanzierung aus dem Staatshaushalt heraus undbeweisen damit, wie solide wir bayerische Finanzpolitikbetreiben.

Ich will aus Zeitgründen nicht auf die Steuererhöhungeneingehen. Staatsminister Prof. Dr. Faltlhauser hat auf dieSteuererhöhungen ausführlich hingewiesen. Er istdarauf eingegangen, dass sie ein falsches Signal sind.Insofern kann ich ihm nur Recht geben. Was wäre dennpassiert, wenn wir als Bundesregierung eine solche Ent-scheidung getroffen hätten? Sie hätten alles auf dieStraße geschickt und gesagt, das sei die Steuerhöchst-partei. Hier sieht man, wie mit dem Geld der Bevölke-rung umgegangen wird.

(Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Das haben Sie nach dem Golfkrieg so gemacht.Haben Sie das schon vergessen? – Weitere Zurufevon der SPD)

– Ich weiß nicht, wo diese Demonstration stattgefundenhat.

(Zuruf der Frau Abgeordneten Christine Stahl(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

– Es wundert mich, dass Sie, wenn es so gewesen wäre,ausnahmsweise einmal nicht demonstriert hätten.

Lassen Sie mich noch eine Bemerkung zum verzweifel-ten Versuch der letzten Wochen, wir würden mit angebli-chen Termintricksereien zum Nachtragshaushalt dieÖffentlichkeit verwirren, machen; dies ist schon erstaun-lich. Liebe verantwortlichen Kolleginnen und Kollegendes Haushaltsausschusses, es war sehr wohl bekannt,dass die Terminplanung zum Nachtragshaushalt zuge-gebenermaßen deshalb so knapp bemessen ist, um dasgroße Volumen der E.ON-Privatisierungserlöse im Ent-wurf unterzubringen. Dies haben wir noch vor der Som-merpause verabredet, damit wir im Nachtragshaushaltdarüber diskutieren und damit Sie in den Fraktionendarüber rechtzeitig debattieren können. Aber aus IhrenAusführungen, Herr Kollege Strasser und Frau KolleginKellner, erkenne ich, dass Sie dies nicht zur Kenntnisnehmen wollen. Dabei ignorieren Sie ständig, dassbereits seit Ende September ein Konzept für die Privati-sierungserlöse vorliegt. Die CSU-Fraktion hat sich dies-bezüglich mit der Staatsregierung besprochen, ähnlich

wie Ihr Bundeskanzler mit Ihrem Ministerpräsidentenund den Koalitionsfraktionen; die anderen Bundesländerlässt er außen vor. Wir haben also ein schlüssiges Kon-zept. Damit stehen die 938 Millionen DM nicht mehr zurVerfügung. Sie sind bis auf die letzte Mark zur Ertüchti-gung unseres Landes und zur Stärkung seiner Zukunfts-fähigkeit ausgegeben. Im Übrigen muss der vorliegendeNachtragsentwurf noch in diesem Jahr verabschiedetwerden, weil die Voraussetzungen für die Umstellungdes Haushaltsplans auf den Euro geschaffen werdenmüssen.

Der erfolgreiche finanzpolitische Kurs des Sparens undInvestierens wird mit dem Entwurf des Nachtragshaus-halts fortgesetzt; davon bin ich fest überzeugt. Diefinanzpolitische Spitzenstellung Bayerns wird auch imJahr 2002 gehalten werden. Bayern hat die höchsteInvestitionsquote, die niedrigste Pro-Kopf-Verschuldung,die niedrigste Arbeitslosenquote und – das ist ganz ent-scheidend – die niedrigste Kreditfinanzierungsquotealler westlichen Länder. Vor diesem Hintergrundbetrachte ich es als unsere politische Pflicht, auch mitdiesem Nachtrag die Basis dafür zu schaffen, dass wirdiese Spitzenstellung langfristig halten können. Die bes-ten Voraussetzungen hierfür sind hohe Investitionen inunsere Zukunftsbereiche bei nachhaltig soliden Staatsfi-nanzen. Deshalb bitte ich die Mitglieder der Regierungs-fraktion und der Opposition um eine faire und sachlicheBeratung im Haushaltsausschuss. Dabei ist selbstver-ständlich, dass wir nicht alles Wünschenswerte finanzie-ren können. Ich bin mir aber dessen sicher, dass der ein-gebrachte Entwurf den Ausschuss nicht in der heute vor-liegenden Form verlassen wird.

(Beifall bei der CSU)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat nunFrau Kellner.

Frau Kellner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Präsi-dentin, Kolleginnen und Kollegen! Dass mittlerweileinnerhalb der Staatsregierung und der CSU-Fraktionsehr anhaltend und dem Vernehmen nach heftig über dieSchwerpunkte des Haushalts diskutiert wird, finde ichgut. Herr Kollege Ach, dass jedoch diese Diskussioneninnerhalb Ihrer Fraktion auf Kosten der Beratungszeitdes Parlaments gehen, ist für uns nicht akzeptabel.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und beider SPD)

Herr Kollege Ach, Sie wissen, dass uns zu Zeiten desFinanzministers Huber die Rahmendaten bereits in denSommerferien zugeleitet wurden; den Entwurf gab esvor den Klausurtagungen. Herr Finanzminister, ich bindafür, dass auch für den Finanzminister ein Benchmar-king eingeführt wird, damit wir die Güte der jeweiligenFinanzminister beurteilen können.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und beider SPD)

Denn es geht hier nicht um das Geld der Staatsregierungund der CSU-Fraktion. Frau Ministerin Hohlmeier, Sie

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5304 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001

haben sich gleich sehr devot bei den Fraktionären derCSU für die Billigung der Mittel bedankt. Der Gesetzge-ber ist auch in Bayern immer noch das Parlament.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und beider SPD – Ach (CSU): Die Mehrheit des Parla-ments! – Frau Radermacher (SPD): Das Geldkommt immer noch vom Steuerzahler! – WeitereZurufe von der CSU)

– Herr Kollege Hofmann, auch Sie sind Teil des Parla-ments. Da die Steuereinnahmen zurückgehen, sind dieZeiten vom „Kurt im Glück“ erst einmal vorbei. „Reich,reicher, Bayern“, titelte noch letztes Jahr die „Süddeut-sche Zeitung“. Aber es konnte niemand erwarten, dassdie Sahne-Jahre 1999 und 2000 die Regel werden. HerrFinanzminister, ich verstehe, dass Sie gerne hätten,dass das Weihrauchfass alljährlich über Sie geschwun-gen wird. Deshalb haben Sie heute, in vergangenen Zei-ten des Glücks schwelgend, betont, dass Sie in den Jah-ren 1999 und 2000 keine Nettoneuverschuldung aufneh-men mussten, sondern sogar eine Rücklage bilden undeinen Teil der Schulden tilgen konnten und dass Sie IhrerCSU-Fraktion sogar noch Geld zum Bau von Staatsstra-ßen – wofür sonst? – anbieten konnten.

(Zurufe von der CSU)

Das höchste Glück eines CSU-Fraktionärs ist anschei-nend der Staatsstraßenbau. Sonst haben Sie keineWünsche.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und beider SPD – Zuruf des Abgeordneten Haedke (CSU))

– Herr Haedke, seien Sie ruhig und schauen Sie sichden Haushalt an. Dann rede ich auch mit Ihnen darüber.– Herr Finanzminister, schon im Alten Testament ist dieRede von sieben mageren Jahren, die den sieben fettenJahren folgen werden. Es ist keine Kunst, in Zeiten spru-delnder Steuerquellen Finanzminister zu sein. Das Kön-nen eines Finanzministers zeigt sich in mageren Jahren,in denen er Standfestigkeit und Kompetenz beweisenmuss.

(Ach (CSU): Er hat beides!)

– Dies hat er leider nicht.

(Zuruf des Abgeordneten Hofmann (CSU))

In solchen Zeiten treten die Prioritäten einer Regierungdeutlich hervor. Da erleben wir, egal was passiert, dassim Freistaat Bayern für Staatsstraßen immer Geld vor-handen ist, erst recht, wenn der Kommunalwahlkampfbeginnt. Man könnte geradezu meinen, dass das Wohldes Freistaates Bayern von der „Vereinigten Antischla-gloch-Initiative“ abhängt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und beider SPD – Zuruf des Abgeordneten Ach (CSU))

Meine Damen und Herren von der CSU-Fraktion, eswäre ein Zeichen gewesen, wenn Sie die Sondermittelfür den Bau von Staatsstraßen in Höhe von 30 Millionen

Euro zur Finanzierung neuer Aufgaben in der innerenSicherheit umgeschichtet hätten.

Dass Sie das nicht getan haben, hat dem Vernehmennach sogar den Zorn des Abgeordneten Gauweiler her-vorgerufen, der sagte, die CSU diskutiere über Staats-straßen statt über innere Sicherheit.

(Hofmann (CSU): Da tut sich aber ein MünchnerAbgeordneter sehr leicht, so einen Quatsch daher-zureden! – Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN und bei der SPD – Frau Christine Stahl(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So schlimm sind dieStraßen bei euch auf dem Lande auch nicht!)

Herr Hofmann, beruhigen Sie sich doch ein bisschen.

(Gabsteiger (CSU): Der regt sich doch noch garnicht auf! – Hofmann (CSU): Haben Sie eineAhnung, wie es ist, wenn ich mich aufrege!)

Ihre Emotionen bei diesem Thema zeigen, dass ich wohlwirklich ins Schwarze getroffen habe.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Kolleginnen und Kollegen, es ist richtig, in einnahmestar-ken Jahren Rücklagen für Sonderausgaben zu bilden.Das entspricht guter Kaufmannstradition. Nachdem hierimmer über Rücklagen gestritten wird, sage ich Ihnen,dass wir aktuell 1,84 Milliarden Euro an Rücklagenhaben. Ich nehme allerdings an, dass diese Rücklageaufgrund der nicht gerade euphorisch stimmenden Kon-junkturdaten noch weiter abgeschmolzen werden muss.Herr Finanzminister, da verstehe ich Ihr Wehgeschreinicht, denn die Rücklagen sind ja dafür vorgesehen undgebildet worden, dass wir die Steuerausfälle ausglei-chen können, um bei konjunkturellen Schwankungenmehr Spielraum zu haben. Ihr Vorgänger wäre frohgewesen, wenn er von den Waigelschen Haushaltslö-chern nicht so schwer belastet gewesen wäre.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES90/DIE GRÜNEN)

Es ist allemal besser, mit Rücklagen Ausfälle auszuglei-chen, statt sich neu zu verschulden. Wir lehnen auch einVorziehen der nächsten Stufe der Steuerreform ab, dawir an den von Ihnen so häufig zitierten Selbstfinanzie-rungseffekt nicht glauben. Im Gegenteil, wir befürchtensogar noch höhere Defizite. Daraus könnte dann einehöhere Neuverschuldung von Bund und Ländern resul-tieren, was eine Gefährdung der Maastrichtkriterien zumSchaden des Euro und der europäischen Finanzpolitiknach sich ziehen würde.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Ach, Sie haben vorher die Grunderwerb-steuer als Beispiel herangezogen, die Ihre Fraktion inden sechziger Jahren gesenkt hat.

(Ach (CSU): In den achtziger Jahren!)

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Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 5305

Aber, Herr Kollege Ach, die Grunderwerbsteuer war einganz schlechtes Beispiel, weil genau die von Ihnengestellte Bundesregierung die Grunderwerbsteuer auf3,5 Prozentpunkte angehoben hat.

(Ach (CSU): Zum Regierungsantritt!)

– Sind es jetzt 3,5 Prozentpunkte oder nicht?

(Ach (CSU): Damals waren es 2%!)

Von wem wurde sie angehoben? Von Ihrer Regierung!Sie haben einfach ein schlechtes Beispiel gewählt undnicht mit meinem guten Gedächtnis gerechnet.

(Ach (CSU): Und was ist mit der Ökosteuer?)

Das war jetzt Ihr Pech, tragen Sie es mit Würde.

(Ach (CSU): Ich ertrage Sie doch schon mit Würde!)

Ich spreche mich für unsere Fraktion auch eindeutiggegen sogenannte Konjunkturprogramme aus. Viel zuviele unsinnige Straßen wurden schon in die Landschaftgebaut.

(Widerspruch bei der CSU – Zurufe von der CSU:Sie haben überhaupt keine Ahnung! Fahren Siedoch einmal aufs Land hinaus! – Frau ChristineStahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Haben Sieeigentlich auch noch andere Probleme? – Hofmann(CSU): Ja, Sie!)

Ich möchte meine Redezeit nicht damit vertun, dass ichmir ständig Ihr Gejammere und Aufseufzen anhörenmuss, wenn ich nur eine Mark oder einen Cent vom Stra-ßenbau abziehen will. Sie haben im Freistaat Bayern inder Tat noch ganz andere Probleme, über die ich gernemit Ihnen diskutieren würde.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Kolleginnen und Kollegen, wir befürworten Investitionenin den Erhalt des staatlichen und kommunalen Gebäu-debestandes. Es vergeht kein Tag, an dem nicht überPCB- oder asbestverseuchte Schulen berichtet wird.Hier ist Handlungsbedarf, Kolleginnen und Kollegen!Diese Schulen müssen saniert werden.

(Hofmann (CSU): Das wird auch gemacht!)

Diese Universitäts-, Ämter- und Schulgebäude sind zual-lererst dran, wenn es um Investitionen für Modernisie-rung geht. Mehr Geld soll auch dafür verwendet werden,um finanzielle Anreize für ökologische Modernisierungenim Mietwohnungsbau zu schaffen.

(Hofmann (CSU): Baumhäuser!)

Damit wird ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet. In denRegionen werden Arbeitsplätze im Handwerk geschaf-fen, Energiekosten werden eingespart, und der Wert derGebäude wird gesteigert.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Finanzminister, ich gehe davon aus, dass Sie esschon heftig bereuen, dass Sie beim Stoiberschen BSE-Aktionsprogramm und bei der Schaffung eines neuenMinisteriums kein Veto eingelegt haben. Herr Finanzmi-nister, Sie markieren verbal immer ganz gerne „Kurt denStarken“. Bei der Umsetzung in Taten werden Sie aberregelmäßig von Schwächeanfällen heimgesucht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aktionitis ist zum Markenzeichen der Staatsregierunggeworden. Die Stoiber-Regierung handelt immer nachdemselben Motto: Problem taucht auf bzw. Skandalschießt hoch und Stoiber demonstriert Handlungsfähig-keit, indem er der Öffentlichkeit Geld und Stellen zurgefälligen Lobpreisung anbietet nach dem Motto „VielGeld hilft viel“. Die über Nacht erlassenen Sonderpro-gramme des Ministerpräsidenten sind mittlerweile zumgrößten Haushaltsrisiko für Bayern geworden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – WilliMüller (CSU): Und die Expansionspolitik in Berlin istauch zum größten Risiko geworden!)

Da aber in Bayern trotz vorhandenem Kompetenzzen-trum Geld kein nachwachsender Rohstoff ist, wird ineiner Art Kreislaufwirtschaft das Geld von Aktionspro-gramm zu Aktionsprogramm weitergereicht.

(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Geldwä-sche! – Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENund bei der SPD)

Das ist die bayerische Oberschlaumeierei: Programmverkauft, Geld eingezogen und zum nächsten Punktgeschoben, um dann wieder gut öffentlichkeitswirksamverkauft zu werden. Sie sollten nicht vergessen, dassdas Geld für das Sonderprogramm BSE zum großen Teilüber eine zusätzliche Haushaltssperre von 3% bei denZuschüssen an Kommunen sowie Sozial- und Wohl-fahrtsverbände aufgebraucht wird. Von der in Aussichtgestellten Rücknahme kann wegen der Steuersituationgar keine Rede mehr sein. Wahrscheinlich erwarten Siejetzt vom Bayerischen Jugendring, dem Sie für das BSE-Paket 629000 Euro weggenommen haben, Dankbarkeit,wenn sie ihm davon wieder 345000 Euro zurückgeben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Ach, ich habe Ihnen gesagt, dass ich nichtsvon diesen Haushaltssperren halte.

(Haedke (CSU): Sie halten auch nichts von Finanz-politik!)

– Herr Haedke, dazu habe ich nicht ausgerechnet vonIhnen eine Belehrung notwendig. Sie habe ich ja nochnie dabei erwischt, dass Sie einen sinnvollen Vorschlagzum Einsparen von Geld eingebracht hätten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Haedke(CSU): Das können Sie gar nicht beurteilen! Siemüssen halt meine Anträge genauer lesen! Dannzeigt es sich, wie unsinnig Ihre Politik ist!)

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– Doch, ich lese Ihre Anträge schon. Zum Beispiel habenSie Erleichterungen für die Business-Angels beantragt.Daran kann ich mich gut erinnern. Das war einmal eineInitiative von Ihnen. Meiner Erinnerung nach wurde sievon Ihnen alleine getragen und nicht von Ihrer Fraktion.

(Haedke (CSU): Das zeigt, dass Sie nichts verste-hen. Wirtschaft bedeutet mehr Einnahmen!)

Sehen Sie einmal, wie genau ich Ihre Initiativen im Kopfhabe.

Jetzt aber wieder zu ernsteren Themen. Nachdem jetztaus traurigem Anlass – auch wir sehen die Notwendig-keit neuer Konzepte – die innere Sicherheit in der Priori-tätenliste wieder nach vorne gerückt ist, wird wiederschnell ein Aktionsprogramm für 200 Millionen Euro auf-gelegt. Finanziert werden soll dieses Programm aus derBSE-Initiative mit 20 Millionen Euro. Anscheinendbraucht man jetzt nicht mehr so viel, nachdem das Augeder Öffentlichkeit auf andere Bereiche gerichtet ist.Schade ist nur, dass das neu geschaffene Ministeriummit seinen 156 Stellen bleibt. Die Förderprogramme, mitdenen eine Wende in der Agrarpolitik hätte eingeleitetwerden sollen, werden hingegen zusammengestrichen.

(Ach (CSU): Das ist doch nicht wahr!)

Die Wiederbesetzungssperre soll von 6 auf 9 Monateverlängert werden. Kolleginnen und Kollegen, haben Siesich schon einmal vergegenwärtigt, was das heißt?

Die Polizei, Schule und Teile der Justiz sind ausgenom-men. Wer hat also dann die Hauptlast zu tragen? Dassind eine bis über die Grenzen des Erträglichen belas-tete Finanzverwaltung und die innere Verwaltung, die invielen Abteilungen fast nur noch aus Anrufbeantworternbestehen wird, weil Jahr für Jahr Hunderte von Stelleneingezogen werden.

(Ach (CSU): Das müsste Ihren Vorstellungen vonweniger Bürokratie entsprechen!)

Auch für das Aktionsprogramm „Innere Sicherheit“ mussgelten: zuerst das Konzept, dann Geld und Stellen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Ach, Sie haben gesagt, die CSU wollehierzu alles Mögliche tun. Wir sagen, wir wollen hierzudas Richtige und das Notwendige tun.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb ist zu klären, ob die 650 zusätzlichen Stellen zurAuffüllung einer unterbesetzten Polizei vonnöten sind.Wenn ja, frage ich mich, warum Sie nicht schon frühergehandelt und die Eingaben der Polizei berücksichtigthaben. Wir GRÜNE haben nämlich Jahr für Jahr die Auf-stockung der mobilen Einsatzreserve bei der Polizeigefordert.

(Ach (CSU): Sie haben den Abbau des Verfas-sungsschutzes gefordert!)

– Herr Kollege Ach, dazu komme ich noch.

Wenn Sie kein Versäumnis haben, sollten Sie klären,welcher Art von Bedrohung Sie sich mit welchen Stellen,welchen Gesetzesänderungen und welcher Ausrüstungstellen wollen. Sie sollten auch bedenken, dass sichBedrohungsszenarien ändern können, so dass man sichnicht auf Jahre hinaus an bestimmte Konzepte bindenkann.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist klar, dass mehr auf Geldwäsche und Finanztrans-aktionen geachtet werden muss. Ich finde es aber nichtzielorientiert, wenn eine 50-Stellen-Sonderkommissioneingerichtet und andererseits die Finanzverwaltung zurAder gelassen wird. Mein Fazit: Viel hilft auch in diesemFall nicht zwingend viel. Entscheidend ist das Konzept,auf dem aufgebaut wird. Um die Polizeibeamten für dieaktuell hohe Belastung wenigstens ein bisschen zu ent-schädigen, schlagen wir vor, die Bezahlung der angefal-lenen Überstunden zu leisten, denn den Freizeitaus-gleich wird mancher vor der Pensionierung nicht mehrerleben. Darüber hinaus sollten zusätzliche Härteaus-gleiche ins Auge gefasst werden. Ich frage Sie, welcheMaßnahmen für Staatsanwaltschaften und Gerichte vor-gesehen sind. Es kann schließlich nicht angehen, dasswomöglich Straftäter auf freien Fuß gesetzt werden müs-sen, weil Haftprüfungstermine nicht rechtzeitig anbe-raumt werden können.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein weiteres Beispiel für die unstete Politik der Staatsre-gierung ist die Schulreform. Die Finanzierung solltedurch die Dividende aus der E.ON-Beteiligung erfolgen.Nun haben Sie ein dickes E.ON-Aktienpaket verkauft.Also sinkt auch die Dividende, so dass Sie bereits nacheinem Jahr die Finanzierung wieder auf eine neueGrundlage stellen müssen. Hinzu kommt, dass mittler-weile so gut wie alle Investitionen über Umfinanzierun-gen getätigt werden. Der Haushaltsplan wird immerunübersichtlicher und der Grundsatz der Haushaltsklar-heit immer weniger beachtet.

Mit Befriedigung haben wir zur Kenntnis genommen,dass auch die Staatsregierung nicht mehr an gesell-schaftlichen Notwendigkeiten vorbeikommt. Die Aufsto-ckung des Bildungshaushaltes und der Einstieg in ganz-tägige Betreuungsangebote für Kinder und Jugendlichewar überfällig. Jetzt kommt es aber auf die Ausgestal-tung der Programme an und selbstverständlich aufderen Finanzierung. Hierzu kündige ich für meine Frak-tion jetzt schon an, dass wir uns mit der Einrichtung derGanztagsbetreuung für Schülerinnen und Schüler nichtzufrieden geben werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aus pädagogischen Gründen erachten wir es für gebo-ten, in jedem Landkreis und jeder kreisfreien Stadt eineGanztagsschule in das Angebot aufzunehmen. Uns liegtauch an der Aufstockung der vollkommen unzureichendausgestatteten Schulsozialarbeit. Herr Kollege Meyer,der Landrat Dorfner aus Passau beklagt sich fortwäh-

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Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 5307

rend nicht nur in Briefen an die Abgeordneten, sondernauch öffentlich in der Zeitung darüber.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufdes Abgeordneten Dr. Waschler (CSU))

– Ja, Herr Waschler, so ist es. Hier erwarte ich mehrEmotionen von Ihnen und nicht nur bei den Staatsstra-ßen. Wichtig ist uns bei allen Einrichtungen die Verläss-lichkeit und die Qualität. Hier muss von Seiten der Minis-terien ein Rahmen vorgegeben werden.

Was die Finanzierung betrifft, kann es nicht sein, dassdie Kommunen die Zeche für die Staatsregierung zahlenmüssen. Wir sind froh, dass nach jahrelangem Ringendie Kosten für die Asylbewerber an Schulen übernom-men werden. Ungelöst ist immer noch die Finanzierungder IuK-Ausstattung.

Das Sonderprogramm „Staatsstraßenbau“ mit 30 Millio-nen Euro und die Förderung des Hofer Flugplatzes mit10 Millionen Euro lehnen wir ab.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – WilliMüller (CSU): Das wissen wir schon!)

In dem Zusammenhang ist interessant, dass im Einzel-plan 03 B die Planungsmittel für den Bundesfernstraßen-bau um 1,4 Millionen Euro erhöht wurden. Hier wird wie-der einmal deutlich, welche Verkehrsmittel bei Staatsre-gierung und CSU Vorrang haben. Für die Bahn gibt esaußerhalb der vom Bund zugewiesenen Regionalisie-rungsmittel – und selbst die werden nicht alle für dieBahn ausgegeben – keinen Cent.

(Willi Müller (CSU): Das müssen Sie Ihrer Bundes-regierung in Berlin sagen!)

Zu hinterfragen ist, warum Wirtschaftsminister Wiesheuein Sonderprogramm für strukturschwache Regionenbraucht – denn mehr als die Höchstfördersätze darf ernicht vergeben. Das könnte er auch mit den bereitsbestehenden Programmen. Er will aber von den boo-menden Regionen kein Geld für die strukturschwachenGebiete abziehen. Das ist der Punkt: Auf die EU schimp-fen und selbst nicht das Mögliche tun. Das ist bei IhnenProgramm.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufdes Abgeordneten Ach (CSU))

Nun zu den Schwerpunkten der GRÜNEN: Auch in die-sem Nachtragshaushalt sind das ökologische Moderni-sierung, Bildung und Integration. Und ich habe – –

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Frau Kollegin,gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn KollegenHofmann?

Frau Kellner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja bitte,aber schnell.

Hofmann (CSU): Ja, so schnell es nur möglich ist. Hal-ten Sie, Frau Kollegin, Ihre Kritik vielleicht deshalb fürunglaubwürdig, weil gerade in diesen Tagen bekanntgeworden ist, dass die Bundesregierung, die von denGRÜNEN und der SPD getragen wird, einen Geldbetragvon mindestens 800 Millionen DM nicht für die Bahn,sondern für Autobahnen ausgibt?

(Frau Gote (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dasstimmt nicht, das ist eine Falschmeldung!)

Frau Kellner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Kol-lege Hofmann, ich danke Ihnen für die Frage, denndadurch kann ich das klarstellen. Es stimmt, die Bahnkann in diesem Jahr aufgrund fehlender Planungskapa-zitäten 500 bis 600 Millionen DM nicht verbauen.

(Willi Müller (CSU): Sie sollten private Planer einset-zen!

– Herr Müller, ruhig Blut.

Deshalb hat die Bundesregierung beschlossen, 460 Mil-lionen DM für Planungsarbeiten bereitzustellen.

(Dr. Bernhard (CSU): Die sind doch unfähig!)

Der Rest wird nicht etwa für den Straßenbau umge-schichtet, sondern wird als Haushaltsausgaberest über-tragen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Unruhe– Glocke der Präsidentin)

– Es ist doch alles ganz einfach. Man kann das alles indem Bundeshaushalt nachlesen, der im Dezember ver-abschiedet wird. Können wir uns darauf einigen? – Es istgut, dass es Haushaltspläne und Zahlen gibt.

Ich habe vorhin schon gesagt, dass wir in Bayern großeSorgen wegen der schadstoffbelasteten Schulen inNürnberg, Waldsassen, Wunsiedel, Hollfeld und in vielenOrten in Oberbayern haben. Wir wollen, dass die Kom-munen Zuschüsse und Darlehen bekommen, um dieSchulen schnellstmöglich sanieren zu können, damit dieSchüler nicht länger als notwendig in Containern seinmüssen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Erhalt der bayerischen Regionalbahnen ist ausumwelt- und verkehrspolitischen Gründen, aber auchaus Gründen der Gleichbehandlung der bayerischenBürgerinnen und Bürger erforderlich. Wir dürfen nichtzulassen, dass ganze Regionen Zug um Zug zur eisen-bahnfreien Zone werden mit der Folge, dass diejenigen,die kein Auto besitzen oder nicht mehr fahren können,zur Immobilität verdammt werden.

Ich bitte Sie, dabei gerade auch an ältere Menschen zudenken.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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5308 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001

Wir nehmen es nicht hin, dass Herr Wiesheu im Flächen-staat Bayern, im Gegensatz zu den BundesländernBaden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, seine Flä-chenbahn verkommen lässt. Es ist vieles möglich, wennman nur will. Wir haben Fachgespräche dazu mit denLandeseisenbahngeschäftsführern aus Baden-Württem-berg und Rheinland-Pfalz geführt. Dort werden die Initia-tiven und Kommunen unterstützt, etwa dadurch, dassder Staat über die Regionalisierungsmittel mehr Zugleis-tungen bestellt und Zuschüsse aus den GVFG-Mittelnfür Investitionen im Bahnbereich gibt.

Die Kommunen sind da viel weiter. Die kleine GemeindeLangenneufnach, die einen Haushalt von nur 2 MillionenDM hat, ist bereit, 500000 DM für die Reaktivierung derBahn zu geben. Ich kann Ihnen nur sagen: Davon kön-nen Sie sich eine Scheibe abschneiden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es schlägt dem Fass den Boden aus, dass das ProjektNeu-Ulm 21 aus Regionalisierungsmitteln für den Schie-nennahverkehr zum Teil vorfinanziert werden soll. Dashabe ich gleich gesehen, Herr Finanzminister. Ich kennedie Verkehrspolitik in diesem Hause. Ich wiederhole: Sieweigern sich, Zugleistungen bei reaktivierten Regional-bahnstrecken zu bestellen. Bei der Staudenbahn gingees um eine Leistung von etwa 500000 Euro im Jahr.Gleichzeitig wird eine Verpflichtungsermächtigung über66,5 Millionen Euro für die Vorfinanzierung einer Fern-verkehrsstrecke ausgebracht. Das geht so nicht. Das isteine Unverschämtheit und auch unzulässig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In der Bildungspolitik – das habe ich schon angespro-chen – setzen wir auf ein vielfältiges pädagogischesAngebot, das auf die Bedürfnisse der am SchulbetriebTeilnehmenden zugeschnitten ist. Ganz bewusst wollenwir ein Angebot an Ganztagsschulen ermöglichen; dennuns geht es nicht nur um die Betreuung der Schülerinnenund Schüler, sondern auch um andere und besserepädagogische Konzepte.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zum Beispiel wollen wir den Schulen durch Budgetsmehr Freiheiten einräumen, Fachkräfte für den Projekt-unterricht von außerhalb zuzuziehen. Besondere Auf-merksamkeit gilt auch der Betreuung von Kleinkindernim Vorkindergartenalter und in der Jugendarbeit.

Mit Befriedigung nehmen wir zur Kenntnis – das isterfreulich –, dass seit neuestem die CSU, nachdem wir20 Jahre dafür gekämpft haben, auch Kinderkrippen fürförderungswürdig hält.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hier gibt wirklich die Schnecke das Tempo vor. Wir wer-den hierzu unsere eigenen Vorschläge zu Förderrichtli-nien, die Qualität und Finanzierung betreffend, einbrin-gen.

Gerade in finanziell schwierigen Zeiten darf die Förde-rung der Integration von Ausländerinnen und Ausländernnicht vernachlässigt werden. Dabei kommt dem Sprach-unterricht ein besonderes Gewicht zu. Vor allem dieDeutschkurse für Mütter, die an einigen Schulen mit gro-ßem Erfolg durchgeführt werden, müssen ausgebautund für alle Nationalitäten zugänglich gemacht werden.In Zusammenarbeit mit den Ausländerbeiräten solltenfür so genannte Altausländer spezielle Kurse angebotenwerden; Unternehmen, die ihrer ArbeitnehmerschaftSprachkurse anbieten, sollten als Anreiz einen Zuschusserhalten. Sprache allein ist zwar noch keine Integration,jedoch eine wichtige Voraussetzung dafür.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch das sollte in einem Nachtragshaushalt bedachtwerden.

Herr Finanzminister, dieser Nachtragshaushalt bietet dieChance, mit den Erlösen aus dem E.ON-Aktienverkauf,immerhin 479 Millionen Euro, Weichenstellungen für dieZukunft vorzunehmen. Nutzen wir die Gelegenheit, dennallzu oft wird es nichts mehr zu verkaufen geben, nach-dem die Regierung Stoiber seit ihrem Antritt bereits fürknapp 9 Milliarden Mark Staatsbeteiligungen verkaufthat.

Nutzen Sie die Chance und steigen Sie mit uns intensivin die Beratungen ein. Es gibt im Freistaat Bayern sehrviel für eine ökologische Modernisierung, für eine Ver-besserung des Bildungsangebots und für die Integrationvon Ausländerinnen und Ausländern zu tun.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Die Aussprache istgeschlossen. Zu einer zusammenfassenden Stellung-nahme erteile ich nun das Wort Herrn Staatsminister derFinanzen.

Staatsminister Prof. Dr. Faltlhauser (Finanzministe-rium): Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen!Lassen Sie mich zunächst etwas sagen zur zweimal vor-getragenen Klage, der Nachtragshaushalt wäre zu spätvorgelegt worden in diesem Haus und der Landtagkönnte sich deshalb nicht intensiv genug mit diesemHaushaltsentwurf befassen.

Es freut mich, dass hier zum Ausdruck kommt, dass dasHaus sich so intensiv mit dem Haushalt befassen will.Allerdings, wenn ich hier in die Runde schaue, insbeson-dere in die SPD-Fraktion, bin ich erstaunt, dass die SPD-Fraktion heute für eine lange Zeitspanne bei der Wahr-nehmung ihres Königsrechts, nämlich dem Haushalts-recht, in einem Umfang vertreten ist, der bedenklich ist.Als Frau Kellner ihre Rede begann, waren neun Mitglie-der der SPD-Fraktion im Raum. So groß kann das Inte-resse der Opposition am Haushalt also nicht sein.

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Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 5309

(Dr. Eykmann (CSU): Wo ist der Strasser? – Wider-spruch bei der SPD – Zuruf des AbgeordnetenGartzke (SPD) – Dr. Eykmann (CSU): Wir sindwenige, aber er ist gar nicht da! Das ist ein Unter-schied!)

Frau Kollegin Kellner, ich will zur Erläuterung hinzufü-gen: Wir haben den Verkauf von 1% der E.ON-Anteile zuje 64,40 Euro am 16. Juli durchführen können. Sie wis-sen aus Vorgesprächen, dass der Termin nicht bere-chenbar war. Es war ein glücklicher Umstand, dass derKurs auf diesem hohen Niveau war. Ich habe gesagt:zuschlagen. Ich habe damit Recht behalten. Das Parla-ment war damals bereits in den Ferien.

Die Abwägung, wie man einen Betrag von 938 MillionenDM verwendet, benötigt Zeit. Ich glaube, dass wir dasinsgesamt sehr schnell hingekriegt haben, wenn manbedenkt, wie viel für Bildung, für Familie, für die Infra-struktur usw. ausgegeben wird. Ich glaube, man solltedie Administration nicht überfordern, dies vorzubereiten.Die Politik sollte nicht vorschnell aus der Westentascheheraus entscheiden. Die Staatsregierung hat die Frak-tion sehr intensiv eingebunden. Erst nachdem wir dasgemacht haben, konnten wir den Haushalt vorlegen.

Ich glaube, dieser Sachverhalt musste ausreichendtransparent sein. Deshalb sind wir damit etwas später inden Landtag gekommen, als wir das üblicherweise tun.Ich weise aber darauf hin: Irgendwelche rechtlichen Ver-fehlungen hat es dabei nicht gegeben. Es besteht nur diegesetzliche Verpflichtung, dass wir den Nachtrag noch indiesem Jahr einbringen. Ich glaube, es ist noch genugZeit, um über diesen Haushalt deftig und heftig zu strei-ten.

Ich bedanke mich sehr herzlich beim Vorsitzenden desHaushaltsausschusses Manfred Ach, insbesondere imHinblick auf seine Darlegungen zur Rücklage; das ist inden letzten Wochen durch die Gazetten gegeistert.

Ich will diesen detaillierten Darlegungen über die Grö-ßenordnung und den Sinn und Zweck der Rücklagen aufder Basis von Artikel 25 der Haushaltsordnung hinzufü-gen: Wir haben die Rücklagen in erster Linie für die Absi-cherung der Ausfälle aufgrund der Steuerreform. FrauKellner, Sie haben Recht, dass man die Rücklagen auchzur Abfederung konjunktureller Einbrüche benutzenkann. Ich schließe nicht aus, dass wir in diesem Jahr,wenn die Steuerschätzung im November entsprechendausfällt und die Steuereinnahmen entsprechend geringsind, die Rücklagen in Höhe von 4,6 Milliarden DM Stückfür Stück in einem Maße in Anspruch nehmen müssen,dass es mir eigentlich zuviel ist mit Blick auf die Steuer-ausfälle, die 2005 und 2006 auf uns zukommen.

Ich verweise auf die Mappe, die Ihnen vorliegt und dieeine Reihe von Übersichten enthält. Auf einer Übersichtsind im Rahmen eines Säulendiagramms die Steueraus-fälle in den jeweiligen Jahren dargestellt. Sie werdensehen, dass im Jahr 2005 4 Milliarden DM an Steueraus-fällen allein aufgrund der Steuerreform auf uns zukom-men. Im Jahr 2006 sind es 4,2 Milliarden DM. Wie willman einen Haushalt von mittlerweile fast 69 Milliar-den DM bewältigen, wenn man nicht durch Rücklagen

vorsorgt? Mit was denn sonst? Herr Strasser, Sie wollendieses Geld ständig schon heute verteilen. Das ist einAusdruck von Unsolidität. Mit mir nicht.

(Beifall bei der CSU)

Ich will zu einigen Punkten, die vorgetragen wurden,etwas sagen. Frau Kellner, Sie haben sich kritisch zurVorfinanzierung des Bauvorhabens in Ulm geäußert. Ichnehme an, Sie meinen die Gesamtstrecke von Neu-Ulmnach Augsburg. Warum müssen wir das denn machen?– Weil der Bund sich verweigert. Das ist der Punkt. Des-halb haben Baden-Württemberg und Bayern gesagt,ausnahmsweise gibt es eine Vorfinanzierung. Insgesamtwird uns das zwischen 280 und 320 Millionen DM kos-ten. Ich weiß es nicht genau. Das hängt davon ab, wiesich die Investition und die Zinsen entwickeln werden.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatsminis-ter, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau KolleginKellner?

Staatsminister Prof. Dr. Faltlhauser (Finanzministe-rium): Selbstverständlich.

Frau Kellner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): HerrStaatsminister, sind Sie der Auffassung, dass für dieBestellung von Nahverkehrsleistungen aus Bundesmit-teln eine Fernverkehrsstrecke vorfinanziert werden soll?

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatsminis-ter, bitte.

Staatsminister Prof. Dr. Faltlhauser ( Finanzministe-rium): Ich darf Sie dahin gehend korrigieren, dass dieVorfinanzierung nicht aus Mitteln des Nahverkehrs erfol-gen wird. Ich stelle nur fest, dass der Bund seiner Ver-pflichtung, im Fernverkehr entsprechende Investitionenvorzunehmen, nicht nachkommt. Kunststück: Wenn derBund ständig die Investitionsquote reduziert und HerrEichel falsch plant, dann kann es nicht anders kommen.Das ist die Realität. Bayern und Baden-Württembergspringen in dieser Situation ein. Ich halte es für einenSkandal, dass die Situation so ist. Aber sollen wir denBürgern etwa sagen, es tut uns leid, dass es zwischenden beiden Leistungszentren München und Stuttgartimmer noch eine miserable Eisenbahnverbindung gibt,die der heutigen Zeit nicht mehr angemessen ist, aberwir tun nichts? Das ist nicht die Philosophie des Freistaa-tes Bayern und von Edmund Stoiber. Deshalb finanzie-ren wir vor, und ich glaube, das ist gut so.

(Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Das war keine Antwort auf die Frage!)

Bei dieser Gelegenheit will ich noch etwas zum Thema„Anbindung nach Schwaben“ sagen. Es geht um dieAutobahn. Herr Bodewig hat verkündet, dass es eineVorfinanzierung geben soll, und zwar eine private Vorfi-nanzierung, weil er das aus Bundesmitteln nicht bezah-len kann. Das wurde mit Beifall aufgenommen. Wenn

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Sie genauer hinschauen, stellen Sie fest, dass Folgen-des dahintersteckt:

Erstens. Herr Bodewig finanziert Strecken, die plane-risch noch nicht festgelegt sind. Da ist noch lange hin. Esgeht um die Strecke zwischen Augsburg und Stuttgart.Diese Strecke will er finanzieren, obwohl die planungs-rechtlichen Voraussetzungen noch nicht erfüllt sind.

Zweitens. Wenn ich es richtig im Kopf habe, bekommtNordrhein-Westfalen aus dem Gesamtpaket, das derBundesverkehrsminister vorgeschlagen hat, 156 Kilo-meter zugestanden. Die bösen Südländer Baden-Würt-temberg, Hessen und Bayern bekommen zusammen nur102 Kilometer vorfinanziert. Da wird Parteipolitik mitSteuergeldern betrieben.

(Beifall bei der CSU – Zurufe von der SPD)

Der Gipfel des Skandals ist, dass die Bundesregierung,die den Staat repräsentiert – Herr Bodewig hat einStaatsamt –, dies nicht der Bayerischen Staatsregierungbzw. auf dem Amtsweg Staatsminister Dr. Wiesheu oderdem Ministerpräsidenten mitteilt, sondern den SPD-Ab-geordneten. Die SPD-Abgeordneten teilen es via Presseder Bayerischen Staatsregierung mit. Dazu kann ich nursagen: Der Staat ist doch keine Parteiveranstaltung.

(Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Diesen Satzwerden wir Ihnen rahmen und übers Bett hängen!)

Meine Damen und Herren, die Art, administrative Ent-scheidungen über das Hinterzimmer der SPD bekanntzu geben, halte ich für unerträglich.

(Beifall bei der CSU – Frau Werner-Muggendorfer(SPD): Das war nicht im Hinterzimmer, sondernöffentlich!)

– Wenn es öffentlich gemacht wurde, dann ist es umsopeinlicher, denn die SPD meint offensichtlich, dass die-ser Staat einer Partei gehört. Das ist eine demokratischeVerfahrensweise, die unglaublich ist.

Ich will etwas zu Herrn Strasser sagen, der sich bezüg-lich der kommunalen Finanzen anscheinend auf dieschriftliche Anfrage auf Drucksache 14/7369 bezieht,denn nur so ist seine Aussage möglich. Ich würde denstellvertretenden Vorsitzenden des Haushaltsausschus-ses doch bitten, die Tatsachen nicht nur teilweise unddamit verfälscht vorzutragen.

Es ist richtig, dass wir bei den Schlüsselzuweisungenunter den Ländern hinten sind. Da die Finanzausgleichs-leistungen in den Ländern völlig unterschiedlich struktu-riert sind, sind sie sehr schwer vergleichbar. Deshalbkann ich die Finanzausgleichsleistungen eines Landesnur jeweils in der Summe zum Vergleich heranziehen.Das schreiben wir ja ausdrücklich in der Antwort aufdiese Anfrage. Bitte suchen Sie sich nicht einzelne Zei-len heraus! Bei einem Vergleich in der Summe befindenwir uns unter den Ländern an dritter Stelle, und damitkönnen wir uns sehen lassen. Wir sagen schließlich nur,dass wir an einem Spitzenplatz sind.

Lassen Sie mich noch etwas zu den Aussagen von FrauKellner zum Verbraucherschutz und zur Sperre sagen.Es war richtig und notwendig, das Programm von 600Millionen zunächst von der Sperre auszunehmen, umkeine totale Verwirrung aufkommen zu lassen. Wirhaben 600 Millionen DM und dann noch einmal 57 Millio-nen DM insbesondere zur Einrichtung des Ministeriumsim Haushalt ausgewiesen. Wir wollten diesen Betragnicht schon im ersten Moment mit der Sperre versehen.Im Jahr 2002 wird der Verbraucherschutzbereich logi-scherweise in die Normalität des Haushaltsverfahrenshereingenommen, das heißt, dass die Sperre für die Ver-braucherschutzinitiative gilt. Frau Kellner, Sie sagten,man solle das Finanzministerium einem Benchmarkingunterziehen. Unterziehen Sie doch den Betrag von 64,4Euro beim Verkauf einem Benchmarking; dann könnenSie unsere Arbeit richtig einschätzen.

Sie sind auf die Finanzverwaltung zu sprechen gekom-men. Auch die Finanzverwaltung unterliegt der Notwen-digkeit des Personalabbaus, aber nicht mit 10% entspre-chend dem 20-Punkte-Programm, sondern mit 5%. Umdie Finanzverwaltung vor allzu viel zusätzlicher Verwal-tung und neuen Lasten zu schützen, die insbesonderedank des Gesetzgebers in Berlin auf sie zukommen,haben wir erstens einige organisatorische Maßnahmendurchgeführt, die flächendeckend sehr gut anlaufen.Zweitens nenne ich die technische Ausstattung. FrauKellner, wir haben in den letzten fünf Jahren rund 470Millionen DM in die EDV-Ausstattung unserer Finanzäm-ter gesteckt. Alle Finanzämter sind jetzt technisch opti-mal ausgerüstet. Nur so kann man die Beamten vorÜberlastung schützen. Drittens haben wir die Finanzver-waltung durch unsere Servicecenter deutlich entlastet.Da mittlerweile 90% aller Besucher, die fußläufig insHaus kommen, unten am Servicecenter abschließendbedient werden können, haben wir erhebliche Synergie-effekte. Mit diesen Maßnahmen haben wir den Zustandder Finanzverwaltung erheblich verbessert. An den Pro-blemen durch den Beförderungsstau, die es immer wie-der gibt, bin ich dran.

