Althusser - Freud und Lacan

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Die Psychoanalyse im historischen Materialismus

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  • 5/11/2018 Althusser - Freud und Lacan

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    im historischen MaterialismusVerlag Berlin

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    Aus dern Fronzoslschen Uberse+zt von Honns-Hennlnq Ritterund Herbert Nagel (Althusser) und von Chantal Creuzotund Gerhard Ahrens (Tort)

    Cby IVIerve Verlag GmbH, Berlin 15, Postfcch 327prjnted in Germany 1976Druck und Bindearbeiten: Dressier , BerlinUmschlagentwurf: "Betrleb ", KtilnISBN 3-920986-77-6

    wir es ohne Umschweife: wer heute Freuds revo-Entdeckung verstehen, nicht bloB ihre ExistenzKenntnis nehmen, sondem ihren Sinn erkennen will,un ter groBen theoreti schen und krit ischen Anstren-die ungeheure Kluft ideologischer Vorurtei le

    , die uns von Freud trennen. Denn nichtFreuds Entdeckung, wie wir sehen werden,sziplinen aufgesogen, die ihr wesentlich fremd(Biologie, Psychologie, Soziologie, Philosophie);nur haben sich viele Psychonanlytiker (vor altem..... oriL"..nischen Schule) zu Komplizen dieses Revi-

    gemacht; sondern, was wichtiger ist, dieseri smus hat seIber objektiv zu der ungeheuerlichensehen Ausbeutung beigetragen, deren Objekt unddie Psychoanalyse geworden ist. Nicht ohne Grundvor einiger Zeit (1948) franz&ische Marxisten

    als "reaktionl:Jre Ideologie" denunziert,ideologischen Kampf gegen den Marxismus allt und Instrument der Einschuchterung und My-des ~wuBtseins eingesetz t werde.jedoch kann man sehr wohl sagen, doBauf ihr;: Weise, direkt oder indirekt,der von ihnen gebrandmarkten Ideol~ie w.~~.'.......sind: denn sie verwechselten sie mit der' r4vc)lu ...Entdeckung' Freuds undakzeptierten

    des Gegners, unterwarfen sieh seinen oeolrl.,und nahmen dos Bild, dos er ihnen au'fdri~n'lte"iRealit1: lt der Psychoanalyse. Die gesamte Ge-der Beziehungen von Psychoanalyse und Mar-beruht im wesentl ichen auf dieser Verwechslung

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    mochen: die "herrschenden" Vorste llungen spie l-ten ihre "Herrschaftsrolle" so perfekt, daB sie unbe-merkt soqor die Gedanken derer beherrschten, die siebekdmpfen wol Iten. Des loBt sich ouch an der Existenzdes psychoana fyti schen Revisioni smus oblesen , der [eneAusbeutung ermoql ich t hat: der Rtlckfcl l in Ideologiebegann mit dern Ruckfall der Psychoanalyse in den Bio-loqismus, Psychologismus und Soziologismus.Es laBt sich ouch verstehen, daB der Revisionismus durchdie Zweideutigkei t bestimmter Begriffe Freuds sich auto-risieren konnte , denn Freud war wie aile Neuerer gen6-tigt, seine Entdeckung in vorgefundenen theoreti schenBeqriffen zu denken, die fUr andere Zwecke gemachtworen (war nicht ouch Marx genC>tig t, seine Entdeckungin bestimmten Hegelschen Begr iffen zu denken?). Deswird niemanden Uberraschen, der seine Aufmerksamkeitouch nur lin wenig auf die Geschichte neuer Wissen-schaften lenkt - und der darauf bedacht ist, das Unre-duz ierbore einer Entdeckung und ihres Gegenstandes anden Begriffen zu gewahren, die sie bei ihrer Entstehungzum Ausdruck bringen und die schlieBlich, wenn siedurch den Fortschritt der Erkenntnis an Aktualitot ver-lieren , die Entdeckung verschleiern konnen ,fine Ruckkehr zu Freud erfordert daher heute:nicht nur (1), den ideologischen Ableger seiner reak-tiondren Ausbeutung 015 krude Mystifizierung zuruckzu-wei sen ,sondern doruberhinous (2), zu vermeiden, den Zwei-deutigkeiten des psychoanolytischen Revisionismus ouf-zusi tzen , die heure subtiler sind und die vorn Prestigeeiniger mehr oder weniger wissenschaftlicher Diszipl i-nen aufrechterhalten werden,

    sich liner ernsthaften Arbeit historisch-theoretischerKritik zu widmen, urn in den Begriffen, die Freud ver-wenden m u fi +e , das wohrhofte epistemologischeV r h o It n s dieser Begriffe und des lnho lts , der in6

    gedacht wurde, auszumachen und zu defini eren.diese dreifache Anst rengung ideologischer Kritik(2) und epistemologischer Klarung (3), die in Frank-durch Lacon zuerst unternommen wurde, wird dieung Freuds in ihrer Spezifitat auBerhalb unseresbleiben; ohne sie wurden wir, was in anderert gefahrlich ist, fUr Freud holten, was man dafur

    hat, ob wir dem (015 einer reoktiondren ideo-schen Ausbeutung) nun entgegentreten, oder ob wi r(015 verschiedenen Formen des blo-psycho-sozlolc-Revisionismus}mehr oder weniger unbedacht zu-wollten. In beiden Ftillen blieben wir,auf ver-Ebenen, Gefangene implizi ter oder expl iz i-Kategorien der ideologischen Ausbeutung und des

    ischen Revisionismus. Die Marxisten, die aus Er-wissen, wie sehr Marx' Denken durch seineentstellt wurde, konnen begreifen, daB Freudseine Weise dasselbe Schicksal haben konnte undgroB die theoreti sche Bedeutung einer authent ischenzu Freud" ist.

