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Dr. Bernd Sträter Aktueller Stand der Leichter-als-Luft-Technologie ____________________________________________________________________ Dr. Bernd Sträter Zeppelin Luftschifftechnik GmbH

Aktueller Stand der Leichter-als-Luft-Technologie · Die größten je gebauten Luftschiffe „Graf Zeppelin“ und „Hindenburg“ hatten bei einem Gesamtvolumen von rund 250 000

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  • Dr. Bernd Sträter

    Aktueller Stand der Leichter-als-Luft-Technologie ____________________________________________________________________ Dr. Bernd Sträter Zeppelin Luftschifftechnik GmbH

  • 22

    Inhaltsverzeichnis

    1 Einleitung ....................................................................................... 23

    2 Kurzer Rückblick und heutiger Stand der Luftschiffindustrie 24

    3 Der Zeppelin Neuer Technologie (NT) ........................................ 30

    4 Neue Luftschiffprojekte ................................................................ 40

    5 Ausblick .......................................................................................... 51

  • 23

    1 Einleitung

    Gerne habe ich die Einladung angenommen, an alter Wirkungsstätte an-läßlich der August Euler-Luftfahrtpreisverleihung einen Vortrag über die „Aktuelle Situation der Leichter-als-Luft Technologie“ zu halten. Ich möchte Ihnen einen Überblick über die Luftschiffindustrie, deren Stärken und Schwächen, und über die derzeitigen Luftschiffprojekte geben. Der Vortrag soll nicht wissenschaftliches Basiswissen vermitteln, sondern eine Situationsbeschreibung sein.

    Ich werde den Vortrag wie folgt gliedern (siehe Abb. 1):

    Abb. 1: Gliederung

    Es werden ausschließlich mit Traggas gefüllte Luftschiffe, die kommer-ziell eingesetzt werden, betrachtet (keine Heißgasluftschiffe).

    Aktueller Stand der Leichter-als-Luft-Technologie

    Gliederung:

    • Heutiger Stand der Luftschiffindustrie

    • Der Zeppelin Neuer Technologie (NT)

    • Neue Luftschiffprojekte

    • Resümee

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    2 Kurzer Rückblick und heutiger Stand der Luftschiffindustrie

    Der Traum des Menschen, wie ein Vogel zu fliegen, ist vermutlich so alt wie die Menschheit. In nahezu jeder Epoche hat der menschliche Entde-ckerdrang und Innovationsgeist Fluggeräte entstehen lassen. Sieht man von Montgolfierschen Heißluftballonen ab, so waren es die Luftschiffe, die erstmals als Fluggeräte eine Serienreife und industrielle Umsetzung erfuhren. Ende des 19. Jahrhunderts konkurrierten verschiedene Baukon-zepte wie Ganzmetallluftschiffe, Kielluftschiffe oder halbstarre Luftschif-fe sowie Starrluftschiffe um den Erfolg. Graf Zeppelin setzte auf die Vor-teile der Starrluftschiffe und war der Luftschiffpionier, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit Energie, Disziplin und seiner Persönlichkeit Regie-rung und Bevölkerung gleichermaßen überzeugte und begeisterte, so daß er die notwendigen Geldgeber fand, um am Bodensee eine Luftschiffin-dustrie aufzubauen. Zwischen 1890 und 1940 wurden insgesamt 119 Zeppeline gebaut. Die größten je gebauten Luftschiffe „Graf Zeppelin“ und „Hindenburg“ hatten bei einem Gesamtvolumen von rund 250 000 m³ mit 245 m Länge und einem Durchmesser von rund 45 m be-trächtliche Ausmaße. Spektakuläre Reisen (Weltumrundung), der erste regelmäßige Postflug aber auch die Schlagzeilen der Abstürze (Echter-nach, Lakehurst) haben den Namen Zeppelin und die Zeppeline weltbe-kannt gemacht. Der Name Zeppelin ist auch heute noch sehr bekannt, er gilt als Synonym für Luftschiffe unabhängig von der Bauart. Der „richti-ge“ Zeppelin ist und bleibt das Starrluftschiff. Graf Zeppelin hat zwar die spektakulären Projekte realisiert, aber es gab auch in anderen Industriena-tionen Luftschiffprogramme, ging es doch auch schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts um technologische Vormachtstellungen.

    Kriegsereignisse beschleunigen in der Regel technologische Entwicklun-gen, insbesondere wenn man sich militärische Vorteile verspricht. Abbil-dung 2 verdeutlicht, dass die kriegsführenden Länder vor und während des ersten Weltkrieges auf die Kriegsmaschine „Luftschiff“ gesetzt ha-ben. Die der Abbildung angeführte Zahl 200 stellt einen Mittelwert dar. Gebaut wurden viel mehr als die angegebenen 200 Luftschiffe (insgesamt mehr als 700). Die Lebensdauer war jedoch sehr kurz.

  • 25

    Abb. 2: 100 Jahre Luftschifft

    Drei wesentliche Gründe gab es dafür:

    • Erstens der Krieg: viele Luftschiffe wurden abgeschossen oder am Boden vernichtet.

