Upload
nicole-boschung
View
251
Download
12
Embed Size (px)
DESCRIPTION
Â
Citation preview
AGRARFORSCHUNG SCHWEIZ
A p r i l 2 0 1 5 | H e f t 4
Ag
rosc
op
e |
BLW
| H
AFL
| A
GR
IDE
A |
ETH
Zü
rich
| F
iBL
Nutztiere Die Rolle des Freibergerpferdes im Pferdemarkt Schweiz Seite 136
Pflanzenbau Kupfereinsatz von Schweizer Biobauern in verschiedenen Kulturen Seite 160
Kurzbericht Zielkonflikte zwischen Biodiversitätsförderung und Pflanzenschutz Seite 174
InhaltApril 2015 | Heft 4
Das Freibergerpferd ist die einzige heute noch existierende Pferde-rasse mit Ursprung in der Schweiz. Es hat mit rückläufigen Bestan-des- und Geburtenzahlen sowie einer fehlenden Rentabilität bei der Produktion zu kämpfen. Das Schweizer Nationalgestüt SNG von Agroscope untersuchte im Rahmen eines Strategierapportes zur Erhaltung der Freibergerrasse die Marktkonformität des Freibergerpferdes. (Foto: Martin Rindlisbacher)
ImpressumAgrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse ist die Zeitschrift der landwirtschaftlichen Forschung von Agroscope und ihren Partnern. Die Zeitschrift erscheint auf Deutsch und Französisch. Sie richtet sich an Fachpersonen aus Forschung, Industrie, Lehre, Beratung und Politik, an kantonale und eidgenös sische Ämter und weitere Fachinteressierte.
HerausgeberinAgroscope
Partnerb Agroscope (Institut für Pflanzenbauwissenschaften IPB;
Institut für Nutztierwissen schaften INT; Institut für Lebensmittelwissenschaften ILM; Institut für Nachhaltigkeits wissenschaften INH), www.agroscope.ch
b Bundesamt für Landwirtschaft BLW, Bern, www.blw.chb Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL, Zollikofen, www.hafl.chb Beratungszentrale AGRIDEA, Lindau und Lausanne, www.agridea.ch b Eidgenössische Technische Hochschule ETH Zürich,
Departement für Umweltsystemwissenschaften, www.usys.ethz.chb Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL, www.fibl.org
Redaktion Leitung und deutsche RedaktionAndrea Leuenberger-Minger, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse,Agroscope, Postfach 64, 1725 Posieux, Tel. +41 58 466 72 21, Fax +41 58 466 73 00
Französische RedaktionSibylle Willi, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse,Agroscope, Postfach 1012, 1260 Nyon 1, Tel. +41 58 460 41 57
StellvertretungJudith Auer, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse,Agroscope, Postfach 1012, 1260 Nyon 1, Tel. +41 58 460 41 82
E-Mail: [email protected]
Redaktionsteam Vorsitz: Jean-Philippe Mayor (Leiter Corporate Communication Agroscope), Evelyne Fasnacht, Erika Meili und Sibylle Willi (Agroscope), Karin Bovigny-Ackermann (BLW), Beat Huber-Eicher (HAFL), Esther Weiss (AGRIDEA), Brigitte Dorn (ETH Zürich), Thomas Alföldi (FiBL).
AbonnementPreiseZeitschrift: CHF 61.–* (Ausland + CHF 20.– Portokosten), inkl. MWSt. und Versandkosten, Online/App: CHF 61.–* * reduzierter Tarif, siehe: www.agrarforschungschweiz.ch
AdresseNicole Boschung, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse, Agroscope, Postfach 64, 1725 Posieux E-Mail: [email protected], Fax +41 58 466 73 00
AdressänderungenE-Mail: [email protected], Fax +41 31 325 50 58
Internet www.agrarforschungschweiz.chwww.rechercheagronomiquesuisse.ch
ISSN infosISSN 1663-7852 (Print)ISSN 1663-7909 (Internet)Schlüsseltitel: Agrarforschung SchweizAbgekürzter Schlüsseltitel: Agrarforsch. Schweiz
© Copyright Agroscope. Nachdruck von Artikeln gestattet, bei Quellenangabe und Zustellung eines Belegexemplars an die Redaktion.
Erfasst in: Web of Science, CAB Abstracts, AGRIS
135 Editorial
Nutztiere
136 Die Rolle des Freibergerpferdes im Pferdemarkt Schweiz
Ruedi von Niederhäusern et al.
Nutztiere
144 Verdaulichkeit und Abbaubarkeit von Ganzpflanzensilagen aus Getreide und Erbsen Yves Arrigo, Silvain Henneberger und Ueli
Wyss
Nutztiere
152 Qualität von Ganzpflanzensilagen aus Triticale, Hafer und Futtererbsen
Ueli Wyss und Yves Arrigo
Pflanzenbau
160 Kupfereinsatz von Schweizer Biobauern in verschiedenen Kulturen
Bernhard Speiser, Esther Mieves und Lucius
Tamm
Pflanzenbau
166 Physiologische Eigenschaften von Kartoffel sorten und Konsequenzen für die Produzenten
Emilie Carrera et al.
Kurzbericht
174 Zielkonflikte zwischen Biodiversitätsförderung und Pflanzenschutz
Karin Ruchti und Christoph Studer
178 Porträt
179 Aktuell
183 Veranstaltungen
Editorial
135
Stefan Rieder,ForschungsbereichsleiterAgroscope, Schweizer National-gestüt SNG, Avenches
10 Jahre Netzwerktagung Pferdeforschung Schweiz
Liebe Leserin, lieber Leser
Im April 2005 versammelten sich rund 40 Persönlichkeiten der Schweizer Pferde
branche auf Einladung der Direktion des Schweizer Nationalgestüts zu einem
Austausch in Avenches. Ziel war die gegenseitige Vorstellung von Kompetenzen,
Tätigkeiten, Projekten und Bedürfnissen im Hinblick auf eine bessere Vernetzung
der Branche und zwecks Stärkung des Wissenstransfers zwischen Forschung und
Praxis. Die Idee eines Netzwerkes Pferdeforschung Schweiz war geboren.
Seit 2006 treffen sich Vertreter aus Wissenschaft und Industrie, Pferdehalter,
züchter und nutzer einmal jährlich im April im Théâtre du Château in Avenches.
Bis heute präsentierten Studierende, Doktoranden, PostDocs und gestandene
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler insgesamt 127 Vorträge und 234 Pos
ter. Im Allgemeinen handelte es sich immer um Arbeiten, die an einer Schweizer
Institution realisiert wurden. Weiter präsentierten Gäste aus dem In und Ausland
insgesamt 31 Vorträge zu aktuellen gesellschaftlichen Themen rund ums Pferd.
Dank der grosszügigen Unterstützung vieler Sponsoren konnten jedes Jahr Preise
für die besten und originellsten Beiträge vergeben werden. Das Ziel dabei war
immer die Motivation von jungen Forschenden und damit die Förderung der
Innovation für die Pferdebranche. Viele dieser Arbeiten wurden später auch im
Ausland an Tagungen präsentiert und konnten damit einen Impact über unsere
Landesgrenzen hinaus erzielen.
Über welche Bereiche wurde referiert? – Etwa die Hälfte der Beiträge betref
fen medizinische Themen rund ums Pferd. Etwa ein Viertel der Beiträge lässt sich
dem Fachgebiet Zucht und Genetik inklusive Reproduktion zuweisen. Ein weite
rer Viertel der Beiträge behandelt Fragen rund um die Pferdehaltung. Dies bein
haltet Arbeiten aus dem Fachgebiet der Verhaltenswissenschaften, der Tierer
nährung aber auch des Bauwesens und der Ökonomie. Besondere Farbtupfer
waren einzelne Beiträge aus der Archäologie, der Geschichte, der Künste, der
Ethik, der Soziologie und des Rechts.
Sicherlich hat die Netzwerktagung die interessierte Branche und Akteure aus
den Hochschulen und den Forschungsanstalten einander näher gebracht. Pro
jekte wurden lanciert, junge wie ältere Fachkräfte konfrontierten und tauschten
sich zu fachfremden Themen aus. Im Vergleich zu 2005 besitzen wir heute weit
genauere Zahlen über diverse Trends und generell die sozioökonomische Bedeu
tung des Pferdes in der Schweiz.
All dieses Knowhow wird es brauchen, um die Herausforderungen der
Zukunft zu meistern: Eine stetig steigende Pferdepopulation in der Schweiz hat
auch vielfältiges Konfliktpotenzial zur Folge. Unsere Landreserven sind begrenzt,
der Kulturlandschutz und nachhaltiges Wirtschaften haben ein hohes politisches
Gewicht. Die Pferdebranche ist Teil der Freizeitbranche. Sie generiert rund eine
halbe Milliarde Schweizerfranken an Einnahmen in der Landwirtschaft. Wie
nachhaltig diese Branche sich in den nächsten Jahren weiterentwickelt und
behauptet, wird sich noch zeigen. In der Netzwerktagung hat die Schweizer Pfer
debranche eine wichtige Plattform, welche immer wieder Impulse setzt.
Agrarforschung Schweiz 6 (2): 135, 2015
136 Agrarforschung Schweiz 6 (4): 136–143, 2015
fenen Akteuren der Branche eine Strategie zu erarbei
ten. Als wichtiger Bestandteil der im Jahr 2014 durchge
führten Arbeiten galt die Frage der aktuellen
Marktkonformität des Freibergerpferdes.
Problemstellung
Das Pferdewesen hat in der Schweiz während den letzten
Jahrzehnten eine quantitative Entwicklung und Populari
sierung erfahren (Poncet et al. 2007 und 2009, Schmidlin
et al. 2013). Der Equidenbestand (Pferde, Ponys und Klein
pferde, Esel, Maultiere und Maulesel) hat seit 1983 um fast
40 % zugenommen. Ende 2013 lebten in der Schweiz rund
104‘000 Equiden in einem bunten Mix aus über 150 Rassen.
Der grösste Teil der Equiden in der Schweiz sind Warmblü
ter (41 %). Knapp ein Viertel der Equiden (24 %) gehören
zu den Ponys. Mit rund einem Fünftel beziehungsweise
20‘000 Tieren (19 %) halten die Freiberger den grössten
Anteil einer einzelnen Rasse innerhalb der Schweizer Equi
denpopulation (Schmidlin et al. 2015).
E i n l e i t u n g
Auftrag
Das Freibergerpferd ist die einzige heute noch existie
rende Pferderasse mit Ursprung in der Schweiz. Seit die
Schweiz im Anschluss an die Umweltkonferenz von Rio de
Janeiro 1992 die Konvention über die biologische Vielfalt
(CBD) 1994 ratifiziert hat, ist sie verpflichtet, ihren Beitrag
an die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der pflanzen
und tiergenetischen Ressourcen zu leisten (BLW 1998).
Das Schweizer Nationalgestüt (SNG) ist das Kompe
tenzzentrum des Bundes für Equiden innerhalb von
Agroscope. Projekte zur Erhaltung der genetischen
Diversität sowie zur Steigerung der Marktfähigkeit der
Freibergerzucht haben einen hohen Stellenwert. Zur
Unterstützung und Förderung einer nachhaltigen Ent
wicklung der Freibergerpferderasse hat Agroscope vom
Bundesrat im Rahmen des Leistungsauftrages (LA)
2014–2017 die Aufgabe erhalten, zusammen mit betrof
Die Rolle des Freibergerpferdes im Pferdemarkt Schweiz Ruedi von Niederhäusern1, Lea Schmidlin1, Ariane Sotoudeh1, Markus Neuditschko1 und Salome Wägeli2
1Agroscope, Institut für Nutztierwissenschaften INT, Schweizerisches Nationalgestüt, 1580 Avenches, Schweiz2Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL, 3052 Zollikofen, Schweiz
Auskünfte: E-Mail: [email protected]
N u t z t i e r e
Pferdemarkt Schweiz – quo vadis FM? (Foto: Martin Rindlisbacher)
Die Rolle des Freibergerpferdes im Pferdemarkt Schweiz | Nutztiere
137
Zusa
mm
enfa
ssu
ng
Agrarforschung Schweiz 6 (4): 136–143, 2015
Das Freiberger Pferd hat wie viele andere ver-
gleichbare lokale, ursprüngliche europäische
Pferderassen mit rückläufigen Bestandes- und
Geburtenzahlen sowie einer fehlenden Rentabili-
tät auf Stufe Produktion zu kämpfen. Agroscope,
Schweizer Nationalgestüt SNG, untersuchte im
Zuge der Erarbeitung eines Strategierapportes zur
Erhaltung der Freibergerrasse die Marktkonformi-
tät des Freibergerpferdes (FM: franches-montag-
nes) mittels einer Umfrage bei Pferdeeigentü-
mern sowie ergänzenden Experteninterviews.
Die Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass bei
einer Mehrheit der befragten Pferdeeigentümer
die persönlichen Erwartungen an ein Pferd mit
der Beurteilung der Qualitäten und der generel-
len Wahrnehmung des Freibergerpferdes
deckungsgleich sind. Daraus lässt sich ableiten,
dass der FM über Qualitäten verfügt, die im
Grundsatz im Freizeitpferdemarkt nachgefragt
werden (einfacher Charakter, Polyvalenz, Robust-
heit, Gesundheit). Das Image des Markenbildes
FM ist bei den nicht FM-Besitzern deutlich
weniger positiv als bei den FM-Besitzern. Die
Ergebnisse der Umfrage sowie der Experteninter-
views zeigten, dass vor allem Anstrengungen zur
Verbesserung der Vermarktung und des Images
notwendig sind, um einen besseren Absatz von
Freibergerpferden zu gewährleisten und damit
auch langfristig einen Anstieg der Geburten zu
erreichen.
Die Schweizer Equidenpopulation befindet sich in einem
ständigen Wandel: Durch Geburten oder Importe kom
men laufend neue Pferde, Ponys oder Esel hinzu. Durch
Tod oder Exporte verlassen aber auch stets wieder Equiden
den Pferdemarkt Schweiz. Der jährliche Erneuerungsbe
darf wird auf rund 6000 nutzbare Equiden (Alter ≥ 3 Jahre)
geschätzt, dabei wird rund ein Drittel über die inländische
Zucht und zwei Drittel über Importe abgedeckt. Während
die Importe trotz Importkontingent in den letzten Jahren
stetig gestiegen sind, sind die Geburtenzahlen stark rück
läufig. Aktuell verlieren die Freibergerpferde jährlich
leicht an Marktanteilen, 2013 0,4 % in Bezug auf die
gesamte Schweizer Equidenpopulation, 2,7 % innerhalb
der Rasse. Dem gegenüber gewinnen die Ponys an Markt
anteilen, im Durchschnitt (2003–2013) rund 0,5 % in Bezug
auf die gesamte Schweizer Equidenpopulation, 7 % inner
halb der Rasse (Schmidlin et al. 2015).
M a t e r i a l u n d M e t h o d e
Um Aussagen zur Marktkonformität des Freibergerpfer
des machen zu können, wurde im Frühsommer 2014
nebst Literaturstudien eine Umfrage bei Schweizer Equi
deneigentümern initiiert. Der standardisierte Fragebo
gen wurde über die Identitas AG – Betreiberin der Tier
verkehrsdatenbank Agate – elektronisch verschickt.
Nebst den soziodemografischen Grundinformationen
lag der Fokus auf folgenden Fragestellungen:
•• Nutzung: Wie werden die Equiden in der Schweiz
genutzt, und wie unterscheidet sich die Nutzung des
Freibergers zur restlichen Population?
•• Markenbild FM: Wie wird das Freibergerpferd
wahrgenommen?
•• Kaufverhalten: Welche Merkmale sind wichtig beim
Pferdekauf, wo werden Pferde erworben, welche
Alterskategorien und welcher Ausbildungsstand wird
gesucht, welcher Preis wird bezahlt?
•• Informationsquellen: Über welche Kanäle informiert
sich der Käufer vor dem Pferdekauf?
Zusätzlich zur Umfrage wurden neun Experten mit
einem engen Bezug zur Schweizer Pferdebranche im
Rahmen von strukturierten Interviews befragt.
Die Auswertung der Umfragedaten erfolgte über meh
rere Schritte: Die Stichprobe wurde in fünf Gruppen ein
geteilt Diese Einteilung diente der Analyse von Unter
schieden und Gemeinsamkeiten zwischen Züchtern und
Nutzern sowie zwischen Eigentümern von Freiberger
pferden, Eigentümern von anderen Pferderassen und
Eigentümern von Ponys:
•• ZuchtFM: Züchter von Pferden der Freibergerrasse
•• ReinFM: Equideneigentümer, bei denen der Anteil
Freibergerpferde mindestens 75 % beträgt
•• MixedFM: Equideneigentümer, bei denen der Anteil
Freibergerpferde mindestens 50 % beträgt
•• MixedPony: Equideneigentümer, bei denen der Anteil
Ponys mindestens 50 % beträgt
•• KeinFM: Equideneigentümer, die keine Freiberger
pferde besitzen
•• Für die deskriptive (tabellarische und graphische)
Darstellungen und weiterführende Datenanalyse
(Berechnung von Korrelationen) wurden die Pro
gramme Microsoft EXCEL 2010 und R 2.15.2 ver
wendet.
R e s u l t a t e
Nutzer
Die Analyse der einzelnen Gruppen zeigte, dass die Pfer
deeigentümer, welche keine Freiberger besitzen, das
stärkste Interesse an der Teilnahme an Pferdesportanläs
sen aufweisen. Grundsätzlich bestätigte sich aber bei
allen Gruppen eine starke Orientierung in Richtung Frei
Nutztiere | Die Rolle des Freibergerpferdes im Pferdemarkt Schweiz
138
zeitnutzung von Pferden (unter Freizeitnutzung wird
eine nicht Wettkampforientierte Nutzung von Pferden
in der Freizeit verstanden). Dies deckt sich mit allen
anderen vorliegenden Daten aus der Schweiz und auch
aus den umliegenden Nachbarländern (Schmidlin et al.
2013, Corpataux et al. 2014).
Auf die Frage der höchsten beruflichen Ausbildung der
Befragten zeigten die drei Gruppen mit FMAnteilen ein
relativ homogenes Bild: Rund 50 % der Befragten haben
einen eidgenössisch anerkannten Lehrabschluss, und
rund ein Drittel verfügt über eine höhere Ausbildung.
Einzig die Gruppe der Nutzer KeinFM zeigte einen
deutlich höheren Anteil (38 %) an Fachhoch und Hoch
schulabgängern, jedoch einen tieferen Anteil an Perso
nen mit einem eidgenössisch anerkannten Lehrabschluss
(39 %).
Nutzung
Mittels einer Korrelationsmatrix wurde geprüft, wie
ähnlich respektive wie unterschiedlich Pferderassen in
der Schweiz genutzt werden. Aus Abbildung 1 ist ersicht
lich, dass Ponys in Bezug auf ihre Nutzung nahezu
deckungsgleich sind mit dem Freiberger (r = 0,98). Die
geringste Übereinstimmung in der Nutzungsart (r = 0,13;
r = 0,22) zeigte der Freiberger mit den Quarter Horses
sowie den Islandpferden. Die Analyse zur Verwendung
der Pferde in den verschiedenen Disziplinen zeigte, dass
der Freiberger zu rund 36 % für reine Freizeitaktivitäten
eingesetzt wird, gefolgt von den Disziplinen Fahren
(~18 %), Dressur und Gymkhana (je ~13 %) Springen
(~8 %) sowie Westernreiten (~6 %). Die Freiberger wer
den insgesamt sehr vielfältig eingesetzt, das einzelne
Tier jedoch in der Regel von seinem Besitzer in einer bis
maximal zwei Disziplinen genutzt.
Aus einer Arbeit der Hochschule für Agrar, Forst und
Lebensmittelwissenschaften (Musard 2011) lassen sich
bezüglich Nutzung der Freibergerpferde ähnliche
Erkenntnisse ableiten.
Kaufverhalten: Von Kunden gewünschte Eigenschaf-
ten von Pferden
Die gewünschten Eigenschaften eines Pferdes, die für
den Kaufentscheid von Bedeutung sind, wurden von
allen Gruppen sehr einheitlich beurteilt. Demnach sind
die Gesundheit des Pferdes und die Hornqualität der
Hufe die Hauptkriterien beim Pferdekauf, gefolgt vom
kooperativen Charakter und der Unkompliziertheit im
Umgang. Die Turniereignung wurde bei keiner Gruppe
als wichtig erachtet, was mit der Orientierung der
Umfrageteilnehmer zur reinen Freizeitreiterei ohne oder
mit wenig Turniersportteilnahme erklärbar ist. Ebenso
wurde die schöne Farbe als unwichtiges Kriterium beim
Pferdekauf eingestuft. Die Fahreignung wurde lediglich
von den Freibergerzüchtern als relativ wichtig angese
hen. Die befragten neun Experten legten im Verhältnis
zu den restlichen Gruppen mehr Gewicht auf die gute
Grundausbildung der Pferde (Abb. 2). Diese Ergebnisse decken sich weitgehend mit einer
soziologischen Studie aus dem Jahre 2012 (Flierl 2012).
Betreffend den weiteren Aspekten zum Kaufentscheid
geben alle Gruppen das Vertrauen in den Verkäufer als
Kasten | Eckdaten der Umfrage:
Anzahl Befragte:
10 050 Schweizer Equiden eigentümer
(6769 deutsch-, 3281 französischsprachig)
Anzahl Antworten:
2625, Rücklaufquote 26,1 %, 76 % Frauen
(Alter Ø 40,3 J.), 24 % Männer (Alter Ø 50,6 J.)
Kantonale Verteilung und demographische
Struktur der Stichprobe sehr ähnlich wie die-
jenige aller registrierten Schweizer Equidenei-
gentümer (vgl. Schmidlin et al. 2015).
Abb. 1 | Beziehungsmatrix Nutzung1.
1CH-WB = Schweizer Warmblut inkl. andere Warmblüter; FM = Freiberger; KB = Kaltblut; VB = Vollblut; QH = Quarter Horse; IL = Isländer; PY = Pony.
Agrarforschung Schweiz 6 (4): 136–143, 2015
CH−WB
0,48 FM
0,22 0,95 KB
0,80 0,80 0,68 VB
0,54 0,13 0,39 0,14 QH
0,26 0,22 0,19 0,14 0,46 IL
0,52 0,98 0,93 0,86 0,072 0,12 PY
0,55 0,93 0,89 0,93 0,14 0,15 0,96 ANDERE
Die Rolle des Freibergerpferdes im Pferdemarkt Schweiz | Nutztiere
139
Umgang als positiv beurteilt. Somit verfügt das Freiber
gerpferd grundsätzlich über genau die Eigenschaften,
die für die Equideneigentümer beim Pferdekauf von
grosser Wichtigkeit zu sein scheinen. Die NichtFreiber
gereigentümer beurteilten die Qualitäten der Rasse
allerdings weniger positiv als Personen, die bereits einen
Freiberger besitzen (Abb. 4).
Auf die offen formulierte Frage, warum die Freiber
gerbesitzer sich für diese Pferderasse entschieden haben,
wurden folgende Punkte genannt: Charakter (42 % aller
Antworten), Polyvalenz (17 %) und Robustheit / Gesund
heit / Leichtfuttrigkeit (16 %).
Image-Analyse
Bei den Umfrageteilnehmern, die bereits ein Freiber
gerpferd besitzen, wurde das Image der Rasse von
etwa der Hälfte der Personen als sehr gut eingestuft
(Image ≤ 2). Bei den Personen, die kein Freibergerpferd
besitzen, lag dieser Anteil lediglich bei rund 15 %.
Werte > 4 fanden sich vornehmlich in den Kategorien
der Eigentümer ohne Freibergerpferde. Das Image des
FMs wird von extern offensichtlich kritischer beurteilt
als vom FMMilieu selbst (Abb. 5). Dies deckt sich auch
mit den Antworten zu den Qualitäten des Freibergers
(Abb. 4).
Die Anstrengungen des Schweizer Freibergerverban
des (SFV), des SNG sowie der Züchter zur Förderung des
Markenbildes sowie des Absatzes der Freibergerpferde
wurde von den verschiedenen Nutzergruppen grund
sätzlich sehr positiv bewertet. Auffallend war jedoch,
wichtigstes Kriterium an. Auch die sogenannte «Liebe auf
den ersten Blick» scheint beim Kauf eines Pferdes für alle
Gruppen grosse Bedeutung zu haben. Dieses Ergebnis
fand sich auch in der Arbeit von Flierl (2012). Das Vorhan
densein eines Leistungsausweises und der Nachweis von
guten Zuchtwerten wurden einzig von den Züchtern von
Freibergerpferden als wichtig erachtet. Die Herkunft aus
der Schweiz spielte für die Freibergerzüchter und nutzer
eine bedeutendere Rolle als für die Eigentümer von ande
ren Pferderassen. Das Kriterium des tiefen Preises wurde
von keiner Gruppe als relevant beurteilt (Abb. 3).
Die im Zuge dieser Arbeit befragten Experten äusser
ten sich zu Aspekten für den erfolgreichen Pferdever
kauf wie folgt: Ein zum Verkauf angebotenes Pferd muss
sofort einsetzbar sein und über einen hervorragenden
Charakter verfügen; sportliche Attribute werden oft
weniger nachgefragt. Das Auftreten des Verkäufers
sowie der Ort des Verkaufs sind sehr wichtig; Ehrlichkeit,
Einfühlungsvermögen und Sauberkeit helfen dass sich
der Kunde gut aufgehoben fühlt. Die Vor und Nachbe
arbeitung eines Geschäfts werden ebenfalls als zentral
angesehen. Die Internetseite der Betriebe sollte immer
auf dem aktuellsten Stand gehalten werden, der Ver
käufer sollte sehr kurzfristig für den Kunden zur Verfü
gung stehen. Nach dem Verkauf sollte der Verkäufer
den Kunden mit Rat und Tat unterstützen.
Wahrnehmung und generelle Einstellung zum Frei-
bergerpferd
Bei der Frage nach der generellen Einstellung zum Frei
bergerpferd wurden die gute Gesundheit, die guten
Hufe, der kooperative Charakter und der einfache
Abb. 2 | Bewertung der Eigenschaften beim Pferdekauf.
Abb. 3 | Bewertung der weiteren Aspekte beim Pferdekauf.
Agrarforschung Schweiz 6 (4): 136–143, 2015
Gute Fahreignung
Auch für Laien einsetzbar
Für viele Disziplinen einsetzbar
Gute Hufe (Hornqualität)
Gute Gesundheit
Turniereignung
Gute Grundausbildung
Ausdrucksvoller Kopf
Korrekter Körperbau
Schöne Farbe
Guter Vorwärtsdrang
Gute Gänge
Unkompliziert im Umgang
Kooperativer Charakter
sehr
wich
tig
wich
tig
eher
wich
tig
indi
ffere
nteh
er u
nwich
tig
unw
ichtig
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
Kein − FM Mixed−PY Mixed−FM
Rein−FM Zucht−FM Expert−FM
Herkunft aus der Schweiz
Haltungsbedingungen
Gesundheit der Rasse
Tiefe Preise
Vertrauen in Verkäufer(in)
Liebe auf den ersten Blick
Gute Zuchtwerte
Leistungsausweis
sehr
wich
tig
wich
tig
eher
wich
tig
indi
ffere
nteh
er u
nwich
tig
unw
ichtig
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
Kein − FM Mixed−PY Mixed−FM
Rein−FM Zucht−FM Expert−FM
Nutztiere | Die Rolle des Freibergerpferdes im Pferdemarkt Schweiz
140
dass die Freibergerzüchter eine kritischere Haltung
gegenüber den ihnen nahestehenden Organisationen
SFV und SNG zeigen als die restlichen Befragten.