    zugestehen, daB ein sa kurzer Artikel, derProblem von solcher Tragweite behandeln will, aufWesentliche sich beschrdnken muB, will er diesesnicht verraten: er muB den G e 9 ens tan dychoanalyse, um eine erste Definition von ihmin den Begriffen oufsuchen, die seine L o-s i e run g, die unabdingbare Voraussetzung derihres Gegenstandes, erlauben. Man wird folg-ouch zustimmen, da B diese Begriffe, soweit esch ist, in ihrer strengen Form eingefuhrt werden,jede wissenschaftliche Disziplin es tut, und daBnicht in einem schamlos popularis ierenden Kommen-verwdssert werden, wenngleich eine Analyse, diewirklich entwickelte , nicht unternommen werden, do sle einer ganz anderen Ausfuhrlichkeit be-

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    durfte ,Des ernsthefte Studium Freuds und Lacans, dos jederzu beginnen hdt+e , wird allein zu einer genauen Ein-schCitzung dieser Begriffefuhren und wird es erlauben,die Prob l eme , die eine an Resultaten und Versprechenschon so reiche theoreti sche Reflexion noch unbestimmtgelassen hat, zu begreifen.

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    /FREUD UND LACAN/

    Freunde haben mir zu Recht v6fgehalttJfil} daB ich UberLacon in nur drei Zeilen gesprochen habetO) -.zuviel fUr dos, was ich uber ihn soQte, un'd>zu wenigdie Foigerungen, die ich doraus zog. Sie habenum einige Worte gebeten , um sowohl melne Anspie-wie ihre'1';l~egenstand zu begrUnden;'Hi~ sind sie -ige Worte, wo ein Such angemessen w;l:lre.

    der Geschichte der abendll:lndischen Vernunft sind Gebur-Gegenstond oller/~ur m~glichen Sorgfolt, Voroussicht,, Vorkehrung6n usw. Prl:lnotoles ist inst.fu-lisiert. Wenn eine neue Wissenschoft gebOren wird,der Fami lienkreis immer gleich zu Erstaunen, Froh-und Taufe bereit. Seit langem wird jedes Kind,ein Findling, 015 Sohn eines Voters anerkannt Iist es ein Wunderkind, so wurden die Vl:lter an derum es kl:lmpfen, wl:lre nicht die Mutter mit demschuldi.., Respekt. In un serer uberfUllten Welt istdie Geburt ein PI~i~'r vorgesehen, ein Platz ist 50-- "prospektiv" - ftr' die Voroussicht der Geburtines Wissens wurden im Verlauf des 19. Jahrhundertsoder drei Kinder geboren, die man nicht erwar-Marx, Nietzsche, Freud. "Noturllche" Kindersie in dem Sinne, 015 die Natur die Sitten, dosRecht, die Mara I und die gute Erziehung verletzt:ist die verletzte Regel, die unverheiratete Mutter,

    Iso dos Fehlen eines legalen Vaters. Die cbendldndl-Vernunft II: lBtein Kind ohne Voter teuer bezahlen.rx, Nietzsche, Freud muBten die oftmals harte Rech ..des Uberlebens begleichen: ein Preis, der aus Au-@n.... it..rt. Verdammung, Schml:lhungen, Hunger und

    oder Varianten der eng-Left Review9

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    Tod oder Wahnsinn sich errechnet. lch rede nur vonIhnen (man konnte von enderen Ungluckl ichen sprechen,die ihr Todesurteil in Farbe, Klang oder Poesie ous-druckten). lch spreche nur von ihnen, weil sie Geburtvon Wissenschaften oder von Kritik gewesen sind,DaG Freud Armut, Verleumdung und Verfolgung ge-konnt hat, daS se in Geist standfest genug war, uma l ie Schmahungen des Zei t o Iters zu ertragen, indemer sle interpretierte - all dies mag ni cht ohne Bezie-zu einigen der Grenzen und Blockierungen sei-nes Genies sein. Lassen wir dies beiseite, do eine ge-neue PrUfung zweifel los verfruht ist. Betrachten wirbioS die Einsamkeit Freuds in seiner Zeit. lch sprechenicht von der menschlichen Einsamkeit (er hatte Lehrerund Freunde, ouch wenn er den Hunger gekannt hat),ich spreche von seiner theoretischen Einsamkeit.Denn wenn er die auSergewl :5hnliche Entdeckung, aufdie er tagtaglich in seiner Praxi s stieB, denken, cIoshe ii3t in Form eines strengen Systems abstrakter Begriffeausdrucken wo l lte , dann mochte er wohl nach theore-tischen Vorlaufern, Vatern der Theorie, Ausschau hal-ten er konnte kaum welche finden. Er muBte die fol-ge~de theoretische Si tuation ubernehmen und bewalt i-gen: er muSte se in eigener Vater sein, den theoreti-schen Rahmen seiner Entdeckung mit eigenem handwerk-lichen Geschick konstruieren, er muSte ous Faden, dieer si ch noch GutdUnken von links und rechts borgte,gro{3e Netz knUpfen, mit dem in den Tiefen blin-

    Erfahrung der machtige Fisch des UnbewuSten ge-fongen werden sollte, den die Menschen stumm nen-nen , weil er gerade donn spricht, wenn sie schlafen.U rn es in Kantischen Begriffen zu sagen: Freud muf3teseine Entdeckung und seine Praxis in geborgten Be-

