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Interessierten Pfarrern und Mitarbeitern vermittelt dieses Heft einen Einblick in die Theologie des Alpha-Kurses. Es beantwortet Fragen zu didaktischen, inhaltlichen und praktischen Themen. Mit Erfahrungsberichten von Kirchengemeinden, die selbst einen Alpha-Kurs durchgeführt haben. Eine wunderbare Verständnishilfe.
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Armin Beck (Hrsg.)
Alpha für Protestanten
Der Alpha-Kurs in evangelischen Kirchengemeinden
5
Inhalt
Geleitwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
Kapitel 1: Wie funktioniert der Alpha-Kurs? oder:
Theologie der Evangelisation bei Alpha . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
1.1 Die missionarischen Prinzipien von Alpha . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
1.1.1 Erstes Prinzip: Alpha ist Verkündigung von Gottes Wort
durch die Ortsgemeinde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
1.1.2 Zweites Prinzip: Glaube unterliegt einem
Wachstumsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
Exkurs I: Das Bibelverständnis von Alpha (Hermeneutik) . . . . . . . . . . . . . . 31
1.1.3 Drittes Prinzip: Alpha ist ganzheitliche Verkündigung . . . . . . . . . 45
1.1.4 Viertes Prinzip: Evangelisation bei Alpha ist
mehrdimensional . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
Exkurs II: Alpha und der dritte Glaubensartikel (Pneumatologie). . . . . . 63
Kapitel 2: Praxis des Alpha-Kurses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
2.1 Das Wichtigste zuerst: A-L-P-H-A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
2.2 Der typische Alpha-Abend . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
2.3 Zeitlicher und thematischer Aufbau des Kurses . . . . . . . . . . . . . . . 91
2.4 Das Alpha-Wochenende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94
Kapitel 3: Alpha – mehr als ein Baustein zur missionarischen
Gemeindeentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98
3.1 Die Alpha-DNA. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98
3.2 Einbettung des Alpha-Kurses in das kirchengemeindliche
Umfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100
6
3.3 Was kommt nach Alpha?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112
3.4 Kurse für besondere Zielgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115
Exkurs III: Alpha-Kurs und Gemeindeaufbau oder:
„Wer A sagt, muss auch B sagen“ (Ekklesiologie) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118
Kapitel 4: Erfahrungen mit Alpha in evangelischen
Kirchengemeinden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132
4.1 Evangelische Kirchengemeinde Niederkaufungen,
Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133
4.2 Evangelische Kirchengemeinde Cleebronn, Evangelische
Landeskirche in Württemberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137
4.3 Lutherkirchgemeinde Chemnitz, Evangelisch-lutherische
Landeskirche Sachsens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142
4.4 Kirchengemeinde Mertensdorf, Landgemeinde in der Prignitz,
Evangelisch-lutherische Landeskirche Mecklenburgs . . . . . . . . . . 145
Ein Schlusswort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150
Checkliste: Wie geht es weiter? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152
Die Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153
Weiterführende Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155
Adressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157
Anmerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158
7
Geleitwort
„Eine Erfolgsgeschichte“Alpha entwickelte sich nicht nur weltweit zum „Branchenführer“ von
Glaubenskursen, sondern ist auch in Deutschland der bekannteste und
am weitesten verbreitete Kurs – und das keineswegs nur im freikirchli-
chen Raum, sondern ebenso deutlich in zahlreichen Gliedkirchen der EKD.
Dem Kurs gelingt es, unsere Zeitgenossen in ihrer Lebenswelt und ihren
Fragen abzuholen und diese mit Glaubensinformation zu verbinden.
Durch Begegnung, Kommunikation, Glaubensinformation und spirituelle
Erfahrung werden die Teilnehmenden in einen Lernprozess des Glaubens
hineingenommen. Die Rückmeldungen von Teilnehmenden als auch die
Wirkungsgeschichte in Kirchengemeinden sind durchweg positiv – selbst
da, wo der Kurs mit einer kritischen Vorsicht begonnen wurde.