Kaufverhalten: Ort des Pferdekaufs
Bei der Frage nach dem Ort eines Pferdekaufs stand bei
allen Gruppen der Kauf beim Züchter an erster Stelle,
gefolgt vom Kauf bei einer Privatperson. Verkaufs
schauen oder Reitställe scheinen als Verkaufsplattfor
men weniger gefragt zu sein.
Welche Alterskategorien und Ausbildungsstufen ver-
langt der Markt?
Rund die Hälfte der Nutzer gab an, dass sie ein Fohlen,
ein dreijähriges ungerittenes oder ein dreijähriges ange
rittenes Pferd suchen würden. Der Anteil lag bei der
Gruppe ReinFM mit 60 % über demjenigen der Gruppe
KeinFM mit 40 % (Abb. 6). Die Frühreife der Freiberger
pferde, deren im Allgemeinen als unkompliziert beur
teilten Charakter sowie das Prüfsystem mittels Feldtest
für dreijährige FMPferde zeigen hierbei eine Wirkung
und können als marktfördernd bezeichnet werden.
Momentan kann der Bedarf an ausgebildeten Pferden
auf dem Inlandsmarkt nicht gedeckt werden, weshalb
diese Pferde vorwiegend importiert werden.
Gemäss Expertenmeinung besteht heute auf dem
Markt eine Divergenz zwischen Angebot und Nachfrage:
Bieten heute viele FM Züchter strukturbedingt (feh
lende Infrastruktur und Kompetenz für die weitere Auf
zucht) ihre Produkte im Alter von sechs Monaten an,
sucht der Endnutzer in der Regel ein rohes dreijähriges
respektive ein ausgebildetes, sofort nutzbares Pferd.
Dies führt zu einem Überangebot an Fohlen (mit tiefen
Preisen) und somit zu einer relativ hohen Schlachtrate
(rund 45 %).
Zahlungsbereitschaft der KundenWie aus Abbildung 7 ersichtlich ist, sind die Pferdeeigen
tümer, welche keine Freibergerpferde besitzen, (Kein
FM) bereit, höhere Kaufpreise für Pferde zu bezahlen.
Über alle Gruppen werden für Pferde mit Turniererfah
rung grundsätzlich höhere Preise bezahlt. Dennoch sind
die angegeben Kaufpreise auf einem sehr tiefen Niveau.
Insbesondere die Gruppen ZuchtFM und ReinFM sind
nicht bereit, für ältere, ausgebildete Pferde einen
wesentlichen Aufpreis zu bezahlen. Bei der Gruppe Rein
FM liegen die angegeben Kaufpreise bei den vier bis
sechsjährigen ohne Turniererfahrung sowie bei den
sechsjährigen und älteren (ohne oder mit Turniererfah
rung) sogar tiefer als die Kaufpreise der angerittenen
dreijährigen Pferde.
Die Studie von Flierl (2012) bestätigt diese Resultate:
Der Hauptteil der Pferde, welche von Freizeitreitern
gekauft wurde, kosteten zwischen 5000 und 10‘000 Fran
ken. Turnierreiter kauften ihre Pferde meistens im Preis
segment 10‘000 bis 20‘000 Franken (Flierl 2012). Der
Kaufpreis ist dabei laut Flierl (2012) weder ein hervortre
tendes Kriterium beim Pferdekauf selbst, noch gibt es
einen signifikanten Zusammenhang zwischen dem Bud
get für den Kauf eines Pferdes und dessen Rasse. Sämtli
che Gruppen gaben an, sich die Pferde zu 85 % gut bis
sehr gut leisten zu können.
Abb. 4 | Einstellung zum Freiberger.2Image ≤ 2 : sehr gut; 2,0 < Image ≤ 3,0 : gut; 3,0 < Image ≤ 4,0 : schlecht; Image > 4,0 sehr schlecht
Agrarforschung Schweiz 6 (4): 136–143, 2015
Gute Fahreignung
Auch für Laien einsetzbar
Für viele Disziplinen einsetzbar
Gute Hufe (Hornqualität)
Gute Gesundheit
Turniereignung
Gute Grundausbildung
Ausdrucksvoller Kopf
Korrekter Körperbau
Schöne Farbe
Guter Vorwärtsdrang
Gute Gänge
Unkompliziert im Umgang
Kooperativer Charakter
völlig
zutre
ffend
zutre
ffend
eher
zutre
ffend
indi
ffere
nt
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
�
Mixed−PY Mixed−FMKein−FM
Rein−FM Zucht−FM Abb. 5 | Image-Analyse Freibergerpferd2.
Kein−FM(1409)
Mixed−PY(187)
Mixed−FM(330)
Rein−FM(342)
Zucht−FM(283)
Anza
hl P
ferd
ebes
itzer
in %
Image <=2.0 2.0< Image <=3 3.0< Image <=4 Image >40
20
40
60
80
100
Die Rolle des Freibergerpferdes im Pferdemarkt Schweiz | Nutztiere
141
Informationsquellen
Gemäss Umfrage informieren sich die Pferdebesitzer
zwecks Pferdekauf hauptsächlich über ihre direkte
Umgebung und das Internet, gefolgt von den klassi
schen Inseraten, Fachpersonen und den Informationen
über die Zuchtverbände. Einzig bei den FMZüchtern
spielen Verkaufsschauen eine grössere Rolle (Abb. 8).
Der Preis eines Pferdes ergibt sich ausschliesslich dadurch,
wieviel ein Käufer dafür zu zahlen bereit ist. Zu Pferde
verkaufszahlen gibt es leider nur wenige offizielle Daten.
Aus Verkaufslisten der Verbände ist bekannt, dass die
aktuell auf dem Markt erzielten Preise für adulte, ausge
bildete Freibergerpferde durchschnittlich bei rund 7000
Franken liegen (2013; n = 76 Pferde Kanton JU, Durch
schnittsalter 3,9 J., davon 43 % dreijährige Pferde). Bei
dieser Stichprobe handelt es sich um gut ausgebildete,
mit professioneller Unterstützung im Sinne einer Quali
tätsstrategie vermarktete Pferde. Viele Züchter verfolgen
eine Preisstrategie mit möglichst geringen zeitlichen und
finanziellen Investitionen sowie bescheidenen Marke
tingaktivitäten. Dies führt zu Verkaufserlösen von 4500
bis 6500 Franken für adulte, ausgebildete Pferde. Die
Produktionskosten (Vollkostenrechnung) für ein auf
Stufe Feldtest ausgebildetes dreijähriges FMPferd liegen
demgegenüber zwischen 10 000 Franken (Musard 2011)
und 14 000 Franken (SNG 2012; Schmidlin et al. 2015).
Die in Frankreich erzielten Verkaufspreise für Reit
pferde, die im Freizeitbereich eingesetzt werden, liegen
in Frankreich durchschnittlich bei 1800 bis 3000 Euro
beziehungsweise 900 bis 1700 Euro für Reitponys. Aus
ländische Rassen wie Lusitano, PRE, Friesen, Appaloosa,
Paint oder Quarter Horse erzielen mit durchschnittlich
5000 Euro höhere Preise (IFCE 2013).
Eine Nachfrage nach Freibergerpferden besteht trotz
hohem Preis auch im Ausland. Im Jahr 2013 wurden 325
Pferde exportiert (EZV 2013). Die für den Export ungüns
tigen Zoll und Wechselkurskonditionen erschweren den
Verkauf ins Ausland jedoch nachhaltig (Schmidlin et al.
2015).
31%19%
20%6% 7%
6%6%
5%
Züchter−FM
12%
17%26%
5%
15% 5%15%
5%
Nutzer Rein−FM
9%
21%19%
8%
14%6%
15%
8%
Nutzer Mixed−FM
7%
18%13%12%
16%
11% 16%
7%
Nutzer Kein−FM Pferd, 4-6-jährig (oT)
Jungpferd, 3-jährig (roh)
Jungpferd, 3-jährig (angeritten)
Pferd, 4-6-jährig (mT)
Andere
Pferd, älter als 6 Jahre (oT)
Pferd, älter als 6 Jahre (mT)
Fohlen
(283) (342)
(350) (1576)
Abb. 6 | Welche Alterskategorien und Ausbildungsstufen werden durch die Käufer-schaft nachgefragt3?
Abb. 7 | Alterskategorien und Ausbildungsstufen, Kundenwünsche.
3Roh: ungeritten; oT : ohne Turniererfahrung; mT: mit Turniererfahrung
Agrarforschung Schweiz 6 (4): 136–143, 2015
Durchschnittliche Kaufpreise
Prei
s in
CHF
1000
5000
1000
015
000
2000
0
Fohl
enJu
ngpf
erd,
bis
dreij
ährig
, roh
Jung
pfer
d, b
is dr
eijäh
rig, a
nger
itten
Pfer
d, 4
−6 jä
hrig
mit
Turn
ierer
fahr
ung
Pfer
d, 4
−6 jä
hrig
ohn
e Tu
rnier
erfa
hrun
g
Pfer
d, ä
lter a
ls 6
Jahr
e m
it Tu
rnier
erfa
hrun
g
Pfer
d, ä
lter a
ls 6
Jahr
e oh
ne Tu
rnier
erfa
hrun
g
�
�
��
�
�
�
�
�
��
� �
�
��
�
��
�
�
�
� �
�
�
�
��
�
�
�
�
�
�
Nicht−FM Mixed−PY Mixed−FM Rein−FM Zucht−FM
142
Nutztiere | Die Rolle des Freibergerpferdes im Pferdemarkt Schweiz
Diskuss ion und Sch luss fo lgerungen
Bei einer Mehrheit der befragten Pferdeeigentümern
decken sich die persönlichen Erwartungen an ein Pferd
mit der Beurteilung der Qualitäten und der generellen
Wahrnehmung des Freibergerpferdes. Daraus lässt sich
ableiten, dass der FM über Qualitäten verfügt, die im
Grundsatz im Freizeitpferdemarkt nachgefragt werden.
Hervorgehoben werden können die Qualitätsmerkmale
guter Charakter, Polyvalenz, Gesundheit, Robustheit
sowie die Leichtfuttrigkeit – alles Merkmale, die auf
Langlebigkeit und tiefe Haltungskosten hinweisen. Die
Gruppe der Ponys zeigt ein nahezu identisches Nut
zungsprofil zum Freiberger und erweist sich anhand der
überdurchschnittlich wachsenden Population immer
stärker als direkte Konkurrenz. Das Image des Freiber
gerpferdes ist innerhalb der Freibergerszene sehr gut;
Steigerungspotenzial findet sich in der Gruppe der Equi
denbesitzer ohne FMPferde, die oft über ein höheres
Berufsbildungsniveau verfügen. Die Vermarktungsan
strengungen des SFV, des SNG sowie der Züchter werden
in der Umfrage grösstenteils positiv wahrgenommen.
Inwiefern diese Anstrengungen der letzten Jahre zum
Erhalt der Freibergerpopulation beigetragen haben,
kann nicht abschliessend beantwortet werden. Hierzu
sind weitere Analysen nötig.
Die dreijährigen Pferde machen anteilsmässig den
grössten Teil der vermarkteten FMPferde aus. Dies ist
aus betriebswirtschaftlicher Sicht (Kapitalbindung, Hal
tungskosten usw.) erfreulich. Es muss jedoch festgehal
ten werden, dass zum jetzigen Zeitpunkt die Struktur
des Angebotes (viele Fohlen, unprofessionelle Vermark
tung) nicht der Struktur der Nachfrage (adulte Pferde,
professionelle Vermarktung) entspricht. Adulte Pferde
(roh oder ausgebildet) können selbst dann nicht kosten
deckend verkauft werden, wenn die Qualität sowie die
Vermarktung den Kundenwünschen entspricht. Diese
Feststellung steht im Widerspruch zur angegeben Zah
lungsbereitschaft und der Aussage sämtlicher befragten
Gruppen, dass ein tiefer Kaufpreis kein wichtiges Kauf
argument darstelle. Mit ein Grund für die tiefen Refe
renzpreise für Pferde in der Schweiz sind die Importe,
begünstigt durch die für Schweizer Verhältnisse tiefen
Produktionskosten – und somit tiefen Produktepreise –
im Ausland.
Damit der eingangs erwähnte Negativtrend in der
Entwicklung der Geburten und Bestandeszahlen der
Freibergerpopulation längerfristig gestoppt respektive
umgedreht werden kann, bedarf es eines wirkungsvol
len Massnahmenpakets. Als prioritär wird dabei die Ver
besserung der Rentabilität der Pferdezucht (und somit
eine Stabilisierung der Zuchtzahlen) angesehen. Dieses
Ziel kann kaum mehr über die Kostenseite erzielt wer
den, sondern muss über zusätzliche Vermarktungsan
strengungen geschehen (SFV 2011). Beispiele dafür
wären der Aufbau einer BrandCommunity (Geissler
2009), der Preissensibilisierung, eine kundensegment
spezifischen Marktbearbeitung, eine Angebotssteue
rung sowie die aktive Förderung von Verkaufskanälen.
Als Antwort auf die erschwerten Exportkonditionen soll
ten verstärkt Marktanteile auf dem Inlandpferdemarkt
gewonnen werden können. n
Abb. 8 | Bevorzugte Informationsquellen bei der Pferdesuche.
Agrarforschung Schweiz 6 (4): 136–143, 2015
Züchter−FM
13%
18%8%
28%
17%
13%
3%
11%
23%14%
27%8%
15%
2%
Nutzer Rein−FM
14%
25%
11%
29% 7%12%
2%
13%
24%
16%
28,5% 7%11%
0,5%
(283) (342)
(350) (1576)
Nutzer Kein−FMNutzer Mixed−FM
In Inseraten
Durch Umgebung
Andere
Im Internet
An einer Verkaufsschau
Über eine Fachperson
Über Zuchtverband
143
Die Rolle des Freibergerpferdes im Pferdemarkt Schweiz | Nutztiere
Ria
ssu
nto
Sum
mar
y
The role of the Franches-Montagnes on the
Swiss horse market
Like many other local breeds of European
origin, the Franches-Montagnes (FM) must fight
against a fall in population and number of
births, as well as a lack of profitability at the
production level. As part of preparing a
strategy report for preserving the FM breed,
Agroscope Swiss National Stud Farm SNSF
investigated the market compliance of the FM
horse by conducting a survey of horse owners
and interviewing experts in the sector. The
results allow us to conclude that for a majority
of owners taking part in the survey, the crucial
characteristics when purchasing a horse overlap
with the appreciation of the qualities of the FM
and the general perception about this horse.
The FM therefore possesses qualities that are in
principle in demand on the leisure-horse
market. The following qualities were noted: a
good temperament, versatility, good health,
hardiness and good feed utilization. By con-
trast, the FM brand image has fewer positive
connotations with non-owners than with FM
owners. The results of both the survey and the
expert interviews demonstrate the need to
improve FM marketing strategies and image in
order to increase sales of FM horses and thus
promote long-term growth in the number of
births.
Key words: horses, franches-montagnes,
market monitoring, leisure activities.
Il ruolo del Franches-Montagnes nel mercato
equino svizzero
Come molte altre razze locali di origine europea,
i Franches-Montagnes (FM) devono lottare
contro una diminuzione della popolazione e del
numero delle nascite così come contro la
mancanza di redditività a livello di produzione.
Nel quadro della preparazione di un rapporto
sulla strategia per il mantenimento dei FM,
l’Istituto nazionale svizzero d’allevamento
equino di Agroscope ha analizzato la conformità
del cavallo di razza Franches-Montagnes al
mercato realizzando un sondaggio presso i
proprietari equini e intervistando diversi esperti
del ramo. I risultati permettono di giungere alla
conclusione che per la maggior parte dei
proprietari intervistati nel sondaggio, le
caratteristiche determinanti nell’acquisto di un
cavallo coincidono con l’apprezzamento delle
qualità e la percezione generale del Franches-
Montagnes. Il FM possiede dunque qualità che
sono in principio richieste sul mercato equino
svizzero. Sono state individuate le qualità
seguenti: buon carattere, polivalenza, buona
salute, robustezza e buona valorizzazione del
foraggio. L’immagine della marca FM è invece
connotata meno positivamente presso i non
proprietari che presso i proprietari di FM. I
risultati del sondaggio nonché i colloqui con gli
esperti dimostrano che è necessario migliorare
le strategie di commercializzazione e l’immagine
del cavallo FM al fine di aumentare le vendite di
cavalli Franches-Montagnes e in questo modo
promuovere a lungo termine l’aumento delle
nascite.
Literatur ▪ BLW, 1998. Bericht der Arbeitsgruppe Genetische Ressourcen Nutztiere, Bundesamt für Landwirtschaft.
▪ Corpataux S., v. Niederhäusern R. & Wägeli S., 2014. Kundenzufrieden-heit in der Pensionspferdehaltung. Tagungsband. 1. Netzwerktagung Osnabrück, 6.–7.10.2014. Osnabrück, Deutschland.
▪ EZV, 2013. Zahlen der Eidgenössischen Zollverwaltung, 2013Flierl S., 2014. Empirische Studie zur Entscheidungsgrundlage aktiver Pferdebesit-zer in der Schweiz in Bezug auf Reitweise, Pferd und Stall, Diplomarbeit im Studiengang Diplomsoziologie an der Technischen Universität Dresden.
▪ Geissler C., 2009. Brand Communities. Harvard Business Manager, http://www.harvardbusinessmanager.de/heft/artikel/a-621445.html, abgerufen am 17.12.2014.
▪ FFE, 2014. Disciplines équestres. Fédération Française d’Équitation, http://www.ffe.com/Disciplines-Equestres, abgerufen am 10.12.2014.
▪ IFCE, 2013. Les prix des chevaux en France. Institut Français du cheval et de l’équitation. Zugang : http://www.haras-nationaux.fr/information/ac-cueil-equipaedia/filiere-economie/les-marches/prix-des-chevaux-en-france.html, [10.12.2014].
▪ Musard A., 2011. Etude de marché du cheval des Franches-Montagnes. Travail de Bachelor, Schweizerische Hochschule für Landwirtschaft, Zolli-kofen.
▪ Schmidlin L., Bachmann I., Flierl S., Schwarz A., Roesch A., Rieder S. & von Niederhäusern R., 2013. Wirtschafts-, Gesellschafts- und umweltpo-litische Bedeutung des Pferdes in der Schweiz – Stand 2013. Agroscope Forschungsanstalt Liebefeld-Posieux ALP-Haras, Schweizerisches Natio-nalgestüt Avenches.
▪ Schmidlin L., von Niederhäusern R., Rieder S. & Guidon D., 2015. Strate-gierapport zur Erhaltung des Freibergerpferdes 2014. Agroscope, Schwei-zer Nationalgestüt.
▪ SFV, 2011. Strategie 2020 des Schweizerischen Freibergerverbandes, Avenches, Suisse.
▪ SNG, 2012. Vollkostenberechnungen Pferdeaufzucht, Beratungsstelle Pferd, Schweizerisches Nationalgestüt, Avenches.
Agrarforschung Schweiz 6 (4): 136–143, 2015
144 Agrarforschung Schweiz 6 (4): 144–151, 2015
Da GPS leicht anzubauen sind und nur geringe Kosten
aufwerfen, sind die einfachen, aus zwei Getreidearten
sowie einer oder zwei Proteinpflanzen bestehenden
Mischungen am häufigsten. Die Nährwerte der Mischun
gen sind eher mittelmässig und variieren stark je nach
Jahr, Reifestadium der Pflanzen und Anteilen der in der
Mischung geernteten Pflanzenarten (Coutard 2014;
Arrigo 2014).
Sobald der Nährwert in die Berechnung einer Ration
einbezogen wird, muss der wahre Wert möglichst genau
bekannt sein. Für die Schätzung der Nährwerte der GPS
liegen nur lückenhafte Referenzen vor, da ausser den
unzähligen möglichen botanischen Zusammensetzun
gen, den verwendeten Sorten, dem Erntestadium, den
Witterungsbedingungen oder der Bodenbeschaffenheit
auch noch die Konservierung (Wyss und Arrigo 2015)
und schlussendlich die Zusammensetzung der Gesamtra
tion des Tieres den Wert beeinflussen können. Während
des 2013 durchgeführten Versuchs zur Schätzung des
Nährwerts von GPS (Arrigo 2014) wurde zusätzlich das
Additivitätsprinzip für die Schätzung der Verdaulichkeit
der organischen Substanz (vOS) und der Abbaubarkeit
des Rohproteins (aRP) angewandt.
Um die Additivitätshypothese zu untermauern und
um unsere Datenbank zu vervollständigen, wurden Sila
gen von zwei Mischungen und ihren drei Einzelkompo
nenten (Triticale, Hafer und Erbsen) hergestellt und die
in vivo Verdaulichkeit der organischen Substanz (vOS)
sowie die in sacco Abbaubarkeit des Rohproteins (aRP)
untersucht.
T i e r e , M a t e r i a l u n d M e t h o d e n
Zwei Mischungen und ihre Komponenten, d. h. Triticale
(Triamant), Hafer (Willand) und Futtererbsen (Arkta),
wurden am 29. Oktober 2012 gesät. Die beiden Mischun
gen unterschieden sich durch den ausgesäten Erbsenan
teil (Tab. 1): Bei der Mischung ERBSt (geringer Erbsenan
teil) wurden 50 kg / ha (45 Körner / m²) entspricht der
maximal ausgesäten Menge im früher durchgeführten
Versuch (Arrigo 2014) und bei der Mischung ERBSh
E i n l e i t u n g
Mit Mischungen aus unreifen Protein und Getreide
ganzpflanzen (GPS) lassen sich Futterreserven für einen
beispielsweise durch Sommertrockenheit ausgelösten
Futtermangel anlegen. Diese Mischungen liefern in
Randanbaugebieten für Mais interessante TSErträge.
Sie benötigen nur wenig Arbeits und Pflegeaufwand
und werden häufig im Biolandbau unter dem Aspekt
einer gewissen Futterautonomie verwendet. Sät man
die Kulturen im Herbst aus, kann auf diese Weise die
Bodenerosion im Winter bekämpft werden.
Verdaulichkeit und Abbaubarkeit von Ganzpflanzensilagen aus Getreide und ErbsenYves Arrigo1, Silvain Henneberger2 und Ueli Wyss1
1Agroscope, Institut für Nutztierwissenschaften INT, 1725 Posieux, Schweiz2Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL, 3052 Zollikofen, Schweiz
Auskünfte: Yves Arrigo, E-Mail: [email protected]
Triticale-Hafer-Erbsen-Mischung zum Zeitpunkt der Ernte. (Foto: Yves Arrigo)
N u t z t i e r e
Verdaulichkeit und Abbaubarkeit von Ganzpflanzensilagen aus Getreide und Erbsen | Nutztiere
145
Zusa
mm
enfa
ssu
ng
Agrarforschung Schweiz 6 (4): 144–151, 2015
Mischungen aus unreifen Protein- und
Getreideganzpflanzen benötigen nur wenig
Arbeits- und Pflegeaufwand und können bei
Futtermangel für einen Vorrat sorgen. Um
bei der Nährwertschätzung das Additivitäts-
prinzip zu prüfen, wurden in vivo Verdaulich-
keitsversuche und in sacco Abbaubarkeitsver-
suche mit Silagen zweier verschiedener
Mischungen mit unterschiedlich hohen
Anteilen an Proteinpflanzen durchgeführt.
Die Mischung mit tiefem Erbsengehalt,
ERBS-t war folgendermassen zusammenge-
setzt: 60 % Triticale, 28 % Hafer und 13 %
Erbsen. Die Mischung mit einem hohen
Erbsenanteil, ERBS-h enthielt 35 % Triticale,
24 % Hafer und 41 % Erbsen. Dieselben
Versuche wurden ebenfalls mit den drei
Komponenten der Mischungen (Triticale,
Hafer und Futtererbsen) durchgeführt.
Von den beiden Mischungen erzielte ERBS-h
die höchsten Verdaulichkeiten (für organi-
sche Substanz 76,5 vs. 61,9 %). Hinsichtlich
der ruminalen Rohproteinabbaubarkeit
unterschieden sich die beiden Mischungen
nicht. Die errechneten Nährwerte lagen für
ERBS-h bei 6,4 MJ Nettoenergie Laktation
(NEL) pro kg Trockensubstanz (TS) und für
ERBS-t lediglich bei 4,9 MJ NEL / kg TS. Die in
der Futterkrippe aus Reinsilagen rekonstitu-
ierten Mischungen erzielten ähnliche Werte
wie die ausgesäten Mischungen. Die Additi-
vitätshypothese, bei welcher für die Schät-
zung der Nährwerte der Mischungen die
Einzelkomponenten additiv zusammenge-
rechnet werden, erwies sich für die getreide-
dominierte Mischung ERBS-t als gut, wohin-
gegen die Werte für ERBS-h stark
unterschätzt wurden.
(hoher Erbsenanteil) 75 kg / ha (68 Körner / m²) gesät. Es
wurde keine Behandlung gegen Unkraut oder Krankhei
ten durchgeführt. Im April 2013 wurde eine Stickstoff
gabe (Ammonsalpeter) in Höhe von 54 NEinheiten / ha
ausgebracht.
Die Silierung der verschiedenen Futter erfolgte am
11.07.2013 unter guten Bedingungen. Der Hafer befand
sich zum Erntezeitpunkt im Stadium der Milchreife und
die Triticale in der Teigreife. Die TSGehalte variierten
zwischen 25,6 % bei Erbsen bis 38,1 % bei Triticale. Die
botanischen Analysen der Parzellen wurden in den bei
den Wochen vor der Ernte sowie zum Zeitpunkt der
Ernte durchgeführt. Das Futter wurde am Ende des Vor
mittags mit einem Mäher mit Rotationsmähwerk ohne
Mähaufbereiter gemäht. Am Nachmittag wurde es ohne
Zusatz eines Siliermittels mit einer mit sechs Messern
ausgestatteten Ballenpresse (New Holland, Typ BB90/50)
zu Quaderballen gepresst. Die Ballen wurden mit
StretchFolie eingewickelt und in einem Gebäude gela
gert. Die Gärungseigenschaften der Futter wurden in
Laborsilos untersucht (Wyss und Arrigo 2015).
Für die Silagen, die aus den beiden angebauten
Mischungen erzeugt worden waren, sowie die Triticale,
Hafer und Erbsensilage wurden in vivo und in sacco
Bestimmungen durchgeführt. Um die Additivität zu
untersuchen, wurden zusätzlich die gleichen Mischun
gen mit den Reinsilagen vor der Verfütterung mit den
gleichen Pflanzenanteilen hergestellt und anschliessend
in vivo und in sacco untersucht (Abb. 1).
Der Verdaulichkeitsversuch erfolgte pro Behandlung
mit vier kastrierten Hammeln der einheimischen Rasse
Schwarzbraunes Bergschaf (Typ Oxford), die eine Ration
von 1,1 × 0,380 MJ umsetzbare Energie / kg LG0,75 erhiel
ten. Das Gewicht der Hammel blieb stabil (88,0 ± 10,8 vor
der Bilanzperiode; 88,0 ± 10,5 bei Versuchsende).
