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‚AID-EFFECTIVENESS’ FALSCH VERSTANDEN? – DAS BEISPIEL DER ZUSAMMENARBEIT VON DEUTSCHLAND UND INDONESIEN IM GESUNDHEITSSEKTOR
Fallstudie von Action for Global Health / AfGH in Deutschland herausgegeben von terre des hommes und Welthungerhilfe
Autorin: Dr. Christine Winkelmann
2 | DAS BEISPIEL DER ZUSAMMENARBEIT VON DEUTSCHLAND UND INDONESIEN IM GESUNDHEITSSEKTOR
ACTION FOR GLOBAL HEALTH WURDE IM OKTOBER 2006 GEGRÜNDET UND UMFASST 15 NICHTREGIERUNGSORGANISATIONEN MIT SITZ IN BRÜSSEL SOWIE FRANKREICH, DEUTSCHLAND, ITALIEN, SPANIEN UND DEM VEREINIGTEN KÖNIGREICH. ZIEL DES NETZWERKS IST ES, AKTIVITÄTEN UND MASSNAHMEN DER EUROPÄISCHEN REGIERUNGEN DARAUFHIN ZU ÜBERPRÜFEN, WELCHE AUSWIRKUNGEN SIE AUF DAS GESUNDHEITSWESEN IN ENTWICKLUNGSLÄNDERN HABEN, UND ENTSCHEIDUNGSTRÄGER UND -TRÄGERINNEN ZU BEEINFLUSSEN, IHRE PRAXIS ZU VERBESSERN.Action for Global Health ist besorgt, dass Europa die Entwicklungsländer beim Erreichen der Millenniumsentwicklungsziele im Gesundheitswesen nicht ausreichend unterstützt. Dieser Bericht untersucht, wie Europas Hilfe im Hinblick auf die in der Pariser Erklärung zur Wirksamkeit der Entwicklungshilfe (2005) vereinbarten Prinzipien und andere Verpflichtungen der europäischen Geber geleistet wird. Der Bericht gibt die gemeinschaftliche Position des Netzwerks wieder und ist als kollektiver Aufruf an die Entscheidungsinstanzen in der EU zu verstehen.
Der Bericht „Gesunde Hilfe: Warum Europa mehr Hilfe leisten und seine Mittel effektiver einsetzen muss, um die Millenniumsentwicklungsziele zu retten“ ist in vier Kapitel unterteilt. Das erste Kapitel gibt einen Überblick über die Wirksamkeit der Hilfe im Gesundheitswesen mit besonderem Bezug auf die Europäische Union und ihre Mitgliedsstaaten. Das zweite Kapitel enthält sechs Fallstudien zu Gesundheit und Entwicklung mit anschaulichen Informationen aus Afrika, Asien und Lateinamerika. Das dritte Kapitel enthält eine Zusammenfassung der wichtigsten Schlussfolgerungen bezüglich der Wirksamkeit der Hilfe auf der Grundlage der Ergebnisse aus den Fallstudien, und das vierte Kapitel besteht aus Empfehlungen an die politischen Entscheidungsinstanzen in der EU.
Der Bericht wird in fünf Sprachen gleichzeitig in Brüssel, Berlin, London, Paris und Rom veröffentlicht. Alle Ausgaben können von der Webseite heruntergeladen werden.
Action for Global Health im Juni 2008 www.actionforglobalhealth.eu
Teil des internationalen Berichtes von AfGH „Gesunde Hilfe: Warum Europa mehr Hilfe leisten und die Mittel effektiver einsetzen muss, um die Millenniumsentwicklungsziele für Gesundheit zu retten“, veröffentlicht im Juni 2008 von AfGH.
Veröffentlicht: Juni 2008 von Action for Global HealthAction for Global Health wird koordiniert von ActionAidund unterstützt von der Bill und Melinda Gates-Stiftung.www.actionforglobalhealth.eu
Herausgeber: Action for Global Health Germanywww.actionforglobalhealth.eu/de
Kontakt: [email protected]
Deutsche Mitglieder: Deutsche Welthungerhilfe e.V.,terre des hommes Deutschland e.V.
Titelbild: © Plan International
ACTION FOR GLOBAL HEALTH | 1
‚AID-EFFECTIVENESS’ FALSCH VERSTANDEN? – DAS BEISPIEL DER ZUSAMMENARBEIT VON DEUTSCHLAND UND INDONESIEN IM GESUNDHEITSSEKTOR
Fallstudie von Action for Global Health/ AfGH in Deutschland herausgegeben von terre des hommes und Welthungerhilfe
Autorin: Dr. Christine Winkelmann
INHALT
2 VORWORT
3 1. EINLEITUNG
4 2. ERGEBNISSE UND EMPFEHLUNGEN
6 3. INDONESIENS GESUNDHEITSSEKTOR
9 4. ÜBERBLICK ÜBER STAKEHOLDER
UND INITIATIVEN IM GESUNDHEITSSEKTOR
13 5. ANALYSE DES GESUNDHEITSSEKTORS
15 6. WIRKSAMKEIT DER HILFE
18 7. BIBLIOGRAPHIE
19 8. VERWENDETE AKRONYME
20 9. GESPRÄCHSPARTNERINNEN
2 | DAS BEISPIEL DER ZUSAMMENARBEIT VON DEUTSCHLAND UND INDONESIEN IM GESUNDHEITSSEKTOR
Vorwort
Vorliegende Fallstudie wurde im Rahmen eines
umfangreichen Berichts zum Thema ‚Wirksam-
keit von Hilfe (aid-effectiveness) im Gesund-
heitsbereich’ angefertigt, der unter dem Titel
„Gesunde Hilfe: Warum Europa mehr Hilfe leisten
und die Mittel effektiver einsetzen muss, um die
Millenniumsentwicklungsziele für Gesundheit zu
retten“ im Juni 2008 von Action for Global Health
herausgegeben wurde.
Action for Global Health wurde im Oktober 2006
gegründet und umfasst 15 Nichtregierungsorga-
nisationen mit Sitz in Brüssel sowie Frankreich,
Deutschland, Italien, Spanien und dem Verei-
nigten Königreich. Ziel des Netzwerks ist es,
Aktivitäten und Maßnahmen der europäischen
Regierungen daraufhin zu überprüfen, welche
Auswirkungen sie auf das Gesundheitswesen in
Entwicklungsländern haben, und Entscheidungs-
träger und-trägerinnen zu beeinfl ussen, ihre Pra-
xis zu verbessern.
Die vorliegende Falluntersuchung überprüft an-
hand eines konkreten Länderbeispiels die Um-
setzung der in der Pariser Erklärung vereinbarten
Maßnahmen zur Steigerung der Wirksamkeit von
Hilfe. Fragen nach Eigenverantwortung, Part-
nerausrichtung und Harmonisierung (Prinzipien
der Pariser Erklärung zur Wirksamkeit von Hilfe)
wurden exemplarisch anhand der deutsch-indo-
nesischen Zusammenarbeit behandelt. Die Er-
gebnisse und die darauf basierende Bewertung
fallen sehr unterschiedlich aus: Neben guten
Entwicklungen im Sinne der Pariser Deklaration
(z.B. Harmonisierungsbemühungen durch deut-
sche Geber) zeigten sich auch problematische
Entwicklungen (vor allem im Bereich Akzeptanz
der Eigenverantwortung des Empfängerlandes).
Die Studie basiert auf einer umfangreichen Lite-
raturrecherche und auf zahlreichen Interviews,
die im Februar 2008 in Deutschland und Indone-
sien durchgeführt wurden. Die Interviewpartner
und –partnerinnen umfassten das Bundesmi-
nisterium für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung, Repräsentanten der Durchfüh-
rungsorganisationen sowohl in Deutschland als
auch in Indonesien, Vertreter verschiedener in-
ternationaler Organisationen, des indonesischen
Gesundheitsministeriums sowie diverser Nichtre-
gierungsorganisationen. Eine Liste der Interviews
fi ndet sich im Anhang.
Naturgemäß handelt es sich bei einer derartigen
Studie um eine Momentaufnahme; Ergebnisse
können durch aktuelle Ereignisse verändert wer-
den. Zudem kann bei dem begrenzten Umfang
kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben wer-
den – schon gar nicht bei einem derartig kom-
plexen Themenfeld. Vielmehr ist ein Anliegen von
AfGH im Vorfeld des 3. High Level Forums zur
Überprüfung der Umsetzung der Pariser Erklä-
rung von 2005 zur Wirksamkeit von Hilfe einen
Orientierungsbeitrag zu komplexen Themenstel-
lungen zu leisten und anhand eines Fallbeispiels
fundierte Einblicke in einen kritischen Bereich
der deutsch-indonesischen Zusammenarbeit zu
gewähren.
ACTION FOR GLOBAL HEALTH | 3
1 Vgl. BMZ: Länder und Regionen: Indonesien. Lt. Weltbank Klassifi zierung leben fast 50% der Indonesier von unter zwei USD/Tag und sind damit armutsgefährdet, 18% leben in tiefer Armut von unter einem USD/Tag. Vgl. Weltbank: Making the new Indo-nesia, 2006, S. X-XI.
2 Vgl. WHO: Indonesia, National Health System Profi le, S. 22ff., Weltbank: Indonesia Public Expenditure, 2007, S. 53. Siehe auch MoH: Health Development Plan, 1999, S. 4-5.
3 Vgl. WHO: Country Profi le of Women’s Health, 2007, S. 60, und Interview mit Michelle Vizzard (AUSAID), 15.02.2008. Zur Illu-stration des Gesundheitszustands weitere Zahlen: im Jahr 2003 litten noch 28% der Kinder unter fünf an Unterernährung, 8% an schwerer Unterernährung gestiegen von 6,3% im Jahr 1989. Nach der Dezentralisierung traten wieder Fälle von Polio auf; die HIV-Infektionen steigen unter besonders gefährdeten Gruppen stetig an und Indonesien weist die drittgrößte TB-Last der Welt auf, vgl. Weltbank: Indonesia Public Expenditure, 2007, S. 54 und WHO: Indonesia, National Health System Profi le, S. 38.
4 WB: Indonesia Public Expenditure, 2007, S. 55.5 Vgl. Auswärtiges Amt: Beziehungen zwischen Deutschland und Indonesien, 2007. 6 Siehe für nähere Informationen das „Strategy Paper Health“, hrsg. von Republic of Indonesia/BMZ, 2004.
Indonesien ist mit 220 Millionen Menschen das
Land mit der viertgrößten Bevölkerung der Erde.