    • Zweitens die schwierige Handhabung am Boden bei starkem Wind. Luftschiffe sind sehr groß und bieten Windböen eine große Angriffs-fläche. Viele Luftschiffe rissen sich von der Verankerung los oder konnten beim Landevorgang nicht festgehalten werden und trieben gegen ein festes Hindernis.

    • Drittens die unzureichenden Auslegungsverfahren und Testerfahrun-gen. Viele Luftschiffe überlebten den Jungfernflug wegen schlechter flugmechanischer Auslegung oder zu geringen Auftriebs, was gleich-bedeutend mit einem zu schweren Gerät ist, nicht.

    Bereits während des ersten Weltkrieges setzten einige Nationen auf die neueste Technologie: Flächenflugzeuge. Es wurde das kriegerisch über-legene Potential dieser neuen Fluggeräte erkannt mit der Folge, daß die Luftschiffe nach dem Krieg sehr schnell an Bedeutung verloren und im wesentlichen nur noch die Zeppeline aufgrund der spektakulären Groß-

    100 Jahre Luftschiffe

    Ca. 700 fertiggestellte Luftschiffe

    1. Weltkrieg 2. Weltkrieg

  • 26

    projekte und der zivilen Einsätze weiter flogen. Interessanterweise änder-te sich die Situation zu Beginn des Zweiten Weltkrieges. Auf der deut-schen Seite wurden die noch flugfähigen Zeppeline als nicht kriegstaug-lich erklärt und abgewrackt, auf der amerikanischen Seite wurden Luft-schiffe als Beobachtungs- und Erkundungsplattform neu entdeckt. Neue Luftschiffflotten wurden bei der Navy aufgebaut und als Flottenbegleit-schutz eingesetzt. Lange Missionszeiten und die Fähigkeit, sich der Ge-schwindigkeit des Flottenverbandes anzupassen, haben die Luftschiffe zu sehr erfolgreichen Aufklärern gegen deutsche U-Boote werden lassen. Diese Luftschiffe waren Prallluftschiffe oder Blimps mit einem Volumen von bis zu ca. 55 000 m. Wie die Grafik zeigt wurde Anfang der sechzi-ger Jahre der Luftschiffbetrieb bei der Navy eingestellt. Die Luftfahrt- und Verteidigungsindustrie hatte kein Interesse mehr an Luftschiffen, private Kleinunternehmen geführt von Luftschiffenthusiasten haben Kleinluftschiffe (2 000 bis 7 000 m³ Volumen) entwickelt und gebaut. Alle Luftschiffe waren Prallluftschiffe, die auf den Werbemarkt ausge-richtet waren. Die Luftschiffindustrie hat Mitte der achtziger Jahre durch Initiativen in England und Amerika neue Impulse erhalten. In den jewei-ligen Verteidigungsministerien wurden Ausschreibungen für eine neue Generation von militärisch einsetzbaren Luftschiffen insbesondere für Aufklärungs- und Überwachungsaufgaben vorbereitet. Diese Projekte wurden zwar nicht realisiert, jedoch haben sich neue Unternehmen am Markt etabliert, über die im Folgenden noch zu berichten ist.

    Es wurden die verschiedenen Baukonzepte bereits erwähnt. In Abbildung 3 sind die Wesentlichen zusammengestellt. Das Zeppelinsche Starrluft-schiff zeichnet sich durch ein starres Aluminiumgerippe aus, dass gleich-zeitig die Form vorgab. Das Traggas war Wasserstoff, der sich in ver-schiedenen Kammern ohne Überdruck befand. Im Gegensatz zu den Starrluftschiffen haben die Blimps oder auch Prallluftschiffe keinerlei Struktur innerhalb des Tragkörpers. Man kann sie mit einem Ballon in Luftschiffform vergleichen (siehe auch Abb. 4). Die Form wird durch einen geringen Überdruck im Inneren erzeugt. Während beim Starrluft-schiff die Lasten wie Wind-, Manöver- und Nutzlasten direkt von der Struktur aufgenommen werden, muss bei den Prallluftschiffen die flexib-le Hülle alle Lasten aufnehmen.

  • 27

    Abb. 3: Luftschiffarten

    Abb. 4: Blimps

    Blimp Kiel-Luftschiff(z. B. CargoLifter)

    Halb-Starres Luftschiff( Zeppelin NT)

    Starr Luftschiff(Zeppelin)

    Luftschiffarten

    Blimps

  • 28

    Die Antriebselemente sind bei den Blimps direkt an der Passagiergondel angebracht, bei den Starrluftschiffen können die Antriebskräfte an belie-bigen Stellen in die Struktur eingeleitet werden

    Die Flexibilität der Hülle, an der auch die Leitwerke befestigt sind, und die die Auslegung beeinflussenden Biegemomente haben die Größe bis-her realisierter Prallluftschiffe begrenzt. Die größten Blimps hatten etwa ein Viertel des Volumens des größten Starrluftschiffes.

    Abbildung 3 zeigt zwei weitere Bauarten, die die Vorteile starrer Elemen-te für die Lasteinleitung und dadurch auch für die Sicherheit des fliegen-den Gerätes nutzen, ohne damit die vollen Gewichtsnachteile eines Starr-luftschiffes zu übernehmen. Das Kielluftschiff zeichnet sich durch einen starren Kiel, vom Bug bis zum Heck aus. Die Form erhält das Luftschiff wie beim Prallluftschiff durch einen Überdruck in der Hülle. Die ur-sprüngliche Konzeption des Cargolifter folgte dieser Bauweise. Der Zep-pelin NT folgt der Idee des Starrluftschiffes, wobei die Struktur nicht mehr formgebend ist. Die Form wird ebenfalls durch einen erhöhten In-nendruck erzeugt.

