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res, zuletzt erschien das Klavierwerk von Anton Bruckner. Und nach den Aufnahmen aller Klavier- werke von Mendelssohn stehen weitere Einspielun- gen an: Stefan Heuke wird ebenso aufgenommen, wie bald auch sämtliche Klavierkonzerte von Mo- zart. „Momentan habe ich einen Aufnahmezyklus von einem Aufnahmetag alle vier Wochen, immer mit anderem Repertoire“, er- klärt Markovina. Das ist viel, wenn man bedenkt, dass die Pianistin „neben den Aufnahmen“ natürlich Konzerte spielt, immerhin drei bis vier pro Monat mit unterschiedli- chem Repertoire – das gesamte Jahr über. Alle Aufnahmen veröffentlich- te sie bislang auf Hänssler Classics und bleibt diesem Label auch wei- terhin treu. An diesem Morgen stehen von Mendelssohn einige der Stücke aus den „Kinderstücken“ Op. 72 auf dem Programm für die Gesamtein- spielung. Die Tonmeisterin Kaling Hanke hat sich im Büro von Gernot Aufnahmetag Ein Sonntag. Während andere Leute sich in der Sonne vergnügen, ist Gernot Gottschling schon früh auf den Beinen gewesen, um den Bösendor- fer-Imperial-Flügel, den sich Ana-Marija Marko- vina für diese Aufnahmen ausgesucht hat, vorzu- bereiten. Und auch Markovina ist früh aufgestanden, um ihr Pensum zu schaffen, denn pro Aufnahme- tag stehen bis zu 60 Notenseiten für die Einspielungen auf dem Pro- gramm. Immens viel. „Ich weiß zwar recht genau, was ich in diesen Werken machen will, aber dennoch ist es ein unglaubliches Pensum“ , erklärt die Pianistin, die in den vergangenen Jahren neben ihrem Konzertalltag überhaupt ein im- menses Aufnahmepensum bewäl- tigt. Alle Werke von Carl Philipp Emanuel Bach vor ein paar Jahren war ein Großprojekt mit über 30 CDs, die Klavierwerke von Anton Urspruch vor einiger Zeit ein weite- 26 6 . 18 Schon mehrfach haben wir das Fachgeschäft „Gottschling – Haus der Klaviere“ in PIANONews vorgestellt, da es immer wieder Aktivitäten gibt, über die sich zu berichten lohnt. Gernot Gottschling, Gründer des Klavier- hauses in Dülmen-Hiddingsel, ist ein leidenschaftlicher Klavierbaumeister, der immer auch daran interessiert ist, mit Pianisten zusammenzuarbeiten. Jetzt hat er sein „Haus der Klaviere“ mit einigen neuen klanglichen Elementen ausgestattet, die es erlauben, dass man den großen mit hölzernem Spitzgiebeldach ausgebauten Ausstellungssaal noch besser als bisher als Aufnahmeraum nutzen kann. Entsprechend entdecken immer mehr Pianisten das „Haus der Klaviere“ in Dülmen-Hiddingsel für ihre CD-Einspielungen. So auch die Pianistin Ana- Marija Markovina. Wir hörten zu, als sie einige Stücke für die Gesamteinspielung von Felix Mendelssohn Bartholdys solistisches Klavierwerk aufnahm. A A UFNAHME A UFNAHME M M e e n n d d e e l l s s s s o o h h n n - - M M a a r r a a t t h h o o n n Ana-Marija Markovina nimmt im „Haus der Klaviere“ auf Von: Carsten Dürer Blick in den klangoptimierten Ausstellungsraum vom „Haus der Klaviere“ Gottschling in Dülmen-Hiddingsel, wo Anna-Maria Markovina am Flügel sitzt, um Mendelssohn aufzunehmen. Fotos: Dürer Verschnaufpause vom Spiel.