Die Abbaubarkeitsversuche wurden nach dem Stan
dardverfahren durchgeführt, wobei die Beutel 2, 4, 8, 16,
24 und 48 Stunden inkubiert wurden (Dohme et al. 2007).
Dazu wurden drei trockenstehende fistulierte Holstein
Kühe (Lebendgewicht 763 +/86 kg) eingesetzt.
Gesät kg/ha
Botanische Zusammensetzung (% in der Frischmasse)
Bei Aussaat vorgesehen1 Am 11.07.2013 geerntet
ERBS-t ERBS-h Reinkulturen ERBS-t ERBS-h ERBS-t ERBS-h
Triticale (Triamant) 90 90 160 41,3 35,0 60,1 34,8
Hafer (Willand) 40 40 130 22,7 19,2 27,1 24,1
Erbsen (Arkta) 50 75 160 36,0 45,8 12,9 41,1 1Gemäss Tausendkorngewicht (Triticale 45 g, Hafer 35 g, Erbsen 110 g) und Gewicht einer in der Mischung geernteten Pflanze.
Tab. 1 | Saatdichte und botanische Zusammensetzung der Mischungen
Nutztiere | Verdaulichkeit und Abbaubarkeit von Ganzpflanzensilagen aus Getreide und Erbsen
146
Gleichzeitig wurde die Verdaulichkeit der organischen
Substanz enzymatisch (Aufrère et al. 2007) und mit einer
Methode, bei welcher Pansensaft verwendet wird (Tilley
und Terry 1963), untersucht.
Die Nährwerte wurden mit den im Grünen Buch
(Agroscope 2014) publizierten Gleichungen und den im
Versuch bestimmten Parametern berechnet.
R e s u l t a t e
Die Kulturen entwickelten sich unter sehr guten Witte
rungsbedingungen hervorragend; es kam nirgendwo zu
Lagergetreide. Die Mischungen erzielten höhere TS
Erträge als die Reinkulturen (Tab. 2). Wenn man die Erb
sen nicht mitberücksichtigt, von denen ein Teil verfault
war und somit nicht siliert werden konnte, betrug der
durchschnittliche Ertrag 7950 kg TS pro ha und entspricht
damit den Ergebnissen von Coutard und Fortin (2014),
die einen Ertrag in der Höhe von 8000 kg erzielten.
Während der letzten beiden Wochen vor der Ernte
erhöhte sich der TSGehalt bei den Erbsen nochmals um
16 % und beim Hafer um 3 %, wohingegen sich die bei
den Mischungen nur wenig weiterentwickelten, und die
Entwicklung bei Triticale in der letzten Woche stagnierte.
Gesäte Mischungen – geerntete Mischungen
Da die Witterungsbedingungen die Keimung und
Entwicklung der Mischungen stark beeinflussen, unter
schied sich die bei der Aussaat vorgesehene botanische
Zusammensetzung von derjenigen der letztendlich
geernteten Futtermischung (Abb. 1). Mit einer Dichte
von 50 kg / ha ausgesäte Erbsen (45 Körner / m²) wurden
bei der Ernte nur 13 % – und nicht wie vorgesehen 36 % –
erreicht (2012 wurden mit 50 kg / ha 14 % erzielt,
Arrigo 2013). Mit einer Dichte von 75 kg / ha Erbsen
(68 Körner / m²) näherte man sich hingegen dem
gewünschten Anteil (41 % geerntet vs. 46 % bei der
Aussaat geplant).
Die Gehalte der Mischungen waren mittelmässig
(Tab 2.). Bei der Mischung ERBSt entsprachen sie ziem
lich genau den gemäss botanischer Zusammensetzung
gewichteten Gehalten der Reinsilagen (Additivitäts
prinzip). Bei der Mischung ERBSh entsprachen die
berechneten Werte für die Aminosäuren und die Fette
nicht den analysierten Werten der Mischung. Dies lässt
sich möglicherweise damit erklären, dass der Gewich
tungsfaktor von Triticale in der Mischung ERBSt stark
dominierte (68 %), was in der Mischung mit hohem Erb
senanteil ERBSh nicht der Fall war (45 %).
Verdaulichkeits- und Abbaubarkeitsversuche
7 Behandlungen:
2 gesäte Originalmischungen
2 bei der VerfütterungrekonstruierteMischungen aus Triticale-, Hafer- und Erbsensilage
3 Silagen mit Einzelarten
Rekonstruktion der Verdaulichkeits- und Abbaubarkeitskoeffizienten durch Gewichtung (Additivität) der Einzelarten
ERBS-t gesät
TriticaleHaferErbsen
ERBS-h gesät
TriticaleHaferErbsen
ERBS-t rekonstriert
TriticaleHaferErbsen
ERBS-hrekonstriert
TriticaleHaferErbsen
Triticale Hafer Erbsen
ERBS-t gewichtet
TriticaleHaferErbsen
ERBS-h gewichtet
TriticaleHaferErbsen
Abb. 1 | Versuchsschema.
Agrarforschung Schweiz 6 (4): 144–151, 2015
Verdaulichkeit und Abbaubarkeit von Ganzpflanzensilagen aus Getreide und Erbsen | Nutztiere
147
war mit 72,4 % 2,9mal höher ist jene von Hafersilage;
die Werte von der Mischung ERBSt und von Triticale
lagen beide bei etwa 40 %. Bei den Zellwandbestandtei
len dominierte die Mischung ERBSh mit den höchsten
Werten, die mehr als 70 % betrugen; die Werte der
anderen Silagen lagen zwischen 45 und 60 %. Die Nähr
stoffverdaulichkeit war mit der Mischung ERBSh abge
sehen von vRP am höchsten. Im Gegensatz dazu wies
Hafer – ausser für die Verdaulichkeit der Rohfaser (vRF)
und der Lignocellulose (vADF) – die tiefsten Koeffizien
ten auf.
Die Abbaubarkeit des Rohproteins (aRP) der Erbsen
silage unterschied sich (p < 0,01) mit 84,6 % von den bei
den Mischungen und von Triticale. Hafer erreichte mit
74, 6 % die tiefste aRP (Tab. 3).
Der Vergleich zwischen den Verdaulichkeiten und
Abbaubarkeiten der gesäten Mischungen, der in der Fut
terkrippe (bzw. in den Nylonsäckchen) rekonstituierten
Mischungen oder der mittels Additivität der Verdaulich
keiten oder Abbaubarkeiten der Reinkulturen berechne
ten Werte ist aus Tabelle 4 ersichtlich. Bei der getreide
dominierten Mischung ERBSt unterschieden sich die
Die Gehalte der Silagen (Tab. 2) zeigten, dass die Erbsen
die höchsten Gehalte aufwiesen für Rohprotein (RP),
Asche, Kalzium, Phosphor, Magnesium, Kalium, alle Ami
nosäuren sowie für die Fettsäure alphaLinolensäure
(C18:3). Die Erbsen wiesen die geringsten Gehalte an
Zellwandbestandteilen (Rohfaser, Lignocellulose und
Zellwände), Ölsäure (C18:1) und wasser sowie ethanol
löslichem Zucker (WSC und ESC) auf. Im Gegensatz dazu
wies Hafer die höchsten Gehalte an Zellwandbestandtei
len, Fett, Palmitinsäure (C16:0), Ölsäure (C18:1) und Lin
olsäure (C18:2) auf. Die Aminosäurengehalte waren hin
gegen bei Hafer am tiefsten.
Tierversuche
Abgesehen von Hafer frassen die Schafe die einzeln vor
gelegten Silagen nicht sonderlich gut.
Die vOS der ERBSh Silage (hoher Erbsenanteil) unter
schied sich von den übrigen (p < 0,01) durch einen hohen
Wert, gefolgt von Erbsen und Triticale. Hafer erzielte
einen mittleren Koeffizienten (Tab. 3). Die Silagen wie
sen auch bei den übrigen Nährstoffen Unterschiede auf
(p < 0,01). Die Verdaulichkeit von RP in der Erbsensilage
ERBS-t ERBS-h Triticale Hafer Erbsen
Trockensubstanz kg pro geerntete ha 10 085 7766 6813 7110 52 981
Trockensubstanz in % 38,2 39,0 42,3 34,6 25,5
Rohprotein 69 68 64 52 158
Rohfaser 318 316 301 326 289
Lignocellulose (ADF) 351 359 333 363 327
Zellwände (NDF) 514 542 501 527 439
Asche 53 57 44 56 73
Zucker WSC (wasserlöslich) 116 118 185 84 70
Zucker ESC (ethanollöslich) 85 80 112 54 25
Stärke 96 102 65 47 123
Fett 16,1 16,7 12,6 38,1 20,4
Bruttoenergie in MJ 19,5 18,9 18,9 20,1 18,9
Kalzium 4,4 4,9 2,1 2,4 12,6
Phosphor 2,5 2,4 2,5 2,3 4,0
Magnesium 1,1 1,2 1,1 0,9 2,1
Kalium 14,2 13,8 9,6 18,7 20,3
Aminosäuren insgesamt 52 51 47 40 119
Lysin 2,6 2,6 1,9 1,9 6,6
Methionin 0,9 0,9 0,9 0,8 1,8
Palmitinsäure C16 2,7 2,8 2,4 5,5 3,2
Ölsäure C181C9 2,7 3,1 1,3 13,3 0,8
Linolsäure C182C9C12 4,9 5,1 4,1 12,6 4,9
Fermentierbare Substanzen 57 71 47 71 1441Futtererbsen nicht vollständig geerntet, ein verfaulter Rest wurde auf dem Feld zurückgelassen; auf der Grundlage von Proben lässt sich der Ertrag der Erbsen auf 15 000 kg
TS / ha schätzen.
Tab. 2 | Erträge und chemische Zusammensetzung der Silagen bei der Fütterung in g/kg Trockensubstanz
Agrarforschung Schweiz 6 (4): 144–151, 2015
Nutztiere | Verdaulichkeit und Abbaubarkeit von Ganzpflanzensilagen aus Getreide und Erbsen
148
Werte der vOS, vRF, der Verdaulichkeit der Bruttoenergie
(vBE) der gesäten Mischung nicht von den in der Futter
krippe rekonstituierten Mischung. Sie unterschieden sich
jedoch von den durch Additivität erhaltenen Werte
(p = 0,03 bis p < 0,01), die höher ausfallen. Bei der Mischung
ERBSh unterschieden sich die drei Varianten – abgesehen
von der vRP und vBE – bezüglich aller Verdaulichkeiten
und der Abbaubarkeit (p < 0,01). Durch Additivität erzielte
man bei der Mischung ERBSh Werte, die deutlich unter
jenen der beiden übrigen Varianten lagen. Die Werte der
gesäten Mischung lagen in einem höheren Bereich.
Schätzung der Verdaulichkeit
Die beiden Laborschätzmethoden, bei welchen entwe
der Pansensaft oder Enzyme verwendet wurden, um die
vOS zu bestimmen, unterschätzten die in vivo erhalte
nen Werte: Bei der Mischung ERBSh traten die grössten
Unterschiede auf (>30 %), bei Erbsen die geringsten
(<10 %). Die beiden Methoden führten zu recht ähnli
chen Schätzungen. Die vOS lässt sich bei Hafer scheinbar
besser mit der Methode von Tilley und Terry (1968)
schätzen, bei welcher Pansensaft verwendet wurde
(Abb. 2).
Tab. 3 | Koeffizienten der in-vivo-Verdaulichkeiten und der in-sacco-Abbaubarkeit der Silagen
ERBS-t ERBS-h Triticale Hafer Erbsen Sx p
vOS 61,9cd±0,5 76,5a±2,2 65,2bd±3,3 58,3c±4,1 69,5b±2,4 1,4 <0,01
vRP 42,8c±2,9 56,1b±7,0 38,5c±2,5 24,9d±3,0 72,4a±2,3 2,3 <0,01
vRF 55,0b±1,3 74,6a±3,9 59,6b±3,2 58,6b±6,2 52,1b±2,9 2,0 <0,01
vADF 49,7b±1,1 71,4a±3,8 55,8b±1,5 53,4b±4,9 51,1b±1,4 1,6 <0,01
vNDF 47,6bc±0,7 72,1a±3,7 53,7bc±3,7 44,6c±8,2 58,5b±2,6 2,4 <0,01
vBE 60,3c±1,0 74,3a±2,2 61,9bc±3,6 57,4c±3,9 67,1b±2,1 1,4 <0,01
aRP 77,0b±1,9 75,7bc±0,5 76,5b±1,6 71,4c±2,5 84,6a±1,0 0,9 <0,01
Sx= Standardfehler des Mittelwerts; p = Signifi kanzschwelle.
Die mit unterschiedlichen Buchstaben bezeichneten Werte in einer Zeile sind statistisch verschieden.
vOS = Verdaulichkeit der organischen Substanz; vRP = Verdaulichkeit des Rohproteins; vRF = Verdaulichkeit der Rohfaser; vADF = Verdaulichkeit der Lignocellulose; vNDF = Ver-
daulichkeit der Zellwände; vBE = Verdaulichkeit der Bruttoenergie; aRP = Abbaubarkeit des Rohproteins.
Agrarforschung Schweiz 6 (4): 144–151, 2015
ERBS-t gesät
ERBS-t rekonstituiert1
ERBS-tgewichtet2 Sx p
vOS 61,9b 62,1ab 63,9a 0,5 0,03
vRP 42,8a 32,0b 42,4a 1,9 <0,01
vRF 55,0b 56,3ab 58,8a 0,9 0,03
vADF 49,7b 53,2a 54,8a 0,7 <0,01
vNDF 47,6b 52,2a 52,2a 0,8 <0,01
vBE 60,3 59,0 61,2 0,7 0,15
aRP 77,0b 79,8a 77,1b 0,7 0,05
ERBS-h gesät
ERBS-h rekonstituiert1
ERBS-hgewichtet2 Sx p
vOS 76,5a 73,5b 64,8c 0,7 <0,01
vRP 56,1b 66,9a 54,6c 2,1 <0,01
vRF 74,6a 67,0b 57,2c 1,2 <0,01
vADF 71,4a 64,9b 53,8c 1,2 <0,01
vNDF 72,1a 65,5b 52,6c 1,2 <0,01
vBE 74,3a 71,9a 62,3b 0,7 <0,01
aRP 75,7c 83,5a 80,5b 0,2 <0,011Koeffi zienten der in der Krippe rekonstituierten Mischungen aus Triticale-, Hafer- und Erbsensilage. 2Koeffi zienten, die durch Gewichtung der für Triticale, Hafer und Erbsen bestimmten Koeffi zienten erhalten wurden.
Sx= Standardfehler des Mittelwerts; p = Signifi kanzschwelle.
Die mit unterschiedlichen Buchstaben bezeichneten Werte in einer Zeile sind statistisch verschieden.
vOS = Verdaulichkeit der organischen Substanz; vRP = Verdaulichkeit des Rohproteins; vRF = Verdaulichkeit der Rohfaser; vADF = Verdaulichkeit der Lignocellulose; vNDF = Ver-
daulichkeit der Zellwände; vBE = Verdaulichkeit der Bruttoenergie; aRP = Abbaubarkeit des Rohproteins.
Tab. 4 | Verdaulichkeitskoeffizienten der gesäten, rekonstituierten und gewichteten Mischungen
Verdaulichkeit und Abbaubarkeit von Ganzpflanzensilagen aus Getreide und Erbsen | Nutztiere
149
Mischung ERBSh einen guten Nährwert mit 6,4 MJ NEL
und 74 g APDE / kg TS, womit sie sich auf gleichem
Niveau wie Maissilage ansiedeln lässt. Abgesehen von
der Erbsensilage wiesen alle übrigen Silagen mit einem
Gehalt von weniger als 15 g Rohprotein pro MJ NEL ein
Defizit an Rohprotein auf. Die Erbsensilage erreichte
hingegen 28 g RP / MJ NEL.
Nährwerte
Bei den Reinsilagen erzielte Hafer die tiefsten Nährwert
gehalte in der TS [(4,5 MJ Nettoenergie Laktation (NEL),
54 g absorbierbares Protein im Darm, das auf Grund der
verfügbaren Energie im Pansen aufgebaut werden kann
(APDE)], gefolgt von Triticale (5,3 MJ NEL, 65 g APDE;
Tab. 5). Wegen ihrer guten Verdaulichkeit erzielte die
0,0
10,0
20,0
30,0
40,0
50,0
60,0
70,0
80,0
90,0
ERBS-t gesät
ERBS-t rekonstruiert
ERBS-h gesät
ERBS-h rekonstruiert
Triticale Hafer Futter- erbsen
vOS,
%
in vivo
Pepsin cellulase
Tilley Terry
Abb. 2 | Schätzung der Verdaulichkeit der organischen Substanz der Silagen mit Labormethoden
NEL MJ / kg TS
NEV MJ / kg TS
APDEg / kg TS
APDN g / kg TS
RP / NELg / MJ
Triticale 5,3 (4,8)1 5,2 (4,5) 65 (59) 39 (44) 12
Hafer 4,5 (5,0) 4,1 (4,9) 54 (60) 32 (61) 11
Futtererbsen 5,6 (5,9) 5,6 (5,9) 71 (75) 98 (96) 28
Mischungen
ERBS-t ausgesätin vivo 4,9 4,6 62 42 14
ERBS-t rekonst. Krippein vivo 5,0 4,7 60 40 13
ERBS-t gew.2 aus Reinsilagen 5,2 5,0 63 42 13
ERBS-t gew.3 Koeff. GB + Gehalte der Reinsilagen 5,0 4,7 63 42 14
ERBS-t gew.4 GB-Werte 4,9 4,8 61 52 18
Mischungen
ERBS-h ausgesätin vivo 6,4 6,6 74 42 11
ERBS-h rekonst. Krippein vivo 6,1 6,1 70 52 14
ERBS-h gew.2 aus Reinsilagen 5,2 5,0 64 55 17
ERBS-h gew.3 Koeff. GB + Gehalte der Reinsilagen 5,2 5,1 64 42 13
ERBS-h gew.4 GB-Werte 5,2 5,1 64 64 21
NEL = Nettoenergie Laktation; NEV = Nettoenergie Mast; APDE aus verfügbarer Energie aufgebautes im Darm absorbierbares Protein; APDN = aus abgebautem Rohprotein aufge-
baute im Darm absorbierbare Proteine.1Werte in Klammern aus der Futtermitteldatenbank (Agroscope 2014).2durch Gewichtung der chemischen Zusammensetzungen und der Koeffi zienten vOS, vRP und aRP usw. der Reinsilagen berechnet. 3Gewichtung der Koeffi zienten vOS, vRP und aRP der Einzelkomponenten, publiziert in der Futtermitteldatenbank und der in den Mischungen analysierte Nährstoffe.4Gewichtung der Werte NEL, NEV, APDE oder APDN der Einzelkomponenten, publiziert in feed base (GB).
Tab. 5 | Nährwerte der Triticale-, Hafer und Erbsensilage sowie der Mischungen
Agrarforschung Schweiz 6 (4): 144–151, 2015
150
Nutztiere | Verdaulichkeit und Abbaubarkeit von Ganzpflanzensilagen aus Getreide und Erbsen
Originalmischungen vs. rekonstituierte vs. berechnete
Mischungen
Die beiden vor der Verfütterung rekonstituierten
Mischungen erzielten Werte, die denen der Originalmi
schungen glichen (Tab. 5).
Durch Additivität der chemischen Zusammensetzungen,
der Verdaulichkeitskoeffizienten und der Abbaubar
keitskoeffizienten von Triticale, Hafer und Erbsensila
gen wurden je nach Mischung unterschiedliche Ergeb
nisse erzielt. Bei der Mischung ERBSt, in welcher
Getreide dominierte, wurden die gewichteten Werte
leicht überschätzt (6 % bei NEL), wohingegen bei der
Mischung ERBSh die berechneten Werte deutlich unter
schätzt wurden (–19 % bei NEL).
Diese Schätzdifferenz zwischen den Mischungen fan
den sich auch dann, wenn man die Werte der vOS und
aRP für die Berechnung den Tabellen (Agroscope 2014)
entnimmt.Die stark vereinfachte Schätzung, die darin besteht,
die Werte für NEL, NEV, APDE und APDN zu gewichten,
die in den Tabellen (Agroscope 2014) für Triticale, Hafer
und Erbsen veröffentlicht wurden, ergab Werte, die eng
bei denjenigen der Mischung ERBSt lagen; auch hier
unterschätzte man jedoch die Werte der Mischung ERBSh.
Verwendete man eine «einheitliche» vOS in Höhe
von 65 % (Durchschnittswert der beiden Mischungen
dieses Versuchs sowie der drei im Jahr 2012 untersuch
ten Mischungen (Arrigo 2014) ), erzielte die Mischung
ERBSt einen Energiewert in Höhe von 5,2 vs. 4,9 MJ NEL
und 64 vs. 62g APDE, was einer Überschätzung bezüglich
Energie von 6 % und bezüglich Protein von 4 % ent
spricht. Bei der Mischung ERBSh wurden 5,2 vs. 6,4 MJ
NEL und 64 vs. 74 g APDE erzielt. Dies entspricht einer
Unterschätzung in Höhe von 18 % für NEL und 14 % für
Rohprotein.
S c h l u s s f o l g e r u n g e n
Für eine Nährwertschätzung wird bei GPS bestehend aus
Protein und Getreideganzpflanzen zwingend eine
botanische Analyse zum Zeitpunkt der Ernte benötigt,
um die Koeffizienten (vOS, vRP, aRP) durch Additivität
ermitteln zu können, da die gesäten Mengen in der
Regel nicht der botanischen Zusammensetzung bei der
Ernte entsprechen.
In diesem Versuch funktionierte das Additivitätsprin
zip bei der Mischung ERBSt recht gut, um die Nährwerte
zu schätzen. Bei der Mischung ERBSh hingegen, deren
botanische Zusammensetzung ausgeglichener und
deren Verdaulichkeit sehr hoch war, führte die Schät
zung mittels Additivitätsprinzip zu einer deutlichen
Unterschätzung der Werte.
Diese Arbeit verdeutlichte die Empfindlichkeit der
Nährwertschätzung durch Additivität bei einer Mischung,
die nicht von einem Pflanzentyp (Getreide oder Protein
pflanze) dominiert wird.
Die Schätzung mittels Gleichungen, die auf der botani
schen Zusammensetzung oder bestimmten Nährstoffen
basieren, wäre geeigneter und könnte die Schätzungen
bei GPS verbessern. Dafür werden jedoch noch zahlrei
che weitere Daten benötigt. Die Schätzungen der vOS
mit Labormethoden könnte die Sammlung solcher Da
ten vereinfachen. Da sie jedoch die in-vivo-Verdaulich
keit der OS unterschätzen, müssten sie punktuell durch
in-vivoVersuche validiert werden. n
Agrarforschung Schweiz 6 (4): 144–151, 2015
151
Verdaulichkeit und Abbaubarkeit von Ganzpflanzensilagen aus Getreide und Erbsen | Nutztiere
Ria
ssu
nto
Sum
mar
y
Literatur ▪ Agroscope, 2014. Fütterungsempfehlungen für Wiederkäuer (Grünes Buch). Zugang: http://www.agroscope.admin.ch/futtermitteldaten-bank/04834/index.html?lang=de. [10.10.2014].
▪ Aufrère J., Baumont R., Delaby L., Peccatte J.-R., Andrieu J., Andrieu J.-P. & Dulphy J.-P., 2007. Prévision de la digestibilité des fourrages par la mé-thode pepsine-cellulase. Le point sur les équations proposées. INRA, Prod. Anim. 20 (2), S. 129–136.
▪ Arrigo Y., 2014. Nährwertschätzung von Silagen aus Mischungen von Grüngetreide und Erbsen. Agrarforschung Schweiz 5 (2), 52–59.
▪ Coutard J. P. & Fortin J., 2014. Les associations céréales protéagineux ré-coltées immatures: assemblages, valeurs nutritives et valorisation par les vaches allaitantes. Renc. Rech. Ruminants (21), 93–96.
▪ Dohme F., Graf C. M., Arrigo Y., Wyss U. & Kreuzer M., 2007. Effect of botanical characteristics, growth stage and method of conservation on factors related to the physical structure of forage – An attempt toward a better understanding of the effectiveness of fiber in ruminants. Anim. Feed Sci. Technol. 138, 205–227.
▪ Tilley J. M. A. & Terry R. A.,1963. A two stage technique for in vitro digestion of forage crops. J. Br. Grassl. Soc. 18, 104–111.
▪ Wyss U. & Arrigo Y., 2015. Qualität von Ganzpflanzensilagen aus Triticale, Hafer und Futtererbsen. Agrarforschung Schweiz 6 (4) 152–159.
Agrarforschung Schweiz 6 (4): 144–151, 2015
Digestibility and degradability of silages
from whole-plant pea–cereal mixtures
Requiring few inputs, protein plant–imma-
ture cereal mixtures can guarantee forage
stocks in times of shortage. In order to test
whether and how the principle of additivity
predicts nutritional value, we conducted in
vivo digestibility tests and in sacco degrada-
bility tests (crude protein degradability, CPD)
to evaluate silages from two mixtures with
different protein-plant (i.e., pea) contents.
The mixture with low pea content, PEAS-l,
contained 60 % triticale, 28 % oats and 13 %
peas, whereas that with high pea content,
PEAS-h, contained 35 % triticale, 24 % oats
and 41 % peas). The same tests were
conducted with the silages of the constitu-
ents (triticale, oats and forage peas). Of the
two mixtures, PEAS-h had the highest
digestibility figures (for organic matter:
76.5 vs. 61.9 %). The CPD was statistically
similar between the mixtures. Furthermore,
PEAS-h produced 6.4 MJ net energy content
for lactation (NEL) per kg of dry matter
(DM), whereas PEAS-l produced 4.9 MJ NEL/
kg DM. Mixtures reconstituted at the
manger with the pure silages produced
values similar to those of sown mixtures.
The constituent additivity hypothesis
correctly predicted the values for PEAS-l, the
cereal-dominated mixture, but strongly
underestimated those for PEAS-h.
Key words: digestibility; degradability;
pea-cereal mixtures, nutritive values,
additivity.
Digeribilità e degradabilità degli insilati di
piante intere di cereali e piselli
Le miscele di piante proteiche e cereali interi
non ancora maturi sono poco impegnative in
termini di lavoro e cura. Esse garantiscono
quindi uno stock di foraggio in caso di
penuria. Per valutare il principio di additiva-
zione nella stima del valore nutritivo, sono
state effettuate prove di digeribilità in vivo e
di degradabilità in sacco su insilati composti
da due miscele diverse con percentuali di
piante proteiche differenti. La miscela
POIS-b, con una percentuale bassa di piselli,
era composta da 60 % di triticale, 28 %
d’avena e 13 % di piselli. La miscela POIS-h,
con una percentuale elevata di piselli,
conteneva 35 % di triticale, 24 % d’avena e
41 % di piselli. Gli stessi test sono stati
condotti anche sulle rispettive componenti
(triticale, avena e piselli).