Etwa 60 Millionen (27 Prozent) sind arm.1
Zwar hat das Land nach der Unabhängigkeit
1945 und vor allem seit den 60er Jahren ein
großes Wirtschaftswachstum erfahren, von dem
auch ärmere Bevölkerungsschichten profi tieren
konnten, doch wurden viele dieser Erfolge durch
die Finanzkrise in Asien 1997 zunichte gemacht.
Diese Krise hat auch zu einer deutlichen Ver-
schlechterung verschiedener Gesundheitsindi-
katoren geführt. So wird Indonesien wohl nur
noch im Bereich der Kindersterblichkeit das
entsprechende Millenniums-Entwicklungsziel
erreichen können, während es weder im Be-
reich der Müttersterblichkeit noch in dem der
Krankheiten AIDS, Malaria und Tuberkulose große Erfolge zu verbuchen haben wird.2 Die
Müttersterblichkeitsrate betrug 2002 noch immer
307 auf 100000 Geburten, eine unveröffentlich-
te Studie des Bevölkerungsfonds der Verein-
ten Nationen (UNFPA) geht sogar von 400 auf
100000 aus.3 Erschwerend kommt hinzu, dass
die Durchschnittszahlen große regionale und schichtenspezifi sche Schwankungen verdek-
ken. So konstatiert die Weltbank in ihrem 2007
erschienenen Bericht, dass „die nationalen Da-
ten die großen Variationen innerhalb des Landes
verdecken.“4
Ein maßgebliches Problem, mit dem sich Indone-
sien im Gesundheitsbereich konfrontiert sieht, ist
die Dezentralisierung im Zuge der politischen
Reformen nach dem Rücktritt Suhartos im Mai
1998. Die Zuständigkeit für den Gesundheits-
bereich liegt nun nur noch zu einem Teil bei der
Zentralregierung, eine wesentlich größere Rolle
1. Einleitung
spielt die Ebene der Distrikte, die jedoch vieler-
orts mit ihren neuen Aufgaben (und Möglichkei-
ten) überfordert sind und den Gesundheitssektor
häufi g vernachlässigen. Trotz aller Probleme sind
jedoch in den vergangenen Jahren auch Fort-schritte zu verzeichnen: Mit einer Versicherung speziell für die Ärmsten sollte für diese bisher
sehr vernachlässigte Bevölkerungsgruppe der
Zugang zu Gesundheitsversorgung ermöglicht
werden. Hier zeigen sich jedoch eine Reihe von
Problemen, von denen Korruption nur eines ist.
Die Regierung arbeitet aber derzeit an weiteren
Reformen, wie z.B. der Einführung einer allge-
meinen Krankenversicherung.
Deutschland ist nach Japan der zweitwichtigste
bilaterale Geber Indonesiens mit einem Gesamt-
volumen von rund 3 Mrd. Euro an Zuschüssen
und Krediten seit Beginn der Zusammenarbeit in
den 1950er Jahren.5 Die Kooperation erstreckte
sich schon früh auch auf den Gesundheitssek-
tor.6 Diverse Gesundheitsprojekte werden noch
bis 2009/10 laufen, allerdings hat Deutschland
in den Regierungsverhandlungen im Jahr 2007
entschieden, sich aus Effektivitätsgründen und
im Sinne der Arbeitsteilung innerhalb der EU auf
drei Bereiche der Zusammenarbeit zu beschrän-
ken. Der neue Schwerpunkt Klimaschutz war
aus politischen Gründen (Klimakonferenz Bali)
vorgegeben, die Punkte Wirtschaftsförderung
und gute Regierungsführung / Dezentrali-sierung wurden als zentral eingeschätzt. Aus
diesem Grund wurde die Zusammenarbeit u.a.
in dem Bereich Gesundheit beendet. Diese Ent-
scheidung wird in späteren Kapiteln Gegenstand
kritischer Refl ektion sein.
4 | DAS BEISPIEL DER ZUSAMMENARBEIT VON DEUTSCHLAND UND INDONESIEN IM GESUNDHEITSSEKTOR
2. Ergebnisse und Empfehlungen
2.1 Ergebnisse
Gesundheitswesen in Indonesien zeigt a)
– trotz Schwierigkeiten – hoffnungsvolle Ansätze: Das Gesundheitswesen in Indo-
nesien weist zwar nach wie vor vielfältige
Probleme auf, von denen die adäquate Fi-
nanzierung nur eines ist. Es gibt aber auch
deutliche Anzeichen, dass in Indonesien
zurzeit die Bereitschaft da ist, mehr für den
Gesundheitsbereich zu tun und hierbei auch
bisher vernachlässigte Ansätze auszupro-
bieren. Exemplarisch zu nennen sind hier die
starke Armutsorientierung der ASKESKIN-
Versicherung und der Paradigmenwechsel
von kurativer zu präventiver Medizin („Wach-
sames Dorf“ und „Gesundes Indonesien
2010“). Außerdem sind die Bemühungen um
eine allgemeine Versicherungspfl icht positiv
zu bewerten, selbst wenn sie von zivilge-
sellschaftlichen Vertretern als unrealistisch
bezeichnet werden. Es bleibt zu hoffen, dass
zum einen das Gesundheitsministerium
nach den Wahlen im kommenden Jahr eine
stärkere Position in der Regierung einneh-
men kann, zum anderen und damit zusam-
menhängend, dass mehr Mittel für diesen
zentralen Bereich zur Verfügung gestellt
werden.
Deutscher Rückzug aus dem Gesund-b)
heitsbereich kritisch: Diverse Geber sind in
Indonesien im Gesundheitsbereich tätig, al-
lerdings gibt es keine Anzeichen, dass sie ihr
Engagement in diesem Bereich in nennens-
wertem Maße verstärken wollen, wenn man
von einem relativ großen HIV&AIDS Projekt
von AusAID absieht. Ansonsten scheint sich
die Einschätzung durchzusetzen, dass Indo-
nesien inzwischen genug Geld für Gesund-
heit habe und nicht mehr auf internationale
Hilfe angewiesen sei. Übersehen wird hierbei
der große Bedarf an technischer Unterstüt-
zung, an Implementierungshilfe und an Pi-
lotprojekten. Vor diesem Hintergrund ist der
deutsche Rückzug aus dem Gesundheitsbe-
reich sehr kritisch zu bewerten, vor allem da
nicht nur die Nachhaltigkeit der deutschen
Projekte gefährdet ist, sondern auch die
Gefahr besteht, dass andere Geber dem
deutschen Vorbild folgen und sich ebenfalls
aus dem Bereich zurückziehen könnten. Die
Geberkoordinierung ist bei weitem nicht so
weit fortgeschritten, dass arbeitsteilig ge-
dacht wird und ein Rückzug Deutschlands
aus dem Gesundheitsbereich ein stärkeres
Engagement eines anderen Gebers in genau
diesem Sektor nach sich ziehen würde.
Kriterien von „aid effectiveness / Wirk-c)
samkeit der Hilfe“ werden in Ansätzen erfüllt.
Die Kriterien Eigenverantwortung und
Partnerausrichtung scheinen weitgehend
Beachtung zu fi nden, so z. B. indem die
zentrale Agentur für Entwicklungsplanung
(BAPPENAS) zentral alle Projekt genehmigt
und nationale Pläne einen verbindlichen
Charakter für die Geber haben. Doch zeigt
das untersuchte Beispiel auch, dass die
Beachtung nicht durchgängig gilt: Bei den
deutsch-indonesischen Regierungsverhand-
lungen im Jahr 2007 hat man die Zusam-
menarbeit im Bereich Gesundheit gegen den
Willen Indonesiens beendet.
Die Koordinierung der verschiedenen Ge-
ber beginnt in Ansätzen zu funktionieren,
allerdings fehlt hier noch eine stärkere Orga-
nisation durch die indonesische Seite. Man
hofft, dass das vom Gesundheitsministeri-
um im Januar 2008 eingerichtete Komitee
HSCC diese Aufgabe stärker übernehmen
wird.
Ergebnisorientiertes Management stößt
immer da an seine Grenzen, wenn es um
Prozesse und Systemstärkungsarbeit geht,
da diese nicht so schnell Ergebnisse zeigen.
Daher kann dieses Kriterium sogar uner-
wünschte Effekte haben, da es eine Fokus-
sierung auf kleine, klar umrissene und daher
ACTION FOR GLOBAL HEALTH | 5
auch gut umsetzbare Projekte begünstigt.
Die systematische Umsetzung der gegen-seitigen Rechenschaftspfl icht steckt noch
in den Kinderschuhen: Noch gibt es keinerlei
institutionalisierte Mechanismen, um Re-
chenschaft über Interventionen abzulegen,
wenn man von freiwilligen Monitorings ab-
sieht, die aber zumeist intern organisiert,
vergeben und ausgewertet werden.7 Vor
allem fehlt aber sowohl von Regierungs- als
auch von Geberseite die systematische und
sinnvolle Einbindung der Zivilgesellschaft
und zwar nicht nur zu Implementierungs-
zwecken sondern bereits im Planungsstadi-
um.
7 In NTT / NTB gibt es Ansätze zu einem Peer Review zwischen GTZ, Unicef und AUSAID. 8 Vgl. Lanjouw et al: Poverty, 2001, S. 1 und S. 51-52.
2.2 Empfehlungen
a) Zusammenarbeit im Gesundheitsbereich sollte fortgeführt werden: Das BMZ sollte
seine Entscheidung revidieren, Gesundheit
nicht länger als Schwerpunkt in der Zusam-
menarbeit mit Indonesien zu verfolgen. Min-
destens sollten aber die nötigen fi nanziellen
Mittel bereitgestellt werden, um konkrete
Projekte so weit fortzuführen, dass ihre
Nachhaltigkeit nicht gefährdet ist. Auf diese
Weise kann auch eine stärkere Armutsaus-
richtung der deutschen Entwicklungszusam-
menarbeit gewährleistet und ein Beitrag zur
Erreichung der Gesundheits-MDGs geleistet
werden.
Ganz konkret wird die Fortführung in Form
von mindestens einer zweijährigen Kon-
solidierungsphase der vier Einzelprojekte
der GTZ, die gemeinsam ein Programm
konstituieren, empfohlen. Eine unabhängige
Evaluierung sollte prüfen, ob die Ausweitung
dieses „Programms“ auf weitere von Armut
besonders betroffene Provinzen überlegens-
wert ist.