    Abbildung 2 zeigte, dass es nur circa 30 Luftschiffe, die kommerziell be-trieben werden, gibt. Mit Ausnahme des Zeppelin NT, über den noch nä-her berichtet wird, sind alle Luftschiffe Blimps. Der Luftschiffmarkt ist entsprechend klein. Abbildung 5 gibt einen Überblick über die Unter-nehmen, die Größe der betriebenen Luftschiffe, die Passagierkapazität und die Zulassungen (FAA – amerikanische Zulassung; LBA – deutsche Zulassung).

    Zwischenzeitlich hat sich eine weitere Betreiberfirma – die Skyship Cruise – in der Schweiz etabliert. Sie betreibt ein Skyship 600. Die Betreiber sind auch gleichzeitig die Hersteller bzw. Eigner der Konstruk-tionspläne. Lediglich die American Blimp Corporation (ABC) und die Zeppelin Luftschifftechnik GmbH haben derzeit eine Produktionskapazi-tät.

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    Abb. 5: Marktsituation

    Abb. 6: Aktueller Stand der Leichter-als-Luft-Technologie

    Aktueller Stand der Leichter-als-Luft-Technologie

    Problembereiche

    • Weltweit nur wenige Betreiber und kaum Betriebsinfrastruktur.

    • Luftschiffindustrie besteht aus KMU’s, mit begrenztem Kapital.

    • Bestehende Geräte sind zu klein für neue Märkte.

    • Die bekannten Einsatzeinschränkungen von Luftschiffen können selbst durch neue Technologien nicht beseitigt werden.

    • Neuentwicklungen sind teuer. Ein RoI ist erst nach vielen Jahrenerreichbar.

    • Potentielle Nutzer sind nicht bereit, Entwicklungen zu bezahlen.

    • Unsichere Marktprognosen, da neue unbekannte Märkte.

    Markt Situation

    * only airship - fully certified for commercial passenger flights

    LBA12*38.450Half rigid

    DZeppelin Luftschifftechnik GmbHDeutsche Zeppelin-Reederei GmbH

    FAA1047.000BlimpUSAAirship Management Service

    FAA/LBA637.200BlimpDWDL-Luftschiffgesellschaft

    FAA/LBA49

    152

    19904.200

    BlimpUSAABC

    Cert.PAXQuant.Vol.TypeCountryManufacturer/Operator

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    Die industrielle Situation ist gleichzeitig ein Spiegelbild des weltweiten Leichter-als-Luft-Status, deren wesentliche Problembereiche Abbildung 6 zu entnehmen sind.

    Ganz im Gegensatz zu dieser Situation stehen viele großmundige Ankün-digungen über Luftschiffgroßvorhaben von Luftschiffenthusiasten und Visionären, die leider einen Realitätsbezug zu Märkten, Entwicklungs- und Zulassungsaufwendungen sowie zu marktüblichen Renditeforderun-gen für das eingesetzte Kapital vermissen lassen.

    3 Der Zeppelin Neuer Technologie (NT)

    Der Zeppelin NT (siehe Abb. 7) ist zwischen 1993 und 1997 entwickelt worden. Er hat seine Zulassung 2001 erhalten.

    Abb. 7: Der Zeppelin NT

    Er entstand an historischer Stätte. Graf Zeppelin hatte vor über 100 Jah-ren den Bodensee als Firmen- und Produktionsstandort ausgewählt. Zum einen weil er ein Konstanzer war, aber auch weil der Bodensee die Mög-lichkeit bot, schwimmende Hallen, die an einem Anker hängend sich au-

    Der ZEPPELIN NT

  • 31

    tomatisch in die Windrichtung drehten, zu realisieren. Damit konnte das Gefahrenmoment beim Ein- und Aushallen entscheidend vermindert werden. Heute gehört das Vermächtnis des Grafen der Stadt Friedrichs-hafen, dazu gehören namhafte weltweit operierende Großunternehmen. Diese wiederum sind Gesellschafter der Zeppelin Luftschifftechnik GmbH (siehe Abb. 8). Die Gesellschafter gaben nach einer Marktanalyse mit Erfolg versprechenden Marktprognosen Anfang der neunziger Jahre den Auftrag, einen neuen Zeppelin mit einer deutlichen Verbesserung der bekannt kritischen Einsatzbereiche von Luftschiffen zu entwickeln.

    Abb. 8: Firmenstruktur

    Wo sind die kritischen Betriebsbereiche und worin liegen die Ursachen?

    Die wesentlichen Nachteile von Luftschiffen im Vergleich zu anderen Luftgeräten leiten sich aus der Größe ab.