La miscela POIS-h è risultata la più digeribile
(per sostanza organica 76,5 vs 61,9 %). Non
si sono invece riscontrate differenze tra le
due miscele per quanto riguarda la degrada-
bilità della proteina grezza nel rumine. Il
valore nutritivo di POIS-h ammonta a 6,4 MJ
di energia netta per la lattazione (NEL) per
kg di sostanza secca (SS), mentre quello di
POIS-b soltanto a 4,9 MJ NEL/kg SS. Le
miscele ricostituite con insilati puri in
mangiatoia raggiungono valori simili a quelli
ottenuti dalle miscele seminate. L’ipotesi
dell’additivazione, in cui per la stima dei
valori nutritivi delle miscele vengono
addizionate le singole componenti, si è
confermata valida per POIS-b, la miscela con
una percentuale dominante di cereali,
mentre per POIS-h i valori sono risultati
decisamente sottovalutati.
152 Agrarforschung Schweiz 6 (4): 152–159, 2015
Die GetreideErbsenMischungen werden insbesondere
in den Grenzlagen des Silomaisanbaus sowie in Biobe
trieben angebaut (Thaysen 2010). In Frankreich werden
Ganzpflanzensilagen als Futterreserve für Trockenperio
den gefördert (Brunschwig 2011). Bereits in den Jahren
1985 bis 1990 wurden an Agroscope Silierversuche mit
Triticale und einem GerstenProteinerbsenGemisch
durchgeführt (Schneider et al. 1991; Wyss 1994). Dabei
zeigte sich, dass wenn die Pflanzen in einem zu frühen
Entwicklungsstadium (Milchreife) geerntet werden,
E i n l e i t u n g
Getreideganzpflanzen kombiniert mit Futtererbsen wer
den seit kurzem auch in der Schweiz vermehrt angebaut
und einsiliert. Die Gründe dafür sind einerseits die Mög
lichkeit diese Pflanzen im Herbst nach der Maisernte
noch säen um dann im nächsten Sommer Futter ernten
zu können. Andererseits soll mit diesem Futter die Struk
turversorgung der Milch oder Mutterkühe verbessert
werden.
Qualität von Ganzpflanzensilagen aus Triticale, Hafer und FuttererbsenUeli Wyss und Yves Arrigo
Agroscope, Institut für Nutztierwissenschaften INT, 1725 Posieux, Schweiz
Auskünfte: Ueli Wyss, E-Mail: [email protected]
N u t z t i e r e
Das gehäckselte Futter wurde in Laborsilos einsiliert. (Foto: Yves Arrigo, Agroscope)
Qualität von Ganzpflanzensilagen aus Triticale, Hafer und Futtererbsen | Nutztiere
153
Zusa
mm
enfa
ssu
ng
Agrarforschung Schweiz 6 (4): 152–159, 2015
In den Jahren 2012 und 2013 wurden an
Agroscope in Posieux Versuche mit verschie-
denen Mischungen mit Triticale, Hafer und
Futtererbsen durchgeführt. Das Siliergut
wurde bei zwei Terminen geerntet, gehäck-
selt und in Laborsilos einsiliert. Zudem wurde
bei einigen Mischungen auch der Einfluss
eines Siliermittels auf die Hauptgärung und
die Nacherwärmungen untersucht.
Das Siliergut wies einerseits hohe Zuckerge-
halte und hohe Vergärbarkeitskoeffizienten
und andererseits tiefe Nitratgehalte auf.
Die Mischungen und Einzelpflanzen, die zum
ersten Termin einsiliert wurden, wiesen
teilweise relativ hohe Buttersäuregehalte
und dementsprechend eine schlechte
Silagequalität auf. Von den drei Pflanzen, die
in der Mischung enthalten waren, war
insbesondere der Hafer für die schlechte
Qualität verantwortlich.
Durch den Zusatz eines chemischen Siliermit-
tels konnte die Buttersäure- und Ethanolbil-
dung sowie die Gärgasverluste reduziert und
auch die aerobe Stabilität der Silagen
verbessert werden.
einerseits das Ertragsmaximum noch nicht erreicht ist
und andererseits die Silagen oft hohe Buttersäurege
halte aufweisen. Werden die Ganzpflanzen zu spät
geerntet, können bei der Ernte bereits Körner abfallen
und das sperrige Futter lässt sich weniger gut verdichten,
was zu Problemen mit Schimmelbefall und Erwärmun
gen bei der Entnahme führen kann.
Als optimaler Erntezeitpunkt wird die Mitte der Teig
reife (ca. 2–3 Wochen vor der Körnerernte) angesehen.
Hier weisen die Pflanzen einen Trockensubstanz (TS)
Gehalt von rund 35 % auf. Zur Verhinderung der Butter
säuregärung beziehungsweise zur Verbesserung der
Haltbarkeit bei der Entnahme wird der Einsatz eines
Siliermittels empfohlen, welches sowohl Fehlgärungen
verursacht durch Buttersäurebakterien verhindert und
als auch gegen Nacherwärmungen vorbeugt.
Im Herbst 2011 und 2012 wurden an Agroscope
in Posieux verschiedene TriticaleHaferFuttererbsen
Mischungen und zudem 2012 auch die Einzelpflanzen
separat angebaut mit dem Ziel, die Verdaulichkeit dieser
Mischungen mit Hilfe von Verdauungsversuchen mit
Schafen zu überprüfen (Arrigo 2014; Arrigo et al. 2015).
Bei diesen Versuchen ergab sich die Gelegenheit, die
Siliereignung dieser Mischungen beziehungsweise Ein
zelpflanzen und die Qualität der Silagen zu untersuchen.
M a t e r i a l u n d M e t h o d e n
In den Jahren 2012 und 2013 wurden drei beziehungs
weise zwei TriticaleHaferFuttererbsenMischungen zu
zwei Terminen geerntet und einsiliert (Abb. 1). Die
detaillierten Angaben zu den Mischungen und die Ter
mine sind aus Tabelle 1 ersichtlich. Zudem wurden 2013
auch die Einzelpflanzen Triticale, Hafer und Futtererb
sen separat einsiliert. Das Siliergut wurde gehäckselt
und in 1,5 Liter Laborsilos, drei Wiederholungen pro
Variante, einsiliert. Beim Einsilieren wurden Proben zur
TSBestimmung und Bestimmung der Inhaltsstoffe
genommen. Zusätzlich wurde auch der Nitratgehalt und
die Pufferkapazität bestimmt. Anhand vom TSGehalt,
dem Zuckergehalt (wasserlösliche Kohlenhydrate) und
der Pufferkapazität wurden die Vergärbarkeitskoeffizi
enten berechnet (Weissbach und Honig 1996). Nach
Mischung Triticale Hafer Futtererbsen 1. Termin 2. Termin
A 90/40/30 90 40 30
14.06.2012 28.06.2012B 90/30/40 90 30 40
C 90/20/50 90 20 50
D 90/40/50 90 40 5027.06.2013 11.07.2013
E 90/40/75 90 40 75
Tab. 1 | Saatmengen (kg/ha) und Siliertermine
Nutztiere | Qualität von Ganzpflanzensilagen aus Triticale, Hafer und Futtererbsen
154
einer Lagerdauer von 90 Tagen wurden die Laborsilos
geöffnet und wiederum Proben zur Analyse genommen.
Neben den Rohnährstoffen wurden auch die Gärpara
meter (pH, Gärsäuren, Ammoniak und Ethanol)
bestimmt. Bei der Berechnung der Gärgasverluste wur
den die gewogenen Gewichtsdifferenzen vom Versuchs
beginn und ende auf die einsilierte Trockensubstanz
menge bezogen. Zusätzlich wurde die aerobe Stabilität
anhand von Temperaturmessungen ermittelt. Alle 30
Minuten wurde die Temperatur gemessen und regist
riert. Diese Erhebung dauerte zwischen neun und 14
Tagen. Als aerob stabil wurden die Silagen angesehen,
Futter SilierterminTS%
Rohascheg/kg TS
Rohproteing/kg TS
Rohfaserg/kg TS
ADFg/kg TS
NDFg/kg TS
Zuckerg/kg TS
Stärkeg/kg TS
Nitratg/kg TS
PKg/kg TS
VK
A 90/40/30
14.06.2012
29,5 43 89 296 323 554 254 – 0,1 34 90
B 90/30/40 28,7 49 90 309 345 588 173 – 0,8 37 66
C 90/20/50 30,8 43 82 289 325 544 279 – 0,2 31 103
A 90/40/30
28.06.2012
36,8 47 79 293 345 559 142 120 0,2 34 69
B 90/30/40 36,8 48 82 294 347 549 136 135 0,3 37 69
C 90/20/50 35,9 51 74 282 316 532 150 121 0,1 31 74
D 90/40/5027.06.2013
27,0 49 78 327 360 569 216 < 10 0,1 49 62
E 90/40/75 23,2 60 99 338 370 565 168 34 0,4 62 45
D 90/40/5011.07.2013
35,7 44 72 297 323 529 148 138 0,3 42 64
E 90/40/75 32,5 49 83 295 339 518 156 113 0,2 48 59
Triticale
27.06.2013
34,1 38 56 306 337 552 313 < 10 < 0,1 33 109
Hafer 23,0 57 54 356 389 645 164 < 10 < 0,1 54 47
Futtererbsen 19,8 63 143 277 302 389 180 115 0,1 65 42
Triticale
11.07.2013
38,1 38 58 293 315 511 264 105 < 0,1 29 112
Hafer 32,5 49 50 320 360 592 92 124 < 0,1 45 49
Futtererbsen 25,6 62 133 270 326 402 215 114 0,3 64 52
TS: Trockensubstanz; PK: Pufferkapazität; VK: VergärbarkeitskoeffizientADF: Lignozellulose; NDF: Zellwände; Zucker: wasserlösliche Kohlenhydrate
Tab. 2 | Inhaltsstoffe des Ausgangsmaterial beim Einsilieren
Agrarforschung Schweiz 6 (4): 152–159, 2015
Abb. 1 | Beim ersten Siliertermin wurden die Pflanzen mit dem Motormäher gemäht. (Foto: U. Wyss, Agroscope)
Qualität von Ganzpflanzensilagen aus Triticale, Hafer und Futtererbsen | Nutztiere
155
R e s u l t a t e u n d D i s k u s s i o n
Ausgangsmaterial – hohe Vergärbarkeitskoeffizienten
Die Anteile der drei verwendeten Pflanzen in den ver
schiedenen Mischungen bezogen auf die Frischmasse bei
der Ernte sind aus Abbildung 2 ersichtlich. Im ersten Jahr
dominierte vor allem Triticale. Im zweiten Jahr enthiel
ten die Mischungen mehr Hafer und Futtererbsen (Abb. 3).
2012 reiften die Pflanzen schneller ab als 2013. Beim ers
ten Termin waren beide Getreidearten im Stadium
solange die Temperatur in der Silage die Umgebungs
temperatur nicht um mehr als 1° C übertraf.
Bei den drei Mischungen im ersten Versuchsjahr vom
zweiten Termin und bei allen Mischungen im zweiten
Versuchsjahr wurde sowohl Futter mit und ohne Zusatz
eines Siliermittels einsiliert. Beim Siliermittel handelte es
sich um das Produkt Kofasil Ultra, einem chemischen
Produkt. Es enthält Hexamin, Natriumnitrit, Natrium
benzoat und Natriumpropionat. Die Dosierung betrug
4 l beziehungsweise 4,7 kg pro Tonne Futter.
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
A 90/40/30
B 90/30/40
C 90/20/50
A 90/40/30
B 90/30/40
C 90/20/50
D 90/40/50
E 90/40/75
D 90/40/50
E 90/40/75
Ante
ilin
%de
rFr
isch
mas
se
1. Siliertermin27.06.2013 11.07.2013
1. Siliertermin14.06.2012
2. Siliertermin28.06.2012
TriticaleHaferFuttererbsen
2. Siliertermin
Abb. 2 | Anteile der drei Pflanzen der verschiedenen Mischungen bei den beiden Silierterminen und Jahren.
Futter SilierterminRohascheg/kg TS
Rohproteing/kg TS
Rohfaserg/kg TS
ADFg/kg TS
NDFg/kg TS
Zuckerg/kg TS
Stärkeg/kg TS
A 90/40/30
14.06.2012
50 95 377 422 650 104 –
B 90/30/40 57 98 394 436 672 49 –
C 90/20/50 51 91 346 380 598 93 –
A 90/40/30
28.06.2012
39 84 316 352 559 98 97
B 90/30/40 45 101 304 338 525 119 118
C 90/20/50 44 81 282 310 507 92 163
D 90/40/5027.06.2013
47 83 350 388 604 66 8
E 90/40/75 62 102 349 390 582 89 13
D 90/40/5011.07.2013
42 75 291 334 531 83 96
E 90/40/75 51 91 310 347 548 63 102
Triticale
27.06.2013
45 64 340 368 550 234 < 10
Hafer 54 57 386 449 731 39 < 10
Futtererbsen 69 154 289 344 387 89 63
Triticale
11.07.2013
40 62 309 341 527 111 65
Hafer 54 55 369 406 660 58 47
Futtererbsen 56 150 285 322 383 56 123
TS: Trockensubstanz; ADF: Lignozellulose; NDF: Zellwände; Zucker: wasserlösliche Kohlenhydrate
Tab. 3 | Inhaltsstoffe der Silagen
Agrarforschung Schweiz 6 (4): 152–159, 2015
Nutztiere | Qualität von Ganzpflanzensilagen aus Triticale, Hafer und Futtererbsen
156
Milchreife. Beim zweiten Termin war Triticale in der
Teigreife und der Hafer immer noch in der Milchreife.
Die Rohnährstoffgehalte der verschiedenen Mischungen
und der Einzelpflanzen sind aus der Tabelle 2 ersichtlich.
Die TSGehalte nahmen mit zunehmendem Reifegrad zu
und die meisten Rohnährstoffe ab. Dies geschah auf
Kosten der Stärke, die zugenommen hat. Die beiden
Mischungen D und E, die einen höheren Anteil an Fut
tererbsen aufwiesen, wiesen im Durchschnitt den glei
chen Rohproteingehalt auf wie die Mischungen A, B und
Futter SilierterminTS%
pHMilchsäure
g/kg TSEssigsäure
g/kg TSButtersäure
g/kg TSEthanolg/kg TS
NH3/N tot.%
DLGPunkte
Gärgas-verluste
%
Aerobe Stabilität Stunden
A 90/40/30
14.06.2012
26,5 5,1 21 1 31 29 34 20 11,2 336
B 90/30/40 24,8 5,1 20 1 37 29 36 15 11,3 336
C 90/20/50 28,8 4,6 36 11 14 20 30 44 7,7 336
A 90/40/30
28.06.2012
33,2 4,4 36 13 4 12 8 93 2,8 204
B 90/30/40 32,3 4,4 35 18 1 7 9 100 1,9 293
C 90/20/50 35,0 4,2 41 17 1 8 7 100 2,0 295
D 90/40/5027.06.2013
25,9 4,4 44 20 8 20 10 65 4,5 216
E 90/40/75 22,8 4,5 57 18 3 14 12 86 2,9 159
D 90/40/5011.07.2013
34,0 4,6 33 15 4 12 11 89 3,4 259
E 90/40/75 31,0 4,7 36 11 13 14 10 51 4,5 312
Triticale
27.06.2013
32,8 4,5 25 9 12 19 9 58 4,2 312
Hafer 22,1 4,7 28 2 42 13 7 6 6,4 312
Futtererbsen 18,9 4,0 145 22 4 18 12 90 4,3 222
Triticale
11.07.2013
35,4 4,5 29 21 2 8 11 100 3,8 289
Hafer 30,0 5,1 19 1 21 22 10 31 7,1 312
Futtererbsen 24,4 4,3 123 27 0 13 10 93 3,4 198
TS: Trockensubstanz; NH3/N tot.: Ammoniakstickstoffanteil am Gesamtstickstoff
Tab. 4 | Gärparameter der Silagen
Agrarforschung Schweiz 6 (4): 152–159, 2015
Abb. 3 | Die Triticale-Hafer-Erbsen-Mischung beim zweiten Siliertermin 2013. (Foto: U. Wyss, Agroscope)
Qualität von Ganzpflanzensilagen aus Triticale, Hafer und Futtererbsen | Nutztiere
157
Silagen – teilweise hohe Buttersäuregehalte
Die Ergebnisse der Rohnährstoffanalysen der Silagen
sind aus Tabelle 3 ersichtlich. Im Vergleich zum Aus
gangsmaterial waren die meisten Rohnährstoffe mit
Ausnahme vom Zucker und Stärkegehalt in den Silagen
höher. Vor allem der Zucker wurde durch den Gärpro
zess auf 50 % und die Stärke auf rund 75 % vom Aus
gangswert abgebaut. Bei den Einzelpflanzensilagen
stach der Hafer mit den höchsten Fasergehalten und die
Futtererbsen mit den höchsten Proteingehalten hervor.
Wie bereits bei früheren Untersuchungen (Weiss
bach und Haacker 1988; Schneider et al. 1991) festge
stellt wurde, gab es auch bei diesen Untersuchungen bei
einigen Silagen erhöhte Buttersäuregehalte. Dies war
vor allem bei den Silagen vom ersten Siliertermin bezie
hungsweise mit dem Futter mit den tieferen TSGehal
ten der Fall. Dementsprechend wiesen diese Silagen
auch höhere pHWerte, tiefere DLGPunkte und die
höchsten Gärgasverluste auf. Weissbach und Haacker
(1988) erklärten dies mit den tiefen Nitratgehalten im
Ausgangsmaterial und der dadurch fehlenden Hemm
wirkung auf die Buttersäurebakteriensporen. Bei den
Einzelpflanzen zeigte sich, dass vor allem der Hafer
massgeblich von der Buttersäurebildung betroffen war.
Hier beeinflussten sicher auch die höheren Fasergehalte
beziehungsweise Sperrigkeit des Futters die Milchsäure
gärung und pHWertAbsenkung. Die reinen Hafersila
gen wiesen auch die tiefsten DLGPunktzahlen auf. Auf
gefallen sind auch die Silagen mit den Futtererbsen, die
die höchsten Milchsäuregehalte und dementsprechend
tiefere pHWerte aufwiesen.
Die Untersuchungen der aeroben Stabilität zeigten,
dass die Silagen nach der Entnahme recht stabil waren.
Dabei haben die teils hohen Buttersäuregehalte, die
zwar im Hinblick auf die Gärqualität unerwünscht sind,
die Hefen in ihrer Aktivität gehemmt und die Stabilität
der Silagen verbessert.
Siliermitteleinsatz verbessert Qualität
Der Einsatz des Siliermittels beeinflusste einerseits die
Hauptgärung und andererseits auch die Nacherwärmun
gen. Wie aus der Abbildung 4 ersichtlich ist, reduzierte
der Siliermitteleinsatz den Buttersäure und auch Etha
nolgehalt der Silagen. Dies dürfte auf die Hemmwirkung
der chemischen Wirkstoffe auf die Buttersäurebakterien
und Hefen zurückzuführen sein. Durch die Verminde
rung der Fehlgärungen waren bei den behandelten Sila
gen die Gärgasverluste tiefer im Vergleich zu den unbe
handelten Silagen. Im Durchschnitt wiesen die
behandelten Silagen 94 DLG Punkte auf, im Vergleich
dazu hatten die unbehandelten Silagen 83 DLGPunkte.
Die pHWerte sowie Milch und Essigsäuregehalte waren
C. Bei den Einzelpflanzen zeichneten sich die Futtererb
sen durch die höchsten Rohproteingehalte, höhere
Rohaschegehalt und tiefere Fasergehalte auf. Der Hafer
wies die höchsten Faser und tiefsten Zuckergehalte auf.Was die Silierbarkeit der Mischungen beziehungsweise
Einzelpflanzen betrifft, so wiesen alle relativ hohe Ver
gärbarkeitskoeffizienten auf. Bei Werten über 45 gilt das
Futter als leicht silierbar (Weissbach und Honig 1996).
Hingegen war der Nitratgehalt insgesamt sehr tief und
nach Kaiser et al. (1999) gilt Futter mit weniger als 1 g
Nitrat pro kg TS als nitratfrei. Nitrat hemmt die Buttersäu
rebakterien und verhindert so eine Buttersäuregärung.
0,0
5,0
10,0
15,0
g/kg
Tro
cken
subs
tanz
Buttersäure
0,0
5,0
10,0
15,0
20,0
25,0
g/kg
Tro
cken
subs
tanz
Ethanol
0,0
2,0
4,0
6,0
%
Gärgasverluste
04896
144192240288336
A90
/40/
30B
90/3
0/40
C90
/20/
50
A90
/40/
30B
90/3
0/40
C90
/20/
50
D90
/40/
50E
90/4
0/75
D90
/40/
50E
90/4
0/75
D90
/40/
50E
90/4
0/75
D90
/40/
50E
90/4
0/75
Stun
den
Aerobe Stabilität
2012 2013
ohne Siliermittel mit Siliermittel
2. Siliertermin 1. Siliertermin 2. Siliertermin
Abb. 4 | Buttersäure, Ethanol, Gärgasverluste und aerobe Stabili-tät der Silagen ohne und mit Siliermittel.
Agrarforschung Schweiz 6 (4): 152–159, 2015
158
Nutztiere | Qualität von Ganzpflanzensilagen aus Triticale, Hafer und Futtererbsen
ohne und mit Siliermitteleinsatz praktisch identisch. Hin
gegen konnten in den behandelten beziehungsweise
unbehandelten Silagen durchschnittlich 118 g bezie
hungsweise nur 87 g wasserlösliche Zucker festgestellt
werden, was wiederum auf die Verminderung der Fehl
gärungen zurückzuführen ist. Auch bei der aeroben Sta
bilität zeigte das eingesetzte Siliermittel seine Wirkung.
Die behandelten Silagen erwärmten sich in fast allen
Fällen weniger schnell (Abb. 4).
S c h l u s s f o l g e r u n g e n
•• Der Anteil an Hafer in der Getreideganzpflanzenmi
schung mit Futtererbsen sollte nicht zu hoch sein, da
der Hafer die Gärqualität der Silagen negativ beein
flusst.
•• Die Getreideganzpflanzen mit Futtererbsen sollten im
Stadium Teigreife beziehungsweise bei einem TS
Gehalt von rund 35 % siliert werden. Bei einer zu
frühen Ernte gibt es vermehrt Probleme mit Butter
säure.
•• Durch den Einsatz eines wirksamen Siliermittels kann
die Buttersäurebildung reduziert und die aerobe
Stabilität der Silagen verbessert werden.� n
Agrarforschung Schweiz 6 (4): 152–159, 2015
159
Qualität von Ganzpflanzensilagen aus Triticale, Hafer und Futtererbsen | Nutztiere
Ria
ssu
nto
Sum
mar
y
Quality of whole-crop silage from
triticale, oats and forage peas
Experiments with various mixtures
containing triticale, oats and forage
peas were carried out at Agroscope
Posieux in 2012 and 2013. The crops
were harvested on two dates,
chopped, and ensiled in laboratory
silos. In addition, the influence of a
chemical silage additive on lactic acid
fermentation as well as the aerobic
stability was studied for some mix-
tures. Results showed that the ensi-
laged materials had high sugar
contents, high fermentability coeffi-
cients, and low nitrate contents. Some
of the mixtures and individual plants
ensiled on the first date had a rela-
tively high butyric acid content and
hence poor silage quality. Of the three
plants contained in the mixture, oats
were particularly responsible for the
poor quality. The addition of a chemi-
cal silage additive reduced butyric acid
and ethanol formation as well as
fermentation gas losses; in addition, it
improved the aerobic stability of the
silages.
Key words: whole crop silage, cereals,
forage peas, silage quality, aerobic
stability.
Qualità degli insilati con piante intere
di triticale, avena e piselli proteici
Nel 2012 e 2013, presso Agroscope a
Posieux, sono state effettuate analisi
con diverse miscele a base di triticale,
avena e piselli proteici. I prodotti
colturali sono stati mietuti in due date
diverse, trinciati e insilati in silo da
laboratorio. In alcune miscele, è stata
inoltre analizzata l’influenza di un
coadiuvante per l’insilamento sulla
fermentazione principale e il riscalda-
mento successivo.
Nell’insilato sono stati da una parte
individuati livelli elevati di zuccheri e
di coefficienti di fermentazione e
dall’altra tenori bassi di nitrati.
Le miscele e le erbe che sono state
utilizzate dopo la prima data di
raccolta presentavano in parte livelli
relativamente alti di acido butirrico e
pertanto anche una cattiva qualità di
insilamento. Dei tre prodotti colturali
contenuti nella miscela, in particolare
l’avena era responsabile della cattiva
qualità.
Tramite l’aggiunta di un coadiuvante
chimico per l’insilamento, è stato
possibile ridurre la formazione di acido
butirrico ed etanolo e la perdita di gas
di fermentazione e migliorare la
stabilità aerobica degli insilati.
Literatur ▪ Arrigo Y., 2014. Nährwertschätzung von Silagen aus Mischungen von Grüngetreide und Erbsen. Agrarforschung Schweiz 5 (2), 52–59.
▪ Arrigo Y. Henneberger S. & Wyss U., 2015. Verdaulichkeit und Abbaubar-keit von Ganzpflanzensilagen bestehend aus Protein- und Getreidepflan-zen. Agrarforschung Schweiz 6 (4), 144–151.
▪ Brunschwig P., 2011. Ensiler des céréales immatures, dossier sécheresse, Institut de l’élevage. Zugang: http://www.inst-elevage.asso.fr/spip.php?page=article_espace&id_espace=944&id_article=19868.
▪ Kaiser E., Weiss K. & Milimonka A., 1999. Untersuchungen zur Gärquali-tät von Silagen aus nitratarmem Grünfutter. Archives of Animal Nutrition 52, 75–93.
▪ Schneider S., Vogel R. & Wyss U., 1991. Die Eignung von Triticale zur Bereitung von Ganzpflanzensilage. Landwirtschaft Schweiz 4 (8), 407–411.
▪ Thaysen J., 2010. Ganzpflanzensilage. Rationalisierungs-Kuratorium für Landwirtschaft, S. 867-920.
▪ Weissbach F. & Honig H., 1996. Über die Voraussage und Steuerung des Gärungsverlaufs bei der Silierung von Grünfutter aus extensivem Anbau. Landbauforschung Völkenrode 46 (1), 10–17.
▪ Weissbach F. & Haacker K., 1988. Über die Ursachen der Buttersäure-gärung in Silagen aus Getreideganzpflanzen. Das wirtschaftseigene Futter 34, 88–99.
▪ Wyss U., 1994. Gärqualität von Gerste-Proteinerbsen-Ganzpflanzen-silagen. Agrarforschung 1 (1), 19–21.
Agrarforschung Schweiz 6 (4): 152–159, 2015
160 Agrarforschung Schweiz 6 (4): 160–165, 2015
alle Bioproduzenten fest, und drittens legen die Richtli
nien von Bio Suisse Höchstmengen für ihre Mitglieder
fest. Gemäss Pflanzenschutzmittelverzeichnis des BLW
dürfen in den meisten Kulturen 4 kg/ha/Jahr Reinkupfer
eingesetzt werden, in Reben 6 kg/ha/Jahr. Die Biover
ordnung legt auch für Reben eine Höchstmenge von
4 kg/ha/Jahr fest. Diese muss über einen Zeitraum von
fünf Jahren eingehalten werden; in einzelnen Jahren
dürfen bis 6 kg/ha/Jahr eingesetzt werden. Bio Suisse
schränkt zusätzlich den Kupfereinsatz in Beerenkulturen
auf 2 kg/ha/Jahr ein und im Kernobstanbau auf 1,5 kg/
ha/Jahr. Bei akutem Risiko von Feuerbrand dürfen jedoch
bis 4 kg/ha/Jahr eingesetzt werden, sofern dafür eine
kantonale Bewilligung vorliegt.