A AA UFNAHMEUFNAHME M Meennddeellssssoohhnn- … · 2019-06-04 · Hanke hat sich im Büro von Gernot Aufnahmetag Ein Sonntag. Während andere Leute sich in der Son ne vergnügen,

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Page 1: A AA UFNAHMEUFNAHME M Meennddeellssssoohhnn- … · 2019-06-04 · Hanke hat sich im Büro von Gernot Aufnahmetag Ein Sonntag. Während andere Leute sich in der Son ne vergnügen,

res, zuletzt erschien das Klavierwerk von AntonBruckner. Und nach den Aufnahmen aller Kla vier -werke von Mendelssohn stehen weitere Einspie lun -gen an: Stefan Heuke wird ebenso aufgenommen,wie bald auch sämtliche Klavierkonzerte von Mo -zart. „Momentan habe ich einen Aufnahmezyklus von

einem Aufnahmetag alle vier Wochen,immer mit anderem Repertoire“, er -klärt Markovina. Das ist viel, wennman bedenkt, dass die Pianistin„ne ben den Aufnahmen“ natürlichKonzerte spielt, immerhin drei bisvier pro Monat mit unterschiedli-chem Repertoire – das gesamte Jahrüber. Alle Aufnahmen veröffentlich-te sie bislang auf Hänssler Classicsund bleibt diesem Label auch wei-terhin treu.

An diesem Morgen stehen vonMendelssohn einige der Stücke ausden „Kinderstücken“ Op. 72 aufdem Programm für die Ge samt ein -spielung. Die Tonmeisterin KalingHanke hat sich im Büro von Gernot

AufnahmetagEin Sonntag. Während andere Leute sich in derSon ne vergnügen, ist Gernot Gottschling schonfrüh auf den Beinen gewesen, um den Bösendor -fer-Imperial-Flügel, den sich Ana-Marija Marko -vina für diese Aufnahmen ausgesucht hat, vorzu-bereiten. Und auch Markovina istfrüh aufgestanden, um ihr Pensumzu schaffen, denn pro Aufnahme -tag stehen bis zu 60 Notenseitenfür die Einspielungen auf dem Pro -gramm. Immens viel. „Ich weißzwar recht genau, was ich in diesenWerken machen will, aber dennochist es ein unglaubliches Pensum“,erklärt die Pianistin, die in denvergangenen Jahren neben ihremKon zertalltag überhaupt ein im -menses Aufnahmepensum bewäl-tigt. Alle Werke von Carl PhilippEmanuel Bach vor ein paar Jahrenwar ein Großprojekt mit über 30CDs, die Klavierwerke von AntonUr spruch vor einiger Zeit ein weite-

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Schon mehrfach haben wir das Fachgeschäft „Gottschling – Haus der Klaviere“ in PIANONews vorgestellt, daes immer wieder Aktivitäten gibt, über die sich zu berichten lohnt. Gernot Gottschling, Gründer des Klavier -hauses in Dülmen-Hiddingsel, ist ein leidenschaftlicher Klavierbaumeister, der immer auch daran interessiertist, mit Pianisten zusammenzuarbeiten. Jetzt hat er sein „Haus der Klaviere“ mit einigen neuen klanglichenEle menten ausgestattet, die es erlauben, dass man den großen mit hölzernem Spitzgiebeldach ausgebautenAusstellungssaal noch besser als bisher als Aufnahmeraum nutzen kann. Entsprechend entdecken immer mehrPianisten das „Haus der Klaviere“ in Dülmen-Hiddingsel für ihre CD-Einspielungen. So auch die Pianistin Ana-Marija Markovina. Wir hörten zu, als sie einige Stücke für die Gesamteinspielung von Felix Men delssohnBartholdys solistisches Klavierwerk aufnahm.

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Ana-Marija Markovina nimmt im „Haus der Klaviere“ auf

Von: Carsten Dürer

Blick in den klangoptimierten Ausstellungsraum vom „Haus derKlaviere“ Gottschling in Dülmen-Hiddingsel, wo Anna-MariaMarkovina am Flügel sitzt, um Mendelssohn aufzunehmen.

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Verschnaufpause vom Spiel.

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Gottschling eingerichtet, über Kopfhörer lauschtsie genauestens jeder Note, die im großen Ausstel -lungs raum erklingt. Sie ist freundlich im Umgangmit Ana-Marija Markovina – aber ebenso strengund unnachgiebig, wenn es um den Ausdruck, umdie Nuancierung und den Klang einer spezifischenNote im Kontext geht.