„In der Kritik“Gleichwohl sieht sich Alpha immer wieder mit kritischen Anfragen kon-
frontiert. Der weltweit einheitliche Kurs sei bei der Übersetzung nicht
hinreichend kontextualisiert. Der ekklesiologische Hintergrund sei eher
freikirchlich als volkskirchlich gedacht. Theologische Grundlinien des Kur-
ses seien nicht mit den theologischen Entwicklungen im Protestantismus
kompatibel. Insbesondere die zentrale Rolle der Kurseinheiten zum Heili-
gen Geist, seiner Erfahrbarkeit auch in den Zeichen des Sprachengebets,
stellt die Kursanwender im landeskirchlichen Kontext vor große Heraus-
forderungen.
„Für die Praxis“Mit dem vorliegenden Buch stellt sich Alpha Deutschland diesen kriti-
schen Herausforderungen. Die Autoren, selber für Alpha im volkskirchli-
chen Protestantismus aktiv, legen Rechenschaft ab über Theologie und
Praxis des Alpha-Glaubenskurses, und das ausdrücklich in Bezug auf
8
Grundlinien reformatorischer Theologie und in Bezug auf die volkskirch-
liche Situation. Damit wird – sozusagen nachträglich – ein wichtiges
Stück an Kontextualisierung des Alpha-Kurses für die missionarische Ar-
beit im volkskirchlichen Rahmen geleistet.
Der Glaube ist unser größter Schatz, und es gibt nichts Schöneres, als ihn
mit möglichst vielen Menschen ins Gespräch zu bringen. Kurse zum Glau-
ben bieten eine hervorragende Gelegenheit, dass Erwachsene den Glau-
ben entdecken. Wenn die Evangelische Kirche in Deutschland missionari-
sche Bildungsangebote verstärken will, wird Alpha dabei eine wichtige
Rolle spielen, eben „Alpha für Protestanten“.
Dr. Erhard Berneburg, Generalsekretär der Arbeitsgemeinschaft
Missionarische Dienste
9
Einführung
Glaubenskurse erfreuen sich in den letzten Jahren zunehmender Beliebt-
heit. Sie bedienen das Bedürfnis nach elementarer religiöser Bildung in
einer von Traditionsabbruch geprägten Zeit und stillen eine tiefe Sehn-
sucht nach geistlichen Erfahrungen und Orientierung in einer säkulari-
sierten Multioptionsgesellschaft.
Sie vermitteln grundlegende Informationen über den Glauben und
bieten eine Erfahrung christlicher Gemeinschaft „auf Zeit“. Menschen
können in diesem zeitlich begrenzten Erfahrungsraum „ausprobieren“,
ob das Christentum und die konkrete christliche Gemeinde zu ihnen „pas-
sen“.
Glaubenskurse helfen getauften Christen, sich ihres eigenen Glaubens
zu vergewissern, und geben anderen, die entweder der Kirche und dem
Glauben fernstehen oder aber gar nicht religiös sozialisiert wurden, die
Möglichkeit, einen Einstieg in die Welt des Glaubens, der Kirche und des
Christseins zu finden.
Der Alpha-Kurs ist der am meisten genutzte Glaubenskurs, sowohl
weltweit als auch in Deutschland.1 Alpha stammt aus der anglikanischen
Kirche Englands, sein Ursprung ist die Londoner Kirchengemeinde Holy
Trinity Brompton. Autor der Materialien ist der Theologe und Jurist Nicky
Gumbel, der leitende Geistliche von Holy Trinity.
Seit dem Start Anfang der 1990er-Jahre sind es derzeit weltweit über
40 000 Alpha-Kurse in 152 Ländern. Schätzungen zufolge haben bisher
über 16 Millionen Menschen weltweit an einem Alpha-Kurs teilgenom-
men. In Deutschland sind es zurzeit etwa 1 400 Gemeinden, die Alpha an-
bieten.
Alpha wird in evangelischen, katholischen und freikirchlichen Gemein-
den durchgeführt und ist insofern ökumenisch.
In Deutschland startete der Alpha-Kurs zu Beginn der 1990er-Jahre
zunächst im evangelischen Raum. Der erste Alpha-Kurs fand 1993 unter
10
Studenten in Marburg statt. Nicky Gumbel war zu Gast im „Christus-Treff“
Marburg und hatte den Kurs noch unübersetzt dagelassen. Ich war da-
mals als studentischer Mitarbeiter in diesem ersten deutschen Alpha-
Team selbst dabei. Im folgenden Jahr fand ein weiterer Besuch Nicky
Gumbels auf einem Gemeindeaufbau-Kongress der GGE (Geistliche Ge-
meindeerneuerung in der Evangelischen Kirche) und der AGGA (Arbeitsge-
meinschaft für Gemeindeaufbau) statt, der den offiziellen Start von Alpha
in Deutschland einläutete.
