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Kurzbericht In aller Kürze Autorin Aktuelle Analysen aus dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit Bundesagentur für Arbeit Ältere Bezieher von Arbeitslosengeld II Einmal arm, immer arm? Mit der Dauer des Alg-II-Bezuges wächst das Armutsrisiko im Ruhestand – Noch schützen stetige Erwerbsbiographien ältere Hilfebezieher im Osten tendenziell besser vor Altersarmut Ältere Empfänger von Arbeitslosengeld II (Alg II) wechseln nicht selten aus dem Hilfebezug direkt in die Rente – ohne dass ihnen die Integration in Er- werbsarbeit wieder gelingt. Ob dieser Übergang auch mit der nachhaltigen Überwindung von Bedürftigkeit verbunden ist, hängt von der Altersvorsorge der Betroffenen und der ihrer (Ehe-)Partner ab. Handelt es sich hier also vorrangig um temporäre Armut, die spätestens mit dem Eintritt in die Rente enden wird? Oder wird sich die Armut für viele Betroffene in das Rentenalter hinein fortsetzen – bei nur geringen Aussichten, die Hilfebedürftigkeit je wieder zu überwinden? Eine Befragung von Bezie- hern des Alg II zwischen November 2005 und März 2006 liefert erste empi- rische Befunde zu diesen Fragen. Das individuelle Risiko späterer Altersar- mut 1 hängt für ältere Bezieher des Alg II entscheidend davon ab, ob sie bis zum Eintritt in den Hilfebezug bereits ausrei- chend hohe Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) erworben haben. Andernfalls kommt es darauf an, ob sie die verbliebene Siche- rungslücke durch den Wiedereinstieg in eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit noch schließen können. Denn während des Leistungsbezuges selbst bauen die Betroffenen im Regelfall nur sehr geringe Anwartschaften auf: Bis Ende 006 steigerte ein volles Jahr des Bezuges von Alg II die monatliche Ren- tenanwartschaft der Hilfeempfänger nur um 4 Euro 8 Cent. Nach der Halbierung des monatlichen Rentenversicherungs- beitrags auf 40 Euro seit Anfang des Jahres sind es sogar nur noch Euro und 19 Cent. Die Möglichkeiten, geringe gesetzliche Rentenanwartschaften anderweitig zu kompensieren, sind zudem für ältere Empfänger des Alg II in der Regel be- grenzt: Zum einen verfügen sie seltener als der Durchschnitt der Bevölkerung über eine zusätzliche betriebliche Al- tersvorsorge. Zum anderen deuten erste Ergebnisse darauf hin, dass die meisten auch nicht privat vorgesorgt haben oder vorsorgen konnten. Wie sehr Zeiten des Hilfebezugs die spätere Alterssicherung der Betroffenen Christina Wübbeke Ausgabe Nr. 14 / 20.8.2007 1 Als „arm“ werden hier Personen oder Haushalte bezeichnet, die ihren Lebensunterhalt nicht durch eigenes Einkommen bestreiten können, sondern auf (ergänzende) Leistungen der Grundsicherung angewiesen sind. 2 Jeweils bezogen auf den aktuellen Rentenwert des Jahres 006. Von den befragten ab 50-jährigen Alg-II-Bezie- hern vom Januar 005 gaben 9% der Männer und 6% der Frauen an, im Ruhestand Anspruch auf eine Betriebsrente aus einer Beschäftigung in der Privatwirtschaft oder eine Rente aus der Zusatzver- sorgung des öffentlichen Dienstes zu haben (Befra- gungszeitraum: November 005 bis März 006). Im Vergleich dazu besaßen im Juni 004 59% aller sozialversicherungspflichtig beschäftigten Arbeitnehmer und 60% aller Arbeitnehmerinnen eine betriebliche oder öffentliche Zusatzvorsorge (TNS Infratest 007: 17). Ältere Empfänger von Arbeits- losengeld II (Alg II) haben meist schon lange in die Rente eingezahlt: Nach Schätzungen weist die Hälfte der westdeutschen Hilfeempfänger im Alter von 50 Jahren mindestens 7 Beitragsjahre in der gesetzlichen Rentenversicherung auf. In Ostdeutschland erreicht die Hälfte der älteren Hilfeempfänger so- gar mindestens 4 Beitragsjahre. An- ders als im Westen zeigen sich dabei nur geringe Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Im Osten dürften ältere Bezieher von Alg II daher von Armut im Alter weniger bedroht sein. Hilfeempfängerinnen in West- deutschland haben mit Abstand die kürzesten Beitragszeiten. Da sie meist auch nur geringe Beiträge ein- gezahlt haben dürften, tragen sie ein besonders großes Risiko der Bedürf- tigkeit im Ruhestand – sofern sie nicht über ihren Partner ausreichend abgesichert sind. Die unterschiedlichen Versiche- rungsverläufe der älteren ost- und westdeutschen Bezieher von Alg II sind im Wesentlichen den unterschied- lichen Erwerbsbiographien in den beiden deutschen Staaten geschuldet. Bei den nachrückenden Jahrgängen werden sich diese Differenzen verrin- gern. Damit dürfte künftig insbeson- dere im Osten das Risiko der Alters- armut steigen, wenn sich die Arbeits- marktlage dort nicht grundlegend und dauerhaft verbessert.

Ältere Bezieher von Arbeitslosengeld II: Einmal arm ...doku.iab.de/kurzber/2007/kb1407.pdf · Von den befragten ab 50-jährigen Alg-II-Bezie- ... prinzipiell die besten Daten

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KurzberichtIn aller Kürze

Autorin

Aktuelle Analysen aus dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit

Bundesagentur für Arbeit

Ältere Bezieher von Arbeitslosengeld II

Einmal arm, immer arm? Mit der Dauer des Alg-II-Bezuges wächst das Armuts risiko imRuhestand – Noch schützen stetige Erwerbs bio gra phien ältere Hilfebezieher im Osten tendenziell besser vor Altersarmut

Ältere Empfänger von Arbeitslosengeld II (Alg II) wechseln nicht selten aus dem Hilfebezug direkt in die Rente – ohne dass ihnen die Integration in Er-werbsarbeit wieder gelingt. Ob dieser Übergang auch mit der nachhaltigen Überwindung von Bedürftigkeit verbunden ist, hängt von der Altersvorsorge der Betroffenen und der ihrer (Ehe-)Partner ab. Handelt es sich hier also vorrangig um temporäre Armut, die spätestens mit dem Eintritt in die Rente enden wird? Oder wird sich die Armut für viele Betroffene in das Rentenalter hinein fortsetzen – bei nur geringen Aussichten, die Hilfebedürftigkeit je wieder zu überwinden? Eine Befragung von Bezie-hern des Alg II zwischen November 2005 und März 2006 liefert erste empi-rische Befunde zu diesen Fragen.