Ebenfalls sollte überprüft werden, ob nicht
auch – gerade vor dem Hintergrund der Ver-
sprechen, sich stärker im HIV&AIDS-Bereich
zu engagieren – die Fortführung des HIV-
Projekts durch die KfW sinnvoll wäre. Der
Rückzug aus dem Krankenhausbau ist aller-
dings nachvollziehbar vor dem Hintergrund
der geringeren Armutsausrichtung.8
b) Zielkonfl ikte refl ektieren: Der Fall Indone-
sien zeigt deutlich, dass es in der deutschen
Entwicklungszusammenarbeit Zielkonfl ikte
gibt. Auf der einen Seite hat man sich auf
die Millenniums-Entwicklungsziele verpfl ich-
tet und wollte so auch eine stärkere Ar-
mutsausrichtung erreichen, auf der anderen
Seite werden aus vermeintlichen Effektivi-
tätserwägungen heraus, Bereiche wie Ge-
sundheit als Schwerpunkt der Zusammenar-
beit beendet. Die Orientierung an den MDGs
muss in die tatsächliche Arbeit stärker mit
einfl ießen und darf kein Lippenbekenntnis
bleiben.
c) Stärkere Einbindung von zivilgesell-schaftlichen Kräften erforderlich: Die vor
Ort arbeitenden Organisationen sollten in
ihre Arbeit verstärkt zivilgesellschaftliche
Akteure einbinden und auch ihre staatlichen
Counterparts ermutigen, ihrem Beispiel zu
folgen. Diese Akteure dürfen nicht nur zu
Implementierungszwecken angesprochen
werden. NRO, Wissenschaftler und Reprä-
sentanten von Verbänden etc. haben wich-
tige Erkenntnisse und Ideen beizutragen.
Die Rolle der Zivilgesellschaft sollte über die
bloße Beteiligung bei der Umsetzung der
Pariser Deklaration hinausgehen, damit die
zivilgesellschaftliche Agenda zur Entfaltung
kommen kann.
6 | DAS BEISPIEL DER ZUSAMMENARBEIT VON DEUTSCHLAND UND INDONESIEN IM GESUNDHEITSSEKTOR
3. Indonesiens Gesundheitssektor
3.1 Finanzierung und Zugangsmöglichkeiten
Das Gesundheitssystem in Indonesien ist prinzi-
piell dezentral aufgebaut und jede Provinz sollte
ihren eigenen Gesundheitsplan mit eigenem
Budget aufstellen und verfolgen.9 Aufgrund der
inkonsequent durchgeführten Dezentralisierung
in den Jahren 2000/2001 erfolgt die staatliche
Finanzierung aber immer noch zu einem großen
Teil direkt vom Gesundheitsministerium. So ha-
ben die Distrikte zwar ein eigenes Budget, gera-
de ärmere Provinzen sind aber in starken Maßen
von dem zusätzlich vom Gesundheitsministerium
bereitgestellten sog. Dezentralisierungs-Budget
abhängig, für das sie sich mit detaillierten Akti-
vitäten bewerben und auch eine Kofi nanzierung
bereitstellen müssen. Auf diese Weise bestimmt
trotz der Dezentralisierung das Ministerium in
vielen Regionen weiterhin über die zu imple-
mentierenden Programme.10 Gleichzeitig hat die
Regierung zwar das Gesundheitsbudget in den
letzten Jahren kontinuierlich erhöht – während im
Jahr 2001 nur 2,6 Prozent des Gesamtbudgets
für Gesundheit ausgegeben wurden, waren es
2005 immerhin schon 4,2 Prozent – allerdings
blieben die Gesundheitsausgaben gemessen
am Anteil des Bruttoinlandsprodukts weiterhin
gering (2001 0,5 Prozent und 2005 0,8 Prozent).11
Der Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen
variiert je nach Region stark. So bemängelt der
jüngste Weltbankbericht, dass nicht nur zu wenig
Geld in den Gesundheitsbereich fl ieße, sondern
dass vor allem die gerechte und effi ziente Alloka-
tion des Geldes ein sehr großes Problem darstel-
le.12 Die öffentlichen Gesundheitsausgaben un-
terscheiden sich gerade auf Distriktebene in er-
heblichem Maße. Die indonesische Gesundheits-
politik weist auch deshalb keinen ausreichenden
armutsorientierten Ansatz auf, da die staatlich
bereitgestellten Mittel in überdurchschnittlichem
Maße in die sekundäre und tertiäre Betreuung
fl ießen (Krankenhäuser), von denen wiederum
arme Bevölkerungsschichten nur unterdurch-
schnittlich profi tieren.13 Dass zudem immer noch
rund 55 Prozent der Gesundheitsausgaben privat
getragen werden, bedeutet nicht nur für die Ärm-
sten eine hohe Belastung.14
Fehlender Zugang zu einer Krankenver-sicherung stellen für einen großen Teil der
Bevölkerung ein Problem dar. Bisher ist das
Versicherungssystem ein Mischsystem, in dem
ca. 20 Prozent der Bevölkerung als staatliche
Angestellte und Beamte in der Versicherung
„ASKES“ und in der staatlichen Versicherung
für Angestellte „Jamsostek“ versichert sind.15
Letztere ist eigentlich eine Pfl ichtversicherung,
sofern der Arbeitgeber keine privaten Kranken-
versicherungsleistungen einkauft oder die Ge-
sundheitsdienste selber anbietet. Allerdings wird
in diesem Mischsystem die Tatsache nicht be-
rücksichtigt, dass ein erheblicher Teil der Bevöl-
kerung informell beschäftigt ist und viele Firmen
die Versicherungspfl icht umgehen.16 Für reichere
Bevölkerungsschichten gibt es einen wachsen-
den Markt an Privatversicherungen.
2005 hat die Regierung eine neue Maßnahme
gestartet, um den ärmsten Menschen Zugang
zum Krankensystem zu ermöglichen. Im Rahmen
von ASKESKIN (Versicherung für Arme) erhal-
ten Betroffene eine Gesundheitskarte, mit der sie
kostenlos behandelt werden können.17 Für die
Erstattung der Kosten hatte das Gesundheits-
ministerium 2007 den Betrag von 4,6 Trillionen
Rupiah (rund 500 Mio. USD)18 bereitgestellt,
doch übertrafen die Erstattungsforderungen
diesen Betrag bei weitem. Zurzeit streiten Regie-
rung und ASKES darum, wer für die Mehrkosten
9 Vgl. Bakti Husada/NTB: Provincial Health Masterplan, 2006.10 Die unklaren Zuständigkeiten setzen sich bis auf die ausführende Ebene fort: Krankenhäuser sind z. T. den Distrikten, z. T. den
Provinzen und z. T. dem Ministerium direkt unterstellt, Personal wird teilweise weiterhin direkt aus dem Gesundheitsministerium bezahlt. Vgl. Interview Ute Jugert und Loesje Sompie (GTZ), 14.02.2008. Nur ein Beispiel für die Implementierung von Projekten an den Distriktregierungen vorbei ist eine neue Maßnahme der Zentralregierung zur Reduzierung der Müttersterblichkeit. Vgl. Interview Dr. Trisnawati G. Loho (MoH), 20.02.2008.
11 Vgl. WB: Indonesia Public Expenditure, 2007, S. 56.12 Ebd. S. 52.13 Vgl. ebd. S. 52. Vgl. auch Interview mit Melania Hidayat (UNFPA), 19.02.2008.14 Vgl. WB: Indonesia Public Expenditure, 2007, S. 61.15 Vgl. ebd. S. 62. Zu Krankenversicherungen vgl. auch Scheil-Adlung: Social Health Protection, 2004.16 Vgl. Interview mit Franz von Roenne (GTZ), 14.02.2008.17 Zum Thema „Gesundheitskarte“ hatte es bereits während der Asienkrise ein Vorläuferprogramm gegeben, das mit den gleichen
Problemen zu kämpfen hatte wie jetzt ASKESKIN. Vgl. Pradhan et al.: Health card, 2007.18 Vgl. ,SBY orders improvement to Askeskin insurance scheme’, 21.02.2008, S. 9.
ACTION FOR GLOBAL HEALTH | 7
verantwortlich ist. Es ist unklar, wer den Kran-
kenhäusern entstandene Kosten erstatten wird,
so dass diese in vielen Fällen dazu übergehen,
Menschen mit ASKESKIN abzuweisen.19 Auch für
das Jahr 2008 wurde zunächst nur der gleiche
Betrag wie 2007 bereitgestellt, benötigt würde
nach unabhängigen Berechnungen aber minde-
stens das Doppelte, so dass es wohl auch 2008
erneut Probleme geben wird.20 Schwierigkeiten
machen zudem die gerechte Zuteilung der Ge-
sundheitskarten und die fehlenden Informationen
auf unteren Ebenen.21 Eine Neuordnung der Fi-nanzierung des Gesundheitssystems ist somit
auf allen Ebenen dringend erforderlich. Mit dem
Gesetz 40/2004 hat die Regierung ihren deutli-
chen Willen gezeigt, bis 2009 eine umfassende
Sozialversicherung auf den Weg zu bringen und
aktuell wird intensiv unter anderem mit Exper-
ten der GTZ und der Weltbank an einem neuen
System gearbeitet.22 Insgesamt wurden in Ge-
sprächen mit NRO-Vertretern aber große Zweifel
deutlich, ob die aktuell geplante Einführung der
allgemeinen Versicherungspfl icht gelingen kann
vor dem Hintergrund der Korruptionsproblema-
tik und der Misserfolge mit den Versicherungen
ASKES und Jamsostek.23
19 Das protestantische Krankenhaus Bethesda in Yogyakarta hatte mit Einführung von ASKESKIN über 10% der 400 Betten für ASKESKIN-Versicherte zur Verfügung gestellt. Durch den fi nanziellen Druck wurde die Zahl der Betten wieder auf 15 reduziert. Vgl. Gespräch mit Direktor des Bethesda Krankenhauses und seiner Mitarbeiterin Sri Praptivinarni am 22. 2. 2008. Auch staatli-che Krankenhäuser weisen zum Teil ASKESKIN-Berechtigte ab oder diese werden stark diskriminiert, vgl. ,SBY orders improv-ment to Askeskin insurance scheme’, 21.02.2008, S. 9 und ,Free Health Care a Long Walk for the Poor’, 2008, S. 5.