    Hen denken, die der energetischen Physik, die da-10

    mals herrschte, der politischen Okonomie und der Bio-logie seiner Zeit entlehnt waren. Ohne rechtmaBigesErbteil - auBer einem kleinen Bundel phi losophischer~gri~fe (~ewuStes, ~orbewu!3tes, UnbewuBtes .usf.},die viel leicht eher hinder lich als fruchtbar waren weilvon einer Problematik des Bewuf3tseins gezeichnet' diebei aller Scharfung der Begrif fe gegenwartig blieb.kein von welchen Ahnen auch immer ererbter Grund:seine einzigen Vorganger sind Schrifts te ller: Sophokl~s,Shakesp,eare, Moli~re, Goethe - Redewendungen usf..Theorerlsch hat Freud seine Sache allein gefUhrt: erst~lIte .seine eigenen Begriffe her, selbstgefertigte Be-griffe rm Schutze geborgter Begriffe, die dem Standd~r existierenden Wissenschaften entnommen waren unddie, man muB es sagen, dem Umkreis der ideologischenWelt, in die sie eingetaucht waren, entstammten.So haben wir Freud vorgefunden. Eine lange Reihe vonTexten, tief, manchmal klar, manchmal dunkel oftratse. lhaft und widersprUchl ich, problematisch u~d mitBegnffen bestUckt, von denen viele uns auf den erstenBlick uberholt, ihrem Inhalt unangemessen veraltet er-h 'sc ernen , Denn an der Existenz dieses Inhalts zweifelnwir heute nicht: die analytische Praxis seiber ist ja sei-ne Wirkung.Umschreiben wir also kurz den Gegenstand Freud wieer sic,"" uns darstellt: '1. Eine Praxis (die analytische Behandlung). 2. EineTechnik ' (Behandlungsmethode), die eine abstrakte Ex-tion mit theoretischem Aspekt zulaBt. 3. Eine Theo-rie, die .mit der P,:,xis und der Technik in Verbindungsteht. Dles~s orqonlsche - prakti sche (1), technische (2)und theorehsche (3) - Ganze erinnert an die Strukturlicher wissenschaftlicher Di sziplin. For ma I besitzt was Freud uns anbietet, die Struktur einer Wissen-. Formal: denn die Schwierigkeiten der Terminolo-

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    00 5 monchmc l erheb liche MiBverh

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    r ie . Wie in [eder wlssenschcf+lichen Disziplin enth!:tltnur die Theorie diese Geheimnlsse ,An unqezohlten Stellen in seinern Werk hat Freud sicho ls Theorer iker bezeichnetj hat er die Psychoanalysei n ih re r Wissenschaftlichkeit der auf Galilei zurockgehendenNoturwissenschcft verglichen; hat er widerholt, daB diePraxis (Behondlunq) und die analytische Technik (diecno lytische Methode) dies authentisch nur deshalb sei-en, wei l sie in einer wissenschaftlichen TheoriebegrUndet seien . Freud hat es immer wieder gesogt,doG se lbst eine fruchtbore Praxis und eine fruchtbore Tech-ni k den Namen 'wissenschaftl ich ' nur donn verdienen, wenne lne Thecrle - ni cht dur ch bloBe Behauptung, sonder.n insrrenqer BegrUndung - Ihnen dos Recht dozu gibt.Lacon rut zundchst n lchts onderes, als diese Wortew&tfich zu nehmen , Und ous ihnen die Foigerung zuziehen: auf Freud zuruckzuqehen , um bel ihm die Thee-rie zu suchen, herouszuheben end Festzuholten , in derolles Ubrige, sei es Technik oder Praxis , se ine Recht -fertigung finder.Eine ROckkehr zu Freud. Warum von neuem dleser Wegzuruck zu den Ouel len ? Lacon geht nicht auf Freudzuruck wle Husser! zu Go ll lei oder Tholes, um elneGeburr bel ihrer Geburt zu erfossen - des heiBt, um dem

    losophlsch-re llqiosen Vcrur+e i l von einer Reinheitzu folgen, die wie o lles Oue l lwcsser rein nur ist im

    , irn re inen Augenblick ihrer Geburt, imreinen Ubergang von Nieht-Wissenschaft zu Wissen-schofr . FUr Lacon is+ dieser Ubergang nicht rein, viei -mehr isr er noch unre in : die Reinheit kommt erst nochdiesern Ubergong, in diesern "rrtlben " Ubergang ist sie

    n i chr do Trube seiner Herkunft is t imlenden Wasser f des Durchsichtiqkelt I cbs heiBt Un-Id f vor+ousch t , unsich+bor geworden). E i n e RUck-zu Freud bedeute+: RUckkehr zu der bei Freud

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    seIbst errichteten, fixierten und begrOndeten Theorie,zu der reifen, reflektierten, abgesicherten und veri-fizierten Theorie, zu der Theorie, die weit genug fort-geschritten und ins Leben (ouch dos praktische Leben)eingelassen ist, um dort ihren Platz gefunden, ihre Me-thode hervorgebracht und ihre Praxis erzeugt zu haben.Die Rockkehr zu Freud ist nicht eine ROckkehr zu FreudsGeburt: sondern eine ROckkehr zu seiner Re i f e FreudsJugend, der bewegende Ubergang von einer Noch-Nicht -Wissenschaft zur Wissenschaft (die Periode der Verbin-dung mit Charcot, Bernheim, Breuer bis zu den "StudienUber Hysterie"1895) kann gewiB interessont fUr uns sein,jedoch auf einer ganz anderen Ebene: als Beispiel fOrdie Archl:lologie einer Wissenschaft oder 015 negotiverIndex der Unreife, um so genau die Reife und ihrenBeginn dotieren zu klSnnen. Die Jugend einer Wissen-schaft ist die Zeit ihrer Reife: vordieser Zeit ist sieCllt,i~r~lteristdc:Jsder Vorurteile, aus den en sie lebt,wie .ein Kind die Vorurtei Ie und doher dos Alter seineri Eltern lebt.IDer Freudianische RevisionismuslDaB eine junge, also reife, Theorie in Kindheit, dasheiBt in die Vorurtei le ihrer Ahnen und ihrer Herkunft,zuruckfullen kann, dos belegt die gesamte Geschichteder Psychoanalyse. Hier liegt die Bedeutung der Ruck-kehr zu Freud, wie Lacon sle proklamiert hot. Wir mUs-sen zu Freud zuruckkehren , um zur Reife der Freud-schen Theorie zuruckzufinden , nicht zu ihrer Kindheit,sondern zu ihrer Blure, die ihre wahre Jugend ist -wir rnllssen auf Freud zuruckqehen entgegen allem theo-retischen lnfantilismus, Ruckfo l l in Kindheit, worin einganzer Teil der gegenwl:lrtigen Psychoanalyse, zurno l dieemerlkonlsche, die Bequem l ichke iten ihrer Selbstoufcc-

    ouskoste r ,

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    Dieser Ruckfall in Kindhelt tragt elnen Nomen, dendie Phdnorneno loqen sofort verstehen werden: Psyc:ho-