Da sich Kupfer im Boden anreichert, wird sein Einsatz
im Biolandbau immer wieder kritisiert. Dabei wird meist
angenommen, dass die erlaubten Höchstmengen auch
tatsächlich eingesetzt werden. Wir vermuteten hinge
gen, dass die auf Biobetrieben eingesetzte Kupfermenge
E i n l e i t u n g
Bereits in den 1880er Jahren wurde Kupfer in Schweizer
Rebbergen eingesetzt, um den Falschen Mehltau (Plas-
mopara viticola) zu bekämpfen. Im Zeitraum zwischen
1920 und 1960 wurden sehr hohe Kupfermengen ver
wendet; manche Winzer brachten im Durchschnitt bis zu
50 kg/ha/Jahr aus (Räz et al. 1987) (Abb. 1). In Deutsch
land wurden teilweise bis 80 kg/ha/Jahr und mehr einge
setzt (Kühne et al. 2009).
Heute ist für Kupferfungizide die Höchstmenge
begrenzt. Die Begrenzung bezieht sich immer auf den
Reinkupferanteil, welcher in den einzelnen Wirkstoffen
(Kupferhydroxid, Kupferoxychlorid, Bordeauxbrühe etc.)
enthalten ist. In der Schweiz werden Höchstmengen für
Kupferfungizide erstens durch die Zulassungsstelle für
Pflanzenschutzmittel (Bundesamt für Landwirtschaft
BLW) festgelegt und gelten für die Landwirtschaft gene
rell. Zweitens legt die Bioverordnung Höchstmengen für
Kupfereinsatz von Schweizer Biobauern in verschiedenen KulturenBernhard Speiser1, Esther Mieves2 und Lucius Tamm1
1Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL, 5070 Frick, Schweiz2Universität Kassel, Fachgebiet Ökologischer Pflanzenschutz, 37213 Witzenhausen, Deutschland
Auskünfte: Bernhard Speiser, E-Mail: [email protected]
P f l a n z e n b a u
Abb. 1 | Der blaue Belag auf diesen Rebpfählen zeugt von jahrzehntelanger Anwen-dung hoher Kupfermengen (Bild aus dem Jahr 1989). (Foto: Andreas Häseli, FiBL)
Kupfereinsatz von Schweizer Biobauern in verschiedenen Kulturen | Pflanzenbau
161
Zusa
mm
enfa
ssu
ng
Agrarforschung Schweiz 6 (4): 160–165, 2015
Der Einsatz von Kupferfungiziden ist heute
mengenmässig begrenzt. Für Schweizer
Bioproduzentinnen und Bioproduzenten gelten
Beschränkungen durch die Zulassungsstelle für
Pflanzenschutzmittel, durch die Bioverordnung
und durch die Richtlinien von Bio Suisse. Die
Höchstmengen betragen 1,5 kg/ha/Jahr für
Kernobst, 2 kg/ha/Jahr für Beeren und 4 kg/ha/
Jahr für die übrigen Kulturen. Wir untersuchten,
wie viel Kupfer in der Praxis tatsächlich
ausgebracht wird.
Für diese Untersuchung wurden Produzentin-
nen und Produzenten von Bio Suisse zum
Kupfereinsatz in den Jahren 2009–2012 befragt.
Mit einer Hochrechnung wurde der durch-
schnittliche Kupfereinsatz für Fruchtfolgeflä-
chen und für Rebflächen ermittelt.
Der durchschnittliche Kupfereinsatz lag bei
Äpfeln, allen Beerenarten, Kohl, Tomaten,
Gurken und resistenten Rebsorten unter 1 kg/
ha/Jahr. Bei Birnen, Aprikosen und Karotten lag
er zwischen 1 und 2 kg/ha/Jahr und bei Kirsche,
Kartoffel, Sellerie und traditionellen europäi-
schen Rebsorten über 2 kg/ha/Jahr. Der
durchschnittliche Kupfereinsatz auf Fruchtfol-
geflächen betrug 0,7 kg/ha/Jahr, derjenige auf
Rebflächen 2,5 kg/ha/Jahr.Diese Befragung zeigt, dass Schweizer Biobau-
ern deutlich weniger Kupfer einsetzen als die
zugelassenen Höchstmengen. Der Biolandbau
verfolgt heute eine kombinierte Strategie zur
Kupferminimierung, welche den Anbau resisten-
ter Sorten, Anpassungen in der Kulturführung,
Optimierungen beim Kupfereinsatz und den
Einsatz alternativer Produkte beinhaltet.
tiefer liegt, da sich Schweizer Bioproduzentinnen und
Bioproduzenten der Kupferproblematik bewusst sind
und grosse Anstrengungen zur Kupferminimierung
unternehmen. Die hier beschriebene Befragung von Bio
bauern liefert erste Zahlen zum effektiven Kupferein
satz in der Praxis.
M e t h o d e n
Befragung
Für diese Untersuchung wurden insgesamt 38 Produzen
tinnen und Produzenten von Bio Suisse befragt. Grund
lage waren die Pflanzenschutzaufzeichnungen, welche
für die Betriebskontrolle gemacht werden. Die Umfrage
umfasste die Jahre 2009–2012.
Für Früchte und Gemüse befragten wir eine
beschränkte Anzahl ausgewählter Produzenten. Ausge
wählt wurden die wichtigsten Lieferanten eines Detail
listen. Die Befragten liefern einen beträchtlichen Anteil
der Schweizer Bioproduktion (Tab. 1), sind jedoch in
Bezug auf die Betriebsgrösse oder Region nicht unbe
dingt repräsentativ. Wir vermuten, dass die befragten
Betriebe überdurchschnittlich gross sind, und es liegt
eine Übervertretung der Ostschweiz vor.
Für Wein wurde ein Aufruf unter den Produzentin
nen und Produzenten von Bio Suisse gemacht, worauf
zwölf Biowinzer den Kupferverbrauch auf ihrem Betrieb
meldeten. Anders als in den Bereichen Früchte und
Gemüse fehlen in unserer Auswahl jedoch einige wich
tige Winzerbetriebe. Zudem liegt der Anteil der mit
PIWISorten bestockten Flächen (PIWI = pilzwiderstands
fähig) in unserer Befragung über dem gesamtschweize
rischen Flächenanteil dieser Sorten. Die Hochrechnung
zum flächengewichteten Durchschnitt (siehe unten) kor
rigiert jedoch diese Verzerrung.
Auswertung
Der Kupfereinsatz pro Kultur wurde als flächengewich
teter Durchschnitt über alle Produzenten und Jahre
berechnet.
Aus den Daten für Feldgemüse und Kartoffeln wurde
zudem der durchschnittliche Kupfereinsatz für Frucht
folgeflächen (über alle Kulturen) wie folgt hochgerech
net: (i) Von den Fruchtfolgekulturen dürfen Kartoffeln,
Karotten, Sellerie und Kohl mit Kupfer behandelt wer
den. (ii) Für diese vier Kulturen wurde der flächenge
wichtete Kupfereinsatz ermittelt. (iii) Auf einem genauer
untersuchten Modellbetrieb machten diese vier Kultu
ren zusammen 52 % der Fruchtfolgeflächen aus. (iv) Ent
sprechend wurde der Kupfereinsatz auf die gesamte
Fruchtfolgefläche (alle Kulturen = 100 % der Fläche)
hochgerechnet.
Pflanzenbau | Kupfereinsatz von Schweizer Biobauern in verschiedenen Kulturen
162
Die Daten aus dem Weinbau wurden separat nach den
zwei Sortengruppen europäische Rebsorten und PIWI
Sorten ausgewertet, da erstere wesentlich anfälliger auf
den Falschen Mehltau sind. Den durchschnittlichen Kup
fereinsatz im Schweizer Bioweinbau rechneten wir so
hoch: (i) Für den Schweizer Bioweinbau wird der Anteil
der Europäersorten auf 75 % geschätzt und der Anteil
der PIWISorten auf 25 % (persönliche Mitteilung von
Andreas Häseli, FiBL). (ii) Für die beiden Sortengruppen
ermittelten wir separat den durchschnittlichen Kupfer
einsatz. (iii) Dann errechneten wir den flächengewichte
ten Durchschnitt über beide Sortengruppen.
R e s u l t a t e
Der durchschnittliche Kupfereinsatz unterschied sich je
nach Kultur sehr stark (Tab. 1). Bei Äpfeln, allen Beerenar
ten, Kohl, Tomaten und Gurken lag er unter 1 kg/ha/Jahr.
Bei Birnen, Aprikosen und Karotten lag er zwischen 1 und
2 kg/ha/Jahr, und bei Kirschen, Kartoffeln und Sellerie lag
er über 2 kg/ha/Jahr. Im Rebbau war der Kupfereinsatz für
PIWISorten fast sechsmal tiefer als für Europäersorten.
Der auf eine durchschnittliche Fruchtfolgefläche hochge
rechnete Kupfereinsatz betrug 0,7 kg/ha/Jahr, der auf
eine durchschnittliche Rebfläche hochgerechnete 2,5 kg/
ha/Jahr.
Die Höchstmengen der Kupferanwendung wurden
sehr unterschiedlich ausgeschöpft (siehe Tab. 1, letzte
Spalte). Bei Erdbeeren, Heidelbeeren, Himbeeren, Johan
nisbeeren, Kohl, Tomaten und Gurken wurden weniger
als 25 % der Höchstmenge eingesetzt. Bei Aprikosen,
Brombeeren und Karotten wurden zwischen 25 und
50 % der Höchstmenge eingesetzt, bei Äpfeln, Birnen,
Kirschen, Kartoffeln und Sellerie mehr als 50 %. Im Reb
bau variierte die Ausschöpfung der Höchstmenge stark
zwischen PIWISorten und Europäersorten. Im Kern und
Steinobstanbau gab es einige wenige Produzentinnen
und Produzenten, welche die Höchstmenge ausschöpf
ten. In den übrigen Kulturen wurde sie von niemandem
unter den Befragten ausgeschöpft.
D i s k u s s i o n
Diese Befragung zeigt, dass Schweizer Biobauern im
Durchschnitt deutlich weniger Kupfer einsetzen als die
zugelassenen Höchstmengen. Die Auswirkungen des
KulturBefragte Produzenten
Kupfermenge(kg/ha/Jahr)
Ausschöpfung der Höchstmenge (%) Anzahl
Anteil an der Biofläche (%)
Obstbau 13
Äpfel 10 50 0,9 60
Birnen 6 50 1,2 80
Aprikosen 3 40 1,7 43
Kirschen 2 10 2,5 63
Brombeeren 2 50 0,6 30
Erdbeeren 5 30 0,4 20
Heidelbeeren, Himbeeren, Johannisbeeren 5 30 0,1 5
Kartoffeln und Feldgemüse 7
Kartoffeln 6 10 2,8 70
Karotten 4 * 1,4 35
Sellerie 3 * 2,7 68
Kohl 6 * 0,1 3
Hochrechnung auf Fruchtfolgeflächen 0,7
Gewächshauskulturen 6
Tomaten 5 * 0,2 5
Gurken 6 * 0,1 3
Reben 12
Europäersorten 8 11 2,9 73
PIWI-Sorten 9 8 0,5 13
Hochrechnung auf Rebflächen 2,5*Für diese Kulturen konnte der Anteil an der Biofläche nicht bestimmt werden.
Tab. 1 | Befragte Produzentinnen und Produzenten, durchschnittlicher Kupfereinsatz und Ausschöpfung der Höchstmengen für verschiede-ne Kulturen. Die erlaubten Höchstmengen variieren je nach Kultur (siehe Einleitung).
Agrarforschung Schweiz 6 (4): 160–165, 2015
Kupfereinsatz von Schweizer Biobauern in verschiedenen Kulturen | Pflanzenbau
163
ventionellen Anbau neben Kupfer noch viele andere
Fungizide eingesetzt werden können (Kühne et al. 2009).
Heutige Möglichkeiten der Kupferreduktion im Bio-
landbau
Der Biolandbau verfolgt heute eine kombinierte Strate
gie zur Kupferminimierung. Diese beinhaltet den Anbau
resistenter oder toleranter Sorten, Anpassungen in der
Kulturführung, Optimierungen beim Kupfereinsatz und
den Einsatz alternativer Produkte.
Die Bedeutung resistenter Sorten zeigt sich in dieser
Befragung besonders deutlich im Rebbau, wo rund
sechsmal weniger Kupfer für PIWISorten ausgebracht
wurde als für Europäersorten. Ein minimaler Kupferein
satz wird allerdings auch bei resistenten Sorten empfoh
len, um Resistenzdurchbrüche zu vermeiden. In der
Apfelprodukton stehen heute ebenfalls diverse resis
tente Sorten zur Verfügung, welche nur einen minima
len Kupfereinsatz benötigen. Der Anbau resistenter
Apfelsorten wird jedoch durch die Bedürfnisse des Mark
tes gehemmt, beispielsweise durch die Nachfrage nach
der beliebten, jedoch schorfanfälligen Sorte Gala. Dank
intensiver MarketingBemühungen der Detailhändler
konnte der Anteil resistenter Apfelsorten kontinuierlich
gesteigert werden und beträgt heute in der Schweiz
über 40 %. Auch für den Kartoffelanbau stehen heute
diverse resistente Sorten zur Verfügung, bei der Markt
einführung bestehen ähnliche Hürden wie bei den
Äpfeln oder Reben.
Die Bedeutung der Kulturführung zeigt sich in dieser
Befragung besonders deutlich für die Gewächshauskul
turen. In Gewächshäusern wird die Luftfeuchtigkeit so
reguliert, dass es nicht zu Infektionen kommt. Nur in lan
gen sehr feuchten Perioden kann es vorkommen, dass
sich die Luftfeuchtigkeit nicht genügend regeln lässt. In
diesen Fällen muss Kupfer eingesetzt werden. Entspre
chend war der durchschnittliche Kupfereinsatz für Toma
ten und Gurken sehr tief, aber nicht gleich null.
Auch bei der Kirschenproduktion zeigte sich der Ein
fluss der Kulturführung in dieser Befragung. Der eine
Produzent betreibt Hochstammproduktion in offenem
Anbau und musste bis zu 4 kg/ha/Jahr Kupfer einsetzen.
Die andere Produzentin betreibt dagegen eine moderne
Tafelkirschenanlage mit Witterungsschutz. Dadurch wird
das Risiko einer Infektion mit der Schrotschuss und der
Sprühfleckenkrankheit, der Bitterfäule und teilweise
auch der Monilia so weit reduziert, dass sie die Kupfer
behandlungen stark reduzieren konnte. Im Hinblick auf
die Kupferminimierung ist die moderne Kirschenanlage
mit Witterungsschutz vorzuziehen, während aus Sicht
des Landschaftsschutzes die Hochstammanlage vorteil
hafter ist.
Kupfereinsatzes sollten nach dem tatsächlichen Einsatz
beurteilt werden. Dieser kann in einzelnen Kulturen
10–30mal tiefer sein als die erlaubte Höchstmenge.Die befragten Produzentinnen und Produzenten
unterschritten freiwillig die erlaubten Höchstmengen.
Dies ist nur möglich, wenn sie die Krankheiten auf andere
Weise kontrollieren können. Je nach Kultur stehen dafür
heute verschiedene Alternativen zur Verfügung (siehe
unten). Voraussetzung ist, dass die einzelnen Produzie
renden bereit sind, für die Kupferminimierung auf ihren
Betrieben höhere Kosten und/oder grössere Risiken in
Kauf zu nehmen.
Die befragten Obst und Gemüseproduzenten
decken einen wesentlichen Teil der Schweizer Biopro
duktion ab. Bei den Daten zum Rebbau fehlen hingegen
einige wichtige Winzerbetriebe, sodass der durchschnitt
liche Kupfereinsatz mit einer Hochrechnung abgeschätzt
werden musste. Die so für den Schweizer Biolandbau
ermittelten Mengen an eingesetztem Kupfer liegen in
einer ähnlichen Grössenordnung wie die von deutschen
Biobauern eingesetzten Kupfermengen. Diese betragen
gemäss neusten Erhebungen der deutschen Anbauver
bände je nach Kultur rund 1–2 kg/ha/Jahr (Kanthak et al.
2014).
Auch in der integrierten und konventionellen Pro
duktion wird Kupfer häufig eingesetzt. Gründe dafür
sind: (i) Gegen gewisse Krankheiten ist Kupfer der ein
zige bewilligte Wirkstoff. (ii) Resistenzmanagement, (iii)
Kosten. Eine deutsche Untersuchung zeigt, dass im kon
ventionellen Anbau für die meisten Kulturen weniger
Kupfer pro Flächeneinheit verwendet wird als im biolo
gischen Anbau. Dies erklärt sich dadurch, dass im kon
Abb. 2 | Mit der Unterblattapplikation lassen sich Pflanzenschutz-mittel besser auf die Blattunterseite ausbringen. Im Kartoffelbau eignet sich diese Technik jedoch nur bis zum Reihenschluss. Später würden sich die «Droplegs» in den Pflanzen verfangen und Schäden anrichten. (Foto: Bernhard Speiser, FiBL)
Agrarforschung Schweiz 6 (4): 160–165, 2015
164
Pflanzenbau | Kupfereinsatz von Schweizer Biobauern in verschiedenen Kulturen
Die Wirksamkeit tiefer Kupferdosierungen kann durch
folgende technische Massnahmen optimiert werden:
(i) Prognosemodelle helfen, die Kupferapplikation best
möglich auf die zu erwartenden Infektionsperioden
abzustimmen. Beispiele aus der Praxis sind die Prognose
modelle RIMpro (Apfelschorf), VitimeteoPlasmopara
(Falscher Mehltau an Reben) und phytoPRE (Krautfäule
an Kartoffeln). (ii) Moderne Applikationstechnik hilft,
einen gleichmässigen Kupferbelag auf der Ober und
Unterseite des Blattes zu erzielen (Abb. 2 und 3). Auf
grund der rein protektiven Wirkung von Kupfer ist ein
gleichmässiger Belag Voraussetzung für eine gute Wir
kung. (iii) Moderne Kupferformulierungen ergeben eine
bessere Verteilung auf der Blattoberfläche und eine
erhöhte Regenfestigkeit, was tiefere Dosierungen
ermöglicht.
Auch Alternativprodukte tragen zur Reduktion des
Kupfereinsatzes bei. Bei Schweizer Bioproduzentinnen
und Bioproduzenten sind Schwefel, Tonerden und Kali
umbicarbonat feste Bestandteile der Spritzfolge und
ersetzen in manchen Kulturstadien die Kupferspritzun
gen. Schwefelkalk wäre ein weiteres Alternativprodukt zu
Kupfer. In Deutschland wird Schwefelkalk im Bioobstbau
verbreitet eingesetzt. Der Einsatz erfolgt Anfang bis Mitte
Saison, und das Produkt kann während laufenden Infekti
onen ausgebracht werden. In der Schweiz ist die Bewilli
gung von Schwefelkalk als Pflanzenschutzmittel noch
hängig, Schwefelkalk darf also derzeit nicht eingesetzt
werden. Als weiteres Alternativprodukt wird Kaliumphos
phonat (Kaliumphosphit) diskutiert. In Deutschland
wurde dieses Mittel bis 2013 im Bioweinbau verwendet.
Derzeit ist der Einsatz im Biolandbau nicht erlaubt; es
liegt jedoch ein Antrag auf Zulassung in der EU vor. Ob
diesem Antrag stattgegeben wird, ist fraglich. Kritisiert
wird insbesondere, dass Kaliumphosphonat zu Rückstän
den im Erntegut und im Wein führt (EGTOP, 2014).
Weitere Kupferquellen
Diese Untersuchung befasst sich nur mit der Ausbrin
gung von Kupferfungiziden. Daneben gibt es jedoch
noch weitere Quellen von Kupfereinträgen in die
Umwelt. In der Landwirtschaft werden auch mit Hofdün
gern, Handelsdüngern, Komposten und Gärgut bedeu
tende Kupfermengen ausgebracht. Eine österreichische
Studie ermittelte für die Düngung mit Hühnermist eine
durchschnittliche Kupferfracht von knapp 0,2 kg/ha/Jahr,
für Schweinemist rund 0,3 kg/ha/Jahr und für Trutenmist
1,5 kg/ha/Jahr (Zethner et al. 2007). Der Kupfergehalt in
Hofdüngern hängt direkt vom Kupfergehalt der Futter
mittel ab. Insbesondere Ferkelfutter wird stark mit Kup
fer angereichert. Um den Eintrag auch aus dieser Kup
ferquelle zu minimieren, gelten bei Bio Suisse strenge
Beschränkungen für den Kupfergehalt von Biofuttermit
teln. So ist beispielsweise gemäss der verbindlichen Fut
termittelliste in Bio Suissekonformem Ferkelfutter ein
Kupfergehalt von 6 mg/kg erlaubt, während in konven
tionellem Ferkelfutter 170 mg/kg erlaubt sind.
Daneben existieren auch bedeutende nichtlandwirt
schaftliche Kupferquellen. Die wichtigsten sind Verkehr
(Bremsabrieb), Trinkwasserleitungen, Oberleitungen
und Dächer (Hillenbrand et al. 2005). Der gesamte Kup
fereintrag in die Umwelt durch den Verkehr ist wesent
lich grösser als derjenige durch Fungizide. Der Eintrag
pro Flächeneinheit dürfte jedoch für den Verkehr tiefer
sein, da sich diese Emissionen auch auf nichtlandwirt
schaftliche Flächen und auf Gewässer verteilen.
S c h l u s s f o l g e r u n g e n
Der Eintrag von Kupfer in die Umwelt sollte weiter redu
ziert werden. Ein vollständiger Verzicht auf Kupferfun
gizide ist derzeit jedoch weder im Biolandbau noch in
der nichtbiologischen Landwirtschaft möglich. Weitere
Reduktionen des Kupfereinsatzes sind möglich, indem
die oben skizzierte Strategie zur Kupferminimierung
verfeinert und konsequent umgesetzt wird.
Entscheidende Durchbrüche im Hinblick auf einen
vollständigen Kupferverzicht sind nur von der Entwick
lung neuartiger Fungizide zu erwarten. Derzeit laufen
verschiedene Forschungsprojekte, in denen nach weite
ren Alternativen zu Kupfer gesucht wird. Im EUFor
schungsprojekt COFREE wird die Entwicklung neuer
Fungizide parallel zur Entwicklung neuer Prognosemo
delle und zur Verbesserung der Marktakzeptanz resis
tenter Sorten vorangetrieben.� n
Abb. 3 | Durch Beimischung einer fluoreszierenden Substanz zur Spritzbrühe wird unter UV-Licht sichtbar, wie sich der Belag auf den Blättern verteilt. So kann die Wirksamkeit neuer Applikationstech-niken überprüft werden. (Foto: Bernhard Speiser, FiBL)
Agrarforschung Schweiz 6 (4): 160–165, 2015
Dank
Wir danken dem beteiligten Detaillisten und allen Produzentinnen und Produzen-ten für die wertvolle Zusammenarbeit.
165
Kupfereinsatz von Schweizer Biobauern in verschiedenen Kulturen | Pflanzenbau
Ria
ssu
nto
Sum
mar
y
Uso di rame in diverse colture da parte di
biocontadini svizzeri
I quantitativi di fungicidi a base di rame
sono attualmente limitati. Per i bioproduttori
svizzeri valgono le limitazioni imposte dal
servizio di omologazione per prodotti
fitosanitari, dall’Ordinanza bio e dalle
direttive di Bio Suisse. I quantitativi massimi
ammessi ammontano a 1,5 kg/ha/anno per
frutta a granella, a 2 kg/ha/anno per bacche
e a 4 kg/ha/anno per le altre colture.
Abbiamo analizzato quanto rame viene
impiegato effettivamente nella pratica.
Per questa valutazione abbiamo interrogato
diversi produttori di Bio Suisse in merito
all’uso di rame negli anni 2009–2012. Da
questi dati abbiamo estrapolato l’uso medio
di rame sulle superfici di avvicendamento e
nei vigneti.
Per quanto riguarda le mele, tutte le specie
di bacche, i cavoli, i pomodori, i cetrioli e le
varietà di vite resistenti, l’impiego medio di
rame è risultato inferiore a 1 kg/ha/anno.
Per le pere, le albicocche e le carote il valore
si è situato tra 1 e 2 kg/ha/anno e per le cilie-
gie, le patate, il sedano e le varietà di vite
europee tradizionali ha superato 2 kg/ha/
anno. L’uso medio di rame su superfici di
avvicendamento è risultato pari a 0,7 kg/ha/
anno, nei vigneti 2,5 kg/ha/anno.
Da questo sondaggio emerge che i contadini
bio svizzeri spargono nettamente meno
rame di quanto è permesso. L’agricoltura
biologica persegue attualmente una strate-
gia combinata per minimizzare l’uso di rame,
che implica la coltivazione di varietà resi-
stenti, adeguamenti nella gestione delle
colture, ottimizzazione dell’uso di rame e
impiego di prodotti alternativi.
Crop-specific copper applications by Swiss
organic farmers
There are currently quantitative restrictions
on the use of copper-based fungicides. In
Switzerland, restrictions are imposed on
organic farmers by the licensing authority
for pesticides, the Swiss Organic Farming
Ordinance and the Bio Suisse Standards. The
maximum permitted quantities are 1.5 kg/
ha/a in pome fruit, 2 kg/ha/a in soft fruit
and 4 kg/ha/a in other crops. We have
examined the actual quantities of copper
applied on farms.
For this study, we surveyed Bio Suisse
producers on their use of copper-based
fungicides in the years 2009–2012 and
extrapolated the average quantities of
copper applied on crop rotation plots and
viticulture plots.
Average copper applications were less than
1 kg/ha/a in apples, all soft fruit species, cab-
bages, tomatoes, cucumbers and resistant
grape cultivars. Between 1 and 2 kg/ha/a
were applied to pears, apricots and carrots,
whereas cherries, potatoes, celeriac and
traditional European grape cultivars received
more than 2 kg/ha/a. Copper was applied at
average rates of 0.7 kg/ha/a in crop rotation
plots and 2.5 kg/ha/a in viticulture plots.
This survey shows that Swiss organic
farmers apply significantly less copper than
the maximum permitted quantities. The
organic farming sector is pursuing a com-
bined strategy for minimizing copper
applications that involves resistant cultivars,
adaptations in crop husbandry, optimized
copper applications and the use of alterna-
tive products.
Key words: Bio Suisse, copper fungicides,
plant protection, organic farming, Switzerland.
Literatur ▪ EGTOP, 2014. Final Report on Plant Protection Products (II). Zugang:www.ec.europa.eu/agriculture/organic.
▪ Hillenbrand T., Toussaint D., Böhm E., Fuchs S., Scherer U., Rudolphi A. & Hoffmann M., 2005. Einträge von Kupfer, Zink und Blei in Gewässer und Böden – Analyse der Emissionspfade und möglicher Emissionsminde-rungsmaßnahmen. Texte 19/05. Umweltbundesamt, Dessau.