Zum Schluss will ich auf die Kernthese des Herrn Stras-ser in der Presseerklärung der SPD-Fraktion zum Nach-tragshaushalt eingehen. Herr Kollege Strasser hat, ähn-lich wie auch hier, darin gesagt: „Die Bayerische Staats-regierung verzichtet mit ihrem Nachtragshaushalt aufjegliche politische Gestaltung.“ Dieser Nachtragshaus-halt hat besondere Schwerpunkte, die wir täglich nen-nen: Bildung, Familie, Sicherheit und Kommunen. In die-sem Nachtragshaushalt kommen für die Bildung 110 Mil-lionen Euro oder 215 Millionen DM hinzu, für die Familie25 Millionen Euro oder 50 Millionen DM, für die Sicher-heit 41 Millionen Euro, und im FAG für die Kommunen162 Millionen Euro, und dies bei Beibehaltung unseresWeges in einen ausgeglichenen Haushalt mit einer Neu-verschuldung von 914 Millionen DM. Wenn Sie das nichtals Schwerpunktbildung betrachten, dann weiß ich nicht,was politische Schwerpunktbildung sein soll.

(Beifall bei der CSU)

In diesem Sinne bitte ich um faire und intensive Beratungim Haus.

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(Beifall bei der CSU – Lachen beim BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Gemäß § 33Absatz 7 Satz 1 der Geschäftsordnung sind die Gesetz-entwürfe dem Ausschuss für Staatshaushalt und Finanz-fragen als federführendem Ausschuss zu überweisen.Besteht damit Einverständnis? – Widerspruch erhebtsich nicht. Dann ist das so beschlossen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, außerhalb der Tages-ordnung gebe ich bekannt, dass die CSU vor Aufnahmeder Beratung der Dringlichkeitsanträge eine Unterbre-chung der Plenarsitzung für die Dauer von 30 Minutenbeantragt. Die Kollegen der CSU-Fraktion werden dannzu einer Fraktionssitzung in den Konferenzsaal gebeten.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 3 c

Gesetzentwurf der Staatsregierung eines bayeri-schen Gesetzes zur Unterbringung von besondersrückfallgefährdeten hochgefährlichen Straftätern(BayStrUBG) (Drucksache 14/7642)

– Erste Lesung –

Der Gesetzentwurf wird nicht begründet. Dann eröffneich die allgemeine Aussprache. Herr Dr. Hahnzog, Siehaben das Wort.

Dr. Hahnzog (SPD): Frau Präsidentin, liebe Kolleginnenund Kollegen! Es wundert mich nicht, dass die Staatsre-gierung diesen qualitativ nicht besonders hervorstechen-den Gesetzentwurf gar nicht erst begründet; denn er hatganz wesentliche Mängel. Wir sind uns darin einig, dassalles getan werden muss, um gegen verabscheuungs-würdige Sexualstraftäter vorzugehen. Mit diesemGesetzentwurf wird jedoch nur eine Scheinlösung vorge-gaukelt. Das macht die Staatsregierung, um von ihremeigenen Versagen, zum Beispiel in der Forensik, abzu-lenken. Das zeigt schon der Zeitablauf.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Noch am 13. Juli dieses Jahres hatte der damals zustän-dige Justizminister Dr. Weiß im Bundesrat erklärt, erhabe gegen die Regelung der nachträglichen Siche-rungsverwahrung durch ein Landesgesetz gewisse ver-fassungsrechtliche Bedenken. Anfang September fanddie Sondersitzung des sozialpolitischen Ausschussesstatt, in der sich diese gravierenden Defizite in derForensik herausgestellt haben. Das hat offenbar denAusschlag dafür gegeben, dass die verfassungsrechtli-chen Bedenken nicht mehr vorhanden sind. Dann wurdedieser Gesetzentwurf schnell vorgelegt.

Er ist auch insofern eine Scheinlösung, als – das sagenalle Praktiker – praktische Anwendungsfälle kaum vor-stellbar sind. Ein Täter, der einen Mord begangen hatoder eine Sexualstraftat mit Todesfolge, erhält ohnehinlebenslänglich; da spielt die beabsichtigte Neuregelungkeine Rolle. Wenn der Täter nicht lebenslänglich erhielt

und das Gericht keine Sicherungsverwahrung verhängthat, kann das nachträglich niemand anders bewertenund den Täter sodann in Sicherungsverwahrung neh-men. Das ist schon wegen des im Grundgesetz festge-legten Grundsatzes „ne bis in idem“ nicht möglich. Viel-mehr müssen neue Tatsachen – so ist der Gesetzent-wurf auch angelegt – im Strafvollzug aufgetreten sein.Insbesondere wird auf die Verweigerung der Therapiehingewiesen. Wenn der Entwurf wirklich Gesetz würde,würde kein Mensch mehr die Therapie verweigern,jedenfalls nicht nach außen, weil er dann die Siche-rungsverwahrung zu erwarten hätte. Es gibt also kaumeinen Anwendungsfall.

Es ist auch deshalb unverständlich, warum diese Rege-lung jetzt plötzlich kommen soll – sofern man nicht aufdas Versagen in der Forensik zurückblickt –, weil derBundesrat, übrigens auf Antrag der von der CDU mitre-gierten Länder Bremen und Brandenburg, beschlossenhat, eine Arbeitsgruppe zu diesem Themenbereich ein-zusetzen, die bis zum Frühjahr des nächsten Jahresdiese Fragen behandeln soll einschließlich der verfas-sungsrechtlichen, kompetenzrechtlichen und inhaltli-chen Fragen, zum Beispiel hinsichtlich der Verhältnismä-ßigkeit.

Die CSU macht uns manchmal den Vorwurf, dass wireinfach Gesetze aus anderen Bundesländern hier alseigene Gesetzentwürfe einbringen. Mit einem solchenVorwurf sollten Sie in Zukunft etwas vorsichtiger sein:Dieser Gesetzentwurf der Staatsregierung ist imWesentlichen wortwörtlich von einem einschlägigenGesetz in Baden-Württemberg abgeschrieben. Da gibtes interessante verfassungsrechtliche und Zweckmäßig-keitsgesichtspunkte für die Diskussion, die ich hier nichtim Einzelnen vertiefen will, über die wir aber in den Aus-schussberatungen zu verhandeln haben werden. Alleangehörten Sachverständigen haben erklärt, diesesGesetz sei nicht gerichtsfest. Der baden-württembergi-sche Anwaltsverband hat dagegen Bedenken erhobenund gesagt, das Gesetz sei mehrfach verfassungswidrig.Anwaltsverbände, gerade in südlichen Bundesländern,haben eine konservative Struktur. Das heißt schon eini-ges, wenn ein solcher Einwand von dort kommt. Nichtnur der Anwaltsverband, sondern auch der Verband derStrafverteidiger, die Vollzugspraktiker, die Sachverstän-digen aus der Psychiatrie und selbst – das ist ein ganz,ganz wichtiges Moment – der Weiße Ring haben dortgesagt: Lasst die Hände von einem solchen Gesetz. Dasalles zeigt, dass der Gesetzentwurf ein Ablenkungsma-növer und nichts anderes sein soll. Viel wichtiger wärees – auch das ist in dem Entschließungsantrag des Bun-desrats zum Ausdruck gekommen –, dafür zu sorgen,dass überhaupt genügend Sachverständige in der foren-sischen Psychiatrie ausgebildet werden, dass die Kapa-zitäten erweitert werden und die Sicherheit in bestehen-den Einrichtungen verbessert wird. Das wäre sinnvoll,aber nicht ein solches Gesetz.

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Der nächste Redner istHerr Kollege Kreuzer.

Kreuzer (CSU): Herr Präsident, verehrte Kolleginnenund Kollegen! Zunächst einmal möchte ich feststellen,

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Herr Dr. Hahnzog, dass für jeden, der sich mit der Mate-rie befasst, klar ist, dass wir hier eine Sicherheitslückehaben. Klar ist auch, dass wir in gewissen Fällen Straftä-ter aus der Strafhaft entlassen müssen, obwohl jederdavon ausgehen muss, dass sie weiterhin hoch gefähr-lich sind und mit großer Wahrscheinlichkeit wieder Straf-taten begehen werden.

(Frau Elisabeth Köhler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN): Warum haben Sie das 1998 nicht geregelt?)

Wir haben diese Situation seit Jahren. Sie betrifft diejeni-gen Täter, bei denen bei der Verurteilung die Gefährlich-keit noch nicht erkennbar ist, der Richter also keineSicherungsverwahrung im Urteil anordnet und bei denenauf der anderen Seite keine psychische Erkrankung oderSucht vorliegt, sodass keine Unterbringung nach demUnterbringungsgesetz nach der Strafhaft angeordnetwerden kann. Es betrifft also Täter, bei denen sich in derStrafhaft herausstellt, beispielsweise weil sie die Thera-pie, die ihnen angeboten wird, verweigern, dass sie beider Entlassung weiterhin eine Gefahr für die Allgemein-heit darstellen werden.

Wir haben dies frühzeitig erkannt und bereits dreimal imBundesrat versucht, eine bundesgesetzliche Lösungherbeizuführen. Das war im Jahr 1998, im Jahr 2000 unddann noch einmal, nachdem Bundeskanzler Schröderdiesen Komplex im Zusammenhang mit Sexualstraftä-tern aufgegriffen und öffentlich erklärt hat, dass solcheLeute, die weiterhin gefährlich sind, auf Dauer wegge-schlossen werden müssten.

Es kam aber so, wie es immer bei der SPD kommt:starke Worte, keine Taten. Bei der bayerischen SPDstellt man die ganze Sache in Frage, so wie Sie das jetztgetan haben.

(Beifall bei der CSU – Zuruf des AbgeordnetenDr. Hahnzog (SPD))

Sie sehen doch genau das Problem, das ich aufgezeigthabe. Anstatt eine Lösung anzubieten, reden Sie diesenGesetzentwurf herunter und nehmen dadurch billigendin Kauf, dass überhaupt nichts geschieht und auch inZukunft solche gefährlichen Straftäter entlassen werden,obwohl jeder, der sich damit beschäftigt, weiß, dass diesanderen Menschen, nämlich zukünftigen Opfern, zumVerhängnis werden kann. Sie sind dafür mitverantwort-lich, wenn Sie keine Lösung anbieten.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Hahnzog (SPD))

Wir wollen handeln. Wir wissen, dass die Dinge schwie-rig sind. Es wäre auf bundesgesetzlicher Ebene möglichgewesen, wenn sich die SPD nicht im Bundesrat und imBundestag verweigert hätte.

(Dr. Hahnzog (SPD): Wenn es das Grundgesetznicht gäbe!)

Nun versuchen wir, dies mit einer landesgesetzlichenRegelung aufzufangen, und wissen, dass wir die Lückenicht vollständig schließen können. Wir können bei-spielsweise das Gesetz nicht auf Straftäter ausdehnen,

die in anderen Bundesländern entlassen werden undihren Wohnsitz in Bayern nehmen. Wir müssen weiterhinnehmen, dass solche Straftäter in Bayern leben,obwohl sie – so festgestellt von den entsprechendenExperten in den Anstalten – als gefährlich gelten.

Wenn man eine solche Problematik erkennt und sieht,dass man Menschen entlassen muss, die sich nicht the-rapieren lassen wollen und weiterhin gefährlich sind, undklar ist, dass man dadurch zukünftige Opfer gefährdet,Herr Dr. Hahnzog, dann hat man als Gesetzgeber keinenfreien Ermessensspielraum mehr, sondern man ist dazuaufgerufen, zukünftige Straftaten zu verhindern undOpfer zu schützen, nicht aber dazu, nichts zu tun, so wiees die SPD macht. Dort findet man nichts als starkeWorte. Ich fordere Sie deshalb auf, dem Gesetzentwurfzuzustimmen, damit wir diese Lücke zugunsten derMenschen in unserem Lande schließen können.

(Beifall bei der CSU)

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Die letzte Rednerin fürdie Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN istFrau Kollegin Köhler.

Frau Elisabeth Köhler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Es ist sicher-lich unstrittig, dass unsere Bevölkerung vor Verbrechengeschützt werden muss. Wir hatten insbesondere in derletzten Legislaturperiode aufgrund einiger scheußlicherSexualverbrechen in Bayern und in Deutschland eineintensive Debatte darüber, welche Maßnahmen ergriffenwerden müssen, um solche Verbrechen zu verhindern.In der Folge dieser Diskussion, Herr Kollege Kreuzer,wurde eine Reihe von Gesetzen verschärft. Ich zitiereaus einem Gutachten des Deutschen Bundestages vom6. September 2001. Das Zitat passt gut zu Ihren Ausfüh-rungen. Es lautet:

Am 26.01.98 verabschiedete der deutsche Bundes-tag das Gesetz zur Bekämpfung von Sexualdeliktenund anderen gefährlichen Straftaten. Die Vorausset-zungen für Neuanordnungen der Sicherungsver-wahrung wurden wesentlich erleichtert, die bishe-rige Höchstfrist für die Dauer der ersten Unterbrin-gung in der Maßregel ersatzlos gestrichen und derWegfall rückwirkend auf Altfälle erstreckt. Die Mög-lichkeit der nachträglichen Anordnung der Siche-rungsverwahrung wurde dabei bewusst nicht in§ 66 StGB aufgenommen.

Damals hatten Sie die Mehrheit im Deutschen Bundes-tag. Ich frage Sie, warum das damals im Zuge dieserGesetzesänderung nicht gemacht wurde, wenn dies einsolches Sicherheitsrisiko darstellt.

(Beifall der Frau Abgeordneten Christine Stahl(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Wir wissen, dass sich in Bayern infolge der Gesetzesän-derungen der Vollzug massiv verschärft hat. So bekom-men beispielsweise Sexualstraftäter kaum mehr Voll-zugslockerungen. Wie sich dies allerdings auf die Wie-dereingliederung in die Gesellschaft auswirkt – die meis-

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ten Sexualstraftäter werden eines Tages wieder entlas-sen –, würde mich interessieren. Aber unsere Forderun-gen nach Erhebungen von Rückfalldaten- und -studienwerden von der Staatsregierung seit Jahren kategorischabgelehnt. An einer Evaluierung all der Maßnahmen, dieSie zur Sicherheit ergriffen haben, besteht kein Inte-resse.

Auf der anderen Seite hat sich die Situation in denAnstalten, in der Forensik und in den normalen Haftan-stalten, massiv verschärft, ohne dass der Mangel anPersonal und Räumlichkeiten behoben worden wäre.Die Belegung im Maßregelvollzug hat sich seit Mitte derNeunzigerjahre, so schreibt es der Verband der bayeri-schen Bezirke, um jährlich zehn Prozent erhöht. Wie esum die hochgepriesene Sicherheit in den bayerischenAnstalten steht, hat uns die Ausbruchsserie aus denbayerischen forensischen Kliniken im Sommer diesesJahres gezeigt. In Bayern klafft eine ganz große Lückezwischen Anspruch und Wirklichkeit.

(Beifall der Frau Abgeordneten Christine Stahl(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Genauso verhält es sich mit dem jetzt von der Staatsre-gierung vorgelegten Gesetzentwurf zur nachträglichenSicherungsverwahrung. Herr Dr. Hahnzog hat Ihnenschon vorgehalten, dass dieser Entwurf wortwörtlich voneinem baden-württembergischen Gesetz abgeschriebenwurde. In Baden-Württemberg ist dieses Gesetz im Eil-verfahren zu Beginn dieses Jahres durch den Landtaggepeitscht worden und ist seit März dieses Jahres inKraft. Es wurde meines Wissens aber bisher auf keineneinzigen Fall in Baden-Württemberg angewendet. MeinEindruck ist deshalb, dass es in erster Linie um Aktionis-mus geht, weniger um einen wirksamen Schutz.

(Beifall der Frau Abgeordneten Christine Stahl(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Dieser Aktionismus schadet enorm; denn er suggeriertder Bevölkerung, dass etwas zum Schutz der Menschengetan wird, in Wirklichkeit aber ist diese Maßnahme keinSchutz. Ein Gesetz, das in der Praxis gar nicht oderkaum anwendbar ist, taugt einfach nicht zum Schutz derBevölkerung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Des Weiteren melde ich verfassungsrechtliche Beden-ken gegen den Gesetzentwurf an. Die verfassungsrecht-lichen Bedenken stehen auch in dem Gutachten desDeutschen Bundestages. Auf die Details können wir hierin der Ersten Lesung nicht eingehen, das werden wir inden Ausschussberatungen ausführlich tun. Aber eines,meine Damen und Herren von der CSU, möchte ichschon noch sagen. In dem Gesetzentwurf, den IhreFraktion im Bundestag zum gleichen Sachverhalt vorge-legt hat, stellen Sie auf die Gesetzgebungskompetenzdes Bundes in dieser Frage ab und argumentierengenau entgegengesetzt zu dem, was Sie hier zu IhremGesetzentwurf im Lande sagen. Da frage ich mich: Wasgilt nun? Nur weil Sie im Bundestag derzeit nicht dieMehrheit stellen, kann man doch das Prinzip der konkur-rierenden Gesetzgebung nicht abschaffen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Das Wort hat nun HerrStaatsminister Dr. Beckstein.

Staatsminister Dr. Beckstein (Innenministerium): HerrPräsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Hintergrundfür den Gesetzentwurf zur Unterbringung von besondersrückfallgefährdeten hochgefährlichen Straftätern sindschwere Verbrechen, bei denen Sexualstraftäter nachihrer Entlassung aus der Haft kleine Mädchen miss-brauchten und töteten. Ich erinnere hier beispielsweisean den Fall Kim Kerkow, der nicht nur Politiker, sondernauch andere Personen aufgewühlt hat.

(Dr. Hahnzog (SPD): Der Täter bekäme lebenslang,wenn er getötet hätte! Da braucht es keine Siche-rungsverwahrung!)

Oder ich erinnere an den Fall Saller, Herr Kollege Hahn-zog, einen Mann, der ein Ausländerwohnheim in Brandgesteckt hat, zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verur-teilt wurde, diese Strafe bis zum letzten Tag abgesessenhat und dabei während der Haft von Monat zu Monatimmer fanatischer ausländerfeindlich geworden ist. AlleBeteiligten haben gesagt, er wird, wenn er in Freiheit ist,weitere Straftaten begehen.

(Dr. Hahnzog (SPD): Er ist allerdings kein Sexual-straftäter!)

Wir haben ihn, so lange er in Bayern war, überwacht. Erlebt inzwischen in einem anderen Bundesland. Demjeni-gen, der wie Sie sagt, da kann man nichts machen, halteich entgegen, dass das zwar ein rechtlich gut vertretba-rer Standpunkt ist, dass er aber beim nächsten schwe-ren Verbrechen eine Mitverantwortung hat.

(Beifall bei der CSU – Zuruf des Abgeordneten Dr.Hahnzog (SPD))

Jetzt noch Folgendes. Bei den GRÜNEN verstehe ich ja,dass sie nicht antworten, aber was hat denn der Bundes-kanzler zu diesem Problem gesagt? Bundeskanzler Ger-hard Schröder bleibt bei seiner Forderung nach unerbitt-licher Härte gegen Kinderschänder. In seiner Bilanznach dreijähriger Regierungszeit sagte er am Donners-tag, dem 12.07.2001, in Berlin: Der Schutz des Kindesmüsse absoluten Vorrang haben. Er räumte ein, dassseine Forderung nach „Wegschließen für immer“ zwarüberspitzt war, aber seit 1989 habe sich die Zahl derSicherungsverwahrungen verdoppelt. Und dann wiesSchröder ausdrücklich auf einen Vorstoß Bayerns hin,gegen Straftäter auch nachträglich Sicherungsverwah-rung verhängen lassen zu können.

Es sollte die Möglichkeit geben, Sicherungsverwahrungnicht nur beim Urteil, sondern auch am Ende der Straf-haft einzusetzen. Ich halte das sogar für näher liegend;denn wenn man Sicherungsverwahrung als Maßnahmeim strafrechtlichen Urteil einsetzen kann, müsste eseigentlich noch näher liegen zu sagen: Wir warten ersteinmal ab. Wenn jemand eine mehrjährige Freiheits-strafe absitzt, prüfen wir, ob am Ende seiner Strafhaft die

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Sicherungsverwahrung angeordnet werden muss, weiler tatsächlich ein gefährlicher Mensch ist, den man ausSicherungsgründen wegsperren muss. Deswegen istauch die Überlegung von CDU/CSU im Bundestag mei-nes Erachtens richtig zu sagen, die strafrechtliche Beur-teilung erfolgt nicht zum Zeitpunkt des Urteils mit derPrognose, wie er sich gegen Ende der Strafhaft darstellt,sondern gegen Ende der Strafhaft.

Das, was wir hier in Bayern wollen, ist ein andererrechtsdogmatischer Weg. Wir wollen das nicht alsNebenmaßnahme der strafrechtlichen Beurteilung, son-dern als präventiv polizeiliche Maßnahme darstellen, wieuns das ausdrücklich auch der Bundeskanzler empfoh-len hat. Er hat bei derselben Darstellung am 12.Juli 2001zu der Frage, warum der Bundesrat die bayerische Initia-tive abgelehnt hat, erklärt, er empfehle den Weg BadenWürttembergs. Das Land habe mit dem Landesgesetzzur Straftäter-Unterbringung die Möglichkeit eröffnet,dass eine Strafvollstreckungskammer Sicherungsver-wahrung anordnen könne.

Diesen Weg, den uns Bundeskanzler Schröder empfoh-len hat, hat uns auch die Bundesjustizministerin aus-drücklich nahe gelegt. In einem Schreiben vom13.09.1999, wo sie diesen Weg als ausdrücklich nichtunproblematisch, aber als vorzugswürdig darstellt,schreibt mir Frau Prof. Dr. Däubler-Gmelin, dass einebundesgesetzliche Kompetenz nicht gegeben sei, dassallerdings der Landesgesetzgeber entsprechende Mög-lichkeiten habe. Sie räume zwar ein, ich zitiere wörtlich:„Dabei verkenne ich nicht, dass auch insoweit Schwie-rigkeiten, vor allen Dingen im Hinblick auf den Verhält-nismäßigkeitsgrundsatz zu überwinden sind“, aber siebestreitet nicht, dass eine grundsätzliche Länderkompe-tenz gegeben ist, im Gegenteil, sie weist uns auf dieseKompetenz geradezu hin.

Ich darf noch einmal darauf hinweisen, dass der Wegüber den Bundesrat für eine bundesrechtliche Regelungnach § 66 StGB am Widerstand der SPD-regierten Län-der gescheitert ist. Wenn man die Bevölkerung schützenwill, dann muss man also den Weg gehen, den Baden-Württemberg vorgezeichnet hat.

Ich habe deshalb in aller Deutlichkeit auch in meinemHause erklärt, dass ich die baden-württembergerischeRegelung wortwörtlich übernommen haben will; denndas, was in Baden-Württemberg sozusagen rechtlichüberprüft ist, sollte von uns in gleicher Weise vorgelegtwerden. Wir haben das lediglich insoweit ergänzt, alsdas Unterbringungsgesetz Vorrang hat und die zu neuschaffende Regelung subsidiär ist.

Dass das Unterbringungsgesetz Vorrang hat, liegt aufder Hand. In den Fällen, wo eine psychische Erkrankungoder eine psychische Störung mit Krankheitswert auchim Bereich der Psychopathologie vorliegt, ist klar, dassein Anspruch auf eine entsprechende Behandlung gege-ben sein muss und damit das Unterbringungsgesetz denVorrang hat.

Lassen Sie mich den Inhalt des Gesetzentwurfs kurzskizzieren. Des Gesetz bestimmt zum Schutz der Allge-meinheit vor gefährlichen Straftätern, die zu zeitiger Frei-

heitsstrafe verurteilt sind, mit erheblichen einschlägigenVorstrafen in einer bayerischen Justizvollzugsanstalteinsitzen und die sich im Vollzug der Freiheitsstrafe alsbesonders rückfallgefährdet erweisen, dass die Straftä-ter in einer Justizvollzugsanstalt untergebracht werdenkönnen, wenn davon auszugehen ist, dass von ihneneine gegenwärtige erhebliche Gefahr für das Leben, diekörperliche Unversehrtheit, die Freiheit der Person oderdie sexuelle Selbstbestimmung anderer ausgeht. Indi-zien für eine solche Gefährlichkeit sind insbesondere dieAblehnung oder der Abbruch einer rückfallvermeidendenTherapie, daneben aber auch beispielsweise Disziplinar-verstöße im Vollzug.

Nicht angeknüpft wird für die Gefahrenprognose hinge-gen an die Straftat, die zur Verurteilung geführt hat. DerGesetzentwurf setzt sich also nicht dem Vorwurf derDoppelbestrafung aus. Die Gefährlichkeit muss von zweiGutachtern festgestellt werden. Die Entscheidung wirdvon einer mit drei Richtern besetzten Strafvollstre-ckungskammer auf schriftlichen Antrag der JVA getrof-fen. Dem Betroffenen wird ein Rechtsanwalt als Bei-stand bestellt. Gegen die Entscheidung, die in öffentli-cher Verhandlung ergeht, ist das Rechtsmittel der sofor-tigen Beschwerde gegeben. Die Unterbringung ist min-destens alle zwei Jahre zu überprüfen.

Wir sind überzeugt, dass der Entwurf verfassungskon-form ist. Darüber hinaus hat sich im Rahmen der Ver-bandsanhörung gezeigt, dass alle angehörten Verbändeden Gesetzentwurf in seiner Zielsetzung und Ausgestal-tung grundsätzlich begrüßen. Bemängelt wurde aller-dings, dass der Gesetzentwurf keinen Schutz vor Straf-tätern bietet, die nach Verbüßung ihrer Freiheitsstrafevon einem anderen Bundesland nach Bayern ziehen.Das ist leider aus verfassungsrechtlichen Gründen nichtmöglich. Die außerbayerischen Justizvollzugsanstaltenmüssten zur Mitwirkung verpflichtet werden, denn nachdem Gesetzentwurf ist es die Aufgabe der Anstalt, denAntrag auf Unterbringung zu stellen. Das Gesetz kannaber aus kompetenzrechtlichen Gründen nicht für außer-bayerische Justizvollzugsanstalten gelten.

Dies zeigt umso deutlicher, dass es trotz des vorliegen-den Gesetzentwurfs weiterhin nötig ist, beim Bund aufein entsprechendes Tätigwerden zu dringen. Ich darfhier noch einmal den Fall Saller ansprechen. Der Fall istöffentlich abgehandelt worden; deshalb kann ich es hierin dieser Weise tun. Saller, ein Brandstifter in einem Aus-länderwohnheim, hat laufend erklärt, dass er dafür sor-gen werde, dass Ausländer in Deutschland nicht sichersind.

(Zurufe von der SPD)

Die damit Befassten haben deshalb dafür gesorgt, dasser keinen Tag eher entlassen worden ist. Solange er inBayern gewohnt hat, ist er sorgfältig überwacht worden.Er lebt jetzt in einem anderen Bundesland und hat direktneben einem anderen gewaltbereiten Extremisten eineWohnung genommen.

Ich hoffe, dass er dort genauso intensiv überwacht wirdwie bei uns. Jeder, der die Sicherheitsbehörden voninnen her kennt, weiß, dass selbst bei Überwachung nie

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ein hundertprozentiger Schutz zu gewährleisten ist. Wielange dies erfolgen kann, liegt auf der Hand. Ich meine,in einem solchen Fall muss der Schutz der AllgemeinheitVorrang vor dem Schutz eines Menschen haben, der frü-her Straftaten begangen hat und sich im Gefängnis alsrückfallgefährdet und gefährlich herausgestellt hat, deralso die Sicherheit der Bevölkerung gefährdet.

Ich darf Sie bitten, diesem Gesetzentwurf zuzustimmenzum Schutz der Allgemeinheit, insbesondere der Kinder.Ich bitte, eine sorgfältige Beratung vorzunehmen.Abschließend meine ich, dass das an Schutzvorkehrun-gen, was in Baden-Württemberg mit, wenn ich es rechtin Erinnerung habe, großer Mehrheit beschlossen wor-den ist, auch bei uns möglich sein wird.

(Dr. Hahnzog (SPD): Die SPD hat sich dort enthal-ten!)

Dass eine optimale Regelung erst dann gegeben wäre,wenn die Bundesregierung und der Bundeskanzler nichtnur große Sprüche machen, sondern auch eine bundes-rechtliche Regelung schaffen würden, ist leider richtig.Es ist besser, selbst zu handeln, anstatt das Untätigseinder anderen anzuklagen.

(Beifall bei der CSU)

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Die Aussprache istgeschlossen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf demAusschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheitals federführendem Ausschuss zu überweisen. Bestehtdamit Einverständnis? – Ich sehe keinen Widerspruch.Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 3 d

Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderungdes Bayerischen Schlichtungsgesetzes (Drucksa-che 14/7643)

– Erste Lesung –

Der Gesetzentwurf wird von Seiten der Staatsregierungnicht begründet. Von den Fraktionen habe ich keine Sig-nale, dass dazu gesprochen werden soll. Somit braucheich die Aussprache weder zu eröffnen noch zu schlie-ßen. Ich stelle fest, dass im Einvernehmen mit demÄltestenrat der Gesetzentwurf dem Ausschuss für Ver-fassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen als federfüh-rendem Ausschuss überwiesen werden soll. – Ich sehekeinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, nachdem wir um 14Uhr mit der Aussprache zu den Dringlichkeitsanträgenbeginnen wollen, unterbreche ich jetzt die Sitzung, sowie von der CSU beantragt, für eine halbe Stunde undgebe Gelegenheit zur Fraktionssitzung der CSU-Frak-tion. Die Sitzung ist unterbrochen bis 14.05 Uhr.

(Unterbrechung der Sitzung von 13.33 – 14.08 Uhr)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich darf die unterbro-chene Sitzung wieder aufnehmen. Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 6

Beratung der zum Plenum eingereichten Dringlich-keitsanträge

Als ersten Antrag rufe ich auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Glück, Herr-mann, Dr. Kempfler und anderer und Fraktion (CSU)

Maßnahmen des Bundes für eine verantwortungs-volle Sicherheitspolitik einfordern (Drucksache14/7706)

Ich eröffne die Aussprache. Der erste Redner ist HerrKollege Hölzl.

Hölzl (CSU) (vom Redner nicht autorisiert): Herr Präsi-dent, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der inseiner Qualität einzigartige, abartige Terroranschlag, deram 11. September in den USA mit einer generalstabsmä-ßig geplanten Massentötung ablief, soll möglicherweise– dies sei am Rande erwähnt – mit biologischen oderchemischen Waffen seine Fortsetzung finden. Diesehemmungslose und menschenverachtende Bedrohung,von der alle Menschen der zivilisierten Welt betroffensind, hat zu einer existenziellen Angst und Sorge bei denMenschen geführt. Die freie Welt muss auf diese Terror-anschläge angemessen reagieren.

Hier geht es um eine Auseinandersetzung zwischen Bar-barei und Rechtstaatlichkeit. Deswegen gibt es keinenZweifel, dass wir entschieden handeln müssen. Profes-sor Michael Stürmer hat diese Ereignisse als Zeiten-wende und Geschichtsbruch bewertet. Er sagte am26. September unter anderem:

Es ist in der Bundesrepublik in Vergessenheit gera-ten, dass der Staat nicht als Schenker unendlichersozialer Wohltaten erfunden worden ist, sondern alsSchützer von Leib und Leben. Wenn der Staat die-ser elementaren Schutzfunktion nicht gerecht wird,dann verliert er seine Legitimationsgrundlage.

Verehrte Damen und Herren, die Bayerische Staatsre-gierung und die CSU-Landtagsfraktion haben mit demMaßnahmenpaket vom 17. September 2001 auf dieseSituation angemessen reagiert. Ich will dieses Maßnah-menpaket jetzt nicht im Einzelnen darstellen. Es umfasstdie Verstärkung des Landesamts für Verfassungsschutz,die Verstärkung des BGS und der Bundeswehr, dasThema Visumserteilung sowie Änderungen im Auslän-derrecht.

Mit dem Sicherheitskonzept vom 9. Oktober 2001 undauch mit der gemeinsamen Bundesratsinitiative der Län-der Bayern, Baden-Württemberg und Hessen vom16. Oktober wurden die notwendigen Vorschlägegemacht sowie Schritte und Maßnahmen eingeleitet, umdieser Bedrohung unserer Bürgerinnen und Bürger ent-gegenzuwirken. Dass solche Maßnahmen nur im inter-

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nationalen Verbund und – was unsere Republik anbe-langt – gemeinsam möglich sind, leuchtet wohl jedemein. Verehrte Damen und Herren, leider ist es so, dassnach dem Verblassen der Bilder von den Schuttbergenin New York von Teilen der SPD und von den GRÜNENdie ewig gestrige Haltung zum Vorschein kommt,wonach eine Gegnerschaft zwischen Sicherheit auf dereinen Seite und Freiheit auf der anderen Seite bestehe.

Besonders erschreckende Äußerungen waren auf demParteitag der GRÜNEN in Augsburg zu vernehmen. Dorthat der Landesvorsitzende der GRÜNEN, Montag, voneiner Orgie sicherheitspolitischer Vorschläge, die zumTeil verfassungs- und europarechtswidrig seien, gespro-chen. Er meinte damit interessanterweise insbesonderedie Vorschläge von Herrn Bundesinnenminister Schily,die dieser in den letzten Wochen vorgelegt hat und in dieder Koalitionspartner die GRÜNEN gemeinsam mit denMandatsträgern der SPD einstimmen sollte. Diese Hal-tung ist nicht neu. Noch vor wenigen Wochen und Mona-ten waren gravierende Äußerungen bis hin zur Forde-rung nach einer Halbierung der Bundeswehr, einer Ver-hinderung der Lauschangriffe, einer Abschaffung derAntiterrorgesetze und nach einer Auflösung des Verfas-sungsschutzes zu hören; die Beispiele könnte manbeliebig weiterführen.

Wir haben nochmals einige wesentliche zentrale Maß-nahmen und Rechtsänderungen in den Mittelpunktgerückt. Es ist zu klären, ob die Bundesregierung, SPDund GRÜNE, gewillt und in der Lage sind, diese zentra-len Anliegen im Interesse der Bürgerinnen und Bürgertatsächlich in Recht und Gesetz zu formulieren. ZumBeispiel fordern wir, dass die Bundeswehr auch im Inne-ren unserer Republik eingesetzt und von den Ländern imRahmen der Amtshilfe zugezogen werden kann, wennetwa die Abwehr von biologischen und chemischen Waf-fen zur Diskussion steht und wenn es um den Schutzvon militärischen Einrichtungen und US-Stützpunktenund deren Sicherung geht. Hierzu sagen große Teile derbayerischen SPD und die GRÜNEN Nein. Frau Tau-sendfreund formuliert, es gehe um eine strikte Trennungvon Polizei und Bundeswehr; dies sei ein Verfassungs-gebot. Sie ist deshalb für eine vehemente Ablehnung.

Ein weiteres Kapitel: Wir fordern, dass die Befugnissedes Verfassungsschutzes erweitert und beispielsweiseauch Auskünfte von Banken und Fluggesellschaftengegeben werden, ferner eine Erweiterung des zu über-prüfenden Personenkreises bei sicherheitsempfindli-chen Stellen. Bundesinnenminister Schily hat diese For-derung der Union offenkundig in sein Paket II übernom-men. Die SPD äußert sich dazu nicht dezidiert, lehntaber die Forderungen Schilys insgesamt ab. Von denGRÜNEN hört man, das sei eine Wunschliste, in der diegrüne Handschrift deutlich werden müsste. VerehrteDamen und Herren der GRÜNEN, Sie haben in anderenBundesländern durch Personalabbau den Verfassungs-schutz zum größten Teil handlungsunfähig gemacht. Diebayerischen GRÜNEN reden immer noch von derAbschaffung des Verfassungsschutzes.

Zur Regelanfrage beim Verfassungsschutz vor Einbür-gerungen oder vor der Erteilung dauerhafter Aufenthalts-erlaubnisse: Auch hier hat Bundesinnenminister Schily

von der CSU und Innenminister Dr. Beckstein gelernt;manche müssen eben erst 70 Jahre alt werden, bis sieauf den Weg der Vernunft kommen. Aber immerhin sagtHerr Schily Ja und fügt noch viele Maßnahmen hinzu:langfristige Speicherung, Einschränkung des Abschie-beschutzes usw. Frau Nahles, die Sprecherin der Linkenin der SPD, lehnt eine Verschärfung des Ausländer-rechts ab. Herr Kollege Dr. Hahnzog sagt zur Abschie-bung politisch Verfolgter auf der Basis des Verdachts,dass Verbrechen gegen den Frieden oder die Mensch-lichkeit begangen wurden. Er sieht hierin einen Verstoßgegen den Rechtsstaat. Die GRÜNEN haben am Partei-tag erklärt, sie wollten weder Schill noch Schily.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Angesichts dieser Lage ist festzustellen, dass in Berlindie Bundesregierung bzw. die Koalition aufgrund derHaltung der SPD und ihres Koalitionspartners, der GRÜ-NEN, handlungsunfähig ist und offensichtlich die not-wendigen Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerungnicht durchsetzen kann.

Ein weiteres Beispiel: Sie klagen, der Datenschutz dürfenicht eingeschränkt werden. Im „Handelsblatt“ hat HerrGoffart im Hinblick auf das Selbstbestimmungsrechtgeschrieben, dass in der Folge die Deutschen zum Welt-meister des Datenschutzes herangewachsen seien undeine Entwicklung eingeleitet hätten, die in der Selbstfes-selung von Polizei und Geheimdiensten münde. Wäh-rend sich nämlich die von einer misstrauischen Öffent-lichkeit streng kontrollierten Behörden an die immerstrengeren Datenschutzgesetze hielten, hätten krimi-nelle Organisationen dankbar die rasant fortschreiten-den Möglichkeiten der modernen Technik genutzt. Diedann folgende interessante Frage kann man nur unter-streichen:

Ist unsere Freiheit nicht mittlerweile deshalb gefähr-det, weil wir dem für unsere Sicherheit zuständigenStaat über Jahre hinweg aus übertriebenem Ver-dacht heraus ein adäquates Instrumentarium ver-weigert haben, um die hoch gerüsteten Feindeunserer offenen Gesellschaft in Schach zu halten.

An die Adresse der Fraktionen der SPD und des BÜND-NISSES 90/DIE GRÜNEN gerichtet, darf ich seinennächsten Satz unterstreichen, wonach die Kultur desMisstrauens gegenüber dem Staat seit dem 11. Septem-ber überholt ist. Deswegen muss man an Sie appellie-ren, dass Sie Ihr Misstrauen gegenüber dem Staat end-lich aufgeben und die notwendigen Maßnahmen mittra-gen, die unsere Bevölkerung vor weiterer Gewalt, Krimi-nalität und Terror schützen kann. Dass dies nicht neu ist,zeigt, dass die GRÜNEN bereits in der letzten Legislatur-periode im Deutschen Bundestag einen Antrag zur Auf-lösung des Bundesnachrichtendienstes eingebrachthaben.

Wir fordern im Übrigen auch die Einführung einer bun-desweiten Schleier-Fahndung. BundesinnenministerSchily sagt dazu Ja. Er fordert eine Ausweitung derGrenzzone von 30 auf 50 Kilometer. Dagegen klagen inBayern die GRÜNEN vor dem Verfassungsgerichtshof.Sie wollen damit den Sicherheitsorganen das wirk-

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samste Instrument zum Kampf gegen die Kriminellenund gegen potenzielle terroristische Organisationen ausder Hand schlagen.

(Zuruf der Frau Abgeordneten Christine Stahl(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Meine Damen und Herren, Ihre Philosophie lautet – ichhabe es schon angedeutet –, Sicherheit steht im Wider-spruch zur Freiheit. Sie sehen die Sicherheit im Gegen-satz zur individuellen Freiheit, und deswegen haben Sieein permanentes Misstrauen gegen den Rechtsstaat,insbesondere gegen seine Einrichtungen, die Polizeiund den Verfassungsschutz. Verehrte Damen und Her-ren der SPD und der GRÜNEN, ich darf Ihnen deswegensagen, dass der freiheitliche Rechtstaat nicht von denengefährdet wird, die für mehr Sicherheit und für konse-quenten Schutz der Bürger vor Kriminalität, Gewalt undTerror eintreten, sondern von denen, die wider besseresWissen in Kenntnis der Bedrohungssituation wirkungs-volle Maßnahmen, Befugnisse, Strategien und Rechts-änderungen verweigern. Sie bringen mit Ihrer Haltungauf Bundesebene, aber auch hier im Bayerischen Land-tag die Freiheit und die Sicherheit unserer Bürger inGefahr.

Zur erkennungsdienstlichen Behandlung im Ausland vorAusstellung der Visa sagt Schily Ja, die SPD sagt dazuNein. Die SPD ist auch massiv gegen die Verschärfungdes Ausländerrechts – ich will hier noch einmal HerrnHahnzog erwähnen. Der niedersächsische Innenminis-ter Bartling sagt Ja, die GRÜNEN warnen vor dem Miss-brauch solcher Regelungen.

Auch den Fingerabdruck und weitere biometrische Iden-tifizierungsmerkmale in Pässen oder Ausweisen hatSchily im zweiten Paket übernommen. Er sattelt sogarnoch weitere Maßnahmen darauf. Die SPD ist dagegen.Grundrechte seien nicht ausreichend geschützt. HerrHahnzog kritisiert Schilys Entwurf.

Wir befinden uns in einer ganz gravierenden neuen Artvon Auseinandersetzungen, weil Bundesregierung undBundesinnenminister sich nicht mehr der Attacken unddes Widerstandes der Opposition erwehren müssen,sondern von der eigenen Partei und vom Koalitionspart-ner, den GRÜNEN, im Stich gelassen werden. So wie esheute aussieht, haben der Bundesinnenminister und dieBundesregierung nicht die Kraft und die Mehrheit, umdie als notwendig erachteten Maßnahmen zum Schutzunserer Bevölkerung vor Terror und Gewalt durchzuset-zen. Deswegen bittet und fordert die CSU-Landtagsfrak-tion die Bayerische Staatsregierung auf, nicht nachzu-lassen in den Anstrengungen und Bemühungen undtrotz aller Widrigkeiten und Unfähigkeiten von der SPD inBerlin alles das zu tun, um möglichst die notwendigenMaßnahmen, die wir in unserem Antrag noch einmalauszugsweise aufgeführt haben, durchzusetzen, damitunsere Bevölkerung vor künftigen Terroranschlägen inbestmöglichem Umfang geschützt werden kann.

(Beifall bei der CSU)

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Nächster Redner: HerrProf. Dr. Gantzer.

Prof. Dr. Gantzer (SPD): Herr Präsident, meine Damenund Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Dem vorge-legten Antrag der CSU ist die Atemnot der CSU in Fra-gen der inneren Sicherheit und der Sicherheitspolitikanzumerken.

(Beifall bei der SPD)

Diese Atemnot hat Herr Hölzl gerade auch sehr schöndokumentiert. Er hat sogar Schaum vor dem Mundegehabt, als er über die Sicherheitspolitik geredet hat. Siekennen ihn ja. Während Schröder und Schily gehandelthaben, haben Sie noch an Ihrem Papier geschriebenoder in München Plakate entworfen.

(Beifall bei der SPD – Gartzke (SPD): Ihr habtsowieso nichts mehr zu melden!)

Wir sollten deshalb die Diskussion über die Sicherheits-politik darauf zurückführen, wo sie im Augenblick steht.Ich kann eigentlich nur feststellen, dass im Augenblickdas, was bei uns abläuft, auch diskutiert wird. Ich hättemit Ihnen gerne über jeden Punkt, den Sie vorgetragenhaben, diskutiert. Ich wollte gerne jeden Punkt abhakenund Ihnen darstellen, wo wir im Augenblick stehen, damitwir auch Ihren Antrag richtig bewerten können. Aberschon bei Punkt 1 muss ich leider einhaken.

Der erste Punkt Ihres Antrags besagt, dass Sie eineÄnderung des Grundgesetzes wollen, um den Einsatzder Bundeswehr im Inneren zu ermöglichen. Sie erwäh-nen den zivilen Objektschutz und den Einsatz von tech-nischen Mitteln der Bundeswehr. Ich erinnere michnatürlich an das ursprüngliche Papier der CSU. Dort istnoch vom Einsatz der Bundeswehr für alle polizeilichenMaßnahmen die Rede gewesen. Insofern haben Sieschon ganz schön abgespeckt. Trotzdem muss ich Ihnensagen: Bei diesem ersten Punkt Ihres Antrages könnenwir nicht mitmachen.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen müssen wir leider Ihren ganzen Antrag ableh-nen. Dabei möchte ich jedoch hinzufügen, dass ich nichtgleich jeden Punkt, den Sie vorschlagen, ablehne. Ichbin gerne bereit, mit Ihnen darüber zu diskutieren. Ichkenne aber Ihre Antragsstrategie. Herr Beckstein ist aufdiesem Gebiet ein großer Meister. Er schlägt zehnPunkte vor und sagt gleichzeitig, über neun Punktekönnte man diskutieren. Er schlägt nur einen Punkt vor,den wir ablehnen müssen, und nachher zieht er durchdie Lande und sagt, wir seien gegen die weitereBekämpfung des Terrorismus. Das ist nicht wahr. Wer soetwas sagen würde, würde nicht die Wahrheit sagen.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen muss ich es Ihnen auch klar darlegen, wes-halb wir beim ersten Punkt schon anhalten.