    - oder linen onderen Nomen, den die Mar-xl sten sofort verstehen werden: Pragmoti smus , Die mo-derne Geschlchre der Psychocno lyse ilustriert dos Ur-I l.ocons , Die ebendldndische Vernunft ( ju ri st ische , re li -

    mor c l i sche und pol itische e ben S0 wie wissenschaftli-che vernunft) finder 51 ch noch J ohren von Verkennen,

    Schmohunqen - Mittel, die im ubrigenauf ol le Fd l le verfUgbar ble iben - bereit, einen

    fr i edlicher Koexiste nz mit der Psychoanalyseschliefsen , unter der Bedingung, daB de seinen

    Wissenschaften oder seinen eigenen My t hene inverleibt wird: der Psycholoqle , sei sle nun behc-vioris+isch (Do lbiez}, phonomenologisch (Merleau-Pon-

    ode r ex! s tenrio Iist isch (Sor+re), der mehr oder we-von Jackson beelnfluflten Neuro- Biologie (Ey);

    der "Sozlo loqie " vorn "kufturalistischen"oder "cnrhro-" Typos (wie sie in den USA herrscht: Kcr-

    M.Mead, etc ,') und der Philosophie (vgl. die"existenzic lis+ische Psychoanalyse" Scr+res die "Daseins-ana Binswangers, etc ,}, Di esen Verwi schungen,dleser Mythisienmg der Psychoanalyse o l s liner offi-zj e l l cnerkcnnten Diszip lin haben einige Psychoenely-tiker o l s Preis eines Btlndn isses , das mit imaginl:l-r n Sanden der Adoption durch doch sehr ree le Ml:lch-te zuqestirnmt , ol lzu glUcklich ihrtheore+lsches Ghetto endlich zu verlossen und a'is gleich-

    Mitglieder der grol3en Familie von Psycho logie,Neuroloqie , Psychiotrle , Medizin, Sozlcloqle , Anthro-poloqie , Phi l osophi e "onerkcnnt" zu werden - nur zu

    Ilch , ihrern prokfischen Erfolg das Etikett dieser"theore+ischen " Anerkennung cnhefren zu konnen, dasihnen schlleflllch, ncch Jchrzehnten der Schml:lhunguna des Ex i BUrgerrecht in der Welt gewl::lhrte: in

    WfJlt der Wlssenschefr , der Medizin und der Philo-16

    sophie. Die verdochtiqe Kehrseite dieses Ubereinkom-mens ha tten sie nicht becchte+, weil sie glaubten, dieWelt werde sich ihrer Scche zuwenden - wie sie mitdiesen Ehren sich der Welt verschrieben -, wenn sieihre Achtung ihren Schmohunqen vorzoqen ,Dcbei vergaf3en sie , daB eine Wissenschoft dies nurdann ist , wenn sie mit vollem Recht auf einen ihre i 9 e n e n Gegenstand - der ihr und n u r ihr gehCSrt -Anspruch erheben kann und nicht blof mit einem ge-liehenen, ihr abgetretenen Gegenstand, den eine an-dere Wissenschaft ihr uberlassen hot, mit einem seiner"Aspekte", mit seinen Uberresten sich abspeisenII:If3t, die, wenn der Herr des Houses gesl:lttigt istnoch e inmal oufqewdrmt werden. In der Tat, wenn dasGanzeder Psychoanalyse auf die behavioristischeoder Powlowsche "Konditionierung" in der fruhen Kind-heit sich reduzieren IClf3t; w enn es sich auf eine Dlc-lektik der Ph o s e n , die Freuds Terminologie als oralanal, genital, als Lotenz und Pobertdt beschreibt re-'duzieren lof3t; wenn es sich auf die ursprungliche' Er-fahrung des Hegelschen Kampfes um Anerkennung, dieErfahrung des Anderen in der Phanomenologie oder dieder "Differenz" des Heideggerschen Seins reduzierenI :1 f3t; wenn die ganze Psychoanalyse nichts anderes isto ls eine Kunst, die Uberreste der Neurologie, Biolo-'gie, Psychologie, Anthropologie und Phi losophie zu-sammenzubringen, welcher Gegenstond kann ihrdonnnoch speziflsch zukommen, der sie von diesen Diszi-,.Iinen wirklich unterschiede und cus ihr eine Wissen-schaft im vollen Sinne machte? (2)/lacan und seine Sproche/Hier erhebt lacon Einspruch: er verteidigt gegen die-se "Reduktionen" und Abweichungen, die heute einengroBen Teil der theoretischen Interpretotionen der Psy-

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    choana lyse beherrschen I ihre Unreduzi erbarkeit , dasheif3t: die Nichtreduzierbarkeit ihres Ge-genstandes. Daf3 e s fUr diese Verteidigung einerunqewohn lichen Klarheit und Festigkeit bedarf, uma l ie Attacken der verzehrenden Freundlichkeit der ge-nannten Disziplinen zuruckzuweisen, wird niemand be-zweifeln, der einmal im Leben 80S Bedurfnis nach(rheoret icher , moraIischer , soJa ler, okonomi scher)Sicherhe i+ errnessen hat, der also die Unruhe deror-ganisierten Wissenschaft (deren Verfassung unloal ichzugleich wissenschaftlich; beruflich, rechtlich, 5 1 < 0 -norni sch ist) kennengelernt hat, wenn ihr Gleichge-wicht und Behaglichkeit durch das Auftreten einer ein-zelnen Disziplin bedroht ist, die einen jeden nmigt,sich nichr blof nach seiner Disziplin zu befragen, son-dern ouch noch den GrUnden, an sie zu glauben, dasheiSt, ihn notigt, sie zu bezweifeln; durch das Auf-tre+en einer Wissenschaf t, die, sowenig rnan dies wahr-haben will , die bestehenden Grenzen niederzureiBenund so den Status quo zwischen mehreren Disziplinenzu verdndern droht. Daher die gesponnte Leidenschaf tund le idenschaftliche Ansponnung der Sprache Lacans,die nur leben und uber leben kann in einem Zustandhochsrer Wachsamkeit und vorbeugender Abwehr: dieSproche eines tv\annes in einer e ingekreisten Vorhut,der durch die erdrUckende Macht der bedrohten $truk-turen und Verbdnde genotigt ist, ihren SchlCigen zu-vorzukommen, zurnindest den Eindruck zu erwecken,sie zu erwidern, ehe sie ousgeteilt wurden, um so denGegner zu entmu+iqen , ihn zu vernichten. Daher rUhrtouch jene oft paradoxe Zuflucht zu Philosophien, diese inern wissenschaftlichen Vorhaben v~lIig fremd sind(Hegel, Heidegger), deren Zeugnis er einem Tei! sei-ner Zohorer zur EinschUchterung entgegenhCilt , um sichRespekt zu verschaffen, wCihrend sie ihm ebenso alsZeugen der M~glichkeit von ObjektivitCit dienen, die