    Setzt man Gewicht und Gesamtauftrieb gleich, so ergibt sich in erster Näherung eine direkte Proportionalität zum Gasvolumen (siehe Abb. 9). Dieses wiederum hängt von der Tragfähigkeit des Traggases ab. Zwar trägt Wasserstoff etwas mehr als Helium, aber aus Sicherheitsgründen wird heute im kommerziellen Luftschiffbetrieb ausschließlich Helium –

    Firmenstruktur

    ZEPPELIN FOUNDATION

    ZF GROUP ZEPPELINGROUP

    DEUTSCHEZEPPELIN-REEDEREI GMBH

    Founded: 2001Zeppelin airship operator

    ZEPPELIN LUFTSCHIFFTECHNIK GMBH

    Founded: 1993Design, production, sales ofZeppelin New Technology

    100%

    48,9% 51,1%

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    ein inertes und damit ungefährliches Gas – eingesetzt. Da Helium bei Standardbedingungen nur ca. 1 kg trägt und das Gesamtgewicht sich aus dem Eigengewicht und der Nutzlast zusammensetzt, gilt es, das Eigen-gewicht soweit wie möglich zu reduzieren. Eine andere Möglichkeit, das Volumen und damit die Größe zu beeinflussen, bietet die Auslegung als Hybridluftschiff. Hierbei wird nur ein Teil des Gewichtes durch den Auf-trieb des Traggases kompensiert, der andere Teil wird wie bei anderen Fluggeräten durch den aerodynamischen Auftrieb (Flügel oder Rotoren) getragen. Derartige Hybridluftschiffe sollen hier jedoch nicht betrachtet werden.

    Abb. 9: Kritische Luftschiffbereiche/-parameter

    Kritische Betriebszustände sind Start und Landung. Bisher wurden und werden Luftschiffe von Bodenpersonal „eingefangen“ und am Boden ge-sichert. Alte Zeppelinbilder zeigen bei den größten Luftschiffen über 200 Personen, die benötigt wurden, um den Zeppelin festzuhalten und anzu-masten. Die heute operierenden Werbeluftschiffe benötigen zwischen 12 und 15 Personen.

    Der Landevorgang wird umso schwerer je leichter das Luftschiff ist. Bei den Zeppelinen wurde deshalb das Gewicht des verbrauchten Kraftstoffes

    Kritische Luftschiffbereiche / -parameter

    • Größe (G=A=ρ·V·g)

    - Gewichtsoptimierung- Wasserstoff statt Helium- Hybridauslegung

    • Start / Landung

    • Ausgleich Gewichtsverlust (Kraftstoffverbrauch)

    • Be-/ Entladung

    • Bodenbetrieb (Ankern, Sichern etc.)

  • 33

    teilweise durch Kondensation der im Abgas enthaltenen Wasseranteile kompensiert. Derartige Systeme sind bei den kleineren Luftschiffen nicht notwendig, allerdings muss die Gewichtsbilanz ständig überwacht wer-den und gegebenenfalls muss bei längeren Missionsdauern zwischenbal-lastiert werden. Nicht nur der Start- und Landevorgang selbst, sondern auch die Sicherung und das Abstellen im freien Gelände sind kritische Betriebszustände, vor allem wenn starker Sturm, Schnee oder Hagel auf-treten. Aufgrund der großen Fläche können bereits wenige cm Schnee zu derartigen Lasten führen, die zu einer Zerstörung des Luftschiffes führen können.

    Wie bereits erwähnt, sollten mit der Neuentwicklung des Zeppelin NT die oben beschriebenen kritischen Betriebszustände verbessert und die damit verbundenen Betriebseinschränkungen erweitert werden. Dies wurde im Wesentlichen durch zwei innovative Ansätze erreicht.

    Wie bereits an Hand der Abbildung 3 erläutert, wurde als Konzept ein quasistarres Prinzip ausgewählt. Durch eine Struktur sollte der Manöver-bereich erweitert, der Sicherheitsstandard z.B. bei einem Ausfall des In-nendrucksystems erhöht und eine Passagierkabine ohne integrierte An-triebssysteme, die mit Lärm und Vibration verbunden sind, ermöglicht werden. Um die Gesamtgewichtsbilanz durch diese Struktur nicht zu sehr zu belasten, wurden dreieckig zusammengebaute Strukturelemente mit Längsträgern über die gesamte Länge des Luftschiffes verbunden und zusätzlich mit Seilen verspannt (siehe Abb. 10). Leitwerke, Antriebsele-mente und Passagiergondel sind fest mit der Struktur verbunden und aus Leichtbauwerkstoffen gefertigt. Die Struktur besteht aus Aluminium, Kohlefaser und Kevlar. Passagiergondel, Leitwerke und Antriebsgondeln sind ebenfalls aus Kohlefaser.

    Abbildung 11 zeigt die Aufteilung der Strukturmassen. Etwa die Hälfte sind Kohlefaseranteile, ein Drittel trägt das Hüllenmaterial bei. Da über 90 % der Lasten direkt von der Struktur aufgenommen werden, konnte ein deutlich leichteres Hüllenmaterial gewählt werden, so dass Struktur und Hülle nur geringfügig schwerer sind als die Hülle von Prallluftschif-fen.

  • 34

    Abb. 10: Struktur des Zeppelin NT

    Abb. 11: Materialanteile der NT Basisstruktur

    Abbildung 12 zeigt den spektakulären Montageprozess, bei dem die Hül-le über die Struktur gezogen wird.