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Zunächst zur Rechtslage. Artikel 80 a des Grundgeset-zes schafft die Möglichkeit für Bundeswehreinsätze zumSchutze der Zivilbevölkerung im Verteidigungs- und imSpannungsfall. Das ist genau das, was Sie wollen. DerBundestag kann das beschließen. Schon wenn derSpannungsfall durch den Bundestag festgestellt wird –das hat noch keiner von Ihnen gemerkt –, kann die Bun-deswehr zur Sicherung von Objekten eingesetzt werden.Wir brauchen also die Gesetzesänderung, die Sie habenwollen, gar nicht.

(Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Also haben Siewieder einmal nicht gescheit gelesen!)

Artikel 35 des Grundgesetzes – der Artikel mit der Amts-hilfe – lässt es zu, dass die Bundeswehr bei besondersschweren Unglücksfällen eingesetzt werden kann. Wirhaben es doch schon gehabt. Denken Sie nur an dieganzen Überschwemmungskatastrophen. Da hatten wirdie Bundeswehr ohne Probleme eingesetzt. Ich weiß garnicht, weswegen Sie das Grundgesetz noch ändern wol-len.

Entscheidend ist vor allen Dingen, dass sich aus diesenArtikeln des Grundgesetzes ergibt, dass die Aufgabenvon Polizei und Militär völlig getrennt sind. Es gibt dieinnere Sicherheit und die äußere Sicherheit. Das sindzwei völlig verschiedene Aufgabengebiete. Deswegenist es verfassungsrechtlich vorgesehen und auchgeschichtlich begründet, dass wir diese beiden Aufga-bengebiete nicht miteinander vermischen.

(Beifall bei der SPD)

Wie sieht nun die tatsächliche Lage aus? Tatsächlichmüssen wir feststellen – das haben wir beim Sicherheits-paket der Staatsregierung gesehen –, dass Bayern zuwenig Polizei hat. Sie wollen den Mangel an Polizeibe-amten durch Bundeswehrangehörige ausgleichen. Dasgeht natürlich nicht. Sie selber haben doch die Polizeiabgebaut. Sie selbst haben doch in den letzten zehnJahren den Verfassungsschutz abgebaut. Deswegengeht es nicht an, dass jetzt fehlende Polizeikräfte entge-gen der Verfassung durch Bundeswehrsoldaten ersetztwerden sollen. Das ist nicht richtig. Sie stellen damit dieGrenzziehung zwischen Militär und Polizei völlig inFrage. Herr Hölzl, Sie und ich wissen aus der Praxis: DieAusbildung von Polizei und die Ausbildung von Soldatenist völlig verschieden. Die Bundeswehr hat keinerlei Aus-bildung für kriminalistische oder polizeiliche Aufgaben.Die Feldjäger will ich einmal davon ausnehmen, sie stel-len aber sowieso nur eine kleine Minderheit bei der Bun-deswehr dar, die allenfalls zur Kriminalitätsbekämpfunggeeignet wäre. Ansonsten ist die Bundeswehr für polizei-liche Aufgaben gar nicht ausgerüstet.

Jetzt kommt noch ein wesentlicher Faktor hinzu, denauch jeder von Ihnen kennt. Bei Äußerungen aus IhremBundeswehrarbeitskreis wundere ich mich, dass IhreSicherheitspolitiker auf einmal anders sprechen als dieFachleute für die Außensicherheit, wie unser Justizmi-nister. Die Bundeswehr hat ihre Auslandseinsätze zuleisten. Derzeit haben wir 7200 Soldaten im Ausland ein-gesetzt, und zwar auf dem Balkan und in Georgien. Umdiesen Einsatz aufrechterhalten zu können, brauchen

wir für die erforderlichen Vor- und Nachbereitung derEinsätze weitere 18000 Soldaten, die nur mit den Aus-landseinsätzen beschäftigt sind. 25000 Soldaten sindalso schon im Einsatz. Die Bundesregierung hat ange-boten, dass wir auch den Amerikanern auf größererBasis Unterstützung gewähren. All das zusammen zeigt,dass die Bundeswehr überhaupt kein Personal mehr undkeine Möglichkeiten mehr hat, um für die Polizei tätig zuwerden. Das wissen Sie, gleichwohl fordern Sie besse-ren Wissens den Einsatz von Bundeswehrsoldaten. Ichhalte das für sehr unredlich und schlecht überlegt. Eswürde mich nur noch reizen zu hören, was der einzigevon Ihnen, der wirklich etwas von Militär versteht, Justiz-minister Weiß, dazu sagt. Mich würde interessieren, ober das wirklich für eine anständige Forderung hält.

Ich als Soldat sage Ihnen jedenfalls: Soldat und Polizistsind zwei völlig verschiedene Berufe. Dabei sollte esbleiben. Sie sollten das nicht vermengen.

(Beifall bei der SPD)

Sie fordern den Einsatz der Bundeswehr für zivileObjekte. Können Sie sich vorstellen, dass eine Bundes-wehreinheit mit Stahlhelm, MG auf Lafette und Flak dieStaatskanzlei, Ihren Ministerpräsidenten oder andereMinisterien bewacht? Können Sie sich das wirklich vor-stellen?

(Maget (SPD): Als Personenschutz!)

Oder sollen Verbrecher künftig mit Panzern gejagt wer-den?

(Hofmann (CSU): Warum denn nicht? – WeitereZurufe von der CSU)

Meine Damen und Herren, es hat schon seinen Grund,dass alle drei Polizeigewerkschaften, die Gewerkschaftder Bundeswehr und der Bundeswehrverband einhelligder Meinung sind, dass das, was Sie vorschlagen, nichtin Frage kommt. Sie sind ganz rechts außen, ganz weitab von der Realität mit Ihrem Antrag.

Ich sage zum Schluss: Zwei Drittel der Bevölkerung –hiermit hat Kollege Hölzl mit seiner Erklärung verloren;Minister Beckstein redet vielleicht noch dazu – sind mitder Sicherheitspolitik der Bundesregierung einverstan-den. Das ist ein ungeheuer hoher Wert.

(Beifall bei der SPD)

Die Ängste, die Sie erzeugen wollen, haben keinenGrund. Wir haben eine Bundesregierung, die das ThemaSicherheit voll im Griff hat. Dank Schröder und dankInnenminister Schily ist alles, was Sie betreiben, reineAngstmache.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Bernhard (CSU))

– Das stimmt nicht. Seit wir an der Bundesregierung sindund Innenminister Schily haben, haben wir Ihnen denStartvorteil abgenommen. Sie rennen hinterher.

(Hölzl (CSU): Hahnzog mobilisiert gegen Schily!)

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Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 5319

Der Antrag, den Sie vorgelegt haben, soll Ihrem Klientelerklären, dass Sie auch noch etwas von Sicherheitspoli-tik verstehen. Der Antrag ist falsch. Sie sollten ihn ambesten zurückziehen und den Bürgern damit nicht Angstmachen.

(Beifall bei der SPD)

Präsident Böhm: Das Wort hat Frau Kollegin Tausend-freund.

Frau Tausendfreund (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Es muss fürSie sehr bitter sein, Kolleginnen und Kollegen von derCSU, dass Otto Schily Innenminister ist.

(Lachen bei der CSU – Willi Müller (CSU): Für dieGRÜNEN muss das schlimm sein! – Hofmann(CSU): Das ist ein großes Missverständnis! – Dr.Bernhard (CSU): Das ist für Sie ein Problem!)

Besonders hart muss es Minister Beckstein treffen. Erkommt gar nicht mehr nach mit seinen Vorschlägen, mitdenen er mehr Sicherheit verspricht

(Hofmann (CSU): Haben Sie noch einen solchenWitz parat?)

und die von Vorschlag zu Vorschlag immer absurderwerden. Entweder hat Otto Schily diese Vorschlägeschon gemacht, oder er greift selbst die überzogenstenIdeen Becksteins noch auf.

(Hofmann (CSU): Das ist für Sie ein Problem!)

Schily scheint es auf das Wählerklientel der CSU abge-sehen zu haben.

(Prof. Dr. Gantzer (SPD): Nicht auf das der GRÜ-NEN, das ist richtig! – Lachen bei der SPD)

Er lässt Beckstein und der CSU keinen Raum, sich zuprofilieren. Das ist schon eine schlimme Situation für Sie,Herr Beckstein.

(Willi Müller (CSU): Was machen denn dann dieGRÜNEN?)

So bleibt Ihnen heute anscheinend gar nichts anderesübrig, als auf Schilys Sicherheitspaket – auf das „Otto-Paket“ – noch eins draufzusatteln, und zwar ohne Rück-sicht auf Rechtsstaatsprinzipien und Freiheitsrechte derBürgerinnen und Bürger.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der rheinland-pfälzische Justizminister Herbert Mertinvon der FDP hat es auf den Punkt gebracht. Ich zitieresinngemäß:

Es findet ein gefährlicher Wettlauf zwischen Schilyund Beckstein statt, bei dem die Kontrolle desGewaltmonopols des Staates ausgehebelt wird.

(Willi Müller (CSU): Ist Schily plötzlich gefährlich?)

Für uns GRÜNE ist es bitter, dass Otto Schily Innenmi-nister ist,

(Hofmann (CSU): Was machen wir denn da?)

weil er jedwede Sensibilität für eine ausgewogeneSicherheitspolitik verloren hat.

(Hofmann (CSU): Raus, aber schnell! – Dr. Bern-hard (CSU): Das ist eine Koalitionsfrage!)

Er selbst hätte es wohl vor wenigen Jahren nicht fürmöglich gehalten, welche Positionen er heute vertritt undmit welcher Leichtigkeit er Rechtsstaatsprinzipien wiedas Trennungsgebot zwischen Geheimdiensten undpolizeilicher Arbeit, die Unschuldsvermutung und diePersönlichkeitsrechte der Menschen über Bord wirft.Nicht nur wir GRÜNEN kritisieren das „Otto-Paket“ unddie CSU-Vorschläge, vermehrt mischen sich Bürger-rechtsgruppen, Datenschützer, Vertreter der Gewerk-schaft der Polizei, Bundeswehrvertreter, Politiker derSPD und auch der CDU kritisch in die Diskussion ein.Bemerkenswert ist auch die Kritik aus dem Bundesjustiz-ministerium. Dort wird das „Otto-Paket“ – das Sicher-heitspaket II – richtiggehend zerrissen und in Teilen alsverfassungswidrig beurteilt. Es sind also nicht nur diebayerischen GRÜNEN, die Kritik üben. Ich verwahremich insbesondere gegen die Kritik des Kollegen Hölzl,dass wir mit unserer Kritik den Rechtsstaat und dieSicherheit gefährden und wir GRÜNEN womöglich nocheine Sicherheitsgefahr darstellen würden.

(Hölzl (CSU): Sind Sie auch, das ist unstrittig!)

Wir verkennen nicht, dass nach den Anschlägen vom 11.September 2001 und den bisherigen Erkenntnissen überdie Terroristen, logistischen Zusammenhänge und ihreNetzwerkstruktur die bestehenden Sicherheitskonzepteauf den Prüfstand gestellt werden müssen. Die Verbes-serungen im Sicherheitssystem müssen allerdings tat-sächlich zu einer effektiven Terrorismusbekämpfung bei-tragen und dürfen unsere freiheitliche Grundordnungnicht beschädigen.

Zwei kurze Beispiele: Sie werden mit der Video-Überwa-chung in unseren Städten und Gemeinden keinen Terro-risten fangen. Trotzdem wird die Ausweitung der Video-Überwachung im Zusammenhang mit der Bekämpfungdes internationalen Terrorismus genannt. Hier bestehtwirklich kein Zusammenhang. Das ist nicht die Debatten-kultur, die wir bräuchten.

Das zweite Beispiel des Eingriffs in unsere freiheitlicheGrundordnung: Sehr kritisch zu betrachten sind die vonSchily und Ihnen angestrebten verdachtsunabhängigenErmittlungen des Bundeskriminalamts, des BKA. Bishermusste es zumindest einen Anfangsverdacht geben. DieSchwelle zum Anfangsverdacht ist sowieso schon sehrniedrig. Zukünftig soll das BKA verdachtsunabhängigüberall ermitteln und Telefongespräche überwachen dür-fen und Zugang zu den Protokollen bekommen. Hierübergibt es keine gerichtliche Kontrolle. Bisher musste eineTelefonüberwachung angeordnet werden. Es waren der

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entsprechende Tatverdacht und eine gerichtliche Anord-nung nötig. Das darf nicht untergraben werden.

Wir GRÜNE fordern eine Sicherheitspolitik mit Augen-maß ein, die eine Balance zwischen der Gewährleistungder inneren Sicherheit und der Wahrung von Freiheits-und Bürgerrechten gewährleistet und mit der niemandunter Generalverdacht gestellt wird. Wie das Konzeptkonkret aussieht, können Sie im letzten „Forum der Frak-tionen“ in der „Bayerischen Staatszeitung“ nachlesen.Die Resolution der bayerischen GRÜNEN vom letztenWochenende zur inneren Sicherheit hatte einen ähnli-chen Wortlaut.

Mit dem Dringlichkeitsantrag der CSU wird genau dasGegenteil verfolgt. Der Antrag ist wieder einmal Öl insFeuer der aufgeregten, ja zum Teil panischen Diskussionin Deutschland. Bereits jetzt hat sich das gesellschaftli-che Klima negativ verändert. Misstrauen wird geschürt.Plötzlich sind alle verdächtig – alle 82 Millionen –, insbe-sondere die ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbür-ger. Jeder ist ein potenzieller Straftäter. Gerade die aus-ländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger werden ausge-grenzt und stigmatisiert. Ein Beispiel ist die Rasterfahn-dung an den Universitäten. Bevor man überhaupt einTäterprofil hat, wird einfach gesucht und gesucht undgesucht. Man hat eine Datenflut.

Alle männlichen ausländischen Studenten, die reisefreu-dig und ungebunden sind, sind plötzlich potenzielleSchläfer. So kann man nicht miteinander umgehen. Sowird ein Klima des Misstrauens gefördert. In dieserSituation packen Schily und Beckstein ihre schon langegeschriebenen Wunschzettel aus und nutzen die Situa-tion nach den schrecklichen Anschlägen vom 11. Sep-tember 2001 schamlos aus. Der Staatsrechtler ErhardDenninger schätzt dies wie folgt ein, ich zitiere:

Wenn die das wirklich alles machen, dann ist dasder Überwachungsstaat. Die neuen Gesetze fegenvieles hinweg, was in vielen Jahrzehnten Rechts-staatskultur gewachsen ist.

Dieser Einschätzung kann ich mich nur anschließen.

Zu dem Antrag der CSU im Einzelnen, ich gehe nur aufeinzelne Punkte ein: Eine Grundgesetzänderung bezüg-lich der Bundeswehr ist mit uns nicht zu machen. Wirwollen, dass die Bundeswehr nicht im Inneren tätig ist;wir pochen auf eine strikte Trennung von Polizei undBundeswehr. Ich möchte hier auf die jüngere deutscheGeschichte verweisen. Es kommt nicht von ungefähr,dass diese Trennung eingeführt wurde und keine Natio-nalgarde eingeführt worden ist. Außerdem ist die Bun-deswehr dafür weder ausgebildet noch personell ausge-stattet. Die bisherigen Anforderungsmöglichkeiten fürHilfeleistungen im Einzelfall reichen völlig aus.

Sie fordern mehr Datenzugriffe durch den Verfassungs-schutz. Hier haben wir wieder das Problem mit der Kon-trolle der Kontrolleure. Wer kontrolliert, welche Telefon-überwachungen stattgefunden haben? Hier muss esdabei bleiben, dass die Telefonüberwachung nur richter-lich angeordnet werden darf. Die jetzigen Möglichkeitenwerden nicht im Entferntesten ausgeschöpft. Natürlich

können rechtmäßigerweise Daten gesammelt werden,aber faktisch gibt es überhaupt nicht die Möglichkeiten,Daten zwischen den einzelnen Sicherheitsbehördenauszutauschen. Ich erinnere an das Datensystem Inpol2; es war mit hohem Kostenaufwand verbunden und istgescheitert. Man muss wieder auf das alte Systemzurückgreifen. Nicht einmal das, was im Gesetz jetztschon vorgesehen ist, kann überhaupt ausgeschöpftwerden.

Sie wollen die bundesweite Schleierfahndung. Die Dis-kussion darüber hatten wir hier schon häufiger. Das isteine Methode nach dem Zufallsprinzip. Hiermit könnenSie keine Terrorismusbekämpfung durchführen; Siesuchen nach der Nadel im Heuhaufen.

Die Kronzeugenregelung wurde zu Recht abgeschafft.Eine Wiedereinführung animiert lediglich Straftäter,wahrheitswidrig gegen andere Beschuldigte auszusa-gen. Bisher hat die Kronzeugenregelung keinen nen-nenswerten Nutzen gebracht. Sie ist meines Erachtensein Verstoß gegen das Gerechtigkeitsprinzip.

(Beifall der Frau Abgeordneten Christine Stahl(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Keinesfalls darf es Rechtfertigungsgründe für Straftatenverdeckter Ermittler geben. Es ist vielfach betont wor-den, dass es überhaupt nicht möglich sei, die richtigenPersonen zu finden, die man in die islamistische Terror-szene einschleusen könnte. Trotzdem werden hierRechtfertigungsgründe für eventuelle Straftaten ver-deckter Ermittler, die anscheinend gar nicht einsetzbarsind, weil man nicht über einsetzbare Personen verfügt,gefordert. Außerdem steckt in diesen Rechtfertigungs-gründen eine echte Gefahr für die innere Sicherheit;denn wenn im Gesetz steht, wie weit die verdecktenErmittler gehen können, vom Diebstahl hier bis zumRaub dort, und diese verdeckten Ermittler getestet wer-den sollen, dann wird mit einer Mutprobe genau dieseGrenze überschritten. Damit bringt Ihnen ihr Rechtferti-gungsgrund überhaupt nichts.

Zum Thema Fingerabdruck im Ausweis und biometri-sche Kennzeichen: Das ist ein Vorhaben, das absolutunverhältnismäßig ist. Hiermit wird die gesamte Bevöl-kerung erkennungsdienstlich behandelt. Sie haben aufder anderen Seite eine erhebliche Datenflut, mit derüberhaupt nicht mehr umgegangen werden kann. Die-ses Vorhaben ist in Europa, wo es Länder gibt, in denenes überhaupt keine Melde- oder Passpflicht gibt, einfachlächerlich. Es wird nicht berücksichtigt, dass sich dieMenschen im Laufe ihres Lebens verändern. DieGesichtsmerkmale sind im Alter völlig anders. Sie kön-nen sogar je nach Gemütslage anders sein. Die techni-schen Voraussetzungen sind nicht gegeben, darauf ein-zugehen. Das führt letztlich dazu, dass man die eigeneExistenz beweisen muss, wenn man aufgrund des Fin-gerabdrucks und biometrischer Kennzeichen nichterkannt wird.

Am liebsten hätten Sie sowieso, dass man gleich nachder Geburt einen Chip eingepflanzt bekommt, mit demman jederzeit erkennbar und am besten per GPS ver-folgbar ist.

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Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 5321

(Prof. Dr. Gantzer (SPD): Das können die GRÜNENvorschlagen!)

Das Vorhaben der erleichterten Ausweisung von Auslän-dern ist besonders ärgerlich. Sie wollen niederschwelligeAusweisungstatbestände schaffen, Regeltatbestände,bei denen nur ein Verdacht ausreicht. Bisher ist esimmer noch die Regel, dass Beweise auf dem Tisch lie-gen müssen. Nach diesem Vorhaben reicht es aus, über-spitzt gesagt, dass ein Ausländer im Verdacht steht,Kontakt zu einer Organisation zu haben, die im Verdachtsteht, extremistisch zu sein; dann kann er schon ausge-wiesen werden. Damit wird die Unschuldsvermutungüber Bord geworfen. In der Konsequenz wird esUnschuldige treffen und menschliche Schicksale beein-flussen.

Nach dem Prinzip, niederschwellige Ausweisungstatbe-stände zur Regel werden zu lassen, die schon bei Ver-dachtsmomenten greifen, müssten Sie eigentlich denGeneralstaatsanwalt Froschauer wegen des Verdachtseiner möglichen Strafvereitelung im Amt aus dem Amtentlassen. Das wäre die logische Konsequenz. Das for-dern wir hier nicht; wir fordern die Einleitung einesErmittlungsverfahrens. Wir wollen hier niemanden vorabverurteilen.

Das Zuwanderungsgesetz auszuhöhlen oder aufzu-schieben, ist der verkehrte Weg. Wir sind eine offeneGesellschaft, wir müssen das offensiv vorantreiben.Dazu gehört die Integration der hier lebenden Auslände-rinnen und Ausländer, offensiv, mit allen Begleitmaßnah-men, Sprachkursen und Integrationsmaßnahmen.Unsere Wirtschaft braucht das Zuwanderungsgesetz.Wir brauchen Fachleute aus dem Ausland, wir brauchenausländische Studentinnen und Studenten für unsereUniversitäten. Dies jetzt zu stoppen, wäre der verkehrteWeg.

Ich möchte Ihnen noch ein Zitat vorlesen und Sie fragen,von wem es denn stammen könnte, um der Ernsthaftig-keit der Debatte nachzuhelfen.

Der gläserne Bürger und Steuerzahler führt zumSchnüffelstaat und zerstört die Vertrauensbasisgegenüber den Ehrlichen.

Das Ganze steht unter der Überschrift: „Big Brother rücktnäher“. Ist dieses Zitat Teil der Resolution der GRÜNENvom letzten Wochenende, oder stammt dieses Zitat vonder kommunistischen Plattform? – Nein, es stammt vonder Mittelstandsunion der CSU.

(Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES90/DIE GRÜNEN)

Wenn es um das Bankgeheimnis geht, dann sehen Siedas plötzlich ganz eng; da darf der gläserne Bürger nichteingeführt werden. Aber ansonsten sollen wir uns überalldurchleuchten lassen, und es soll die Möglichkeitgeschaffen werden, Bewegungsprofile zu erstellen etc.

So viel zur Ernsthaftigkeit der Debatte, wie sie bishergeführt wird. Wir sind dafür, dass das Bankgeheimnisgelockert wird, damit wir effektiv gegen das terroristische

Netzwerk vorgehen können. Wir wollen die Geldströmefür die Terroristen austrocknen und damit ein effektivesMittel für die Bekämpfung des Terrorismus zur Verfü-gung stellen. Aber anscheinend will das Ihre Mittel-standsunion nicht.

Bei dieser Gelegenheit fordere ich ein, dass Sie, Kolle-ginnen und Kollegen von der CSU, mit derselben Vehe-menz, mit der Sie die Anti-Terror-Debatte führen, endlicheinmal gegen die Wirtschaftskriminalität vorgehen. Inder Bundesrepublik gibt es einen eklatanten Fall vonWirtschaftskriminalität, nämlich die Leuna-Affäre. Hierwäre es an der Zeit, dass dafür gesorgt wird, dass einAntrag beim Generalbundesanwalt gestellt wird, damiteine Staatsanwaltschaft bestimmt wird, die das Sammel-verfahren in dem gesamten Schmiergeldskandal Leuna-Elf-Aquitaine übernimmt. Hier hätte der Freistaat Bayernaktiv werden können. Die Augsburger Staatsanwalt-schaft hätte das Sammelverfahren führen können.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nicht der Ruf nach immer neuen Gesetzen hilft, sondernder Vollzug der vorhanden Gesetze und eine verbes-serte Ausstattung der Sicherheitsbehörden. Deshalbwerden wir den Antrag der CSU ablehnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Präsident Böhm: Als nächster Redner hat Herr KollegeWelnhofer das Wort.

Welnhofer (CSU): Herr Präsident, Hohes Haus! FrauKollegin Trausendfreund, vorweg ein paar Bemerkungenzu Ihnen: Sie sagen, mit der Videoüberwachung werdenwir keinen einzigen Terroristen fangen. Wer sagt Ihnendenn das? Ich sehe die Dinge in einem größeren Zusam-menhang: Je sorgfältiger das Sicherheitsnetz geknüpftwird, umso größer ist die Chance, dass Straftäter sichdarin verfangen.

(Beifall bei der CSU)

Das gilt ganz allgemein, nicht speziell für die Videoüber-wachung, aber auch für diese, die wir im Übrigen nicht inerster Linie zur Terroristenbekämpfung eingeführthaben. Und schon wieder malen Sie das Schreckge-spenst des Überwachungsstaates an die Wand. Ichfrage Sie: Wo in dieser Welt kann man freier leben undsich freier entfalten als hier in der BundesrepublikDeutschland?

(Beifall bei der CSU)

Das Problem ist doch nicht, dass wir zuviel Überwa-chung haben oder zu bekommen fürchten müssen, son-dern das Problem ist, dass wir zu wenig Sicherheithaben. Sie sprechen von der in den letzten Jahrzehntengewachsenen Rechtskultur. Sie haben schon Recht, esist viel Rechtskultur gewachsen. Mitunter ist aber auchUnkultur dabei gewesen. Das wird man schon erwähnendürfen. Nicht alles, was in den letzten Jahrzehntengewachsen ist, ist gute Rechtskultur.

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5322 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001

Meine sehr verehrten Damen und Herren, manchebehaupten, seit dem 11. September 2001 sei nichtsmehr, wie es einmal war. Ich halte diese Aussage zwarfür bedenkenswert, aber auch für maßlos übertrieben.Nach meiner Einschätzung war die Welt nie anders, sieist nur durch Zivilisation und Hochtechnologie anfälligerund verletzlicher geworden. Das ist der eigentlicheUnterschied, und nicht etwa, dass der Mensch sichgeändert hätte. Er wird sich nach meiner Einschätzung –aber da mögen Sie wiederum anders denken – nie fun-damental ändern.

Ich bin auch der Meinung, der 11. September hat unsnicht etwa den Blick auf sicherheitspolitische Notwendig-keiten verstellt oder gar – wie heute schon gesagt wor-den ist – einen Sicherheitswahn ausgelöst. Nein, dieser11. September mit seiner unsäglichen Katastrophe hatden Blick wieder frei gemacht für die sicherheitspoliti-schen Notwendigkeiten in diesem Lande und auf derganzen Welt.

(Beifall bei der CSU)

Wir gaukeln auch keine falsche Sicherheit vor, wiegesagt worden ist, sondern wir tun das Notwendige inunserem Land und fordern das Notwendige auf Bundes-ebene. Sicherheit und Freiheit im demokratischenRechtsstaat sind kein Gegensatz – oder jedenfalls nichtnur ein Gegensatz –, sondern sie bedingen einander.Dort, wo Sicherheit fehlt, kann Freiheit sich nicht entfal-ten. In einem totalitären Polizeistaat mag das nicht sosein, aber von dem sind wir – wohl auch nach Ihrer Auf-fassung –meilenweit entfernt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wer sich sei-ner körperlichen Unversehrtheit nicht hinreichend sichersein kann, dem fehlt persönliche Freiheit. So ist das, undnicht umgekehrt.

(Beifall bei der CSU)

Ich kann das Gerede von „Die Freiheit stirbt zentimeter-weise“, dieses ganze larmoyante Gerede, nicht mehrhören.

(Beifall bei der CSU – Prof. Dr. Gantzer: Bei Ihnendauert es etwas länger!)

Wir brauchen im Gegensatz zu dem, was ich von meinerVorrednerin gehört habe, sehr wohl eine Kronzeugenre-gelung. Für Straftaten, die den Kernbereich der organi-sierten Kriminalität und insbesondere des Terrorismuszuzurechnen sind, muß wieder eine Kronzeugenrege-lung gelten, wie wir sie schon einmal zehn Jahre langhatten. Diese Regelung ist leider 1999 nicht verlängertworden. Für die Verhinderung und Aufklärung terroristi-scher Straftaten klafft hier eine unerträgliche Gesetzes-lücke. Der Terrorismus ist von einem hohen Maß an Kon-spiration geprägt. Wir müssen es den Ausstiegswilligenermöglichen, dass ihr Verhalten, das für sie persönlich jagefährlich ist, durch eine Kronzeugenregelung honoriertwird, die, wenn es in besonders schweren Fällen not-wendig ist, auch mit der Vermittlung einer neuen Identitätverbunden sein kann.

Wir brauchen auch eine verläßliche Rechtsgrundlage fürden Einsatz verdeckter Ermittler. Es ist nicht so, dass wirsagen würden, der Zweck heiligt die Mittel, wie Sie unsvielleicht unterstellen. Es ist vielmehr ein allgemeinerRechtsgrundsatz, dass zum Schutz höherwertigerRechtsgüter im Einzelfall niedriger wertige Rechtsgüterhintangestellt werden dürfen. Deswegen bin ich der Mei-nung, wenn wir verdeckte Ermittler brauchen – und wirbrauchen sie für die Terrorismusbekämpfung –, dannmüssen diese sich, ohne ein Rechtsrisiko einzugehen,milieugerecht verhalten dürfen. Das heißt, wer sich indas terroristische Umfeld begibt, der muß sich dort soverhalten dürfen, dass er nicht auffällt. Das ist für micheine Selbstverständlichkeit, wenn wir den Terrorismuseffektiv bekämpfen wollen. Das ist für mich ein Fall derNotwehr im weiteren Sinne.

Auch die Regelanfrage beim Verfassungsschutz vor Ein-bürgerungen und vor der Erteilung dauerhafter Aufent-haltstitel sollte eine Selbstverständlichkeit sein. UnserInnenminister sagt immer wieder zu Recht: Wer sind wirdenn, dass wir uns künstlich dumm halten? Es gibtErkenntnisse, und wir nutzen sie nicht. Wir bürgern ein,ohne zu fragen, wen wir da aufnehmen. Wir verleihenden Status des deutschen Staatsbürgers, ohne zu fra-gen, was gegen den Mann oder die Frau vielleicht anSchwerwiegendem vorliegt. Wer so handelt, handeltunverantwortlich.

(Beifall bei der CSU)

Das Gleiche gilt, wenn Ausländer hierher kommen wol-len.

Ich will jetzt nicht zur Einwanderungspolitik im Allgemei-nen sprechen; da gäbe es einiges zu sagen. Wir brau-chen Zuwanderungsbegrenzung. Der Schwerpunkt liegtauf „Begrenzung“. Wir müssen Zuwanderung einheitlichsehen, nicht getrennt nach Asylbewerbern und anderen.Unser Land verträgt nur ein gewisses Maß an Zuwande-rung, sonst macht die Bevölkerung nicht mit, sonst ist dieBevölkerung nicht bereit, ihren unverzichtbaren Beitragzur notwendigen Integration zu leisten.

Eines aber ist klar: Jeder, der zu uns kommen will, musssich vorher auf Herz und Nieren überprüfen lassen. Wirwollen doch nicht Gefahr laufen, uns Verbrecher insLand zu holen. Ich weiß zwar, dass all das keinen abso-luten Schutz verspricht, aber alles, was möglich ist,muss auch getan werden. Das ist der Sinn unseresAntrags.

Wer hierher kommt, muss die Hausordnung beachten.

(Beifall des Abgeordneten Spitzner (CSU))

Das Grundgesetz ist zwar ein wesentlicher Bestandteilder Hausordnung, aber diese geht darüber hinaus. Werhierher kommt, muss sich unserer Art zu leben anpas-sen. Wer hierher kommt, um hier so zu leben, wie er esin der Türkei gewohnt war, soll dort bleiben; dort kann erdas, bei uns aber nicht. Die Freiräume, die unsereGesellschaftsordnung bietet, sind ohnehin so groß, dassman sich hier entfalten kann wie kaum in einem anderenLand auf dieser Welt. Wir verlangen keine Assimilation,

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Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 5323

keine Preisgabe der ethnischen Identität, aber wir ver-langen Integration. Wir fordern die Anerkennung derHausordnung und das Sich-Einfügen in die Verhältnisse,die hier herrschen, und die Akzeptanz unserer Gesell-schaft, wie sie ist.

Wir haben einen Kanzler, der das eigentlich erkennt. Dasist ein Kanzler der starken Worte, der ruhigen Hände,aber anscheinend auch der kalten Füße.

(Beifall und Lachen bei der CSU)

Seine Gedanken sind ja nicht so schlecht, jedenfallsnicht immer. Ich habe von ihm zur Ausländerkriminalitätgehört: abschieben, und zwar sofort. Sehr gut, aber wasist geschehen?

(Zurufe von der CSU: Nichts!)

– Nichts. Zu Kinderschändern hat er gesagt: wegschlie-ßen, und zwar für immer. Aber was ist geschehen?

(Zurufe von der CSU): Nichts!)

– Nichts, heiße Luft! So stellen wir uns das nicht vor. Wirwollen, dass etwas getan wird. Damit Sie auch zeigenkönnen, was Sie sich vorstellen, beantrage ich namensmeiner Fraktion eine namentliche Abstimmung.

(Beifall bei der CSU)

Präsident Böhm: Herr Staatsminister Dr. Beckstein hatums Wort gebeten. Bitte, Herr Minister.

Staatsminister Dr. Beckstein (Innenministerium): HerrPräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist not-wendig, dass der Innenminister seine Meinung zu die-sem Antrag vor dem Parlament darstellt, da es um eineverantwortungsvolle Sicherheitspolitik geht. Ich will auchzu dem Stellung nehmen, was die Kollegen Dr. Gantzerund Frau Tausendfreund dargestellt haben.

Zur Sicherheitslage: Es ist übereinstimmende Meinungder Innenminister des Bundes und aller Länder, dass wirnoch nicht auf dem Höhepunkt der Sicherheitskrise sind,sondern erst an deren Beginn. In den vergangenenMonaten und Jahren wussten wir, dass wir auch Ruhe-raum für Terroristen, insbesondere aus dem islamisti-schen Bereich, geworden sind. Darauf gab es viele Hin-weise. Spätestens seit dem 11. September ist eindeutig,dass wir Vorbereitungsraum sind. Die Amerikanerbehaupten sogar, dass wir das allererste Land der Vor-bereitung sind. Die Amerikaner machen uns sehr heftigeVorwürfe. Sie sprechen davon, dass wir ein „golden hea-ven for terrorists“ wären, also ein goldener Himmel fürTerroristen, und weisen anklagend darauf hin, dass von19 erkannten Selbstmordattentätern 16 durch Europagekommen sind und nur deswegen die Möglichkeit hat-ten, nach Amerika einzureisen, weil sie vorher mehrereJahre in Europa gelebt hatten.

Wir haben allen Grund zu der Annahme, dass es jeder-zeit möglich ist, dass unser Land auch Ausführungsraumfür extremistische terroristische Anschläge aus dem isla-

mistischen Bereich wird. Spätestens seit dem Auftretender Meliani-Gruppe beim Weihnachtsmarkt in Straßburgund seit der Varese-Gruppe, zu der Ben Heni gehört,wissen wir, dass auch bei uns Menschen leben, die ter-roristische Anschläge vorbereitet haben. Auf Seite 2 der„Süddeutschen Zeitung“ von heute wurde das in einer,wie ich meine, recht eindrucksvollen Weise dargestellt.

Wenn wir davon ausgehen, dass die Sicherheitslagenoch nicht den kritischen Höhepunkt erreicht hat, müs-sen wir uns darauf vorbereiten, wie wir Gefahren weitge-hend vermeiden können. Frau Kollegin Tausendfreund,ich habe nicht die leisesten Probleme damit, dass dieInnenminister von Bund und Ländern intensiv und ver-trauensvoll in einer solchen Gefährdungssituationzusammenarbeiten; ich halte das sogar für notwendig.Ich habe auch überhaupt kein Problem damit, offen zusagen, dass ich mit Herrn Bundesinnenminister Schilygut und vertrauensvoll zusammenarbeite, auch wenn wirin der einen oder anderen Frage unterschiedlicher politi-scher Auffassung sind. Die Bevölkerung hätte kein Ver-ständnis dafür, wenn wir in einer solchen Situation imparteipolitischen Clinch lägen und nicht versuchen wür-den, gemeinsam die Gefahren des Terrorismus zubekämpfen.

Ich erinnere an einen Fall, in dem Rot-Grün selbst dieEntscheidung zu treffen hatten; ich sage das ganzbewusst hier. Ich weiß, dass die formelle Entscheidungdarüber, ob das Oktoberfest stattfindet, beim MünchnerOberbürgermeister lag. Er hat zum Schluss jeden Tagmehrfach bei uns im Ministerium angefragt, ob wirBedenken gegen die Durchführung des Oktoberfesteshätten. Wer eine solche Verantwortung zu tragen hat,wird es nicht auf parteipolitischen Hickhack anlegen,sondern darüber nachdenken, was man tun kann, damitfür den normalen Bürger das Leben so normal wie nurmöglich weitergehen kann, damit die Menschen keineAngst haben.

(Beifall bei der CSU)

Manche Leute haben ein so kurzes Gedächtnis, dass sienicht mehr wissen, dass in den ersten Tagen des Okto-berfestes Zehntausende von Besuchern weniger kamenals in den Jahren zuvor, weil die Menschen Angst hatten.

(Zustimmung des Abgeordneten Spitzner (CSU))

Es war selbstverständlich, dass wir in dieser Situationüberlegten, was wir tun können, um die innere Sicherheitzu erhöhen. Ich bitte um Nachsicht, wenn ich das hier sodeutlich sage, wie ich es empfinde: Ich halte es für eindummes Gequatsche, wenn hier gesagt wird, dass dieVideoüberwachung nichts bringe. Die rot-grün regierteLandeshauptstadt München hat sogar die Hälfte derKosten bezahlt, damit wir die Videoüberwachung durch-führen. Sie aber sagen hier, das wäre alles nur Aktionis-mus.

(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Uns geht esum den Terrorismus!)

So oberflächlich können wir nicht miteinander diskutie-ren.

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5324 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001

(Beifall bei der CSU)

Sie stellen sich hier hin und sagen, es sei für Sie bitter,dass Schily Innenminister sei. Aber ohne Sie könnte ernicht Innenminister sein. Dazu kann ich nur sagen:Hören Sie mit dieser schlimmen Scheinheiligkeit auf.Das wird Ihnen kein Wähler abnehmen.

(Beifall bei der CSU)

Sicherheit ist Voraussetzung der Freiheit und nicht etwaihre Gefährdung. Wer das jetzt noch nicht verstandenhat, läuft nicht mit offenen Augen, sondern mit Scheu-klappen durch die Welt. Wir müssen überlegen, wie wirdie Sicherheit so erhöhen können, dass die Freiheiteiner überwältigenden Mehrzahl der Bürger möglichstwenig eingeschränkt wird.

Präsident Böhm: Gestatten Sie eine Zwischenfragevon Frau Abgeordneter Tausendfreund? –

Frau Tausendfreund (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Herr Dr. Beckstein, können Sie sich daran erinnern, dassich im Ausschuss ausdrücklich die Videoüberwachungauf der Wies‚n befürwortet habe?

(Zahlreiche Zurufe von der CSU)

Staatsminister Dr. Beckstein (Innenministerium): FrauKollegin, das eben zeigt Ihre Doppelzüngigkeit. Zu Fäl-len, von denen Sie wissen, dass Videoüberwachungoffensichtlich notwendig ist, sagen Sie ja, aber die recht-lichen Möglichkeiten, das einzuführen, verweigern Sie.

Das ist doch der Punkt. Am Bahnhof und bestimmtenöffentlichen Plätzen brauchen wir die Videoüberwa-chung, z. B. um zu erkennen, ob jemand gefährlicheGegenstände trägt. Das sind Dinge, die man wissenmuss. Man kann doch nicht behaupten, derartige Maß-nahmen brauche man nicht.

(Beifall bei der CSU)

Lassen Sie mich zu fünf Punkten etwas sagen undzunächst zur Bundeswehr kommen. Herr Kollege Pro-fessor Dr. Gantzer, ich verweise auf meine Äußerungenim Ausschuss. Sie informieren bewusst falsch, wenn Siebehaupten, wir hätten Personal bei der Polizei abgebaut.Ich fordere Sie auf, die konkreten Zahlen zu nennen unddas zu belegen. Ich sage Ihnen, dass wir in den vergan-genen Jahren im Unterschied zu den Ländern, in denendie SPD die Verantwortung trägt, kein Personal bei derPolizei abgebaut haben.

Wir haben auch kein Personal speziell beim Verfas-sungsschutz abgebaut. Deswegen bin ich übrigens auchaus Ihren Reihen wiederholt kritisiert worden. Wir habenausschließlich die gesperrten Stellen, die für das sowje-tische Generalkonsulat vorgesehen waren, nichtgeschaffen. Ansonsten haben wir, abgesehen von pau-schalen Kürzungen, die die gesamte Staatsverwaltungbetroffen haben, keine Stellen beim Verfassungsschutzreduziert. Im Gegenteil, ich habe im Ausschuss in Ihrer

Anwesenheit gesagt, dass ich zur verstärkten Überwa-chung und Bekämpfung des Islamismus 21 Stellen ausder Polizei verwendet habe. Deshalb ist Ihre Behaup-tung, wir hätten Sicherheitskräfte reduziert, nicht richtig.Das haben wir im Übrigen, anders als fast alle anderenLänder und alle die Länder, in denen die SPD Regie-rungsverantwortung trägt, nicht gemacht. Deshalb las-sen Sie dieses Doppelspiel. Wir haben das für dieSicherheit Erforderliche getan.

(Beifall bei der CSU)

Wir brauchen aber trotzdem zusätzliches Personal. Des-halb bin ich dankbar, dass wir das größte Sicherheitspa-ket aller Länder geschnürt haben. Ich bedanke michdafür beim Bayerischen Landtag und insbesondere derCSU-Fraktion.

Wofür will ich die Bundeswehr einsetzen? Ich gehe eineWette mit Ihnen ein, dass Bundesinnenminister Schilyinnerhalb des nächsten Jahres meine Meinung überneh-men wird, weil ich genau sage, wofür ich die Bundes-wehr benötige. Ich will deswegen durch die Änderungdes Artikels 35 GG eine Klarstellung, damit der Einsatzder Bundeswehr im Rahmen der Amtshilfe und in derVerantwortung der Polizei möglich ist.

Grafenwöhr ist der größte Truppenübungsplatz inEuropa. Die Amerikaner haben verlangt, ihre eigenenSicherheitskräfte in die kämpfende Truppe zu nehmen.Deshalb wollten sie rund um die Uhr 120 Sicherheits-kräfte. Ich habe mich geweigert, dafür die Polizei einzu-setzen, weil das den Abzug von 600 Polizisten aus demLand bedeutet hätte, was die Sicherheit der Bevölkerungbei einer erhöhten Gefährdungslage beeinträchtigt hätte.Ich habe den Einsatz von BGS-Kräften vorgeschlagen.Herr Schily hat auf die schwierige Personallage beimBGS hingewiesen. Daraufhin habe ich erklärt, dass wirdie Bundeswehr brauchen. Ich sage hier öffentlich: Eswar gut, dass es gelungen ist, die Bundeswehr einzuset-zen. Es hat allerdings fünf Wochen gedauert, bis zwi-schen dem Bundesinnenministerium und dem Verteidi-gungsministerium Klarheit darüber hergestellt war, ob eszulässig ist, dass Bundeswehr als Wachpersonal einge-setzt werden kann.

(Frau Radermacher (SPD): Dazu brauchen wirkeine Grundgesetzänderung!)

Lassen Sie mich zu Bad Aibling und Echelon kommen.Die Amerikaner verlangen, dass wir diese weltweit wich-tigste elektronische Aufklärungsanlage schützen. Dazuwollen sie nicht nur einige Polizisten mit Maschinenpisto-len.

(Frau Gote (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die sol-len sie doch zumachen!)

Wir könnten natürlich der Bereitschaftspolizei einigePanzer kaufen und dort postieren. Ich frage Sie, ob esnicht sinnvoller ist, eine solche Einrichtung von der Bun-deswehr bewachen zu lassen.

(Beifall bei der CSU)

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Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 5325

Herr Schily und ich haben uns darauf geeinigt, diese Ein-richtung, anders als die Amerikaner, die die Abhörstationals zivile Einrichtung betrachten, als militärische Einrich-tung anzusehen. Dann ist die Heranziehung der Bundes-wehr zulässig. Dieser Auffassung hat sich aber bis heuteder Bundesverteidigungsminister nicht angeschlossen.Darum haben wir dort nicht die Möglichkeit, die Polizeidurch die Bundeswehr zu ersetzen, obwohl ich nichtglaube, dass irgendjemand ernsthafte Bedenken äußernwürde. Denken Sie auch an den Schutz des Amerika-hauses in München, das eine zivile Einrichtung ist. Auchder Schutz des Amerikahauses ist erforderlich.