Zahllose Takes entstehen, niemals Note für No -te, doch in Bezug auf ganze Phrasen und Abschnit -te wird viel wiederholt und neu aufgenommen.Hanke geht es vor allem um den großen Bogen inder Interpretation. Die Zusammenarbeit funktio-niert hervorragend und ist konzentriert, aber den-noch auch immer wieder mit Humor durchwirkt.Beide Frauen kennen sich noch gar nicht so lange.Für die Bruckner-CD haben sie erstmals zusam-mengearbeitet und haben zueinander gefunden –das ist wichtig, wenn es um solch intensive Auf -nah me tage wie an diesem Sonntag geht. Die be -reits entstandene enge Verbindung zwischen Ton -meis terin und Pianistin erkennt man auch an derSpra che, die benutzt wird: „Ein bisschen mehrFleisch in Takt XY“, sagt Hanke und Markovina rea-giert sofort. Oder: „Wie sehr hängst Du an demRubato in den Takten XY“, fragt Hanke und meintdamit, dass man diese Stelle wohl doch flüssigerdurchspielen sollte. Markovina hat aufgrund derunterschiedlichen Aufnahmesituationen bereitsmit etlichen Tonmeistern gearbeitet und meint:„Ich will nicht beständig abhören gehen, sondern willspielen, will arbeiten an der Musik. Ich brauche keinenTonmeister, der mir sagt: Spielst du das bitte noch ein-mal. Ich will zwar mit dem Tonmeister zusammenar-beiten, will aber auch in Ruhe am Instrument feilenund arbeiten.“ Sie benutzt dieses Wort „arbeiten“häu figer, denn sie sieht bei all der künstlerischenBe schäftigung ihr Tun als Arbeit an. Das ist gutund richtig so, denn kein Musiker sollte so tun, alssei eine Aufnahmesituation keine harte Arbeit.Dass man diese Arbeit gerne macht, steht einfachauf einem anderen Blatt …

Das Anstrengendste für die lange Zeit schon inDeutschland lebende Kroatin Markovina ist es,dass gerade wunderschöne Gesamttakes an einerwichtigen Stelle einen Verspieler beinhalten. Damuss man dann noch einmal spielen – und nocheinmal, und noch einmal. Das Ergebnis soll ja per-fekt werden, nicht nur für die Ohren der an de ren,also der späteren Hörer der CD, sondern vor allemauch für die eigenen Ansprüche. Zwi schendurchgibt Markovina aus dem Saal zu be denken: „Eskann doch nicht sein, dass diese Stücke ein Kind spie-len kann.“ Nun, Mendelssohn war nun einmalnicht irgendein Kind, sondern ein hochbegabtes –und er hätte diese Stücke wohl auch schon alsKind spielen können. Dennoch sind die Anf orde -rungen dieser Kinderstücke – will man sie wirklichinteressant spielen – recht hoch. Als er die Stücke1842 kom ponierte, war Mendelssohn allerdingsschon ein arrivierter Komponist und wandte sich –wie auch viele seiner Kollegen – erst dann wiederStü cken für die angehenden Musiker zu.

Doch Markovina spielt die Kinderstücke nicht al -le hintereinander ein, sondern weiß genau, wel-che Werke sie wann spielen will und sollte, um dieKonzentration zu behalten und ihre Kräfte für denge samten Aufnahmetag richtig einzuteilen. So fol-

gen nach einigen der Kinderstücke nicht etwaauch die noch fehlenden beiden, sondern sie gehtüber zu den „Variazioni“ B-Dur op. 83. Für dengleichen Tag stehen auch noch das Opus 82 mitdemselben Titel auf der Liste sowie das „Capriccio“Opus 118. Dass etliche der in weiteren Aufnahme -sit zungen einzuspielenden Ma nuskripte Mendels -sohns erst spät aufgefunden und von dem Italie -ner Roberto Prosseda aufgearbeitet wurden, hatauch für Markovina einen positiven Effekt, daPros seda der Pianistin seine Ausar beitungen derun bekannten Werke zur Verfügung stellt.

Aufnahme im KlavierhausWarum investiert ein Klavierhaus viel Geld undZeit, um aus seinem Ausstellungsraum einen Auf -nah meort für Pianisten zu kreieren. Wobei die

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Hochkonzentriert:Tonmeisterin Kaling Hankehat sich ihren „Regieplatz“ imBüro von Inhaber GernotGottschling eingerichtet.

Mikrofone sind imgesamten Saal verteilt.