DasindividuelleRisikospätererAltersar-mut1hängtfürältereBezieherdesAlgIIentscheidenddavonab,obsiebiszumEintrittindenHilfebezugbereitsausrei-chendhoheRentenanwartschaftenindergesetzlichenRentenversicherung(GRV)erworbenhaben.Andernfallskommtesdaraufan,obsiedieverbliebeneSiche-rungslücke durch den Wiedereinstiegin eine sozialversicherungspflichtigeTätigkeitnochschließenkönnen.

Denn während des LeistungsbezugesselbstbauendieBetroffenenimRegelfallnursehrgeringeAnwartschaftenauf:BisEnde�006steigerteeinvollesJahrdesBezugesvonAlgIIdiemonatlicheRen-tenanwartschaftderHilfeempfängernurum4Euro�8Cent.NachderHalbierungdes monatlichen Rentenversicherungs-beitrags auf 40 Euro seitAnfang desJahres sind es sogar nur noch � Euround19Cent.�

DieMöglichkeiten,geringegesetzlicheRentenanwartschaften anderweitig zukompensieren, sind zudem für ältereEmpfängerdesAlgII inderRegelbe-

grenzt:Zumeinenverfügensieseltenerals der Durchschnitt der Bevölkerungüber eine zusätzliche betrieblicheAl-tersvorsorge.�ZumanderendeutenersteErgebnissedaraufhin,dassdiemeistenauchnichtprivatvorgesorgthabenodervorsorgenkonnten.

Wie sehr Zeiten des Hilfebezugs diespätereAlterssicherungderBetroffenen

Christina Wübbeke

Ausgabe Nr. 14 / 20.8.2007

1Als„arm“werdenhierPersonenoderHaushaltebezeichnet,dieihrenLebensunterhaltnichtdurcheigenes Einkommen bestreiten können, sondernauf(ergänzende)LeistungenderGrundsicherungangewiesensind.2 Jeweils bezogen auf den aktuellen RentenwertdesJahres�006.�Vondenbefragtenab50-jährigenAlg-II-Bezie-hernvomJanuar�005gaben9%derMännerund6% der Frauen an, im RuhestandAnspruch aufeineBetriebsrenteauseinerBeschäftigunginderPrivatwirtschaftodereineRenteausderZusatzver-sorgungdesöffentlichenDiensteszuhaben(Befra-gungszeitraum:November�005bisMärz�006).Im Vergleich dazu besaßen im Juni �004 59%aller sozialversicherungspfl ichtig beschäftigten Arbeitnehmer und 60% allerArbeitnehmerinneneinebetrieblicheoderöffentlicheZusatzvorsorge(TNSInfratest�007:17).

Ältere Empfänger von Arbeits-losengeldII (AlgII) haben meistschonlangeindieRenteeingezahlt:Nach Schätzungen weist die Hälfteder westdeutschen Hilfeempfängerim Alter von 50 Jahren mindestens�7 Beitragsjahre in der gesetzlichenRentenversicherungauf.

In Ostdeutschland erreicht dieHälftederälterenHilfeempfängerso-garmindestens�4Beitragsjahre.An-dersalsimWestenzeigensichdabeinur geringe Unterschiede zwischendenGeschlechtern.ImOstendürftenältereBeziehervonAlgIIdahervonArmutimAlterwenigerbedrohtsein.

Hilfeempfängerinnen in West-deutschland haben mit Abstand diekürzesten Beitragszeiten. Da siemeistauchnurgeringeBeiträgeein-gezahlthabendürften,tragensieeinbesondersgroßesRisikoderBedürf-tigkeit im Ruhestand – sofern sienichtüber ihrenPartnerausreichendabgesichertsind.

Die unterschiedlichen Versiche-rungsverläufe der älteren ost- undwestdeutschen Bezieher von AlgIIsindimWesentlichendenunterschied-lichen Erwerbsbiographien in denbeidendeutschenStaatengeschuldet.Bei den nachrückenden JahrgängenwerdensichdieseDifferenzenverrin-gern.Damitdürftekünftig insbeson-dereimOstendasRisikoderAlters-armutsteigen,wennsichdieArbeits-marktlagedortnichtgrundlegendunddauerhaftverbessert.

� IABKurzberichtNr.14/�007

gefährden,hängtsomitnebenderDauerderHilfebedürftigkeitvorallemvondenindividuellen Erwerbs- undVersiche-rungsverläufenvorEintrittindenAlg-II-Bezug ab. Darüber hinaus spielen un-terschiedlicheFormenderAbsicherungimFamilienzusammenhangeineRolle.BeideAspektewerdenimFolgendenfürdieGruppederab50-jährigenLeistungs-beziehernäheruntersucht.GrundlagederAnalysenbildetdieIAB-Querschnittbe-

fragung „Lebenssituation und SozialeSicherung�005“(siehe Kasten unten).

Welches sind die Risiko-gruppen?

ZurgenauenAbschätzungderkünftigenVersorgungslage älterer Hilfebeziehermüsste man jeweils das gesamte zuerwartendeAlterseinkommen undVer-

mögenaufEbenedesHaushaltsberück-sichtigen.AllerdingsistdieindividuelleHöhe der bislang erworbenenAnwart-schaftinderGRVbereitseinwichtigererster Gradmesser dafür, Gruppen mitdifferierendenArmutsrisiken imAlterzu identifizieren. Hinweise auf Unter-schiedeimNiveauderbishererreichtenAbsicherung in der GRV geben dieindividuellen Pflichtbeitragszeiten der Hilfebezieher.

Betrachtet wird daher die individuelleSummederBeitragszeiten,diedieBe-fragten der Jahrgänge 1940-1954 biszu ihrem Eintritt in denAlg-II-BezugimJanuar�005erworbenhaben.DabeiwerdenjeweilsalleZeitenvomBeginndesErwerbslebensbiszum51.Geburts-tag berücksichtigt. Ermittelt wurdendie Beitragsdauern aus denAngabenderInterviewtenzuihrempersönlichenErwerbsverlauf. Sie bilden daher dietatsächlichindenRentenversicherungs-konten gespeicherten Beitragsmonatenurnäherungsweiseab(siehe Kasten).Eine Berechnung der exakten Renten-anwartschaften ist auf Basis der IAB-Querschnittbefragungnichtmöglich,dadieDatenkeineAuskunftüberdieHöhedereingezahltenBeiträgegeben.ZudemsindnichtallefürdieRenteausschlag-gebendenZeitenerfasst.