Ein weiteres Beispiel ist der Schutz vor ABC-Waffen. AmFreitag vor acht Tagen wurden zwei Briefe am Briefpost-amt Nürnberg angehalten, weil sie die Aufschrift trugen„Der heilige Krieg hat begonnen“. Die Rechtschreibungwar abenteuerlich, und aus den beiden Briefen rieselteweißer Puder. Daraufhin sind die Polizei und die Feuer-wehr verständigt worden. Beide haben die Menschen inQuarantäne genommen. Polizeibeamte und Feuerwehr-leute, die nie einen praktischen Umgang mit ABC-Waf-fen hatten, haben die Sachbehandlung übernommen.40 Kilometer entfernt in Amberg befindet sich ein ABC-Zug der Bundeswehr, der jedoch wegen verfassungs-rechtlicher Bedenken nicht herangezogen werdenkonnte.

(Willi Müller (CSU): Das ist ein Witz!)

Ich halte es für unverantwortlich, vorhandene qualifi-zierte ABC-Abwehrkräfte nicht einsetzen zu dürfen.Deren Einsatz wäre aber zulässig gewesen, wenn dieBriefe aus dem Ausland gekommen wären. Die besag-ten Briefe sind jedoch im Inland aufgegeben worden.

Ich lese Ihnen nun ein Schreiben einer Persönlichkeitvor, deren Namen ich Ihnen später nennen werde.

(Willi Müller (CSU): Wahrscheinlich ein Sozi!)

Diese Person schreibt:

In diesem Zusammenhang bitte ich Sie, beim Vertei-digungsminister die Einrichtung der Sanitätsakade-mie als Kompetenzzentrum und Beratungsstelle fürdie Katastrophenschutzbehörden bei Anschlägenmit biologischen und chemischen Kampfstoffen ein-zufordern. Denn zum einen hat die Sanitätsakade-mie ihren Standort in München, zum anderenkonnte die Feuerwehr München bereits beim Gift-gasanschlag in Tokio mit einer sehr guten undschnellen Beratung helfen.

Warum soll nicht die Bundeswehr, die als einzige Ein-richtung in Bayern echte Milzbrandbakterien hat, Unter-suchungen durchführen? Der Oberbürgermeister derStadt München, der mir den eben zitierten Briefgeschrieben hat, sagt zu Recht, dass die Bundeswehrzur Amtshilfe herangezogen werden muss. Sie gehörenzu den Letzten, die sich dagegen wehrten.

(Beifall bei der CSU)

Vor zwei oder drei Jahren hatten wir den Fall einesAmokschützen in Bad Reichenhall. Damals hat ein jun-ger Mann wahllos auf alles geschossen, was sichbewegte. Die örtliche Polizei wollte einen Panzer derBundeswehr, um mit dessen Hilfe unmittelbar zu demAmokschützen fahren zu können. Das war nicht möglich,weil die Amtshilfe bei der Bundeswehr massiv einge-schränkt ist. Ich erinnere an die Artikel 35 und 87a desGrundgesetzes.

Das KSK 9 ist für bestimmte Einsätze geschult. Warumsoll man dieses nicht unter der Verantwortung der Polizeieinsetzen? Dasselbe gilt für Fernmeldesysteme. Fürderartige Fälle müssen wir eine klare Rechtsgrundlageschaffen. Es wäre in einer erweiterten Auslegung desGrundgesetzes möglich, diese Möglichkeiten zuzulas-sen. Dann wäre auch das Air-Policing dabei. Manmüsste sich allerdings dann auf den übergesetzlichenNotstand berufen, damit das Grundgesetz in konkretenGefährdungslagen durchbrochen wird. Das halte ichaber für eine abenteuerliche Konstruktion. Wir müssenden Sicherheitskräften eine eindeutige Rechtsgrundlagegeben, damit man die eben beschriebenen Einsätzeermöglichen kann.

(Beifall bei der CSU)

Nun zur Rasterfahndung. Auch da will ich eine kurzeBemerkung zur Aktuellen Stunde von heute morgenmachen. Natürlich wollen wir ein weltoffenes Land seinund bei der Gewinnung von Höchstqualifizierten in deninternationalen Wettbewerb eintreten. Aber deswegenkann ich doch nicht die leisesten Bedenken dagegenhaben, dass wir uns, wenn wir Gefährdungsbilderhaben, beispielsweise mit einer Rasterfahndung umse-hen. Ich nenne nur ein Beispiel. Wenn jemand Studentder Naturwissenschaften, zum Beispiel der Biochemieist, aus einem der problematischen Länder stammt undeinen Flugschein oder einen Gefahrgutführerscheingemacht hat, da, meine ich, werde ich in Deutschlandnur wenige Leute außerhalb der SPD und der Grünenhier in diesem Hohem Hause finden, die es nicht fürerforderlich hielten, eine entsprechende Überprüfungvorzunehmen, um Gefahren zu vermeiden.

(Beifall bei der CSU und bei Abgeordneten derSPD)

Ich finde es schon ziemlich pervers, wenn Herr Hoder-lein und Herr Maget durchs Land ziehen und sagen, dieSPD sei nicht mehr der linke Haufen von früher, sondernhabe sich jetzt Herrn Schily als Listenführer ausgesucht,während Sie hier im Hohen Haus immer noch links wievor fünf oder sechs Jahren daherreden. Das müssen Siesich abschminken, sonst merkt hier noch der Letzte imLand, wie der Hase läuft.

(Zurufe der Abgeordneten Mehrlich (SPD) und FrauWerner-Muggendorfer (SPD))

Zur Änderung des Ausländerrechts. Frau Tausend-freund, zu dem, was Sie sagen, dazu habe ich einenganz konkreten Vorschlag gemacht. Das war übrigenseine gemeinsame Initiative des Landes Niedersachsenund des Landes Bayern. Niedersachsen ist bekanntlich

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kein unionsgeführtes Land. Wir haben einen konkretenAntrag eingebracht, das Ausländerrecht dahin gehendzu ändern, dass diejenigen, bei denen nachgewiesen ist,dass sie einer gewaltbereiten, islamistischen, extremisti-schen Organisation angehören, als Regelfall ausgewie-sen werden. Das betrifft die Fälle der GIA, der Hamas,der Hisbollah, des ICCB bzw. des Kalifatstaates.

Da gibt es einen Fall, den auch Frau Köhler kennt. Es istHerr Pala in Augsburg, der zwei Jahre wegen Gewaltauf-rufs im Gefängnis gesessen ist. Er hat jedes Freitagsge-bet damit beendet: Tod den Ungläubigen, Tod den Chris-ten. Eine Zeitlang hat er außerdem hinzugefügt: TodHerrn Sofu! Als dann Herr Sofu durch eiskalten Auftrags-mord umgebracht worden war, hat die Staatsanwalt-schaft endlich erklärt, diese Ausrufe seien nicht nur all-gemeine Unmutsäußerungen. Sie hat dann auch wegendes Aufrufs zu einer Straftat ermittelt. Herr Pala hat diezwei Jahre Strafe abgesessen und ist nach wie vor Mit-glied im gewaltbereiten Kalifatstaat. Sein Aufenthaltkonnte nicht beendet werden, weil im Wege der Ermes-sensausübung zu berücksichtigen war, dass er sechsoder acht Kinder hier in Deutschland hat. Deswegenkonnte er hier bleiben, obwohl er einer gewaltbereitenOrganisation angehört und kein Mensch garantierenkann, dass so jemand nicht weitere Gewaltakte plant.

(Zurufe von der CSU: Hört, hört!)

Wir wissen, dass es Leute gibt, die Gewalttaten planen.Wenn jemand eine Straftat versucht, dann kann die Poli-zei eingreifen. Aber wenn einer nur allgemein als sogenannter Schläfer sagt: Ich will mit Gewalt dieses Landzu einem islamischen Gottesstaat machen, so reicht dasnicht – Herr Hahnzog, Sie werden mir Recht geben –,

(Mehrlich (SPD): Die SPD als Schlichter!)

um den Betreffenden festzunehmen. Diese Leute, dieerklären, sie wollten mit Gewalt dieses Land zu einemislamistischen Gottesstaat machen, können wir nichtallein mit Polizei und Verfassungsschutz überwachen,sondern die müssen das Land wieder verlassen.

(Beifall bei der CSU)

Ich freue mich, dass auf meine Initiative hin das LandNiedersachsen und der Bundesinnenminister erklärthaben, dass sie diese Forderung übernehmen.

(Zuruf von der CSU. Hört, hört!)

Zum Zuwanderungsrecht: Ich begrüße es ausdrücklich,dass im Antrag der CSU darauf hingewiesen wird. Wirhaben über 30000 Islamisten bei uns. Das sind keinegewaltbereiten Islamisten, wie ich hervorheben möchte.Wir haben Gott sei Dank keinen einzigen Hinweis aufGewaltbereitschaft. Aber sie erklären immerhin, sie woll-ten auch in Deutschland einen Gottesstaat islamischerPrägung errichten, in dem es keine Trennung zwischenScharia und weltlichem Recht gibt.

Mir macht es, ehrlich gesagt, Sorge, dass hier in unse-rem Lande einige zigtausend Menschen leben, diesagen: Wir erkennen nicht an, dass wir auf dem Boden

des Grundgesetzes leben. Wir erkennen das friedlicheZusammenleben unterschiedlicher Religionen nicht an,sondern wir wollen einen islamischen Gottesstaat. Ichdenke, wir müssen ganz deutlich klarstellen: Wir wollenein Gesetz zur Begrenzung und Steuerung der Zuwan-derung, das nur demjenigen eine Chance gibt, nachDeutschland zu kommen, der bereit ist, unsere Geset-zesgrundlage eines toleranten, friedlichen Zusammenle-bens zu achten.

(Beifall bei der CSU)

Derjenige aber, der sagt, ich will hier einen islamischenGottesstaat errichten, hat in unserem Land nichts zusuchen und darf zumindest nicht hereinkommen. Wirmüssen auch sehen, dass diejenigen, die schon da sind,nach Möglichkeit wieder hinausgeschickt werden, damites bei einem toleranten, friedlichen Zusammenlebenhier im Lande bleibt.

(Beifall bei der CSU)

Ich weise nur in Klammern darauf hin, dass die Tugend-partei in der Türkei verboten ist. Der EuropäischeGerichtshof hat dieses Verbot bestätigt, aber diese Ver-einigung ist hier bei uns in Deutschland zugelassen. Siehat im vergangenen Jahr nach unbestätigten Berichteneinen dreistelligen Millionenbetrag bei uns eingesam-melt und in die Türkei überwiesen, um dort einer verbo-tenen Organisation, die auch in der Türkei einen Gottes-staat errichten will, zu helfen. Wenn man solche Gefähr-dungen nicht sehen will, dann ist man in sicherheitspoli-tischer Hinsicht blind.

(Beifall bei der CSU)

Ich bin froh – das sage ich hier ganz offen – dass ichnicht mit einigen von Ihnen in Berlin als Partner zusam-menzuarbeiten habe, sondern eher mit Herrn Schily. Ichmache mir allerdings große Sorgen, wie viel Herr Schilydurchsetzen kann. Überall liest man: Der „Otto-Katalog“wird abgespeckt. Wir dürfen nicht vergessen, dass einInnenminister in Berlin ebenso wie in München nicht anseinen Worten gemessen wird, sondern nach seinenTaten. Da ist bisher leider wenig geschehen. Wenn einProf. Gantzer sagt, Großartiges ist geleistet worden,dann reflektiert er darauf, dass ihm keiner zuhört oderihn keiner überprüft.

(Lachen der Frau Abgeordneten Radermacher(SPD))

Denn was ist bis jetzt umgesetzt worden? Im Sicher-heitspaket 1 war die Abschaffung des Religionsprivilegsenthalten entsprechend einem Antrag von mir aus demJahre 1995, dem jetzt am 05.09., also kurz vor dem11.09., von Herrn Schily zugestimmt worden ist und dervon der Bundesregierung auf den Weg gebracht wurde.Aber sonst ist im Moment noch nichts auf den Weggebracht worden. Offiziell haben wir noch keinerlei Zulei-tung bekommen.

(Zurufe von der SPD)

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Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 5327

Deswegen ist es sehr wohl gerechtfertigt und notwendig,dass der Landtag deutlich macht, was er als Anforde-rung nach Berlin formulieren will, und dass er dafürsorgt, dass das Notwendige auch durchgeführt wird. Ichbitte Sie deshalb ganz eindringlich, diesem Antrag zuzu-stimmen. Er ist dringend notwendig, damit auch dieStimme der Länder in Berlin deutlich wird und dass nichtnur das diffuse Bild aus dem Bereich der Koalitionspar-teien in Berlin die Fragen der inneren Sicherheit prägt,sondern dass auch durch unsere Unterstützung undunseren Rückenwind in Berlin unsere Sicherheit ordent-lich geregelt wird.

(Beifall bei der CSU)

Präsident Böhm: Die Aussprache ist geschlossen. Wirkommen zur Abstimmung. Diese wird auf Antrag derCSU in namentlicher Form erfolgen. Für die Stimmab-gabe sind entsprechend gekennzeichnete Urnen bereitgestellt. Die Ja-Urne ist auf der Seite der CSU-Fraktion,die Nein-Urne auf der Oppositionsseite im Bereich derEingangstüren aufgestellt. Die Urne für die Stimmenthal-tungen befindet sich auf dem Stenografentisch. Mit derStimmabgabe kann nun begonnen werden. Fünf Minu-ten stehen dafür zur Verfügung.

(Namentliche Abstimmung von 15.29 bis 15.34 Uhr)

Die Stimmabgabe ist abgeschlossen. Das Abstim-mungsergebnis wird außerhalb des Plenarsaals ermitteltund später bekannt gegeben. Wir fahren zwischenzeit-lich mit der Beratung der Dringlichkeitsanträge fort. Ichbitte Sie, zu diesem Zweck wieder die Plätze einzuneh-men.

Ich rufe auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Maget, Wer-ner-Muggendorfer und Fraktion (SPD)

Keine Terrorzellen in der Landeshauptstadt Mün-chen (Drucksache 14/7707)

Ich eröffne die Aussprache. Um das Wort hat Herr Abge-ordneter Pfaffmann gebeten. Bitte, Herr Kollege Pfaff-mann.

Pfaffmann (SPD) (vom Redner nicht autorisiert): HerrPräsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Seitder Nacht von Sonntag auf Montag plakatiert die Münch-ner CSU ein Plakat mit folgender inhaltlicher Aussage:„Terrorzellen in München. Die Stadt zahlt die Miete.Schluss mit dem Schmusekurs. Weil wir München lie-ben.“ Meine sehr verehrten Damen und Herren, das istdie niederträchtigste Aussage, die ich jemals in einerpolitischen Auseinandersetzung gesehen habe.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Ich möchte zunächst begründen, warum wir ein Wahlpla-kat zum Thema im Landtag machen. Dies muss natürlicheine Ausnahme bleiben, weil es nicht sein kann, dassirgendwelche Wahlplakate Grundlage von Debatten im

Bayerischen Landtag sind oder werden. Dieses Plakatallerdings, meine Damen und Herren, ist eine Aus-nahme, weil die CSU mit diesem Plakat behauptet, inMünchen gäbe es Terroristen, und die öffentlichenBehörden würden dies mit einem Schmusekurs tolerie-ren. Meine Damen und Herren, jeder weiß – offensicht-lich bis auf die CSU in München –, dass für solcherleiBehauptungen die Bayerische Staatsregierung zustän-dig ist, speziell das bayerische Innenministerium.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen – der bayerische Innenminister sollte bittezuhören – muss dieses Plakat zum Thema im Bayeri-schen Landtag gemacht werden.

(Beifall bei der SPD)

Man hatte den Eindruck, meine Damen und Herren,dass nach den Anschlägen in New York die politischenKräfte zusammenrücken, demokratische Parteiengemeinsame Anstrengungen unternehmen, um den Bür-gerinnen und Bürgern die Sicherheit wiederzugeben, dieam 11. September so schwer beschädigt wurde. Das istim Allgemeinen auch so. In den Debatten in den Parla-menten dieses Landes und im Deutschen Bundestagwar es bisher auch so. Seit Sonntag Nacht ist dies vor-bei. Die Münchner CSU hat die demokratische Gemein-samkeit bei der Bekämpfung des Terrorismus verlassen.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Meine Damen und Herren, der Vorwurf der CSU an dieStadt München, an die Bürgerinnen und Bürger derStadt München – es ist nicht ein Vorwurf an die rot-grüneMehrheit oder an die SPD, es ist ein Vorwurf an die Lan-deshauptstadt München –, man würde sich im Schmuse-kurs mit Terroristen befinden, ist eine infame Lüge. DieBehauptung, die Stadt München würde nicht mit denSicherheitsbehörden des Innenministeriums zusammen-arbeiten, ist eine vorsätzliche Lüge.

(Beifall bei der SPD)

Es gibt einen Brief an den Oberbürgermeister der Lan-deshauptstadt München, der die Grundlage dieses Pla-kates, nämlich die Erkenntnisse über den Münchner Ter-roristen Ben Heni, folgendermaßen kommentiert: DasBundeskriminalamt sowie der Bundesanwalt habenerklärt, es gäbe überhaupt keine Veranlassung, derStadt München irgendeinen Vorwurf zu machen bezüg-lich der Zusammenarbeit mit der Stadt München – imGegenteil: Die Landeshauptstadt München hätte hervor-ragende Arbeit geleistet und Erkenntnisse geliefert, diemaßgeblich zur Aufklärung des Vorfalls Ben Heni beige-tragen hatten, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Alle diese Tatsachen, alle diese Fakten interessiert dieCSU in München offensichtlich nicht, weil sie ein ande-res Ziel hat, meine Damen und Herren. Sie möchte nichtgemeinsam mit allen demokratischen Parteien den Ter-

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5328 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001

rorismus bekämpfen – nein, sie will aus dem schreckli-chen Anschlag in New York parteipolitischen Honig zie-hen. Das ist das Verwerfliche an dieser Plakat-Aussage.

(Beifall bei der SPD)

„Terrorzellen in München. Die Stadt zahlt die Miete.Schluss mit dem Schmusekurs. Weil wir München lie-ben.“ Meine Damen und Herren von der CSU, nein, Sielieben München nicht.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von der SPD: So ist es!)

Wie sonst könnten Sie dem Ruf der LandeshauptstadtMünchen einen so hohen Schaden zufügen, der in sei-ner Dimension noch gar nicht abgeschätzt werdenkann?

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Sie, selbstverständlich unter der Verantwortung des Lan-desvorsitzenden, schädigen den Ruf der Stadt überre-gional. Was sollen denn die Gäste, die sich derzeit inMünchen aufhalten oder später kommen, davon halten,dass die bayerische Regierungspartei CSU Terroristenin München frei herumlaufen lässt? Was soll denn dieMünchner Wirtschaft davon halten, dass der wichtigeWirtschaftsstandort München von Terroristen besetztsein soll unter Duldung der CSU-Regierungspartei?Nein, Sie schüren die Angst, meine Damen und Herrenvon der CSU, Angst in der Münchner Bevölkerung, umeiner gesichtslosen Münchner CSU zum Erfolg zu ver-helfen und politischen Honig aus dem Terroranschlag zuziehen.

Ich möchte aus dem Brief eines Bürgers an die „tz“ zitie-ren:

Hat die CSU denn jegliche Vernunft verloren? Die-ses Plakat ist absolut lächerlich, aber schlimmernoch, absolut volksverhetzend. Hier wird öffentlichmit der Angst der Menschen gespielt. Alle redenzurzeit von Trittbrettfahrern. Wolf ist der aller-schlimmste davon.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, dieser Bürger hat Recht. Inte-ressant ist auch, dass die Münchner CSU damit einenFrontalangriff auf das bayerische Innenministerium fährt.Dieses Plakat muss auch unter diesem Aspekt gesehenwerden. Was steht denn auf diesem Plakat? Nehmen wireinmal an, die Münchner CSU wäre ernst zu nehmenund man würde eine Aussage, die sie plakatiert, für bareMünze nehmen. Herr Innenminister, in diesem Fallestünde auf dem Plakat, dass es in der bayerischen Lan-deshauptstadt rund um die Staatskanzlei und das Innen-ministerium des Freistaates Terrorgruppen oder Terror-zellen gibt. Man beachte hier die Mehrzahl: Terrorzellen.

Die Stadt München wäre also ein Hort von Terrorzellen.Diese Terrorgruppen, bestehend aus mehreren Perso-nen, würden in Bayern, ungehindert von Polizei, Landes-kriminalamt und dem bayerischen Verfassungsschutz,

ihr Handwerk ausüben und dazu noch öffentlich geför-dert werden. Ich möchte nicht in der Haut des Innenmi-nisters stecken, der mit einem solchen Vorwurf von dereigenen Partei konfrontiert wird. Herr Innenminister, Siemüssen Auskunft darüber geben, ob diese angeblichenTerrorzellen in München beobachtet werden. Sie müs-sen Auskunft geben, warum sie nicht überführt werden,obwohl gesagt wurde, dass es sie in München gibt.

Warum lässt man diese Gruppen in München ihremschrecklichen Handwerk nachgehen und auch noch dieMiete kassieren? Wofür haben wir eigentlich ein Landes-kriminalamt, Polizeibehörden und den bayerischen Ver-fassungsschutz? Die CSU behauptet, dass die Regie-rung wisse, dass es in München Terrorzellen gäbe undseit Monaten nichts dagegen tue. Seit der Plakatierungam letzten Montag wurde kein einziges Mitglied dieserTerrorzellen festgenommen. Warum nicht, Herr Innenmi-nister?

(Beifall bei der SPD)

Wollen Sie diese Terrorzellen, die es nach Aussage Ihrereigenen Partei rund um die Staatskanzlei gibt, einfachweiterarbeiten lassen? So sähe die Realität aus, wennman die Plakate der Münchner CSU ernst nähme. DieMünchner CSU war gestern in einer Debatte des Stadt-rates nicht bereit, dieses Plakat zu verurteilen, es abzu-hängen und sich bei der Bevölkerung der Landeshaupt-stadt und bei den Bürgern zu entschuldigen. Ich meinedeshalb, dass jetzt die Parteispitze Bayerns eingreifenmuss. Meine Damen und Herren, wir erwarten zu die-sem verleumderischen Plakat ein Machtwort des Lan-desvorsitzenden der CSU.

(Beifall bei der SPD)

Wenn der bayerische Ministerpräsident oder zumindestder bayerische Innenminister kein solches Machtwortspricht, machen sie sich für die Aussagen auf diesemPlakat mitverantwortlich. Dann wird dieses Plakat zueinem Plakat der bayerischen CDU.

(Zuruf von der CSU: CSU!)

– Ich bedanke mich für den freundlichen Hinweis.

(Zuruf von der CSU: Üben!)

– Meine Damen und Herren, bevor Sie sich echauffieren,sorgen Sie dafür, dass dieses Plakat abgehängt wird.Das wäre wichtiger, als hier über den Versprecher einesLandtagskollegen zu lachen.

(Beifall bei der SPD)

Sorgen Sie dafür, dass dieses Plakat verschwindet, undentschuldigen Sie sich bei der Bevölkerung der Landes-hauptstadt und bei den Bürgern dieses Landes für die-sen verleumderischen Vorwurf.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

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Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 5329

Sehen Sie sich außerdem einmal die Kommentare an,die heute in der Presse zu finden sind. Sie können dortviele Artikel lesen, die Sie zum Nachdenken zwingenwerden. Ich schließe mich dem Kommentar der „Süd-deutschen Zeitung“ an.

(Gabsteiger (CSU): Wen wundert‚s?)

Dort steht, diese Aussage auf dem CSU-Plakat sei nie-derträchtig und absurd.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, dem ist nichts hinzuzufügen.Die heutige Debatte um Sicherheit wäre ein Hohn, wennes zugelassen würde, dass öffentlich solche Aussagengemacht und solche Plakate aufgehängt würden. MeineDamen und Herren, es geht nicht, dass Sie hier im Par-lament den großen Sicherheitssheriff spielen und in derLandeshauptstadt plakatieren, dass es dort Terrorzellengäbe und dagegen nichts getan werde.

(Beifall bei der SPD)

Aus diesem Grunde erwarten wir eine Klarstellung vonden Kolleginnen und Kollegen der CSU. Ich habe gehört,dass es innerhalb der CSU durchaus kritische Stimmenzu diesem Plakat gibt. Wenn sich die CSU-Führung nichtdazu hinreißen lässt, ein Machtwort zu sprechen unddiese Aussage zu kommentieren, erwarten wir wenigs-tens von denen, die glauben, dass dieses Plakat ver-kehrt ist, eine deutliche Aussage. Andernfalls wäre dasIhr Plakat; das Plakat jedes einzelnen Abgeordneten derCSU. Meine Damen und Herren, ich bitte um Zustim-mung zu unserem Dringlichkeitsantrag. Damit klar wird,welche Punkte von Ihnen mitgetragen werden, bitte ichden Herrn Präsidenten, punktweise abstimmen zu las-sen.

(Beifall bei der SPD)

Präsident Böhm: Ich gebe jetzt das Abstimmungser-gebnis der namentlichen Abstimmung zum Dringlich-keitsantrag der CSU-Fraktion betreffend „Maßnahmendes Bundes für eine verantwortungsvolle Sicherheitspo-litik einfordern“ auf der Drucksache 14/7706 bekannt. MitJa haben 92, mit Nein 57 Kolleginnen und Kollegengestimmt. Ein Kollege bzw. eine Kollegin hat sich derStimme enthalten. Damit ist der Dringlichkeitsantragangenommen.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 2)

Nun hat Herr Staatsminister Dr. Beckstein ums Wortgebeten.

Staatsminister Dr. Beckstein (Innenministerium): HerrPräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe umsWort gebeten, um in der Sache eine Richtigstellung zumachen, weil dies für die weitere Diskussion wichtig ist.Herr Kollege Pfaffmann, ich lasse es nicht zu, dass Sieden Eindruck erwecken, bayerische Sicherheitsbehör-den seien hier in irgendeiner Weise beteiligt. Sie wissenganz genau – weil Sie es hier zitiert haben –, dass das

Ermittlungsverfahren ein Ermittlungsverfahren desGeneralbundesanwalts ist und dieser das Ermittlungs-verfahren dem Bundeskriminalamt übertragen hat.

(Frau Radermacher (SPD): Warum wird das dannplakatiert?)

Insoweit ist es eine fiese Art und Weise, den Eindruck zuerwecken, dass sich dieses Plakat gegen bayerischeSicherheitsbehörden richten würde.

(Beifall bei der CSU)

Auf die weiteren Fragen werde ich zu einem späterenZeitpunkt eingehen. Es muss jedoch klar sein, dass eshier um ein Ermittlungsverfahren des Generalbundesan-walts geht, an dem bayerische Sicherheitsbehördennicht unmittelbar beteiligt sind.

(Beifall bei der CSU – Frau Werner-Muggendorfer(SPD): Das wissen die bayerischen Behörden garnicht? Das ist ja interessant!)

Präsident Böhm: Ich erteile Herrn Kollegen Glück dasWort.

Glück (CSU): Herr Präsident, meine Damen und Herren!Herr Kollege Haedke wird später noch zu inhaltlichenFragen, die im Hintergrund gestellt wurden, Stellungnehmen. Drei Bemerkungen zu einigen Fragen, die sichin München sehr wohl stellen: Erstens sind die lokaleWahlkampfführung und die Gestaltung eines Plakateskeine Themen, die der Beurteilung im BayerischenLandtag unterliegen.

(Beifall bei der CSU)

Wir haben zu keinem Zeitpunkt Internetseiten der Jusosoder andere Aktivitäten der SPD zum Gegenstand einerBeschlussfassung im Bayerischen Landtag gemacht.

(Beifall bei der CSU – Zurufe von der SPD)

Zweitens liegt die Verantwortung für Plakate und für dieWahlkampfführung auf der jeweiligen Ebene der Partei.Die CSU-Landtagsfraktion begrüßt die Entscheidung derVerantwortlichen in der Führung des BezirksverbandesMünchen ausdrücklich, dieses Plakat im Wahlkampfnicht mehr einzusetzen.

(Beifall bei der CSU)

Die dieser Entscheidung zugrunde liegende Bewertung,dass dieses Plakat wohl nicht geeignet ist, eine solcheinhaltliche Auseinandersetzung zu führen, entsprichtauch unserem Meinungsbild.

Drittens haben weder die Münchener CSU noch die CSUinsgesamt von Ihnen eine Belehrung über Engagementin Fragen der Sicherheit und der Bekämpfung des Terro-rismus notwendig.

(Beifall bei der CSU)

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5330 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001

Die CSU hat ebenso wenig in Bezug auf ihre Liebe undihr Engagement für diese Stadt einen Nachholbedarfoder eine Belehrung notwendig.

(Beifall bei der CSU – Zuruf von der SPD: Scheinbarschon!)

Präsident Böhm: Das Wort hat jetzt Frau KolleginSchopper.

Frau Schopper (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (von derRednerin nicht autorisiert): Herr Präsident, sehr geehrteDamen und Herren! Herr Kollege Glück, ich hätte mirvon Ihnen als moralische Instanz der CSU, da Sie inIhrem Umgang und in Ihrer Arbeitsweise stets sehr vielMoral einfordern, deutlichere Worte erwartet.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und beider SPD)

Nochmals zum Sachverhalt; denn nach Verlassen desLandtags sehen wir auf der linken und auf der rechtenStraßenseite das Plakat, das zeigt, dass der Wolfkommt.

(Glück (CSU): Aber das Plakat ist gut!)

Ich persönlich finde – da sind wir wohl alle derselbenpolitischen Einschätzung, auch wenn Sie es nicht offiziellzugeben dürfen –, dass wir daran den Tiefstand der poli-tischen Kultur lesen können, dass es in München Terror-zellen gibt, dass die Stadt die Miete zahlt und dass mitdem Schmusekurs Schluss sein müsste. Die CSU Mün-chen sah wohl die Chance, dass mit der Festnahme desTerroristen Lasid Ben Heni Morgenluft gewittert werdensollte, um aus der gruftigen Niederung der 13-prozenti-gen Prognose für den OB-Kandidaten Wolf auf der nachunten offenen Zustimmungsskala mehr Nektar undHonig zu saugen.

Mit diesem Plakat wollten Sie mehr oder weniger im Vor-beigehen einen zweiten Punkt erledigen und dazu aus-holen, Sozialhilfeempfänger zu diffamieren. Sie deutenan, dass sich der festgenommene mutmaßliche Terroristauf Kosten der Stadt einen schönen Lenz gemacht habe.Er hätte reisen können, er wäre in Italien und Pakistangewesen, er sei umhergefahren. In der gestrigen Stadt-ratsdebatte wurde sogar behauptet, er hätte einen Mittel-klassewagen gefahren. Sie wollen alle diese Behauptun-gen mehr oder weniger darauf begründen, dass LasidBen Heni von der Stadt München Sozialhilfe bekommenhat. Ich möchte das vorhalten, weil Herr Kollege Haedkefür die CSU-Fraktion wohl die Frage erledigen soll, wiesich der Rechtsstatus des Verhafteten genauer bestimmthatte. Der Verhaftete hatte ein sogenanntes kleines Asyl,die Voraussetzung für ein normales Asyl. Er hatte damiteine Aufenthaltsbefugnis mit den üblichen Regelungender Freizügigkeit. Dieses Asyl hatte er in Aachen erhal-ten. 1996, als er erstmals in München auftauchte, ist er,ausgestattet mit einer Fahrkarte, nach Aachen zurück-geschickt worden. Er hat seinen Wohnsitz nach Mün-chen verlegt und war zwischen 1998 und 2001 in Mün-chen öfter wegen Sozialhilfe vorstellig.

Ich darf, auch für die Münchener Kollegen, die in dieseSpezialitäten weniger eingeweiht waren, wiederholen,dass er in diesem Zeitraum eineinhalb Jahre vom Sozial-amt keine Leistungen bekommen hat. Genau in dieserZeit war er in Italien und in Pakistan. Ansonsten sind denMünchener Sozialbehörden keine weiteren Reisenbekannt. Sie müssen sich bezüglich Ihrer Vorurteilegenerell an der Nase fassen; denn Sie wollen den Ein-druck erwecken, dass Sozialhilfeempfänger Sozial-schmarotzer seien und dass die Münchener Sozialver-waltung schlampig gearbeitet hätte. Sie wollen in IhremWahlkampf vor allem darauf abzielen, dass insbeson-dere bei Rot-Grün die Schläfer in der Sozialverwaltungsitzen. Sie suggerieren und senden die Botschaft aus,dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – politischgedeckt – Terroristen Unterschlupf gewährten und dassUsama bin Ladin hier mehr oder weniger eine Außen-stelle eingerichtet hätte.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich sehe mir sehr genau an, wer heute anwesend ist.Von insgesamt elf Münchner Landtagsabgeordnetensind vier Abgeordnete anwesend. Das kollektive Kopf-senken in Ihren Reihen scheint mir ein Indiz dafür zusein, dass Sie sich in gewisser Weise schämen.

(Willi Müller (CSU): Vier Abgeordnete sind auf jedenFall da!)

Ich unterstelle Ihnen zu Ihren Gunsten, dass Sie sichdafür schämen, dass von Ihren Parteikollegen eine Diffa-mierung und Lügenkampagne ausgeht. Mir reicht dieErklärung von Innenminister Dr. Beckstein darüber, wiesich die Zusammenarbeit gestaltet hat, noch nicht aus.Im Gegenzug könnte man argumentieren – das würdenwir aber niemals sagen –, dass Sie als zuständigeroberster Dienstherr der Bayerischen Polizei an derGrenze hätten persönlich auftauchen müssen, wenn derTerrorist nach Italien und Pakistan aus- und wieder ein-reist. Wir fragen nicht: Wo waren Sie? Wir kennen dieZusammenhänge und wissen, dass es eine gedeihliche,problemlose, zielgerichtete und gute Zusammenarbeitgab. Ich glaube, dass es diese Zusammenarbeit nichtnur mit den Bundesbehörden, sondern auch mit denLandesbehörden gab. Diese kann man zum Schutz derMitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht öffentlich darle-gen. Ich jedoch würde dazu von Ihrer Seite gern ein klä-rendes Wort hören.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte das Thema nicht allein auf Herrn Wolf kapri-zieren; die Pressemeldungen, die auch von der CSUMünchen abgesetzt wurden, vermuten nur die Spitzedes Eisbergs grüner Regierungspraxis. Mit solch einemVerhalten will man suggerieren, dass auch in Müncheneiniges schlimm steht, aber nicht nur in München. Damitschüren Sie Ausländerfeindlichkeit. In diesem Fall istIhnen kein Mittel zu geschmacklos.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Glück, ich erwarte schon, dass Sie mit derÜberlegung, dass bad news auch good news bedeuten,

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Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 5331

Ihre politische Kultur bedenken. Ob dort eine politischeStilfrage berührt ist oder nicht, ist egal. Es fällt auf, dassSie immer dann, wenn Sie politische Schwächen zeigen,zu solchen Mitteln greifen. Das Laurenz-Meyer-Plakat,im Grunde ein Steckbrief von Bundeskanzler Schröder,ist eine ähnliche Deformierung auf gleichem Niveau. Siemüssen sich schon fragen, ob es Ihnen an der inhaltli-chen Auseinandersetzung fehlt, dass Sie zu solchen Mit-teln greifen müssen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, Sie kennen alle das Kinder-spiel „Wer hat Angst vor dem bösen Wolf“. Normaler-weise schallt es aus den Mündern: Niemand! Hier aberschallt aus allen Mündern: Die Münchner CSU! Wir wis-sen, dass Sie gewisse Rotweinbedürfnisse hatten, alsSie nachgeschaut haben, ob Sie doch noch einen ande-ren Kandidaten herbeibringen könnten. Was der Steffelfür Berlin war, wird der Wolf für Sie hier in München sein.

(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN)

Ihrem Geschäft mit der Angst, Verhetzung und Diskrimi-nierung muss man eine klare Absage erteilen. Daserwarte ich auch von Ihnen, und ich appelliere an Sie alsaufrechte Demokraten, an Ihre politische Grundfestig-keit; denn es darf nicht angehen, dass Behörden, Mitar-beiter und politisch Verantwortliche der Landeshaupt-stadt München auf diese Art und Weise an den Prangergestellt werden.

Zum Schluss postuliert die CSU auch noch „Schluss mitdem Schmusekurs“. Ich würde mir sehr wünschen, dassSie sich auch von dieser indirekten Behauptung distan-zieren, dass die Landeshauptsadt München und derFreistaat Bayern einen solchen Schmusekurs toleriertenoder diesen gar führten. Schluss mit dem Schmusekurswürde ich Ihnen auch in einem anderen Zusammenhangnahe legen. Wer möchte denn momentan mit Ihnenüberhaupt schmusen?

(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN undbei der SPD)

Wir könnten dem Herrn Kandidaten Wolf vielleicht beiviel gutem Willen etwas Mundgeruch attestieren. Wennich es mir richtig überlege, stillen Sie mit diesem Schmu-sekurs momentan nur die Kussbedürfnisse der Republi-kaner und der NPD.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und beiAbgeordneten der SPD)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat HerrHaedke.

(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dernächste Wolf! – Frau Kellner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der Juniorwolf!)

Haedke (CSU) (vom Redner nicht autorisiert): Frau Prä-sidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kolle-gen! Die Intention der Opposition in diesem Hause, Pla-

kate demokratischer Parteien zu diskutieren, ist nicht inOrdnung.

(Lachen bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Parlament ist nicht der richtige Ort, um Plakate zudiskutieren. Es ist auch nicht der richtige Ort, um Wahl-kampf oder gar Kommunalwahlkampf zu führen. Dasmöchte ich in aller Deutlichkeit hierzu sagen. Die Diskus-sion über Plakate in einem Parlament widersprichtjedem demokratischen Verständnis. Über Plakate kannman nicht mit Parlamentsmehrheiten abstimmen. Pla-kate müssen von demokratischen Parteien benützt wer-den dürfen, und man muss auch richtig damit umgehen.Man kann nicht in Parlamenten darüber abstimmen. Dasmöchte ich auch insbesondere im Zusammenhang mitden Plakaten der Jusos erwähnen, mit denen beispiels-weise Staatsminister Dr. Beckstein und auch der Minis-terpräsident als Nazis diffamiert wurden.

(Dr. Bernhard (CSU): Da haben Sie sich aber nichtso aufgeregt wie heute!)

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, wer im Glas-haus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen. Das sollten Siesich an dieser Stelle einmal merken.

(Lebhafter Beifall bei der CSU)

Mit Ihren Anträgen versuchen Sie, einen Persilschein fürdie Handlungen der Stadt ausgestellt zu bekommen.

Dazu möchte ich ganz kurz Geschehenes und Aktuellesdarlegen. Kollege Glück hat es bereits dargestellt. Esgeht darum, dass hier auch zur Sache gesprochen wird.Es geht um die Praktiken des Sozialamtes in München,welches beispielsweise im Jahre 1997 eine Dienstan-weisung herausgegeben hat. Darin untersagte der Chefdes Sozialreferates seinen Mitarbeitern grundsätzlichdie Weitergabe von Daten von per Haftbefehl gesuchtenStraftätern und Verdächtigen an Justiz und Polizei.

(Hört! Hört! bei der CSU)

Wörtlich hieß es in der Dienstanweisung:

Wird die Polizei dennoch informiert, droht dem Infor-manten Freiheitsstrafe oder Geldstrafe.

Täterschutz vor Opferschutz war hier die Devise, und dieReferatsleitung fand es nicht nur in Ordnung, sondernsie hat es sogar angeordnet. Hier fehlt es am richtigenDenken. Es kann nicht angehen, dass hiergegen nurnoch die Rechtsaufsicht oder die Staatsanwaltschaft ein-schreiten. Sogar der Staatsanwalt hat in dieser Sacheermittelt, nämlich wegen des Verdachts der Strafvereite-lung im Amt. Nur so ist man dem Ganzen Herr gewor-den. Es gab deswegen eine Gesetzesänderung. Es istunglaublich, wie in diesem Sozialreferat gehandelt wird.Das muss in diesem Zusammenhang auch einmalgesagt werden.

(Beifall bei der CSU – Dr. Hahnzog (SPD): Wer istdenn gerügt worden? Das Staatsministerium!)

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Meine liebe Kolleginnen und Kollegen, in dem berühm-ten Fall Mehmet hat sich genau dieses Sozialreferatgeweigert, die Akte an das Innenministerium herauszu-geben. Ich frage Sie: In welchem Staat leben wir eigent-lich? Was für eine Dienstauffassung liegt vor, wenn einer62 Straftaten begeht und dieses Amt sich weigert, dieDaten an das Innenministerium herauszugeben? Daskann doch nicht wahr sein!

(Lebhafter Beifall bei der CSU)

Darum geht es in der Sache. Hier ist an dem Systemetwas falsch. Offensichtlich hat sich an der Haltung die-ser Sozialbehörde grundsätzlich nichts geändert.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Kollege,gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Pfaffmann?

Haedke (CSU): Lassen Sie mich meine Ausführungenweitermachen. Vielleicht verstehen Sie es dann auch.

(Widerspruch bei der SPD und beim BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es muss aktuell auf denganz offensichtlichen Sozialmissbrauch in dem neuenFall reagiert werden, statt über Plakate zu diskutieren.Darüber sollte man eigentlich reden. Sie führen heutewiederum nur eine Debatte, um von Ihren Versäumnis-sen in der Landeshauptstadt abzulenken. Sie wollen daskaschieren. Das eigentliche Problem ist der Sozialmiss-brauch und die fehlende Reaktion der Landeshauptstadtdarauf. Wer redet eigentlich darüber, was wirklich pas-siert ist?

(Volkmann (SPD): Das ist eine Unverschämtheit,was Sie da sagen!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte auch einmaldarlegen, welche Informationen täglich scheibchenweiseherauskommen.

(Volkmann (SPD): Reden Sie keinen solchenSchmarrn!)

Der lybische Terrorist Lasid Ben Heni bezog in München– das muss man sich einmal anhören –, 17000 DM vomSozialamt. Er bekam trotz zahlreicher Reisen nach Ita-lien und einer Flugreise in die Türkei immer weiter Sozi-alhilfe. Er reiste nach Pakistan, und kurz nachdem erzurückkam, bekam er gleich wieder Sozialhilfe. Währendder anderen Reisen wurde ihm die Sozialhilfe überhauptnicht gestrichen. Er bekam Kleidergeld, und er bekam,nachdem er kurz vor Weihnachten zurückkam, auchnoch Weihnachtsgeld. Unmittelbar nach seiner Rück-kehr quartierte er sich im nächstbesten Münchner Kran-kenhaus ein und verlangte sogar noch ein Einzelzimmer.Das war das einzige Mal, dass von Seiten der Stadtetwas verweigert wurde. Ein Einzelzimmer wurde ihmverweigert, alles andere wurde ihm genehmigt undbezahlt. Über die Kosten des Krankenhausaufenthaltesstreiten sich heute noch Arbeitsamt und Sozialamt. Dasist doch kein Zustand. Statt hier eine Show-Debatte zuführen, sollten Sie sich lieber über Ihre internen Dinge

unterhalten und sich einmal über Sozialhilfecontrolling inIhren Behörden Gedanken machen. Das ist der richtigeWeg. Wir brauchen Veränderungen und Verbesserun-gen zur Abschaffung des Sozialmissbrauchs. Wir brau-chen Veränderungen in der Tätigkeit dieser MünchnerBehörde, wo offensichtlich nur mehr Schlendrianherrscht und wo offensichtlich aus der Vergangenheitnichts gelernt wird. Hier brauchen wir Veränderungen.

(Lebhafter Beifall bei der CSU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich hoffe, dassdas Münchner Sozialamt künftig eine bessere Dienstauf-fassung hat und dass die SPD in diesem Hause nichtmehr nur Kommunalwahlkampf betreiben will. Es kannnicht sein, dass hier nur mehr Kommunalwahlkampfbetrieben wird, sonst können wir gleich jeden Kommu-nalwahlkampf und jeden Landratswahlkampf im Landehier austragen. Das macht überhaupt keinen Sinn. Ichkann Ihnen auch gleich sagen, was eine Abstimmungüber Plakate in diesem Hause zur Folge hätte. Sie dür-fen dann überhaupt keine Plakate mehr aufstellen. Daswiderspricht aber genau der demokratischen Einstel-lung, die wir haben. Deswegen muss dieser Antrag intoto abgelehnt werden.

(Beifall bei der CSU)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat HerrKollege Memmel.

Memmel (SPD) (vom Redner nicht autorisiert): FrauPräsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Ich möchtezuerst Herrn Staatsminister Dr. Beckstein ansprechen.Er hat darauf hingewiesen, dass die Zuständigkeit fürdiesen Vorgang beim Generalbundesanwalt und nichtbei den städtischen Behörden liegt. Herr Staatsminister,ich verstehe Sie nicht; denn damit unterstellen Sie indi-rekt, dass der Inhalt des Plakates gegebenenfallsgerechtfertigt wäre. Jedenfalls entsteht dieser Eindruck,wenn Sie sagen, Sie seien nicht damit befasst. StellenSie sich einmal vor, es würde irgendjemand auf denGedanken kommen, ein Plakat zu kleben, auf dem steht:In Bayern gibt es Terrorzellen, und der Freistaat Bayernlässt sie gewähren, oder Beckstein lässt dies zu.