Schon bald wurde der Kurs auch von der katholischen und freikirchli-
chen Szene entdeckt. Er hat schnell einen Ruf als hervorragendes missio-
narisches Instrument gewonnen.
Meine eigene theologische Exis-
tenz haben Alpha und das Thema
Glaubenskurse seit diesen Tagen
begleitet. Ich habe im Vikariat
und im Gemeindepfarramt auch
andere Kurssysteme kennenge-
lernt und ausprobiert, aber der
Alpha-Kurs blieb für mich immer
etwas Besonderes: Entscheidend
für mich waren der schon er-
wähnte Besuch Nicky Gumbels in
Marburg und ein privater Besuch in England, bei dem ich auch zu Gast in
Holy Trinity war. Mir wurde deutlich, dass der Kurs nicht für sich allein
steht, sondern in sich ein ganzes Programm, ein Bild von Gemeindeauf-
bau transportiert, das ich faszinierend fand: Ehrlich gemeinte Gastfreund-
schaft ohne Aufdringlichkeit, lebensnahe Theologie und eine fröhliche,
aber nicht übertriebene Spiritualität bildeten einen Rahmen, in dem auch
junge Menschen und vor allem dem Glauben fernstehende Menschen ein
Zuhause finden konnten. Es war für mich in den vielen Alpha-Kursen, die
ich seitdem selbst geleitet habe, erstaunlich zu beobachten, wie aus skep-
tischen Zeitgenossen Menschen wurden, für die der Glaube eine wesent-
liche Rolle in ihrem Leben zu spielen begann.
Die Kirche Holy Trinity Brompton
11
Wachstumsentwicklung von Alpha-Kursen in Deutschland
1500
13501250
1020
580
350
14030
12/96 12/98 12/00 12/02 12/04 12/06 12/08 09/10
Im September 2010 waren mehr als 1500 Alpha-Kurse in ganz Deutschland registriert!
Entwicklung in Deutschland
Als spätestens 1999 mit der EKD-Synode in Leipzig der Ruf nach einer
Verstärkung verantwortlicher missionarischer Praxis in der evangeli-
schen Kirche laut wurde, stieg das Interesse an der Arbeit mit Glau-
benskursen in breiteren Segmenten der evangelischen Kirche. Fast alle
missi ona rischen Ämter der Gliedkirchen nahmen sich des Themas an und
führten vermehrt Veranstaltungen zur Multiplikation von Glaubenskur-
sen durch.
Auf Studienreisen nach England, die dem gelungenen missionarischen
Aufbruch der anglikanischen Kirche galten, stießen Leitungsverantwort-
liche immer wieder auf den Namen „Alpha-Kurs“. Auch gab es einige
deutsche evangelische Kirchengemeinden, die ein starkes Gemeinde-
wachstum aufwiesen, das nicht zuletzt mit dem Einsatz von Alpha-Kur-
sen zusammenhing.2
Dennoch stieß der Kurs hierzulande auf Skepsis in Teilen der evangeli-
schen Kirche: Skepsis erregte wohl die angelsächsische Herkunft, die un-
gewohnte Begeisterung mancher Berichte aus der Arbeit mit Alpha, die
starke Verbreitung im freikirchlichen Raum und der ohnehin bestehende
12
Generalverdacht gegenüber missionarischer Arbeit, einnehmend und
manipulativ zu sein.
Viele positive Beispiele aus evangelischen Landeskirchen und die wei-
terhin steigende Nachfrage nach dem Kurs in der evangelischen Kirche
sowie die Aufnahme von Alpha-Deutschland e. V. in die Arbeitsgemein-
schaft Missionarischer Dienste (AMD) ließen das Vertrauen in Alpha weiter
wachsen.