Ältere Hilfebezieher: Lange Beitragszeiten aus

Erwerbstätigkeit

DieVerteilungderBeitragsdauernzeigt,dass86Prozentderwestdeutschenundsogar96ProzentderostdeutschenälterenBefragtendieallgemeineWartezeitvonfünfJahrenbereitsvorderBeantragungdesAlgII erfüllt hatten (vgl. Abb. 1).SiewerdensomitunabhängigvonihremweiterenErwerbsverlauf imAlteroderbei ErwerbsminderungAnspruch aufeineeigenegesetzlicheRentehaben.4

4 NebendenhierbetrachtetenBeitragszeitenwer-denaufdieallgemeineWartzeitvon fünf JahrenauchErsatzzeiten(z.B.ZeitenpolitischerHaftinderDDR),MonateauseinemRentensplittingunterEhegatten oder aus einemVersorgungsaugleichnach einer Ehescheidung sowie anteilig Zeitengeringfügiger versicherungsfreier BeschäftigungabApril1999angerechnet.DieErfüllungderall-gemeinenWartezeitistdieVoraussetzungfüreinenRentenanspruchinderGRV.

Datenbasis und Berechnung der individuellen Beitragsdauern

Für Untersuchungen, die sich mit Prognosen zur Altersarmut beschäftigen, bietet die Studie „Altersvorsorge in Deutschland 2005“ (AVID 2005) prinzipiell die besten Daten. Allerdings fand die Haupterhebung der AVID 2005 bereits im Jahr vor der Einführung des Sozialgesetzbuches II statt, so dass Bezieher von Arbeitslosengeld II (Alg II) nicht zur Zielgruppe der Studie gehören. Die folgenden Analysen basieren daher auf der IAB-Erhebung „Lebenssituation und Soziale Sicherung 2005“. Für die Auswertung wurden durchgehend gewichtete Daten verwendet.

Befragt wurden rund 20.000 Personen im Alter zwischen 15 und 64 Jahren, die entweder im Januar 2005 Alg II bezogen haben oder bis Dezember 2004 Arbeitslosenhilfebezieher waren, jedoch nach Einführung des Alg II keinen Leistungsanspruch mehr hatten. Die Ergebnisse stützen sich dabei auf die Angaben der 2.486 Befragten, die beim Eintritt in den Alg-II-Bezug bereits zwischen 50 und 64 Jahre alt waren. Für diese Gruppe lässt sich das Risiko von Altersarmut zuverlässiger abschätzen als für jüngere Hilfebezieher, die noch einen größeren Teil ihres Erwerbslebens vor sich haben. Zudem wurden Fragen der Altersvorsorge nur Personen ab dem Alter von 50 Jahren gestellt.

Als Folge der lückenhaften Adressdaten zum Zeitpunkt der Stichprobenziehung konnten die Alg-II-Bezieher vom Januar 2005 jedoch nur in 266 von 439 Kreisen der Bundes-republik vollständig in die Studie einbezogen werden. Die übrigen 173 Kreise wurden aus der Analyse ausgeschlossen, weil die ehemaligen Sozialhilfebezieher unter den Empfängern von Alg II dort nicht erfasst wurden.

Zur Ermittlung der individuellen Gesamtdauer bisher erworbener Pflichtbeitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) wurden verschiedene Beitragszeiten addiert: die von den Befragten jeweils monatsgenau angegebenen Zeiten sozialversi-cherungspflichtiger Beschäftigung (einschl. der beruflichen Ausbildung) und die Zeiten des vermutlichen Bezugs von Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe oder Unterhaltsgeld. Für die Frauen wurden zu diesen Zeiten pauschal zwei Kindererziehungsjahre hin-zugezählt*, für die Männer jeweils die Zeiten des Wehr- oder Zivildienstes. Weitere Pflichtbeitragszeiten, z.B. aufgrund von Arbeitsunfähigkeit oder Rehabilitation, wurden nicht berücksichtigt. Da Zeiten des Bezugs von Entgeltersatzleistungen der Bundesagen-tur für Arbeit nicht für den gesamten Lebensverlauf erhoben wurden, mussten sie auf Grundlage der von den Befragten mitgeteilten Zeiten von Beschäftigung, Arbeitslosigkeit und Maßnahmeteilnahme rekonstruiert werden. Dazu wurde angenommen, dass die Interviewten immer dann Arbeitslosen- oder Unterhaltsgeld bezogen haben, wenn sie arbeitslos gemeldet waren oder an einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme teilnahmen, wenn sie zudem nicht gleichzeitig sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren und die Anwartschaftszeit für den Anspruch auf Arbeitslosengeld erfüllt hatten. Dauerte die Arbeitslosigkeit länger als die maximale Anspruchsdauer auf Arbeitslosengeld, wurde generell unterstellt, dass die Betroffenen im Anschluss Arbeitslosenhilfe erhielten (ohne Berücksichtigung der tatsächlichen Bedürftigkeit).

* Da die IAB-Querschnittbefragung keine Angaben zur Kinderzahl der Befragten enthält, wurde die durchschnittliche Kinderzahl von Frauen der Jahrgänge von 1940 bis 1954 herangezogen; diese liegt bei rund zwei Kindern (siehe Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung 2004: S. 21). Außerdem wurde unterstellt, dass die Kinder jeweils vor 1992 geboren wurden, so dass pro Kind nur ein Kindererziehungsjahr angerechnet wurde.

Ältere Hilfebezieher: Lange Beitragszeiten aus

Erwerbstätigkeit

Welches sind die Risikogruppen?

IABKurzberichtNr.14/�007 �

Gemessen an der Länge der Beitrags-zeiten dürfte ein beachtlicherTeil derälteren Hilfebezieher zudem mit einerRenteüberdemGrundsicherungsniveaurechnenkönnen.DennimMittelwarendie Befragten bis zum Eintritt in denAlg-II-BezugbereitsmehrereJahrzehnterentenversichert. So hat die Hälfte derHilfeempfänger in den alten Bundes-ländern bis zumAlter von 50 Jahrenmindestens�7,�Beitragsjahreerreicht.Dieoberen50ProzentderHilfebezieherindenneuenLändernkommensogaraufmindestens ��,9 Jahre.5Wie vertiefteAnalysenbelegen,beruhendieseZeiteninWest-wie inOstdeutschlandhaupt-sächlich auf entsprechend langen Be-schäftigungszeiten.NureinkleinerTeilderBeitragsmonategehtaufdenBezugvonArbeitslosengeld,ArbeitslosenhilfeoderUnterhaltsgeldzurück.

WasdieUnterschiedezwischenaltenundneuenLändernbetrifft,sozeigtsichfürältereEmpfängervonAlgIIeinähnliches

Bild wie für die Rentenversichertendieser Generation insgesamt:6 Da sichindenaufsummiertenBeitragszeitenimwesentlichennochdieunterschiedlichenBiographien indenbeiden ehemaligendeutschenStaatenwiderspiegeln, über-treffen die ostdeutschen HilfebezieherdiewestdeutschenhinsichtlichderBei-tragsjahre deutlich. Insbesondere gibtes in den alten Ländern weitaus mehr

EmpfängervonAlgII,dienursporadischindieRentenversicherungeingezahltha-benunddeshalbeinerhöhtesRisikoderAltersarmuttragendürften.Soverfügenlediglich8Prozentderostdeutschen,aber�8ProzentderwestdeutschenBefragtenüberwenigerals15Beitragsjahre.ZudemsinddieErwerbs-undVersicherungsver-läufe in Ostdeutschland erheblich ho-mogener:Währendsichdiemittleren50ProzentderBeitragsdauernindenwest-lichenBundesländernzwischen1�,1und�4,6Beitragsjahrenbewegen,liegtdieseSpanneinOstdeutschlandnurzwischen�9,8und�6,0Jahren.UmeingenaueresBildvondiesenVerteilungsmustern zuerhalten,wird imFolgendenzusätzlichnachFrauenundMännernunterschieden(vgl. Abb. 2).