(Dr. Bernhard (CSU): „Beckstein ist ein Nazi“ – Wieschaut es denn damit aus?)

– Kein Mensch denkt daran, ein solches Plakat zu ent-werfen. Aber genau das wäre das Gleiche in umgekehr-tem Sinne.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen – –

(Dr. Bernhard (CSU): Wenn, dann muss man aufbeiden Seiten die gleichen Maßstäbe anlegen! –Weitere Zurufe von der CSU)

– Herr Dr. Bernhard, ich habe gedacht, dass man in die-sem Hause anders reden und anders als im MünchnerRathaus zu Gemeinsamkeiten kommen könnte. Ich sagegleich etwas dazu.

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Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 5333

Kollege Haedke spricht einen Vorgang von 1997 an. Von1997!

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Kollege,gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Memmel (SPD): Nein, ich mache es wie KollegeHaedke.

Es ist sehr bestürzend, dass Sie ein Beispiel von 1997holen müssen, um das jetzige Plakat zu rechtfertigen.Damals war es die Rechtslage der Regierung Kohl. Eswaren Bundesgesetz und Datenschutz, die damals zuder Situation geführt haben.

(Haedke (CSU): Wenn Sie das heute noch sagen,haben Sie gar nichts gelernt!)

In einem schwierigen Verfahren – ich möchte eigentlichgar nicht so viel über München sagen – zwischen demSozialreferat und Ihrem damaligen Kollegen Dr. Uhl –fragen Sie ihn – wurde das geklärt und eine einvernehm-lich Lösung gefunden. Wo bleibt denn die Rechtsauf-sichtsbehörde, die die Stadt bei einem solchen Handelnkritisieren würde? – Das war nicht der Fall.

(Haedke (CSU): Die ist eingeschritten!)

Meine Kolleginnen und Kollegen, wir hatten einenMünchner Oberbürgermeister, der auch einmal Land-tagskollege und Staatssekretär im Innenministerium war– Sie wissen, wen ich meine, nämlich Erich Kiesel –, undder gesagt hat: „Wir sind nicht Hinterpfuideifi.“ Ich sageIhnen eines: München ist auch nicht Hinterpfuideifi. Aberdie CSU München ist auf dem besten Weg dorthin.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Ich dachte, wir bekämen eine andere Diskussion, weilich weiß, meine sehr verehrten Damen und Herren vonder CSU, dass Sie derzeit nicht sehr viel Freude mitIhren Parteifreunden in München haben. Das kann malvorkommen.

(Zuruf des Abgeordneten Gabsteiger (CSU) – Jetz(CSU): Ihr habt mit Schily auch nicht viel Freude!)

Sie müssen bei einem solchen Vorgang keine Versuchemachen, dies zu rechtfertigen. Es geht um das Plakatund die Auseinandersetzung von demokratischen Par-teien. Der Inhalt des Plakates besagt nichts anderes, alsdass die Stadt diskriminiert wird, dass die Polizei diskri-miniert wird und dass die bayerischen Sicherheitsbehör-den diskriminiert werden, weil sie es angeblich zulassenwürden, dass solche Zellen in München arbeiten.

Am Montag erhielt ich einen Anruf von einem Hotelier,der in fast atemloser Bestürzung mitgeteilt hat, dass vorseinem Haus ein solches Plakat geklebt werde, undfragte, und ob er dies wegnehmen dürfe, weil sichbereits Gäste beschwert hätten. Ich kannte das Plakatbis dahin nicht, fuhr zum nächsten Plakatständer undsah nur, dass jemand durch Papier springt.

(Lachen bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Als ich das Plakat gesehen habe, war mir klar, dass nichtnur die Hoteliers, sondern auch der Einzelhandel, dieTaxifahrer und andere Befürchtungen haben, dass Mün-chen als weltoffene Stadt, die Touristen, Geschäftsleute,Kongressteilnehmer und viele andere anzieht, die Bot-schaft vermitteln könnte, in München gebe es Terroris-tenzellen, die von uns unterstützt würden – und unterdem Ganzen steht CSU. Schlimm ist, dass es die soge-nannte staatstragende Partei ist, die so etwas attestiert.Ich meine, Sie sollten sich zumindest inhaltlich von IhrenMünchner Freunden trennen.

Sie haben heute alle in Ihren Fächern eine Hausmittei-lung gefunden. Diese lautet: „Verhalten bei verdächtigenSendungen.“ Es heißt dort, bisher sei nicht bekannt,dass in Bayern Anschläge geplant seien. „In allen Fällenhandelt es sich um Trittbrettfahrer.“ Es wird also festge-stellt, dass es Trittbrettfahrer gibt, die durch das Verschi-cken von Briefen mit Puder oder Zucker Angst machenwollen. Was soll das Plakat? – Es macht Angst, meinesehr verehrten Damen und Herren. Darüber müssen Siesich klar sein.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Als Kollege Podiuk von uns in einer sachlich geführtenDebatte

(Lachen von Dr. Bernhard (CSU))

eindringlich aufgefordert worden ist zu sagen, wie es zudem Plakat hatte kommen können, teilte er mit, wasInnenminister Schily mit Staatsminister Beckstein zu derFrage sagen, ob es weitere Schläfer gibt: „Beide sagen,es gibt 32000 in Deutschland, und 3000 dieser Extremis-ten werden in Bayern vermutet, die nicht alle Schläfer zusein brauchen. Ich gehe davon aus, dass in den Bal-lungszentren wie München sich mindestens einige Hun-dert befinden.“ Er meint also, weil der bayerische Innen-minister sagt, dass es in Bayern vermutlich Schläfergebe, kann er in München plakatieren, dass es in Mün-chen Terroristen gibt, denen die Miete bezahlt wird.

Meine Damen und Herren, wenn wir als DemokratenÄngste erzeugen und zulassen, dass dem nicht wider-sprochen wird, verstehe ich die Welt nicht mehr. DieCSU hat gestern abgelehnt, das Plakat zu überklebenoder abzunehmen. Unser Appell, sich zu entschuldigen,wurde gemeinsam mit den Republikanern zurückgewie-sen. Die CSU will die Plakate nicht abnehmen.

(Zurufe von der SPD)

Nun, meine Damen und Herren, habe ich eine Mitteilungerhalten. Der Fraktionsvorsitzende der CSU hat bereitsangekündigt, dass das Plakat nicht mehr geklebt wird.Ein CSU-Sprecher erklärte am Donnerstag, die Parteiwerde neue Wahlkampfplakate zum Thema innereSicherheit aufstellen. Das Plakat mit der Aufschrift „Ter-rorzellen in München – und die Stadt zahlt die Miete“habe der Oberbürgermeister bereits kritisiert.

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5334 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001

Ich bin froh darüber, dass wir einen Teil der öffentlichenDiskussion beenden können. Es ist aber schlimm, dassdiese Reaktion nicht wegen besserer Einsicht kommtund nicht wegen der Argumente, die von einem großengesellschaftlichen Bündnis von Wirtschaftsleuten,Gewerkschaften, Hoteliers, Taxifahrern und Verkäuferin-nen kommen, die Angst haben, dass etwas passierenkönnte. Nein, nicht bessere Einsicht war es, sondern eswar der Dringlichkeitsantrag, den wir heute gestellthaben. Sie haben eine Viertelstunde davor Ihren Textabgesetzt, was auf Druck der Öffentlichkeit hin geschah.Das ist schlimm. Ich danke all denen, die daran mitge-wirkt haben, dass dieses Plakat verschwindet.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat HerrWelnhofer.

Welnhofer (CSU): Frau Präsidentin, Hohes Haus! Ichwiederhole nochmal, was unser Fraktionsvorsitzenderschon eingangs zur Klarstellung gesagt hat. Die Münch-ner CSU hat mit ihrer Erklärung, dieses Plakat nichtmehr zu verwenden, nach Auffassung der CSU-Land-tagsfraktion eine richtige Entscheidung getroffen.

(Wahnschaffe (SPD): Eine notwendige!)

Wenn das so ist, meine sehr verehrten Damen und Her-ren, dann ist eigentlich Ihrem Antrag der Boden entzo-gen, und Sie könnten ihn zurücknehmen.

(Lachen bei der SPD)

– Nun ja, diese Uneinsichtigkeit habe ich befürchtet.

(Beifall und Heiterkeit bei der CSU – Lachen bei derSPD)

Na ja, also bitte, so abwegig, wie Sie tun, ist das, was ichhier sage, nun auch wieder nicht. Sie wenden sich gegenein Plakat. Dem Petitum wird entsprochen. Aber derAntrag bleibt aufrechterhalten.

(Zurufe von der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, jedenfalls istjetzt eines klar: Es geht um eine Wahlkampfmaßnahmeder Münchner CSU, nicht um Rechtsaufsicht, nicht uminnere Sicherheit oder all das. Es geht um eine Wahl-kampfmaßnahme der Münchner CSU. Das zeigt sowohlin besonderer Weise Ziffer 3 des Antrags, des weiterendie Antragsbegründung, und schließlich und endlich zei-gen das auch die Debattenbeiträge, die wir soebengehört haben. Weil das so ist, widersprechen wir auchseitens der CSU-Fraktion dem Antrag des KollegenPfaffmann, über den Antrag in Abschnitten abzustim-men. Wir widersprechen diesem Antrag, und ich bitteFrau Präsidentin Riess, nach § 131 unserer Geschäfts-ordnung über den Widerspruch abstimmen zu lassen,bevor wir zur Sachentscheidung kommen.

Ich gestehe ausdrücklich zu, dass auch die Landes-hauptstadt München – ich gehe ganz einfach davon aus– darum bemüht ist und sich zum Ziel gesetzt hat, die Bil-dung von Terrorzellen zu verhindern. Das darf aber nichtdazu führen, dass nicht mehr darüber diskutiert werdendarf, ob die dafür notwendigen Maßnahmen so, wie siegetroffen werden, auch immer die richtigen sind. Ichsage das jetzt unabhängig von der Diskussion über dasPlakat.

(Beifall bei der CSU)

Bei dem Plakat geht es um das Führen eines Wahlkamp-fes und um eine Wahlkampfmaßnahme. Von daher habeich erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken, ob die-ser Antrag hier überhaupt in rechtlich zulässiger Weisebehandelt werden kann, denn das Führen und Gestaltenvon Wahlkämpfen ist allein Sache der politischen Par-teien. Die Staatsorgane haben sich gegenüber Wahl-kampfmaßnahmen der Parteien neutral zu verhalten.

(Widerspruch bei der SPD)

– Das ist doch eine Selbstverständlichkeit. Es ist vorallem nicht Sache des Landtages, mit Beschlüssenunmittelbar in den Kommunalwahlkampf der politischenParteien einzugreifen.

(Widerspruch bei der SPD)

Etwas ganz anderes ist es, dass man sich in Debatten-beiträgen zu solchen Maßnahmen äußern kann. Es istauch etwas anderes, wenn man die Politik der Bundes-regierung oder auch der Staatsregierung mit Beschlüs-sen, denen Anträge vorausgehen, kritisiert. Was aber dieeinzelne politische Partei im Wahlkampf unternimmt,entzieht sich der parlamentarischen Kontrolle und ent-zieht sich der Kontrolle von Amtsträgern.

(Dr. Schuhmann (SPD): Im Normalfall!)

Das entzieht sich der staatlichen Kontrolle überhaupt,mit Ausnahme der Rechtskontrolle, die ausschließlichder dritten Gewalt obliegt.

(Frau Radermacher (SPD): Sie waren auch schoneinmal besser, Herr Welnhofer!)

Dass damit ein Reizthema vorliegt, dessen Behandlungauch wir nicht als einen vergnügungssteuerpflichtigenVorgang empfinden, ist eine andere Geschichte.

(Lachen bei Abgeordneten der SPD)

Sie sollten aber auch darüber nachdenken, welchesFass mit einem solchen Antrag aufgemacht wird. Siezensieren damit unmittelbar Wahlkampfmaßnahmen derpolitischen Parteien.

(Frau Radermacher (SPD): Das glauben Sie dochselbst nicht!)

Sie tun das zu einem Zeitpunkt, zu dem die CSU Mün-chen in dieser Angelegenheit schon anders entschiedenhat.

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Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 5335

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Wenn Sie den Antrag nicht zurücknehmen wollen, wasich Ihnen hiermit noch einmal anheim stellen möchte,dann sollten wir, wenn die Frau Präsidentin über denWiderspruch entscheiden lässt, dafür stimmen, dass die-ser Widerspruch nicht zurückgewiesen wird, sonderndass dieser Widerspruch aufrecht erhalten wird und nurinsgesamt abgestimmt wird. Es handelt sich insgesamtum die Beanstandung einer Wahlkampfmaßnahme, dieder Landtag nicht beschließen kann, zumindest nichtbeschließen sollte.

(Beifall bei der CSU – Widerspruch bei der SPD)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat HerrPfaffmann.

Pfaffmann (SPD) (vom Redner nicht autorisiert): FrauPräsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren!Es ist hochinteressant, mit welchen Winkelzügen undjuristischen Verdrehungen die CSU hier versucht, ihreablehnende Haltung gegen unseren Antrag zu begrün-den.

(Widerspruch bei der CSU – Beifall bei der SPD)

Sie müssen ein schlechtes Gewissen haben, meineDamen und Herren von der CSU.

Ich möchte auf ein paar Aussagen eingehen, die hiergemacht wurden. Zunächst einmal, Herr Innenminister,haben Sie gesagt, ob es in München Terrorzellen gibtoder nicht, wäre eine Angelegenheit des Bundeskrimi-nalamtes. Das kommt mir so vor wie bei BuchbinderWanninger, es ist nur viel schlimmer. Es kann doch nichtwahr sein, dass ein zuständiger Innenminister in einer soschwierigen Frage sagt: Ich bin nicht zuständig, ichbehaupte zwar, es gibt Terroristen in dieser Stadt, aberich bin nicht zuständig, sondern das Bundeskriminalamt.Wo gibt es denn so etwas? Da könnten wir das Innenmi-nisterium gleich abschaffen und das Ganze von Berlinaus regeln.

(Frau Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): NichtsGenaues weiß man nicht!)

Ich möchte auf die Ausführungen von Herrn KollegenHaedke eingehen.

Das lohnt sich zwar nicht, aber es muss sein.

Herr Haedke, Sie können sich Ihre Schimpftiraden aufdie Mitarbeiter des Münchner Sozialamtes hier in diesemHaus sparen.

(Beifall bei der SPD – Haedke (CSU): Die Spitze istes, nicht die Mitarbeiter!)

Ich möchte aus einem Brief des Chefs des Bundeskrimi-nalamtes über die Arbeit des Münchner Sozialamteszitieren. Das sollten Sie zur Kenntnis nehmen und aufhö-ren, hier herumzuschimpfen.

(Haedke (CSU): Totaler Schmarrn!)

Ich zitiere aus einem Brief an den Oberbürgermeister derLandeshauptstadt München:

Ich kann Ihnen aber versichern,

– sagt der Chef des Bundeskriminalamts –,

dass sich nach Mitteilung meiner Sachbearbeiter indiesem Vermittlungsverfahren die Zusammenarbeitmit dem Sozialamt München problemlos gestalteteund für die Ermittlung bedeutsame verfahrensrele-vante Erkenntnisse in erforderlichem Umfang zurVerfügung gestellt wurden.

(Haedke (CSU): Es ging auch um den sozialenRechtsbruch!)

Das müssen Sie sich einmal zu Gemüte führen, dannkönnen Sie sich Ihre Schimpfkanonaden sparen.

(Beifall bei der SPD)

Sie diskriminieren hier die Mitarbeiter des SozialamtesMünchen, die Tag für Tag einen schweren Job erledigen.Das tun Sie hier in diesem Hause. Sie sind sich für nichtszu schade.

(Beifall bei der SPD – Haedke (CSU): Nein, dieSpitze!)

Dann haben Sie hier einen Fall aus dem Jahr 1997 vor-getragen. Übrigens – Kollege Memmel hat es schongesagt –, das ist ein Fall, der die Gesetzeslage derRegierung Kohl widergespiegelt hat. Sie fordern hier imNachhinein die Mitarbeiter des Sozialamtes zum Geset-zesbruch auf. Die haben sich nämlich damals gesetzes-konform verhalten. Man mag über das Gesetz streiten –das kann sein –, aber man kann nicht die Landeshaupt-stadt München und die Mitarbeiter dazu auffordern,Gesetze nicht zu vollziehen. Genau das haben Sie imNachhinein gemacht.

Übrigens, für dieses Verhalten, Herr Haedke, das Siehier skizzieren und für gut heißen, ist die BayerischeStaatsregierung vom Datenschutzbeauftragten des Frei-staates Bayern gerügt worden.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Das ist Ihnen aber ebenfalls egal, wenn Sie bei dem Ver-such, Herr Welnhofer, eine unsägliche Aussage zurechtfertigen, so weiter machen.

(Zuruf des Abgeordneten Welnhofer (CSU))

Im Übrigen und das zum Abschluss: Sie haben Rechtdamit, dass man grundsätzlich Plakate in Wahlkampfzei-ten nicht zur Grundlage parlamentarischer Debattenmachen sollte. Das gilt für Werbespots, Radiodurchsa-gen oder was auch immer. Da haben Sie Recht. Aber esmuss in diesem Parlament über Aussagen auf diesenPlakaten geredet werden. Die Aussage auf diesem Pla-kat ist: Es gibt Terrorzellen in München, und eine öffent-

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liche Behörde unterstützt sie. Das ist die Aussage, umdie es hier geht, und nicht um ein Wahlplakat.

Ich hätte mir von Ihnen, Herr Innenminister, ein klaresWort gewünscht und nicht eine Ausfluchtbegründung,auch von Ihrem Fraktionsvorsitzenden, das die Münch-ner Bürger in Zukunft beruhigt und klarmacht, dass eskeine Terrorzellen in München gibt und dass Sie, wennes sie gibt, diese mit allen Ihnen zur Verfügung stehen-den Mitteln verfolgen anstatt mit Plakaten ein Geschäftmit der Angst zu betreiben.

(Beifall bei der SPD)

Im Namen meiner Fraktion antworte ich auf die Ableh-nung der punkteweisen Abstimmung mit der Beantra-gung einer namentlichen Abstimmung.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Weitere Wortmel-dungen liegen mir nicht vor. Dann lasse ich zunächstüber den Geschäftsordnungsantrag der SPD abstim-men.

(Unruhe)

– Ich habe es so verstanden, dass wir über den gesam-ten Antrag namentlich abstimmen, aber zunächst denGeschäftsordnungsantrag behandeln. Die CSU-Fraktionhat der beantragten ziffernweisen Abstimmung wider-sprochen. Deshalb frage ich gemäß § 131 Satz 2 derGeschäftsordnung, ob Einverständnis mit der getrenntenAbstimmung besteht. Wer für die getrennte Abstimmungist, den bitte ich um das Handzeichen – Das sind dieFraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIEGRÜNEN sowie Herr Kollege Hartenstein. Gegenstim-men? – Das ist die CSU-Fraktion. Stimmenthaltungen? –Ich sehe keine. Damit ist der Geschäftsordnungsantragder SPD-Fraktion abgelehnt.

Nachdem namentliche Abstimmung über den gesamtenAntrag gefordert wurde, können wir über den Antrag erstum 16.45 Uhr abstimmen.

Ich rufe auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Dr. Dürr,Münzel, Gote, Paulig und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Bundesratszustimmung zum Entschließungsantragdes Landes Schleswig-Holstein zum Verbot der Pelz-tierhaltung (Drucksache 14/7708)

Ich eröffne die Aussprache. Wortmeldungen? – FrauMünzel, bitte.

Frau Münzel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Präsi-dentin, Kolleginnen und Kollegen! In der vergangenenWoche hat Schleswig-Holstein eine Initiative in den Bun-desrat eingebracht, die zum Ziel hat, die Pelztierzucht inDeutschland zu verbieten.

(Unruhe)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Meine Damen undHerren, ich bitte darum, auch diesem Tagesordnungs-punkt die nötige Aufmerksamkeit zukommen zu lassenund nach Möglichkeit die Plätze wieder einzunehmen.

Frau Münzel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Danke,Frau Präsidentin.

Wir begrüßen die Initiative Schleswig-Holsteins. Da beieiner entsprechenden Änderung des Tierschutzgesetzessowieso die Zustimmung des Bundesrates notwendigist, halten wir es für zielführend, wenn ein solcher Vor-schlag aus dem Bundesrat heraus erfolgt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Leider ist die Bayerische Staatsregierung wieder einmal,wie bei der Abstimmung über die neue Legehennenver-ordnung, als Bremserin aufgetreten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufdes Abgeordneten Hofmann (CSU))

– Herr Hofmann, bleiben Sie schön hier, damit wir dasausdiskutieren können. Die Bayerische Staatsregierungunterstützte nicht das Verbot, sondern forderte eine art-gerechte Haltung der Pelztiere. Es gibt aber keine artge-rechte Haltung von Pelztieren, die allesamt Wildtieresind. Hier wird zum wiederholten Male deutlich: Wenn esdarum geht, wirklich Verbesserungen für die Tiere durch-zusetzen, dann kneift die Bayerische Staatsregierung.

Lassen Sie mich kurz die Pelztierhaltung schildern, undzwar am Beispiel des Nerzes, da zur Zucht in Pelzfar-men überwiegend der amerikanische Nerz verwendetwird, der zur Familie der Marder gehört.

(Unruhe)

Frau Präsidentin, es ist wie in der Schule, aber ich lassemich am besten nicht irritieren.

(Glocke der Frau Präsidentin – Zuruf des Abgeord-neten Freiherr von Rotenhan (CSU))

– Ich wollte nur ausdrücken, es ist wie in der Schule. Esist keine Sache der Nerven, aber es wäre nett, wenn Siezuhören würden, denn dann könnten wir später bessermiteinander diskutieren.

Ich möchte die Pelztierhaltung am Beispiel des amerika-nischen Nerzes, des Mink, schildern. In freier Wildbahndurchstreift der als Einzelgänger lebende Nerz einGebiet von bis zu 25 Quadratkilometern. Der Nerz ist einguter Schwimmer. Als Nahrung dienen ihm daher vorallem Fische, Frösche, Wasservögel und Kleinsäuger.Aufgrund ihrer Lebensweise sind Nerze nur in Gewäs-sernähe zu finden. Sie bewohnen die Uferzonen vonFlüssen und Seen, sie jagen und spielen hauptsächlichim Wasser und kühlen sich darin ab.

Wie werden nun diese Wildtiere gehalten? – Die Käfigein Pelztierfarmen werden in langen Reihen etwa einenMeter über dem Erdboden aufgehängt. Sie bestehen

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ausschließlich aus Drahtgittern, damit Kot und Urin derTiere direkt durch das Maschendrahtgitter zu Boden fal-len. Unter den Käfigen türmen sich die Exkrementberge.Die mit einem ausgezeichneten Geruchssinn ausgestat-teten Tiere sind somit ein Leben lang dem Gestank ihrereigenen Exkremente ausgesetzt. Die Fütterung erfolgtdurch Aufschmieren eines Futterbreies auf das Käfiggit-ter. Von hier können die Tiere den Brei abschlecken.Zwar stillt das Futter ihren Hunger, den bei Raubtierenwie Nerz und Fuchs angeborenen Beißtrieb können dieTiere bei der Aufnahme des Nahrungsbreies jedochnicht ausleben.

Wir sehen uns die Fläche an: Die Grundfläche einesKäfigs ist ein Drittel Quadratmeter groß. Das Streifgebieteines Nerzes in freier Wildbahn ist ungefähr 100 Millio-nen mal so groß. Mit der Art der Tötung möchte ich Siehier gar nicht erst belasten.

Es ist ganz klar: In Käfigen gehaltene Nerze können ihrenatürlichen Triebe in keinster Weise ausleben. Sie kön-nen sich weder ausreichend bewegen noch springen,klettern, graben, ein Bad nehmen oder nach Beutesuchen. Durch Drahtgitterböden, unnatürliche Enge,ungeeignetes Futter sowie ständige Langeweile sind dieTiere lebenslang unerträglichen Qualen ausgesetzt. Dieständige Nähe zu Artgenossen, denen das Tier in derNatur in der Regel aus dem Weg gehen würde, führt zurAuslösung von Alarmreaktionen.

Wenn man sich das alles vor Augen führt und wenn mansich die Bilder ansieht, die man hier im Parlament leidernicht zeigen darf, dann muss man sagen: Pelztierzuchtist Tierquälerei.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und warum diese ganze Tierquälerei? – Das allesgeschieht, um einen Luxusartikel zu gewinnen, nämlichden Pelzmantel. Man muß sich einmal vor Augen halten:Für einen Pelzmantel müssen 50 Nerze sterben. Nunhaben wir ein Tierschutzgesetz, das in § 14 das Tötenvon Wirbeltieren ohne vernünftigen Grund verbietet. DerPelzmantel ist für uns kein vernünftiger Grund. Niemanderfriert oder friert ohne Pelzmantel. Außerdem gibt esattraktivere Materialien für die Bekleidung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN –Loscher-Frühwald (CSU): Auch für Lederschuhemüssen Tiere sterben!)

– Die Tiere werden aber nicht dafür gehalten, dass manLederschuhe aus ihnen macht. Es geht darum, dassPelztiere allein zur Pelzgewinnung gehalten werden.Das ist der alleinige Grund, warum sie gequält werden.Das ist nach § 14 des Tierschutzgesetzes kein vernünfti-ger Grund. Darum geht es.

Interessanterweise sagt das auch die Bundestierärzte-kammer. Deren Haltung ist eindeutig. Ich zitiere auseinem Beschluss, den die Bundestierärztekammer imDezember 2000 gefaßt hat und der protokolliert wurde.Dort heißt es: „Der Ausschuss für Tierschutz der Bun-destierärztekammer lehnt die Haltung von Tieren zumZwecke der Pelzgewinnung ab.“ Die Haltung von Pelz-

tieren in Käfigen wird grundsätzlich als tierschutzwidrigabgelehnt. Die Tötung von Tieren ausschließlich zurPelzgewinnung stellt nach Auffassung des Ausschusseskeinen vernünftigen Grund im Sinne des Tierschutzge-setzes dar. Ich denke, die Bundestierärztekammer isteine Institution, an der auch Sie nicht ohne weiteres vor-beigehen können.

Es ist mir vollkommen unverständlich, dass Bayerneinem Verbot nicht zustimmt, denn die Pelztierzucht hatin Bayern wie in Gesamtdeutschland keine große wirt-schaftliche Bedeutung. Laut Tierschutzbericht 2001 gibtes in Deutschland noch etwa 30 Nerzfarmen, eineFuchshaltung und eine unbekannte Zahl von Chinchilla-zuchten. Allerdings könnte mit einem solchen Verbotzirka 300000 Pelztieren pro Jahr ein entsetzlichesDahinvegetieren und ein fürchterlicher Tod erspart wer-den.

(Zuruf des Abgeordneten Sinner (CSU))

– Herr Sinner, nach Auskunft des Bayerischen Verbrau-cherschutzministeriums – wir haben dort angerufen –gibt es in Bayern lediglich einige Farmen, nämlich dreiNerzfarmen, eine Fuchsfarm und eine Handvoll Chinchil-lafarmen, die nach den Übergangsfristen des Pelztierer-lasses, der im nächsten Jahr greifen wird, wohlgeschlossen werden. Das heißt, wirtschaftlich gesehenund auf die Arbeitsplätze bezogen hat die Pelztierzuchtfür Bayern keinerlei Bedeutung. Deshalb ist es mirunverständlich, weshalb Sie hier nicht ein Zeichen set-zen und Ihren hehren Worten vom Tierschutz endlicheinmal Taten folgen lassen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Andere Länder sind hier schon weiter. In Großbritannienist das Halten und Züchten von Tieren mit dem vorrangi-gen Ziel der Pelzgewinnung gesetzlich verboten.

Auch in Österreich ist das verboten.

(Loscher-Frühwald (CSU): Haben es die anderenBundesländer schon verboten?)

– Herr Loscher-Frühwald, wir machen jetzt erst einmaleine Initiative. Wir regeln das zunächst von der Bundes-ebene aus. Hier geht es um eine Änderung des Tier-schutzgesetzes, das ein Bundesgesetz ist.

(Hofmann (CSU): Ist das im Bundestag so einge-bracht?)

Sie haben offensichtlich den Anfang meiner Rede nichtmitbekommen. Ich habe begründet, weshalb diese Initia-tive gut ist, weil nämlich letztendlich dabei die Ländergefragt sind.

Herr Sinner, selbstverständlich weiß ich, dass Bayernauf Antrag der GRÜNEN – das werden Sie mir anschlie-ßend gleich erzählen – einen Pelztiererlass herausgege-ben hat, mit dem in der Tat Verbesserungen erreicht wor-den sind. Allerdings reichen diese Verbesserungen nichtaus. Alle biologischen und ethologischen Untersuchun-gen besagen, dass Wildtiere nicht domestizierbar sind.

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Das erkennen Sie an; denn in Ihrem Antrag, den Sie imAgrarausschuss des Bundestages gestellt haben, räu-men Sie ein, dass der Domestikationsgrad von Pelztie-ren nur sehr gering ist. Das ist für mich ein Widerspruch.Man kann auf der einen Seite Wildtiere nicht domestizie-ren; das räumen auch Sie ein. Auf der anderen Seitenähren Sie die Illusion, es gäbe eine artgerechte Hal-tung. Wildtiere kann man nicht artgerecht domestizierthalten. Die artgerechte Haltung von Wildtieren ist alleindie freie Wildbahn.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN –Loscher-Frühwald (CSU): Wollen Sie die ganzenGehege im Bayerischen Wald auch öffnen?)

– Herr Loscher-Frühwald, eins nach dem anderen. Ichhabe erst das Problem Legehennen abgearbeitet, jetztarbeiten wir die Pelztiere ab, und dann können wir unsdurchaus einem weiteren Gebiet widmen. Ich werde daschon noch initiativ werden.

Es gibt also aus bayerischer Sicht keinen einzigen ver-nünftigen Grund dafür, das Verbot abzulehnen. Herr Sin-ner, wir betrachten es auch nicht als Grund für eineAblehnung, einen Bericht der EU oder irgendwelche EU-Richtlinien abzuwarten, weil wir der festen Überzeugungsind, dass es keine artgerechte Haltung für Wildtieregibt. Die Zeit ist reif, dass auch Bayern dem Verbot derPelztierhaltung zustimmt. Das Verbot ist auch deshalbunproblematisch, weil die Interessen der Betreiber durchangemessene Übergangsfristen gewahrt werden. Daherfordern wir Sie auf, am 9. November der InitiativeSchleswig-Holsteins zum Verbot der Pelztierzucht zuzu-stimmen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat HerrBrunner.

Brunner (CSU) (vom Redner nicht autorisiert): Frau Prä-sidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Den Antragder GRÜNEN, der Entschließung des Landes Schles-wig-Holstein zum Verbot der Pelztierhaltung zuzustim-men, kann ich nicht nachvollziehen. Erstens. Gesetzes-initiativen, die auf ein grundsätzliches Verbot von Hal-tungsformen abzielen, erscheinen als äußerst zweifel-haft. Die Intention des Tierschutzgesetzes ist es, Hal-tungsformen so zu definieren und zu konkretisieren,dass sie den Anforderungen von § 2 des Tierschutzge-setzes in höchstmöglichem Maß genügen, die Intentionist es nicht, grundsätzlich alle Haltungsformen auszu-schließen.

Zweitens. Die GRÜNEN selbst haben am 23. Januar1997 einen Antrag im Bayerischen Landtag gestellt, derVorgaben zur Pelztierhaltung in Bayern einfordert, wohl-gemerkt, Vorgaben und kein grundsätzliches Haltungs-verbot. Der Wortlaut Ihres Antrags war:

Die Staatsregierung wird gebeten, umgehend Vor-gaben zur Pelztierhaltung in Bayern zu erlassen, dieden Vorgaben nach § 2 des Tierschutzgesetzes hin-sichtlich angemessener Pflege, verhaltensgerechter

Unterbringung und Möglichkeiten zu artgerechterBewegung entsprechen.

Meine Damen und Herren, Ihrem damaligen Antragwurde weitgehend entsprochen. Zum Ende dieses Jah-res laufen die bisherigen Regelungen für die Käfighal-tung aus. So werden zum Beispiel für die Haltung vonNerzen 3 qm pro Tier eingefordert oder 6 qm pro Tier;bisher war 0,24 qm üblich. Im Übrigen hat Bayern voreiniger Zeit selbst einen Antrag im Bundesrat einge-bracht, mit dem die Bundesregierung aufgefordert wird,umgehend von der im Tierschutzgesetz enthaltenenErmächtigung Gebrauch zu machen, für die Haltung vonPelztieren artgerechte Bedingungen vorzuschreiben, diedem Domestikationsgrad von Pelztieren Rechnung tra-gen. Damit wird der ethischen Verpflichtung Rechnunggetragen, dass Tiere so zu halten sind, dass sie ihreBewegungs- und Beschäftigungsbedürfnisse artgerechtbefriedigen können. Dazu gehören auch eine angemes-sene Haltung, Pflege und selbstverständlich Ernährung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von den GRÜ-NEN, zunächst kam der Antrag betreffend Hennenhal-tung, jetzt der Antrag zur Pelztierhaltung. Ich frage mich:Folgt jetzt ein Antrag, dass eine über den Selbstversor-gungsgrad hinaus gehende Produktion von Schweinenund Rindern auch verboten wird?

(Hofmann (CSU): Kanarienvögel! – Frau Raderma-cher (SPD): Das war jetzt nicht so gut!)

Der Agrarausschuss des Bundes hat übrigens demAntrag Bayerns mittlerweile zugestimmt. Das sind fürmich die wesentlichen Gründe dafür, dass der Antrag derGRÜNEN abgelehnt werden muss. Außerdem mussman wissen, dass wegen der bestehenden Auflagen diePelztierzucht in Deutschland und auch in Bayern, wieSie, Frau Kollegin Münzel, schon ausgeführt haben,keine große wirtschaftliche Bedeutung hat. Da es in Bay-ern noch zwei bis drei nebenberuflich betriebene Nerz-haltungen gibt, kann man in der Tat nicht von einerwesentlichen Bedeutung sprechen. Im Übrigen steht imPlenum des Bundestags nur noch der bayerische Antragzur Abstimmung. Meine sehr verehrten Kolleginnen undKollegen der GRÜNEN, Ihr Antrag ist daher nichts ande-res als ein Schaufensterantrag.

(Beifall bei der CSU)

Darin liegt eben der Unterschied: Die GRÜNEN stellenAnträge, und wir handeln.

(Beifall bei der CSU – Kaul (CSU): Dieser Unter-schied wird auch bleiben!)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat nunFrau Lück, bitte.

(Hofmann (CSU): Wie viele Pelzmäntel haben Siedaheim?)

Frau Lück (SPD) (von der Rednerin nicht autorisiert):Herr Hofmann, vielleicht sollten wir bei Ihnen im Kleider-schrank nachschauen. Bei mir werden Sie nicht einmal

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Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 5339

einen Pelzkragen finden, weil ich weiß, was sich gehört.– Liebe Kolleginnen und Kollegen, man kann das Themaselbstverständlich auch auf die leichte Art abhandeln,aber tatsächlich steckt eine Menge Ernst dahinter. HerrBrunner, Sie wollten es kabarettistisch sehen und dieHaltung von Wildtieren mit der Haltung von Schweinenund Rindern gleichsetzen. Das entspricht eben nicht derRealität. Es ist tatsächlich so, wie die Kollegin gesagthat. Es ist sehr schwierig, Wildtiere in Käfigen zu halten,es sei denn, man baut auf jeder Tierfarm einen Zoo.

Sie müssen sich vergegenwärtigen, dass nur der Pelzder Wildtiere gebraucht wird. Alles andere wird wegge-worfen. Ich bitte Sie, Ihr Gewissen zu erforschen, ob wirwirklich Pelze brauchen.

Die Nutzung von Tieren zur Pelzgewinnung wird mitRecht kritisiert. Die Frage, ob die Gewinnung von Pelzeneinen vernünftigen Grund darstellt, können Sie sich sel-ber beantworten. Der vernünftige Grund besteht nicht.

In Deutschland gibt es noch zirka 30 Nerzfarmen. Ichglaube, auch in dieser Beziehung kann man nicht voneinem großen wirtschaftlichen Faktor reden. Wir schüt-ten das Kind nicht mit dem Bade aus, wenn wir darumbitten, dem Antrag zuzustimmen, dass die Pelztierhal-tung ohne Wenn und Aber, jedoch mit den notwendigenÜbergangsfristen, bei uns abgeschafft wird. Wir sindnicht das einzige Land in Europa und auch nicht Vorrei-ter, diese Haltung wird sich jedoch insgesamt in Europadurchsetzen.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat FrauMünzel.

Frau Münzel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Präsi-dentin, Kolleginnen und Kollegen! Was Herr Brunnergesagt hat, kann ich nicht stehen lassen. Herr KollegeBrunner, Sie wären gut beraten, sich besser zu informie-ren. Schleswig-Holstein wird seinen Entschließungsan-trag am 9. November noch einmal in den Bundesrat ein-bringen. Dann hat Bayern die Möglichkeit, dem AntragSchleswig-Holsteins zuzustimmen.

Unseren Antrag, in dem wir einen Pelztiererlass gefor-dert haben, muss man vor dem politischen Hintergrundsehen, dass unter der Kohl-Regierung 1997 die Chance,das Tierschutzgesetz so zu verändern, dass die Pelztier-haltung verboten wird, gleich Null war. Es war ein großesVerdienst von Frau Tessy Lödermann, 1997 durchzuset-zen, dass wenigstens in Bayern die Haltungsbedingun-gen etwas verbessert werden.

Herr Kollege Brunner, Sie haben nicht zugehört, dennich habe gesagt, dass es keine artgerecht Haltung vonWildtieren gibt. Sie sollten sich informieren und sichanhören, was die Bundestierärztekammer dazu meintund verschiedene ethologische und biologische Unter-suchungen aussagen.

Ich kann darüber hinaus nicht verstehen, dass Sie dieInteressen der Landwirtschaft bemühen, wenn Sie unse-ren Antrag kritisieren. Ich weise Sie darauf hin, dass diePelztierhaltung in Deutschland nicht als landwirtschaftli-cher Betriebszweig anerkannt wird. Das ist dem Tier-schutzbericht auf der Bundestagsdrucksache 14/5712zu entnehmen. Insofern braucht sich auch kein Vertreterder Landwirtschaft aufzuregen.

Es kann nicht sein, dass man Tierhaltung erlaubt, aberes nicht möglich sein soll, Tierhaltungsformen prinzipiellzu verbieten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat HerrStaatsminister Sinner.

Staatsminister Sinner (Verbraucherschutzministe-rium): Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen!Wer die Reden eben gehört hat, könnte glauben, dasThema müsse im Bundesrat behandelt werden, damitdie Bundesregierung überhaupt auf den Gedankenkommt, aktiv zu werden. Zuständig für Fragen des Tier-schutzes ist in der Bundesregierung Frau Bundesminis-terin Renate Künast.

(Zuruf der Frau Abgeordneten Münzel (BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich frage die GRÜNEN: Wer hindert eigentlich FrauKünast daran, einen Gesetzentwurf einzubringen?

(Beifall bei der CSU)

Offensichtlich ist Ihr Vertrauen in die Bundesregierungso stark erschüttert, dass Sie einen Antrag im Bundesratbrauchen, damit endlich Frau Künast diesen von Ihnenerkannten Missstand abstellt. Nur so kann ich Ihre Aktivi-täten interpretieren.

(Beifall bei der CSU – Frau Christine Stahl (BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN): Wir machen keinen Umweg,wenn der Bundesrat sowieso entscheiden muss!)

Das Land Schleswig-Holstein hat einen Antrag einge-bracht, im Tierschutzgesetz generell die Pelztierhaltungzu verbieten. Dieser Antrag hat aus rechtssystemati-schen Gründen keine Mehrheit gefunden. Neun Länderhaben der bayerischen Initiative zugestimmt, durch dieBundesregierung eine Haltungsverordnung für Pelztierezu erlassen. Neun Länder sind eine große Mehrheit. Die-ser Antrag des Agrarausschusses steht am 9. Novemberzur Debatte. Der Antrag wird auch dort eine Mehrheit fin-den. Ich gehe davon aus, dass Ihre ParteifreundinRenate Künast dann unverzüglich, nachdem sie jetztvom Bundesrat endlich gezwungen wird, tätig zu wer-den, einen Vorschlag macht und die Pelztierhaltung soartgerecht regelt, wie sie geregelt sein muss. Die Pelz-tierhaltung kann man so gestalten, dass sie entwederartgerecht ist oder nicht mehr stattfindet. Das ist wie-derum das Handlungsfeld von Frau Renate Künast.

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5340 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001

(Frau Abgeordnete Gote (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN): Dann unterstützen Sie sie doch!)

– Wir unterstützen das. Wir haben den Antrag einge-bracht, weil die Bundesregierung seit Jahren schläft undnicht handelt.

Wir werden am 9. November unseren Antrag unterstüt-zen. Wir werden dafür sorgen, dass Frau Künast endlichhandelt und für eine artgerechte Haltung von Pelztierensorgt. Deshalb ist der Dringlichkeitsantrag heute über-flüssig. Wir haben das im Bundesrat längst geregelt. Wirhoffen, dass die Bundesregierung anschließend ent-sprechend handelt.

(Beifall bei der CSU)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Weitere Wortmel-dungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlos-sen. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Dringlich-keitsantrag auf Drucksache 14/7708 seine Zustimmunggeben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sinddie Fraktionen der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und Herr Kollege Hartenstein. Gegen-stimmen? – Das ist die Fraktion der CSU. Stimmenthal-tungen? – Eine Stimmenthaltung. Damit ist der Dringlich-keitsantrag abgelehnt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir kommen nun zurAbstimmung über den Dringlichkeitsantrag der Abgeord-neten Maget, Werner-Muggendorfer und Fraktion betref-fend „Keine Terrorzellen in der Landeshauptstadt Mün-chen“ auf der Drucksache 14/7707. Die Abstimmung sollauf Wunsch der SPD-Fraktion in namentlicher Formerfolgen.

Ich bitte Sie, noch Platz zu behalten. Für die Stimmab-gabe sind die entsprechend gekennzeichneten Urnenbereitgestellt. Die Ja-Urne ist auf der Oppositionsseite,die Nein-Urne auf der Seite der CSU-Fraktion, die Urnefür Stimmenthaltungen ist auf dem Stenografentisch. Mitder Stimmabgabe kann nun begonnen werden. Hierfürstehen fünf Minuten zur Verfügung.

(Namentliche Abstimmung von 16.58 Uhr bis 17.03Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Stimmabgabe istabgeschlossen. Das Abstimmungsergebnis wird außer-halb des Plenarsaales ermittelt. Das Ergebnis gebe ichspäter bekannt.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Weiterhin gebe ich bekannt, dass die Zeit für dieBehandlung der Dringlichkeitsanträge aufgebraucht ist.Die noch verbleibenden Dringlichkeitsanträge werden indie zuständigen Ausschüsse verwiesen. Das sind derDringlichkeitsantrag der Abgeordneten Glück, Dinglrei-ter, Ach und anderer und Fraktion (CSU), Bayern bei pri-vaten Betreibermodellen für den Autobahnausbau nichtbenachteiligen, Drucksache 14/7709 – Verweisung inden Wirtschaftsausschuss –, der Dringlichkeitsantragder Abgeordneten Maget, Herbert Müller, Hoderlein und

anderer und Fraktion (SPD), Sechsstreifiger Ausbau derA 8, Drucksache 14/7710 – Verweisung in den Wirt-schaftsausschuss – und der Dringlichkeitsantrag derAbgeordneten Glück, Kaul, Hofmann und anderer undFraktion (CSU), Mobilfunk, Drucksache 14/7711 – Ver-weisung in den Umweltausschuss. Besteht damit Einver-ständnis? – Widerspruch erhebt sich nicht. Dann werdenwir so verfahren.

(Anhaltende Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Ich rufe nun auf:

Tagesordnungspunkt 7

Besetzung des Bayerischen Verfassungsgerichts-hofs;

Neuwahl eines berufsrichterlichen Mitglieds

Mit Schreiben vom 12. September 2001 hat der Minister-präsident mitgeteilt, dass anstelle von Frau Huther, dievom Landtag vor der Sommerpause mit Wirkung vom 1.November 2001 zur neuen Präsidentin des BayerischenVerfassungsgerichtshofes gewählt worden ist und diedem Verfassungsgerichtshof bereits bisher als berufs-richterliches Mitglied angehörte, zum 1. November 2001ein neues berufsrichterliches Mitglied zu wählen ist. DiePräsidentin des Verfassungsgerichtshofs schlägt alsNachfolgerin Frau Dagmar Ruderisch, Richterin amOberlandesgericht München und Referentin des Bayeri-schen Verfassungsgerichtshofs, vor. Die vorgeschla-gene Richterin ist bereit, im Falle der Wahl das Amtanzunehmen und hat eine entsprechende Erklärunggemäß Artikel 6 Absatz 2 Satz 1 des Verfassungsge-richtshofgesetzes abgegeben.

