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Akkreditierung (Qualitätssicherung) bei gestufter Studienstruktur („Bologna-Modell“): Woher, Wohin – Wozu?: Wie weiter? Prof. Dr. Jürgen Kohler Vorsitzender des Akkreditierungsrates, Bonn

Akkreditierung (Qualitätssicherung) bei gestufter Studienstruktur („Bologna-Modell“): Woher, Wohin – Wozu?: Wie weiter? Prof. Dr. Jürgen Kohler Vorsitzender

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Akkreditierung (Qualitätssicherung)bei gestufter Studienstruktur

(„Bologna-Modell“):

Woher, Wohin – Wozu?:Wie weiter?

Prof. Dr. Jürgen KohlerVorsitzender des Akkreditierungsrates, Bonn

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I. Thema – Überblick:

Akkreditierung/Qualitätssicherung:

Qualität

• zum Gegenstand haben durch – fördern– feststellen, zertifizieren– Gestattungen aussprechen

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• in europäischer (globaler) Dimension

– Mobilität (besser: Variabilität, da dreidimensional:• räumlich, • zeitlich [LLL], • institutionell [Durchlässigkeit])

– Anerkennung– Vergleichbarkeit (nicht: Gleichheit)– Schnittstellendefinition – Transparenz

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• in wettbewerblicher Situation

– Differenzierung/Profil– Anpassungsfähigkeit – Effektivität/Effizienz

( Autonomie)

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• in demokratisch-staatlicher Gesamtverantwortung

– Rechenschaftslegung (Kostenträgerschaft)– Rahmenvorgaben (öffentliches Wohl)– Rechtsstaatlichkeit (Normativität)– Sozialstaatlichkeit (Inklusion)

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• in besonderen Zusammenhängen

– Lissabon Agenda (Wettbewerbsfähigkeit/„External Dimension“ u. a.)

– European Research Area (Doktorate u. a.)

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II. Qualität: 1. Konzepte: Das Qualitätsverständnis –

Offenheit/Relativität von Qualität:

• Exzellenz (excellence)• Übereinstimmung mit (fachlichen) Inhalts-Modellen (compliance I)• Erreichen von (generischen) Schwellen-Standards (compliance II)• Sinnhaftigkeit und Zielführungseignung (Fitness of/for purpose)• Kundenzufriedenheit• Preis-Leistungsangemessenheit/Zeitangemessenheit

(value for money/time invested)• Zuwachserzielung (transformation)• Veränderungsfähigkeit (capacity for change)

– Pro und contra der Konzepte

–     Pro: fitness of/for purpose als Leitkonzept, modifiziert

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Konzept: Fitness of/for Purpose

Fitness of purpose

Fitness for purpose

(1) Ziele: valide

(2) Konzept: zielführend

(3) Umsetzung: konzeptgetreu

(4) Nachschau: ehrlich

(5) Verbesserung: zügig

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Bindungen im Fitness of/for Purpose–Konzept

Compliance I (nichtbindend): referenziell-fachspezifisch

Compliance II (bindend): normativ-generisch

Fachspezifizierung

(subj. benchm. st.)

Nat. Qualifikationsrahmen (Lernziele – „learning outc.“)

Beschreibungen guter Praxis (bezüglich konkreter Elemente), undKonkrete, transparente Umsetzung

Fitness of Purpose

zielführende Umsetzung

Fitness for Purpose:

Programmspezifikation und –durchführung, zielbezogen,

konkret und transparent

Methodische Implementierung/ Verifizierung/Verbesserung

Qualititätssicherungssystem:

Generierung, Verstetigung, Steigerung

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1.Bildungsziele (vgl. § 2 dt. HRG/Europarat)

• Bewahrung und Weiterentwicklung von Wissen und Fähigkeiten

• Persönliche/Persönlichkeitsentwicklung• Unterstützung des gesellschaftlichen Wohls (u.a.,

Sicherung von „Berufsbefähigung“)• Förderung von Bürgergesellschaftlichkeit

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III. ... in europäischer (globaler) Dimension:

(Weitere) Elemente des Bologna Prozesses

• Qualifikationsrahmen• ECTS (als Gesamtsystem)

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formell substantiell

Studienstufen-struktur (cycles)

Zertifizierung(qualifications)

Maßgaben(descriptors i.w.S.)