20 Vgl. ,Premi Askeskin tetap, PT Askes Ditendang’, Feb. 2008, S. 41.21 Aus Sicht der in Yogyakarta tätigen NRO Lessan (unterstützt von terre des hommes Deutschland) liegen die Hauptprobleme der
ASKESKIN-Versicherung darin, dass die Auswahl der Berechtigten vom Dorfvorsteher getroffen wird. Es soll zahlreiche Fälle gegeben haben, in denen die Versicherungskarten an relativ wohlhabende Menschen verkauft wurden. Ein weiteres Problem ist, dass ASKESKIN an den Besitz eines Personalausweises geknüpft ist – gerade die Ärmsten wie z.B. Obdachlose, Drogen-gebraucher und Straßenkinder sowie in geringerem Maße Binnenmigranten verfügen aber über diese Voraussetzung zumeist nicht. Schließlich mangelt es an einer umfassenden Informationspolitik, denn noch immer gibt es viele Dorfvorsteher, die das Programm nicht kennen. Vgl. Interview mit Ibu Henni (Lessan), 20.02.2008.
22 Bisher entspricht man dem selbst gesetzten Zeitplan und hat im Februar 2008 ein Konsortium bestehend aus zahlreichen Ent-scheidungsträgern gebildet, um die weitere Planung der allg. Krankversicherung voran zu bringen. Vgl. Interview mit Franz von Roenne (GTZ), 14.02.2008. Vgl. auch Kementrian Koordinator/GTZ: Social Security System Reform, 2006.
23 Vgl. u. a. das Gespräch mit dem Leiter der größten im Gesundheitsbereich tätigen NRO Yakkum, Dr. Sigit Wijayanta, 20.02.2008.
24 Vgl. WHO: Country Health System Profi l. Auf Seite 2 befi ndet sich eine gute Graphik, die den Aufbau des Gesundheitssystems visualisiert.
3.2 Aufbau des Gesundheitssystems
Aktuell stellt das Gesundheitszentrum auf Sub-Distriktebene („Puskesmas“) das Kernstück des
Gesundheitssystems dar und es sollte in jedem
Sub-Distrikt mit mindestens einem ausgebildeten
Arzt vorhanden sein. Dazu gehören in der Regel
noch zwei bis drei Sub-Zentren, die von einer
Krankenschwester betreut werden. Auf der Dorf-
ebene existiert theoretisch noch eine Familien-
Gesundheitseinrichtung („Posyandu“), die aber
von der Dorfgemeinschaft selbst organisiert
werden muss.24 Letztere soll jeweils von einer
Hebamme betreut werden, die auch ernsthafte
Gesundheitsprobleme erkennen und Menschen
an übergeordnete Gesundheitseinrichtung über-
weisen soll. Ein Problem dieses Systems sind
die festgestellten Mängel in vielen „Puskesmas“,
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8 | DAS BEISPIEL DER ZUSAMMENARBEIT VON DEUTSCHLAND UND INDONESIEN IM GESUNDHEITSSEKTOR
die gehäuft vor allem in abgelegenen Regionen
auftreten. Aktuelle Daten gehen davon aus,
dass knapp 45 Prozent aller „Puskesmas“ in der
Ausstattung Mängel aufweisen, fast 15 Prozent
weisen sogar schwere Mängel bis zur Funktions-
unfähigkeit auf.25 Dementsprechend sind Erfolge,
wie z.B. bei der Kindersterblichkeit unter fünf
Jahren, sehr kritisch zu bewerten, wenn man die
25 Vgl. Hartono: Puskesmas, Feb. 2008, S. 31.26 Vgl. WHO: Indonesia, National Health System Profi le, S. 26 und Bank Dunia: Improving Indonesia’s Health Outcomes, S. 1.27 Siehe auch Koblinsky: Reducing Maternal Mortality, 2003, S. 113-121.28 Die Dichte von Gesundheitspersonal ist auch im asiatischen Vergleich sehr niedrig, so ist ein „Puskesmas“ mit einem Arzt für
bis zu 242 Quadratkilometer zuständig. Vgl. Weltbank: Indonesia Public Expenditure, 2007, S. 67.29 Vgl. WHO: Indonesia, National Health System Profi le, S. 3630 Vgl. ,Mempersiapkan bidan di era otonomi’, Feb. 2008, S. 17-19. Dort heißt es, dass 70% der Dörfer nach wie vor ohne Heb-
amme seien. Vgl. auch Hartono: Puskesmas, Feb. 2008, S. 32 und WHO: Using Human Rights for Maternal and Neonatal Health, 2006, S. 20. Zu der schlechten Ausbildung der vorhandenen Hebammen und ihren zu kurzen Aufenthalten in den Dör-fern vgl. auch Interview mit Ute Jugert und Loesje Sompie (GTZ), 14.02.2008 und Laura Guarenti (WHO), 15.02.2008.
31 Vgl. IRRMA: Indonesia’s NGO Country Report, 2004, S. 32-35. Unterschätzt wird vermutlich die Zahl der Todesfälle nach illega-len Abtreibungen, die bis zu 17% ausmachen.
32 Vgl. z.B. Decree 131/MEN/KES/SK/II/2004 des vorherigen Gesundheitsministers Dr. Achmad Sujudi. In: MoH, National Health System, 2004, S. 6f. Ein neues Gesundheitsgesetz wurde vom Parlament eingereicht und wird im Gesundheitsministerium aktuell bearbeitet. Vgl. Interview mit Sri Utari (IFPPD), 18.2.2008.
33 Vgl. Interview mit Franz von Roenne (GTZ), 14.02.2008 und Firman Lubis (KUIS), 14.02.2008.34 Vgl. WHO: Indonesia, National Health System Profi le, S. 25-26.35 Vgl. MoH: Guidelines for Establishing Alert Village, 2006. Zu den Problemen in der Konzeption und Umsetzung von „Desa
Siaga” siehe: Departement Kesehatan/GTZ: Desa Siaga, 2006, S. 6.36 Die im Raum Solo und Yogyakarta tätigen Gesundheits-NROs Yakkum und Lessan hatten noch nie von diesem Projekt gehört;
YIS hingegen setzte das Konzept im Auftrag der Regierung, aber auf eigene Kosten, in vier Dörfern in der Nähe Solos um, war aber der Auffassung, dass dieses Projekt niemals fl ächendeckend implementiert werden wird. Vgl. Interview mit Dr. Sigit Wija-yanta (Yakkum), 22.02.2008 und Ibu Henni (Lessan), 20.02.2008.
regionale (und schichtenspezifi sche) Verteilung
mit berücksichtigt. So tragen Kinder der ärmsten
Familien im Vergleich zu denen der reichsten das
vierfache Risiko, unter fünf Jahren zu sterben
und Menschen in ländlichen und abgelegenen
Regionen bleiben nach wie vor in überdurch-
schnittlichem Maße von Gesundheitsrisiken
betroffen.26
3.3 Gesundheitspersonal
Ein weiteres Problem stellen Qualität und Quan-tität des Gesundheitspersonals dar. Dem in-
donesischen Gesundheitssystem fehlt es an gut
ausgebildetem Personal, vor allem an Hebam-
men, die als Schlüsselfi guren benötigt werden.27
Zum anderen leidet das System unter der Kon-
zentration des Personals in den größeren Städ-
ten sowie an einer hohen Personalfl uktuation in
allen Bereichen.28 Auf Grund der geringen staat-
lichen Entlohnung gehen über drei Viertel aller
im Gesundheitsbereich Tätigen zusätzlich einer
privaten Beschäftigung nach – was ihre Verfüg-
barkeit im staatlichen Dienst deutlich verringert.29
Viele der in abgelegenen Regionen arbeitenden
Hebammen, aber auch Krankenschwestern und
Ärzte, wandern zudem innerhalb kurzer Zeit wie-
der in besiedeltere Gegenden ab, da sie in den
Dörfern unzureichende Möglichkeiten haben, ihr
geringes staatliches Einkommen aufzubessern
oder, wie eigentlich vom Staat vorgesehen, nach
einigen Jahren kostendeckend arbeiten kön-
nen.30 Diese Faktoren erklären die nach wie vor
hohe Müttersterblichkeit, die in hohem Maße auf
Komplikationen während Schwangerschaft und
Geburt zurückzuführen ist.31
3.4 Politische Vorgaben und Entwicklungen
Angesichts der zahlreichen hier kurz skizzierten
Probleme, zu denen aber auch noch Korruption
und der Zusammenbruch einer zuverlässigen
Datenerhebung zählen, ist das Gesundheits-
system ins politische Blickfeld in Indonesien
geraten. Diverse Gesetze32 und eine vom Präsi-
denten angeordnete prinzipielle Überprüfung des
Gesundheitssektors sollen zu einer Verbesserung
desselben führen. Man beabsichtigt unter ande-
rem eine Umstrukturierung des Gesundheitsmini-
steriums, damit es den neuen Aufgaben im Zu-
sammenhang mit der Dezentralisierung gerecht
werden kann.33
Mit der Formulierung mehrerer langfristiger Stra-
tegiepläne versucht die indonesische Regierung
entsprechend eine rote Linie in die Entwicklung
des Gesundheitssektor zu bringen. So enthält
der „Nationale langfristige Entwicklungsplan 2005-2025“ der Nationalen Agentur für Entwick-
lungsplanung BAPPENAS einen Abschnitt zum
Gesundheitssektor, der vom „Langfristigen
Entwicklungsplan für den Gesundheitssektor 2005-2025” des Gesundheitsministeriums ge-
nauer ausgeführt wird. Mittelfristig gibt es den
Plan „Gesundes Indonesien 2010“ des Gesund-
heitsministeriums. Hierin werden grundlegende
Veränderungen angestrebt, vor allem die Stär-
kung der Krankheitsprävention.34
Die Stärkung des Präventionsgedankens fi ndet
seinen Niederschlag auch in dem Programm
„Desa Siaga“ (Wachsames Dorf) aus dem Jahr
2005, in dem es um die Stärkung der untersten
Ebene im Gesundheitssystem und hier vor allem
um eine Stärkung der Betroffenen geht.35 Dieses
Konzept, das bis einschließlich 2008 in allen
80.000 Dörfern Indonesiens umgesetzt sein soll-
te, ist allerdings zum Teil auf Distriktebene noch
gar nicht bekannt.36 Damit zeigt „Desa Siaga“
sehr deutlich die große Diskrepanz zwischen
theoretischen Programmen und tatsächlicher
Implementierung.