▪ Kanthak S., Kienzle J. & Patzwahl W., 2014. Saisonberichte und Stand der Umsetzung der Kupferminimierungsstrategie. Präsentationen am Kupfer-fachgespräch 2014 vom 21.11.2014 in Berlin. Zugang: http://kupfer.jki.bund.de.
▪ Kühne S., Strassemeyer J. & Rossberg D., 2009. Anwendung kupferhalti-ger Pflanzenschutzmittel in Deutschland. Journal für Kulturpflanzen 6, 126–130.
▪ Räz B., Schüepp H. & Siegfried W., 1987. Hundert Jahre Plasmopara- Bekämpfung und Kupfereintrag in die Rebberge. Schweizerische Zeit-schrift für Obst- und Weinbau 123, 272–277.
▪ Zethner G., Sattelberger R. & Hanus-Illnar A., 2007. Kupfer und Zink im Wirtschaftsdünger von Schweine- und Geflügelmastbetrieben. Umwelt-bundesamt, REP-0073, Vienna.
Agrarforschung Schweiz 6 (4): 160–165, 2015
166 Agrarforschung Schweiz 6 (4): 166–173, 2015
keime strecken. Zuerst ermöglichen die Stärkereserven
der Kartoffel das Wachstum der Keime. Nach dem Auf
laufen stellen dann die Blätter die erforderliche Energie
durch Photosynthese bereit (Mazoyer 2002).
Kennzeichnend für die Sorten ist ihre Alterung, die
als das Fortschreiten des physiologischen Alters der
Knolle bezeichnet werden kann (Delaplace 2007). Das
physiologische Alter schreitet durch den Umwandlungs
prozess fort, bei dem Knolleninhaltsstoffe (Stärke) abge
baut wird. Dieser Prozess bestimmt die Fähigkeit der
Knollen, zu wachsen und Tochterknollen zu bilden
(Delaplace 2007). Genetische Gegebenheiten der Sorten,
das chronologische Alter der Knolle und die Umweltbe
dingungen sind die drei wichtigsten Faktoren der Alte
rung (Reust 1981; Delaplace 2007). Zu Beginn des
Lebenszyklus der Knolle bestimmen hauptsächlich gene
tische Faktoren der betreffenden Sorte die Alterungsge
schwindigkeit. Nach Abschluss der Endodormanz wer
den die Umweltbedingungen zum bestimmenden Faktor
(Delaplace et al. 2008). Zu den Umweltbedingungen,
welche die Alterung am stärksten beeinflussen, gehören
Boden und Klimabedingungen des Produktionsstand
orts sowie die Lagerungstemperatur (Reust 1981).
Bei der Alterung werden drei aufeinanderfolgende
Stadien durchschritten, die für den Produzenten beson
ders wichtig sind, weil sie den Ertrag und die Qualität
der Ernte bestimmen. Kurz nach dem Ende der Keim
ruhe ist das Wachstum der Keime langsam und die api
kale Dominanz stark ausgeprägt. Dadurch entwickelt
sich ein einziger Hauptkeim. Später nimmt die apikale
Dominanz ab und es erscheinen weitere, schneller wach
sende Keime. Schliesslich versiegen die Reserven der
Knolle (Stärke), die Knolle ist nun zu stark gealtert und
weist mehrere verzweigte Keime auf (Rousselle et al.
1996). Die Alterung beeinflusst auch die Zahl und das
Wachstum der Sprossachsen und schliesslich auch die Bil
dung von Tochterknollen (die Knollenbildung) und die
Anzahl der Knollen pro Kartoffelpflanze. Bei stark fort
geschrittener Alterung kann in bestimmten Fällen das
Phänomen der Knöllchensucht auftreten (Abb. 1), bei
dem ohne Auflaufen der Pflanzen Knöllchen ausgebil
det werden. Diese Tochterknollen sind von minderwerti
E i n l e i t u n g
Die Schweizerische Sortenliste für Kartoffeln 2015
umfasst 32 empfohlene Sorten (Schwärzel et al. 2014).
Die Physiologie dieser Sorten ist durch zwei aufeinan
derfolgende Phasen geprägt: die Keimruhe und die
Inkubationsdauer. Die Dauer der beiden Phasen ist cha
rakteristisch für jede Sorte. Die Entwicklung der Kartof
fel beginnt mit der Bildung der Knolle. Sobald diese
Knolle gebildet ist, tritt sie in die erste Phase ein, wäh
rend der sie nicht keimt. Diese Keimruhe besteht ihrer
seits aus zwei aufeinanderfolgenden Zeiträumen. Der
erste Zeitraum ist die Endodormanz, während der die
Knolle unabhängig von den Bedingungen nicht keimen
kann. Im zweiten Zeitraum kann die Dormanz mit geeig
neten Lagerungsbedingungen, welche die Keimung ver
zögern (Temperatur zwischen 4 und 10 °C), künstlich
aufrecht erhalten werden (Rousselle et al. 1996; Martin
und Gravoueille 2001). Nach Ablaufen dieses Zeitraums
wird die Keimung eingeleitet und die Knolle tritt in die
Inkubationsperiode ein, während der sich die Knollen
Emilie Carrera, Gaétan Riot, Werner Reust, Jean-Paul Dutoit, Jean-Marie Torche und Brice Dupuis
Agroscope, Institut für Pflanzenbauwissenschaften IPB, 1260, Nyon, Schweiz
Auskünfte: Brice Dupuis, E-Mail: [email protected]
Abkeimversuch in La Frêtaz. (Foto: Gaétan Riot)
Physiologische Eigenschaften von Kartoffelsorten und Konsequenzen für die Produzenten
P f l a n z e n b a u
Physiologische Eigenschaften von Kartoffel sorten und Konsequenzen für die Produzenten | Pflanzenbau
167
Zusa
mm
enfa
ssu
ng
Agrarforschung Schweiz 6 (4): 166–173, 2015
Die Physiologie der Kartoffelknolle ist von
zwei aufeinanderfolgenden Phasen geprägt:
die Keimruhe und die Inkubationsdauer. Die
Keimruhe ist die Periode, während der die
Knolle vegetativ ruht und nicht keimt, die
Inkubationsdauer beginnt mit der Keimung
und ist mit der Bildung der ersten Tochter-
knollen abgeschlossen. Die Dauer der
Keimruhe und Inkubation ist eine spezifische
Eigenschaft der einzelnen Sorten. Sorten mit
kurzer Keimruhe sind schwieriger zu lagern
und Sorten mit kurzer Inkubationsdauer
altern schneller. Bei einer Überalterung der
Knolle sind der Auflauf der Pflanzen und der
Ertrag eingeschränkt. Ausserdem reagieren
bestimmte Sorten besonders empfindlich auf
ein Abkeimen, ein Eingriff, bei dem die
physiologische Alterung der Pflanzen
künstlich beschleunigt wird. Um die physiolo-
gischen Eigenschaften der Sorten zu
beschreiben, die in der Kartoffelliste 2015
aufgeführt sind, führte Agroscope spezifi-
sche Versuche durch. Diese Versuche zeigten,
dass Keimruhe, Inkubationsdauer und
Empfindlichkeit gegenüber einer Abkeimung
voneinander unabhängige Merkmale sind.
Die Versuche ermöglichten eine Beschreibung
der physiologischen Eigenschaften aller
empfohlenen Sorten der Kartoffelliste 2015
(die Ergebnisse sind in einer Tabelle zusam-
mengefasst). Diese Beschreibung ist eine
wichtige Voraussetzung für eine geeignete
Lagerung, zur Bestimmung der Bedingungen
und Dauer der Vorkeimung, für ein gutes
Auflaufen der Pflanzen und eine rasche
vegetative Entwicklung. All diese Faktoren
sind die für einen hohen Knollenertrag
entscheidend.
ger Qualität, was für die Produzenten Einkommensaus
fälle zur Folge hat (Martin und Gravoueille 2001,
Rousselle et al. 1996). Wenn die Dauer der verschiede
nen Stadien der Alterung bekannt ist, lässt sich der güns
tigste Zeitpunkt für die Pflanzung einer bestimmten
Sorte bestimmen, d.h. der Zeitpunkt, zu dem die Pflanze
viele schnell wachsende Keime besitzt (Reust und Hebei
sen 2003). Eine grosse Anzahl von Keimen gewährleistet
eine grosse Anzahl von Trieben, eine gute Knollenbil
dung und entsprechend einen guten Ertrag.
Wenn Kartoffelsorten mit einer kurzen Keimruhe
nicht optimal gelagert werden, besteht das Risiko, dass
sie bereits während der Lagerung keimen. Bei einer zu
starken Keimung müssen die Knollen vor der Pflanzung
abgekeimt werden. Wenn die Alterung dieser Pflanzen
bereits fortgeschritten ist, kommt es dann zu einem ver
zögerten Auflaufen, zu einer schwachen vegetativen
Entwicklung und folglich zu geringen Erträgen. In extre
men Fällen einer sehr weit fortgeschrittenen Alterung
kann es zur Knöllchensucht kommen, bei der Tochter
knollen ohne Auflaufen der Pflanzen gebildet werden
(Abb. 1). Die Empfindlichkeit gegenüber der Abkeimung
weist deshalb auf den Alterungszustand der Pflanzknol
len hin. Sorten mit flachen Augen sind im Allgemeinen
empfindlicher gegenüber einer Abkeimung, da ihre
Keime bei der Handhabung der Knollen leichter brechen
(Rousselle et al. 1996).
In jedem Jahr wurden von Agroscope zwei unter
schiedliche Versuche durchgeführt, um die Empfindlich
keit der verschiedenen Kartoffelsorten gegenüber der
Alterung zu messen. Im Rahmen des ersten Versuchs
wurde die Dauer der Keimruhe und Inkubationsperiode
untersucht. Der zweite Versuch befasste sich mit den
Unterschieden von Entwicklung und Ertrag bei abge
keimten Knollen im Vergleich zu nichtabgekeimten
Knollen, die unter optimalen Bedingungen gelagert
wurden.
Abb. 1 | Knöllchensucht auf dem Feld. (Foto: Werner Reust)
Pflanzenbau | Physiologische Eigenschaften von Kartoffel sorten und Konsequenzen für die Produzenten
168
M a t e r i a l u n d M e t h o d e n
In zwei Versuchen wurden die physiologischen Eigen
schaften von 29 Kartoffelsorten untersucht. Damit diese
Versuche mit Knollen durchgeführt werden konnten, die
eine identische Vorgeschichte hinsichtlich ihrer Anbau
bedingungen aufwiesen, wurden alle Pflanzen der ver
schiedenen verwendeten Sorten am selben Standort , in
Goumoënslaville auf 650 m Höhe, produziert (Reust
und Hebeisen 2003).
Der Versuch zur Inkubationsdauer begann, wie in
Abbildung 2 dargestellt, mit der Pflanzung der G0Knol
len in Goumoënslaville (VD). Bei jeder Sorte wurde der
Zeitpunkt der Knollenbildung bestimmt, indem zweimal
wöchentlich herausgerissene G1Pflanzen auf Knollen
ansatz geprüft wurden. Nach dem Bestimmen dieses
Zeitpunkts blieb die Entwicklung bis zur Ernte ohne äus
sere Einwirkungen. Nach der Ernte wurden die Knollen
während zwei Wochen bei 18 °C gelagert, bis die Haut
vernarbte. Von jeder Sorte wurden nun jeweils zwanzig
Knollen in einer 17x40x60cm messenden Kiste auf eine
3 cm tiefe PerlitSchicht gelegt (Abb. 3). Die Kartoffeln
wurden anschliessend bei idealen Bedingungen für die
Keimung gelagert, das heisst bei 18 °C und 80 % relativer
Luftfeuchtigkeit (RH). Das PerlitBett wurde vor der ers
ten Verwendung zu Beginn des Versuchs begossen,
April
Mai
Juni
Juli
August
September
Oktober
November
Dezember
Januar
Februar
März
April
Mai
Juni
Abkeimung
Grup
pe A
Gruppe B
Narbenbildung bei 18 °C (Changins)
Lagerung bei 18 °C, 80 % RH
Knöllchensucht (G2)
Ernte (G1)
Keimung
Pflanzung (G0)(Goumoëns-la-Ville)
Knollenbildungim Feld (G1)
variable ZeitspannenInkubationsphaseKeimruhephase
InkubationsversuchAbkeimungsversuch
Lagerung bei4 °C, 80% RH
Vorkeimung Lagerung bei 15 °C,80% RH
Vorkeimung Lagerung bei 15°C,
80% RHGruppe A und B
Pflanzung in La Frêtaz (G2)(Gruppe A und B)
Abb. 2 | Schema zum Abkeimversuch und zum Inkubationsversuch. Die blauen Linien bezeichnen die Phase der Keimruhe, die grünen Linien die Inkubationsphase. Die oran-gen Rechtecke zeigen die variablen Zeitspannen je nach den untersuchten Sorten.
Agrarforschung Schweiz 6 (4): 166–173, 2015
Physiologische Eigenschaften von Kartoffel sorten und Konsequenzen für die Produzenten | Pflanzenbau
169
für das Pflanzen aufwiesen. Die Gruppe B wurde ein ers
tes Mal im Dunkeln während vier Monaten bei 15 °C und
80 % RH vorgekeimt, manuell abgekeimt und schliesslich
vor der Pflanzung erneut vorgekeimt, diesmal bei 15 °C
und 80 % RH im Licht. Die Gruppen A und B jeder Sorte
wurden nebeneinander auf einem Feld des Standorts
La Frêtaz (Bullet, VD) auf 1200 m Höhe gemäss einer ran
domisierten vollständigen Blockanlage mit drei bis vier
Wiederholungen gepflanzt. Jede Versuchsparzelle um
fasst zwei Linien mit 25 Knollen (30 cm Abstand zwi
schen den Pflanzen und 75 cm zwischen den Reihen). Für
jede Parzelle wurde der Prozentsatz der aufgelaufenen
Pflanzen und der Ertrag der Knollen erfasst (Reust und
Hebeisen 2003; Dupuis et al. 2014). Die Ergebnisse wur
den ähnlich behandelt wie beim Inkubationsversuch. Die
Sorte Bintje wurde als Kontrolle der witterungsbeding
ten jährlichen Schwankungen verwendet. Die durch
schnittliche Abweichung des Ertrags zwischen den Grup
pen A und B der untersuchten Sorte wurde von der
durchschnittlichen Abweichung des Ertrags zwischen
den Gruppen A und B der Sorte Bintje des entsprechen
den Jahres subtrahiert. In den Jahren, in denen die Sorte
Markies untersucht wurde, war die Sorte Bintje nicht
angebaut worden. In diesen Jahren wurde der Durch
schnitt der Sorte Bintje über alle untersuchten Jahre als
Vergleich herangezogen.Für jede der drei beobachteten physiologischen
Eigenschaften (Keimruhe, Inkubationsdauer und Ver
halten bei Abkeimung) wurden die Sorten in drei Klas
sen eingeteilt. Die Zuordnung zu den drei Klassen
erfolgte gemäss der folgenden Formel: Klassengrösse =
Spannweite zwischen den Extremwerten/3. Für die
Dauer der Keimruhe wurde unterschieden zwischen
Sorten mit kurzer, mittlerer und langer Keimruhe. Eine
entsprechende Einteilung erfolgte hinsichtlich der
Inkubationsdauer der Sorten. Nach der Einteilung der
Sorten gemäss diesen beiden Kriterien wurden sie in
einer Matrix mit neun Klassen angeordnet, wobei
gleichzeitig die Keimruhe und die Inkubationsdauer
berücksichtigt wurden. Schliesslich wurden die Sorten
gemäss ihrem Verhalten nach einer Abkeimung in die
drei Klassen starke, mittlere und geringe Empfindlich
keit eingeteilt.
R e s u l t a t e
Aufgrund der Ergebnisse dieser Versuche liessen sich die
meisten Sorten der Kartoffelliste 2015 hinsichtlich ihrer
physiologischen Eigenschaften beschreiben.
Alle Sorten ausser Amandine, Agata, Lady Christl und
Victoria wiesen eine längere Keimruhe auf als die Sorte
Bintje (Abb. 4). Von allen untersuchten Sorten hat Inno
anschliessend zweimal wöchentlich bis zum Versuchs
ende. Die Knollen wurden jeden zweiten Tag kontrol
liert und der Zeitpunkt, zu dem 80 % der Knollen Keime
aufweisen, als Keimungsdatum festgelegt. Auch der
Zeitpunkt des Auftretens einer neuen Knollengenera
tion an den Keimen (G2Knöllchen) wurde durch Kont
rollen an jedem zweiten Tag bestimmt (Reust und Hebei
sen 2003). Die Ergebnisse wurden anschliessend für jede
Sorte in Gradtagen angegeben. Dieser Wert besteht aus
der Summe der Tagestemperaturen zwischen Beginn der
Knollenbildung und Keimung (Keimruheperiode) sowie
aus der Summe der Tagestemperaturen zwischen Kei
mung und Knöllchenbildung (Inkubationsperiode)
(Reust et al. 2001). Die Daten der Feldtemperaturen wur
den von der meteorologischen Station Goumoëns (Agro
meteoNetzwerk) mit einer Temperatursonde in 10 cm
Bodentiefe gesammelt. Nach der Ernte wurde die Lage
rungstemperatur (18 °C) für die Berechnung der
Gradtage verwendet. Um die witterungsbedingten jähr
lichen Unterschiede in diesem Versuch abzuschwächen
wurde die Sorte Bintje als Kontrolle eingesetzt. Dazu
wurden bei der Datenanalyse die Unterschiede der mitt
leren Gradtage zwischen der untersuchten Sorte und der
Sorte Bintje verwendet.
Beim Abkeimversuch war das Vorgehen bis zur Ver
narbungsphase der Knollen identisch (Abb. 2). Nach die
sem Schritt wurden die Knollen vier bis fünf Monate bei
4 °C und 80 % RH gelagert und dann in zwei Gruppen (A
und B) aufgeteilt. Die Gruppe A wurde weitere zwei bis
fünf Monate bei 4 °C und 80 % RH und dann für die Vor
keimung bei Licht, 15 °C und 80 % RH für einen je nach
Sorte unterschiedlichen Zeitraum von vier bis sechs
Wochen gelagert, bis sie Keime von ausreichender Länge
Abb. 3 | Im Inkubationsversuch eingesetzte Kiste. (Foto: Gaëtan Riot).
Agrarforschung Schweiz 6 (4): 166–173, 2015
Pflanzenbau | Physiologische Eigenschaften von Kartoffel sorten und Konsequenzen für die Produzenten
170
vator die längste Keimruhe und Pirol die längste Inkuba
tionsdauer. Amandine und Annabelle sind die Sorten mit
der kürzesten Keimruhe beziehungsweise Inkubations
dauer. Die Klassen 7 und 9 sind durch keine Kartoffelsor
ten vertreten. Diese beiden Klassen sind gekennzeichnet
durch eine kurze Keimruhe und eine lange Inkubations
dauer (Klasse 7) bzw. eine lange Keimruhe und eine
lange Inkubationsdauer (Klasse 9). Die überwiegende
Mehrheit der Sorten gehört zur Klasse 3 mit einer langen
Keimruhe, gefolgt von einer kurzen Inkubationsdauer.
Der durchschnittliche Ertragsausfall bei einer Abkei
mung beträgt bei der Sorte Bintje 49 %. Die gegenüber
einer Abkeimung empfindlichsten Sorten sind gemäss
Grafik (Klasse 1) Alexandra, Annabelle, Celtiane, Ditta,
Lady Felicia, Nicola, Gwenne und Bintje. Zur Gruppe mit
der geringsten Empfindlichkeit gegenüber einer Abkei
mung (Klasse 3) gehören Challenger, Charlotte, Fontane,
Gourmandine, Innovator, Jelly, Laura, Markies und Verdi.
Celtiane ist die empfindlichste, Fontane die am wenigs
ten empfindliche Sorte.
Die drei in den beiden Versuchen untersuchten phy
siologischen Eigenschaften waren weitgehend vonein
ander unabhängig (Tab. 1). Den höchsten Korrelations
koeffizient (r = 0,31 n.s.) wiesen die beiden Eigenschaften
Empfindlichkeit gegenüber Abkeimung und Inkubati
onsdauer auf.
D i s k u s s i o n
Die drei untersuchten physiologischen Eigenschaften,
d.h. Keimruhe, Inkubationsdauer und Empfindlichkeit
gegenüber Abkeimung, sind Faktoren, welche die Alte
rung der Kartoffelknollen beeinflussen.
Tabelle 2 zeigt, dass jede Sorte der Kartoffelliste 2015
charakteristische physiologische Eigenschaften besitzt.
Sorten mit kurzer Keimruhe müssen bei tiefer Tempera
tur gelagert werden (2 – 3 °C), um eine Keimung wäh
rend des Lagerns zu verhindern. Für Frühkulturen eig
nen sich Sorten mit kurzer Keimruhe und schneller
Inkubation, da sie sich zum Zeitpunkt der Pflanzung in
einer optimalen Entwicklungsphase befinden und sie
deshalb einen maximalen Ertrag erwarten lassen (Rous
selle et al. 1996).
Sorten mit langer Keimruhe und geringer Empfind
lichkeit gegenüber Abkeimung müssen unabhängig von
der Inkubationsgeschwindigkeit unbedingt vorgekeimt
werden, damit Verzögerungen beim Auflaufen auf dem
Feld vermieden werden. Dies gilt für die Sorten Challen
ger, Fontane, Innovator, Jelly, Panda und Verdi. Sorten
mit langer Keimruhe, mittlerer Inkubationsdauer und
mittlerer Empfindlichkeit gegenüber Abkeimung kön
Agata Agria
Alexandra Amandine
Annabelle
Ditta
Bintje
Celtiane
Antina Challenger
Erika
Fontane Gourmandine
Gwenne
Innovator
Jelly L. Christl L. Claire
L. Felicia
L. Rosetta
Laura Markies
Panda
Pirol
Venezia
Verdi
Victoria
-700
-500
-300
-100
100
300
500
700
-500 -300 -100 100 300 500 700
Axes en degrés-jours
Dauer der Keimruhe und Inkubationsdauer der Kartoffelsorten
!"#$%&'())*"&+,()
-&',.%/"&)'",#0()
-&',.%/"&)*"&+,()
)'",#0()
Klasse 9
!"#$%&'())*"&+,()
-&',.%/"&)'",#0()
-&',.%/"&)*"&+,()
)'",#0()!"#$%&'())
*"&+,()
-&',.%/"&)'",#0()
-&',.%/"&)*"&+,()
)'",#0()lange Keimruhe
kurze Inkubationsdauer
lange Inkubationsdauer
kurze Keimruhe
Klasse 7 Klasse 8
Klasse 4 Klasse 5 Klasse 6
Klasse 1 Klasse 2 Klasse 3
Abb. 4 | Durchschnittliche Dauer von Keimruhe und Inkubation (in Gradtagen) der verschiedenen untersuchten Sorten im Vergleich zur Sorte Bintje. Die neun verschiedenen Klassen werden im Text definiert.
r r2 p
Empfi ndlichkeit gegenüber Abkeimung /Dauer der Keimruhe
0,03 <0,01 ns
Empfi ndlichkeit gegenüber Abkeimung /Inkubationsdauer
0,31 0,09 ns
Inkubationsdauer / Dauer der Keimruhe -0,20 0,04 ns
Tab. 1 | Ergebnisse einer einfachen linearen Regression von Keim-ruhedauer, Inkubationsdauer und Empfindlichkeit gegenüber einer Abkeimung bei den 29 untersuchten Sorten. Bei r handelt es sich um den Korrelationskoeffizienten, r2 ist der Determinationskoeffi-zient und p bezeichnet die Signifikanz der Regression (n.s.=nicht signifikant)
Agrarforschung Schweiz 6 (4): 166–173, 2015
Physiologische Eigenschaften von Kartoffel sorten und Konsequenzen für die Produzenten | Pflanzenbau
171
Unter den Sorten mit kurzer Keimruhe ist bei Charlotte
keine besondere Vorsicht erforderlich, da diese Sorte nur
wenig empfindlich auf ein Abkeimen reagiert. Im
Gegensatz dazu weisen die Sorten Agata, Amandine,
Lady Christl, Nicola und Ratte nicht nur eine kurze Keim
ruhe sondern auch eine hohe Empfindlichkeit gegen
über einer Abkeimung auf. Wie Celtiane, Ditta und Lady
Felicia sollten auch diese Sorten deshalb bereits gepflanzt
werden, wenn die Keime erst knapp sichtbar sind. Bei
diesen Sorten scheint eher eine «Stimulation» der Pflanz
knollen angebracht als eine Vorkeimung im eigentlichen
Sinne. Als Stimulation wird das Saatgut unmittelbar vor
der Pflanzung drei bis vier Tage in einem Raum bei
15 – 20 °C gelagert.
Die Sorten Alexandra, Annabelle, Bintje und Gwenne
lassen sich relativ gut lagern (mittellange Keimruhe),
sind jedoch sehr empfindlich gegenüber einer Abkei
mung. Auch bei diesen Sorten scheint eine Stimulation
besser geeignet als eine eigentliche Vorkeimung.
Obwohl die Sorte Gwenne eine sehr lange Inkubations
dauer aufweist, entwickeln sich die Keime langsam,
wodurch die Risiken im Zusammenhang mit einer Abkei
mung eingeschränkt sind. Die anderen Sorten mit mit
tellanger Keimruhe wie Désirée, Erika, Gourmandine,
Lady Claire, Lady Rosetta, Laura, Markies, Pirol und Vic
toria sind aus physiologischer Sicht wenig problematisch.
Bei Victoria muss die Keimung dennoch sorgfältig über
wacht werden, da diese Sorte über eine kurze Inkubati
onsdauer und eine mittlere Empfindlichkeit gegenüber
einer Abkeimung verfügt.
Wenn die Pflanzung aus meteorologischen Gründen
aufgeschoben werden muss, lassen sich das Wachstum
der Keime und die Alterung der Saatknollen durch eine
Vorkeimung mit Licht bremsen.
Eine Umfrage bei den vier wichtigsten Genossen
schaften von Pflanzkartoffelproduzenten in der Schweiz
(Vermehrungsbetriebe) ergab, dass es bei drei Sorten
gelegentlich Probleme gab mit einem unregelmässigen
Auflaufen. Betroffen waren die Sorten Gourmandine,
Alexandra und etwas weniger ausgeprägt Amandine
(nicht publizierte Ergebnisse). Für die Probleme beim
Anbau könnte bei den Sorten Alexandra und Amandine
die hohe Empfindlichkeit gegenüber einer Abkeimung
verantwortlich sein. Bei Gourmandine ist die Erklärung
schwieriger, weil trotz günstigeren physiologischen
Eigenschaften gelegentlich Probleme mit dem Auflau
fen auftreten. Da die Sorte eine mittellange Keimruhe
aufweist, ist es eher unwahrscheinlich dass die Verzöge
rungen beim Auflaufen auf ein zu spätes Erwachen aus
der Keimruhe zurückzuführen sind. Ausserdem wachsen
die Keime mit mittlerer Geschwindigkeit (mittlere Inku
bationsdauer) und die Sorte ist wenig empfindlich
nen ebenfalls vorgekeimt werden, da die Keime relativ
langsam wachsen. Dabei handelt es sich um die Sorten
Agria, Antina und Venezia. Im Gegensatz dazu müssen
Sorten mit langer Keimruhe, die empfindlich auf ein
Abkeimen reagieren, wie Celtiane, Ditta und Lady Felicia,
unbedingt gepflanzt werden, sobald Keime schwach
sichtbar werden (im Stadium weisser Punkt), um ein
lückenhaftes Auflaufen wegen bei der Pflanzung abge
brochenen Keimen zu vermeiden.