Stufe 3

(3rd cycle)

Stufe 2(2nd

cycle)

Stufe 1

(1st cycle)

Kurzprogramm (optional)

Abschluss (-grad)

Abschluss (-grad)

Abschluss (-grad)

spezifische Kompetenzen

spezifische Kompetenzen

spezifische Kompetenzen

Transparenz (z.B. diploma supplement);Verlässlichkeit; Nachvollziehbarkeit (quality assurance)

oder sonstige Zertifizierung

Zuordnungen

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qualitativ

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TS)

1a) Qualifikationsrahmen

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1b) Niveaudeskriptoren [Dublin Descriptors]

Kern: fünf Elemente

• Wissen und Verständnis• Wissen anwenden und verstehen • Urteilen können• Kommunikationsfähigkeit• Lernfähigkeit

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Dublin Descriptors: Erste Stufe• Zeigen von Kenntnissen und Verständnis in einem Studienfach, das auf die

Allgemeinbildung der Studenten aufbaut und typischerweise auf einer Ebene ist, die – unterstützt durch fördernde Lehrbücher – einige Aspekte beinhaltet, die die Studierenden mit den gegenwärtigen Forschungsthemen vertraut macht;

• Anwenden von Kenntnissen und Verständnis auf eine Art, die eine professio- nelle Befassung mit ihrer Arbeit zeigt, und Kompetenzen haben, die typischerweise durch das Ausdenken und Vermitteln von Argumenten sowie das Lösen von Problemen in ihrem Studienfach gezeigt werden;

• Die Fähigkeit besitzen, sachdienliche Daten zu sammeln und auszulegen (normalerweise in Zusammenhang mit dem Studienfach), um Urteile zu bilden, die Überlegungen zu relevanten sozialen, wissenschaftlichen oder ethischen Fragen beinhalten;

• Fähig sein, sich über Informationen, Ideen, Probleme und Lösungen sowohl mit Fachleuten als auch mit Fachfremden auszutauschen,

• Die Lernfähigkeiten entwickelt haben, die für sie notwendig sind, um weitere Studien mit einem hohen Grad an Selbständigkeit zu übernehmen.

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Dublin Descriptors: Zweite Stufe

• Zeigen von Kenntnissen und Verständnis, welche typischerweise auf dem der ersten Stufe Erworbenen, basieren und diese erweitern und/oder steigern, und die Grundlage oder Möglichkeit bietet für Originalität in der Entwicklung und/oder Anwendung von Ideen, oft in einem Forschungskontext;

• Anwenden von Wissen, Verständnis und der Fähigkeit, Probleme zu lösen, in neuen oder unbekannten Gebieten in breiteren (oder mehrere Disziplinen umfassenden) Zusammenhängen, die mit ihrem Studienfach zusammenhängen;

• Die Fähigkeit besitzen, Wissen einzubeziehen, mit Komplexität umzugehen und Urteile mit nur unvollständigen oder begrenzten Informationen zu fällen, die auch Überlegungen zu sozialer und ethischer Verantwortung beinhalten, verbunden mit der Anwendung ihres Wissens und Urteilen;

• Fähig sein, Schlüsse klar und eindeutig sowohl mit einem fachnahen als auch einem fachfremden Publikum zu besprechen, und diese verünftig zu untermauern;

• Die Lernfähigkeiten besitzen, die Studierenden erlauben, auf eine Art weiter zu studieren, die größtenteils selbstbestimmt oder autonom sein kann.

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1.ECTS

s. folgende Seite

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Unternehmerische Universität/Individualität

Individuelles Programm/Curriculum

Makro-(Programme-)ebene

Mikro-(„Modul"-)ebene

quantitativ qualitativ

ECTS 1a

Bachelor:180/240Master: - 300

Qualität /Anerkennung/Mobilität

1 ECTS-Funktionen1a Regulatorische Effekte:1b Prozedurale Effekte:

a) gezielte Reflexion über Qualität: Arbeitslast/je Modul Def. der Module durch Lernergebnisse

Lernergebnisse als Entwicklung von Kompetenzenb) kompilatorisch: Übertragbarkeit mittels akkumulativer (Prüfungs-)Struktur ECTAS

LernergebnisseKompetenzen 2:

Akadem. Qualität+ „employability“

2 a) „employability“ ./. Akad. Qualitätb) Lernergebnisse - Kompetenzen ./.

disziplinärer Stoff (input) fachbezogen generisch („soft skills“)

„Produkt“,Programm:„Akad. Qualität + employability“

3 a) Transparenz Diploma Supplement

b) gemeinsame Bezugspunkte: Kompetenzen; Quantitäten

c) Lissabonner Konvention: „Vermutung für Qualität"

d) Möglk. für Differenzierung

Kohärenz(„Menü, nicht Cafeteria“)

"tuning" (?)