ACTION FOR GLOBAL HEALTH | 9
4. Überblick über Stakeholder und Initiativen im Gesundheitssektor
4.1 Der Staat
Prinzipiell versucht Indonesien die Entwicklung
des Landes zunehmend selbst zu bestimmen,
jüngstes Beispiel ist die Ausbezahlung des In-
ternationalen Währungsfonds und die damit
einhergehende ‚Verabschiedung’ der „Konsulta-
tiv-Gruppe zu Indonesien“ im Jahr 2007.37 Eine
eigene Koordinierung der Entwicklungszusam-
menarbeit sowohl innerhalb der Ministerien und
Behörden als auch der internationalen Geber
wird seither schrittweise von dem zuständigen Planungsministerium – BAPPENAS – aufge-
baut. Projekte mit ausländischer Finanzierung
müssen seit 2007 zunächst zentral von BAPPE-
NAS genehmigt und in das sog. „Blaue Buch“
eingetragen werden, bevor die zuständigen Mi-
nisterien die Details mit den Gebern absprechen
können.38
Um der unklaren Zuteilung von Zuständigkeiten
an die nationale, Provinz- und Distriktebene im
Gesundheitssektor zu begegnen, fordern sowohl
BAPPENAS als auch das nationale Parlament
seit einiger Zeit eine Umgestaltung des Gesund-
heitsministeriums und ein neues Gesundheitsge-
setz. An beidem wird aktuell gearbeitet, jedoch
gegen den Widerstand innerhalb des Ministe-
riums, das eine damit einhergehende Schwä-
chung fürchtet.39
Das Gesundheitsbudget ist in den letzten Jahren
kontinuierlich gestiegen, liegt aber immer noch
unter fünf Prozent der gesamten öffentlichen
Ausgaben:
2001 2002 2003 2004 2005 2006* 2007*
Ausgaben für Gesundheit in Bill. IRP** 9,3 9,8 13,4 14,0 15,9 20,1 23,2
Prozent der öffentl. Gesamtausgaben 2,6 3,2 3,9 4,0 4,2 4,5 4,9
Ausgaben für Gesundheit in Mrd. Euro*** 0,7 0,7 0,9 1,0 1,1 1,4 1,6
Quelle: WB: Public Expenditure Review 2007, S. 23, eigene Berechnungen.
*Hochrechnungen, **zu konstanten 2000-Preisen, ***Wechselkurs 1. Quartal 2007 0,00007 IRP zu 1 Euro.
4.2 Multilaterale Geber
Insgesamt gilt, dass der fi nanzielle Beitrag von
ausländischer Seite für den indonesischen Ge-
sundheitssektor in den letzten Jahren auf ledig-
lich sechs Prozent gefallen ist und somit von
indonesischer Seite als nicht mehr sehr relevant
betrachtet wird.40
Diverse multilaterale Geber sind in Indonesien
aktiv, ziehen sich jedoch in zunehmendem Maße
aus der Implementierung von Gesundheitspro-
jekten zurück und beschränken sich im Gesund-
heitsbereich auf Politikberatung und ‚Advocacy’-
Arbeit, so z. B. WHO, Weltbank, Asiatische Ent-
wicklungsbank, UNFPA und UNDP.
37 Diese Gruppe hätte ein sehr gutes Forum zur Geberkoordinierung sein können, wurde aber als Instrument des umstrittenen IWF von der indonesischen Regierung abgelehnt. Vgl. GTZ/BMZ: Poverty Reduction, 2005.
38 Vgl. Interview mit Dr. Widiyarti (MoH), 20.02.2008. Der Prozess wird allerdings noch als zu langwierig und zu komplex beklagt, vgl. z.B. Interview mit lokalen Distrikt- und Provinzbeamten am 22.02.2008.
39 Vgl. Interview mit Sri Utari (IFPPD), 18.02.2008.40 Dies ist eine neuere Entwicklung. In den Jahren nach der Asien-Krise spielte ausländische Unterstützung eine sehr viel größere
Rolle im Gesundheitsbudget.
10 | DAS BEISPIEL DER ZUSAMMENARBEIT VON DEUTSCHLAND UND INDONESIEN IM GESUNDHEITSSEKTOR
D2H-InitiativeBei dieser Initiative sollen durch Schuldenerlass frei werden-
de Gelder dem Gesundheitssektor und hier vor allem der Be-
kämpfung der drei großen Krankheiten HIV&AIDS, Malaria und
Tuberkulose zu Gute kommen. Deutschland und Indonesien
gehören zu den Pilotländern und haben im September 2007 eine
Vereinbarung unterzeichnet, die vorsieht, dass Indonesien 50
Millionen Schulden erlassen werden, von denen die Hälfte dem
Gesundheitssektor zur Verfügung gestellt werden soll. Allerdings
soll dieses Geld durch den GF kanalisiert werden, so dass Indo-
nesien nur über einen regulären Antrag Zugang dazu bekommt.
Dieser Antrag aus Runde 7 wurde jedoch Ende 2007 auf Grund
qualitativer Mängel vom Expertengremium des GF abgelehnt. Die
indonesischen NRO vermuten jedoch, dass die Ablehnung auch
in Zusammenhang mit Korruptionsvorwürfen stehen könnte. (Vgl.
u.a. Interview mit Firman Lubis (KUIS/CCM), 14.04.2008.) Doch
Tatsache ist, dass dringend benötigte Gelder zur Verhinderung
der weiteren Ausbreitung von HIV&AIDS sich im Haushalt des GF
befi nden, ohne dass die indonesische Regierung Zugang dazu
hat. (Vgl. Federal Republic of Germany: Memorandum 2007.)
Von den bilateralen Gebern sind nur noch wenige
in nennenswertem Maße im Gesundheitssektor
aktiv: Deutschland, Großbritannien, Japan, Australien und die USA.
Der GFATM ist in Indonesien vertreten; für jede der drei Krankheiten hat Indonesien in zwei Runden Anträge genehmigt bekommen.41 Der Antrag in Runde 7 im Jahr 2007 für eine große HIV&AIDS Komponente wurde allerdings auf Grund qualitativer Mängel erneut abgelehnt, was nur schwer nachvollziehbar war vor dem Hin-tergrund der neu ins Leben gerufenen „Debt To Health Initiative“ (D2H, s. Kasten).42
Es ist wahrscheinlich, dass GAVI in Indonesien eine verstärkte Rolle spielen wird. Der eigentlich für Impfkampagnen angelegte Fonds hat ein Budget dafür bereitgestellt, allgemeine Engpässe in Gesundheitssystemen zu überwinden. Indone-sien erfüllt die Kriterien für einen Antrag auf rund 11,5 Mio. USD/Jahr für fünf Jahre und hat im März 2008 mit einem Komitee aus Mitarbeitern des Gesundheitsministeriums und internationalen Beratern (Koordinationskomitee für den Gesund-heitssektor, HSCC) einen diesbezüglichen Vor-schlag erarbeitet.43
4.3 Deutschland und andere bilaterale Geber
Folgende Tabelle zeigt die deutsche gesund-
heitsrelevante ODA der vergangenen Jahre in
USD:44
2002 2003 2004 2005 2006
2,4 Mio. 21,4 Mio. 7,9 Mio. 37,8 Mio. 61,9 Mio.*
(Daten aus der DAC-Datenbank, OECD, Stand 05.02.2008, commitment constant 2005)
Bei den jüngsten Regierungsverhandlungen im
Herbst 2007 wurde ein Volumen von insgesamt
86 Millionen Euro ODA beschlossen, hiervon
fl ießen nur noch zwei Millionen für gesundheits-
bezogene Politikanalyse und drei Millionen für
Veterinär–Vogelgrippe in den Gesundheitsbe-
reich.45
Bis 2007 war das Thema Gesundheit ein so-
genannter Schwerpunkt der deutsch-indonesi-
schen Zusammenarbeit, wobei andere Schwer-
punkte in deutlich höherem Maße fi nanziert
wurden. Im Gesundheitsbereich sind sowohl die
Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit
(GTZ) als auch die Kreditanstalt für Wiederaufbau
(KfW) in diversen Projekten aktiv.46
Die vier Gesundheitsprojekte der GTZ – Politi-
kanalyse und Politikformulierung im Gesund-
heitssektor (PAF), Entwicklung eines sozialen
Krankenversicherungssystems (SHI), Verbesse-
rung des Gesundheitswesens in den Provinzen
NTB und NTT (SISKES)47 sowie Personalplanung
und –entwicklung im Gesundheitssektor (HRD)
waren ursprünglich als übergreifendes Programm
zur Entwicklung des Gesundheitssektors ge-
dacht, wurden schließlich jedoch als Einzelpro-
jekte durchgeführt.48
In einem umfassenden Mehrebenenansatz
werden in diesen Projekten Behörden auf na-
tionaler, regionaler und lokaler Ebene beraten,
Planungsinstrumente eingeführt, Standards für
Budgetierung, Aus- und Fortbildung von Arbeits-
kräften sowie die Akkreditierung von Trainings-
institutionen geschaffen sowie Anreizsysteme
sowohl für die Arbeitsmotivation an sich als auch
die Bereitschaft, in abgelegenen Gegenden zu
41 Vgl. www.theglobalfund.org/programs/countrysite.aspx?lang=en&countryID=IND.42 Kritisch zum CCM in Indonesien äußert sich Chris Purdy (DKT), 18.02.2008.43 Vgl. Interview mit Dr. Widiyarti (MoH), 19.02.2008, Mohammad Shajahan (WHO), 15.02.2008 und Claudia Rokx (WB),
19.02.2008. Zu HSCC s. Kap. 3.4.44 Die Schwankungen lassen sich durch den zweijährigen Turnus der Regierungsverhandlungen und die entsprechend gemachten
Zusagen erklären, ein Teil des Anstiegs ist auch auf den Tsunami zurückzuführen. Auch wenn die Steigerung zunächst einmal beeindruckend scheint, so muss hier konstatiert werden, dass der bei weitem größere Teil der deutschen ODA an Indonesien in andere Bereiche fl ießt. Zur Illustration: Im Jahr 2005 betrug die gesamte deutsche ODA-Zahlung 250 Mio. Euro, hiervon gingen lediglich 10-15% in den Gesundheitsbereich. Quelle: DAC, OECD-Datenbank.
45 Vgl. Gespräch mit Volker Sowade, BMZ 17.1.2008.46 Ergänzt wird dieses Engagement weiterhin von InWent und DED.47 Vgl. Schmidt-Ehry, SISKES Plus, 2008.48 Vgl. Interview mit Franz von Roenne (GTZ), 14.02.2008.
ACTION FOR GLOBAL HEALTH | 11
arbeiten, eingeführt. Die GTZ orientiert sich in
diesem Vorhaben an politischen Vorgaben des
Gesundheitsministeriums und setzt mit einigen
Anpassungen dessen Programme (z.B. „Wach-
sames Dorf“) um. Hierbei arbeitet sie in Ost- und
West-Nusa-Tenggara mit dem Sektorprogramm
Gesundheit (SPH) der KfW zusammen.49
Hinzu kommen von deutscher Seite Aktivitäten
der KfW, die mehrere Krankenhäuser in Java,
Sumatra und Süd-Sulawesi mit medizinischen
Geräten ausstattet und Fortbildungen zu deren
Nutzung und Wartung veranstaltet, Maßnahmen
der HIV&AIDS-Prävention vor allem über eine
indonesische NRO (Sozialmarketing von Kon-
domen) fi nanziert sowie Labordiagnostikgeräte
für ein fl ächendeckendes Früherkennungs- und
Überwachungssystem für Vogelgrippe liefert.50
Untenstehende Tabelle illustriert das Engage-
ment anderer bilateraler Geber im Gesundheits-
bereich in USD.