    Struktur des Zeppelin NT`s

    LÄNGSTRÄGER / LONGERONS

    GONDELSTREBEN / GONDOLA STRUTS

    DREIECKSSPANTETRIANGLE FRAMES

    SPANNSEILE / TENSION CABLES

    Materialanteile der NT Basisstruktur

    Aufteilung der Strukturmassen nach Material

    14%

    8%

    35%

    14%14%

    15% Hülle

    PrimärstrukturAlu / Titan

    PrimärstrukturCfK / Kevlar

    Passagiergondel

    Antriebsgondeln

    Leitwerke

  • 35

    Abb. 12: Montage der Hülle des Zeppelin NT

    Die zweite technologische Neuerung sind die Schwenktriebwerke. Insge-samt wird der Zeppelin NT durch drei Triebwerke (Lycoming Flugtrieb-werke mit je 200 PS) angetrieben. Zwei befinden sich an den Seiten, das dritte am Heck, diese optimale Anordnung war nur dank der Innenstruk-tur möglich. Die Antriebssysteme sind schwenkbar, die seitlichen um 120 Grad, das Hecktriebwerk um 90 Grad. Alle Systeme verfügen darüber hinaus über eine Propellerblattverstellung (siehe Abb. 13 und 14). Damit kann der Zeppelin NT senkrecht starten und landen sowie eine beliebige Vorwärtsgeschwindigkeit zwischen 0 km/h und 125 km/h einstellen. Die-se Technologie führt zu den angestrebten Betriebsverbesserungen. Es wird keine Haltemannschaft am Boden mehr benötigt. Der Pilot bringt das Luftschiff zur Landung wie einen Hubschrauber. Die Bodenmann-schaft (insgesamt 4 Personen) ist ausschließlich eine Servicecrew, die das Schiff anmastet, betankt, ballastiert und Passagiere betreut. Am Heck-triebwerk befindet sich zusätzlich ein zweiter Propeller, der eine Seiten-kraft und damit ein Giermoment erzeugen kann. Bei in der Richtung wechselnden Winden kann der Pilot dadurch das Luftschiff schnell in Windrichtung bewegen, ein wichtiger Sicherheitsaspekt beim Passagier-

    Hülle

    Die Hülle besteht aus einemhochfesten Mehrschichtlaminat mit einer Dicke von 0,4 mm.Die Form wird durch einen Innendruckvon 5 mbar erzeugt.Luftsäcke (Ballonets) sindErsatzvolumen für die Heliumausdehnung in FolgeTemperatur- und Druckänderung.

  • 36

    wechsel. Neben der Reduzierung des Personalaufwandes ist betriebswirt-schaftlich die Ausweitung der Betriebsgrenzen besonders wichtig.

    Abb. 13: Antriebssysteme des Zeppelin NT

    Abb. 14: Antriebssysteme des Zeppelin NT

    ANTRIEBSSYSTEME

    Die drei 200 PS starken Triebwerke sind dank der innenliegenden Tragstruktur seitlichund am Heck angebracht. Der Flugkomfort in der Passagiergondel wird nicht durchPropellerlärm und Vibrationen gestört.

    ANTRIEBSSYSTEME

    Drei Propeller mit einem Schwenkwinkelbis zu 120 Grad und ein Querfan sorgenfür höchste Manövrierfähigkeit und erlauben senkrechtes Starten und landen wie ein Helikopter

  • 37

    Während die Einsatzfähigkeit bei herkömmlichen Antriebssystemen be-reits ab Windgeschwindigkeiten von ca. 30 km/h im Start- und Landefall stark eingeschränkt ist, können Start und Landung beim Zeppelin NT noch bis ca. 60 kmh sicher durchgeführt werden.

    Modernste Cockpitauslegung und eine rechnergestützte Steuerung (fly-by-wire), die mit einem side-stick ausgeführt wird, geben dem Pilot die Möglichkeit, alle Informationen über die verschiedenen Systeme abzuru-fen und auch schwierige Missionen ohne zu große Belastung durchzufüh-ren (siehe Abb. 15).

    Abb. 15: Cockpit des Zeppelin NT

    Bei der Entwicklung des Zeppelin NT stand der Passagiermarkt von Be-ginn im Mittelpunkt. Es wurde eine Zulassung für den kommerziellen Passagierbetrieb in der Commuterklasse (10 bis 19 sitzige Luftfahrtgerä-te) angestrebt. Diese Zulassung nach FAR Part 23 wurde im April 2001 vom Luftfahrtbundesamt (LBA) ausgesprochen. Um die Anfangsbe-triebserfahrung selbst machen zu können, wurde eine eigene Betriebsge-sellschaft die „Deutsche Zeppelin Reederei“ (DZR) als Tochtergesell-schaft der Zeppelin Luftschifftechnik GmbH 2001 gegründet (siehe auch Abb. 8). Das LBA erteilte im August 2001 die Betriebsgenehmigung,

    Cockpit des Zeppelin NT

  • 38

    unmittelbar danach begann der Rundflugbetrieb am Bodensee. Es wurden einstündige Rundflüge angeboten. Bereits die ersten Einsätze zeigten, dass die Entwicklungsziele voll erfüllt wurden. In den ersten 11 Be-triebsmonaten (2001 und 2002) haben bereits 13000 Passagiere über ein einmaliges Flugerlebnis berichtet.