SorteDauer der Keimruhe
Inkubations-dauer
Empfindlichkeit gegenüber Abkeimung
Agata Kurz Kurz Mittel
Agria Lang Kurz Mittel
Alexandra Mittel Mittel Stark
Amandine Kurz Mittel Stark1
Annabelle Mittel Kurz Stark
Antina Lang Mittel Mittel
Bintje Mittel Mittel Stark
Celtiane Lang Kurz Stark
Challenger Lang Kurz Gering
Charlotte Kurz1 Mittel Gering
Désirée Mittel1 Mittel1 –
Ditta Lang Kurz Stark
Erika Mittel Lang Mittel
Fontane Lang Mittel Gering
Gourmandine Mittel Mittel Gering
Gwenne Mittel Lang Stark
Hermes Lang2 Kurz2 –
Innovator Lang Kurz Gering
Jelly Lang Mittel Gering
Lady Christl Kurz Mittel Mittel
Lady Claire Mittel Mittel Mittel
Lady Felicia Lang Kurz Stark
Lady Rosetta Mittel Mittel Gering2
Laura Mittel Lang Gering
Markies Mittel Lang Gering
Nicola Kurz1 Mittel Stark
Panda Lang Mittel Gering
Pirol Mittel Lang Mittel
Ratte Kurz2 – Mittel - stark2
Venezia Lang Mittel Mittel
Verdi Lang Kurz Gering
Victoria Mittel Kurz Mittel
Tab. 2 | Dauer der Keimruhe, Dauer der Inkubation und Empfind-lichkeit gegenüber Abkeimung der 32 empfohlenen Sorten der Kar-toffelliste 2015 (Zusammenfassung der Daten aus den beiden Ver-suchen und ergänzende Informationen).
1Informationen aus Websites von Gruppen aus mehreren Züchtern.2Informationen aus den Kartoffelsorten-Datenblättern von Agroscope.
Agrarforschung Schweiz 6 (4): 166–173, 2015
172
Pflanzenbau | Physiologische Eigenschaften von Kartoffel sorten und Konsequenzen für die Produzenten
gegenüber einer Abkeimung. Aus diesem Grund ist es
wenig plausibel, dass das verzögerte Auflaufen auf bei
der Pflanzung abgebrochene Keime zurückzuführen ist.
Bemerkenswert ist allerdings, dass die Augen bei dieser
Sorte sehr oberflächlich liegen, wodurch die Keime bei
der Handhabung der Knollen stark exponiert sind. Im
Rahmen unserer Versuche brachen die Keime nur ein
einziges Mal ab. Unter den gewöhnlichen Produktions
bedingungen können die Keime dagegen bei verschie
denen Schritten zwischen Lagerung und Pflanzung
abbrechen. Deshalb ist es sehr wichtig, diese Sorte mit
grosser Sorgfalt zu behandeln, sobald Keime erscheinen.
S c h l u s s f o l g e r u n g e n
Diese Studie hat gezeigt, dass jede Kartoffelsorte cha
rakteristische physiologische Eigenschaften aufweist
(Tab. 2). Gute Kenntnisse dieser physiologischen Eigen
schaften der Sorten sind eine wichtige Voraussetzung
für eine geeignete Lagerung, eine gutes Auflaufen und
eine rasche vegetative Entwicklung – alles bestimmende
Faktoren für einen hohen Ertrag an Kartoffelknollen. n
-30 -20 -10 0 10 20 30 40 50 60 70
Agata
Agria
Alexandra
Annabelle
Antina
Celtiane
Challenger
Charlotte
Ditta
Erika
Fontane
Gourmandine
Gwenne
Innovator
Jelly
L. Christl
L. Claire
L. Felicia
Laura
Markies
Nicola
Pirol
Venezia
Verdi
Victoria
(%)
Empfindlichkeit der Kartoffelsorten gegenüber einer Abkeimung
geringe Empfindlichkeit gegenüber AbkeimungStarke Empfindlichkeit gegenüber Abkeimung
52,6 n=2
n=12
23,1
50,7
17,1
72,4
70,2
17,1
39,4
16,4
70,2
n=2
n=2
n=2
n=2
n=2
n=2
n=2
n=2
n=2
n=2
n=2
n=2
n=2
n=2
n=2
n=2
n=2
n=2
n=9
n=2
n=2
n=2
39,4
51,1
58,3
58,3
73,2
52,6
64,4
41,8
37,9
41,6
52,6
50,7
60,2
n=13
49
45,6
Klasse 1 Klasse 2 Klasse 3
Abb. 5 | Empfindlichkeit gegenüber einer Abkeimung der untersuchten Sorten im Vergleich zur Sorte Bintje (=0) (durchschnittliche Abweichung in %). Die blauen Zahlen geben die durchschnittliche Ertragseinbusse der Sorte Bintje für die Versuchsjahre jeder un-tersuchten Sorte in Prozent an. Die schwarzen Zahlen geben die Anzahl Testjahre für jede Sorte an. Die roten Linien zeigen die Ein-teilung in die drei Klassen unterschiedlicher Empfindlichkeit gegenüber einer Abkeimung.
Agrarforschung Schweiz 6 (4): 166–173, 2015
173
Physiologische Eigenschaften von Kartoffel sorten und Konsequenzen für die Produzenten | Pflanzenbau
Ria
ssu
nto
Sum
mar
y
Literatur ▪ Delaplace P., 2007. Caractérisation physiologique et biochimique du pro-cessus de vieillissement du tubercule de pomme de terre (Solanum tube-rosum L.), Université de Liège, Liège, Belgique.Thèse: 171.
▪ Delaplace P., Fauconnier M. L. & Du Jardin P., 2008. Méthodes de mesure de l'âge physiologique des tubercules semences de pomme de terre (So-lanum tuberosum L.). Biotechnologie Agronomie Societe Et Environne-ment 12, 171–84.
▪ Dupuis B., Tallant M., Riot G., Hebeisen T., Ballmer T. & Vetterli C., 2014. Essais pomme de terre 2013. Plantes Agroscope Transfer 26.
▪ Martin M. & Gravoueille J.-M., 2001. Stockage et conservation de la pomme de terre. Institut technique des céréales et des fourrages.
▪ Mazoyer M., 2002. Larousse agricole. Larousse.
▪ Reust W., 1981. Physiologie de la pomme de terre. Revue suisse d'Agriculture 13, 34.
▪ Reust W. & Hebeisen T., 2003. Vieillissement physiologique des plants de pommes de terre: comportement des variétés. Revue suisse d'Agriculture 35, 17–20.
▪ Reust W., Winiger F. A., Hebeisen T. & Dutoit J. P., 2001. Assessment of the physiological vigour of new potato cultivars in Switzerland. Potato Research 44, 11–7.
▪ Rousselle P., Robert Y. & Crosnier J.-C., 1996. La pomme de terre: production, amélioration, ennemis et maladies, utilisations. Editions Quae.
▪ Schwärzel R., Torche J.-M., Ballmer T., Musa T. & Dupuis B., 2014. Schweizerische Sortenliste für Kartoffeln 2015. Agrarforschung Schweiz 5 (11–12), Beilage.
Agrarforschung Schweiz 6 (4): 166–173, 2015
Tuber physiology of different potato varieties
has consequences for the grower
The physiology of the potato tuber is charac-
terized by two consecutive periods: the
dormancy and the incubation. During the
dormancy period, the tuber is under vegeta-
tive rest and is unable to sprout. The incuba-
tion period begins at sprouting and ends when
the first progeny tuber appears on the stolons.
The duration of both periods varies depending
on the variety. Varieties with a short dormancy
period will be difficult to store, and varieties
with a short incubation period will show a fast
aging. An old tuber will emerge with difficul-
ties and the yield will be low. In addition,
some varieties are susceptible to desprouting,
which accelerates tuber aging. Specific trials
have been managed by Agroscope in order to
characterize the physiology of the varieties
listed in the 2015 Swiss list of recommended
potato varieties. No link was found between
the duration of the dormancy period, the
duration of the incubation period, and the
susceptibility to desprouting. The identified
physiological characteristics of the varieties are
presented in a summary table. This characteri-
zation is important in order to optimize the
potato seed storage, identify the optimal
duration of pre-sprouting, and guarantee a
fast emergence and a rapid development of
the plant. All these elements will contribute to
high tuber yield.
Key words: potato, physiology, physiological
age, dormancy, incubation, presprouting, yield,
varieties, storage, desprouting.
Fisiologia delle varietà di patate e conse-
guenze per il produttoreLa fisiologia del tubero di patata è caratteriz-
zata da due fasi consecutive: la dormienza e
l'incubazione. La dormienza è il periodo di
riposo vegetativo durante il quale il tubero non
germina, mentre l'incubazione inizia con la
germinazione e si conclude con la formazione
dei primi tuberi figli. La durata dei periodi di
dormienza e di incubazione è un fattore
caratteristico di ogni varietà. Le varietà con un
periodo di dormienza breve presenteranno
maggiori difficoltà di conservazione mentre le
varietà con periodo di incubazione breve
invecchieranno più rapidamente. Se l'invecchia-
mento del tubero si trova in uno stadio troppo
avanzato, la piantina spunterà con difficoltà e
la resa sarà scarsa. Inoltre, alcune varietà sono
particolarmente sensibili alla degerminazione,
una manipolazione che provoca l'accelerazione
artificiale dell'invecchiamento delle piantine.
Agroscope ha condotto sperimentazioni
specifiche, finalizzate alla caratterizzazione
della fisiologia delle varietà di patate inserite
nella lista raccomandata 2015. Gli esperimenti
hanno dimostrato l'assenza di una correlazione
tra la durata della dormienza, la durata
dell'incubazione e la sensibilità alla degermina-
zione. Essi hanno inoltre consentito di caratte-
rizzare la fisiologia dell'insieme delle varietà
della lista raccomandata 2015 (i risultati
ottenuti sono presentati in una tabella di
sintesi). Tale caratterizzazione è fondamentale
per garantire un adeguato immagazzinamento
delle piantine, determinare le condizioni e la
durata della pregerminazione, garantire una
buona emergenza e uno sviluppo vegetativo
rapido. Tutti questi elementi sono determinanti
per un'elevata resa del tubero.
174 Agrarforschung Schweiz 6 (4): 174–177, 2015
Biodiversität und Landwirtschaft brauchen sich gegen
seitig. Einerseits ist die biologische Vielfalt eine essenti
elle Ressource für die Landwirtschaft. Anderseits ist die
Landwirtschaft wichtig für die Förderung und Erhaltung
der Biodiversität. In den letzten zwanzig Jahren wurden
daher verschiedene Programme zur Sicherung und För
derung der biologischen Vielfalt auf landwirtschaftlich
genutzten Flächen eingeführt. Obwohl es nachgewiese
nermassen Synergien zwischen Pflanzenschutz und der
Biodiversitätsförderung gibt, muss angesichts von Hin
Massnahmen zur Förderung der Biodiversität können
im Bereich Pflanzenschutz zu Zielkonflikten führen,
weil in und um ökologische Strukturen bestimmte
Krankheiten und Schaderreger vermehrt auftreten kön-
nen. Gute landwirtschaftliche Praxis und angepasste
Pflegemassnahmen können jedoch negative Auswir-
kungen der Biodiversitätsförderung reduzieren. Da
kaum wissenschaftliche Untersuchungen zum Thema
existieren, scheint eine fundierte Wirkungsanalyse zur
Biodiversitätsförderung angezeigt.
Zielkonflikte zwischen Biodiversitätsförderung und PflanzenschutzKarin Ruchti und Christoph Studer, Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL,
3052 Zollikofen, Schweiz
Auskünfte: Karin Ruchti, E-Mail: [email protected]
Bei grossvolumigen Bäumen wird Feuerbrand oft nicht erkannt. Ein Gelbmöstler mit Feuerbrandbefall. (Foto: Karin Ruchti)
K u r z b e r i c h t
Zielkonflikte zwischen Biodiversitätsförderung und Pflanzenschutz | Kurzbericht
175Agrarforschung Schweiz 6 (4): 174–177, 2015
weisen aus der Praxis, zu bestimmten Pflanzenschutz
problemen kritisch hinterfragt werden, ob diese Förde
rung in jedem Fall zweckmässig ist. Oft sind diese
Pflanzenschutzprobleme auf eine enge räumliche Ver
flechtung von Produktionsformen, die unterschiedliche
Zielsetzungen verfolgen, zurückzuführen. Anhand einer
Literaturstudie und in Gesprächen mit Experten wurde
untersucht, ob und in welchem Mass Flächen und Struk
turen, durch welche die Biodiversität gefördert werden
soll (im Folgenden als «Biodiversitätsflächen» bezeich
net), den Schaderregerdruck in verschiedenen Produkti
onssystemen erhöhen, und ob eine räumliche Entflech
tung derartige Probleme entschärfen könnte (Ruchti
und Studer 2014).
Zielkonflikte in Acker-, Futter- und Gemüsebau
Im Acker und Futterbau sind einige Schadorganismen
und Pathogene bekannt, die aus nahen Lebensräumen
wie Säumen, Hecken und Waldrändern einwandern und
Schäden an den Kulturen verursachen können. So wer
den z.B. Schnecken durch Biodiversitätsflächen (z.B.
Säume, Buntbrachen) gefördert, da dort keine Bodenbe
arbeitung stattfindet (Abb.1). Bei anfälligen Kulturen,
welche neben solchen Flächen liegen, muss mit erhöh
tem Befall von bestimmten Schneckenarten gerechnet
werden (Eggenschwiler et al. 2012). Mutterkorn (Cla-
viceps purpurea) kann sich auf überständigen Gräsern in
Biodiversitätsflächen und nicht gemähten Feldrändern
entwickeln und in angrenzende Getreidekulturen gelan
gen (Richter et al. 1997; Schubiger F.X., Agroscope und
Ramseier R. HAFL; pers. Mitteilung). Die Ackerkratzdistel
(Cirsium arvense) kann auf stillgelegten Flächen, Stras
senrändern, Buntbrachen und anderen extensiven Flä
chen zur Samenreife gelangen und für angrenzende
Flächen ein Risiko darstellen (Zwerger 1996). Dass die
Distel vermehrt in Ackerflächen auftritt (Hintsche und
Pallut 1995) führen Häni et al. (2008) und Zwerger (1996)
u. a. auf den grösseren Anteil Biodiversitätsflächen und
die Vernachlässigung bzw. veränderte Bewirtschaftung
von Kulturflächen zurück. In Österreich und Deutschland
wurde in den letzten Jahren eine gefährlich hohe Dichte
von der Herbstzeitlosen (Colchicum autumnale) im
extensiv bewirtschafteten Grünland festgestellt (Jung et
al. 2010). Eine extensive Bewirtschaftung fördert die
Herbstzeitlose, da sie durch den späten Mahdzeitpunkt
nicht beeinträchtigt wird (Winter et al. 2011). Der Feld
gemüsebau kann durch abblühende Unkräuter in
benachbarten Biodiversitätsflächen beeinträchtigt wer
den (Neuweiler R. Agroscope; pers. Mitteilung). Dichte
Vegetation (Hecken, Brennnesselbestände oder
hochwüchsige Nachbarkulturen und Randvegetation)
kann im Karottenanbau den Befall durch Möhrenfliegen
(Psila rosea) fördern (Herrmann et al. 2010).
Obstbau
Werden HochstammFeldobstbäume nicht fachgerecht
gepflegt, können sie als Wirtspflanze zur Verbreitung
von Schädlingen und Krankheiten beitragen. Die Kirsch-
fruchtfliege (Rhagoletis cerasi) kann sich stark vermeh
ren, wenn Kirschbäume mangelhaft gepflegt oder die
Abb. 1 | Biodiversitätsfördernde Strukturelemente wie Säume können Pflanzenschutzproble-me in angrenzenden Kulturen verur sachen. (Foto: Katja Jacot)
Kurzbericht | Zielkonflikte zwischen Biodiversitätsförderung und Pflanzenschutz
176
Früchte nicht geerntet werden (Hensel G. DLR, Linemann
M. Ebenrain; pers. Mitteilung). Sind bei grossen Popula
tionen nicht genügend Kirschen für die Eiablage vorhan
den, nutzen die Fliegen ihre Mobilität, um neue Wirts
pflanzen zu finden (Daniel und Grunder 2012,
Katsoyannos et al. 1986). Im Kanton BaselLandschaft
wurde in Erwerbskirschenanlagen ein Zuflug von nahe
liegenden ungepflegten, nicht abgeernteten Hoch
stammkirschbäumen beobachtet (Linemann M., Eben
rain; pers. Mitteilung). Ein Monitoring aus dem Gebiet
Rheinhessen bestätigt dies. Hensel und Dahlbender
(2013) stellten fest, dass der Befallsdruck auf Erwerbsan
lagen aus Altanlagen, ungepflegten sowie nicht mehr
bewirtschafteten Anlagen sehr stark zunimmt und sich
die Kirschfruchtfliegendichte so auf hohem Niveau etab
lieren kann.
Die Bekämpfung der gefährlichen Bakterienkrank
heit Feuerbrand (Erwinia amylovora) ist in der Schweiz
mit den kleinräumigen Strukturen eine herausfordernde
Aufgabe. Nebst den Wirtspflanzen, welche in Gärten als
Zierpflanzen vorkommen, sind die in Hecken und an
Waldrändern vorkommenden Weissdorne sowie Hoch
stammFeldobstbäume von Bedeutung. Befallene Wirts
pflanzen stellen für Obstanlagen und Baumschulen eine
gefährliche Infektionsquelle dar (Müller U. Arenenberg;
pers. Mitteilung). Bei grossvolumigen Bäumen werden
Infektionen oft nicht erkannt (Szalatnay D., Strickhof;
pers. Mitteilung). Werden Sanierungs oder Rodungs
massnahmen unterlassen, führt dies lokal zu einem
erhöhten Infektionsdruck und somit zu einer grösseren
Infektionsgefahr (tieferer EIPWert1). Zudem sinkt der
Wirkungsgrad von Streptomycin und alternativen Mit
teln bei der Bekämpfung (Szalatnay D., Strickhof; pers.
Mitteilung).
Räumliche Entflechtung als Lösung?
Aufgrund der massiven Probleme mit Feuerbrand
wurde der Kanton Thurgau anfangs 2010 in zwei Obst
bauzonen eingeteilt (Abb. 2), eine mit strikter Feuer
brandüberwachung und bekämpfung und eine zweite,
in der Bekämpfungsmassnahmen freiwillig sind und
i.d.R. nicht entschädigt werden. Ziel in der ersten Zone
ist es, existenzbedrohende Schäden im Erwerbsobstbau
zu vermeiden. Ziel in der zweiten Zone ist die Erhaltung
der ökologisch wertvollen und landschaftsprägenden
HochstammFeldobstbäume2 (Hugentobler 2011).
Unsere Studie zeigt, dass eine derartige räumliche
Entflechtung von vorwiegend produktionsorientierten
beziehungsweise biodiversitätsfördernden Systemen in
bestimmten Fällen den Befallsdruck von Schaderregern
prinzipiell senken kann, dass hiermit jedoch auch Risiken
einhergehen und der Ansatz in der Schweiz aufgrund
der kleinräumigen Strukturen und Fruchtfolgen nur
schwer umsetzbar ist. Zudem dürften die Vorteile der
funktionalen Biodiversität gewisse negative Aspekte
von gemischten Systemen überwiegen.
1EIP: Epiphytisches Infektionspotenzial2Aktuell gibt es ein Förderprojekt für verschiedene Baumarten in beiden Zonen
Agrarforschung Schweiz 6 (4): 174–177, 2015
Obstbauzone 1 – intensiv überwacht
Obstbauzone 2 – extensiv überwacht
48 Gemeinden sind der Obstbauzone 1 zugeteilt32 Gemeinden sind der Obstbauzone 2 zugeteilt
Abb. 2 | Einteilung des Kantons Thurgau in zwei Obstbauzonen mit (1) strikter Feuerbrandüberwachung und -bekämp-fung (Fokus = Erwerbsobstbau) und (2) freiwilligen Bekämpfungsmassnahmen (Fokus = Schutz der Hochstamm-Feld-obstbäume). (Grafik: Bruno Hugentobler)
Zielkonflikte zwischen Biodiversitätsförderung und Pflanzenschutz | Kurzbericht
177
das Konfliktpotenzial zwischen der aktuellen Biodiversi
tätsförderung und dem Pflanzenschutz anregen. Da
jedoch kaum wissenschaftliche Untersuchungen zum
Thema existieren, scheint eine auf Felddaten gestützte,
fundierte Wirkungsanalyse zu den beabsichtigten posi
tiven wie auch zu möglichen unerwünschten Auswir
kungen der Biodiversitätsförderung angezeigt. Die aus
führlichen Resultate der hier vorgestellten Studie sind
im Bericht «Zielkonflikte zwischen Pflanzenschutz und
Biodiversitätsförderung»3 enthalten und können bei
[email protected] bezogen werden. n
S c h l u s s f o l g e r u n g e n
Biodiversität stellt ohne Zweifel wertvolle genetische
Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft sicher
und ermöglicht vielfältige Ökosystemleistungen. Zudem
ist die Landwirtschaft wichtig für die Förderung und
Erhaltung der Biodiversität. Mit dieser Studie wurde die
Biodiversitätsförderung aber einmal aus einem kriti
schen Blickwinkel betrachtet. Es hat sich gezeigt, dass es
zu Zielkonflikten zwischen Pflanzenschutz und Mass
nahmen zur Förderung der Biodiversität kommen kann.
Biodiversitätsflächen können, wenn sie entsprechende
Wirtspflanzen enthalten oder Habitate darstellen, den
Befallsdruck von Krankheiten und Schaderregern erhö
hen. Massnahmen zur Förderung der Biodiversität müs
sen somit ganzheitlich überprüft und wo nötig regional
angepasst werden. Die fachgerechte Bewirtschaftung
und Pflege von Biodiversitätsflächen kann Problemen
im Pflanzenschutz vorbeugen und sollte daher durchge
setzt werden. Dieser Ansatz scheint in der Schweiz bes
ser geeignet, ungewollte Auswirkungen von biodiversi
tätsfördernden Massnahmen zu reduzieren, als eine
räumliche Entflechtung von Produktion und Biodiversi
tätsförderung. Unsere Studie soll zu Diskussionen über
Literatur ▪ Daniel C. & Grunder J., 2012. Integrated Management of European Cher-ry Fruit Fly Rhagoletis cerasi (L.): Situation in Switzerland and Europe. Insects 3, 956–988.
▪ Eggenschwiler L., Speiser B., Bosshard A., Jacot K., 2012. Improved field margins highly increase slug activity in Switzerland. Agronomy for Susta-inable Development 33, 349–354.
▪ Häni F., Popow G., Reinhard H., Schwarz A., Voegeli U., 2008. Pflanzen-schutz im nachhaltigen Ackerbau. Handbuch für prozessorientiertes Han-deln. Edition LMZ, 466 S.
▪ Hensel G. & Dahlbender W., 2013. Hinweise Kirschfruchtfliege. Power Point Präsentation, unveröffentlicht. Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum, Rheinland Pfalz, Oppenheim, 13 S.
▪ Herrman F., Wedemeyer R., Liebig N., Buck H., Hommes M., Saucke H., 2010. Entwicklung situationsbezogener Strategien zur Vermeidung von Möhrenfliegenschäden auf Praxisbetrieben. Universität Kassel, D-Witzenhausen, Fachgebiet Ökologischer Pflanzenschutz, 60 S.
▪ Hintsche E. & Pallutt B., 1995. Zunehmendes Auftreten der Ackerkratz-distel. Pflanzenschutz Praxis 3, 23–25.
▪ Hugentobler B., 2011. Projekt «Zukunft Obstbau» – Weisung für die Pflanzung von hochstämmigen Bäumen und Hecken. BBZ Arenenberg. Zugang: http://www.landwirtschaftsamt.tg.ch/documents/Weisungen-ZukunftObstbau.pdf [13.5.2013].
▪ Jung L.S., Winter S., Kriechbaum M., Eckstein R.L., Donath T.W., Otte A., 2010. Regulation of meadow saffron (Colchicum autumnale L.) in exten-sively managed grasslands. Grassland Science in Europe 15, 660–662.
▪ Katsoyannos B.I., Boller E., Benz G., 1986. Das Verhalten der Kirschen-fliege, Rhagoletis cerasi L. bei der Auswahl der Wirtspflanzen und ihre Dispersion. Mitteilung der Schweizerischen entomologischen Gesell-schaft 59, 315–335.
▪ Richter W., Pflaum J., Vogel R., Wyss U., Wolff J., 1997. Vorkommen von Mutterkorn bei Gräsern von extensiv genutztem Grünland und Einfluss von Siliermitteln auf Mutterkornalkaloide. Futterkonservierung und Grünland, Futterbau: Tagung der DLG-Ausschüsse, Gumpenstein, 30.Juni – 2. Juli 1997.
▪ Ruchti K. und Studer C., 2014. Zielkonflikte zwischen Biodiversitätsförde-rung und Pflanzenschutz. Schlussbericht. Berner Fachhochschule, Hoch-schule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL, 64 S.
▪ Winter S., Penker M., Briechbaum M., 2011. Die Herbstzeitlose – eine Problempflanze für Landwirtschaft und Naturschutz? Jahrbuch der Öster-reichischen Gesellschaft für Agrarökonomie, Band 20 (2), 221–230.
▪ Zwerger P., 1996. Zur Samenproduktion der Ackerkratzdistel (Cirsium ar-vense L.). Zeitschrift für Pflanzenkrankheiten und Pflanzenschutz, Son-derheft XV, 91–98.
3Die Autoren danken dem Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) für die Finanzie-rung dieser Studie
Agrarforschung Schweiz 6 (4): 174–177, 2015
178
P o r t r ä t
Die landwirtschaftliche Lehre, der Betriebsleiterkurs und
danach, 1991, die Meisterprüfung. Dann lange nichts
mehr. Schliesslich, 2008, ein Diploma of Advanced Stu
dies am Institut für Verbandsmanagement und 2010 ein
Executive Master of Business Administration an der Ber
ner Fachhochschule: Aufgewachsen im Berner Vorort
Bümpliz in einem nichtbäuerlichen Haushalt, wusste
Ruedi von Niederhäusern (Jahrgang 1965) schon mit
zwölf Jahren, dass er einmal Landwirt werden wollte.
«Das Bauern und die Liebe zu den Tieren ist bei mir sozu
sagen genetisch fixiert», schmunzelt er. In seiner Familie
gäbe es – mit Ausnahme seiner Eltern – lauter Bauern.
Die Schulferien verbrachte er deshalb immer bei seinen
Verwandten auf einem Landwirtschaftsbetrieb.