Nur im Fall von Australien herrscht Gewissheit,
dass ein langfristiges Engagement im Gesund-
heitsbereich beabsichtigt ist. Allerdings konzen-
triert sich AusAID in den Projekten sehr auf die
Bekämpfung von Infektionskrankheiten, deren
verstärkte Ausbreitung und Festsetzung im
Nachbarland verhindert werden sollen. So hat
Außenminister Stephen Smith im Februar 2008
weitere 40 Millionen A$ (knapp 24 Mill. Euro) für
die Prävention und Behandlung von HIV & AIDS
zugesagt und Australien ist zudem sehr aktiv im
Kampf gegen die Vogelgrippe.51
Bei anderen Akteuren ist nicht klar, in welchem
Maße sie sich weiterhin im Gesundheitsbereich
in Indonesien engagieren werden. Die britische
DFID hat sich beispielsweise seit einigen Jah-
ren aus der Implementierung von Projekten im
Gesundheitsbereich zurückgezogen, fi nanziert
seither aber ganz im Sinne der Geberkoordina-
tion Projekte anderer Länder mit, z.B. das GTZ
SISKES-Projekt (s.o.) sowie einige Projekte von
AusAID und UNICEF. Die Weiterführung dieser
Art der Kofi nanzierung steht allerdings aktuell in
Frage, da Großbritannien sich eventuell ganz aus
der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit mit
Indonesien zurückziehen wird.
UK Japan Australien USA
2005 65,4 Mio. 32,6 Mio. 28,6 Mio. 16,9 Mio.
2006 7,5 Mio. 1,7 Mio. 102 Mio. 21,2 Mio.
(Daten aus der DAC Datenbank, OECD, Stand 22.3.2008, commitment constant 2005)
4.4 Geberkoordinierung
In den vergangenen Jahren hat es verstärkt Be-
mühungen gegeben, die Geber untereinander
und in der Zusammenarbeit mit nationalen und
lokalen Behörden zu koordinieren. Gut funk-
tioniert hat dies bisher vor allem auf regionaler
Ebene in den Provinzen Ost- und West-Nusa
Tenggara. Hier hat die GTZ im Rahmen des
SISKES Projekts früh die Institutionalisierung
der Geberkoordinierung durch die Provinzregie-
rungen angeregt und unterstützt, so dass der
sog. Jour Fix mit Mitarbeitern der Behörden und
aller Geberorganisationen mittlerweile monatlich
stattfi ndet, Projekte abgestimmt und Aufgaben
verteilt werden.
Auf nationaler Ebene gestaltet sich die Zusam-
menarbeit und Koordinierung bisher schwie-
riger.52 So wurde ebenfalls auf Anregung der
GTZ, der WHO und der Weltbank 2006 vom
Gesundheitsministerium das „Forum Gesundes
Indonesien / Forum Healthy Indonesia“ gestartet,
das sich halbjährlich mit dringenden Problemen
im Gesundheitssektor befassen sollte. Seit Ende
2006 hat jedoch kein Treffen dieses Forums
stattgefunden, da das Ministerium keine Kapazi-
täten für die Vorbereitung bereitstellte und offen-
sichtlich den Nutzen als zu gering einstufte.53
Ein neuer Koordinierungsmechanismus ist durch
die notwendige Zusammenarbeit für den GAVI-
Antrag entstanden: Das vom Gesundheitsmini-
sterium eingerichtete „Koordinationskomitee für
den Gesundheitssektor (HSCC)“. Seit Januar
2008 besteht das Komitee offi ziell und soll
voraussichtlich in Zukunft nicht nur den GAVI-
Antrag, sondern auch weitere Kooperationen
im Gesundheitssektor steuern. Hier sind außer
Gremien des Ministeriums und allen im Gesund-
heitsbereich tätigen bilateralen und multilatera-
len Gebern auch Vertreter der Zivilgesellschaft
eingebunden.54 Die Funktionstüchtigkeit dieser
49 GTZ und KfW haben ebenfalls im Bereich Wasserversorgung zusammengearbeitet, allerdings befi nden sich die Projekte kurz vor dem Abschluss und haben für mehrere Hunderttausend Menschen die Versorgung mit sicherem Trinkwasser erreichen können. Ihr Finanzvolumen beträgt insgesamt 13 Mio. Euro.
50 Zu DKT vgl. Interview mit Chris Purdy (DKT), 18.02.2008. Ausgerechnet das Projekt zur Vogelgrippe wird trotz Beendigung des Schwerpunkts Gesundheit fortgeführt, obwohl in diesem Bereich die Australier sehr aktiv sind. Vgl. Interview mit Volker Sowade (BMZ), 17.01.2008 und mit Michelle Vizzard (AusAID), 15.02.2008.
51 Vgl. www.theglobalfund.org und Interview Michelle Vizzard (AUSAID), 15.02.2008 .52 Im Bereich der Dezentralisierung gibt es hingegen einen etablierten Mechanismus zur Geberkoordinierung. Vgl. Aid Effec-
tiveness Case Study, 2006.53 Vgl. Interview Ute Jugert und Loesje Sompie (GTZ), 14.02.2008. Einige nicht institutionalisierte Treffen haben zu spezifi schen
Themen stattgefunden, zum Beispiel zur Vogelgrippe, zu HIV oder reproduktiver Gesundheit. Vgl. Interview mit Michelle Vizzard (AUSAID), 15.02.2008.
54 Vorläufi ge Mitglieder des HSCC sind verschiedene Sektionen des Gesundheitsministeriums, Vertreter von UNICEF, WHO, ADB, EU, WB, JICA, AusAID, USAID, GTZ. Dazu religiöse NROs PDGI, Muslimat NU; Experten von IDAI, IBI, Universitäten; Vertreter von PATH und CARE Indonesia und von PKK und Pramuka. Vgl. Interview mit Mohammad Shajahan (WHO), 15.02.2008. Auffäl-lig ist, dass eine der größten NROs im Gesundheitssektor – YAKKUM – bisher nicht vertreten ist.
12 | DAS BEISPIEL DER ZUSAMMENARBEIT VON DEUTSCHLAND UND INDONESIEN IM GESUNDHEITSSEKTOR
neuen Institution bleibt abzuwarten, wird aber
von internationaler Seite vorsichtig optimistisch
bewertet.55
4.5 NROIn der Reformära nach dem Rücktritt Suhartos
haben die indonesischen NRO einen deutlich
größeren Spielraum. Diverse NRO mit recht
unterschiedlichem Hintergrund sind im Gesund-
heitsbereich in Indonesien tätig. Sie haben sich
vor einigen Jahren zu dem Bündnis „Koalisi
untuk Indonesia Sehat“ (KUIS - Koalition für ein
gesundes Indonesien) zusammengeschlossen).
Das Bündnis umfasst mehrere hundert Organi-
sationen, doch leider scheint es nach diversen
Treffen auf nationaler Ebene auf Grund von Geld-
mangel nicht mehr aktiv zu sein.56
Die Arbeit der NRO ist in den meisten Fällen
nicht oder unzureichend mit der Arbeit staatli-
cher Stellen verknüpft, da die Behörden in vielen
Fällen kein Interesse an der Zusammenarbeit
haben. Wenn NRO in Kooperation mit staat-
lichen und internationalen Akteuren handeln,
dann wird zumeist ihre Kapazität als Durchführer
oder als Informationsbeschaffer benötigt. Auch
die internationalen Organisationen kooperieren
nur in eingeschränktem Maße mit den NRO und
ebenfalls bevorzugt in der Implementierung. Bei
diesem Vorgehen können sie sich problemlos auf
ihre staatlichen Partner berufen. Da die NRO mit
anderen Partnern kooperieren müssen, um ihre
Finanzierung zu sichern, haben sie schlichtweg
keine Möglichkeit, andere Bedingungen der Zu-
sammenarbeit einzufordern.
Die Zivilgesellschaft in Indonesien hat somit eine
Stimme, kann sich aber bei den entsprechenden
Stellen nicht ausreichend Gehör verschaffen. Ihre
Position wird weiter dadurch geschwächt, dass
staatliche Stellen zivilgesellschaftlichen Grup-
pierungen nicht die für ihre Arbeit notwendigen
Informationen zur Verfügung stellen.
Zudem fehlt dringend ein institutionalisierter
Mechanismus, über den die verschiedensten
Akteure Rechenschaft über ihre Arbeit ablegen
und über den zivilgesellschaftliche Vertreter
Beschwerde gegen Interventionen einlegen kön-
nen.57 Dies ist besonders bedauerlich, da gerade
zivilgesellschaftliche Gruppierungen eine wichti-
ge Rolle bei gesellschaftlichen Veränderungspro-
zessen spielen können.
55 Vgl. Interviews mit Mohammad Shajahan (WHO), 15.02.2008, Michelle Vizzard (AUSAID), 15.02.2008, Claudia Rokx (WB), 19.02.2008.
56 Vgl. Interview mit Nefos Daeli (PELKESI), 19.02.2008, Sigit Wijayanto (YAKKUM), 22.02.2008 und mit Pak Agung (YIS), 21.02.2008.
57 Vgl. Interviews mit Firman Lubis (KUIS), 14.02.2008, Chris Purdy (DKT), 18.02.2008, Nefos Daeli (PELKESI), 19.02.2008.
ACTION FOR GLOBAL HEALTH | 13
5. Analyse des Gesundheitssektors
Im Anschluss an die vorangehenden Überblicks-
kapitel werden in diesem Kapitel die wichtigsten
5.1 Qualität des Gesundheitspersonals
Die Qualität des Gesundheitspersonals ist ein
großes Problem, vor allem in ärmeren und entle-
genen Gebieten. Noch immer hat die Regierung
kein vernünftiges Anreizsystem für junge Ärzte,
Krankenschwestern und Hebammen geschaffen,
auch mittelfristig in entlegenen Regionen zu ar-
beiten. Der Versuch, den Mangel durch höhere
Zahlen an Auszubildenden zu beheben, hat zu
sinkenden Qualitätsstandards geführt.