    Eine geräumige, vibrationsfreie und geräuscharme Gondel mit großen Panoramascheiben laden zu einem unvergesslichen Blick aus der Vogel-perspektive ein. Die Gondel fasst bis zu 13 Passagiere. Der Zeppelin NT ist zurzeit mit 75 m Länge und einem Volumen von nahezu 8500 m³ das größte Luftschiff der Welt. Der Passagierwechsel (siehe Abb. 16) dauert

    nur ca. 4 Minuten.

    Abb. 16: Passagierwechsel

    Damit sich das Gewicht nicht zu sehr ändert, steigen jeweils zwei Perso-nen ein und danach zwei aus. Der Tankvorgang wird am Mast durchge-führt und benötigt ca. 15 Minuten. Das Luftschiff wird an einem mobilen Ankermast (siehe Abb. 17) geparkt, Mastfahrzeug und Luftschiff sind

    Passagier Wechsel

  • 39

    derartig ausgelegt, dass auch orkanartige Stürme bis zu 130 km/h draußen überstanden werden.

    Abb. 17: Mastfahrzeug

    ZEPPELIN LUFTSCHIFFTECHNIK GMBH

  • 40

    Mittlerweile sind drei Luftschiffe gebaut worden (siehe Abb. 18).

    Abb. 18: Zeppelin Luftschiffe

    Neben dem Prototypen, der für die Pilotenausbildung, Weiterentwicklun-gen und für Sonderaufgaben eingesetzt wird, werden die zwei Serienluft-schiffe (das zweite wurde im März 2003 fertig gestellt) im kommerziellen Passagierrundflugbetrieb geflogen. Aufgrund der hervorragenden Manö-verleistungen ist der Zeppelin NT auch als Sensor- oder TV-Plattform für Überwachungs-, Beobachtungs- und Übertragungsaufgaben bestens ge-eignet. Dies konnte bei mehreren Einsätzen bereits nachgewiesen werden.

    4 Neue Luftschiffprojekte

    Mast Fahrzeug

  • 41

    Abbildung 19 gibt einen Überblick über Luftschiffeinsatzmöglichkeiten und Projekte.

    Abb. 19: Heutige Luftschiffprojekte

    Auf der Abszisse ist die Nutzlast aufgetragen, auf der Ordinate die Einsatzhöhe. Die bestehenden Luftschiffe decken nur einen kleinen Teil der Möglichkeiten und Märkte ab. Die Märkte für eine größere Zuladung ob als Passagierluftschiff oder als Cargoluftschiff führen immer wieder zu neuen Projekten und Firmengründungen. Auch der Nachbau von den historischen Zeppelinen nicht selten als Unternehmensziel von neuen Un-ternehmen genannt. Mit zunehmender Nutzlast steigen die Größe des Ge-rätes und die Investitionen für Entwicklung und Aufbau der notwendigen Betriebsinfrastruktur. Bisher sind alle privatwirtschaftlichen Bemühun-gen, größere Luftschiffe zu bauen, am mangelnden Kapital beziehungs-weise an nicht ausreichend nachweisbaren Märkten gescheitert. Da mit zunehmender Höhe der Luftdruck abnimmt und somit das Traggas ein größeres Volumen bei gleich bleibendem statischen Auftrieb benötigt als zum Beispiel in Meereshöhe, wurden die bisherigen Luftschiffe für Einsatzhöhen bis maximal 3000 m ausgelegt. Seit wenigen Jahren wird der Einsatz von Luftschiffen in Großer Höhe untersucht. Hierbei sollen

    BlimpsTraditioneller

    Nachbau Fliegender KranZeppelin NT

    Höhenplattform

    Heutige Luftschiffprojekte

  • 42

    Luftschiffe zum Beispiel als Kommunikationsplattform eingesetzt wer-den. Dabei sollen sie geostationär über Bevölkerungszentren stationiert werden und insbesondere hohe Datenraten im Rahmen der Einführung der Breitbandkommunikation übertragen (siehe Abb. 20).

    Abb. 20: Kommunikationsplattform

    Geringere Herstell- und Betriebskosten sowie die Wiederverwendbarkeit sind Vorteile gegenüber Satellitensystemen. Die große Einsatzhöhe (ca. 20 km )wäre nicht unbedingt aus Übertragungsgründen notwendig, sie ist aufgrund der Höhenwinde, die unterhalb von 20 km auf der Nordhalbku-gel mit bis zu 180 km/h Windgeschwindigkeiten stark sein können, er-forderlich. Diese würden nämlich eine sehr große Antriebsleistung und damit Zusatzgewicht erfordern, um einen geostationären Betrieb großer Luftschiffe zu realisieren (siehe Abb. 21).

    Abb. 21: Wind- und Temperaturprofile

    Da der atmosphärische Druck in dieser Höhe nur noch etwa ein zwan-zigstel des Luftdruckes in Meereshöhe beträgt, sinkt die Tragfähigkeit

    Kommunikationsplattform

    Wind und Temperaturprofile

  • 43

    von einem Kubikmeter Helium entsprechend. Dies wiederum bedeutet, dass derartige Luftschiffe für nur eine Nutzlast von ca. eine Tonne riesige Ausmaße annehmen (siehe Abb. 22-25). Derartige Projekte werden in Japan, Südkorea, Indien und Amerika verfolgt, in Japan und Südkorea sind bereits kleinere Experimentalschiffe über Forschungsgelder finan-ziert im Bau. In Europa ist man noch unentschlossen und noch nicht von den Marktaussichten überzeugt.