AufdenerstenBlickfälltauf,dasswest-deutscheEmpfängerinnenvonAlgIIbeiweitem die kürzesten BeitragsdauernallervierGruppenaufweisen,wobeiderAbstandzudenanderenHilfebezieherngeradeimunterenBereichderVerteilungbesonders groß ist. So haben die �5ProzentderwestdeutschenMännermitdenkürzestenBeitragszeitenbiszu18,�Beitragsjahreangesammelt.DasuntersteViertelderostdeutschenFrauenhatsogarbiszu�0,�Jahreerreicht.Dagegenhabendieunteren�5ProzentderHilfebeziehe-rinnenindenaltenLändernbiszuihrem51. Geburtstag nur höchstens sieben

5PersonenmiteinerDauervonnullMonatensindindieserunddennachfolgenddargestelltenBerech-nungenjeweilseingeschlossen.BeiBeitragsdauernvon mehr als �6 Jahren handelt es sich um dieVersicherungszeitenvonFrauen,dieaufgrundihrerkontinuierlichenErwerbsbiographieunddenzweipauschalhinzugerechnetenKindererziehungsjahrendiesehohenWerteerreichen.6Vgl.dieErgebnissederStudie„AltersvorsorgeinDeutschland1996“(VDR/BMAS1999:141-146).

Beitragsjahre 5 10 15 20 25 30 35 40

20%

40%

60%

80%

100%

 IAB

Lesebeispiel: 86 Prozent der westdeutschen Hilfebezieher haben bis zum Alter von 50 Jahrenmehr als 5 Beitragsjahre erreicht, immerhin noch 56 Prozent die Marke von 25 Beitragsjahrenüberschritten, aber nur eine Minderheit von 23 Prozent hat mehr als 35 Beitragsjahre erworben.

Quelle: IAB-Querschnittbefragung "Lebenssituation und Soziale Sicherung" (QS I).

Verteilung der Pflichtbeitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung, die bis zum Alter von 50 Jahren erworben wurden

Westdeutschland (N =1.265) Ostdeutschland (N =1.221)

Abb. 1: Pflichtbeitragszeiten der Empfänger von Alg II in West- und Ostdeutschland

Ant

eil d

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Verteilung der Pflichtbeitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung,die bis zum Alter von 50 Jahren erworben wurden

5 10 15 20 25 30 35 40

20%

40%

60%

80%

100%

 IAB

Männer (N = 712)Frauen  (N = 553)

Männer (N = 581)Frauen  (N = 640) 

Lesebeispiel: 79 Prozent der westdeutschen Hilfebezieherinnen haben bis zum Alter von 50 Jahren mehr als 5 Beitragsjahre erreicht, immerhin noch 62 Prozent die Marke von 15 Beitragsjahrenüberschritten, aber nur eine Minderheit von 18 Prozent hat mehr als 35 Beitragsjahre erworben.

Quelle: IAB-Querschnittbefragung "Lebenssituation und Soziale Sicherung" (QS I).

West Ost

Beitragsjahre

Abb. 2: Pflichtbeitragszeiten von Männern und Frauen mit Alg-II-Bezug in West- und Ostdeutschland

Ante

il de

r Män

ner u

nd F

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n m

it Al

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Bezu

g

4 IABKurzberichtNr.14/�007

Beitragsjahreerworben–einschließlichder jeder Frau pauschal zugewiesenenzweiKindererziehungsjahre.

Augenfälligistaußerdem,dasssichzwarbei den westdeutschen Hilfebeziehernausgeprägte geschlechtsspezifischeUnterschiedezeigen,nichtaberinOst-deutschland.ImGegensatzzudenaltenLändernsindesdortsogardieFrauen,die wegen der zusätzlichen Kinderer-ziehungszeiten insgesamt die längerenBeitragsdauernaufweisen.Hierinmani-festiertsichdiehoheErwerbsbeteiligungvonFraueninderDDR.

Modellrechnungen zum Risi-ko der Altersarmut

MitHilfe einfacherModellrechnungensoll die Gruppe der vonAltersarmutbedrohten Hilfebezieher etwas nähereingrenzt werden. Die BerechnungenkönnendasAusmaßderspäterenHilfe-bedürftigkeit zwar nicht exakt bezif-fern,weilsieu.a.denHaushaltskontextaußerAchtlassen.Allerdingsgebensiezumindest einen grobenAnhaltspunktdafür, wie viele ältere Empfänger vonAlgIIdurchihreeigenenRentenanwart-schafteninderGRVbereitsausreichendgegenArmutabgesichertwären,würdensieohneAbschlägeinRentegehenundimAlter alleine leben (zum Vorgehen siehe Kasten rechts).

DasgeringsteRisikospätererAltersarmuttragendemnachdieostdeutschenMännerunterdenälterenBeziehernvonAlgII:6�ProzentvonihnenhabenbiszumAltervon50 Jahrenbereitsmindestens��,1Beitragsjahreerreicht.DamithättensieimFallevondurchschnittlich0,76Ent-geltpunktenproBeitragsjahrunabhängigvoneinemmöglichenWiedereinstieginBeschäftigungaufjedenFalleinegesetz-liche Rente auf Sozialhilfeniveau oderdarüberzuerwarten(vgl. Tab. 1).

AuchwestdeutscheMänner imAlg-II-BezugverfügengemäßdenModellrech-nungen in derMehrzahl (5�%) bereitsüberexistenzsicherndeAnwartschaften.Dank des höheren durchschnittlichenEntgeltpunktewertesvon0,81 liegtbeiihnen die Sozialhilfe-Schwelle nur bei�8,5Beitragsjahren.

Hingegen haben dem Modell zufolgetrotz langer Beitragszeiten nur knapp

46 Prozent der ostdeutschen Hilfebe-zieherinnen schon armutsvermeidendeRentenanwartschaftenaufbauenkönnen.GrundfürdieimVergleichzuostdeut-schenMännernniedrigeQuotesinddiegeringerenArbeitsentgelteostdeutscherFrauen,diesichinnur0,68Entgeltpunk-tenproBeitragsjahrundeinerentspre-chendlangenMindestbeitragsdauervon�4,8Jahrenniederschlagen.