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    die naWrliche VerbUndete seines Denkens ist, und dieden anderen Teil seiner Zuhorer seiner Scche versichernund sie belehren soli. Dlese Zuflucht glattweg verdam-men hieBe vergessen, daB sie fur einen Diskurs, dervon innen her einzig an Mediziner adressiert war, fastunumgonglich gewesen ist, - so groB ist die begriffli-che Schwdche der medizinischen Studien im allgemei-nen und so stark das Bedurfnis der best en Medizinernach Theorie. Da ich gerade von seiner Sprache rede,die Fur die einen das ganze Prestige Lacans darstellt("Gongora der Psychoanalyse", "der GroBe Drache",Hohepriester eines esoterischen Kultes, in dem Geste,weihevol les Schweigen und Feierlichkeit das Ri tualebensogut einer wirklichen Kommunikation - wie einertypisch "pariserischen" Faszination ausmachen konnen)und fUr die anderen (vor allem Wissenschaftler und Phi-losophen) seinen 'Kunstgriff" , se ine Fremdheit und sei-nen Hermetismus zeigt, mochte ich bemerken, daB sienicht ohne Beziehungen zu Bedingungen seiner po-dagogischen Aufgabe ist: do er Arzten, Analytikernoder Analysierten die Theorie des UnbewuBten zu vermitteln hat. gibt Lacon ihnen mit der Rhetorik seinesSprechens(parole} das abbildliche Aquivalent der Sprachedes UnbewuBten, die , wie jedermann weiB, in ihrem tiefstenWesen "Witz" {i. 0. : Dt.} ist , Wortspiel, gelungeneoder miBlungene Metapher: das Aquivalent zu ihrer inihrer Praxis gelebten Erfahrung des Analytikers oderdes Analysierten.Man braucht nur die ideologischen und podagogischenBedingungen dieser Sprache zu begreifen - das heiBtzu ihrer pCidagogischen ' lnterioritdt ' die Distanz derhistorischen und theoretischen r Exterioritat' einzuneh-men, um ihren objektiven Sinn und ihre objektive Be-deutung zu ermessen - und ihr hauptsCichliches Inter -esse anzuerkennen: Freuds Entdeckung theoret isch aufden Begriff zu bringen, indem man so streng o ls mi:5g-

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    Ii,ch, heute , des Unbewul3te und seine "Gesetze",die gam: und gar seinen Gegenstand ausmachen de-fin iert , 'II.

    stark vor, es durchhalten zu k~nen -i viele diesera lten Kl: lmpfer ble iben fUr ihr ganzes Leben gezeich-einige werden bald nach diesem Kampf sterben,die alten Wunden in psychotischer Explosionaufbrechen, im Wahnsinn als dem (:IuBersteneiner "negativen t!->erapeutischen Reaktion";"n'l....., zahlreicher, werden auf ganz "normale" Wei-sterben unter dem Anschein "organischen" Verfa lls .Menschen verzeichnen nur ihre offiziellen Totenihren Kriegsdenkml:llern: jene, die zur Zeit, dos

    Bt spl:lt, zu sterben vermochten, a Is Menschen inegen der Menschen, in denen nur menschliche WI:SI-und menschl iche Gl :Stter einander zerre iBen und Die Psychoanalyse hat es bei ihren alleini-Uberlebenden mit einem anderen Kampf zu tun,einzigen Krieg ohne Erinnerung und ohne Denk-fer, den die Menschheit nie gefUhrt zu haben vor-den si e immer schon gewonnen glaubt, ei n fachIb, weil sie nichts cnderes ist, als diesen Kriegzu hoben, zli leben und sich zu erzeugenKultur in der menschlichen Kultur: ein Krieg, derjeden Augenbl ick in jedem ihrer Sprl:SBl inge eb-die vorwttrtsgetrieben, be; seitegedr(:lngt, zu-

    jeder fUr sich in Einsamkeit und gegeneinen langen Gewaltmarsch auf sichzu neh-, auf dem aus s( :Iugetierartigen Larven Men-inder, /ml:lnnliche oder weibliche/ Sub-e, werden.Gegenstand ist nicht Sache des Biologen: die-ichte is t s icherllch keine biologische Geschich-It/ denn sie ist von Anbeginn ganz und. gar be-von dem Zwang, den die menschliche Ord-ausUbt, die jede Mutter als mUtterliche "Liebe"HoB, angefangen vom Rhythmus des N(:Ih-und Wickelns, dem kleinen mensch lichen Lebe-einprl:lgt l/ D a B die Geschichte, die "Sezlolo-