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Frage sich für Gernot Gottschling, Inhaber des Ge -schäfts, eigentlich nicht stellte. Schon seit demNeu bau dieses Klavierfachgeschäfts hatte man diegesamte Anlage als multikulturelles Haus ange-

legt. Nicht nur Ausstellung und Werkstatt solltedas Haus beherbergen, sondern ebenso ein Ort fürKonzerte und Aufnahmen sein. Seit Bestehen desneuen Gebäudes am Graskamp 17 in Dülmen-Hiddingsel vor 14 Jahren werden diese kulturellenVeranstaltungen durchgeführt. Die entsprechen-den technischen Voraussetzungen mit XLR-An -schlüssen und vollständiger Verkabelung wurdenbereits beim Bau mitbedacht. Doch es gab immerwieder einmal die Kritik, dass es bei Aufnahmenstehende akustische Wellen im Ausstellungsraumgäbe, die vor allem die Tonmeister beanstandeten.Daher ging Gernot Gottschling das Thema noch -mals an. Er lud das Düsseldorfer Akustik-Design-Un ternehmen „zimmerli Sounds“ ein, den Saalauszumessen und mit entsprechenden baulich-akustischen Maßnahmen zu versehen, um das

Man ko zu beheben. In den Ecken des Vorderberei -ches des Raumes wurden schallschluckende Kan -tenabsorber installiert. Zudem wurden 46 soge-nannte Baffeln (abgehängte Deckensegel) zurakustischen Verbesserung unter der sieben Meterhohen Decke so verteilt, dass der Klang nun ohneungewollte stehende Wellen wunderbar warmund direkt ist. Neben all diesen Ideen und Elemen -ten, hat Gottschling sich auch den Traum erfüllt,dass er direkt neben dem Geschäft wohnt, so dasser eine All-in-One-Lösung herbeigeführt hat.

Markovina ist glücklich über diesen Ort alsAufnahme-Raum. „Ich kenne Gernot Gottschlingnoch aus meiner Studienzeit, so dass es eine langeFreundschaft zwischen uns gibt. Als ich nun Men dels -sohns Werke einspielen wollte, hatte ich nach einemAufnahmeort mit einem Bösendoder-Flügel gesucht.Gernot Gottschling hatte diesen wirklich schönenBösendorfer Imperial.“ Und so stand der Ort baldfest. 22 Aufnahmetage sind über etliche Mo nateverteilt angesetzt, neben anderen Einspielun gen,die die Pianistin an anderer Stelle vornimmt. Nichtgerade viel Zeit für die Masse an Musik, die Men -dels sohn für Klavier zu zwei Händen hinterlassenhat.

Gernot Gottschling versucht seinen Einsatz fürdie Aufnahmen zu erklären: „Ich verstehe diesen Ortja nicht einfach nur als Geschäft, sondern wir habenvon Anbeginn an einen Ort für Konzerte und Aufnah -men gedacht“, erklärt er. Aber er gibt zu: „Wenn

mein Konzept, alles unter einem Dach zu haben, alsodass ich auch an meinem Geschäft wohne, nicht gege-ben wäre, würde ich das sicherlich nicht machen. Ichwollte zudem den Kontakt zu guten Künstlern, meinNetzwerk über die Tonmeister und Pianisten ver-größern.“ Natürlich liebt Gottschling, der selbstKla vier studierte hat, die Musik und begeistert sichfür die Arbeit der Pianisten. „Wenn ich sehe, was dieKünstler oftmals an anderen Aufnahmeorten allein fürein zur Verfügung gestelltes Instrument bezahlen müs-sen, denke ich, dass wir hier eine wunderbare Alterna -tive anbieten können.“ Immerhin bietet das „Hausder Klaviere“ gleich drei unterschiedliche Kon -zertflügel an: Schimmel K 280, Steinway & SonsModel D sowie den Bösendorfer Imperial. Und dieMiete beträgt inklusive der Aufbereitung des Ins -truments nur EUR 774,- pro Tag. Allerdings mussnatürlich der Tonmeister seine eigene Tech nik mit-bringen, was in Zeiten der Digitalisierung keinengroßen Aufwand bedeutet.

Kabelsalat vor demBösendorfer-Imperial.