Die Staatsregierung hat von dem Wahlvorschlag zustim-mend Kenntnis genommen. Die Richter-Wahl-Kommis-sion hat in ihrer Sitzung am 17. Oktober 2001 beschlos-sen, der Vollversammlung zu empfehlen, den Wahlvor-schlag der Präsidentin des Verfassungsgerichtshofszuzustimmen.

Wir kommen damit zur Wahl. An Ihrem Platz finden Sieeinen Stimmzettel vor, auf dem die vorgeschlagene Kan-didatin aufgeführt ist. Außerdem enthält Ihre Stimmkar-tentasche eine gelbe Namenskarte, die für den Wahl-gang zu verwenden ist. Die Urnen für die Namenskartenund die Stimmzettel befinden sich auf beiden Seiten desSitzungssaales im Bereich der Eingangstüren. Ich bitte,sowohl die Namenskarten als auch den Stimmzettelnicht selbst in die Urne einzuwerfen, sondern diese denhierfür bereitstehenden Schriftführern und Mitarbeiterndes Landtagsamtes auszuhändigen.

Wir beginnen nun mit dem Wahlgang. Für die Wahl ste-hen fünf Minuten zur Verfügung.

(Stimmabgabe von 17.07 bis 17.12 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Wahlgang ist been-det. Das Wahlergebnis wird außerhalb des Plenarsaalsermittelt. Wir fahren zwischenzeitlich in der Tagesord-nung fort.

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Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 5341

Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe,gebe ich jetzt das Abstimmungsergebnis der namentli-chen Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag derSPD-Fraktion betreffend „Keine Terrorzellen in der Lan-deshauptstadt München“ (Drucksache 14/7707)bekannt. Mit Ja haben 56 gestimmt, mit Nein haben 83gestimmt. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 3)

Ich rufe zur gemeinsamen Beratung auf:

Tagesordnungspunkt 4

Gesetzentwurf der Abgeordneten Maget, Dr. Hahn-zog, Werner-Muggendorfer und anderer und Frak-tion (SPD)

zur Ausführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes(Drucksache 14/6771)

– Zweite Lesung –

Tagesordnungspunkt 5

Gesetzentwurf der Staatsregierung

eines Gesetzes zur Ausführung des Lebenspartner-schaftsgesetzes (Drucksache 14/7338)

– Zweite Lesung –

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Den Fraktio-nen stehen jeweils 30 Minuten Redezeit zur Verfügung.– Frau Narnhammer, bitte.

Frau Narnhammer (SPD) (von der Rednerin nicht auto-risiert): Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Las-sen Sie mich zu Beginn meiner Ausführungen erst ein-mal verdeutlichen, dass es, was den Gesetzentwurf derStaatsregierung betrifft, nur der Initiative unseres Aus-schussvorsitzenden, Herrn Dr. Klaus Hahnzog, zu ver-danken ist, dass überhaupt ein Ausführungsgesetz zumLebenspartnerschaftsgesetz in Kraft treten kann. Des-halb wird es nun auch in Bayern ab dem 1. Novembermöglich sein, dass gleichgeschlechtliche Lebenspartner-schaften eingetragen werden können.

(Zuruf des Abgeordneten Welnhofer (CSU))

– Habe ich mich falsch ausgedrückt? Ich meinte dieAbkürzung des Gesetzgebungsverfahrens.

Damit ist die Blockade der CSU gegen das Bundesge-setz endlich durchbrochen.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Zur Erinnerung, meine sehr verehrten Kolleginnen undKollegen: Die Verzögerung von mehreren Monaten, diewir nun hinnehmen müssen, wäre nicht nötig gewesen,wenn die CSU unserem Gesetzentwurf, der ja bereits imMai eingereicht wurde, zugestimmt hätte.

(Beifall bei der SPD)

Allerdings hätte Bayern dann keinen bayerischen Son-derweg beschreiten können; denn wir wollten und wollennatürlich immer noch die Eintragung der gleichge-schlechtlichen Lebenspartnerschaften vor dem Standes-amt.

(Beifall bei der SPD)

In unserem Gesetzentwurf werden die Standesämter zurzuständigen Behörde bestimmt. Dies entspricht derRegelung in Gesetzen oder Gesetzentwürfen vieler Bun-desländer, die noch in der Beratung sind. Wir meinen,dass mit unserer Standesamtslösung der erforderlichenFachkunde Rechnung getragen wird und ein entspre-chender Rahmen gewährleistet werden kann, der derBedeutung des Vorgangs angemessen ist.

Ich bin aber nicht so blauäugig zu glauben, dass dieMehrheitsfraktion in diesem Hause unserem Gesetzent-wurf zustimmen würde. Lassen Sie mich darum einenSatz zum Gesetzentwurf der Staatsregierung sagen.Wie ich schon in der ersten Lesung an dieser Stellebetont habe, ist es für uns nicht nachvollziehbar, dassdieser bayerische Sonderweg eingeschlagen wird.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Auch die Beratung dieses Gesetzentwurfs im Ausschusshat uns nicht von der Sinnhaftigkeit der Notariatslösungüberzeugen können. Ich stelle also fest: Die CSU hältnach wie vor an der Diskriminierung von homosexuellenPaaren fest. Ich stelle weiter fest: Die CSU ist nach wievor in ihrem mittelalterlichen Denken verhaftet;

(Beifall bei der SPD)

sie ist noch nicht im 21. Jahrhundert angekommen.

(Beifall bei der SPD)

Ich hoffe nur, dass nun schnellstmöglich die bürokrati-schen Voraussetzungen geschaffen werden, damit For-mulare entsprechend geändert werden und ein Zusatzfür eingetragene Lebenspartnerschaften aufgenommenwird, sich Formulare also nicht auf verheiratet, verwitwet,geschieden oder ledig beschränken. In diesem Sinnebitte ich um Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf.

(Beifall bei der SPD)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat nunFrau Dr. Fickler.

Frau Dr. Fickler (CSU): Frau Präsidentin, liebe Kollegin-nen und Kollegen! Mit dem Gesetzentwurf der Staatsre-gierung eines Gesetzes zur Ausführung des Lebenspart-nerschaftsgesetzes erfüllt die Staatsregierung vor demHintergrund der Entscheidung des Bundesverfassungs-gerichts vom 18. Juli 2001 ihre Pflicht, das Lebenspart-nerschaftsgesetz vollziehbar zu machen. Der Gesetz-entwurf der Staatsregierung bestimmt die Notare zurzuständigen Behörde. Sie haben insbesondere dieErklärung über die Begründung einer Lebenspartner-

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5342 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001

schaft und die Bestimmung eines Lebenspartnerschafts-namens entgegenzunehmen. Der Gesetzentwurf siehtweiter vor, dass die Landesnotarkammer Bayern dieLebenspartnerschaftsbücher führt. Für Amtshandlungendes Notars nach diesem Gesetz werden Gebühren von100 Euro festgesetzt.

Die Bestimmung der Notare – darum haben wir dieNotare gewusst gewählt – trägt dem verfassungsrechtli-chen Abstandsgebot Rechnung und bringt die Eheferneder Lebenspartnerschaft am deutlichsten zum Ausdruck.Sie macht sich zudem die Erfahrungen der Notare mitanderen personenstandsrechtlichen Beurkundungenzunutze. Die Bayerische Staatsregierung war nicht ver-pflichtet, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der den Aus-führungsbestimmungen anderer Länder entspricht. Ichzitiere aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts:

Unterschiede in den Ausführungsgesetzen überZuständigkeit und Verfahren führen nicht zu einemproblematischen Mangel an Transparenz im Perso-nenstandswesen. Sie sind vielmehr Ausdruck derföderalen Kompetenzzuweisung im Grundgesetz.

Von daher, sehr verehrte Damen und Herren der Oppo-sition, liebe Frau Narnhammer, handelt es sich auchnicht um einen bayerischen Sonderweg, der hier immerwieder angesprochen worden ist, sondern wir befindenuns in Übereinstimmung mit dem Bundesverfassungs-gericht. Dies als Sonderweg zu bezeichnen, halte ichschon für ein bisschen merkwürdig.

Ich darf auch anführen, dass die Ausführungsbestim-mungen in anderen Ländern nicht einheitlich sind. Zwarwerden überwiegend die Standesämter, aber eben auchdie Gemeinden, die Kreisverwaltungsbehörden und dieRegierungen als zuständige Behörden bestimmt.

In den Beratungen des federführenden und endberaten-den Rechts- und Verfassungsausschusses sind redak-tionelle Änderungen vorgenommen worden. Ich beziehediese Änderungen in unseren Gesetzentwurf mit ein. DerZeitpunkt des In-Kraft-Tretens ist der 1. November 2001.Sie, sehr verehrte Frau Narnhammer, haben gesagt,dass unser Gesetzentwurf nur der SPD zu verdanken ist.Ich muss das zurückweisen, weil wir einer Entscheidungdes Bundesverfassungsgerichts Rechnung tragen. Ichbeziehe das vielleicht auf das Datum des In-Kraft-Tre-tens. Wir wollten uns dem Anliegen nicht verschließen,dass unser Gesetz so bald wie möglich in Kraft tretensoll.

Meine Damen und Herren, ich möchte noch einigeAnmerkungen zu den Notaren machen: Die Oppositionhat das Vorgehen der Staatsregierung und der CSU mitsonderbaren Wörtern belegt. Ich nenne nur die „Profil-neurose der Staatsregierung“. Dieses Wort wurde sogarnoch heute Früh in unserer Ausschusssitzung verwen-det. Weitere Worte waren „mittelalterliches Denken“ und„Bauerntrick“. Dies ist ebenfalls in der Ausschussbera-tung gefallen. Die Notarslösung wurde aus zwei Grün-den gewählt:

Erstens. Der Bundesgesetzgeber hätte die Standesäm-ter als ausführende Behörde bestimmen können. Das

wollten Sie nicht, obwohl Sie in Berlin an der Regierungsind. Warum haben Sie das nicht gemacht? – Ich kannIhnen den Grund sagen: Sie wollten dadurch den Bun-desrat umgehen. Sie sollten sich nicht hier hinstellen undgegen die Notare vom Leder ziehen. Sie behaupten,Bayern habe den falschen Weg gewählt. Sie hätten dieMöglichkeit gehabt, den Weg, den Sie für richtig halten,im Bundestag festzulegen.

Zweitens. Wir empfinden es als angemessener undsachgerechter, wenn die Zuständigkeit bei den Notarenstatt bei den Standesbeamten liegt.

Ich beantrage daher die Zustimmung zum Gesetzent-wurf der Staatsregierung und die Ablehnung desGesetzentwurfs der SPD.

(Beifall bei der CSU)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Ich erteile FrauKollegin Stahl das Wort.

Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Frau Präsidentin, meine Herren und Damen! Wir sehenkeinen Grund, unsere ablehnende Haltung zu diesem –ich bleibe dabei – bayerischen Sonderweg aufzugeben.Ich bleibe auch bei dem Begriff „Profilneurose“; denn indiesem Fall haben Sie tatsächlich als einziges Bundes-land den Weg über die Notare gewählt. Sie mussten wie-der eine Extrawurst braten. Für mich ist das eine ganzklare Profilneurose.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir sehen keinen Grund, diesen Weg zu unterstützen.Wir lehnen den Entwurf des Lebenspartnerschaftsdurch-führungsgesetzes, in dem die Eintragung bei den Nota-ren vorgesehen ist, ab. Wir werden stattdessen demSPD-Entwurf zustimmen. Wir haben im letzten Jahr miteinem Antrag gefordert, die Vorbereitung für die stan-desamtlichen Eintragungen anzugehen. Sie haben dasabgelehnt. Wir wären heute schon viel weiter. Ich binfroh, dass die SPD mit ihrem Antrag noch einmal auf diestandesamtliche Eintragung eingeht.

Mit Ihrem Gesetzentwurf schaffen Sie Verwirrung. Sieerzeugen damit sehr wohl neue Rechtsstreitigkeiten,denn ich kann mir durchaus noch einige Auseinander-setzungen vor Gericht über die Frage vorstellen, obNotare Behörden sind oder nicht. Behörden im Sinnedes Bundesgesetzgebers sind Einrichtungen, die mittel-bare und unmittelbare Staatsgewalt ausüben können.Das ist bei den Notaren ganz sicher nicht der Fall. Ichverstehe Ihr Problem nicht. Sie verlangen, dass zwi-schen der Ehe und der gleichgeschlechtlichen Partner-schaft ein Abstandsgebot eingehalten werden soll. Dasverlangt die Verfassung. Das ist auch richtig so. Ich kannjedoch nicht erkennen, dass diesem AbstandsgebotGenüge geleistet wird, nur weil Sie eine Eintragung beiNotaren vorsehen. Umfang und Grenzen des Abstands-gebots werden vom Verfassungsgericht erst noch fest-gelegt. Deshalb hätten Sie sich diese Regelung sparenkönnen. Meine Damen und Herren, wir sind Zeugen desvorerst letzten Aktes eines bayerischen Trauerspiels;

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denn während in anderen Bundesländern schon seitMonaten gefeiert wird, weil zusammengefügt wird, waszusammengehört – –

(Lachen des Abgeordneten Freiherr von Rotenhan)

– Wenn sich zwei Menschen lieben, sollte man ihnenkeine Knüppel zwischen die Beine werfen.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Man sollte vielmehr akzeptieren, dass es so ist. In Bay-ern wird dagegen überlegt, wie bundesgesetzlicheRegelungen am besten unterlaufen werden können.Dies geht auf Kosten von hunderten Betroffenen. Sieversuchen, der Bundesregierung eins auszuwischenund verweigern nach wie vor die Zusammenarbeit imBundesrat. Nur aus diesem Grunde mussten wir zu die-ser Lösung greifen. Wir haben auf Bundesebene keineBehörde per Gesetz festgelegt, weil Sie ganz klar signa-lisiert haben, dass Sie eine Standesamtslösung niemalsmittragen würden. Uns blieb also nichts anderes übrig,als den Behördenbegriff auszunehmen und die Rege-lung dieser Frage den Ländern zu überlassen. Nun wer-fen Sie uns das vor, nachdem Sie sich verweigert haben.Das kann ich beim besten Willen nicht mehr nachvollzie-hen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In einem Punkt werden Sie mit uns zusammenarbeitenmüssen, nämlich bei der Änderung des Melderechtsrah-mengesetzes. In diesem Punkt haben Sie eine kleineNiederlage einstecken müssen. Das Melderechtsrah-mengesetz ist vom Bundesrat auszufüllen. Dabei wer-den Sie eine Position einnehmen müssen. In jedem Fallewerden Sie mit dieser Form negativer Profilierung inBayern immer mehr ins politische und gesellschaftlicheAbseits geraten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Unruhebei der CSU)

Sie befinden sich in diesem Punkt auf dem gesellschaft-lichen Abstellgleis.

(Hofmann (CSU): Sie haben keine Ahnung!)

Die Wirklichkeit in der Gesellschaft ist eine völlig andere.Das erleben wir jeden Tag aufs Neue. Herr Kollege Hof-mann, ich würde eher behaupten, dass Sie keineAhnung haben. Wir können uns darüber auf der Heim-fahrt im Zug unterhalten. Fahren Sie auch um18.30 Uhr?

(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es kam, wie es kommen musste. Die Zeit war für diesesGesetz einfach reif. Deshalb und weil sich die Gesell-schaft fortentwickelt hat, ist Ihr Antrag vor dem Bundes-verfassungsgericht gescheitert. Der Versuch, dasGesetz vorläufig zu stoppen, hat Ihnen nichts gebracht.Sie haben in der Diskussion dauernd auf das abwei-chende Votum von drei Richtern hingewiesen. Ich sage

Ihnen: Mehrheit ist Mehrheit. Es wird Zeit, dass Sie dasakzeptieren, auch wenn Sie versuchen, das Lebenspart-nerschaftsgesetz mit einem Extragesetz zu torpedieren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erinnere mich noch gut an die Verrenkungen, die Sievon der konservativen Seite dieses Hauses vor demGericht vorgeführt haben. Teilweise war das schon einbisschen lächerlich. Ich denke besonders an einen Kol-legen aus Thüringen, dessen Namen ich nicht nennenmöchte. Vielleicht hat dieser Mann beruflich noch etwasvor. Ich möchte ihm schließlich keine Steine in den Weglegen. Dieser Kollege hat ein derart düsteres Bild vonDeutschlands Zukunft gemalt, nur weil sich zwei Men-schen, die sich lieben und zufällig das gleicheGeschlecht haben, zusammentun wollen.

(Freiherr von Rotenhan (CSU): Wir sind halt dage-gen! Nehmen Sie das einfach zur Kenntnis!)

– Ich möchte gern darüber reden, weil Ihre Einstellungein bisschen komisch ist. Dieser Kollege sagte vor demBundesverfassungsgericht ungefähr Folgendes: „Wokämen wir denn da hin? Man müsste ja den Sexualkun-deunterricht ändern, wenn es in Zukunft zulässig wäre,dass zwei gleichgeschlechtliche Menschen zusammen-leben“.

(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich habe in diesem Momentdie Richter bewundert. Sie haben keine Miene verzogen,während sich der Saal vor Lachen bog. Ich erspareIhnen Spekulationen darüber, was der thüringische Kol-lege gemeint haben könnte. Ich weiß es nicht. Ich kannnur sagen, dass ich sehr froh darüber bin, dass wir nichtmehr in den unsäglichen Zeiten des Dritten Reichesleben, als Menschen, die homosexuell waren, im KZgelandet sind. Ich glaube, dass Sie diese Meinung teilen.Wir sind auch froh – ich beziehe Ihre Seite hier mit ein –,dass Homosexualität nicht mehr, wie das noch zu Zeitenvon Adenauer der Fall war, strafbar ist. Ich kenne Men-schen, die deswegen noch im Gefängnis gesessenhaben.

In einigen Teilen der Welt sind wir glücklicherweise soweit, dass wir das offen akzeptieren können. Zum Bei-spiel haben sich in der Übergangszeit August und Sep-tember, als das Partnerschaftsgesetz noch nicht in Kraftgetreten war, im Rahmen von Übergangslösungen beiden Bezirksregierungen in Nordrhein-Westfalen318 Paare eingetragen. Im Oktober, als die standesamt-liche Eintragung möglich war, gab es einen erneutenBoom. Es ist also durchaus ein Bedürfnis vorhanden,sich zueinander zu bekennen. Warum sollte ich dies ver-hindern? Auch in Stuttgart haben sich im kurzen Zeit-raum von sechs Wochen 60 Paare eintragen lassen.

Zum Knackpunkt der Auseinandersetzung. Warum wol-len Sie mit Ihrem Gesetzentwurf partout die Eintragungbei den Notaren? Sie schaffen bundesweit ein Zwei-Klassen-System von Eintragungen und ein rechtlichesDurcheinander. Wir haben das Problem bzw. die Fragebereits gehabt, ob diejenigen, die sich in Hamburg

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haben eintragen lassen, auch hier anerkannt werden;dies musste erst geprüft werden. Die Prüfung brachteGott sei Dank ein positives Ergebnis. Wir haben das Pro-blem, dass hier in Bayern Menschen, die sich eintragenlassen, lediglich Vertragspartner sind, während sie imrestlichen Deutschland gesellschaftlich und staatlicher-seits gewürdigt sind.

Sie schaffen zusätzlichen Verwaltungsaufwand, weil allePaare, die sich beim Notar eintragen lassen müssen,auch beim Standesamt zu melden sind. Sie bewegensich rechtlich auf dünnem Eis, wenn Sie en passanteinen Notar zu einer Behörde im Sinne des Bundesge-setzgebers erklären. Ich fand das Schreiben der Landes-notarkammer auf unsere Frage, wie sie zur rechtlichenBewertung stehe, etwas mager. Anscheinend haben Siesich mit der Landesnotarkammer abgesprochen. DasJustizministerium meinte bloß, der Behördenbegriff seivon Seiten des Bundesgesetzgebers nicht so ernst zunehmen und ein rein funktionaler Begriff, damit sei keinematerielle Behörde gemeint. Wir teilen diese Meinungnatürlich nicht, sondern sind der Auffassung, dass hierwirklich Behörden gemeint waren, die Teil der mittelba-ren oder unmittelbaren Staatsverwaltung sind, wie ichanfangs schon gesagt habe. Ich bin gespannt, ob esdiesbezüglich Klagen geben wird.

Schließlich schaffen Sie mit Ihrer Weigerung, nur dieEintragung auf dem Standesamt zuzulassen, keine Ver-besserung für die Situation von Familien und Paaren mitKindern. Denn in der Vergangenheit war Ihr Hauptgrunddafür, dass Sie die gleichgeschlechtliche Lebenspartner-schaft und die Eintragung beim Standesamt abgelehnthaben, dass damit gegen den besonderen Schutz vonEhe und Familie verstoßen würde. Ich frage mich aber,ob Sie durch das Verhindern dieser Eintragung den Paa-ren mit Kindern wirklich gedient haben. Ich kann dasnicht erkennen. Unseres Erachtens hat Familienpolitiketwas mit aktiver Förderung, nicht jedoch mit Verhinde-rungspolitik gegenüber einem nicht unbeträchtlichen Teilder bayerischen Bevölkerung zu tun.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dass man ein gewisses Abstandsgebot wahren muss,ist uns durchaus bewusst. Wir sind aber auch der Auffas-sung, dass es anders zu bewerkstelligen ist. Weil sichmeine Vorredner so kurz gefasst haben, lasse ich eineReihe von Ausführungen aus.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufder Frau Abgeordneten Münzel (BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN) – Zuruf des Abgeordneten Dr. Bernhard(CSU))

– Herr Dr. Bernhard, Sie brauchen nichts zu beschwich-tigen, dies ist gefährlich und führt eher zum Gegenteil.Wir haben uns schon einmal über Ihre verstaubte undaltmodische Auffassung über die Ehe unterhalten. Siehat ihre Wurzeln in der Weimarer Zeit, wonach die Ehegeschützt werden muss, weil sie möglicherweise derVermehrung der Nation dient. Wenn ich mich jedoch inmeinem Bekanntenkreis umsehe, ist es mit der Vermeh-rung zu diesem Zweck nicht weit her. Da vermehrt mansich aus anderen Gründen, aber das mag bei Ihnen

anders sein; ich kann mir dies nicht besonders lustvollvorstellen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufdes Abgeordneten Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN))

Die Regelung wird von der Gesellschaft begrüßt, weilgleichgeschlechtliche Paare zueinander stehen. LetzteWoche habe ich dafür ein schönes Beispiel erfahren: EinPaar ist zusammen mit dem ganzen Betrieb nach Ham-burg gefahren, weil es hier leider noch nicht möglich war.Das muss ein sehr nettes Fest gewesen sein.

Sie spielen die beleidigte Leberwurst, weil Sie die Klageverloren haben und überlegen, was man noch bastelnkann, damit es nicht zu arg wird. Ihr Verhalten wirkt mie-sepetrig.

Wir fordern, dass Sie gleichgeschlechtlichen Paaren die-selben Bedingungen wie anderen Paaren und die glei-che Zeremonie zubilligen, ohne zusätzliche Kosten zuverlangen. Setzen Sie, wenn es bei der Notarseintra-gung bleibt, wenigstens diese sehr schnell um. Sie sollam 01.11. in Kraft treten, muss aber noch im Gesetzes-und Verordnungsblatt veröffentlicht werden, damit siewirksam wird. Hierüber gab es aus dem Landtagsamtwidersprüchliche Aussagen; denn einerseits wurde unsgesagt, es gehe sehr schnell, andererseits hat die Pres-sestelle des Justizministeriums abgewunken undgemeint, dass dauere mindestens bis 01.12. Ich kennejedoch bereits zehn Paare, die sich gerne bereits am02.11. eintragen lassen wollen. Wenn Sie das Verfahrenein bisschen beschleunigen, könnten Sie zu ganz nettenFeiern eingeladen werden. Dann wünsche ich Ihnen dortviel Spass.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und beider SPD)

Präsident Böhm: Um das Wort hat der Herr Staatsmi-nister der Justiz Dr. Manfred Weiß gebeten.

Staatsminister Dr. Weiß (Justizministerium) (vom Red-ner nicht autorisiert): Herr Präsident, Hohes Haus! Siehaben gemerkt, dass die Debatte um einiges ruhigergeworden ist. Auch manche Befindlichkeit ist inzwischenzurückgeschraubt worden. Ich darf für die BayerischeStaatsregierung nochmals feststellen, dass wir das Bun-desgesetz für verfassungswidrig halten. Daher habenwir das Gesetz vor dem Bundesverfassungsgerichtangegriffen, und wir werden weiter darauf bestehen,dass in der Hauptsache entschieden wird. Da unseremAntrag auf einstweilige Anordnung noch nicht stattgege-ben wurde, setzen wir das Gesetz um. Man wird unszugestehen können, dass wir dies so schnell wie mög-lich gemacht haben. Es wird sicher ein absoluter Aus-nahmefall sein, dass innerhalb einer Woche ein bera-tungsreifer Gesetzentwurf erstellt und beim Parlamenteingereicht wurde.

Wir führen das Gesetz aus. Sie haben richtig gesagt: Wirkönnen nur entscheiden, weil man auf Bundesebenenicht in der Lage war, eine Regelung zu treffen, für die

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Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 5345

man die entsprechende Mehrheit gefunden hätte. Siehaben gesagt, darum hätte man es uns überlassen, diezuständige Behörde zu bestimmen. Und wenn man unsdies überlässt, muss man uns wohl auch zugestehen,dass wir die Entscheidung treffen, die wir für richtig undfachgerecht halten und nicht die Entscheidung nachvoll-ziehen, die sie getroffen hätten, wenn sie die entspre-chende Mehrheit erbracht hätten.

Ich bedanke mich bei den Notaren und bei der bayeri-schen Notarkammer dafür, dass sie bereit sind, dieseAufgaben zu übernehmen, dass sie das Register ent-sprechend führen und bereit waren, bei der Erstellungdes Gesetzentwurfs mitzuarbeiten. Dadurch haben wirsicher ein Gesetz auf den Weg gebracht, das rechtlichsinnvoll und juristisch einwandfrei ist. Sie haben nachdem Zeitpunkt der Umsetzung gefragt. Genauso wie dieDauer der Debatte Sache des Parlaments war, werdenwir die Veröffentlichung umgehend einleiten. Von unse-rer Seite wird – genauso wie vorher – mit Sicherheitnichts verzögert werden. Wir haben unsere Aufgabengegenüber dem Bundesgesetzgeber und dem Bundes-verfassungsgericht erfüllt. Insofern brauchen wir nichtvon Diskriminierung zu reden. Die Regelung bei denNotaren ist die fachgerechtere und bessere Lösung. Siedrückt das aus, was wir verdeutlichen wollten, nämlichgewisse Unterschiede zur Ehe.

(Beifall bei der CSU)

Präsident Böhm: Um das Wort hat Herr Kollege vonRotenhan gebeten.

Freiherr von Rotenhan (CSU) (vom Redner nicht auto-risiert): Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen undHerren! Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich michspontan zu Wort gemeldet habe. Auf die Gefahr hin, dassSie nun lachen, möchte ich sagen, dass mir die Sachesehr ernst ist. Gerade die GRÜNEN erwarten von unsgroße Toleranz, zum Beispiel wenn es um Religionsge-meinschaften geht, die ursprünglich nicht bei uns waren,aber zu uns gekommen sind.

Meine Damen und Herren, ich will Ihnen sagen, warumich grundsätzlich gegen dieses Gesetz bin.

Es hat etwas mit meiner christlichen Lebenseinstellungzu tun.

(Frau Gote (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): SindSchwule keine Christen?)

– Ich will Ihnen hier keinen Religionsunterricht geben.Aber die Heilige Schrift enthält ganz klare Ausführungenzu dem, worüber wir heute reden. Frau Stahl sagt unterVerhöhnung eines Wortes von Willy Brandt, hier wirdzusammengeführt, was zusammengehört.

(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist einBibelwort!)

Dazu sage ich Ihnen, es wird gerade nicht das zusam-mengeführt, was zusammengehört. Es werden völligunnatürliche Lebensgemeinschaften legalisiert.

(Beifall bei der CSU)

Liebe Frau Stahl, Ihr Hinweis auf das Dritte Reich ist eineUngeheuerlichkeit.

(Beifall bei der CSU)

Selbstverständlich verurteilen wir das, was damalsgeschehen ist. Das heißt aber noch lange nicht, dass wirnun zum Gegenteil übergehen sollen. Die GRÜNENsagen immer wieder, Familie sei da, wo Kinder sind.Wenn ich dann aber lese, dass gleichgeschlechtlichePaare, in welcher Form auch immer, zu Kindern kom-men, dann brauchen wir uns nicht darüber zu wundern,wenn wir in Zukunft noch mehr Sozialbeauftragte anunseren Schulen einstellen müssen.

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das istdoch ungeheuerlich!)

Meine Damen und Herren, ich bin der festen Überzeu-gung, dass die Kinder dann auf jeden Fall besser auf dieBeantwortung gesellschaftlicher Fragen vorbereitet wer-den, wenn sie in einer gesunden Familie aufwachsen,und eine solche besteht aus Vater und Mutter.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU – Dr. Dürr(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Gesundheit ist eineTerminologie des Dritten Reiches! Sie sprechen dieSprache der Nazis!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Frau Stahl hatzwar nicht heute, aber vor kurzer Zeit das ungeheuerli-che Wort gefunden, dass die CSU die Ehe nur noch alsVermehrungsinstitution betrachte. Ich weise das in allerForm zurück.

(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wachsetund mehret euch!)

Ich komme wieder auf meine christliche Einstellung zusprechen. Sie merken, dass das nicht emotionsfrei ist. Inder Schöpfungsgeschichte steht:

Und Gott sah, dass es nicht so gut sei, dass derMensch allein sei. Ich will ihm eine Gehilfin geben.

„Eine Gehilfin“, das sollten Sie sich einmal hinter dieOhren schreiben.

(Odenbach (SPD): Das ist Ihre Auffassung!)

Meine Damen und Herren, angesichts der Tatsache,dass mir vom lieben Gott eine Frau an meine Seitegestellt worden ist und wir vom lieben Gott mit siebenKindern gesegnet worden sind, ist es eine Ungeheuer-lichkeit, dass ich mir in diesem Hause sagen lassenmuss, die Ehe sei eine Institution zur Vermehrung vonKindern.

(Beifall bei der CSU)

Meine Damen und Herren, wir wollen uns nichts vorma-chen. Der Justizminister hat es gerade treffend gesagt.Selbstverständlich akzeptieren wir Demokraten das, was

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das Bundesverfassungsgericht sagt. Das heißt abernoch lange nicht, dass wir es für gut halten.

(Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Tolerieren warschon immer gut!)

Ihnen, meine lieben GRÜNEN und Sozialdemokraten,will ich sagen, Ihnen geht es nicht um das Gesetz zurGleichstellung, sondern Ihnen geht es um eine andereRepublik. Das will ich Ihnen zum Schluss noch gesagthaben.

(Beifall bei der CSU)

Präsident Böhm: Die Aussprache ist geschlossen. Wirkommen zur Abstimmung. Dazu werden die Tagesord-nungspunkte wieder getrennt. Ich lasse zunächst überden Tagesordnungspunkt 4 abstimmen.. Der Abstim-mung liegt der Initiativgesetzentwurf der SPD-Fraktionauf Drucksache 14/6771 zugrunde. Der federführendeAusschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlaments-fragen empfiehlt die Ablehnung des Gesetzentwurfs.Wer entgegen der Beschlussempfehlung des federfüh-renden Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Par-lamentsfragen dem Gesetzentwurf zustimmen will, denbitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionender SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN.Gegenstimmen? – Die Fraktion der CSU. Gibt es Stimm-enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Der Gesetzent-wurf ist damit abgelehnt.

Nun lasse ich über den Tagesordnungspunkt 5 abstim-men. Dieser Abstimmung liegen der Gesetzentwurf derStaatsregierung auf Drucksache 14/7338 und dieBeschlussempfehlung mit Bericht des federführendenAusschusses für Verfassungs-, Rechts- und Parlaments-fragen auf Drucksache 14/7721 zugrunde. Der federfüh-rende Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parla-mentsfragen empfiehlt die Neufassung des Gesetzent-wurfs. Ich verweise insofern auf die Drucksache14/7721.

Wer dem Gesetzentwurf in der Fassung des federfüh-renden Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Par-lamentsfragen zustimmen will, den bitte ich um dasHandzeichen. – Das ist die Fraktion der CSU. Gegen-stimmen? – Die Fraktionen der SPD und des BÜNDNIS-SES 90/DIE GRÜNEN. Gibt es Stimmenthaltungen? –Das ist nicht der Fall. Dann ist dieses Gesetz sobeschlossen.

Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, tre-ten wir gemäß § 60 der Geschäftsordnung unmittelbar indie Schlussabstimmung ein. Ich schlage vor, sie in einfa-cher Form durchzuführen. – Widerspruch erhebt sichnicht.

Wer dem Gesetzentwurf in der Fassung des federfüh-renden Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Par-lamentsfragen seine Zustimmung geben möchte, denbitte ich, sich vom Platz zu erheben. – Das sind die Mit-glieder der Fraktion der CSU. Gegenstimmen bitte ichauf die gleiche Weise anzuzeigen. – Das sind die Frak-tionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-

NEN. Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht derFall. Das Gesetz ist so angenommen. Es hat den Titel„Gesetz zur Ausführung des Lebenspartnerschaftsge-setzes“.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich gebe das Wahl-ergebnis der vorher durchgeführten Richterwahlbekannt. An der Wahl haben 134 Abgeordnete teilge-nommen. Auf Frau Dagmar Ruderisch entfielen 84 Stim-men. Mit Nein stimmten 6 Abgeordnete. Ihrer Stimmeenthielten sich 44 Abgeordnete. Ich stelle fest, dass derBayerische Landtag Frau Dagmar Ruderisch mit Wir-kung vom 1. November 2001 zum berufsrichterlichenMitglied des Verfassungsgerichtshofs gewählt hat.

Eine Bitte des Stenografischen Dienstes möchte ichnoch weitergeben. Die Niederschriften des zweiten Teilsder heutigen Sitzung sind nicht mehr bis zum Sitzungs-ende fertig zu stellen, weshalb sie den Rednern hier imPlenarsaal auch nicht mehr zugestellt werden können.Aus diesem Grunde bitte ich die Redner, von den amRednerpult aufliegenden gelben Formularen Gebrauchzu machen, falls Sie die Niederschriften an eine Adresseaußerhalb des Hauses zur Korrektur übersandt habenwollen.

Nun rufe ich auf:

Tagesordnungspunkt 8

Bestellung eines Mitglieds der Enquete-Kommission„Mit neuer Energie in das neue Jahrtausend“

Die CSU-Fraktion hat mitgeteilt, dass anstelle von FrauStaatssekretärin Görlitz Herr Kollege Pschierer zum Mit-glied der Enquete-Kommission „Mit neuer Energie in dasneue Jahrtausend“ bestellt werden soll. Gibt es dazuWortmeldungen? – Das ist nicht der Fall. Wer mit demVorschlag der CSU-Fraktion einverstanden ist, den bitteich um das Handzeichen. – Die Fraktionen der CSU, derSPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gibt esGegenstimmen? – Ich sehe keine. Stimmenthaltungen?– Auch keine. Damit ist Herr Kollege Pschierer zum Mit-glied der Enquete-Kommission „Mit neuer Energie in dasneue Jahrtausend“ bestellt worden. Der Tagesordnungs-punkt 8 ist damit erledigt.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 9

Abstimmungen über Anträge etc., die gemäß § 63Absatz 6 der Geschäftsordnung nicht einzeln bera-ten werden.

In Absprache mit allen Fraktionen soll im Rahmen dieserAbstimmung zusätzlich über folgende Dringlichkeitsan-träge beschlossen werden, die erst während der letztenWoche abschließend in den Ausschüssen behandeltwurden und nicht auf der Antragsliste stehen:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Dr. Dürr,Paulig, Kellner und anderer und Fraktion (BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN)

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Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 5347

betreffend Bericht über die Sicherheit der bayeri-schen Atomkraftwerke (Drucksache 14/7409)

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Dr. Dürr,Paulig, Kellner und anderer und Fraktion (BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN)

betreffend Bericht über die Sicherheit des geplantenForschungsreaktors FRM II (Drucksache 14/7410)

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Maget, Bie-defeld, Gartzke, Wörner und Fraktion (SPD)

betreffend Innere Sicherheit in Bayern und Betriebder Atomkraftwerke (Drucksache 14/7626)

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten ElisabethKöhler, Paulig, Kellner, Münzel und Fraktion (BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN)

betreffend Sicherheit in den bayerischen Atomkraft-werken (Drucksache 14/7645)

Diese Dringlichkeitsanträge und die entsprechendenBeschlussempfehlungen liegen Ihnen in Drucksachen-form vor.

Bevor wir zur Beschlussfassung über diese Dringlich-keitsanträge kommen, gebe ich noch bekannt, dass imEinvernehmen mit den Fraktionen die Listennummer 40– das ist der Antrag der Abgeordneten Dr. Kempfler,Welnhofer, Hölzl und anderer betreffend „Effizienter Ein-satz der DNA-Analyse“ auf der Drucksache 14/6545 –von der Tagesordnung abgesetzt wird.

Auf Antrag der CSU-Fraktion soll außerdem bei der Lis-tennummer 41 – das ist der Antrag der AbgeordnetenKaul, Dinglreiter, Dr. Kempfler betreffend „Maßnahmenzur Reduzierung von Verkehrslärm“ auf der Drucksache14/6585 über das abweichende Votum des mitberaten-den Ausschusses für Kommunale Fragen und InnereSicherheit abgestimmt werden.

Bei den aufgerufenen Dringlichkeitsanträgen der Abge-ordneten Dr. Dürr, Paulig, Kellner und Fraktion betref-fend „Bericht über die Sicherheit der bayerischen Atom-kraftwerke“, Drucksache 14/7409, und „Bericht über dieSicherheit des geplanten Forschungsreaktors FRM II“,Drucksache 14/7410, soll auf Wunsch der CSU-Fraktionder Abstimmung das jeweils abweichende Votum desmitberatenden Ausschusses für Wirtschaft, Verkehr undTechnologie zugrunde gelegt werden. Inhaltlich verweiseich insofern auf die Drucksachen 14/7673 und 14/7675.

(Wortmeldung des Abgeordneten Hofmann (CSU))

Hofmann (CSU) (vom Redner nicht autorisiert): HerrPräsident, meine Damen und Herren Kollegen! Esstimmt grundsätzlich, dass die CSU-Fraktion dem Dring-lichkeitsantrag der SPD auf Drucksache 14/7626 zuge-stimmt hat. Das geschah allerdings nur unter derVoraussetzung, dass die Begründung gestrichen wird.

Daraufhin haben die Kollegen der SPD signalisiert, dassdie Begründung gestrichen werde. Im heutigen Aus-druck kommt das nicht zum Vorschein. Ich wollte dasnoch einmal klarstellen, damit wir unter den richtigenVoraussetzungen abstimmen.

Präsident Böhm: Die Begründung kommt ohnediesnicht in den Beschluss. Sie steht nur auf dem Antrag.

Die Voten der Ausschüsse zu den übrigen Anträgen lie-gen Ihnen vor.

Bei der Listennummer 47, Drucksache 14/6890, schlageich noch vor, das in der Beschlussempfehlung vorge-schlagene Berichtsdatum „bis Ende September 2001“ in„bis Ende November 2001“ abzuändern. Es handelt sichhier um den Antrag des Abgeordneten Prof. Dr. Gantzerbetreffend „Eurocopter Deutschland GmbH“, zu dem eineinstimmiges Votum des federführenden Ausschussesfür Wirtschaft, Verkehr und Technologie vorliegt. Bestehtdamit Einverständnis, dass ich bei der Listennummer 41sowie bei den Dringlichkeitsanträgen auf den Drucksa-chen 14/7409 und 14/7410 die Empfehlungen dergenannten Ausschüsse, im Übrigen die Ausschussfas-sungen entsprechend § 132 Absätze 3 und 4 derGeschäftsordnung unter Berücksichtigung der von mirvorgeschlagenen Änderung der Abstimmung zugrundelege? – Widerspruch erhebt sich nicht. Dann lasse ich soabstimmen.

Wer hinsichtlich der Listennummer 41 sowie bei denDringlichkeitsanträgen auf den Drucksachen 14/7409und 14/7410 seinem Abstimmungsverhalten bzw. demjeweiligen Abstimmungsverhalten seiner Fraktion in denvorher genannten Ausschüssen und in den übrigen Fäl-len sowie bei den Dringlichkeitsanträgen auf den Druck-sachen 14/7626 und 14/7645 dem entsprechendenAbstimmungsverhalten in den jeweils federführendenAusschüssen bzw. im endberatenden Ausschuss fürVerfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen unterBerücksichtigung der von mir vorgeschlagenen Ände-rung beitreten will, den bitte ich um das Handzeichen.Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD und desBÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gibt es Gegenstim-men? – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine. Damitübernimmt der Landtag diese Voten.

(siehe Anlage 4)

Außerhalb der Tagesordnung gebe ich bekannt, dasseine Reihe von Anträgen für erledigt erklärt wurden. ImEinzelnen verweise ich auf die Ihnen vorliegende Auf-stellung. Das Hohe Haus nimmt davon zustimmendKenntnis.

(siehe Anlage 5)

Da ich nichts mehr in der Mappe habe, schließe ich dieSitzung.

(Schluss: 17.52 Uhr)

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Anlage 1zur 74. Vollsitzung am 25.10.2001

Mündliche Anfragen gemäß § 73 Abs. 2 Satz 2 GeschO

Möstl (SPD): Nachdem lt. § 5.3 RSO Kinder nach der 4.Klasse Grundschule beim Übertritt an die R6 bei einemNotendurchschnitt von 2,66 und nicht bestandener Auf-nahmeprüfung ihrem Elternwillen folgend das Recht zumÜbertritt haben, frage ich die Staatsregierung, aus wel-chem Grund sie diese Möglichkeit Kindern vorenthält,die nach der 6. Klasse Hauptschule an die Realschuleübertreten wollen?

Antwort der Staatsregierung: Die Mündliche Anfragedes Abg. Möstl bezieht sich offensichtlich auf den Über-tritt von der 6. Jgst. der Hauptschule in die 7. Jgst. (Ein-gangsklasse) der vierstufigen Realschule.

Dieser Übertritt ist noch möglich an Realschulen, diederzeit noch keine sechsstufigen Züge führen oder erst-mals zum Schuljahr 2001/02 einen R6-Zug erhielten.Der letztmalige Übertritt in die 7. Jgst. der R4 erfolgt zumSchuljahr 2004/05.

Voraussetzung für die Aufnahme in die 7. Jgst. der R4 istdie Eignung des Schülers für diesen Bildungsweg. Schü-ler der Hauptschule sind dann geeignet, wenn sie imÜbertrittszeugnis dieser Schule in den Fächern Deutsch,Mathematik und Englisch den Notendurchschnitt von2,33 erreicht haben und ihnen die Eignung für den Bil-dungsweg der Realschule bestätigt wird.

Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, haben dieEltern das Recht, ihre Kinder für den Probeunterricht derRealschule anzumelden. Im Übrigen gelten für denÜbertritt in die drei- und vierstufigen Wirtschaftsschulendieselben Bestimmungen.

Beim Übertrittsverfahren in die 5. Jgst. des Gymnasiumsbzw. der sechsstufigen Realschule werden die Eltern miteinem höheren Maß an Verantwortung in die Entschei-dung über den künftigen Bildungsweg ihres Kindes ein-gebunden. Dabei spielt die umfassende Beratung derEltern über Fähigkeiten, Neigungen, Leistungswillen desKindes und die verschiedenen schulischen Angeboteeine entscheidende Rolle.

Beratung und Elternbeteiligung sind in Abhängigkeit vomAlter der Schüler unterschiedlich gestaltet.

Wenn man beispielsweise das Eintrittsalter der Schülerbetrachtet, wird die Verantwortung der Eltern für den Bil-dungsweg ihrer Kinder dann stärker gewichtet, wenndiese aus der Jahrgangsstufe 4 der Grundschule oderaus der Jgst. 5 der Hauptschule in eine weiterführendeSchule (Gymnasium, sechsstufige Realschule) übertre-ten. Bei Jugendlichen, die aus der Jahrgangsstufe 6oder 7 in den M-Zug der Hauptschule, in die vierstufigeRealschule oder die Wirtschaftsschule übertreten,gewinnt die Aussagekraft der erzielten Noten und diepädagogische Einschätzung der Lehrkräfte zunehmendan Bedeutung und wird daher auch höher bewertet.

Frau Narnhammer (SPD): Wie viele Bewerberinnenund Bewerber für den Schuldienst haben zum Schuljahr2001/2002 insgesamt und aufgeteilt auf die einzelnenSchularten (einschließlich berufliche Schulen und Fach-lehrer) eine Zusage auf eine Vollzeitstelle, eine Zweidrit-telstelle oder eine zeitlich befristete Stelle (1.12.2001)erhalten und wurden tatsächlich eingestellt?