MitAbstand am schlechtesten eigen-ständig abgesichert sind wie erwartetdieälterenHilfebezieherinneninWest-deutschland. Bei ihnen verbinden sichkurze Beitragsdauern mit niedrigenArbeitsentgeltenaufgrundvonTeilzeit-arbeit und geringer Entlohnung.7 Bei

Tab. 1: Risiken der Altersarmut bei älteren Beziehern des Alg II – Modellrechnungen –

West Ost

Männer Frauen Männer  Frauen

Durchschnittliche Entgeltpunkte pro Beitragsjahr laut Statistik der DRV (Referenz: deutsche Ren-tenversicherte der Jahrgänge 1940 bis 1954 mit Kontenklärung bis mindestens 1997) 

0,81 0,39 0,76 0,68

Umrechnung der Entgeltpunkte in die durch- schnittliche Rente aus einem Beitragsjahr* 21,16 € 10,07 € 17,43 € 15,63 €

Beitragsjahre bis zum Erreichen der Sozialhilfe-schwelle (West: 604 Euro, Ost: 559 Euro) 28,5 56,8 32,1 34,8

Anteil der Empfänger von Alg II, die bis zum Alter  von 50 mindestens diese Zahl von Beitragsjah-ren erreicht haben

53% 0% 62% 46%

* Durchschnittliche Entgeltpunkte pro Beitragsjahr multipliziert mit dem aktuellen Rentenwert von 2004  (West: 26,13 Euro; Ost: 22,97 Euro).

Quellen: Statistik der Deutschen Rentenversicherung: Rentenanwartschaften am 31.12.2004, Band 156, Berlin 2006, Tabellen 15.51 R., 15.52 R, 15.71 R und 15.72 R; Statistik über die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung 2004 des Statistischen Bundesamtes, Statistik G 10; eigene Berechnungen. 

Modellrechnungen zum Risiko der Altersarmut

ModellrechnungenFür die Modellrechnungen wird unterstellt, dass die Befragten im Schnitt ihrer Beitrags-jahre genauso viel verdient haben wie die jeweilige Referenzgruppe von Versicherten, für welche die durchschnittliche Entgeltpunktezahl pro Beitragsjahr* aus der Statistik der Deutschen Rentenversicherung bekannt ist. Die vier Referenzgruppen bestehen aus west- und ostdeutschen Männern und Frauen der Jahrgänge 1940 bis 1954 ohne Rentenbezug am Stichtag 31.12.2004 mit deutscher Staatsangehörigkeit und Konten-klärung mindestens bis 1997.**

Aus den durchschnittlichen Entgeltpunkten der Referenzgruppen pro Beitragsjahr und dem Euro-Wert eines Entgeltpunktes (aktueller Rentenwert 2004) lässt sich dann für jede der vier Gruppen ausrechnen, wie viele Beitragsjahre ein Angehöriger der Gruppe unter diesen Umständen jeweils benötigt, um (nach Erreichen der abschlagsfreien Altersgrenze) eine Bruttorente in Höhe der Sozialhilfe beziehen zu können. Als Sozialhilfeschwelle wird dabei der durchschnittliche Bruttobedarf eines ab 65-jährigen Beziehers von „Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung“ außerhalb von Einrichtungen am 31.12.2004 herangezogen, der in den alten Ländern bei durchschnittlich 604 Euro und in den neuen Ländern bei durchschnittlich 559 Euro monatlich lag (s. Tabelle 1).

* Die Entgeltpunkte, die ein Versicherter für ein Beitragsjahr erhält, geben dessen relative Einkom-mensposition wieder. Sie ergeben sich (von Ausnahmen abgesehen) aus dem Verhältnis des individu-ellen Bruttoarbeitsentgelts im betreffenden Kalenderjahr zum durchschnittlichen Bruttoarbeitsentgelt aller Versicherten desselben Jahres. Ein Jahr mit Durchschnittsverdienst erbringt somit genau einen Entgeltpunkt.** Die Beschränkung auf Versicherte mit deutscher Staatsangehörigkeit ist nötig, weil die Statistik der Deutschen Rentenversicherung zu den Rentenanwartschaften am 31.12.2004 (Band 156) bei der Ge-samtgruppe der Versicherten (Deutsche und Ausländer) nicht nach Fällen mit geklärten und ungeklärten Konten unterscheidet. Letztere würden die Ergebnisse jedoch erheblich verzerren.

7Vgl.zudenUrsachenderprekärenAlterssicherungvonFrauenAllmendinger�000.

IABKurzberichtNr.14/�007 5

durchschnittlichnur0,�9EntgeltpunktenproBeitragsjahrmüsstensieinsgesamt56,8JahrelangBeiträgeeinzahlen,umeineRenteinHöhederGrundsicherungzuerhalten.NachdieserDurchschnitts-betrachtunginderModellrechnungkannwohlkeinederbefragtenFrauenindenaltenLänderndieseHürdeüberwinden,selbstwennsichandieZeitdesAlg-II-BezugesnocheinelangeBerufstätigkeitanschließenwürde.

Aus den Modellrechnungen lässt sichschließen, dass ältere Hilfebezieher indenneuenLänderndankihrerjahrzehn-telangenstetigenErwerbstätigkeitvomRisiko derAltersarmut weit wenigerbetroffensindalsEmpfängervonAlgIIinWestdeutschland.DiesdürftewegendervergleichsweisegutenAbsicherungvonMännernwieFraueninsbesonderebeiPaarengelten.DemgegenüberzählenwestdeutscheFrauenzudenbesonderenRisikogruppen unter den EmpfängernvonAlgII: Sofern sie nicht durch dieRentenansprüche ihres Partners oderandereFormenderAltersvorsorgeaus-reichendabgesichertsind,tragensiemitAbstand das höchste Risiko, auch imRuhestandbedürftigzusein.

Die Situation der Jüngeren

Die bisherigen Ergebnisse zeigen, wieeinmaligdiehistorischeKonstellationist,diedieBiographienderhierbetrachtetenJahrgänge prägte. Die nachrückendenKohortenderheute15-bis50-Jährigensehen sich im Vergleich dazu grund-legend anderen wirtschaftlichen undgesellschaftlichenRahmenbedingungengegenüber.Dieselassenerwarten,dasssichdieVersicherungsverläufeinOstundWestsowiediederwestdeutschenFrau-enundMännerindennächstenJahrenundJahrzehntenzunehmendangleichenwerden.8

Zugleich ist für die heute 40- bis 50-jährigenBeziehervonAlgIIabsehbar,dass ihr Risiko derAltersarmut gene-rell steigt:9 DieVerschlechterung derArbeitsmarktlage ab den 70er Jahrenin Westdeutschland und dieArbeits-marktkrisenachderWiedervereinigungin Ostdeutschland trafen sie in einerfrüherenPhaseihresArbeitslebensundhinterließendeshalbstärkereSpureninihrenErwerbsbiographien.