5.2 Dezentralisierung
Die Dezentralisierung hat zu einer deutlich
schlechteren Situation im Gesundheitswesen
geführt. Dies liegt u. a. daran, dass die Kompe-
tenzen der nationalen und der untergeordneten
Ebenen nicht ausreichend klar defi niert sind.
Eine Auswirkung der unklaren Struktur ist, dass
viele Distrikte ihre Ausgaben für Gesundheit auf
einem minimalen Niveau halten und zentrale
Aufgaben (z.B. Datenerhebung) nicht länger er-
füllen. Gleichzeitig übt die Zentralregierung, bei-
spielsweise durch ihr Dezentralisierungsbudget,
weiterhin einen starken Einfl uss in den Distrikten
aus. Zudem berichten viele Beobachter von ei-
nem signifi kanten Anstieg der Korruption im Zu-
sammenhang mit der Dezentralisierung.
Determinanten des Gesundheitssystems zusam-
mengefasst:
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14 | DAS BEISPIEL DER ZUSAMMENARBEIT VON DEUTSCHLAND UND INDONESIEN IM GESUNDHEITSSEKTOR
5.4 Mangelnde Kooperation mit anderen Akteuren
anderen Ministerien,59 aber auch innerhalb der
verschiedenen Abteilungen des Ministeriums.
Weiterhin scheint allgemeiner Konsens zu sein,
dass das Gesundheitsministerium zu den Mini-
sterien gehört, die stark von Korruption betroffen
sind.60
Begrüßenswert ist hingegen der zu beobach-
tende Paradigmenwechsel von kurativer zu prä-
ventiver Medizin, letztere wurde zuvor deutlich
vernachlässigt.
Anderen Akteure, wie z. B. NRO, werden in die
nationale Gesundheitspolitik nicht ausreichend
eingebunden – weder von staatlicher Seite noch
5.5 Governance im Gesundheitssektor
von Geberseite. Darüber hinaus fehlt es an einer
guten Vernetzung mit dem akademischen Be-
reich.
Der Großteil der Interviewpartner hat darauf
hingewiesen, dass das Gesundheitsministerium
eine relativ schwache Position im Kabinett inne-
hat und durch die umstrittene Person der Ge-
sundheitsministerin Dr. Siti Fadilah Supari weiter
geschwächt ist. Sie zeichnet sich zwar durch ein
bemerkenswertes Engagement aus (z.B. Einfüh-
rung von ASKESKIN), hat aber sowohl in der Re-
gierung als auch bei den Gebern auf Grund ihrer
unrealistischen Ideen eine schwierige Position.58
Es mangelt an funktionierender Kooperation mit
58 Bei den Gebern kommt hinzu, dass sich die Ministerin sehr nationalistisch gibt und zum Teil heftige Angriffe gegen die interna-tionalen Geber führt. Vgl. z.B. ihre jüngste Buchveröffentlichung: Saatnya Dunia Berubah! Tangan Tuhan di Balik Virus Flu Bu-rung (Time for the World to Change! God‘s Hand is behind the Avian Infl uenza Virus) und dazu: ,Indonesia accuses US of bird fl u plot’, 20.02.2008.
59 Vgl. Dott et al: Aid Effectiveness and Health, 2007, S. 4.60 Zu Schwächen des Gesundheitsministeriums vgl. u.a. Interview mit Chris Purdy (DKT), 18.01.2008.
5.3 Geberkoordinierung
Es gibt gute erste Ansätze zur Koordinierung der
Geber im Gesundheitssektor, am vielverspre-
chendsten scheint das neu etablierte Komitee
HSCC zu sein. Zudem ist es sicherlich hilfreich,
dass sich das Ministerium BAPPENAS um eine
stärkere Koordinierung der Geber insgesamt
bemüht. Auch die eigenen Bemühungen der
Geber um Harmonisierung sind deutlich sichtbar;
Schwierigkeiten treten hier allerdings oft noch
durch die verschiedenen Agenden und Anforde-
rungen der jeweiligen Geberregierungen an ihre
vor Ort tätigen Agenturen und Mitarbeiter auf.
ACTION FOR GLOBAL HEALTH | 15
6. Wirksamkeit der Hilfe
Die neuen Mechanismen zur Geberkoordinierung
(Harmonisierung) auf nationaler Ebene werden
von den deutschen Durchführungsorganisationen
vorsichtig optimistisch bewertet und es herrscht
die Ansicht vor, dass es zumindest mit der Poli-
tikformulierung und durch die von der Regierung
angeordnete Überprüfung des Gesundheitssek-
tors insgesamt in die richtige Richtung gehe.
Beispiel: Gute Geberkoordinierung und Eigenverantwor-
tung in Ost- und West-Nusa Tenggara
Die Projekte in den beiden Provinzen zeigen gute Resultate
in der Harmonisierung der verschiedenen Geber und bei der
Stärkung der lokalen Partner, die so von Anfang an die Ver-
antwortung für die Interventionen aktiv übernehmen. UNICEF
passt sich in das übergreifende Projekt der GTZ dort ein und
DFID hat in diesen Provinzen gar kein eigenes Projekt mehr
gestartet, sondern die Komponenten zur Mütter- und Kinder-
gesundheit in den Projekten von UNICEF und GTZ-SISKES
kofi nanziert. Auch der AusAID-Beitrag läuft über UNICEF.62
Gleichzeitig wurde ein Peer-Review vereinbart, indem AusAID
sowohl die Aktivitäten von UNICEF als auch der GTZ evaluiert.
Seit Herbst 2007 bemüht sich auch die japanische Entwick-
lungsagentur JICA, die eigenen Projekte stärker einzubinden
und will den übergreifenden Systemansatz für ihr Projekt in
Süd-Sulawesi übernehmen.63
Die meisten multi- und bilateralen Geber be-
vorzugen im Gesundheitssektor die klassische
Projekthilfe, gelegentlich zusammengeführt zu
Programmen, oder fi nanzieren Studien, die der
Regierung zu einer besseren empirischen Basis
für Entscheidungen verhelfen sollen. Außerdem
umfasst ihre Tätigkeit Beratungs- und Advocacy-
Arbeit.
Die indonesische Regierung beklagt in diesem
Zusammenhang zwei Dinge: Zum einen, dass
sich die ausländischen Geber der größeren Ein-
fachheit halber zu stark auf „physical things“
konzentrierten, also lieber Krankenhäuser bauen
als Systemhilfe zu leisten, und zum zweiten,
dass es zu viele vertikale und fragmentierte
Kleinprojekte gebe.
Im Sinne einer besseren Eigenverantwortung
(ownership) bemüht sich die Regierung seit eini-
gen Jahren um eine verstärkte Lenkung der Hilfe
in ihrem Sinne, z.B. durch die Einführung des
„Blauen Buches“ und durch die Aufforderung an
die Provinzen, eigene strategische Pläne für den
Gesundheitssektor zu erarbeiten.61 Damit fordert
die indonesische Regierung, dass man ihr die
Eigenverantwortung (ownership) auch zugesteht
und gibt die Maßnahmen zur Entwicklung des
Landes inklusive des Gesundheitssektors zu ei-
nem gewissen Maße vor. Geber sind hier stärker
gefordert, sich an den nationalen Plänen ihres
Partners auzurichten (alignment).
6.1 Wirksamkeit der Hilfe am Beispiel von Deutschland in Indonesien
Wie im „Action For Global Health“-Bericht aus
dem Jahr 2007 deutlich konstatiert wurde, ist
Deutschlands Engagement im Gesundheitsbe-
reich sehr begrenzt.64 Gerade in der bilateralen
Zusammenarbeit ist Gesundheit nur noch bei
höchstens 14 Ländern ein Schwerpunkt. Dies wi-
derspricht den Aussagen des BMZ, sich stärker
in der Bekämpfung von HIV&AIDS und anderen
Infektionskrankheiten engagieren zu wollen. Ent-
sprechend beläuft sich die thematische Zielgröße
für den Gesundheitsbereich für das Jahr 2008
auf 500 Mio. Euro, wobei hier wohlgemerkt auch
die Beiträge an multilaterale Organisationen wie
den GFATM enthalten sind. Mit diesem Betrag
werden alle Interventionen im Bereich der Infekti-
onskrankheiten aber auch zur Verbesserung der
sexuellen und reproduktiven Gesundheit fi nan-
ziert.65
61 Vgl. Bakti Husada/NTB: Provincial Health Masterplan, 2006, und Interview mit Dr. Widiyarti (MoH), 19.02.2008.62 Vgl. Schmidt-Ehry: SISKES Plus, 2008, S. I.63 Vgl. Interview mit Gertud Schmidt-Ehry (GTZ), 22.02.2008 und Tomoko Hattori (JICA), 15.02.2008.64 Vgl. Action for Global Health: Gesundheit in Gefahr, 2007, S. 48-51.65 Vgl. Interview mit Bernhard Kühn (BMZ), 17.01.2008.
16 | DAS BEISPIEL DER ZUSAMMENARBEIT VON DEUTSCHLAND UND INDONESIEN IM GESUNDHEITSSEKTOR
Vor diesem Hintergrund ist es nur schwer nach-
vollziehbar, dass auch in Indonesien Gesund-
heit als Schwerpunkt in der Zusammenarbeit
im Herbst 2007 gestrichen wurde, zumal diese
Entscheidung der deutschen Regierung im
Gegensatz zur Pariser Erklärung steht, da sie
das zentrale Kriterium der Eigenverantwortlich-
keit (ownership) nicht ausreichend respektiert.
Zwar beruft man sich im Ministerium auch auf
die Deklaration, um die Konzentration auf drei
Schwerpunktbereiche im Sinne der Arbeitstei-
lung zur rechtfertigen, doch dürfen hierbei eben
nicht die anderen Punkte der Deklaration außer
Acht gelassen werden. Die Entscheidung gegen
die Fortführung der Zusammenarbeit im Gesund-
heitsbereich wurde nicht im Sinne der indone-
sischen Regierung getroffen, die ihre Prioritäten
Gesundheit, Bildung und Transport in minde-
stens zwei Briefen im Vorfeld der Regierungsver-
handlungen, durch die Verschiebung derselben
sowie durch ihre Aussagen während der eigent-
lichen Verhandlungen deutlich gemacht hat.66
Eine Evaluierung der deutschen Projekte im Ge-
sundheitssektor in Indonesien hat zudem nicht
stattgefunden; die fachliche Einschätzung durch
lokale Projektmitarbeiter von GTZ und KfW wur-
de nicht angemessen berücksichtigt. Ebenfalls
wurden im Vorfeld keine Verhandlungen mit an-
deren Gebern geführt, in welcher Form der deut-
sche Ausstieg aus dem Gesundheitssektor auf-
gefangen oder die Nachhaltigkeit gewährleistet
werden könnte.67 Im Gegenteil äußerten diverse
Gesprächspartner die Befürchtung, dass auch
andere Geber in naher Zukunft ihr Engagement
im Gesundheitsbereich einschränken könnten.