Als im Jahre 2008 das EKD-Reformprojekt „Erwachsen glauben“ (www.
kurse-zum-glauben.de), eine missionarische Bildungsinitiative mit dem
Ziel eines flächendeckenden Angebots von Glaubenskursen, auf den Weg
gebracht wurde, lag es auch nahe, den Alpha-Kurs in die Reihe der zu
empfehlenden Glaubenskurse aufzunehmen. In den Vorgesprächen wur-
de deutlich, dass es hilfreich wäre, zusätzliches Material bereitzustellen,
das Alpha in die Sprache und die besonderen Gegebenheiten des evange-
lischen Raumes „übersetzt“. So entstand die Idee für „Alpha für Protestan-
ten“.
Besonders wichtig erschienen uns folgende Aufgaben:
• Einführung in den Alpha-Kurs: Eine kurze Information über den Alpha-
Kurs. Welche missionarischen Prinzipien sind es, die diesen Kurs so er-
folgreich machen?
• Kontextualisierung: Wie fügt sich Alpha bereichernd in den volkskirch-
lichen Gemeindeaufbau der evangelischen Kirche ein?
• Theologie: Welche Theologie prägt den Alpha-Kurs und inwiefern trägt
Alpha auch protestantische Grundzüge?
Kann man bei den ersten Fragen auf eine breite Erfahrung, gutes Textma-
terial und eine umfassende Reflexion zurückgreifen, steht die dritte Frage
zwar stets virulent im Raum, ist aber kaum schriftlich fixiert worden.
So kommen wir in theologischen Exkursen den häufigsten Anfragen auf
die Spur, die gegenüber dem Alpha-Kurs geäußert werden:
13
• „Ist Alpha nicht einem zu einfachen Verständnis der Heiligen Schrift
verfallen und ignoriert damit die Erkenntnisse der historisch-kriti-
schen Exegese?“ – Exkurs I: Die Frage nach dem Schriftverständnis
(Hermeneutik).
• „Stellt Alpha nicht zu sehr die Heilig-Geist-Thematik in den Mittel-
punkt? Ist Alpha nicht zu charismatisch?“ – Das ist die Frage nach der
Lehre vom Heiligen Geist (Pneumatologie) und wird in Exkurs II behan-
delt.
• Und schließlich die grundsätzliche Frage: „Passt das Bild von Gemein-
de, das hinter Alpha steht, eigentlich in die evangelische Volkskir-
che?“ – Die Frage nach der Lehre von der Kirche (Ekklesiologie) von
Alpha erläutert Exkurs III.
Ziel bei der Darstellung ist weniger eine Apologie des Alpha-Kurses. Es ist
hinlänglich erwiesen, dass der Alpha-Kurs in evangelischen Kirchenge-
meinden eine Bereicherung ist. Wie das konkret in evangelischen Ge-
meinden aussieht, sollen die in diesem Buch ausgesuchten Beispiele in
Kapitel 4 verdeutlichen.
Es geht eher um Übersetzung, Erklärung, Verstehen des Phänomens
„Alpha“. Besonders faszinierend finde ich dabei die Beobachtung, dass
auch in Gemeinden, die den Kurs trotz zunächst bestehender Skepsis
durchführen, bald eine Art Begeisterung für den Kurs entsteht. Das führt
manchmal zu einer Nachjustierung der theologischen Brille: Auch dazu
soll dieses Buch hilfreich sein.
Wir reden in diesem Zusammenhang gern von der Alpha-„DNA“. Da-
mit sind die Dinge gemeint, die mit dem Alpha-Kurs transportiert und in
eine Gemeinde implementiert werden. Es sind genau die Dinge, die mich
selbst von Alpha überzeugten: Es ist die einladende Gastfreundlichkeit,
die Praxis des Glaubensgesprächs auf der Basis grundlegender Informati-
onen, die gelebte fröhliche Spiritualität. Diese Dinge lassen Alpha welt-
weit so erfolgreich sein.
14
Dieses Buch möchte dazu beitragen, das Phänomen „Alpha“ zu verstehen.
Es bietet eine Einführung in den Kurs, ohne die vorhandenen Materialien
zu ersetzen. Dazu werden verschiedene Stimmen auf unterschiedliche
Weise zu Wort kommen: erklärende Passagen, vertiefende theologische
Exkurse und Berichte aus der Praxis.
„Alpha für Protestanten“ möchte ein Reiseführer sein, der Ihnen hilft,
eine vielleicht ganz neue Welt zu entdecken und ihren Zauber auch in Ih-
rer Arbeit und Gemeinde fruchtbar werden zu lassen.