Antwort der Staatsregierung: Zu Beginn des Schuljah-res 2001/2002 wurden im staatlichen Schuldienst 4112feste Neueinstellungen vorgenommen. Davon entfielen2040 auf die Volksschule, 205 auf die Förderschule und617 auf die Realschule. Für das Gymnasium ergabensich 845, für die beruflichen Schulen 405 feste Neuein-stellungen. Darüber hinaus konnten zu Schuljahresbe-ginn weitere Lehrerinnen und Lehrer über befristete Ver-träge im staatlichen Schuldienst beschäftigt werden: ander Volksschule 5, an der Förderschule 288, an derRealschule 136, am Gymnasium 362 und an den berufli-chen Schulen 126. Alles in allem erhielten also 917 Leh-rerinnen und Lehrer zum Schuljahresbeginn einenbefristeten Vertrag. Nicht eingerechnet sind hierin diebefristeten Verträge, mit denen zum 1. Dezember diesenJahres 340 weitere Lehrkräfte im staatlichen Schuldiensteine Beschäftigung finden werden.

Alle Angebote hinsichtlich unbefristeter Beschäftigungs-verhältnisse erfolgten in Form von Vollzeitstellen. Aller-

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dings entschied sich ein Teil der fest eingestellten Lehr-kräfte aus persönlichen Gründen für eine Teilzeitbe-schäftigung.

Über die Anzahl der Bewerber, die ein unterbreitetesAngebot abgelehnt haben, liegen keine Aufzeichnungenvor.

Hufe (SPD): Wie viele der zum Schuljahr 2001/2002 ein-gestellten Lehrerinnen und Lehrer besetzen, aufgeteiltauf die einzelnen Schularten, neue Planstellen, zusätz-lich geschaffene Planstellen bzw. frei gewordene Plan-stellen?

Antwort der Staatsregierung: Zu Beginn des Schuljah-res 2001/2002 wurden schulartübergreifend 4112 festeNeueinstellungen in den staatlichen Schuldienst vorge-nommen. Davon entfielen 2040 auf die Volksschule, 205auf die Förderschule und 617 auf die Realschule. ImGymnasium ergaben sich 845 und an den beruflichenSchulen 405 feste Neueinstellungen.

Auf neue Planstellen entfielen dabei 9 Einstellungen ander Volksschule und 67 Einstellungen an der Förder-schule. Für die Einstellungen an der Realschule wurden219 neue Planstellen ausgebracht, am Gymnasium 89und schließlich 17 an den beruflichen Schulen.

Darüber hinaus konnten im Rahmen der Altersteilzeitre-gelung neu ausgebrachte Ersatzplanstellen für Neuein-stellungen genutzt werden. 199 Ersatzplanstellen konn-ten an der Volksschule neu besetzt werden, 24 an derFöderschule und 28 an der Realschule. Am Gymnasiumwurden 77 Lehrerinnen und Lehrer auf Ersatzplanstelleneingestellt, im Bereich der beruflichen Schulen ergabensich diesbezüglich 70 Einstellungen.

Die verbleibenden festen Neueinstellungen erfolgten auffrei werdenden Planstellen oder auf Basis von Angestell-tenverträgen mit unbefristeter Laufzeit oder mit befriste-ter Laufzeit, verbunden mit der Zusage auf spätere Über-nahme in das Beamtenverhältnis.

Frau Goertz (SPD): Welche Einstellungszuwächse beiLehrerinnen und Lehrern (fest und befristet) bezogen aufdie einzelne Schularten Grundschule, Hauptschule, För-derschule, Realschule, Gymnasium und beruflicheSchulen ergeben sich für die Jahre 1998, 1999, 2000und 2001 zu den jeweiligen Vorjahren und wie viele Ein-stellungen sind davon aufgrund von gestiegenen Ruhe-standsversetzungen verursacht?

Antwort der Staatsregierung: An den staatlichenGrundschulen nahm die Zahl der Einstellungen vomSchuljahr 1997/98 bis zum Schuljahr 2001/02 von 434auf 1237 Lehrkräfte zu. Damit ergeben sich für die Zwi-schenjahre Zunahmen von 305, 94, 100 und 304 Lehr-kräften. An den staatlichen Hauptschulen stiegen imgleichen Zeitraum die Einstellungen von 314 auf 629.Die jährlichen Veränderungen waren zunächst 54, 203und 87 Neueinstellungen mehr; zuletzt 29 Neueinstellun-gen weniger als im Jahr zuvor.

Über die einzelnen Gründe, aus denen Planstellen freiwerden, erfolgt keine rückblickende umfassende Auf-schreibung, da dies für die Einstellung selbst nicht rele-vant ist. Zum Stichtag 1. bzw. 15. Oktober werden aller-dings im Rahmen der amtlichen Statistik die Ruhe-standsversetzungen des jeweils vergangenen Schuljah-res gezählt. Somit kann angegeben werden, dass imSchuljahr 1997/98 an den staatlichen Volksschulen 759Lehrkräfte in den Ruhestand getreten sind. In dendarauffolgenden Jahren waren es jeweils 83 und 273mehr als im Jahr zuvor. Im Schuljahr 1999/2000 wurden1115 staatliche Lehrkräfte an den Volksschulen in denRuhestand versetzt. Die Zahlen über die Ruhestands-versetzungen des letzten Schuljahres (genauer: bisOktober 2001) werden zur Zeit erhoben. Die Auswer-tungsergebnisse werden im Laufe des kommenden Jah-res veröffentlicht.

An den Förderschulen ging die Zahl der festen Neuein-stellungen von 1997 bis 2000 von 292 auf 205 zurück: Inden einzelnen Jahren bedeutete dies jeweils eine Verrin-gerung um 45, 71 und 28. Für das laufende Schuljahrkonnte erstmals wieder eine Steigerung um 57 Neuein-stellungen mehr als im Jahr zuvor verzeichnet werden.

Die Zahl der Ruhestandsversetzungen lag 1997/98 anden Förderschulen bei 48. In den darauffolgendenSchuljahren waren es 20 bzw. 27 mehr als im Jahr zuvor,zuletzt damit 95 Ruhestandsversetzungen.

Im Schuljahr 1997/98 wurden 116 Lehrkräfte an denRealschulen eingestellt. Die Steigerungen der Folgejah-ren waren 155, 96 und 108 Neueinstellungen mehr.Aktuell wird eine weitere Steigerung um 193 Lehrkräfteerreicht: 668 Lehrkräfte erhalten im Schuljahr 2001/02an staatlichen Realschulen eine feste Einstellung.

Die Ruhestandsversetzungen steigerten sich von 100 imSchuljahr 1997/98 um 45 und um 2 in den Folgejahrenauf 147 Ruhestandsversetzungen an staatlichen Real-schulen im Schuljahr 1999/2000.

An den staatlichen Gymnasien wurden 1997/98 311Lehrkräfte neu eingestellt. Diese Zahl konnte nacheinan-der um 116, 268, 89 und zuletzt um 171 auf 955 festeNeueinstellungen erhöht werden.

Die entsprechende Zahl der Ruhestandsversetzungenwar 280, anschließend 57 mehr und zum Schuljahr1999/2000 noch 108 mehr. Sie erreichte damit einenStand von 445.

An den beruflichen Schulen wurden 1997/98 184 Lehr-kräfte neu eingestellt. Hier beziffern sich die Steigerun-gen auf 28, 50, 46 und 85. Im Schuljahr 2001/02 ist von393 festen Neueinstellungen auszugehen.

Die Ruhestandsversetzungen stiegen von 157 auf 239,bei jährlichen Steigerungen um 34 und 48, an.

Um die Vergleichbarkeit der Ruhestandsversetzungenmit den Neueinstellungen zu gewährleisten, wurdenLetztere ebenfalls auf das Schuljahr bezogen angege-ben.

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Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 5351

Soweit befristete Einstellungen mit der Zusage auf Über-nahme in eine feste Stelle erfolgten, wurden sie jeweilsnur in dem Jahr des ersten Angebots gezählt. Weiterebefristete Einstellungen oder deren Steigerungsratenanzugeben, würde zu Doppelzählungen führen unddamit ein unrealistisches Bild über die Veränderung derSchul- oder Bewerbersituation zeichnen.

Pfaffmann (SPD): Gibt es in den einzelnen Regierungs-bezirken Bayerns, insbesondere in Nachbarregionen zuanderen Bundesländern, in einzelnen Schularten beson-dere Probleme frei gewordene Stellen oder die mobileReserve zu besetzen?

Antwort der Staatsregierung: An den Volksschulen,den Förderschulen und den Realschulen gab es zumSchuljahr 2001/02 keine besondere Probleme, freige-wordene Planstellen zu besetzen. An den beruflichenSchulen mussten punktuell Sondermaßnahmen durch-geführt werden, um den Lehrerbedarf zu decken. An denGymnasien konnten lediglich 6 Planstellen nicht stellen-gerecht besetzt werden (2 in Oberbayern, 2 in Oberfran-ken, 1 in Schwaben und 1 in Unterfranken).

Die Mobile Reserve an Volksschulen wurde wie vorgese-hen gebildet. Das Staatsministerium geht davon aus,dass auch für die Aufstockung der Mobilen Reserve zum1. Dezember 2001 genügend Bewerber vorhanden seinwerden.

Im Gymnasialbereich konnten von den 100 Stellen fürdie Mobile Reserve 89 besetzt werden.

Die Mobilen Reserven sind relativ gleichmäßig über dieRegierungsbezirke verteilt mit Schwerpunkten in Mün-chen und Nürnberg.

Frau Hirschmann (SPD): Wie verteilen sich die von derStaatsregierung angekündigten zusätzlichen 4100 Leh-rerstellen bis 2003/2004 auf die einzelnen Schulartenund Schuljahre und wie viele davon dienen der Wieder-besetzung bereits vorhandener Planstellen?

Antwort der Staatsregierung: Die über 4100 zusätzli-chen Lehrereinstellungen sind in den Schuljahren2001/02 bis 2003/04 beabsichtigt. 1367 erfolgten bereitsim laufenden Schuljahr; 1255 bzw. 1530 sind in den bei-den kommenden Schuljahren vorgesehen. Hierfür sollenim Doppelhaushalt 2002/2003 neue Lehrerstellen aus-gebracht und zusätzliche Personalmittel ausgewiesenwerden. Außerdem werden – wie schon in den zurücklie-genden Jahren – alle frei werdenden Planstellen wiederbesetzt. Insofern dienen die neuen Planstellen nicht derWiederbesetzung bereits vorhandener Planstellen. Aller-dings ist in der für das laufende Schuljahr angegebenenZahl zusätzlicher Einstellungen die Weiterführungursprünglich nur befristet für das Schuljahr 2000/01bereitgestellter Mittel für 100 Lehrkräfte an Fachober-und Berufsoberschulen einbezogen.

Die zusätzlichen Einstellungen im Schuljahr 2001/02verteilen sich auf die Schularten wie folgt:

Volksschule: 87Förderschule: 147Realschule: 480Gymnasium: 364Berufliche Schulen: 142

Für 47 Einstellungen wurde zum Schuljahresbeginnnoch keine schulartbezogene Aufteilung vorgenommen.

Der Großteil der zusätzlichen Personalkapazitäten wirdverwendet, um bei stark steigenden Schülerzahlen inden weiterführenden Schulen die Unterrichtsversorgungzu sichern und die beschlossenen Reformen an Haupt-und Realschulen planmäßig zu verwirklichen. Die Auftei-lung der zusätzlich verfügbaren Stellen und Mittel nachSchularten soll sich deshalb so genau wie möglich ander tatsächlichen Bedarfssituation orientieren. Sie wirddeshalb so spät wie möglich – auf der Grundlage derdann vorliegenden aktuellsten Zahlen und Fakten – vor-genommen werden.

Frau Berg (SPD): Wie viele der angekündigten 4100zusätzlichen Planstellen für Lehrer sollen jeweils mitVollzeit-, Zweidrittel- oder Teilzeitverträgen angebotenwerden?

Antwort der Staatsregierung: Angebote auf Zweidrit-telvertrag wurden Lehramtbewerbern erstmals im Schul-jahr 1998/99 unterbreitet. Dadurch konnte eine größereZahl von Bewerbern im Schuldienst eingestellt und dieseinerzeit ungünstige Einstellungssituation abgemildertwerden. Mittlerweile haben sich die Einstellungsaussich-ten für Lehramtsbewerber merklich verbessert. ZumSchuljahresbeginn 2001/02 wurden Zweidrittel-Verträgenur noch in Einzelfällen vergeben. Auch künftig werdenin der Regel nur noch Vollzeitverträge angeboten. Aller-dings besteht auch weiterhin die Möglichkeit aus persön-lichen Gründen Teilzeitbeschäftigung zu beantragen.

Dr. Hahnzog (SPD): Von wie vielen frei werdendenPlanstellen geht die Staatsregierung je Schulart bis 2004aus?

Antwort der Staatsregierung: Wie viele Planstellen inden kommenden Jahren frei werden, hängt wesentlichvon persönlichen Entscheidungen der Lehrkräfte ab, ins-besondere bezüglich Teilzeitbeschäftigung und Beurlau-bung. Insofern sind hierzu nur grobe Schätzungen mög-lich.

Für die Jahre 2001 bis 2004 wird von folgenden Zahlendurchschnittlich jährlich frei werdender Planstellen aus-gegangen:

Volksschule: ca. 1630Volksschule für Behinderte: ca. 140Realschule: ca. 240Gymnasium: ca. 600berufliche Schulen: ca. 310

Werner Schieder (SPD): Wie viele Klassen, aufge-schlüsselt nach Schulart, haben im laufenden Schuljahr

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5352 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001

mehr als 30 Schülerinnen und Schüler bei Angabe derGesamtklassenzahl in Bayern?

Antwort der Staatsregierung: Daten über Schüler,Klassen und Lehrer werden mit Stichtag 1. Oktober fürdie allgemein bildenden Schulen und mit Stichtag15. Oktober für die beruflichen Schulen alljährlich erho-ben. Soweit das Zahlenmaterial dem Staatsministeriumbereits vorliegt, werden die Daten zur Zeit geprüft.Detaillierte Auswertungen für das laufende Schuljahr lie-gen derzeit noch nicht vor.

Soweit vorläufige Umfragen an den Schulen durchge-führt werden, können folgende Schätzungen für das lau-fende Schuljahr angegeben werden:

– Von den knapp 46 000 Klassen an öffentlichen undprivaten Volksschulen haben knapp 900 Klassen(also unter 2%) mehr als 30 Schüler.

– Von den gut 5400 Klassen an Volksschulen für Behin-derte, den gut 1400 Klassen an Berufsschulen fürBehinderte und den ca. 130 Klassen an weiterführen-den Schulen für Behinderte hat keine Klasse mehr als30 Schüler.

– An den staatlichen Realschulen führen nach Angabenzum ersten Schultag 1373 der 4437 Klassen (also gut30%) mehr als 30 Schüler.

Frau Biedefeld (SPD): Wann wurde bezüglich derGesamtschule in Hollfeld zum ersten Mal auf möglichePCB- Belastungen hingewiesen? Wie werden die Betrof-fenen (Eltern, Schüler, Lehrer) informiert und werden alleDaten im Original zur Verfügung gestellt?

Antwort der Staatsregierung: Auf mögliche PCB-Be-lastungen wurde zum ersten Mal am 02.10.2001 nachder tags zuvor telefonisch vorweg erfolgten Mitteilungder bei der ersten durchgeführten Messung ermitteltenerhöhten Werte hingewiesen.

Informiert wurden und werden die Eltern durch Eltern-rundbriefe, die Schüler durch die Lehrkräfte sowie dieihnen mitgegebenen Elternrundbriefe und die Lehrkräfteim Rahmen von Konferenzen bzw. Dienstbesprechun-gen. Weitere Informationen konnten über eine bei derGesundheitsabteilung des Landratsamts Bayreuth ein-gerichtete telefonische Hotline und im Internetangebotdes Landkreises Bayreuth abgerufen werden.

Nach Auskunft der Schulleitung und des für den Auf-wand zuständigen Zweckverbands der Schule werdendie Daten der Schulleitung, dem Personalrat und demElternbeirat zur Verfügung gestellt.

Irlinger (SPD): Nachdem eine Lehrkraft via e-mail eineAnfrage an das Kultusministerium gerichtet hat und ihrdafür eine dienstliche Rüge erteilt wurde, frage ich dieStaatsregierung, warum das Angebot, Fragen an dasKultusministerium über das Internet zu stellen, nichtauch für Lehrerinnen und Lehrer gilt?

Antwort der Staatsregierung: Das beim Staatsministe-rium eingegangene e-mail der Lehrkraft wurde umge-hend an das Staatliche Schulamt zur Beantwortung wei-tergeleitet. Das Staatliche Schulamt hat sich unverzüg-lich mit der Lehrkraft in Verbindung gesetzt und die erbe-tene Antwort gegeben. Eine dienstliche Rüge, wie in dermündlichen Anfrage behauptet, wurde der Lehrkraftweder vom Staatlichen Schulamt noch vom Staatsminis-terium erteilt.

Es wird um Verständnis dafür gebeten, dass nicht alleRoutineanfragen von Schülern, Eltern und Lehrern, dieohne Mühe vor Ort von den Schulleitern, den Schuläm-tern oder den Regierungen kompetent beantwortet wer-den können, durch das Staatsministerium bearbeitetwerden.

Das Staatsministerium ist sehr an Anregungen, Wün-schen und Vorschlägen von Eltern, Schülern und Lehr-kräften interessiert und nimmt auch gerne Anfragengrundsätzlicher Art entgegen. Unter der Internetadresse:http:\webserver2.stmukwk.bayern.de.index1.html wur-den jeweils eigene Informationsdienste für Eltern, Schü-ler und Lehrer und unter der Internetadresse: http:\web-server2.stmukwk.bayern.de.kontakt.html eine nachSchularten getrennte Anfragebörse eingerichtet. Diesewerden auch intensiv genutzt.

Frau Scharfenberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Han-delt es sich bei dem in einem Landschaftsschutzgebietliegenden Reiterhof der Familie Lell (Eselburg 1, 93164Laaber, Landkreis Regensburg, Fl. Nr. 822/2 der Gemar-kung Haag und Fl. Nr. 519 der Gemarkung Endorf), derbereits im Jahre 1996 ohne Vorliegen einer Baugeneh-migung umgenutzt und erweitert wurde, um ein privile-giertes Bauwerk im Sinne des Baugesetzes, und wennja, auf Grund welcher Kriterien?

Antwort der Staatsregierung: Die Pferdezucht undPensionspferdehaltung auf dem Anwesen Eselhof 1 inLaaber ist als landwirtschaftlicher Betrieb nach § 35 Abs.1 Nr. 1 BauGB baurechtlich privilegiert. Das steht nacheinem Gutachten der Landesanstalt für Betriebswirt-schaft und Agrarstruktur vom August 1997 fest und isterst vor kurzem vom Amt für Landwirtschaft und Ernäh-rung in Regensburg erneut bestätigt worden. Maßgeb-lich war dabei, dass es sich nicht etwa um eine sog.„Liebhaberei“ handelt, sondern der Betrieb sachkundigund mit Gewinnerzielungsabsicht geführt wird, wie einedetaillierte Wirtschaftlichkeitsberechnung ergeben hat.

Die Umnutzung und Erweiterung des bestehendenAnwesens konnte im Übrigen im August 1995 bereits alssonstiges Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB genehmigtwerden, weil sich der Umbau vom Zwei-Seit- zum Drei-Seit-Hof – anders als vorher vorgelegte Planungen –gestalterisch gelungen in den Landschaft einfügte. Aufdie Privilegierung kam es daher damals nicht an.

Boutter (SPD): Welche Maßnahmen ergreift die Staats-regierung, um den sechsspurigen Ausbau der A3 zwi-schen Aschaffenburg und Erlangen schnellstmöglich zurealisieren, wie stellt die Staatsregierung sicher, dass

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Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 5353

der höchstbelastete nicht ausgebaute Streckenabschnittzwischen Kist und Biebelried als nächster Bauabschnittausgebaut werden kann und welche Teilmaßnahmensollen konkret realisiert werden?

Antwort der Staatsregierung: Die bayerische Staatsre-gierung sieht den sechsstreifigen Ausbau der A 3 vonAschaffenburg bis Erlangen als eines der wichtigstenZiele im Autobahnbau in Bayern an. Für die gesamteStrecke von Aschaffenburg bis zum AutobahnkreuzErlangen gibt es bereits planerische Voruntersuchungenund ein Ausbaukonzept, wie ein sechsstreifiger Ausbauunter weitestgehender Schonung von Landschaft undNatur durchgeführt werden kann. Im Hinblick auf die bis-her fehlende Finanzierungsperspektive sind Detailpla-nungen und die Durchführung von Planfeststellungsver-fahren, mit Ausnahme des Bereiches von westlichAschaffenburg bis zum Kauppenaufstieg, bis jetzt zuGunsten der Planungen für die vom Bund vorrangigfinanzierten bayerischen Verkehrsprojekte DeutscheEinheit zurückgestellt worden. Der sechsstreifige Aus-bau der A 3 zwischen Hösbach und dem AutobahnkreuzFürth/Erlangen ist in den vom Bundesministerium fürVerkehr, Bau- und Wohnungswesen aufgestellten Finan-zierungsprogrammen nicht enthalten.

Um jedoch für den besonders hochbelasteten Abschnittder A3 bei Würzburg zwischen Kist und Biebelried einekurzfristige Verbesserung der Verkehrsverhältnisse zuerreichen, laufen derzeit die Vorbereitungen für ein Pilot-projekt zur Umnutzung von Standstreifen zu einem drit-ten Fahrstreifen in den beiden Teilabschnitten vom Auto-bahndreieck Würzburg-West bis zur AnschlussstelleWürzburg-Heidingsfeld und von der AnschlussstelleWürzburg-Randers-acker bis zum Autobahnkreuz Bie-belried jeweils in Fahrtrichtung Nürnberg. Die Umset-zung der Maßnahme wird noch im Jahr 2001 begonnen.

Ferner hat der Ministerrat in seiner Sitzung vom23.10.2001 beschlossen, dem Bund für die Durchfüh-rung eines Pilotprojekts Betreibermodelle auf Bundesau-tobahnen“ neben dem sechsstreifigen Ausbau der A 8zwischen Ulm und München auch den sechsstreifigenAusbau der A 3 zwischen Hösbach und dem Autobahn-kreuz Biebelried vorzuschlagen. In der von Bundesver-kehrsminister Bodewig am 19.10.2001 in der Presse ver-öffentlichten vorläufigen Liste der seitens des Bundesgeplanten Betreibermodelle ist die A 3 aber noch nichtenthalten. Diese Liste der Vorhaben muss jedoch drin-gend verändert werden, da eine Benachteiligung Bay-erns offensichtlich ist. Bisher ist bei einem Gesamtvolu-men von ca. 500 km Bayern nur mit 44,6 km berücksich-tigt, während auf Nordrhein-Westfalen 156 km entfallen.

Prof. Dr. Gantzer (SPD): Wie soll die verkehrsmäßigeErschließung des neuen Stadions in der FröttmaningerHeide erfolgen, und wie weit sind die Planungen, damites nicht zu demselben Verkehrschaos wie bei der neuenMünchner Messe kommt ?

Antwort der Staatsregierung: Derzeit läuft auf Antragder Landeshauptstadt München bei der Regierung vonOberbayern ein Raumordnungsverfahren für den Sta-

dionstandort Fröttmaning, dem auch ein von der Stadtentwickeltes Konzept zur Verkehrserschließung zuGrunde liegt.

Für den motorisierten Individualverkehr von und zumStadion sind Anbindungen an die A9 (Umbau der ASFröttmaning) und die A99 (Neubau eines Halbanschlus-ses westlich des AK München Nord aus und in RichtungWesten) vorgesehen. Die Stadt stützt sich dabei auf einim Auftrag der beiden Fußballvereine von Prof. Dr.-Ing.Kurzak erstelltes Verkehrsgutachten. Zusätzlich werdenvom Gutachter verschiedene leistungssteigernde Aus-baumaßnahmen im Zuge der A 9, der A 99 und in denAutobahnknotenpunkten empfohlen, die auch unabhän-gig vom Stadion notwendig sind, jetzt allerdings nochdringlicher werden. An der A 9 soll hierzu der sechsstrei-fige Ausbau vom Frankfurter Ring bis zum AK München-Nord und weiter bis zum AK Neufahrn der achtstreifigeAusbau erfolgen. Als Zwischenlösung, sofern die Finan-zierung nicht möglich ist, kann bei Überlastung durcheine temporäre Standstreifenfreischaltung die Leis-tungsfähigkeit hergestellt werden. An der A 99 ist derStandstreifen vom AK München-Nord bis zum AK Mün-chen-Ost Richtung Süden (Messe) bereits entsprechendbefahrbar. Die Gegenrichtung wird noch im Jahr 2001fertiggestellt. Diese Ausbaumaßnahmen werden derzeitmit der Autobahndirektion Südbayern, der OberstenBaubehörde und dem Bundesministerium für Verkehr,Bau- und Wohnungswesen abgestimmt. Grundsätzlicherscheinen die vorgeschlagenen Maßnahmen ausrei-chend leistungsfähig. Im weiteren Verfahren bedarf esder konkreten Ausarbeitung und Optimierung desErschließungskonzeptes. Zu prüfen ist auch die Notwen-digkeit einer zusätzlichen Anbindung des Stadiongelän-des an das örtliche Straßennetz (z.B. über eine Spangezur B 11). Die Ergebnisse des Raumordnungsverfahrenssind abzuwarten.

Zusätzlich sollen durch die Landeshauptstadt Münchenwesentliche Verbesserungen für die ÖPNV-Erschlie-ßung des Stadions geschaffen werden. Dazu zählen derAusbau des U-Bahnhofs Fröttmaning und Verbesserun-gen in den Umsteigebeziehungen am U-Bahnhof Mari-enplatz.

Frau Kellner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ist derStaatsregierung bekannt, ob die bankaufsichtsrechtli-chen Bestimmungen des § 13a Kreditwesengesetz(KWG) hinsichtlich der Vergabe von Großkrediten durchdie Bayerische Landesbank an die Kirch-Gruppe vollum-fänglich eingehalten wurden und ob gegebenenfalls dieerforderlichen Meldungen gegenüber der DeutschenBundesbank und dem Bundesaufsichtsamt für das Kre-ditwesen erfolgt sind?

Antwort der Staatsregierung: Die Bayerische Landes-bank hat mitgeteilt, dass die bankaufsichtsrechtlichenBestimmungen des § 13a Kredit-wesengesetz bei derKreditvergabe vollumfänglich beachtet wurden. Die Kre-ditgewährung wurde der Deutschen Bundesbank, Frank-furt, sowie der Landeszentralbank im Freistaat Bayern,München, mit Schreiben vom 15.04.2001 termingerechtangezeigt.

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5354 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001

Eine Meldung durch die Bayerische Landesbank gegen-über dem Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen warnicht erforderlich. Das Kreditwesengesetz bestimmt in §13a Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 3, dass dieDeutsche Bundesbank die Anzeigen mit ihrer Stellung-nahme an das Bundesaufsichtsamt weiterleitet; dieseskann auf die Weiterleitung bestimmter Anzeigen verzich-ten.

Dr. Köhler (SPD): Ist die Staatsregierung bereit, eineMBO-Übernahme (Management- oder Mitarbeiter-buy-out) des Fertigungswerks der Lucent Technologies inNürnberg durch ein Engagement der Landesanstalt fürAufbaufinanzierung (LfA) finanziell zu unterstützen?

Antwort der Staatsregierung: Der Staatsregierungliegt bisher kein konkretes Betriebs- und Finanzierungs-konzept für eine MBO-Übernahme des Fertigungswerksder Lucent Technologies vor. Falls konkrete Förderanfra-gen gestellt werden, wird geprüft, ob ein Engagementder LfA Förderbank Bayern möglich ist und/oder anderestaatliche Förderprogramme in Anspruch genommenwerden können. Voraussetzung hierfür ist auch die Ein-haltung der jeweils einschlägigen Förder- bzw. Beteili-gungskonditionen.

Dr. Scholz (SPD): Ist die Staatsregierung bereit, eineMBO-Übernahme (Management- oder Mitarbeiter-buy-out) des Fertigungswerks der Lucent Technologies inNürnberg durch ein Engagement der Landesanstalt fürAufbaufinanzierung (LfA) finanziell zu unterstützen?

Antwort der Staatsregierung: Der Staatsregierungliegt bisher kein konkretes Betriebs- und Finanzierungs-konzept für eine MBO-Übernahme des Fertigungswerksder Lucent Technologies vor. Falls konkrete Förderanfra-gen gestellt werden, wird geprüft, ob ein Engagementder LfA Förderbank Bayern möglich ist und/oder anderestaatliche Förderprogramme in Anspruch genommenwerden können. Voraussetzung hierfür ist auch die Ein-haltung der jeweils einschlägigen Förder- bzw. Beteili-gungskonditionen.

Sprinkart (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Bezugneh-mend auf die Antwort auf meine schriftliche Anfrage vom17.05.2001 zu Rinder- bzw. Kälberimporten aus ehema-ligen Ostblockstaaten frage ich die Staatsregierung, wiedie Kennzeichnung für aus Drittländern importierte Käl-ber vor dem 01.07.1998 geregelt war, wie gewährleistetwurde, dass Rinder, die zur Mast bzw. zur Aufzucht inlandwirtschaftlichen Betrieben importiert wurden beimSchlachten von in Deutschland geborenen Rindernunterschieden werden konnten und wie sichergestelltwurde, dass solche Rinder nicht unter bayerischen Her-kunfts-/Markenzeichen vermarktet wurden?

Antwort der Staatsregierung: „Vor dem 01.07.1998waren Rinder, die aus Drittländern eingeführt wurden,spätestens bei dem Einstellen in den Bestand vom Besit-zer oder von einem von ihm Beauftragten mit einer zuge-teilten Ohrmarke dauerhaft zu kennzeichnen. Die Zutei-

lung der Ohrmarken erfolgte durch die von der zuständi-gen Behörde beauftragte Stelle (LKV).

Dies galt nicht für Schlachtrinder, die unmittelbar in einöffentliches oder zugelassenes, nicht öffentlichesSchlachthaus verbracht und dort geschlachtet wurden.Diese Schlachtrinder waren nach dem Recht des Her-kunftsdrittlandes gekennzeichnet und dadurch von inDeutschland geborenen Rindern zu unterscheiden.

Zusammen mit der Zuteilung der Ohrmarke im Falle vonin den Bestand eingestellten, eingeführten Rindernwurde dem jeweiligen Tierbesitzer ein Begleitpapierzugeteilt, auf dem die jeweilige Ohrmarkennummersowie der Besitzer von der beauftragten Stelle eingetra-gen waren. Spätestens vor Abgabe eines Rindes muss-ten die das Tier betreffenden Angaben (Geburtsdatum,Geschlecht, Herkunftsdrittland, Ohrmarkennummer desDrittlandes etc.) sowie der Übernehmer des Tieres ein-getragen werden. Eine Unterscheidung zwischen einge-führten und in Deutschland geborenen Rindern wardadurch gewährleistet.“

Im QHB-Programm wurde die Geburt in Bayern durcheine rechtsverbindliche Erklärung des Schlachtvieher-zeugers sichergestellt und vom Lizenznehmer Fleisch-prüfring Bayern e. V. überprüft.

Schläger (SPD): Nachdem in weiten Teilen Bayerns dasSchwarzwild für die Landwirtschaft zu einer regelrechtenPlage geworden ist, frage ich die Staatsregierung, wiesie die z.T. überhöhten Trichinenschaugebühren senkenkönnte, um zu gewährleisten, dass auch Frischlingeerlegt werden, deren Wildbretwert geringer ist als dievereinnahmte Gebühr von z.B. 63 DM?

Antwort der Staatsregierung: Eine Gebühr von 63 DMfür die Trichinenuntersuchung bei einem Wildschwein isthoch. Üblicherweise liegt die Gebühr deutlich darunter.In der undifferenzierten Form lässt sich nicht beurteilen,ob im vorliegenden Fall der Betrag von 63 DM für eineEinzeluntersuchung (nach Anfahrt und zusätzlicherWegstreckenentschädigung) oder für eine Untersu-chung mit „Wochenendaufschlag“ erhoben worden ist.

Nach EG- und Bundesrecht muss auch die Gebühr fürdie Trichinenuntersuchung kostendeckend sein. DieLandkreise und kreisfreien Städte als Aufgabenträgerder Fleischhygieneüberwachung haben die Gebühren-höhe in einer Satzung festzulegen. Die Staatsregierunghat keine Möglichkeit, auf die Gestaltung der Gebühren-höhe in den Satzungen unmittelbar Einfluss zu nehmen;ihre Aufgabe ist es, rechtssatzmäßig die Voraussetzungfür die Erhebung kostendeckender Gebühren festzule-gen. Dies wird auch im neuen Gesetz zur Ausführungdes Fleischhygienegesetzes so verankert. Das EG-Recht verbietet eine mittelbare oder unmittelbare Erstat-tung von Gebühren.

Bei der Gebührenbemessung sind neben den reinenUntersuchungskosten auch zusätzlich anfallende Auf-wendungen, wie z.B. Wegstreckenentschädigungen undWochenendzuschläge maßgeblich.

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Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 5355

Die Jägerschaft hat aber die Möglichkeit durch eine Mini-mierung des Aufwandes (z.B. Transport des erlegtenSchwarzwilds zur Untersuchungsstelle) Einfluss auf dieGebührenhöhe zu nehmen. Davon wird auch vielfachGebrauch gemacht.

Frau Radermacher (SPD): Ist der Staatsregierungbekannt, dass das mit Arsen verseuchte Erdreich ausSegnitz im Lkr. Kitzingen nicht wie vorgesehen entgiftetwurde, sondern der belastete Boden im brandenburgi-schen Wittenberg unter einer Betondecke verschwun-den ist. was hat die Staatsregierung unternommen, ins-besondere wurde gegen die Firma Strafantrag gestellt,und was passiert jetzt mit dem kontaminierten Aushub?

Antwort der Staatsregierung: Der Sachverhalt ist derBayerischen Staatsregierung bekannt. Der kontami-nierte Erdaushub steht im Zusammenhang mit einerArsen-Altlast einer ehemaligen segnitzer Farbenfabrik.Nachdem der Verursacher nicht mehr greifbar ist, saniertder Landkreis Kitzingen den Schadensfall im Wege derErsatzvornahme.

Um dem abfallwirtschaftlichen Grundsatz Behandeln vorAblagern“ Rechnung zu tragen, sollte ursprünglich derkontaminierte Boden mit dem Ziel einer anschließendenVerwertung gereinigt werden. Nach umfangreichenTechnikumsversuchen hatte das Landratsamt Kitzingendie Bodenwäsche und anschließende Verwertung aneine Firma vergeben, die ihrerseits einen Unterauftrag-nehmer, der die Anlage in Wittenberge, Brandenburg,betreibt, eingebunden hat. Hier wurde das Material ord-nungs- und vertragswidrig unter der besagten Betonde-cke eingebaut. Auf Strafanzeige der brandenburgischenBehörden ermittelt die Staatsanwaltschaft in Branden-burg wegen unerlaubten Umgangs mit gefährlichen Stof-fen“ gegen den Bodenbehandler.

Für die weitere Abwicklung des Falls, insbesondere imHinblick auf die Entsorgung oder sonstige Behandlungdes Materials sind die Behörden in Brandenburg, vorran-gig das Amt für Immissionsschutz in Neuruppin, zustän-dig und auch bereits tätig. Eine Handlungsinitiative derBayerischen Staatsregierung ist insofern nicht erforder-lich, aber auch nicht möglich.

Das Landratsamt Kitzingen ist gleichwohl bestrebt, aneinem zügigen Abschluss der Angelegenheit mitzuwir-ken. Es steht über den Projektsteuerer in Kontakt zu denzuständigen Behörden in Brandenburg und trägt nachMöglichkeit zur Aufklärung des Sachverhalts bei.

Der arsenbelastete Boden wird entsprechend der Beräu-mungsbefugnis des Amts für Immissionsschutz in Neu-ruppin ausgegraben und nach Zuweisung durch diezuständige Sonderabfallgesellschaft Brandenburg/BerlinmbH (SBB) auf der Sonderabfalldeponie Hoheneggel-sen in Niedersachsen ordnungsgemäß entsorgt. DasBodenmaterial wird seit 15.10.2001 unter Gutachterauf-sicht ausgebaut.

Frau Münzel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ist derStaatsregierung bekannt, wo die ca. 1000 Tonnen

schwachradioaktiver Bauschutt aus dem Abriss deskerntechnischen Forschungszentrums von Siemens –KWU in Karlstein – Großwelzheim nach der atomrechtli-chen Freigabe deponiert wurden bzw. werden sollen,wenn ja, wo liegt diese Deponie?

Antwort der Staatsregierung: Im August 2000 wurdeder Siemens AG/Framatome ANP GmbH (vormals: Sie-mens Energieerzeugung KWU) eine Genehmigung nach§ 9 AtG für den Rückbau der Heiße Zellen-Anlage amStandort Karlstein erteilt. Beim Rückbau erwartet derBetreiber ca. 800–1000 Tonnen Bauschutt, der diegesetzlichen Voraussetzungen der Freigabe als nichtradioaktiver Stoff zur Beseitigung mit Entsorgungsnach-weis erfüllen wird.

Bisher wurde aus dem Rückbau kein Bauschutt freige-geben und somit auch nicht auf einer Deponie abgela-gert.

Nach Auskunft des Betreibers wurde bereits im Novem-ber 1999 beim LRA Aschaffenburg ein vereinfachter Ent-sorgungsnachweis für anfallenden Bauschutt mit gering-fügiger Aktivität eingereicht. Eine Antwort des LRAAschaffenburg ist bisher nicht erfolgt.

Aufgrund der neuen Rechtslage (Novellierung der Strah-lenschutzVO) muss der Bauschutt nicht mehr zwingendin einer Deponie als Abfall zu Beseitigung“ entsorgt wer-den.

Er kann nunmehr auch als Abfall zur Verwertung“ inner-halb einer gedichteten Deponie im Rahmen von Bau-maßnahmen (z. B. zum Deponiewegebau) eingebautwerden.

Daneben besteht auch die Möglichkeit, unter Einhaltungder zulässigen Strahlenexposition den Bauschutt alsVersatzmaterial in bergbaulichen Hohlräumen zu ver-werten.

Durch die Verwertung des Bauschutts entfällt die Andien– und Überlassungspflicht an den Landkreis Aschaffen-burg bzw. Miltenberg.

Dementsprechend entfällt auch das Abfallexportverbot,da es sich dann um Abfälle zur Verwertung handelt (Ver-wertung innerhalb und außerhalb Bayerns möglich).

Die betroffenen Landräte werde ich zeitlich parallel überdie neue Situation unterrichten.

Wörner (SPD): Wie hoch war der Personalstand destechnischen Personals sowie bei Arbeitern, Angestelltenund Ingenieuren in den Jahren 1990, 1995 und 2000 inden Kernkraftwerken Isar 1, Isar 2, Gundremmingen Bund C sowie Grafenrheinfeld, getrennt nach Schicht- undTagdienst sowie nach Reaktorblöcken aufgeschlüsselt,und welcher Anteil der anfallenden Arbeiten in denReaktoren wird durch Fremdfirmen in welcher Personal-stärke ausgeführt?

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5356 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001

Antwort der Staatsregierung: Die Zahlen zum Perso-nalstand des technischen Personals sowie bei Arbeitern,Angestellten und Ingenieuren in den Jahren 1990, 1995und 2000 in den Bayerischen Kernkraftwerken liegen indieser allgemeinen Form im Bayerischen Umweltminis-terium nicht vor. Sie sind für das atomrechtliche Auf-sichtsverfahren nicht relevant und könnten daher allen-falls in umfangreichen Recherchen von den Betreibernder Kernkraftwerke als Information erbeten werden.

Im atomrechtlichen Aufsichtsverfahren sind vor allem diePersonen von besonderer Bedeutung, die als verant-wortliche oder beauftragte Personen namentlichbenannt sind und damit speziellen Anforderungen vorallem hinsichtlich Ausbildung, Fachkundeerwerb und–erhalt unterliegen. Die Zahl dieser Personen war imZeitraum 1990 bis 2000 keiner erheblichen Veränderungunterworfen. Sie beträgt ca. 65 bis 75 Personenpro Anlage (KKI1, KKI2, KKG) bzw. ca. 140 Personenbei der Doppelblockanlage Gundremmingen B und C(KRB II).

Neben dem leitenden Personal der jeweiligen Anlageund den Beauftragten (Strahlenschutz, KerntechnischeSicherheit) ist in diesen Zahlen auch das verantwortlicheSchichtpersonal enthalten. Die Aufteilung des Schicht-personals in Schichtdienst (Bedienen der Anlage) undTagdienst (z.B. Bürotätigkeit, Fortbildung, Fachkundeer-halt) erfolgt durch den Betreiber gemäß den jeweiligenaktuellen Gegebenheiten.

Die Mindeststärken der Schichten sind in den Betriebs-handbüchern der einzelnen Kernkraftwerke unterschied-lich geregelt. Im einzelnen gilt für die Anzahl der Schich-ten und die Mindeststärken folgendes:

Schichten verantwortlichesSchichtpersonalmindestens

KKI1 : 5 4 PersonenKKI2 : 5 4KKG : 5 3KRBII : 6 4

Anzahl und Tätigkeiten von Fremdpersonal können nichtquantifiziert und im einzelnen beschrieben werden, daes sich dabei um höchst unterschiedliche Arbeiten han-delt, die einen weiten Bereich der in einem Kernkraft-werk anfallenden Tätigkeiten umfassen können. DieseFremdarbeiten reichen von einfachen Hilfstätigkeiten biszu höchst spezialisierten Ingenieurleistungen. Dabeiwird Fremdpersonal grundsätzlich nur unter der Aufsichtdes Betreiberpersonals tätig, die Verantwortlichkeit ver-bleibt in jedem Fall beim Betreiber des Kernkraftwerks.Zudem schwanken sowohl Art als auch Umfang dieserTätigkeiten von Jahr zu Jahr erheblich. Während Revisi-onszeiten kann die Zahl des Fremdpersonals über 1000Personen umfassen.

Gartzke (SPD): Wie viele anonyme Meldungen, die aufMissstände in bayerischen Kernkraftwerken hinweisen,sind seit 1998 bei der bayerischen Staatsregierung,

nachgeordneten Behörden sowie den mit der Überprü-fung der Sicherheit beauftragten privaten Unternehmeneingegangen und welchen Inhalt haben diese?

Antwort der Staatsregierung: Der bayerischen Staats-regierung sind aus dem fraglichen Zeitraum nach derzei-tigem Kenntnisstand zwei anonyme Meldungen, die aufMissstände in bayerischen Kernkraftwerken hinweisenkönnten , bekannt. In Anbetracht des kurzen zur Verfü-gung stehenden Zeitrahmens für die Beantwortung derAnfrage konnte nur der Kenntnisstand des Ministeriumsselber und des LfU, nicht aber sonstiger nachgeordneterBehörden und beauftragter privater Unternehmen erho-ben werden. Es ist jedoch davon auszugehen, dass imFalle eines Eingangs weiterer derartiger anonymer Mel-dungen bei den vorgenannten Organisationen das baye-rische Umweltministerium sofort davon Kenntnis erhal-ten hätte.

Zu dem am 08.10.2001 bei der TÜV Süddeutschlandeingegangenen anonymen Schreiben und den darin ent-haltenen Vorwürfen betreffend Überprüfungen beimKernkraftwerk Isar 1 habe ich bereits am 18.10.2001 imUmweltausschuss ausführlich berichtet.

Ein weiteres anonymes Schreiben, das dem bayeri-schen Umweltministerium im Zusammenhang mit dergestellten Anfrage bekannt ist, wer am 11.01.2001 beimBundesamt für Strahlenschutz, der nachgeordnetenBehörde des Bundesumweltministeriums, eingegangen.In diesem Schreiben wird behauptet, dass notwendigeGlüharbeiten an Schweißnähten in den KernkraftwerkenIsar 1 und Brunsbüttel in den Jahren 1982 – 1984, mitderen Durchführung die Firma Weldotherm, Essen,beauftragt war, nicht richtig ausgeführt worden seien.Vielmehr seien für etliche Schweißnähte die Glühdia-gramme, die den zeitlichen Temperaturverlauf an denwesentlichen Stellen der Schweißnaht während des Glü-hens dokumentieren, gefälscht oder ohne Durchführungder eigentlichen Arbeit einfach kopiert worden.

Das StMLU erlangte von diesen Vorwürfen erst durch einSchreiben des Bundesumweltministeriums vom27.04.2001 Kenntnis, in dem dieses um einen bewerten-den Bericht des StMLU ersuchte.