Während ihn als Kind und Jugendlicher die Stieren
kataloge faszinierten, sind es heute die Freiberger
hengste. Auf das Pferd kam er bei einem sechsmonati
gen Arbeitseinsatzes im Tierspital Bern 1984, wo er sich
um die Pferde kümmerte. Die Begeisterung für Pferde
hat ihn seither nie mehr losgelassen. Seit 1986 arbeitet
er im Schweizer Nationalgestüt von Agroscope in Aven
ches; zuerst als Pferdepfleger, darauf als Hengsthalter in
Weinfelden TG, später als Leiter des 120 ha umfassenden
Landwirtschaftsbetriebs «LongPrés» (gehörte bis 1998
zum Gestüt), wieder als Pferdepfleger, in der analyti
schen Buchhaltung, als Produktverantwortlicher und
schliesslich, seit Anfang 2014, als Leiter der Forschungs
gruppe Pferdezucht und haltung von Agroscope. Er sei
kein Forscher. Vielmehr sei er ein Allrounder, ein Mana
ger und einer, der schaue, dass die Forschenden am
Gestüt unter den bestmöglichen Bedingungen arbeiten
können.» Und: «Was meine Mitarbeitenden, respektive
wir als Team erreichen, zählt. Mein Name spielt dabei
keine Rolle», lautet seine Devise.
Von den traditionellen Gestütsdienstleistungen für
den einfachen Pferdezüchter, bis hin zu den Ansprüchen
der Spitzenforschung in Pferdewissenschaften: Die
Erwartungen an das Schweizer Nationalgestüt könnten
verschiedener nicht sein. «Die grösste Herausforderung
besteht darin, für diese teilweise widersprüchlichen
Erwartungen einen Mittelweg in die Zukunft zu finden.»
Und: «Für mich gibt es keinen geileren Job!» Und wenn
er einen Wunsch frei hätte? – Dann wünschte er sich,
dass die klassische Schweizer Landwirtschaft, die
Getreide oder Milch produziert, die Produktionslinie
Pferd als echte Alternative ernst nimmt und ihr den nöti
gen Respekt entgegenbringt.
Und was tut der vielbeschäftigte Vater von einem Sohn
(1995) und einer Tochter (1997), wenn er einmal nicht
am Gestüt anzutreffen ist? – Er widmet sich mit Vorliebe
der Ausbildung und Nutzung seiner vier Sheep Dogs,
Hütehunden, dank derer er immer wieder «als positiver
Nebeneffekt» an nationalen und internationalen Turnie
ren teilnehmen kann. Dann gibt es auch bei ihm zu
Hause in Lugnorre FR im Stall ein eigenes Pferd: Eine
dreijährige Freibergerstute, die er fürs Westernreiten
ausbildet und für «just have fun» hält. Und wenn die
Zeit es dann noch erlaubt, streift er sehr gerne mit den
Tourenskis durch die Berge – immer in Begleitung seiner
Hunde.
Christine Caron-Wickli, Agroscope
Ruedi von Niederhäusern: «Was wir als Team erreichen, zählt»
Agrarforschung Schweiz 6 (4): 178, 2015
Ruedi von Niederhäusern ist verantwortlich für die Forschungs-gruppe Pferdezucht und -haltung beim Schweizer Nationalgestüt von Agroscope.
179
A k t u e l l
Agrarforschung Schweiz 6 (4): 179–183, 2015
Aktuelles
Auf dem neusten Stand der Agrarpolitik
Der elektronische Newsletter das BLW informiert setzt
Sie alle zwei Monate in drei Sprachen (deutsch, franzö
sisch, italienisch) über die wichtigsten Neuigkeiten des
Bundesamts für Landwirtschaft ins Bild. Er richtet sich
direkt an die Landwirtinnen und Landwirte sowie den
gesamten Agrarsektor und informiert rasch, kompakt
und transparent über die Agrarpolitik und die letzten
News des BLW. Die Beiträge werden von unseren Fach
leuten sorgfältig ausgewählt und umfassen beispiels
weise exklusive Mitteilungen des Amtsdirektors, prakti
sche Informationen für Landwirtinnen und Landwirte
und Hinweise auf Veranstaltungen. Über den Newsletter
können Sie zudem unkompliziert und kostenlos die
neusten Publikationen des Amts bestellen.
Interessiert? Dann abonnieren Sie unseren Newsletter
noch heute unter www.blw.admin.ch/newsletter/de
Sehr geehrte Damen und Herren
Sie erhalten heute die dritte Ausgabe des Newsletters des Bundesamtes für
Landwirtschaft «das BLW informiert». Wir wünschen Ihnen eine spannende
Lektüre.
Ernährungssicherheit und nachhaltige
Intensität
Die Ernährungssicherheit global zu gewährleisten ist eine zentrale Herausfor-
derung der Zukunft. Aber welche Rolle spielt dabei die landwirtschaftliche
Produktion in Europa? Eine kürzlich publizierte Studie liefert Antworten, die
sich auf die Schweiz übertragen lassen.
» Mehr
Verordnungspakete
Herbstpaket 2014
Der Bundesrat wird voraussichtliche Ende Oktober 2014 über die neuen
Verordnungsbestimmungen, die am 1. Januar 2015 in Kraft treten,
entscheiden. Das WBF und das BLW werden zum gleichen Zeitpunkt ihre
Verordnungen aus diesem Paket anpassen. Die Anhörung zu diesen
Verordnungen hat vom 12. Mai bis 4. Juli 2014 stattgefunden. Es wurden
146 Stellungnahmen eingereicht. Der Bericht über dieAnhörung wird
unmittelbar nach dem Entscheid des Bundesrates vorliegen.
Frühlingspaket 2015
Das BLW bereitet ein Frühlingspaket 2015 vor. Die Anhörung zu diesem
Verordnungspaket dauert voraussichtlich von Mitte November 2014 bis Mitte
Januar 2015. Der Bundesratsentscheid zu diesem Paket ist im Mai 2015
vorgesehen.
Erste Landschaftsqualitätsprojekte
werden umgesetzt
Das neue Instrument stösst in den Regionen auf grosses Interesse: Im ersten
Jahr wurden 71 Projekte aus 25 Kantonen eingereicht und vom Bundesamt
für Landwirtschaft (BLW) bewilligt. In den Regionen werden nun die Bewirt-
schaftungsvereinbarungen abgeschlossen und die Massnahmen zur Förderung
der Kulturlandschaftsvielfalt umgesetzt. Die Berichte der bewilligten Projekte
sind auf der Webseite des BLW veröffentlicht.
» Mehr
Mosaik von Wald, Weide und Mähwiesen am Obersee bei Näfels GL
(Kantonsmarketing Glarus, Samuel Trümpy)
Fehlerhaftes Management fördert
Herbizidresistente Unkräuter
Wird über längere Zeit und ohne geeignetes Resistenz-Management immer
wieder dasselbe Herbizid ausgebracht, fördert dies fast zwangsläufig die
Entwicklung Herbizidresistenter Unkräuter. Bei Herbizidtoleranten Kulturpflan-
zen ist das Risiko eines fehlerhaften Managements höher als bei herkömmli-
chen Sorten. Die Versuchung ist da besonders hoch, aus Gründen der einfa-
chen Handhabung auf die nötige Diversifizierung in der Unkrautbekämpfung
zu verzichten. Die Schuld auf die Herbizidtoleranten Sorten – insbesondere
die gentechnisch veränderten – zu schieben, ist eine nicht berechtigte Verein-
fachung. Das Aufkommen von resistenten Unkräutern wird primär durch ein
fehlerhaftes Management der Anwender gefördert.
» Mehr
Edito
Landwirtschaft:
stets auf dem Laufenden!
Liebe Leserin, lieber Leser
Der neue Newsletter ist da und mit
ihm soll auch unser Motto «näher,
attraktiver, kürzer, interaktiver»
bestärkt werden. Nach drei Ausgaben
können wir heute von einem Erfolg
sprechen: unsere Artikel stossen
auf Interesse, sie werden in der Presse
zitiert und wir erfreuen uns einer
stetig wachsenden Abonnentenzahl.
Mit dem Newsletter können wir Sie
über das Neuste in der Agrarpolitik
informieren und so einem konkreten
Bedürfnis nachkommen. Damit Sie
stets up to date sind!
Auf Anregung eines Lesers können
Sie ab dieser Nummer direkt via
Link auf die Stellenangebote des
BLW zugreifen.
Danke für Ihre Treue und Ihre
Rückmeldungen. Wir wünschen
eine spannende Lektüre!
Anne RizzoliPressesprecherin
Neuer Flyer für die offiziellen
Zeichen des Bundes für die
Berg- und Alpprodukte:
» Online-Version
» Gedruckte Version erhältlich bei:
» Warum diese neuen Logos?
Offene Stellen im BLW
Sind Sie auf der Suche nach einer
neuen beruflichen Herausforderung?
Das Bundesamt für Landwirtschaft
bietet vielfältige und interessante
Einsatzmöglichkeiten an.
» Aktuelle Stellenangebote
Verhandlungserfolg bei den
Grundsätzen für verantwortungs-
volle Investitionen in die
Landwirtschaft und die
Ernährungssysteme
» Mehr
Foto ©FAO/Giulio Napolitano
Nr. 3 | 05.09.2014
Diese Nachricht im Browser anschauen
Mit dem Newsletter des BLW immerauf dem neusten Stand
Unsere Ziele– Noch mehr Nähe zu den Landwirtinnen und Landwirten
– Rasche, kompakte und transparente Informationenüber die Agrarpolitik und die letzten News des BLW
– Wir wollen ganz einfach an Ihrer Seite sein
Ihre Vorteile– Aktuelle und äusserst vielseitige Themen
– Von unseren Fachleuten für Sie ausgewählteInformationen
– Eine objektive Betrachtung der Agrarpolitik
– Exklusive und rasche Bestellung unserer jüngstenPublikationen
Unser PlusMit ihrem Wissen leisten die BLW-Mitarbeitenden einenwichtigen Beitrag für einen informativen und fundiertenNewsletter. So können wir Ihnen in jeder Nummer einbreites Themenspektrum vorschlagen.
Interessiert?
Abonnieren Sie unseren Newsletter noch heute!Er wird Ihnen alle zwei Monate zugesandt.
www.blw.admin.ch/newsletter/de
A0_Projet_2.indd 1 03.11.14 | 09:52
180 Agrarforschung Schweiz 6 (4): 179–183, 2015
Aktuell
N e u e P u b l i k a t i o n e n
rend der Digitalisierung in das seit 1996 geltende Daten
modell übersetzt werden. Diese Harmonisierung war
aufwändig, führte aber zu einem national vergleichba
ren Datensatz. Für die Sicherung, Verwaltung und Nut
zung der digital aufgearbeiteten Bodeninformationen
stellt das BAFU den Kantonen mit dem nationalen Bode
ninformationssystem NABODAT eine ausgereifte IT
Lösung zur Verfügung.
Handlungsbedarf für Bund und Kantone
Im Gegensatz zur Situation in Nachbarländern wie
Deutschland oder Österreich wurde in der Schweiz keine
landesweite Bodeninventur durchgeführt. Für mehr als
zwei Drittel der landwirtschaftlichen Nutzfläche liegen
hierzulande derzeit keine Bodenkarten vor. Zuverlässige
Bodeninformationen sind nur in wenigen Kantonen flä
chendeckend für landwirtschaftlich genutzte Böden vor
handen (BL, ZG, ZH), in anderen für grössere Teilgebiete
(beispielsweise AG, GE, GL, LU, SG, SH, SO, VS). Insbeson
dere in Regionen, in denen ausgeprägte raumplaneri
sche Nutzungskonflikte bestehen und für die keine aus
reichenden Informationen zur Qualität der Böden
vorliegen, sind weitere Bodeninventuren erforderlich.
Federführend dafür sind die Kantone, doch benötigen
sie Unterstützung im Hinblick auf die spätere nationale
Vergleichbarkeit der erhobenen Bodeninformationen.
Die Kantone benötigen für die kostengünstige Durch
führung von Bodeninventuren einheitliche Rahmenbe
dingungen, aktualisierte methodische Grundlagen und
fachliche Unterstützung. Agroscope erachtet es deshalb
als erforderlich, dass weitere Anstrengungen unternom
men werden. Dazu gehören das Verfügbarmachen ein
heitlicher Arbeitsgrundlagen für den Vollzug und die
Förderung der Zusammenarbeit zwischen Bund, Kanto
nen und externen Fachpersonen. Basierend auf den
Bodendaten aus den Bodeninventuren können geeig
nete Grundlagen für die Raumplanung erarbeitet wer
den. Der Einbezug von Bodeninformationen erlaubt es,
bei künftigen Raumplanungs und Nutzungsentscheiden
den Wert von Böden bezüglich der verschiedenen Funk
tionen zu berücksichtigen.
Urs Grob, Andreas Ruef, Urs Zihlmann, Leta Klauser und Armin Keller,
Agroscope
Die Publikation kann in der Tablet-App «Publikationen Agroscope»
(www.agroscope.ch/apps) oder unter www.agroscope.ch/science kos-
tenlos heruntergeladen werden.
Umwelt Agroscope Science | Nr. 14 / Februar 2015
Agroscope-Bodendatenarchiv Bodendaten aus Bodenkartierungen 1953–1996
Autoren
Urs Grob, Andreas Ruef, Urs Zihlmann,
Leta Klauser, Armin Keller
Agroscope-Bodendatenarchiv
Agroscope Science Nr. 14 / 2015
Verlässliche Bodendaten sind in der Schweiz dünn gesät:
Informationen über die Verteilung und Eigenschaften
der verschiedenen Böden liegen nur für einen Drittel der
landwirtschaftlichen Nutzfläche vor. Sie bilden aber eine
unerlässliche Grundlage, um Nutzungsansprüche im
Sinne einer nachhaltigen Ressourcenpolitik und einer
sicheren Ernährung effizient steuern zu können.
Mit Unterstützung der Bundesämter für Raument
wicklung (ARE), für Umwelt (BAFU) und für Landwirt
schaft (BLW) sowie der Kantone machte Agroscope
umfangreiche Bodeninformationen aus einem Bodenda
tenarchiv der landwirtschaftlichen Forschung mit einem
geschätzten Neubeschaffungswert von über vierzig Mil
lionen Franken digital verfügbar. Dies erfolgte in enger
Zusammenarbeit zwischen Agroscope, kantonalen Stel
len, externen Fachleuten und der Bodenkundlichen
Gesellschaft der Schweiz (BGS). Da die Bodenprofile über
mehrere Jahrzehnte erstellt wurden, mussten sie wäh
181Agrarforschung Schweiz 6 (4): 179–183, 2015
Aktuell
Erfolgreiches Rinderhandling: wahrnehmen, verstehen, kommunizieren
Praxisleitfaden zum stressarmen Umgang mit Rindern
Die besonders tierfreundliche Mutterkuhhaltung und
andere extensive Haltungsformen zur Rindfleischpro
duktion auf der Weide führen durch den geringen
Kontakt mit Menschen oftmals zu menschenscheuen
Rindern. Dies erschwert den Umgang mit ihnen in Situ
ationen, wo dies erforderlich ist, und führt zu Stress bei
Rindern und Menschen.
Mitarbeiterinnen des FiBL haben nun Erkenntnisse
aus eigenen Forschungsarbeiten und Erfahrungen ande
rer Fachleute zum artgemässen Umgang mit Rindern zu
einem Praxisleitfaden aufbereitet. Der Ratgeber für
Rindviehhalterinnen und halter zeigt auf, wie die Bezie
hung zu den Rindern positiv gestaltet werden kann. Auf
bauend auf der Wahrnehmung und dem Lernverhalten
der Rinder stellt der Leitfaden Methoden und Vorge
hensweisen vor, die zu einem entspannten Umgang mit
Rindern beitragen.
von Johanna Probst, Anet Spengler Neff
Herausgegeben von FiBL, Bio Austria, Bioland, Bio Suisse, Demeter,
Naturland und IBLA
2014, 1. Auflage, Merkblatt, 24 Seiten, ISBN 978-3-03736-264-8,
FiBL-Bestellnummer: 1658
Die Broschüre kann beim FiBL für Fr. 9.– (zzgl. Porto und Verpackung)
bestellt werden oder kostenlos unter www.shop.fibl.org > Rinder-
handling abgerufen werden.
MERKBLATT
2004 Ausgabe Deutschland
2014
2004 Ausgabe DeutschlandAusgabe Deutschland
Die Mutterkuhhaltung und andere exten-
sive Haltungsformen zur Rindfleisch-
produktion auf der Weide gelten als
besonders tierfreundlich. Durch
den geringen Kontakt mit Men-
schen werden die Tiere jedoch
oftmals menschenscheu. Dies
erschwert den Umgang mit
ihnen in Situationen, wo
dies unumgänglich ist, und
führt zu Stress bei Rindern
und Menschen.
Ein gutes Verständnis des
Verhaltens der Rinder
und die Befolgung einiger
Grundregeln im Kontakt mit
ihnen können den Umgang
wesentlich erleichtern und
entspannen.
Dieses Merkblatt vermittelt die
Grundlagen zur Wahrnehmung und
zum Lernverhalten der Hausrinder
und zeigt auf, wie Tierhalterinnen und
Tierhalter eine positive Beziehung zu ihren
Rindern gestalten können.
Erfolgreiches Rinderhandling:wahrnehmen, verstehen,kommunizieren
Aktuell
182
www.agroscope.admin.ch/medienmitteilungen
M e d i e n m i t t e i l u n g e n
Agrarforschung Schweiz 6 (4): 179–183, 2015
27.03.2015 Ertragreiche Gras-Klee-Mischungen für eine nachhaltige Futterproduktion in Europa
GrasKleeMischungen zeichnen sich gegenüber Gras
Reinbeständen durch gewichtige Vorteile aus, und das
bei ganz unterschiedlichen Klimabedingungen. Die im
Fachjournal Global Change Biology publizierte Studie
stützt sich auf Untersuchungen an sechzehn Standorten
in neun Ländern Mittel und Nordeuropas. Sie zeigt, dass
GrasKleeMischungen einen 55 Prozent grösseren Stick
stoffertrag als GrasReinbestände aufweisen, wobei ein
Kleeanteil von einem Drittel genügt, um diesen Effekt zu
erzielen.
12.03.2015 Ackerbau: Qualität im Fokus der Experten Agroscope liefert den Landwirten unabhängige Daten
zur Erntequalität und zu deren Einflussfaktoren und
erarbeitet im Rahmen der Forschungsarbeiten Lösungen,
die dazu beitragen, die Anforderungen der Produzenten
und Verarbeiter zu erfüllen. An der 2. Nationalen Acker
bautagung in Murten trafen sich Experten aus Forschung,
Produktion, Verarbeitung und von der Verbraucherseite
und zeigten Möglichkeiten auf, um die Qualität der
Ackerbauprodukte zu sichern.
Aktuelle Forschungsergebnissefür Beratung und Praxis:Agrarforschung Schweiz publiziert 10-mal im Jahr
Forschungsergebnisse über Pflanzenbau, Nutztiere,
Agrarwirtschaft, Landtechnik, Lebensmittel, Umwelt
und Gesellschaft. Agrarforschung ist auch online
und als App verfügbar unter:
www.agrarforschungschweiz.ch
AGRARFORSCHUNGSCHWEIZ
Talon einsenden an:Redaktion Agrarforschung Schweiz, Agroscope, Postfach 64, 1725 PosieuxTel. +41 58 466 72 21, Fax +41 26 407 73 00E-Mail: [email protected] | www.agrarforschungschweiz.ch
Name/Firma
Vorname
Strasse/Nr
PLZ/Ort
Beruf
Datum
Unterschrift
Agrarforschung Schweiz ist die Zeitschrift der
landwirtschaftlichen Forschung von Agroscope und
ihren Partnern. Partner der Zeitschrift sind das Bun-
desamt für Landwirtschaft, die Hochschule für Agrar-,
Forst- und Lebensmittelwissenschaft HAFL, die Bera-
tungszentralen AGRIDEA, die Eidgenössische Techni-
sche Hochschule ETH Zürich, Departement für Um-
weltsystemwissenschaften und Agroscope, die
gleichzeitig Herausgeberin der Zeitschrift ist.
Die Zeitschrift erscheint in Deutsch und Französisch. Sie
richtet sich an Fachpersonen aus Forschung, Industrie,
Lehre, Beratung und Politik, an kantonale und eidge-
nössische Ämter und an weitere Fachinteressierte.
Bestellen Sie jetzt Ihre Gratisausgabe!
AGRARFORSCHUNGSCHWEIZO k t o b e r 2 0 1 4 | H e f t 1 0
Ag
rosc
op
e|
BLW
|H
AFL
|A
GR
IDEA
|E
THZü
rich
|Fi
BL
UmweltTagfalter- und Widderchenvielfalt im Grünland der unteren Bergregion Seite 392
PflanzenbauZüchtung feuerbrandrobuster Apfelsorten Seite 414
KurzberichtBakterien aus dem Wurzelbereich wirken gegen die Kraut- und Knollenfäule Seite 430
AGRARFORSCHUNG SCHWEIZ
Ag
rosc
op
e |
BLW
| H
AFL
| A
GR
IDEA
| E
TH Z
üri
ch |
FiB
L
UmweltTagfalter- und Widderchenvielfalt im Grünland der unteren Bergregion
PflanzenbauZüchtung feuerbrandrobuster Apfelsorten
KurzberichtBakterien aus dem Wurzelbereich wirken gegen die Kraut- und Knollenfäule
AGRARFORSCHUNGSCHWEIZ
F e b r u a r 2 0 1 5 | H e f t 2
Ag
rosc
op
e|
BLW
|H
AFL
|A
GR
IDE
A|
ETH
Züri
ch|
FiB
L
Pflanzenbau Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Schweiz von 2009 bis 2012 Seite 48
Nutztiere Heu- oder Haylageproduktion von zwei Grasmischungen Seite 64
Kurzbericht Genetik der Hornlosigkeit beim Rind Seite 72
183
Informationen: www.agroscope.admin.ch/veranstaltungen
Aktuell
V e r a n s t a l t u n g e n
Informationen: www.agroscope.admin.ch/veranstaltungen
I n t e r n e t l i n k s
April 2015
16.04.201510. Netzwerktagung Pferdeforschung SchweizSchweizerisches Nationalgestüt SNGAvenches
Mai 2015
13.05.2015Gesunde und leistungsfähige Nutztiere: Futter an Genotyp oder Genotyp an Futter anpassen?Fachtagung ETH Zürich, Vetsuisse Zürich und Bern, Agroscope INTETHZentrum
31.05.2015Breitenhof-Tagung 2015, Treffpunkt der SteinobstbrancheAgroscope Steinobstzentrum Breitenhof, Wintersingen
Juni 2015
14. – 17.06.201554. IALB-Tagung (Internationale Akademie land- und hauswirtschaftlicher Beraterinnen und Berater)3. EUFRAS-KonferenzEffizienz in der Land und ErnährungswirtschaftAgrideaSolothurnInformationen: http://url.agridea.ch/IALB2015
25.06.2015Agroscope: 125 Jahre Forschung in WädenswilJubiläumsveranstaltung von Agroscope Wädenswil
V o r s c h a u
Mai 2015 / Heft 5
Die Biodiversität in den Schweizer Berggebieten stellt in vielerlei Hinsicht eine wich-tige Ressource dar. Forschende der ETH Zürich und des FiBL befragten Berglandwirte zu den Massnahmen- bzw. Resultat-orientierten Unter-stützungsbeiträgen des Bundes zur Biodiversitäts-förderung. (Foto: Gabriela Brändle, Agroscope)
V o r s c h a u
•• Resultatorientierter Ansatz zur Biodiversitätsförde
rung: Akzeptanz im Berggebiet, Sophia Rudin et al.,
ETH Zürich und FiBL
•• Wie stark beeinflusst der Wechselkurs die Schweizer
Agrar und Nahrungsmittelexporte?, Andreas Kohler
und Ali Ferjani, Agroscope
•• Klassen oder Labels? Rindfleischpreise und Qualität,
Stefan Mann und Daniel Erdin, Agroscope und
Schweizerischer Bauernverband
•• Ramularia collo-cygni – ein neuer Schadpilz der
Gerste, Peter Frei und Katia Gindro, Agroscope
•• Vom Labor in die Praxis: Internationaler Kongress zur
Fortpflanzung von Mensch und Tier, David Kradolfer
et al., ETH Zürich und VetsuisseFakultät Zürich
•• Mikrobiologische und chemische Lebensmittel
sicherheit, Marc Mühlemann, Agroscope
•• Liste der empfohlenen Winterrapssorten für die
Ernte 2016, Agroscope
Agrarforschung Schweiz 6 (4): 179–183, 2015
Die persönliche Lebensmittelpyramide
www.meinepyramide.ch
Mit dem neuen kostenlosen OnlineAngebot «Meine
Pyramide» der Schweizerischen Gesellschaft für Ernäh
rung SGE und des Bundesamtes für Lebensmittelsicher
heit und Veterinärwesen BLV lässt sich eine Lebensmittel
pyramide mit den persönlichen Wunschlebensmitteln
zusammenstellen. «Meine Pyramide» regt zu einer bun
ten Abwechslung an und dient als Orientierung für eine
ausgewogene und genussvolle Ernährung.
Mittwoch, 13. Mai 2015
Gesunde und leistungsfähige Nutztiere:Futter an Genotyp oder Genotyp an Futter anpassen ?
Themen:
• WasdefiniertkünftigeSchweizerNutztiersysteme?• BrauchtesneueBedarfsnormenfürmoderneGenotypen?• ZieleinderSchweizerMilchviehzucht• HighlightsausderForschung
Ort:
Zürich, ETH Zentrum, Hauptgebäude, Rämistrasse 101Auditorium Maximum (HG F 30)
Anmeldung:
Bis spätestens Dienstag, 28. April 2015, an folgende Adresse:
ETH ZürichInstitut für AgrarwissenschaftenSekretariat / LFW B 58.18092 ZürichSchweiz
E-Mail: [email protected]
Universität ZürichUZH
Internationale Akademie land- und hauswirtschaftlicher Beraterinnen und BeraterIALB
54. IALB-Tagung 3. EUFRAS Meeting 14. – 17. Juni 2015 in Solothurn, Schweiz
Effizienz in der Land- und ErnährungswirtschaftSein und Schein in Betrieb und Beratung
Reichhaltiges Programm zur AuswahlPlenumsveranstaltungen u. a. mit Bernard Lehmann zum Thema «Die Schweizer Landwirtschaft – ein Überblick» und «Die Schweizer Landwirtschaft – im Lichte der Effizienz»
Fach- bzw. Projektforen und Workshops u. a. zu den Themen: Arbeitseffizienz – Arbeitsorganisation Ressourceneffizienz Handlungsorientiertes Lernen Effizienz und Effektivität im Alltag der Beratung
Ein Open Space behandelt das Thema «Effizienz und Effek-tivität – das Spannungsfeld zwischen Wunsch und Realität im Berufsalltag und wie wir damit umgehen können».
Acht spannende Fachexkursionen ermöglichen einen Einblick in die Praxis und den Austausch mit Landwirtinnen und Landwirten vor Ort.
Detailprogramm und Anmeldunghttp://url.agridea.ch/de/IALB2015
AuskunftRoland Künzler, Tel. +41 (0) 52 354 97 87, [email protected] Schoop, Tel. +41 (0) 52 354 97 43, [email protected]
Anmeldeschluss15. Mai 2015
TagungsortTagungslokal Landhaus, Landhausquai 4, Solothurn