Schwerstarbeit:Anna-Maria Markovina willihr Pensum schaffen.

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Neben der Liebe zu der Musik, gibt es für GernotGottschling allerdings auch ein geschäftliches In -teresse für dieses Angebot: „Wir lasten auf dieseWeise natürlich unser Geschäft auch am Wochenendeaus, wenn es eigentlich vollkommen leer steht“, erklärtder Klavierbaumeister. Natürlich ist es ein wenigauf wendig, da die Instrumente aus der Ausstel -lung verschoben werden müssen, der Flügel nachdem Geschmack des Pianisten aufbereitet werdenmuss. Hier kommt wieder das Konzept des „Allesunter einem Dach“ zum Tragen: „Wenn ich erst amWochenende irgendwohin fahren müsste, um dieseAufnahmesitzungen vorzubereiten, würde es für michkeinen Sinn machen, so etwas anzubieten.“ Ab Sams -tag nachmittag, wenn das Fachgeschäft schließt,kann aufgenommen werden. Markovina hat andiesem Wochenende allerdings nur den Sonntaggebucht, da sie meint, dass der halbe Samstag fürsie persönlich nicht viel Sinn machen würde, dasie dann nicht genug Zeit hätte in die aufzuneh-mende Musik „hineinzukommen“. Verständlich.

Demnächst will Gernot Gottschling zur angebo-tenen Konzertflügelauswahl noch einen histori-schen Flügel hinzufügen, der sich seit geraumerZeit in Restauration befindet. Es handelt sich umeinen Pleyel-Flügel „Le petit Patron“ von 1845 ineiner Größe von 205 Zentimetern Länge. Dass die-ser Flügel dann allerdings höchstwahrscheinlichkeine so stabile Stimmhaltung hat, wie der Bösen -dorfer Imperial an diesem Wochenende, ist ihmklar. „Da muss man dann die gesamte Zeit auch an -wesend sein“, erklärt der Klavierbaumeister.

Arbeit und PsychologieDie Knochenarbeit für Ana-Marija Markovinageht weiter: Die Variationen Opus 83 haben es insich, vor allem, wenn man bereits stundenlangeAufnahmearbeit hinter sich hat. Schmun zelndmeint sie: „Da gibt es manchmal bei Mendels sohndas Gefühl, als hätte er denselben Effekt auch mitweitaus weniger Schwierigkeiten und weniger Noten er -

reichen können – und er war gut genug als Kompo -nist.“ Sie lächelt und meint, dass es vielleicht auchklar wäre, warum einige der Werke, die sie sichnun für die Gesamteinspielung erarbeitet, nicht oftoder gar nicht gespielt werden.

Kaling Hanke wird zu einer immer wichtigerenPer son am späteren Nachmittag, einer Psycholo -gin, als es auch Momente gibt, in denen die Pia -nistin deutliche Anzeichen von Müdigkeit zeigt.„Du musst einfach an dieser Stelle langsamer spielen,forciere den Klang und das Tempo nicht, das machtdich nur müde“, sagt sie irgendwann. Es ist bemer-kenswert wie wenig Müdigkeitsanzeichen die Ton -meisterin selbst zeigt, denn immerhin muss sie je -de Sekunde der Einspielung Notizen für die Takesvornehmen, die Noten aufmerksam lesen und diePianistin motivieren, muss eine Idee aufgreifen,die sie im Spiel von Markovina erkennt – unddann die Künstlerin daran erinnern, welche Ideesie selbst eigentlich verfolgt. „Diese eine Zeile brau-chen wir noch einmal“, sagt sie oft, aber ohne Druckauszuüben, sondern eher als motivierende Auffor -de rung. „Diese Stelle haben wir nun sehr schön“, sagtsie oft, „aber den Takt XY brauchen wir noch einmalohne Sforzato.“ Und so geht es fort an diesem Tag.Bis zum frühen Abend wird aufgenommen. Dannsind die Pianistin und die Tonmeisterin ermüdet,sind erschöpft, aber auch glücklich über den ge -lungenen Aufnahmetag. Weitere werden folgen …

www.gottschling-klaviere.dewww.markovina.com

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Oben in der Mitte derEmpore sitzt Kaling Hanke

im Büro und „hört zu“.Unter der Decke sind die

Baffeln erkennbar, die aku-stischen Segel.