Prozess 1b

Um

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Technisch: - Rahmen (Standardisierung);Substantiell: - Akkumulation- Progression

Lizenzierung/Qualitäts-sicherung:- Akkreditierung- Evaluation

Modellierung „ECTS und Modularisierung“© J.Kohler, Greifswald/Germany

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x ECTS = y h workl. Studier-30 800/900 h barkeit

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IV. ... in wettbewerblicher Situation

Von „Compliance“ (Muster-Treue) zu offenen (aber kalibrierten, transparenten) Systemen in Selbstverantwortung

• früher: Rahmenprüfungsordnungen• neu: fitness of/for purpose

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1.Prüfungsmodell eines inhaltsbezogenen „Compliance“- (Standardisierungs-) Ansatzes

Muster (t):

Kriterium:Mustertreue/ Modellidentität

Konkretes Programm (p):

Merkmale a(t) + b(t) + c(t) + … + z(t)

Merkmale a(p) + b(p) + c(p) + … + z(p)

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1.Fitness of/for purpose-Ansatz:

a) Qualifikationsregelkreis

s. folgende Seite

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Fitness of purpose

Fitness for purpose

(1) Ziele: valide

(2) Konzept: zielführend

(3) Umsetzung: konzeptgetreu

(4) Nachschau: ehrlich

(5) Verbesserung: zügig

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b) Notwendigkeit und Möglichkeit der Konkretisierung der Elemente des QR

Beispiel:Ziele (und ihre Validierung)

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• Substrukturierung – Feldgliederung

Ziele(„Qualitäten“)

Bildungsziele Kompetenzziele Systemziele

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Bildungsziele

• Wissen und Können• Persönlichkeitsbildung• Berufsbefähigung (besser: „employability“)• Befähigung zu bürgerschaftlicher Teilhabe

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Kompetenzziele

• Wissen• Begriffs-, System-, Methodenbeherrschung

(competence)• Umsetzungsvermögen• Sozialkompetenz• Fertigkeiten (skills)• sämtlich: niveau- und profilspezifisch

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Systemziele

• räumliche Mobilität• zeitliche Ganzheit (LLL)• institutionelle Durchlässigkeit• Anerkennung• Transparenz von Qualität• u. a.

Variabiltät

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• Feldbearbeitung

Ziele– identifizieren– verstehen– bewerten– Zielkonflikte bewältigen– priorisieren– instrumentieren Konzeptentwicklung

z. B. - Qualifikationsrahmen- ECTS

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c) Studiengangentwicklung/Akkreditierung operationalisieren:

„Europarat (§ 2 HRG)“ und „Dublin Descriptor Checklist“

• Reflektiertheit und Vollständigkeit: Haben Sie alle genannten Bereiche von Kompetenzentwicklung als Lernergebnisse Ihres Programms in Erwägung gezogen?

• Konkretheit: Was ist Ihre Antwort im Zusammenhang mit dem konkret in Rede stehenden Studienprogramm?

• Stichhaltigkeit: Warum geben Sie (gerade) diese Antworten, warum nicht (bestimmte) andere auf dieser Systemstufe?

• Konsequenzen für das Studienprogramm: Wie tragen Ihr Studienprogramm und Ihre Lernumgebung zum Erreichen der gewünschten Lernergebnisse bei?

• Umsetzung: Tun Sie wirklich, was Sie zu tun beabsichtigen?• Überprüfung und Verbesserung: Woher wissen Sie, dass die

gewünschten Effekte tatsächlich erreicht sind, und wie iterieren Sie im Interesse stetiger Verbesserung?

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V. Von der Programmakkreditierung zur Akkreditierung der

Programmsteuerung Prozess-/ Systemakkreditierung/

institutionelle Akkreditierung:

• Vom Compliance-orientierten Ansatz und dem• Fitness of/for purpose-orientierten Ansatz (diesen

als materielle Orientierung integrierend) zum• Selbststeuerungs-/Prozessbezogenen Ansatz

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1. Konzept und Grundannahme

(Hochschul-)Prozessbezogener Ansatz

Programm (Gegenstand des Handels)

Prozess

Institution (handelndes Subjekt)

(0) Qualitätssteigerung(1) Ziele – (2) Konzept – (3) Umsetzung – (4) Monitoring

(5) Iteration

Steuerung des Qualitätsregelkreises

Akteure Aktion Interaktion

Qualitätskultur und Managementsysteme; Interne und externe Kommunikation, Transparenz; Entscheidung(sfindung); Zeitpläne

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1. Aufgabe: Institutionelle Funktion optimieren

• vom institutionellen Denken zum funktionalen Denken

• Konkretisierung von Funktionen

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a) Vom institutionellen zum funktionalen

Organ/Gremium sucht Aufgabe

Aufgabe wird einem Organ/Gremium

zugeordnet

„Form (Organisation) folgt Funktion (Aufgabe)“

(d.h.: Governance/Management wird Problem der Studienqualität)

Denken

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also: Verschiebung

von

wer?

tut

was?

wann?

mit wem?

zu

was?

tut

wer?

wann?

mit wem?