    Abb. 22: Atmosphärischer Druck als Funktion der Höhe

    Helium Eigenschaften als Funktion der Höhe

  • 44

    Abb. 23: Tragfähigkeit als Funktion der Höhe

    Abb. 24: Volumen als Funktion der Höhe

    Helium Eigenschaften als Funktion der HöheHelium Eigenschaften als Funktion der Höhe

  • 45

    Abb. 25: Helium Eigenschaften als Funktoin der Höhe

    Neue Impulse haben diese Projekte durch eine militärische Anwendung als Überwachungsplattformen erhalten. Im Rahmen der „Homeland De-fense“ Aktion nach dem 11. September in Amerika wurden parallele Machbarkeitsstudien an die Industrie vergeben. Sollten diese Untersu-chungen positiv verlaufen, erwartet man bereits im September 2003 die Freigabe einer nächsten Phase, in der ein kleineres Experimentalgerät entwickelt und gebaut werden soll. Die Fertigstellung eines operationel-

    Helium Eigenschaften als Funktion der Höhe

    Höhenplattform Entwurf (Lockheed)

  • 46

    len Großgerätes ist bis Ende 2006 geplant. Abbildung 26 zeigt den Ent-wurf von Lockheed Martin. Es wird von einem Volumen von 300 000 bis 400 000 m³ ausgegangen, dies entspricht einer Länge von ca. 250 m und einem Durchmesser von ca. 50 m.

    Abb. 26: Höhenplattform Entwurf (Lockheed)

    Die Abbildung lässt die Solarzellen als Energieerzeuger erkennen. Zwei-fellos sind Antrieb und Energiebereitstellung neben dem extrem erforder-lichen Leichtbau eine der technologischen Herausforderungen. Alternativ oder in Kombination mit Solarzellen sind auch Kraftstoffzellen denkbar. Abbildung 27 stellt ein Systemschaubild für eine derartige Energie- und Antriebserzeugung dar.

    Abb. 27: Neuartiges Antriebssystem

    Im nächsten Schaubild (Abb. 28) ist das spezifische Gewicht über der erzeugten Leistung bereits realisierter Systeme (Punkte) aufgetragen.

    Neuartiges Antriebssystem

    Spezifisches Gewicht Neuer Antriebe

    Abb. 28: Spezifisches Gewicht neuer Antriebe

  • 47

    Insbesondere im Bereich kleiner Energie (kleiner 50 KW) liegen die spe-zifischen Gewichte noch viel zu hoch für einen Einsatz in Höhenluft-schiffe.

    In Deutschland hat sich Prof. Kröplin von der TU Stuttgart intensiv mit Luftschiffen beschäftigt. Ein kleines Experimentalluftschiff („Lotte“) mit Solarzellen wurde gebaut und viele wissenschaftliche und entwicklungs-technische Erkenntnisse konnten gewonnen werden. Von Prof. Kröplin wurde ein neues Höhenluftschiffkonzept – das Luftwurm Konzept – ent-wickelt (siehe Abb. 29 und 30).

    Abb. 29: Höhenplattform Entwurf (Prof. Kröplin)

    Die mit zunehmender Größe auslegungsentscheidenden Biegemomente und Manöverlasten führen bei herkömmlicher Prallluftschiffbauweise zu immer höheren Innendrücken und schwereren Hüllen. Das mehrgliedrig ausgeführte Luftwurmkonzept erlaubt eine gleichmäßig Verteilung der Lasten und damit geringere Innendrücke und leichtere Hüllenmaterialien. Ein kleines flugfähiges Modell wurde auf dem Brand vor der großen Cargolifterhalle bereits getestet (siehe Abb. 31).

    Höhenplattform Entwurf (Prof. Kröplin)

  • 48

    Abb. 30: Höhenplattform – Prinzipskizzen (Prof. Kröplin)

    Abb. 31: Höhenplattform Modell (Prof. Kröplin)

    Höhenplattform Modell (Prof. Kröplin)

    Höhenplattform - Prinzipskizzen (Prof. Kröplin)

  • 49

    Das Cargolifter Projekt, das bahnbrechend neue Wege im Schwerlastver-kehr beschreiten sollte, ist leider gescheitert.

    Der Cargolifter sollte bis zu 160 Tonnen heben und transportieren kön-nen (siehe Abb. 32 und 33).

    Abb. 32: CargoLifter Air Loading Procedure

    CargoLifter Air Loading Procedure

  • 50

    Abb. 33: CargoLifter Sectional View

    Als von Haus zu Haus Gerät insbesondere von der Anlagenindustrie ge-fordert und gefördert erwies sich wohl doch als zu ambitiös. Aufgrund fehlender Erfahrung mit Großluftschiffen (die letzten Zeppeline wurden 1940 abgewrackt) und dadurch nur schwer einschätzbarer technologi-scher und betrieblicher Risiken konnte der angestrebte Termin- und Kos-tenplan bei weitem nicht eingehalten werden, so dass letztendlich die fi-nanziellen Mittel ausgingen. Sicherlich war auch entscheidend die Unsi-cherheit über die Größe des Marktes.