Die daraufhin im Auftrag des StMLU durch den TÜVSüddeutschland durchgeführten Untersuchungen imKernkraftwerk Isar 1 und die unmittelbare Augenschein-nahme der Glühdiagramme durch die Aufsichtsbehördeergaben keine Hinweise auf Fehlhandlungen dergenannten Glühfirma. Vielmehr ging aus der beimBetreiber des KKI 1 vorliegenden Dokumentation zwei-felsfrei hervor, dass die Glüharbeiten nach damals gülti-ger Spezifikation und mit der erforderlichen Qualitätssi-cherung durchgeführt worden sind. Die vorliegendenGlühdiagramme, die bereits vor nahezu 20 Jahrenerstellt worden sind, konnten den Schweißnähten ein-deutig zugeordnet werden.

Das bayerische Umweltministerium kam abschließendzu der Bewertung, dass die in diesem anonymen Schrei-ben genannten Vorwürfe für das Kernkraftwerk Isar1

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Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 5357

ausgeräumt sind. Diese Bewertung wurde dem Bundes-umweltministerium mit Schreiben vom 28.05.2001 mit-geteilt.

Dr. Jung (SPD): Trifft es zu, dass für die Stadt Fürth der-zeit ein Einzugsbereich für die Zulassung von Einzelhan-delsprojekten von 270000 Einwohnern nach dem Lan-desentwicklungsprogramm feststehen und für die StadtStein aus dem Landkreis Fürth 320000 und bestehtBereitschaft bei der Bayerischen Staatsregierung Fürth,Erlangen, Nürnberg zu einem oberzentralen Verflech-tungsbereich zusammenzufassen?

Antwort der Staatsregierung: Für Oberzentren, soauch für Nürnberg und Fürth, werden im Landesentwick-lungsprogramm keine oberzentralen Verflechtungsberei-che abgegrenzt.

In Anlehnung an die Ergebnisse einer Untersuchung derGfK Nürnberg weist Nürnberg eine Einwohnerzahl vonrund 1500000 und Fürth eine Einwohnerzahl von rund

222600 im Verflechtungsbereich des innerstädtischenEinzelhandels aus. Die Stadt Stein kann als Umlandge-meinde auf ein Einwohnerpotenzial von rund 375000zurückgreifen, da nach dem Ministerratsbeschluss vom29.05.01 die Umlandgemeinden der Städte München,Nürnberg, Augsburg und Würzburg unter bestimmtenVoraussetzungen auf ein Viertel der Einwohner derKernstadt zurückgreifen können.

Eine flächendeckende und abschließende Festlegungder Verflechtungsbereiche des innerstädtischen Einzel-handels wird derzeit vorbereitet. Hierbei wird insbeson-dere in den Fällen von zentralen Mehrfachorten zuberücksichtigen sein, dass es, mit zunehmenden Ver-flechtungen – wie sie im vorliegenden Falle anzunehmensind- in Abhängigkeit von der Raum- und Siedlungs-struktur und der Mobilität der Bevölkerung, zu Überlap-pungserscheinungen kommt. Im Rahmen des derzeit inder Ausschreibung befindlichen Gutachtens wird auchdiesem Umstand besondere Aufmerksamkeit gewidmet.Die Ergebnisse hierzu werden in die abschließendenFestlegungen der Staatsregierung eingehen.

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5358 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001

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Anlage 2Bayerischer Landtag zur 74. Vollsitzung am 25.10.200114.Wahlperiode

Name Ja Nein Enthaltemich

Ach Manfred ✕

Appelt Dieter ✕

Dr. Baumann Dorle ✕

Beck Adolf ✕

Dr. Beckstein Günther ✕

Berg Irmlind ✕

Dr. Bernhard Otmar ✕

Biedefeld SusannBlöchl Josef ✕

Bocklet ReinholdBöhm Johann ✕

Boutter Rainer ✕

Brandl Max ✕

Breitschwert Klaus DieterBrosch Franz ✕

Brunner Helmut ✕

Christ Manfred ✕

Deml Marianne ✕

Dinglreiter Adolf ✕

Dodell Renate ✕

Donhauser Heinz ✕

Dr. Dürr Sepp ✕

Eck Gerhard ✕

Eckstein KurtEgleder Udo ✕

Eppeneder Josef ✕

Ettengruber Herbert ✕

Dr. Eykmann Walter

Prof. Dr. Faltlhauser KurtDr. Fickler Ingrid ✕

Fischer Herbert ✕

Franzke Dietmar ✕

Freller Karl

Gabsteiger Günter ✕

Prof. Dr. Gantzer Peter Paul ✕

Gartzke Wolfgang ✕

Dr. Gauweiler PeterGeiger Hermann ✕

Glück Alois ✕

Göppel Josef ✕

Görlitz Erika ✕

Goertz Christine ✕

Dr. Götz FranzDr. Goppel Thomas ✕

Gote Ulrike ✕

Grabner Georg ✕

Dr. Gröber KlausGuckert HelmutGüller Harald ✕

Guttenberger Petra ✕

Haedke Joachim ✕

Dr. Hahnzog Klaus ✕

Hartenstein Volker ✕

Hartmann Gerhard ✕

Hausmann Heinz ✕

Hecht IngeHeckel DieterHecker Annemarie ✕

Heike Jürgen W. ✕

Heinrich HorstHerrmann JoachimHirschmann Anne ✕

Hoderlein Wolfgang ✕

Hölzl Manfred ✕

Hofmann Walter ✕

Hohlmeier MonikaHuber ErwinHufe Peter ✕

Irlinger Eberhard ✕

Jetz Stefan ✕

Dr. Jung Thomas

Dr. Kaiser HeinzKaul Henning ✕

Kellner Emma ✕

Dr. Kempfler Herbert ✕

Kiesel Robert ✕

Klinger Rudolf ✕

Knauer Christian ✕

Kobler KonradKöhler Elisabeth ✕

Dr. Köhler HeinzKönig Alexander ✕

Kränzle Bernd ✕

Kreidl Jakob ✕

Kreuzer Thomas ✕

Dr. Kronawitter HildegardKuchenbaur Sebastian ✕

Kupka Engelbert ✕

Leeb Hermann ✕

Leichtle WilhelmLochner-Fischer Monica ✕

Lode Arnulf ✕

Loscher-Frühwald Friedrich ✕

Name Ja Nein Enthaltemich

Abstimmungslistezur namentlichen Abstimmung zum Dringlichkeitsantrag der Abg. Glück, Herrmann, Dr. Kempfler u.a. und Fraktion(CSU) betreffend „Maßnahmen des Bundes für eine verantwortungsvolle Sicherheitspolitik einfordern“ (Drucksa-che 14/7706)

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5360 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001

Lück Heidi ✕

Maget FranzProf. Männle Ursula ✕

Matschl Christa ✕

Mehrlich Heinz ✕

Meißner Christian ✕

Memmel Hermann ✕

Dr. Merkl Gerhard ✕

Meyer Franz ✕

Miller Josef ✕

Mirbeth Herbert ✕

Möstl FritzDr. Müller Helmut ✕

Müller Herbert ✕

Müller Willi ✕

Münzel Petra ✕

Naaß Christa ✕

Nadler Walter ✕

Narnhammer Bärbel ✕

Nentwig Armin ✕

Neumeier Johann ✕

Niedermeier HermannNöth Eduard ✕

Obermeier Thomas ✕

Odenbach Friedrich ✕

Paulig RuthPeterke Rudolf ✕

Peters Gudrun ✕

Pfaffmann Hans-Ulrich ✕

Pienßel FranzPranghofer Karin ✕

Pschierer Franz

Dr. Rabenstein ChristophRadermacher Karin ✕

Ranner Sepp ✕

Freiherr von Redwitz Eugen ✕

Regensburger HermannReisinger AlfredRiess Roswitha ✕

Ritter LudwigDr. Ritzer Helmut ✕

Freiherr von Rotenhan Sebastian ✕

Rotter EberhardRubenbauer Herbert ✕

Rudrof Heinrich ✕

Dr. Runge Martin

Sackmann Markus ✕

Sauter Alfred ✕

Schammann JohannScharfenberg Maria ✕

Schieder Marianne ✕

Schieder Werner ✕

Schindler FranzSchläger Albrecht ✕

Schmid Albert ✕

Name Ja Nein Enthaltemich

Schmid Berta ✕

Schmid Georg ✕

Schmid Peter ✕

Schmidt RenateSchmidt-Sibeth Waltraud ✕

Schmitt-Bussinger Helga ✕

Schneider Siegfried ✕

Dr. Scholz ManfredSchopper Theresa ✕

Schreck Helmut ✕

Dr. Schuhmann Manfred ✕

Schultz HeikoSchweder Christl ✕

Schweiger Rita ✕

Sibler Bernd ✕

Sinner Eberhard ✕

Dr. Söder MarkusDr. Spaenle Ludwig ✕

Spitzner HansSprinkart AdiStahl Christine ✕

Stahl GeorgStamm Barbara ✕

Starzmann Gustav ✕

Steiger Christa ✕

Steinmaßl Hermann ✕

Stewens Christa ✕

Prof. Dr. Stockinger Hans Gerhard ✕

Dr. Stoiber EdmundStrasser JohannesStrehle Max ✕

Tausendfreund Susanna ✕

Thätter BlasiusTraublinger Heinrichvon Truchseß Ruth ✕

Unterländer Joachim ✕

Prof. Dr. Vocke Jürgen ✕

Vogel WolfgangVoget Anne ✕

Volkmann Rainer ✕

Wahnschaffe Joachim ✕

Dr. Waschler Gerhard ✕

Dr. Weiß Manfred ✕

Welnhofer Peter ✕

Werner Hans Joachim ✕

Werner-Muggendorfer Johanna ✕

Dr. Wiesheu OttoDr. Wilhelm Paul ✕

Winter GeorgWörner Ludwig ✕

Wolfrum Klaus ✕

Zehetmair HansZeitler OttoZeller Alfons ✕

Zengerle Josef ✕

Dr. Zimmermann ThomasGesamtsumme 92 57 1

Name Ja Nein Enthaltemich

Page 97: 74. Sitzung - Bayerischer Landtag · 5266 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 15. Anzahl der Vollzeit-, Zweidrittel- oder Teilzeit-verträge

Anlage 3Bayerischer Landtag zur 74. Vollsitzung am 25.10.200114.Wahlperiode

Name Ja Nein Enthaltemich

Ach Manfred ✕

Appelt Dieter ✕

Dr. Baumann Dorle ✕

Beck Adolf ✕

Dr. Beckstein Günther ✕

Berg Irmlind ✕

Dr. Bernhard Otmar ✕

Biedefeld SusannBlöchl Josef ✕

Bocklet ReinholdBöhm Johann ✕

Boutter Rainer ✕

Brandl Max ✕

Breitschwert Klaus DieterBrosch FranzBrunner Helmut ✕

Christ Manfred ✕

Deml MarianneDinglreiter Adolf ✕

Dodell Renate ✕

Donhauser Heinz ✕

Dr. Dürr Sepp ✕

Eck Gerhard ✕

Eckstein KurtEgleder Udo ✕

Eppeneder Josef ✕

Ettengruber Herbert ✕

Dr. Eykmann Walter

Prof. Dr. Faltlhauser KurtDr. Fickler Ingrid ✕

Fischer Herbert ✕

Franzke Dietmar ✕

Freller Karl

Gabsteiger GünterProf. Dr. Gantzer Peter Paul ✕

Gartzke Wolfgang ✕

Dr. Gauweiler PeterGeiger Hermann ✕

Glück AloisGöppel Josef ✕

Görlitz Erika ✕

Goertz Christine ✕

Dr. Götz FranzDr. Goppel Thomas ✕

Gote Ulrike ✕

Grabner Georg ✕

Dr. Gröber KlausGuckert HelmutGüller HaraldGuttenberger Petra ✕

Haedke Joachim ✕

Dr. Hahnzog Klaus ✕

Hartenstein Volker ✕

Hartmann Gerhard ✕

Hausmann Heinz ✕

Hecht IngeHeckel DieterHecker Annemarie ✕

Heike Jürgen W. ✕

Heinrich HorstHerrmann JoachimHirschmann Anne ✕

Hoderlein Wolfgang ✕

Hölzl ManfredHofmann Walter ✕

Hohlmeier MonikaHuber ErwinHufe Peter ✕

Irlinger Eberhard

Jetz Stefan ✕

Dr. Jung Thomas

Dr. Kaiser HeinzKaul Henning ✕

Kellner EmmaDr. Kempfler Herbert ✕

Kiesel Robert ✕

Klinger Rudolf ✕

Knauer Christian ✕

Kobler KonradKöhler Elisabeth ✕

Dr. Köhler HeinzKönig AlexanderKränzle Bernd ✕

Kreidl Jakob ✕

Kreuzer Thomas ✕

Dr. Kronawitter HildegardKuchenbaur Sebastian ✕

Kupka Engelbert ✕

Leeb Hermann ✕

Leichtle WilhelmLochner-Fischer Monica ✕

Lode ArnulfLoscher-Frühwald Friedrich ✕

Name Ja Nein Enthaltemich

Abstimmungslistezur namentlichen Abstimmung zum Dringlichkeitsantrag der Abg. Maget, Werner-Muggendorfer und Frakt. (SPD)betreffend „Keine Terrorzellen in der Landeshauptstadt München“(Drucksache 14/7707)

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5362 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001

Lück Heidi ✕

Maget Franz ✕

Prof. Männle Ursula ✕

Matschl Christa ✕

Mehrlich Heinz ✕

Meißner Christian ✕

Memmel Hermann ✕

Dr. Merkl GerhardMeyer Franz ✕

Miller JosefMirbeth Herbert ✕

Möstl FritzDr. Müller Helmut ✕

Müller Herbert ✕

Müller Willi ✕

Münzel Petra ✕

Naaß Christa ✕

Nadler Walter ✕

Narnhammer Bärbel ✕

Nentwig Armin ✕

Neumeier Johann ✕

Niedermeier HermannNöth Eduard ✕

Obermeier Thomas ✕

Odenbach Friedrich ✕

Paulig RuthPeterke Rudolf ✕

Peters Gudrun ✕

Pfaffmann Hans-Ulrich ✕

Pienßel FranzPranghofer Karin ✕

Pschierer Franz

Dr. Rabenstein ChristophRadermacher Karin ✕

Ranner Sepp ✕

Freiherr von Redwitz Eugen ✕

Regensburger HermannReisinger AlfredRiess Roswitha ✕

Ritter LudwigDr. Ritzer Helmut ✕

Freiherr von Rotenhan Sebastian ✕

Rotter EberhardRubenbauer Herbert ✕

Rudrof Heinrich ✕

Dr. Runge Martin

Sackmann Markus ✕

Sauter Alfred ✕

Schammann JohannScharfenberg Maria ✕

Schieder Marianne ✕

Schieder Werner ✕

Schindler FranzSchläger Albrecht ✕

Schmid Albert ✕

Name Ja Nein Enthaltemich

Schmid Berta ✕

Schmid Georg ✕

Schmid Peter ✕

Schmidt RenateSchmidt-Sibeth Waltraud ✕

Schmitt-Bussinger Helga ✕

Schneider Siegfried ✕

Dr. Scholz ManfredSchopper Theresa ✕

Schreck Helmut ✕

Dr. Schuhmann Manfred ✕

Schultz HeikoSchweder Christl ✕

Schweiger Rita ✕

Sibler Bernd ✕

Sinner Eberhard ✕

Dr. Söder MarkusDr. Spaenle Ludwig ✕

Spitzner HansSprinkart AdiStahl Christine ✕

Stahl GeorgStamm Barbara ✕

Starzmann Gustav ✕

Steiger Christa ✕

Steinmaßl Hermann ✕

Stewens Christa ✕

Prof. Dr. Stockinger Hans Gerhard ✕

Dr. Stoiber EdmundStrasser JohannesStrehle Max ✕

Tausendfreund Susanna ✕

Thätter BlasiusTraublinger Heinrichvon Truchseß Ruth ✕

Unterländer Joachim ✕

Prof. Dr. Vocke Jürgen ✕

Vogel WolfgangVoget Anne ✕

Volkmann Rainer ✕

Wahnschaffe Joachim ✕

Dr. Waschler Gerhard ✕

Dr. Weiß Manfred ✕

Welnhofer Peter ✕

Werner Hans Joachim ✕

Werner-Muggendorfer Johanna ✕

Dr. Wiesheu OttoDr. Wilhelm PaulWinter GeorgWörner Ludwig ✕

Wolfrum Klaus ✕

Zehetmair Hans ✕

Zeitler OttoZeller Alfons ✕

Zengerle Josef ✕

Dr. Zimmermann ThomasGesamtsumme 56 83 0

Name Ja Nein Enthaltemich

Page 99: 74. Sitzung - Bayerischer Landtag · 5266 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 15. Anzahl der Vollzeit-, Zweidrittel- oder Teilzeit-verträge

Anlage 4zur 74. Vollsitzung am 25.10.2001

Kennzeichnung mit [x] = abweichendes Votum beider Mitberatung, soweit bei Versand der Tagesord-nung die Beschlussempfehlungen und Berichte vor-lagen.

(E) bedeutet einstimmige Zustimmung;(ENTH) Zustimmung mit Enthaltungen;(G) Zustimmung mit Gegenstimmen;(A) Ablehnung.

Verfassungsstreitigkeiten

1. Schreiben des Bayerischen Verfassungsgerichts-hofs vom 23. August 2001(Vf. 16-VII-01) betreffend

Antrag vom 18. August 2001 auf Feststellung derVerfassungswidrigkeit

1. des § 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Änderung desLandeswahlgesetzes vom 25. Mai 2001 (GVBlS.-216, BayRS 111-1-I),

2. des § 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Änderung desLandeswahlgesetzes vom 25. Mai 2001 (GVBlS.-216, BayRS 111-1-I), soweit er die Anlage zuArt. 5 Abs. 4 des Landeswahlgesetzes dahinge-hend ändert, dass der Markt Pleinfeld sowie dieMitgliedsgemeinden der Verwaltungsgemein-schaft Gunzenhausen (Markt Absberg, Gemein-de Pfofeld, Gemeinde Theilenhofen, GemeindeHaundorf) dem Stimmkreis 513 Roth zugeschla-gen werden,

3. des Art. 14 Abs. 1 Satz 5 der Verfassung desFreistaates Bayern in der Fassung der Bekannt-machung vom 15. Dezember 1998 (GVBlS.-991, BayRS 100-1-S),

4. des Art. 13 Abs. 1 der Verfassung des Freistaa-tes Bayern in der Fassung der Bekanntmachungvom 15. Dezember 1998 (GVBl S.-991, BayRS100-1-S)

AIII/G-1310/01-15Drs. 14/7605 (G)

Im federführenden Ausschuss fürVerfassungs-,Rechts- und Parlamentsfragen warenBerichterstatter: WelnhoferMitberichterstatter: Dr. Hahnzog

2. Schreiben des Bayerischen Verfassungsgerichts-hofs vom 16. August 2001(Vf. 14-VII-01) betreffend

Antrag vom 07. August 2001 auf Feststellung derVerfassungswidrigkeit des § 1 Nr. 3 des Gesetzeszur Änderung des Landeswahlgesetzes vom25. Mai 2001 (GVBl S.-216, BayRS 111-1-I), soweitdie Anlage zu Art. 5 Abs. 4 des Landeswahlgeset-zes den Stimmkreis 110 (Bad Tölz-Wolfratshausen,Garmisch-Partenkirchen) betrifft

AIII/G-1310/01-13Drs. 14/7606 (G)

Im federführenden Ausschuss fürVerfassungs-,Rechts- und Parlamentsfragen warenBerichterstatter: WelnhoferMitberichterstatter: Dr. Hahnzog

3. Schreiben des Bayerischen Verfassungsgerichts-hofs vom 30. August 2001(Vf. 17-VII-01) betreffend

Antrag vom 22. August 2001 auf Feststellung derVerfassungswidrigkeit

1. des § 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Änderung desLandeswahlgesetzes vom 25. Mai 2001 (GVBlS. 216, BayRS 111-1-I),

2. des § 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Änderung desLandeswahlgesetzes vom 25. Mai 2001 (GVBlS. 216, BayRS 111-1-I), soweit er die Anlage zuArt. 5 Abs. 4 des Landeswahlgesetzes dahinge-hend ändert, dass der Markt Heroldsberg demStimmkreis 508 Erlangen-Stadt zugeschlagenwird,

3. des Art. 14 Abs. 1 Satz 5 der Verfassung desFreistaates Bayern in der Fassung der Bekannt-machung vom 15. Dezember 1998 (GVBlS. 991, BayRS 100-1-S),

Anlage zur Tagesordnung der 74. Plenarsitzung:(Tagesordnungspunkt 9)

Abstimmung über Anträge etc., die gemäß § 63 Abs. 6der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden

Page 100: 74. Sitzung - Bayerischer Landtag · 5266 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 15. Anzahl der Vollzeit-, Zweidrittel- oder Teilzeit-verträge

5364 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001

4. des Art. 13 Abs. 1 der Verfassung des Freistaa-tes Bayern in der Fassung der Bekanntmachungvom 15. Dezember 1998 (GVBl S.-991, BayRS100-1-S)

AIII/G-1310/01-16Drs. 14/7604 (G)

Im federführenden Ausschuss fürVerfassungs-,Rechts- und Parlamentsfragen warenBerichterstatter: WelnhoferMitberichterstatter: Dr. Hahnzog

4. Schreiben des Bayerischen Verfassungsgerichts-hofs vom 30. August 2001(Vf. 18-VII-01) betreffend

Antrag vom 24. August 2001 auf Feststellung derVerfassungswidrigkeit

1. des § 1 Nr. 1 a des Gesetzes zur Änderung desLandeswahlgesetzes vom 25. Mai 2001 (GVBlS.-216, BayRS 111-1-I), soweit er vorsieht, dassbei einer Abweichung der Einwohnerzahl vonmehr als 25% von der durchschnittlichen Ein-wohnerzahl der Stimmkreise im jeweiligenWahlgebiet eine Neuabgrenzung der Stimmkrei-se vorzunehmen ist,

2. des § 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Änderung desLandeswahlgesetzes vom 25. Mai 2001 (GVBlS.-216, BayRS 111-1-I), soweit er die Anlage zuArt. 5 Abs. 4 des Landeswahlgesetzes dahinge-hend ändert, dass die Stadt Neusäß - bisher zu-gehörig dem Stimmkreis 704 (Augsburg-Land-Nord) - dem neugebildeten Stimmkreis 702(Augsburg-Stadt-West) zugeordnet wird

AIII/G1310/01-17Drs. 14/7603 (G)

Im federführenden Ausschuss fürVerfassungs-,Rechts- und Parlamentsfragen warenBerichterstatter: WelnhoferMitberichterstatter: Dr. Hahnzog

5. Schreiben des Bayerischen Verfassungsgerichts-hofs vom 07. September 2001(Vf. 19-VII-01) betreffend

Antrag vom 3. September 2001 auf Feststellungder Verfassungswidrigkeit

1. des § 1 Nr. 1 a des Gesetzes zur Änderung desLandeswahlgesetzes vom 25. Mai 2001 (GVBlS.-216, BayRS 111-1-I), soweit er vorsieht, dassbei einer Abweichung der Einwohnerzahl vonmehr als 25% von der durchschnittlichen Ein-wohnerzahl der Stimmkreise im jeweiligenWahlgebiet eine Neuabgrenzung der Stimmkrei-se vorzunehmen ist,

2. des § 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Änderung desLandeswahlgesetzes vom 25. Mai 2001 (GVBlS.-216, BayRS 111-1-I), soweit die Anlage zuArt. 5 Abs. 4 des Landeswahlgesetzes die Neu-einteilung der bisherigen Stimmkreise 704, 705und 706 im Wahlkreis Schwaben im Gebiet der

Landkreise Augsburg und Dillingen betrifft,insbesondere der Markt Thierhaupten (bisherStimmkreis 704 Augsburg-Land-Nord) demneugebildeten Stimmkreis 704 Augsburg-Land,Dillingen zugeordnet wird

AIII/G-1310/01-18Drs. 14/7602 (G)

Im federführenden Ausschuss fürVerfassungs-,Rechts- und Parlamentsfragen warenBerichterstatter: WelnhoferMitberichterstatter: Dr. Hahnzog

6. Schreiben des Bayerischen Verfassungsgerichts-hofs vom 13. September 2001(Vf. 20-VII-01) betreffend

Antrag vom 01. September 2001 auf Feststellungder Verfassungswidrigkeit des § 1 Nr. 3 des Geset-zes zur Änderung des Landeswahlgesetzes vom25. Mai 2001 (GVBl S.-216, BayRS 111-1-I), soweitdie Anlage zu Art. 5 Abs. 4 des Landeswahlgeset-zes folgende Stimmkreise im Wahlkreis Oberfran-ken betrifft:402 Bamberg-Stadt404 Coburg407 Kronach, Lichtenfels

AIII/G-1310/01-19Drs. 14/7601 (G)

Im federführenden Ausschuss fürVerfassungs-,Rechts- und Parlamentsfragen warenBerichterstatter: WelnhoferMitberichterstatter: Dr. Hahnzog

7. Schreiben des Bayerischen Verfassungsgerichts-hofs vom 19. September 2001(Vf. 21-VII-01) betreffend

Antrag vom 15. September 2001 auf Feststellungder Verfassungswidrigkeit

1. des § 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Änderung desLandeswahlgesetzes vom 25. Mai 2001 (GVBlS.-216, BayRS 111-1-I),

2. des § 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Änderung desLandeswahlgesetzes vom 25. Mai 2001 (GVBlS.-216, BayRS 111-1-I), soweit er die Anlage zuArt. 5 Abs. 4 des Landeswahlgesetzes dahinge-hend ändert, dass die Stadt Hallstadt demStimmkreis 402 (Bamberg-Stadt) zugeschlagenwird,

3. des Art. 14 Abs. 1 Satz 5 der Verfassung desFreistaates Bayern in der Fassung der Bekannt-machung vom 15. Dezember 1998 (GVBlS.-991, BayRS 100-1-S),

4. des Art. 13 Abs. 1 der Verfassung des Freistaa-tes Bayern in der Fassung der Bekanntmachungvom 15. Dezember 1998 (GVBl S.-991, BayRS100-1-S)

AIII/G-1310/01-20Drs. 14/7600 (G)

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Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 5365

Im federführenden Ausschuss fürVerfassungs-,Rechts- und Parlamentsfragen warenBerichterstatter: WelnhoferMitberichterstatter: Dr. Hahnzog

8. Schreiben des Bayerischen Verfassungsgerichts-hofs vom 27. September 2001(Vf. 22-VII-01) betreffend

Antrag vom 19. September 2001 auf Feststellungder Verfassungswidrigkeit

1. des § 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Änderung desLandeswahlgesetzes vom 25. Mai 2001 (GVBlS.-216, BayRS 111-1-I),

2. des § 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Änderung desLandeswahlgesetzes vom 25. Mai 2001 (GVBlS.-216, BayRS 111-1-I), soweit die Anlage zuArt. 5 Abs. 4 des Landeswahlgesetzes folgendeStimmkreise im Wahlkreis Oberfranken betrifft:401 Bamberg-Land402 Bamberg-Stadt407 Kronach, Lichtenfels408 Kulmbach,

3. des Art. 14 Abs. 1 Satz 5 der Verfassung desFreistaates Bayern in der Fassung der Bekannt-machung vom 15. Dezember 1998 (GVBlS.-991, BayRS 100-1-S),

4. des Art. 13 Abs. 1 der Verfassung des Freistaa-tes Bayern in der Fassung der Bekanntmachungvom 15. Dezember 1998 (GVBl S.-991, BayRS100-1-S)

AIII/G-1310/01-21Drs. 14/7599 (G)

Im federführenden Ausschuss fürVerfassungs-,Rechts- und Parlamentsfragen warenBerichterstatter: WelnhoferMitberichterstatter: Dr. Hahnzog

Verordnung

9. Antrag der StaatsregierungEntwurf einer Verordnung zur Änderung der Ver-ordnung zur Bestimmung der Namen der Landkrei-se und der Sitze der KreisverwaltungenDrs. 14/6489, 14/7623 (E) [X]

Anträge

10. Antrag der Abgeordneten Stahl Christine, Münzel,Gote u.a. und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENLehrerinnen- und Lehrermangel beseitigen – NativeSpeaker gewinnenDrs. 14/5772, 14/7504 (A)

Im federführenden Ausschuss fürBildung, Jugend und Sport warenBerichterstatterin: MünzelMitberichterstatter: Schneider Siegfried

11. Antrag der Abgeordneten Stahl Christine, Münzel,Gote u.a. und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENLehrerinnen- und Lehrermangel beseitigen – Mi-grantinnen und Migrantenals Lehrkräfte gewinnenDrs. 14/5774, 14/7506 (A)

Im federführenden Ausschuss fürBildung, Jugend und Sport warenBerichterstatterin: MünzelMitberichterstatter: Schneider Siegfried

12. Antrag der Abgeordneten Stahl Christine, Münzel,Gote u.a. und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENLehrerinnen- und Lehrermangel beseitigen – Be-richt der StaatsregierungDrs. 14/6031, 14/7507 (E)

13. Antrag der Abgeordneten Dr. Dürr, Münzel, Goteu.a. und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENLehrerinnen- und Lehrermangel beseitigenAttraktivität erhöhen - Direktbewerbungen vonLehrkräften an allen SchulartenDrs. 14/6520, 14/7073 (A)

Im federführenden Ausschuss fürBildung, Jugend und Sport warenBerichterstatterin: MünzelMitberichterstatter: Schneider Siegfried

14. Antrag der Abgeordneten Dr. Dürr, Münzel, Goteu.a. und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENLehrerinnen- und Lehrermangel beseitigen (3)Wiedergewinnung von in Bayern ausgebildetenLehrkräftenDrs. 14/6713, 14/7509 (E)

15. Antrag der Abgeordneten Dr. Dürr, Münzel, Goteu.a. und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENLehrerinnen- und Lehrermangel beseitigen (4)Öffnung des Schuldienstes für Lehrkräfte aus derEUDrs. 14/6714, 14/7510 (E)

16. Antrag der Abgeordneten Dr. Dürr, Münzel, Goteu.a. und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENLehrerinnen- und Lehrermangel beseitigen (5)Flexibilität zwischen den Schularten erhöhenDrs. 14/6715, 14/7511 (A)

Im federführenden Ausschuss fürBildung, Jugend und Sport warenBerichterstatterin: MünzelMitberichterstatter: Schneider Siegfried

17. Antrag der Abgeordneten Dr. Dürr, Münzel, Goteu.a. und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENLehrerinnen- und Lehrermangel beseitigen (6)Geld statt PlanstellenDrs. 14/6716, 14/7513 (A)

Im federführenden Ausschuss fürBildung, Jugend und Sport warenBerichterstatterin: MünzelMitberichterstatter: Schneider Siegfried

Page 102: 74. Sitzung - Bayerischer Landtag · 5266 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 15. Anzahl der Vollzeit-, Zweidrittel- oder Teilzeit-verträge

5366 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001

18. Antrag der Abgeordneten Dr. Dürr, Münzel, Goteu.a. und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENLehrerinnen- und Lehrermangel beseitigen (7)Anwärterbezüge mit Zahlungen für geleistete Über-stunden kombinierenDrs. 14/6717, 14/7514 (A)

Im federführenden Ausschuss fürBildung, Jugend und Sport warenBerichterstatterin: MünzelMitberichterstatter: Schneider Siegfried

19. Antrag der Abgeordneten Dr. Dürr, Münzel, Goteu.a. und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENLehrerinnen- und Lehrermangel beseitigen (8)Studierende in verwandten Studiengängen gewin-nenDrs. 14/6718, 14/7515 (A)

Im federführenden Ausschuss fürBildung, Jugend und Sport warenBerichterstatterin: MünzelMitberichterstatter: Schneider Siegfried

20. Antrag der Abgeordneten Dr. Dürr, Münzel, Goteu.a. und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENLehrerinnen- und Lehrermangel beseitigen (9)Planungsprozesse im Staatsministerium für Unter-richt und Kultus verbessernDrs. 14/6719, 14/7517 (A)

Im federführenden Ausschuss fürBildung, Jugend und Sport warenBerichterstatterin: MünzelMitberichterstatter: Schneider Siegfried

21. Antrag der Abgeordneten Dr. Dürr, Münzel, Goteu.a. und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENLehrerinnen- und Lehrermangel beseitigen (10)Teilarbeitsmärkte transparenter machenDrs. 14/6720, 14/7518 (A)

Im federführenden Ausschuss fürBildung, Jugend und Sport warenBerichterstatterin: MünzelMitberichterstatter: Schneider Siegfried

der Antrag der Abgeordneten Dr. Dürr, Münzel,Gote u.a. und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENLehrerinnen- und Lehrermangel beseitigen (11)Ausbildungsangebote machenDrs. 14/6721 wurde für erledigt erklärt

22. Antrag der Abgeordneten Dr. Dürr, Münzel, Goteu.a. und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENLehrerinnen- und Lehrermangel beseitigen (12)Studienzugang erleichternDrs. 14/6722, 14/7473 (A)

Im federführenden Ausschuss fürHochschule, Forschung und Kultur warenBerichterstatterin: MünzelMitberichterstatter: Dr. Waschler

23. Antrag der Abgeordneten Dr. Dürr, Münzel, Goteu.a. und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENLehrerinnen- und Lehrermangel beseitigen (13)Unterhälftig Beschäftigte aufstockenDrs. 14/6805, 14/7519 (A)

Im federführenden Ausschuss fürBildung, Jugend und Sport warenBerichterstatterin: MünzelMitberichterstatter: Schneider Siegfried

24. Antrag der Abgeordneten Dr. Dürr, Münzel, Goteu.a. und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENLehrerinnen- und Lehrermangel beseitigen (14)Übernahme von Fachhochschulabsolventinnen und-absolventenDrs. 14/6807, 14/7527 (A)

Im federführenden Ausschuss fürHochschule, Forschung und Kultur warenBerichterstatterin: MünzelMitberichterstatter: Dr. Waschler

25. Antrag der Abgeordneten Dr. Dürr, Münzel, Goteu.a. und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENFörderlehrerinnen und Förderlehrer einstellenDrs. 14/6712, 14/7508 (A)

Im federführenden Ausschuss fürBildung, Jugend und Sport warenBerichterstatterin: MünzelMitberichterstatter: Schneider Siegfried

26. Antrag der Abgeordneten Pranghofer, Irlinger u.a.SPDNotstand an Bayerns SchulenRaus aus dem Finanzdiktat - Bayern muss hausge-machtem Lehrermangel unverzüglich entgegenwir-kenDrs. 14/6916, 14/7520 (A)

Im federführenden Ausschuss fürBildung, Jugend und Sport warenBerichterstatterin: PranghoferMitberichterstatter: Schneider Siegfried

27. Antrag der Abgeordneten Pranghofer, Irlinger u.a.SPDNotstand an Bayerns SchulenPersonalentwicklungskonzept auflegenDrs. 14/6917, 14/7521 (A)

Im federführenden Ausschuss fürBildung, Jugend und Sport warenBerichterstatterin: PranghoferMitberichterstatter: Schneider Siegfried

28. Antrag der Abgeordneten Pranghofer, Irlinger u.a.SPDNotstand an Bayerns SchulenLehrer- und Lehrerinnenrolle neu profilierenDrs. 14/6918, 14/7522 (A)

Im federführenden Ausschuss fürBildung, Jugend und Sport warenBerichterstatterin: PranghoferMitberichterstatter: Schneider Siegfried

Page 103: 74. Sitzung - Bayerischer Landtag · 5266 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 15. Anzahl der Vollzeit-, Zweidrittel- oder Teilzeit-verträge

Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 5367

29. Antrag der Abgeordneten Pranghofer, Irlinger u.a.SPDNotstand an Bayerns SchulenFortlaufende Einstellungsmöglichkeiten schaffenDrs. 14/6919, 14/7523 (A)

Im federführenden Ausschuss fürBildung, Jugend und Sport warenBerichterstatterin: PranghoferMitberichterstatter: Schneider Siegfried

30. Antrag der Abgeordneten Pranghofer, Irlinger u.a.SPDNotstand an Bayerns SchulenNicht ohne PädagogikDrs. 14/6920, 14/7524 (A)

Im federführenden Ausschuss fürBildung, Jugend und Sport warenBerichterstatterin: PranghoferMitberichterstatter: Schneider Siegfried

31. Antrag der Abgeordneten Pranghofer, Irlinger u.a.SPDNotstand an Bayerns SchulenTeilarbeitsmarkt Schule öffnenDrs. 14/6921, 14/7525 (E) [X]

32. Antrag der Abgeordneten Pranghofer, Irlinger u.a.SPDNotstand an Bayerns SchulenWeiterbildungsbausteine schaffenDrs. 14/6922, 14/7526 (A)

Im federführenden Ausschuss fürBildung, Jugend und Sport warenBerichterstatterin: PranghoferMitberichterstatter: Schneider Siegfried

33. Antrag der Abgeordneten Franzke, Goertz, Naaßu.a. SPDErleichterung der Zulassung zum Verwendungsauf-stieg in den gehobenen DienstDrs. 14/6215, 14/7462 (E)

34. Antrag der Abgeordneten Dr. Eykmann, Ach, Hek-kel u.a. CSUErweiterung der Zulassungsvoraussetzungen fürden Verwendungsaufstieg in den gehobenenDienstDrs. 14/7032, 14/7463 (E)

35. Antrag der Abgeordneten Dr. Kronawitter, Wahn-schaffe, Lochner-Fischer u.a. SPDStaatsregierung soll die Landesarbeitsgemein-schaft der Freiwilligenagenturen in Bayern unter-stützenDrs. 14/6212, 14/7445 (E)

36. Antrag der Abgeordneten Welnhofer, Dr. Kempfleru.a. CSUAblehnung des Vorschlags für eine EU-Richtlinieüber einheitliche Mindestnormen für das Asylver-fahrenDrs. 14/6447, 14/7611 (G)

Im federführenden Ausschuss fürVerfassungs-,Rechts- und Parlamentsfragen warenBerichterstatter: KreuzerMitberichterstatter: Vogel

37. Antrag der Abgeordneten Welnhofer, Kreuzer, Un-terländer u.a. CSUAusweitung der Leistung gemeinnütziger Arbeitstatt ErsatzfreiheitsstrafeDrs. 14/6448, 14/7610 (G)

Im federführenden Ausschuss fürVerfassungs-,Rechts- und Parlamentsfragen warenBerichterstatter: KreuzerMitberichterstatter: Vogel

38. Antrag der Abgeordneten Dr. Kronawitter SPDKlärung von Verwaltungsverfahren bei Biogasanla-genDrs. 14/6524, 14/7628 (A)

Im federführenden Ausschuss fürWirtschaft, Verkehr und Technologie warenBerichterstatterin: Dr. KronawitterMitberichterstatter: Pschierer

39. Antrag der Abgeordneten Dr. Baumann, Hufe SPDMusisch-kreative Fächer in den Schulen stärkenDrs. 14/6538, 14/7615 (E)

40. Antrag der Abgeordneten Dr. Kempfler, Welnhofer,Hölzl u.a. CSUEffizienter Einsatz der DNA-AnalyseDrs. 14/6545, 14/7661 (G) [X]

Im federführenden Ausschuss fürVerfassungs-,Rechts- und Parlamentsfragen warenBerichterstatter: KreuzerMitberichterstatter: Dr. Hahnzog

41. Antrag der Abgeordneten Kaul, Dinglreiter,Dr. Kempfler CSUMaßnahmen zur Reduzierung von VerkehrslärmDrs. 14/6585, 14/7659 (E) [X]

42. Antrag der Abgeordneten Vogel, Dr. Hahnzog,Werner-Muggendorfer u.a. SPDUmgestaltung des Bundesamtes für die Anerken-nung ausländischer FlüchtlingeDrs. 14/6650, 14/7609 (G) [X]

Im federführenden Ausschuss fürVerfassungs-,Rechts- und Parlamentsfragen warenBerichterstatter: VogelMitberichterstatter: Kreuzer

43. Antrag der Abgeordneten Paulig, Dr. Runge, Tau-sendfreund BÜNDNIS 90DIE GRÜNENStrukturgutachten für neue Bergbahnkapazitäten imAlpengebiet WettersteinDrs. 14/6685, 14/7629 (A)

Im federführenden Ausschuss fürWirtschaft, Verkehr und Technologie warenBerichterstatter: Dr. RungeMitberichterstatterin: Dodell

Page 104: 74. Sitzung - Bayerischer Landtag · 5266 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 15. Anzahl der Vollzeit-, Zweidrittel- oder Teilzeit-verträge

5368 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001

44. Antrag der Abgeordneten Kaul, Dinglreiter CSUUnterstützung des Einsatzes von Erdgasfahrzeu-genDrs. 14/6729, 14/7631 (E)

45. Antrag der Abgeordneten Welnhofer, Kreuzer u.a.CSUSchuldrechtsmodernisierungsgesetzDrs. 14/6785, 14/7657 (G)

Im federführenden Ausschuss fürVerfassungs-,Rechts- und Parlamentsfragen warenBerichterstatter: LeebMitberichterstatter: Volkmann

46. Antrag der Abgeordneten Paulig, Dr. Runge, Schar-fenberg BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENPilotprojekte zum Einsatz von WasserstoffbussenDrs. 14/6820, 14/7634 (A) [X]

Im federführenden Ausschuss fürWirtschaft, Verkehr und Technologie warenBerichterstatter: Dr. RungeMitberichterstatter: Breitschwert

47. Antrag des Abgeordneten Prof. Dr. Gantzer SPDEurocopter Deutschland GmbHDrs. 14/6890, 14/7633 (E)

48. Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Maget,Dr. Hahnzog, Schultz und Fraktion SPDUrteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom1. März 2001 zum Landeserziehungsgeld für türki-sche Staatsangehörige (Az.: L 9 EG 9/00)Drs. 14/6977, 14/7444 (A)

Im federführenden Ausschuss fürSozial-, Gesundheits- und Familienpolitik warenBerichterstatter: SchultzMitberichterstatter: Unterländer

Page 105: 74. Sitzung - Bayerischer Landtag · 5266 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 15. Anzahl der Vollzeit-, Zweidrittel- oder Teilzeit-verträge

Anlage 5zur 74. Vollsitzung am 25.10.2001

Aufstellung

über in den Ausschüssen für erledigt erklärte Anträge:

Drs.-Nr Vorgangsart Betreff

3513 Antrag Teilnahme von Polizeibeamten an parteipolitischen Veranstaltungen

5515 Antrag Bericht über die Haltungsbedingungen in den Entenmastbetrieben der FirmaGepro

5756 Dringlich-keitsantrag

Vollzug des Ausländergesetzes - Bleiberecht für Bürgerkriegsflüchtlinge ausdem ehemaligen Jugoslawien

5852 Antrag Bericht über die Geflügelmast in Bayern

5995 Antrag Dienstkleidungsversorgung der Bayerischen Polizei

6646 Antrag Bericht über die Situation der Tbc-Infektionen in Bayern

6647 Antrag Mobilfunksendeanlagen/Elektrosmog; Neues Info-Material für Kommunen undÖffentlichkeit

6651 Antrag Deutscher Orden

6674 Antrag Schutzwesten für die Polizei

6684 Antrag Sicherung des Weilheimer Schlachthofs für die Region

6686 Antrag Dienstsport der bayerischen Polizei

6696 Antrag Epilepsieberatungsstellen in Bayern

6808 Antrag Bericht zur Neuregelung des Arbeitsmarktzugangs für Asylbewerber und gedul-dete Ausländer

6901 Dringlich-keitsantrag

Studiengang Innenarchitektur an der Akademie der Bildenden Künste in Nürn-berg

6903 Dringlich-keitsantrag

Sondermüllverbrennungsanlage Schwabach

6957 Antrag Zukunft der Schuleingangsuntersuchungen

7111 Antrag „Knöllchenpraxis“ in Bayern

7168 Antrag Neuerungen in der Impf-Prävention umsetzen

7320 Antrag Bericht über das Konzept zur Stärkung der Gefahrenabwehr von Gewalt inFamilie und Partnerschaft und die Verbesserung des Opferschutzes

7358 Antrag Bericht über Kreditvergabe der Bayerischen Landesbank an den Medienkon-zern Kirch

7380 Antrag Bericht über die Sicherheitslage in Bayern nach den Terroranschlägen in denUSA

7499 Dringlich-keitsantrag

Folgerungen aus den Terroranschlägen am 11. September für den Katastro-phen- und Zivilschutz in Bayern

Page 106: 74. Sitzung - Bayerischer Landtag · 5266 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 15. Anzahl der Vollzeit-, Zweidrittel- oder Teilzeit-verträge

5370 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001

Page 107: 74. Sitzung - Bayerischer Landtag · 5266 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 15. Anzahl der Vollzeit-, Zweidrittel- oder Teilzeit-verträge

Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 5371

Page 108: 74. Sitzung - Bayerischer Landtag · 5266 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001 15. Anzahl der Vollzeit-, Zweidrittel- oder Teilzeit-verträge

5372 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/74 v. 25.10.2001