DiezunehmendeDiskontinuitätderVer-sicherungsverläufewirdinAbbildung 3dargestellt. Sie beruht auf denBiogra-phiedatenderBeziehervonAlgIIausderIAB-QuerschnittbefragungundzeigtdieSummederBeitragszeitenzwischendemvollendeten�0.und40.Lebensjahr imVergleichderGeburtskohorten1940-44,1950-54und1960-64,jeweilsgetrenntfür ost- und westdeutsche Frauen undMänner. Demnach fallen dieAngehö-rigenderjüngstenKohortehinsichtlichihrer Beitragsjahre deutlich hinter den

Vorgängerjahrgängenzurück,wobeiderRückgang bei Frauen und Männern inOstdeutschlandamstärkstenausfällt.10

SelbstwenndenBetroffeneneinschnel-lerWiedereinstieg in eine dauerhafteund existenzsichernde Beschäftigunggelingensollte,dürftendiemeistendiebereits bestehenden SicherungslückenbiszumErreichendesRentenalterskaummehrausgleichenkönnen.

ZusätzlicheRisikenfürdieseJahrgängebergenzudemdieVeränderungenimSo-zialrecht.ZumeinenwirddasallgemeineRentenniveauinderGRValsFolgederjüngstenRentenreformenweitersinken(auch fürdiebereitsÄlteren), zuman-derenreißenPhasenderArbeitslosigkeitheutestärkereLückenindieindividuelleAlterssicherung(siehe Kasten auf S. 6).

DieBefundezurAltersarmutältererBe-ziehervonAlgIIlassensichausdiesenGründen nicht ohneWeiteres auf dienachfolgendenJahrgängeübertragen.

8Vgl.dazuVDR/BMAS1999:146.

9Vgl.dazuauchHimmelreicher/Frommert�006,Thiede�005,Schmähl�004.10AuchaktuelleAnalysenaufBasisadministrativerDatenfürWestdeutschlandbelegenzunehmendeLücken in den Erwerbsbiographien. In diesenAnalysenwerdenu.a.dieBeschäftigungsverläufeundArbeitslosigkeitsdauern vonAngehörigenderGeburtsjahrgänge19�9-1941,1949-1951und1959-1961 miteinander verglichen (siehe Dund-ler/Müller�006).

Die Situation der Jüngeren

 IABQuelle: IAB-Querschnittbefragung "Lebenssituation und Soziale Sicherung" (QS I).

- Männer und Frauen mit Alg-II-Bezug in West- und Ostdeutschland -

Jahre 5 10 15 20 25

20%

40%

60%

80%

100%

5 10 15 20 25

20%

40%

60%

80%

Jahre

Jahre 5 10 15 20 25

20%

40%

60%

80%

100%

5 10 15 20 25

20%

40%

60%

80%

Jahre

Jahrgänge 1960-64 Jahrgänge 1950-54 Jahrgänge 1940-44

Männer West

Frauen West

Männer Ost

Frauen Ost

Jg. 1940-44 (N =  77)Jg. 1950-54 (N = 262)Jg. 1960-64 (N = 441)

Jg. 1940-44 (N = 130)Jg. 1950-54 (N = 314)Jg. 1960-64 (N = 432)

Jg. 1940-44 (N =  74)Jg. 1950-54 (N = 321)Jg. 1960-64 (N = 355)

Jg. 1940-44 (N =  40)Jg. 1950-54 (N = 382)Jg. 1960-64 (N = 430)

Abb. 3: Summe der Pflichtbeitragszeiten in der gesetzlichen Rentenver- si cherung, die im Alter zwischen 20 und 40 Jahren erworben wurden

6 IABKurzberichtNr.14/�007

Die Alterssicherung von Paaren und Alleinlebenden

Ein vollständiges Bild von der Ver-sorgungslage älterer Hilfebezieher imRuhestandergibtsicherst,wennnebendenAnwartschafteninderGRVjeweilsauch die künftigenAnsprüche aus be-trieblicherundprivaterAltersvorsorge,RentenausderHinterbliebenversorgung,weitereAlterseinkünftesowieGeld-undImmobilienvermögen berücksichtigtwerden.BeiPaarensindauchdiejewei-ligenEinkünfteundVersorgungsansprü-chederPartnereinzubeziehen.

EinensolchumfassendenBlickaufdieAltersvorsorge älterer Hilfebeziehererlaubt die IAB-Querschnittbefragungzwarnicht.Immerhinkannabergezeigtwerden, welche Kombinationen vongesetzlicher, betrieblicher und privaterAltersvorsorgebeiPaarenundAlleinle-bendenauftreten.

Abbildung 4zeigt,beiwievielenPaarenjeweils beide Partner, ein Partner oderkeinerderbeidenPartnernachheutigemStand einAnrecht auf eine späteregesetzliche Rente hat. In den meistenFällen (76 Prozent) werden demnachbeide Partner einAltersruhegeld odereine Erwerbsminderungsrente von derGRV beziehen können, allerdings mitdeutlichenUnterschiedenzwischenOstundWest:Während85Prozentderost-deutschenPaarezweiRentenanrechtebe-sitzen,sindesbeiPaarenimWestennur

66Prozent.AuchdiesesErgebnisdeutetalsoaufeintendenziellgeringeresRisikoderAltersarmutvonälterenostdeutschenHilfeempfängernhin.

Die zweitgrößte Gruppe bilden mitinsgesamt16ProzentdiejenigenPaare,bei denen nur ein Partner bereits festmit einer späteren gesetzlichen Renterechnen kann. Bei rund 8 Prozent derPaareschließlichbesitztbislangkeinerder beiden Partner ein RentenanrechtinderGRV.DadiesePaaremeistauchnichtübereinebetrieblicheoderprivateAltersvorsorge verfügen, dürften sievonspätererArmutimAlterbesondersbedrohtsein.

Abbildung 5 zeigt, wie häufig Paare mit zwei GRV-Anwartschaften zusätzlicheAnrechteausbetrieblicheroderprivaterAltersvorsorgehaben:DiemeistendieserPaare(70Prozent)habenkeineweiterenRentenanrechte.DerzweitgrößteAnteilentfällt mit 16 Prozent auf die Paare,die imAlter zusätzlichLeistungenaus(mindestens)einemprivatenAltersvor-sorgevertragbeanspruchenkönnen.Da-beifälltauf,dassweitausmehrPaareimOstenzusätzlichprivatabgesichertsind(��%gegenübernur7% imWesten).MiteinemAnteilvon9ProzenttrittdieKombinationvonzweigesetzlichenundeinerbetrieblichenRentenanwartschaftauf,wobeidieseimWestenmit1�Pro-zentdoppelt so starkverbreitet istwieimOsten.FürdieBeziehervonAlgIIohne(Ehe-)PartnerzeigtsicheinsehrähnlichesBild

(vgl. Abb. 6):74ProzenthabenbishernurAnwartschafteninderGRVerwor-ben,11Prozenthabenzusätzlichprivatvorgesorgt, wobei diese Kombinationin Ostdeutschland bei weitem häufiger auftritt als inWestdeutschland (West:7%,Ost:17%).Weitere6ProzentderAlleinlebenden besitzen einAnrechtauf eine gesetzliche und eine betrieb-licheRente.Rund7Prozentsindwedergesetzlich noch betrieblich oder privatabgesichertunddürftendahereinbeson-dershohesRisiko tragen, imAlter aufFürsorgeleistungenderGrundsicherungangewiesenzusein.