Ganz konkret werden überdies nach Beendigung
der deutschen Projekte auch aktuell genutzte
Möglichkeiten der Kofi nanzierung wegfallen.68
Die Entscheidung der deutschen Regierung ist
umso weniger nachvollziehbar, wenn man sieht,
wie erfolgreich gerade die deutschen Projekte
nach Meinung aller Befragten in Indonesien im
Gesundheitssektor sind. Die Rolle der deutschen
Durchführungsorganisationen bei der Umset-
zung nationaler und regionaler Programme (z.B.
„Wachsames Dorf“, Vorgaben aus „Gesundes
Indonesien 2010“ oder lokale Gesundheitspläne)
wird in Indonesien sehr positiv bewertet. Das
gilt auch für die erforderlichen Rückmeldungen
an die Zentralregierung („Alignment“) und das
Anstoßen der Geberkoordinierung („Harmoni-
sation“). Der in NTT und NTB etablierte „Jour
fi x“ ist ein hervorragendes Beispiel hierfür. Ganz
konkrete Geberkooperation fi ndet ebenfalls unter
deutscher Beteiligung statt – z.B. die Kofi nan-
zierung durch DFID im SISKES-Projekt und die
Einordnung der UNICEF-Projekte in dieses Pro-
jekt durch AusAID.69 Hier wird klar, dass andere
Geber die Qualität des Projektes sehen und mit
unterstützen wollen.
Natürlich leistet Deutschland auch über multila-
terale Mechanismen, z.B. über die D2H-Initiative
des GFATM, Unterstützung im Gesundheits-
bereich. Aufgrund der geschilderten Probleme
können jedoch die durch den Schuldenerlass
zur Verfügung gestellten Gelder in keinem Fall
deutsche Projekte ersetzen. Zum einen ist nicht
klar, wann Indonesien einen akzeptablen Antrag
einreichen wird, um die Gelder beim GFATM ab-
rufen zu können, zum anderen wird die themati-
sche Ausrichtung eine andere sein und sich eher
auf vertikale Interventionen im Bereich der drei
großen Infektionskrankheiten beschränken.
In Indonesien wird nach wie vor die technische
Unterstützung durch Geber nachgefragt und ge-
schätzt.70 Von indonesischen Interviewpartnern
ist immer wieder geäußert worden, dass Finanz-
mittel zwar wichtig seien, alleine die Probleme
aber nicht lösen werden. Diese Nachfrage nach
technischer Unterstützung sollte im Interesse der
Empfängerländer berücksichtigt werden.
66 Vgl. Summary Record of the Negotiations on Development Cooperation, Oct. 2007, Kap. 2.1.2.67 Interview mit Franz von Roenne (GTZ, 14.2.2008 und Michelle Vizzard (AusAID, 15.2.2008), die beide den Rückzug DFIDs für
gesichert sahen. Laut Dr. Widiyarti (MOH), 19.2.2008 wird auch JICA die Zusammenarbeit reduzieren.68 Vgl. z.B. Interview mit Gabriel Kennenbudi (GTZ), 13.02.2008. Eine Erhöhung hat nur Australien angekündigt, und diese auch
hauptsächlich im Bereich der Bekämpfung von HIV/AIDS. Vgl. Interview mit Michelle Vizzard (AUSAID), 15.02.2008. Die Sorge, die die Entscheidung der Bundesregierung auf regionaler Ebene auslöst, und die Wertschätzung der deutschen Projekte im Gesundheitssektor wurden sehr deutlich ausgedrückt in dem gemeinsamen Gespräch mit Provinz- und Distriktbeamten am 22.02.2008 in NTB und lassen sich auch an dem uns vorliegenden Schreiben der Provinz-Planungsbehörde von NTB vom 05.02.2008 ablesen, in dem diese alle Distrikte auffordert, dringend weitere Förderung zu beantragen.
69 Vgl. Schmidt-Ehry, SISKES Plus, 2008, S. I und Interview mit Michelle Vizzard (AUSAID), 15.02.2008.70 Dies wurde von der überwältigenden Mehrheit der indonesischen Interviewpartner so gesehen.
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18 | DAS BEISPIEL DER ZUSAMMENARBEIT VON DEUTSCHLAND UND INDONESIEN IM GESUNDHEITSSEKTOR
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ACTION FOR GLOBAL HEALTH | 19
8. Verwendete Akronyme
ADB Asian Development Bank
APBD Anggaran Pendapatan Belanja Daerah (Regional Government Budget)
ASKES Asuransi Kesehatan (Health Insurance)
ASKESKIN Assuransi Kesehatan Masyarakat Miskin (Health Insurance for the Poor)
AusAID Australian Agency for International Development
BAPPEDA Badan Perencanaan Pembangunan Daerah (Development Planning Agency at SubNational Level)
BAPPENAS Badan Perencanaan Pembangunan Nasional (Planning Ministry Indonesia)
BMZ Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
DEPKES Department Kesehatan (MOH)
DFID Department for International Development (UK)
GAVI Global Alliance for Vaccines and Immunization
GDP Gross Domestic Product
GFATM Global Fund to fi ght HIV&AIDS/AIDS, Tuberculosis and Malaria
GTZ German Technical Assistance Agency
HI 2010 Healthy Indonesia 2010
IWF Internationaler Währungsfond
JICA Japan International Cooperation Agency
MCH Maternal and Child Health
MDG Millennium Development Goals
MOF Ministry of Finance
MOH Ministry of Health
NRO Nichtregierungsorganisation
PD Paris Declaration
PRSP Poverty Reduction Strategy Paper
NTB Nusa Tenggara Barat (West Nusa Tenggara Province)
NTT Nusa Tenggara Timur (East Nusa Tenggara Province)
POSYANDU Pos Pelayanan Terpadu
PUSKESMAS Pusat Kesehatan Masyarakat (Community Health Center)
PUSTU Puskesmas Pembantu (Community Health Sub-center)
USAID United States International Assistance Agency
WB World Bank
WHO World Health Organization
20 | DAS BEISPIEL DER ZUSAMMENARBEIT VON DEUTSCHLAND UND INDONESIEN IM GESUNDHEITSSEKTOR
9.2 GesprächspartnerInnen
In Deutschland:
BMZ, Volker Sowade, Regionale Entwicklungspolitik Südostasien, 17.01.2008.
BMZ, Bernhard Kühn, Abteilung Bildung und Gesundheit, 17.01.2008.
GTZ, Nicole Lindau, Gesundheitsprojekte in Indonesien, 18.1./24.1.2008 (Telefoninterview)
GTZ, Hammer, Sektorvorhaben Gesundheit (vor Ausreise)
KfW, Joachim Schüürmann, Senior Medical Adviser, 04.02.2008 (Telefoninterview)
Welthungerhilfe, Gerhard Uhrmacher, 18.01.2008
In Indonesien:
AusAID, Michelle Vizzard, First Secretary Health, 15.02.2008
Bethesda Krankenhaus (Trägerschaft YAKKUM), Krankenhausdirektor Sugianto und Sri Prapti-
vinarni, Mitarbeiterin, 22.02.2008.
DKT Chris Purdy, am Telefon 18.02.2008
GTZ, Dr. Franz von Roenne, PAF & SHI Project, 14.02.2008
GTZ, Dr. Gertrud Schmidt-Ehry, Leiterin SISKES und HRD, 22.02.2008
GTZ, Gabriel Kennenbudi, SISKES project – Health Information System, 13/02/2008
GTZ, Joyce Smith, HRD Project Team Leader (Epos), und Tb. James Darmawan T., HRD National
Long Term Expert (Epos), 14.02.2008
GTZ, Sabine Markert, Country Director Indonesien und Timor-Leste, 18.02.2008
GTZ, Ute Jugert, HRD & SISKES Monitoring & Evaluation Advisor, und Dr. Loesje M. Sompie, Re-
productive Health Coordinator, 14.02.2008
IFPPD, Sri Utari, Executive Director, 18.02.2008
JICA, Tomoko Hattori, Chief Advisor für MCH handbook project, 15.02.2008
KUIS/CCM, Prof. Dr. Firman Lubis, Community and Family Medicine University of Indonesia
School of Medicine, Chairman of Koalisi Untuk Indonesia Sehat, member of Indonesia CCM,
14.02.2008
LESSAN, Ibu Henni, Vorsitzende und Bambang, 20.02.2008
MoH, Dr. Trisnawati G. Loho, Sub-directorate RH&Gender, 20.02.2008
MoH, Dr. Widiyarti, Bilateral Cooperation, Bureau of Planning and Budgeting, 19.02.2008
PELKESI, Mr. Nefos Daeli, Executive Director, 19.02.2008
UNFPA, Melania Hidayat, 19.02.2008
WB, Claudia Rokx, 19.02.2008
WHO, Dr. Laura Guarenti, Medical Offi cer (Reproductive Health), 15.02.2008
WHO, Dr. Mohammad Shahjahan, Technical Offi cer, 15.02.2008
YAKKUM, Dr. Sigit Wijayanto, Direktor, 20.02.2008
YIS, Pak Mulyono und Pak Agung, 21.02.2008
Gemeinsames Gespräch mit Provinz- und Distriktbeamten in NTB, 22.02.2008
BAPPEDA NTB, Khaerul Anwar, Head of Health Subdivision
DHO Central Lombok District, I Wayan Sudaruma, Head of Health Services Division
DHO Kota Mataram, Dr. dent. Dianita Rahmi, Head of Health Services Division
DHO West Lombok District, Mohammad Abdullah, Head of Family Health Division
NTB Province Hospital Mataram, Dr. Agus Widjaja, Direktor
NTB Public Health Training Institute, Didiek Rachmadi, Staff
PHO NTB, Dr. I Nyonam Wijaya Kusuma, MCH Division
PHO NTB, Dr. IB Jelantik, Hospital Section
PHO NTB, Gatot Soesanto, Head of Monitoring & Evaluation
PHO NTB, H. Sirajudin, Head of Planning Section
PHO NTB, Laila Faulia, Evaluation & Monitoring
PHO NTB, M. Wahyudi, Planning Division Advisor
PHO NTB, Made Suadnya, Head of Education and Training Section
Selong Hospital East Lombok, Dr. Hasbi, Direktor
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