    Was ,ist ~er Gegenstand der Psychoanalyse? _Dasfenlge, womit es die analytische Technik inder analytischen Praxis der Behandlung zu tun hat00 5 hei~t: nicht die Behandlung se lber , nicht jene'vorqebllch duale Situation, worin die erstbeste Phl:l-nomeno.'og,ie oder Mora I findet, was sie sucht, - viel-meh: die rrn Uberlebenden Erwachsenen fortdauemden"W k " dIrun 9 e n es aul3erordentlichen Abenteuers00 5 von der Geburt bis zur Uberwindung der &:Iipa'-len Phase cus einem von einem Mann und einer Frauerzeugten k le inen Lebewesen ein Menschenkind macht.Die "Wirkungen" der Menschwerdung des kleinen vonMenschen geborenen biologischen Wesens sind der Ge-genstand der Psychoana lyse, der den schl i chten Nomendes Unbewul3ten tragt. DaI3 dieses kleine biologi-sche Wesen uberlebt, und zwar nicht als kleiner Bdroder Wolf, o ls "Wolfskind" (wie man es on den FUr-stenhofen des 18, Jahrhunderts zur Schau stellte) son-de~n o ls Menschenkind (das allen Toden d:r Kind-he i+ entronnen ist, von denen ungezahlte solche desMenschen sind, Tode , die auf dem Mil3lingen derwerdung stehen) - des ist die PrUfung, die aile er-wachsenen ~enschen durchgemacht haben: sie sind ohne~ergessen die Zeugen und oft genug die Opfer diesesSieges, die in ihrem sturnrns ten , de s heil3t schreiend-sten Se lbsr die Wunden, Schwachungen und Lahmun-gen des Kampfes um menschliches Leben oder Sterben

    . Einige, die Mehrheit, sind dcrous fastunversehrt hervorgegangen - oder geben zumindest lout-20 21

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    gie" oder die Anthropologie hier nichts finden kl:Sn-nen , ist nicht Oberroschend, do sie es mit der Gesell-schcfr , also mit der Kultur, des heil3t mit etwos zutun hoben , dos nicht mehr dos kleine Lebewesen ist,- dos erst menschliclj/' -sexuel] / wird, wenn es diesenunendi ichen Raum durchmessen hat I der dos Leben vomMenschlichen, das Biologische vom Historischen, die"Netur" von der "Kultur" trennt! 0013 die Psycholo-gie sich hier ver leufr , ist nicht verwunderlich, do sieglaubt, es in ihrem"Gegenstandllmit einer Art mensch-l ic her "Natur" oder "Nicht-Natur", der Genese die-ses von der Kultur (dem Menschlichen) selbst identifi-z ierten und eingeordneten Se ienden zu tun zu haben -wohrend der Gegenstand der Psychoana lyse die obsolutvOfgangige Frage ist, Geburt oder Nichtsein (Ie na~treau n' ~tre pes}, der kontingente Abgrund des /Sexuell- /Menschlichen in [edern menschlichen Sprcsl3ling. 0013diePhilosophie hler ihrer Orientierungen und Zufluchtsta t-ten (reperes et repoires) verlustig geht, gewil3!, denndiese einzigartigen UrsprUnge berauben sie der einzi-gen UrsprUnge I denen sie ihr Bestehen verdankt: Gott IVernunft, Bewul3tsein, die Geschichte und die Kultur.Man wird vermuten dUrfen, daB die Psychoanalyse einenspez ifischen Gegenstand hoben kann und daB die Mo-dolitat ihres Materials ebenso wie seine spezifischen"Mechanismen" (urn ein Wort von Freud aufzug7eifen)von gonz onderer Art sind als das Material und die"Mechanismen", die der Bicloqe , der Neurologe, derder Sozio loge, der Psychologe und derPhi l osoph zu erforschen hoben , Man broucht dieses

    sche nur onzuerkennen und damit die objektivesie ist von Anbeginn gonz und gar beherrschtdem Zwang der geschlechtlichen Ordnung des Men-scherr, die Mutter in mUtterlicher "Liebe" odermOtterlichem HoB dern kleinen mensch lichen Lebewe-

    , die es beg rUnde t , urn der Psychoono-rodikal dos Recht auf die Spezifizitat ihrer Be-zuzuerkennen, die auf die Spezifizitat ihresdos Unbewul3te, zugeschnitten sind.

    sein Versuch einerunm6glich gewesen wore, ware nicht

    neue Wissenschaft , die Li n 9 u i 5 t i k, entston-verl1:iuft die Geschichte der Wissenschoften, in dereine Wissenschoft erst auf dem Umweg Uber andere'nc,-h",ft~n wird, und zwor nicht nur Wissenschof-die bei ihrer Toufe schon onwesend sind, sondernUber eine neue Wissenschoft, die sich verspotete zu ihrer Entstehung Zeit broucht. Der Schot-zundchst auf die Freudsche Theorie durch dosI der /energetischen/ thermodynomischen /Physikmholtz und Maxwell fiel, ist heute durch dosbesei tigt worden, dos die st rukturole Linguist ikGegenstand wirft, zu dem sie einen verstdnd-Zugong er l:Sffnet. Freud hotte schon gesogt, dol3

    der Sprache abhonge; Lacon prdzisiert dos:des Unbewul3ten ist s trukturiert wie eine Freud hot in seinem groBen erst e n Werk,, dos nicht, wie man oft glaubt,oder oberf'ldchlich , sondem grundlegend

    "Mechonismen" oder "Gesetze" des Troumsund ihre Varianten auf zwei Vorg1:inge re-die Verschiebung und die Verdich-Lacon hot dorin zwei von der Linguistik be-wesent liche Figuren erkonnt: die Metony-fv4etopher. Dadurch wurden Versprechen, Fehl-Witze und Symptome ols Bestandteile deszu bezei chnenden Einheiten(signifiants),n in die Kette eines unbewul3ten