West Ost

6685

22

1011 4kein Partner 

* Mindestens ein Partner ist 50 Jahre oder älter** 1.223 Fälle = 46 % der BefragtenQuelle: IAB-Querschnittbefragung "Lebens- situation und Soziale Sicherung" (QS I)  IAB

- Anteile in Prozent -

76

16

8ein Partner

beide Partner

alle Paare**

Abb. 4: Anrechte auf gesetzliche Rente bei Paaren* mit Alg-II-Bezug

West Ost

70 69

722

12

610 3GRV + BAV

* Mindestens ein Partner ist 50 Jahre oder älterGRV = gesetzliche RentenversicherungPAV = private AltersvorsorgeBAV = betriebliche AltersvorsorgeQuelle: IAB-Querschnittbefragung "Lebens-situation und Soziale Sicherung" (QS I)

 IAB

-Anteile  in Prozent -

alle Paare

69

16

96

GRV + PAV

nur GRV

GRV + sonstige

Abb. 5: Altersvorsorge von Paaren*  mit Alg-II-Bezug, die zwei GRV- Rentenanrechte haben

Unterschiedliche Folgen von Langzeitarbeitslosigkeit für die Alterssicherung im Kohortenvergleich

Für die Angehörigen der Jahrgänge von 1940 bis 1954 galten längere Anspruchsdauern beim Arbeitslosengeld als es für jüngere Jahrgänge im selben Alter jeweils der Fall sein wird. So konnten Arbeitslose seit 1987 bereits ab dem Alter von 42 Jahren (seit 1997: 45 Jahren) länger als 12 Monate Arbeitslosengeld beziehen, und zwar je nach Lebensalter und gebunden an eine bestimmte Mindestbeitragszeit zwischen 18 Monate (ab dem Alter von 42 Jahren, seit 1997: 45 Jahren) und 32 Monate (ab dem Alter von 54 Jahren, seit 1997: 57 Jahren). Seit Februar 2006 ist die höchstmögliche Anspruchsdauer auf 12 Monate und für ab 55-Jährige auf 18 Monate begrenzt.

Zudem konnten die heute Älteren bei länger andauernder Arbeitslosigkeit noch die an das frühere Nettoentgelt gekoppelte Arbeitslosenhilfe beziehen, sofern sie bedürftig waren. Die heute Jüngeren erhalten hingegen im selben Alter spätestens nach zwei Jahren des Alg-II-Bezuges nur noch eine Leistung auf Grundsicherungsniveau (nach Wegfall des zweijährigen Zuschlags zum Alg II). Mit der geringeren Höhe der Trans-ferleistungen gehen für die Jüngeren dabei auch geringere Beitragszahlungen zur Rentenversicherung einher.

Die Alterssicherung von Paaren und Alleinlebenden

IABKurzberichtNr.14/�007 7

Fazit

Einmalarm,immerarm?Füreinener-heblichenTeilderheute50-jährigenundälterenEmpfängervonAlgIIlässtsichdieseFragewohlmiteinem„Nein“be-antworten.DenndankstetigerErwerbs-biographien kann rund die Hälfte vonihnenbereitsjetztmiteinergesetzlichenRente oberhalb des Sozialhilfeniveausrechnen–einRentenzugangohneAb-schlägevorausgesetzt.EineAusnahme indieserAltersgruppebilden westdeutsche Frauen:AufgrundvonErwerbsunterbrechungenundnied-rigerenArbeitsentgelten dürften siemehrheitlich keine existenzsicherndeeigenständigeAlterssicherung errei-chenunddaheraufdasEinkommendesPartners oder ergänzende Leistungender„GrundsicherungimAlteroderbeiErwerbsminderung“angewiesensein.Dabei ist jedochzubeachten,dassdiehieruntersuchteGenerationderälterenBezieher vonAlgII einen großenTeilihresErwerbslebensuntervergleichswei-se günstigenArbeitsmarktbedingungenverbrachte. Dagegen haben bei dennachrückenden Jahrgängen der heute40-bis50-jährigenLeistungsempfängerdiskontinuierlichere Erwerbsverläufebereits zu größeren Lücken in derAl-

tersvorsorge geführt. Dies gilt insbe-sonderefürOstdeutschland,wosichdieDDR-bedingten, stetigen Biographienlangsam„auswachsen“.DasRisikoderAltersarmutdürftedaherimKohorten-vergleich steigen,dadieHilfebeziehermittlerenAltersselbstbeieinerraschenundnachhaltigenReintegrationinsozi-alversicherungspflichtige Beschäftigung diebereitsbestehendenBeitragslückeninderRegelwohlnichtmehrkompensierenkönnen.NebendemWandelderErwerbsbiogra-phien beeinflussen auch Änderungen im SozialrechtdieRahmenbedingungenfürdieindividuelleAlterssicherung.HierzugehörendieAbsenkungdesall-gemeinen Rentenniveaus in der GRVebensowiedieTatsache,dassdasSozi-alrechtdieFolgenvonArbeitslosigkeitfür dieAlterssicherung des Einzelnenheuteweniger stark ausgleicht als frü-her.SowurdedieAnspruchsdauerbeimArbeitslosengeldI verkürzt (dessenBezug in der Regel mit relativ hohenBeitragszahlungenzurGRVverbundenist)unddieArbeitslosenhilfedurchdasAlgIIersetzt(aufdessenBasisnurmehrminimale Rentenversicherungsbeiträgegeleistetwerden).InwelchemAusmaßdiese sozialrechtlichen Änderungen zuwachsendenAlterssicherungsrisiken

führen,hängtauchvomErfolgderAr-beitsmarktreformen ab. InsbesonderemüsstedieangestrebteVerringerungderLangzeitarbeitslosigkeitgelingen.ZudemdürftedasAuslaufender„58er-Regelung“zumEndediesesJahresnichtohneFolgenbleiben.MitdiesemSchrittwillderGesetzgebereinSignal setzengegendenfrühenRückzugältererHil-feempfängerausdemErwerbsleben.DieStrategiekönnteerfolgreichsein,wenndie intendierte Reintegration künftigbesser gelingt als bisher.Andernfallskönnte sich das Problem derAltersar-mut zusätzlich verschärfen. Denn die„58er-Regelung“schütztältereBeziehervonAlgII bislang davor, zum frühestmöglichen Zeitpunkt eineAltersrentemitAbschlägenbeantragenzumüssen.NachihremAuslaufenwirddasPrinzipderNachrangigkeitdesAlgIIgegenüberanderen Sozialleistungen auch für diegesetzlicheRentegelten.