    Neben vielen anderen Herausforderungen galt es auch ein Lastenaus-tauschsystem zu entwickeln, dass das genaue Absetzen von Schwerlasten bei Beachtung des notwendigen Gewichtsausgleiches im Luftschiff regel-te. Von der Firma ATG (Airship Technology Group) in England wird für den gleichen Einsatz ein Hybridkonzept favorisiert (siehe Abb. 34).

    CargoLifter Sectional View

  • 51

    Abb. 34: Skycat

    Der Auftriebskörper hat die Form eines Doppelrumpfes mit aerodynami-scher Formgebung, dieser trägt mit 40% aerodynamischen Auftrieb zur Auftriebsbilanz bei. Geringere Größe und ein Eigengewicht am Boden sind die Vorteile, ein Schwebezustand für ein punktgenaues Absetzen kann damit allerdings nicht erreicht werden. Ein 17 m großes Modell hat zumindest die aerodynamische und flugmechanische Machbarkeit de-monstriert.

    5 Ausblick

    Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich hoffe ich konnte Ihnen einen Überblick über den Stand der Technik, der Industrie und der Projekte der „Leichter-als-Luft“ Thematik geben. Luftschiffe und Zeppeline haben seit Beginn des letzten Jahrhunderts die Menschen weltweit begeistert. Das Erscheinen eines Luftschiffes löst nach wie vor Emotionen aus. Im-mer wieder wird der Ruf nach größeren Luftschiffen laut. Vielfach wird dabei nicht beachtet, dass Luftschiffe heute den Zulassungsrichtlinien und den Sicherheitsanforderungen der Zivilluftfahrt entsprechen müssen.

    Skycat

  • 52

    Neue Luftschiffe für den kommerziellen Einsatz können nicht wie ein Heißluftballon von Kleinstunternehmen entwickelt und gefertigt werden. Zugelassene Luftfahrtentwicklungs- und Herstellbetriebe sind ebenso Voraussetzung wie die Verwendung luftfahrtzugelassener Komponenten und Subsysteme. Dies wiederum führt zu Entwicklungskosten und –Zeiträumen wie diese in der Luftfahrt üblich sind. Ein return-of-investment stellt sich erst nach vielen Jahren ein und hängt entscheidend vom Markt ab. Wer will jedoch in einem Umfeld, in dem es keine Pro-dukte und Marktbeispiele gibt, belastbare Marktdaten ermitteln, um da-mit Investoren zu überzeugen? Mit dem Zeppelin NT ist es zumindest gelungen, einen Nachweis zu erbringen, dass der Rundflugmarkt vorhan-den ist. Allerdings ist der NT aus betriebswirtschaftlicher Sicht zu klein. Die bestehende Industrie insbesondere nach dem Konkurs der Cargolifter AG ist weder finanziell noch personell in der Lage, größere Luftschiffe kurzfristig zu entwickeln. Die weltweite konjunkturelle Situation hat au-ßerdem nahezu alle bestehenden Luftschiffunternehmen getroffen. Bleibt also nur die Kooperation mit Unternehmen aus der Luft- und Raumfahrt-branche, hier wiederum wird die Großindustrie vorrangig die bestehen-den Luftfahrtprojekte verfolgen und nicht unbedingt in ein neues System „Luftschiff“ investieren. Zumal der Luftschiffbetrieb neue Bodeninfra-strukturen benötigt, die heute nicht verfügbar sind und die ausschließlich von Luftschiffen genutzt werden können. Neue Entwicklungsimpulse können also nur aus den Großprojekten erwartet werden, die von militäri-schem und hoheitlichem Interesse sind. Sollten die erwähnten Großpro-jekte weitergeführt werden, ist auch damit zu rechnen, dass Universitäten und Forschungseinrichtung sich wieder Luftschiffen zuwenden, die sie - bis auf wenige Ausnahmen - in den letzten Jahrzehnten vernachlässigt haben (siehe Abb. 35).

  • 53

    Abb. 35: Resümée

    Die Zeppelin Luftschifftechnik GmbH ist vorbereitet in Kooperation neue, größere Luftschiffe zu entwickeln und zu bauen, sofern die Finan-zierung über Kunden, Investoren oder die öffentliche Hand sichergestellt werden kann.

    Die Veröffentlichung dieses Vortrages möchte ich meinem sehr geschätz-ten Lehrer, Doktorvater und Freund Herrn Professor Xaver Hafer wid-men. Anlässlich des Vortrages habe ich Herrn Hafer das letzte Mal gese-hen. Professor Hafer verstarb kurz vor seinem 88. Geburtstag am 30. September 2003.

    Resümee

    • Die Luftschiffindustrie befindet sich derzeit in einer strukturellenund finanziellen Krise

    • Neue Großprojekte können voraussichtlich nur finanziert werden,wenn sich der Öffentliche Auftraggeber maßgeblich beteiligt

    • Die neuen Projekte erfordern Technologiesprünge gegenüber dem derzeitigen Wissensstand

    • Der Abbau technologischer Risiken erfordert ein stärkeresInteresse der Universitäten und Forschungseinrichtungen