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    Dlskurses, der schweigend, das heif3t mit be-toubender Stimme, durch "Verdrtlngung" unkenntlich,die Ket+e des verbe len Diskurses des mensch lichen Sub-[ektes verdcppe lr , Dodurch wurden wir in das der l inguistikforme II ver+raute Paradox eines Diskurses eingefuhrt,der doppe lt und einfcch ist, unbewuf3t und verbal,der e in elnziqes Fe ld als zwei Felder hot, ohnee in es sei denn in sich selbst: das Feld der"bezeichnenden Kette" ("chaine signifiante").Dodurch rreten die wichtigsten Entdeckungen Saussuresund der von ihm ausgehenden Linguistik zum Versttlnd-ni des Prozesses sowoh I des Diskurses des Unbewuf3tenwie des verbo len Diskurses des Subjektes und des Ver-hdltni sse s der beiden Diskurse, das heif3t Ihres mit ihremVerhdlrnis ident ischen Nlcht-Verhdltnisses , kurz ihrerVerdoppe lunq und ihrer Verschiebung-Verfremdung{d6ca-loge), hinzu , Dodurch wurden die philosophisch-idea-li stischen interpretationen des Unbewuf3ten als e ineszweiren Bewu!3ten, des Unbewuf3ten 015 schlechten Ge-wissens (Scr+re), des Unbewul3ten 015 eines krebsarti-gen Uberble ibsels einer inoktuellen Struktur oder einesN icht -Slnns (Merleau-Ponty), a lie Interpretotionen desUnbewu!3ten ols eines biologisch-orchetypischen "Es"(Jung) was sie waren: nicht Anfang einer Theorie,sondern nichtige "Theorien", ideologische Mil3versttlnd-n l sse , ...Zu definieren blieb (ich bin zu einem groben Schemo-tismus geni:Higt, doch wie ICll3tsich dos bei einem sokurzen Artike l vermeiden?) die Bedeutung dieses Pr i-mat 5 der forma l en Struktur der Sproche und ihrer"Mechanismen" I die in der Praxis der onalytischenInterpretct i on anget roffen wurden, a Is Funktion ebender Gnmdlagen dieser Praxis: se in Gegenstand,des heiBt die bel den Uberlebenden oktueflen "Wir-kungen" der erzwungenen "Menschwerdung" des klei-nen menschl ichen Lebewesens /zu einem Ma n n oder24

    einer Frau /. Diese Frage zu beontworten, genUgt es nicht,sich einfach auf den faktischen Primat der Sproche, die dereinzige Gegenstand und das einzige Mit tel der anolyt ischenPraxis ist, zu berufen. Al les, was in der Behandlung geschieht ,spielt sich in der Sprache und durch die Sprache ab (dosn, seine Rhythmen undseine Zdsuren eingeschlossen).mul3vielmehr begrUndet zeigen, warum und wi eRolle , die die Sprache fakt isch in der Behandlungt,ntlmlich zugleich Rohmoteri 0 1 der analytischen Praxis

    Mittel zur Erzeugung ihrer Wirkungen zu sein /der Uber-wie Lacon sogt, von einem "Ieeren Sprechen"{porolezu einem "vol len Sprechen"{porole ple ine)/, nur des-de facto in der analyti schen Praxis gegrUndet, wei l siejure in ihrem Gegenstand fundiert ist, der in letzter In -sowohl diese Praxis wie ihre Technik begrUndet:, do es sich um eine Wissenschaft handelt, in deror i e ihres Gegenstondes.s Gesetz der Ordnung/

    der originell ste JElil~f!s V"er-' '' ''. ' ~.~~~.: seine Entdeckung. Lacon hot ge:zeigt ,von der (im Grenzfafl rein) bio-Existenz zur menschl ichen Existenz (demind) sich unter dem Gesetz der Ordnungt, dos ich Kulturgebot nennen werde, undGesetz der Ordnung in seinem formalenmit der Ordnung der Sprache verschmolzenist unter dieser auf den ersten Blick rtltsel-Forme I zu verstehen? ZunCichst, doB dos G a n -eses Uberganges sich nur nachtrtlglich inSproche verstehen Itll3t, erfa!3t nur in derdes Erwochsenen oder des Kindes in einerlungssituotion, bezeichnet, angezeigt,in dem Gesetz der Sprache, in dem sichmenschliche Ordnung, also jede menschl iche

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    Rolle, Flxlert und dorstellt, Sodonn, doB in dieserAnzeige durch die Sprache der Behandlung die ak-ruole, forrwl:ihrende Pr!isenz des cbsolut WirksCll\'leftderOrdnung im Ubergang selbst, des Kul turgebots in derMenschwerdung, durchscheint,Um in einigen wenigen Worten dovon eine Vorstel-lung zu geben, mochre lch die beiden groBen f o A o -mente dleses Uberganges bezeichnen: 1) Der Mo-ment der duo len , prCl l: idipalen Beziehung, worin dosKind nur mit einem alter ego, der Mutter, die seinLeben mit ihrer Anwesenheit (do!) und ihrer Abwe-senheir (fort!) (3) gliedert, zu tun hat und diese dua-Ie Relat ion in der Weise einer imaginl lren Faszination desego er l ebt, des salber die se r Andere, so I ch e i n Ande-rer, [e d e r Andere, aile And.eren der primllren!narzilStischen Identi fikation ist , ohne iemals zudem Anderen wie zu sich selbst die objektivierendeDistanz des Dritten nehmen zu k6nnen; 2) ~~!,l;1d. jpa-Moment W9 auf clem HintergqJnd der duo 1~!lStruk-tur eine D;eier-Struktur entsteht, wenn derDritte (derVater) in die imaginClre Befriedigung der dual.enFas%i-nation stt)rend eindringt ihre ()konomie Uber denHoufen wirft, ihren Za~ber bricht und dos Kind indos einfuhrt I was Lacan die Symbol ische Ordnll .ngnennr, die Ordnung dE; lr9bjektiv ierenden Sprachel diees dern Kind schlieBlich erlauben wird, leb." Ou, Er,Sie , Es zu sagen und so als Menschenskind ineiner Welt von erwachsenen Dritten seine Stelle ein-zunehmen ,Zwei groBe Momente alsa: 1) der des lmaginaren (prH-odipal ); 2) der des Symbolischen (l:idipale Aufll:Ssung)oder , urn es in einer anderen Sprache zu sagen, dereiner in ihrer (symbolischen) Verwendung zur Kennt-nls genommenen, ober noch nicht erkannten Objekti-vitot (deren Erkenntnis einem ganz anderen Alter undouch einerganz enderen Praxis vorbehalten bleibt).