So werden dann gerade jene Hilfebe-zieher hohe Rentenabschläge (bis zu18 %) hinnehmen müssen, welche dieAnspruchsvoraussetzungen für einevorgezogeneAltersrenteerfüllen–weilsie lange Beitragszeiten erworben ha-ben oder einer Personengruppe ange-hören, welcher der Gesetzgeber aussozialenGründendieMöglichkeiteinesfrüherenRentenzugangseröffnethatte.Dies betrifft insbesondere Frauen undSchwerbehinderte (vgl. ausführlicherWübbeke/Hirseland/Koch �007). Diekünftige Verpflichtung der Empfänger vonAlgIIzumfrühestmöglichenRen-tenzugangbenachteiligtdahereinzelneGruppenvonHilfebeziehernundkanndasRisikoderAltersarmutfürdieBe-troffenenerhöhen.

DamitkonterkariertdieFrühverrentungs-pflicht zugleich das mit der Schonung privaterAltersvorsorgeverbundeneZieldesSGBII,präventivgegenArmutimAlter zu wirken. Im Grenzfall sind essogarerstdieBeitragszeitendesAlg-II-Bezuges,diezuLastenderBetroffenenAnsprücheaufvorgezogeneAltersrentenbegründen und damit die HinnahmevonRentenabschlägen erzwingen.AusdiesenGründensolltemannocheinmalüberprüfen, ob nicht auch für die Zeitnach�007dieRegelungsinnvollist,dassBeziehervonAlgIInureineAltersrenteohneAbschlägebeantragenmüssen.

Fazit

Männer Frauen

77 72

67

1072

512

* 1.263 Fälle = 54 % der BefragtenQuelle: IAB-Querschnittbefragung "Lebenssituation und Soziale Sicherung" (QS I)  IAB

- Anteile in Prozent -

alle

74

11

627

nur gesetzliche Rentenversicherung

sonstige Altersvorsorge

Männer Frauen 

75 71

15 19

43 23 7

gesetzliche Rentenversicherung + private Altersvorsorge

gesetzliche Rentenversicherung + betriebliche Altersvorsorge

keine Altersvorsorge

Alleinlebenden* Westdeutschland Ostdeutschland

11

Abb. 6: Altersvorsorge der älteren alleinlebenden Beziehern von Alg II

8 IABKurzberichtNr.14/�007

UmArmut imAlter vorzubeugen, hatderGesetzgeberzum1.August�006denFreibetragfürdienichtRiester-geförder-teprivateAltersvorsorge11fürvolljährigeBezieher desAlgII von �00 Euro auf�50EuroproLebensjahrheraufgesetzt.Damit wird die privateVorsorge vonHilfebeziehernnunstärkergeschütztalseszuletztimArbeitslosenhilferechtundinsbesonderebeiderfrüherenSozialhilfederFallwar.

InwelchemMaßedieserechtlicheBes-serstellunginsgesamtzueinerReduzie-rungderHilfebedürftigkeitimRuhestandbeiträgt,hängtunteranderemdavonab,wievieleHilfebeziehertatsächlichübereine privateAltersvorsorge verfügenund inwelcherHöhe.UnterdenheuteälterenHilfebeziehernbeteiligtsichzwarnureineMinderheitandieserFormderVorsorge,dochkönntedieseQuotemitderzunehmendenVerbreitungderpriva-tenAlterssicherunginderBevölkerungkünftigwachsen.UnabhängigdavonistdieErhöhungderAltersvorsorgefreibe-trägejedocheinrichtigerSchrittzurVer-ringerungvonRisikenderAltersarmut.

Literatur

Allmendinger, Jutta (2000):Wandel vonErwerbs-undLebensverläufenunddieUn-gleichheitzwischendenGeschlechternimAlterseinkommen,in:Schmähl,Winfried;Michaelis,Klaus(Hg.):AlterssicherungvonFrauen,Wiesbaden.

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Deutsche Rentenversicherung (2006):Rentenanwartschaften am �1.1�.�004,StatistikderDeutschenRentenversicherung,Bd.156.

Dundler, Agnes; Müller, Dana (2006): Erwerbsverläufe imWandel: Ein LebenohneArbeitslosigkeit–nurnochFiktion?IAB-KurzberichtNr.�7/�006.

Himmelreicher, Ralf K.; Frommert, Dina (2006):GibtesHinweiseaufzunehmendeUngleichheit derAlterseinkünfte und zu-nehmende Altersarmut? Der Einfluss von Erwerbs-undFamilienbiographienaufdieRentenhöheinDeutschland,in:Vierteljah-resheftezurWirtschaftsforschung,Heft1,S.108-1�0.

Schmähl, Winfried (2004):Ein„Nachhal-tigkeitsgesetz“fürdieRentenversicherung–Anspruch und Wirklichkeit, in: Wirt-schaftsdienst,Heft4,S.�10-�18.

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TNS Infratest Sozialforschung (2007): Si-tuationundEntwicklungderbetrieblichenAltersversorgung in Privatwirtschaft undöffentlichemDienst�001-�006,München.

Verband Deutscher Rentenversicherungs-träger (VDR) / Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (BMAS) (1999):AltersvorsorgeinDeutschland1996,DRV-SchriftenBd19,BMA-ForschungsberichtBd.�77,FrankfurtamMain.

Wübbeke, Christina; Hirseland, Andreas; Koch, Susanne (2007):DasAltersarmuts-risikovonälterenBezieherndesArbeitslo-sengeldsII:RisikogruppenundEffektedesSGBIIaufdieAlterssicherung,in:Armuts-festigkeit sozialer Sicherung, Bd. 56 derSchriftenreihedesDeutschenSozialrechts-verbandes,Wiesbaden(imErscheinen).

IABKurzbericht Nr. 14 / 20.8.2007

Redaktion Ulrich Möller, Elfriede Sonntag 

Graphik & Gestaltung Monika Pickel, Elisabeth Strauß Rechte Nachdruck – auch auszugsweise – nur  mitGenehmigung des IAB gestattet 

Technische Herstellung pms Offsetdruck GmbH, Wendelstein

Rückfragen zum Inhalt anDr. Christina Wübbeke, Tel. 0911/179-3925 oder e-Mail: christina.wü[email protected] 

ISSN 0942-167X

IAB im Internet: http://www.iab.de Dort finden Sie unter anderem auch diesen Kurzbericht im Volltext zum Download 

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11Die Riester-geförderte privateAltersvorsorgegehört ebenso wie betriebliche und gesetzlicheRentenanwartschaftenzudemnichtzuberücksich-tigendenodernichtverwertbarenVermögeneinesAlg-II-Antragstellers und ist daher vollständiggeschützt.FürVermögen,dasnichtderAltersvor-sorgedient,giltzudemeinGrundfreibetraginHöhevon 150 Euro pro Lebensjahr eines volljährigenerwerbsfähigenHilfebedürftigen.