15
Kapitel 1
Wie funktioniert der Alpha-Kurs?oder: Theologie der Evangelisation bei Alpha
„Jesus Christus spricht: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben;
niemand kommt zum Vater denn durch mich (Joh 14,6).
Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer nicht zur Tür hineingeht in den
Schafstall, sondern steigt anderswo hinein, der ist ein Dieb und Räuber.
Ich bin die Tür; wenn jemand durch mich hineingeht, wird er selig werden
(Joh 10,1.9).
Jesus Christus, wie er uns in der Heiligen Schrift bezeugt wird, ist das eine
Wort Gottes, das wir zu hören, dem wir im Leben und im Sterben zu vertrau-
en und zu gehorchen haben“ (1. These der Barmer theologischen Erklärung
von 1934).
Wenn man es in einem Satz sagen möchte, worum es eigentlich im Alpha-
Kurs geht, dann lässt sich das in diesen Worten zusammenfassen: um die
Verkündigung des einen Wortes Gottes, um Jesus Christus, seinen Tod am
Kreuz und um seine Auferstehung.
Diese Gute Nachricht, das Evangelium von Jesus Christus sowohl den
getauften Menschen als auch den noch nicht getauften, den kirchlichen
und den noch weit von Kirche und Glauben Entfernten zu verkünden, ist
das Ziel des Alpha-Kurses. Insofern ist der Alpha-Kurs „evangelisierendes
Handeln“ der Kirche in zeitgemäßer Form.
Wenn ich von „Evangelisation“ rede, meine ich genau dieses „evangeli-
sierende Handeln“, wie es die Gemeinschaft der evangelischen Kirchen
von Europa formuliert hat:
„… und verstehen darunter einen Lebensprozess der ganzen Kirche in Wort
und Tat, die Menschen den Freiheitsraum des Evangeliums aufschließt, in
16
dem ihnen die Begegnung mit dem in Jesus Christus Mensch gewordenen
Gott ermöglicht wird. Evangelisierung ist ein multidimensionales Gesche-
hen, das explizit das Ziel verfolgt, Glauben zu wecken und zu vergewissern.
In unseren Kirchen der Reformation liegt dabei ein besonderer Akzent auf
der Glauben weckenden Wortverkündigung.“3
Die Erfahrungen bei dieser Zentralaufgabe, das Evangelium von Jesus
Christus zu verkündigen, sind jedoch zwiespältig. Wenn wir ehrlich sind,
dann wird deutlich, dass es im evangelischen Raum unterschiedliche Er-
fahrungen mit dieser Verkündigungsaufgabe gibt. Oft erscheint uns der
Verkündigungsauftrag mühsam, obwohl es in der volkskirchlichen Praxis
eine Menge von Gelegenheiten gibt, diesen wahrzunehmen: im Gottes-
dienst, in der Konfirmanden- und Jugendarbeit, der Arbeit mit Kindern,
Senioren und bei Kasualien (z. B. Taufe, Konfirmation, Trauung, Bestat-
tung). Die Erfahrung ist jedoch oft, dass man sich durchaus mehr Gemein-
deglieder in den zentralen Angeboten des Gemeindelebens beispielswei-
se im Gottesdienst wünscht. Und die Erfahrung, dass sich Menschen neu
für das kerngemeindliche Leben interessieren, ist relativ selten.
Auf der anderen Seite gibt es bei vielen negative Erfahrungen mit ei-
ner theologisch einseitig orientierten Missionspraxis, die relativ unsensi-
bel und manchmal grenzüberschreitend Menschen durch eine streng
moralisch ausgelegte Sündenerkenntnis zur Konversion bewegen will.
Eine solche theologische Verengung korreliert sehr oft mit einer ge-
setzlichen Form des Christentums, dem ehemalige Insider und auch nach
Glaubensantworten suchende Zeitgenossen misstrauisch oder sogar ab-
lehnend gegenüberstehen.