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b) Konkretisierung der Aufgaben

• was? den (programmbezogenen) Qualitätsregelkreis vollständig durcharbeiten

• tut: Handlungsgegenstände auf Ermittlung des Was? ausrichten und ausführen; z.B. identifizieren, beraten, verstehen, instrumentieren,

beschließen, umsetzen, überwachen, verbessern, u.a.

• wer? Zuordnen von Handlungen/Aufgaben zu Personen, Gruppen, Gremien, Substrukturen

• wann?Agenden – Zeitplanung sichern

• mit wem? Kommunikation/Beteiligung: Mitteilung, Mitberatung, Mitentscheidung, Interventionskompetenz

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3. Zusammenfassend-systematische BetrachtungProgrammansatz Institutioneller Ansatz

Met

azie

lM

aßga

be

standardisierend/ vereinheitlichend

modell-reproduzierend (compliance)

autonomie-fördernd/profilierend

fitness of und for purpose-orientiert

Instit. Eigen-verantwortung für Studienprogramme

Eignung der Programm-entwicklungssteuerung

allumfassende Eigenverantwortung

(hier nicht betrachtet; Ausblick: governance)

Prozess-/System-/ institutioneller Ansatz

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4.Stärken/Schwächen – Chancen/Risiken

• Kosten-Nutzenoptimierung

• Qualität verbessern: Probleme der– (Dis-)Kontinuität– Intensität und Vollständigkeit

• „Qualitätskultur“ vs. „Überwachung“

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VI. Systemweiterentwicklung als Aufgabe

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1. Hintergrund

• Europäische Dimension: Anforderungen der „European Standards and Guidelines for Q.A. in the EHEA“, Pkt. 1.1, 2.1. und 3.1 Zusammenhang mit dem Thema „Governance“

• Qualitätsverbesserung als inhaltl. Desiderat

• als politischer Entscheidungsfindungsprozess – Auftrag

– Arbeitsmethode entwickeln

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2. Vorgeschlagene Arbeitsmethode

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a) Gegenständlich-methodisches Vorgehen:

• Typologie erarbeiten („Identifizierung möglicher Gegenstände: Hypothesenbildung“)

• Zwecke und Ziele/Interessen der Beteiligten identifizieren• Zielkonflikte und Konfliktlösungen bewerten („Sinnhaftigkeit von Zielen“)• Stärken und Schwächen bzw. Chancen und Risiken der Modelle

analysieren und bewerten („Zweckeignung des Instrumentariums“)• Rahmenbedingungen zur Einführung der Modelle beschreiben

(„Bedingung der Möglichkeit“)• Bewerten, ob und wie die Realisierung dieser Rahmenbedingungen

realistisch („Systemoffenheit und Entwicklungspotential“ sowie „Change Management“)

• Eventuelle Misch- oder Phasenmodelle diskutieren/Szenario für Übergang erarbeiten („Gestaltung eines evtl. Umstellungsprozesses“)

und zwar jeweils auf zwei Ebenen, nämlich(1) der hochschuleigenen Qualitätssicherung und(2) auf Ebene der Akkreditierung als Prüfungs-, Bewertungs- und

Zertifizierungssystem.

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b) Arbeitsprozess

Grundsätzlich: „Input“ soll beigesteuert werden aus

• Kreisen der beteiligten Interessenträger (insbes. Hochschulen und Agenturen)

• Expertise aus den laufenden einschlägigen Projekten

• Ausländische Erfahrungen

• „Nachdenken“ über „das Richtige“ (und das „Leistbare“)

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Hochschule: Programmanbieterin/Qualitätsverantwortliche

helfend, verhindernd

(daseins)vorsorgend, haftend, [intervenierend]

autonomiesichernd mittelbar regulierend

Systemsteuerer (Pufferorganisation= „Meta-Kontrolleur“)

dienstleistendregulierend

Prüfer/Berater(Evaluator, Akkrediteur)

übertragendreduzierend

Staat

Notwendige Einbettung: a) Verständigung über (gemeinsames) Qualitätsverständnisb) Adäquate Beteiligungs- und Kommunikationsstrukturen im Systemc) Respektierung der jeweiligen Rollen