Der Alpha-Kurs ist eine Chance, zum Glauben einzuladen, ohne Druck
aufzubauen oder Menschen zu verletzen. Der Kurs bietet eine gastfreund-
lich-lockere Atmosphäre, die es ermöglicht, Menschen ohne Druck zu
einem Leben mit und aus dem Glauben einzuladen. Das wird aller Erfah-
rung nach als Gewinn für Gäste und Gastgeber empfunden. Eine Definiti-
on von Alpha lautet: „Alpha heißt, die Gute Nachricht weitersagen durch
ganz normale Leute!“
17
Mit anderen Worten: Im Alpha-Kurs geht es um das Anliegen, das alle
Christen miteinander teilen, nämlich der Kirche fernstehende Menschen
auf eine zeitgemäße Art mit dem dreieinigen Gott bekannt zu machen
und ihnen zu helfen, ein tragendes und befreiendes Vertrauensverhältnis
zu ihm zu finden.
1.1 Die missionarischen Prinzipien von Alpha
Hinter dieser Praxis des Alpha-Kurses lassen sich drei verschiedene Prinzi-
pien ausmachen, die sich so schon im Zeugnis des Neuen Testaments fin-
den lassen. Diese theologischen Prinzipien des Alpha-Kurses möchte ich
schon einmal kurz nennen, ehe ich sie ausführlich erläutere:
• Erstes Prinzip: Alpha ist Verkündigung von Gottes Wort durch die Orts-
gemeinde.
• Zweites Prinzip: Glaube unterliegt einem Wachstumsprozess.
• Drittes Prinzip: Alpha ist ganzheitliche Verkündigung.
• Viertes Prinzip: Evangelisation bei Alpha ist mehrdimensional.
1.1.1 Erstes Prinzip: Alpha ist Verkündigung von Gottes Wort durch die Ortsgemeinde
Evangelisierendes Handeln der Kirche wird oft lediglich in zwei Bereichen
vermutet: erstens in der „Evangelisation“ als einer besonderen Veranstal-
tungsform. Entweder finden diese in den Räumen einer Gemeinde oder
als Zeltevangelisation oder sogar als Großveranstaltung statt. Es tritt ein
rhetorisch besonders begabter Redner auf, der am Ende seiner Predigt zu
einer Entscheidung für ein Leben mit Christus aufruft.
Die andere Form ist die Evangelisation von Person zu Person: Ein
Mensch bezeugt einem anderen glaubhaft die Wahrheit und persönliche
Relevanz des christlichen Glaubens, bis dieser sich in einem existenziell
bedeutsamen Schritt entschließt, ebenfalls zu glauben.
18
Beides ist sicher nicht verkehrt und kann sich auf biblische Vorbilder
berufen: So kann man mit etwas gutem Willen die in Matthäus 5 bis 7
geschilderte Szenerie der Bergpredigt oder die Pfingstpredigt des Petrus
als Vorbild für eine solche Großveranstaltung sehen. Und das in Apostel-
geschichte 8,26–40 geschilderte Gespräch zwischen Philippus und dem
äthiopischen Kämmerer könnte als Vorbild für ein solches Glauben we-
ckendes Gespräch unter zwei Menschen dienen.
Beide Arten von Evangelisation finden auch heute statt, von beiden er-
zählen Menschen aus ihrer eigenen Konversionsgeschichte.4
Offensichtlich gibt es aber noch ein drittes Evangelisationsmodell im
Neuen Testament. Ein sehr effektives, über die Jahrhunderte vielleicht das
effektivste Modell von Evangelisation überhaupt: die Verkündigung der
Frohen Botschaft an Außenstehende durch die Ortsgemeinde.
Paulus schreibt an die Gemeinde in Thessaloniki: „Und ihr seid unserm
Beispiel gefolgt und dem des Herrn und habt das Wort aufgenommen in
großer Bedrängnis mit Freuden im Heiligen Geist, sodass ihr ein Vorbild ge-
worden seid für alle Gläubigen in Mazedonien und Achaja“ (1 Thess 1,6–7).
Der Theologe und Autor John Stott drückte es so aus: „Evangelisation
durch die Ortsgemeinde ist die normalste, natürlichste und produktivste
Methode, heute das Evangelium zu verbreiten.“
Es sprechen vier gute Gründe für die Weitergabe des Glaubens durch
die Ortsgemeinde:
a) Sie ist ehrlich: Man bekommt, was man sieht!
b) Sie hängt nicht an einer Person: Viele ehrenamtliche Mitarbeiter5 sind
eingebunden!
c) Sie geschieht durch vorhandene Beziehungen: Freunde laden Freunde
ein!
d) Sie findet kontinuierlich statt: Verlässlichkeit und Kontinuität!