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    Entscheidende, was Lacan klargestellt hat istdi bei ' ,lese elden Momente von einem einzigen Ge-, von dem Gesetz des S y mb 0 lis c hen, beherrschtund gekennzeichnet werden, Selbst der Momentdes lmaginaren, den wir soeben der Deutlich-halber als dem Symbolischen vorausgehend alsihm unterschieden I dargestellt haben - demnochden ersten Moment, in dem dos Kind in einer un-ren Beziehung miteinem menschlichem WesenMutter) I ebt, ohne sie praktisch als die sym-Beziehung anzuerkennen, die sie ist (das heiBtdie Beziehung eines Menschenkindes zu seinerlichen Mutter) - ist in seiner Dialek-

    durch die Dialektik der Symbolischendnung seiber gekennzeichnet undukturiert , das heiBt der mensch lichen Ord-der mensch lichen Norm (die Normierun-der zeitlichen Rhythmen der Ernahrung, der Hy-des Verhaltens, der bestimmten Haltungen der, - Entgegenkommen, Zuruckweisung, dosKmd gerichtete Ja und Nein, die bloB dossind, die empirischen Modalitatendie-Ordnung, der Ordnung von Ge-Recht zuerkennender und aussch IieBender An-

    I die die Form der Ordnung des !>igni tikantendas heiBt die Form einer formal mit der Ord-Sprache ident ischen Ordnung hat, (4 )oberflachliche und vorurteilsvolle LektUreur eine gluckliche und gesetzlose KindheitParodies der "polymorphen PerversitHt" , e ine

    'U~ZU'

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    dos schon vor der Geburt eines [eden Neu-horrt und sich seiner mit dem ersten Schreibemcchtiqt, um ihm seinen Platz und seine Rolle unddemit seine ihm Clufgencstigte Bestimmung cnzuweisen ,Aile r die des Menschenkind durchluuft , ste-hen unter der Herrscheft des Gesetzes, des Codemensch Iichen Anwelsens, der mensch Iichen Kommu-nlkoflon oder Nlcht-Kcmmunlketlom seine "Befriedigun-tragen uncuslcschl ich und konst itutiv des Zeichendes der Forderung des menschlichen Geset-zes, dos wie fiches Gesetz von niemandem "igno-deft" vor a lIem nicht von der.en, die es nichtdes [edoch von [edem, zumal von seinent reuesten Anh1:lngern, verdreht oder verletzt werdenkcnn , Desweqen ist [ede ZurUckfUhrung kindl icherTraumata allein auf "bioloqische Frustrationen" im

    verfeh It, wei! des Gesetz, dem sie unterlie-gen, o ls Geserz von allen Inhalten absieht und alsGeserz nur bestehr und wirksam ist in und durch die-se Abstrcktion und weil dos kleine Kind dieser Regelund sie mit seinern ersren Atemzug empfangt.und hat schon immer, selbst ohneeinen lebendlqen Vater, die oktuale Prdsenz des Va-

    ters (der Gese+z ist) und demit die Ordnung des mensch-des heil3t dos Kulturgebot begonnen:dleser absolute Bedingung jeden Diskurses,auf seiner Hohe onwesend, des heil3t abwesend in seinenNiedrigungen, in [edern verbolen Diskurs, der Diskurs di~ser Ordnung, dleser Diskurs des Anderen, des grol3en Dritten,der dlese Ordnung se lbsr ist: der Diskurs des Unbe-w u Il t e n , Damit ist uns ein begrifflicher Zugangzum Unbewul3ten gegeben, des in jedem mensch lichenWesen der absolute Orr ist I an dem seln besonderer Dis-kurs selnen eigenen Platz sucht, verfehlt und im Ver-

    len seinen elgenen Platz findet, sich in ihm in derAufntstigung, Verste llung, Kompliz itat und Verleug-28

    Faszination

    o d ip o l e Phase/dos Igeschlechtl iche (sexu~)/Kind in der odipalen Phc-ein /geschlechtl iches/ menschliches Kind /(MannFrau)! wird, indem es seine imoqindren Phantas-der PrUfung des Symbolischen aussetzt und, wenn"gufgeht", schliel3lich wird und sich als des ok-ert, was es ist: ein kleiner Junge oder ein klei-Madchen unter Erwachsenen, des in dieser WeltErwachsenen die Rechre eines Kindes hat und, wieKind, das volle Re c h t besitzt, eines Tages "wieI zu werden, also ein mdnn liches Wesen mit eineru (und nicht mehr nur einer Mutter), oder "wie" zu werden, also ein weibliches Wesen mitMann (und nicht blol3 einem Vater) - des ist nurZiel des langen Marsches, der in die menschli-Kindheit zwingt.

    sich in diesem letzten Drama alles in dem Ma-I einer vorgongig gebildeten Sprcche abspiel t,slch in der odipalen Phase ganzlich um denifikanten des Ph a I I us zentriert und anord-lnsiqnj e des Vaters, des Rechts, des Gesetzes,smatisches Bild jeglichen Rechts, - mag er-lich oder willkUrlich erscheinen, doch aile Psy-Iytiker bestdt iqen es als eine Erfahrungsta tsa-letzte odipo le Stadium, die "Kastration", vermagdovon eine Vorstellung zu geben. Wenn derklei-die tragische und heilsame Situation dertion er l ebt und ouflos}, so akzeptiert er, daBic h t dasselbe Recht (Phallus) hat wie sein

    r dal3 er insbesondere n icht des Recht seines Va-auf seine Mutter hat, die, wie sich herausstellt,29

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    in unertraglicher Weise doppelt verwendbar ist, alsMutter fur den k lelnen Jungen und Frau fUr den Va-ter. indem er [edoch akzeptiert, daB er nicht dasgl:iche Recht wie sein Vater hat, gewinnt er die Ge-wiBheit daB er eines Tages, spdter , wenn er erwach-sen ist,' des Recht haben wird, das ihm i.etzt verwei-gert wird, do ihm die "Mittel" fehlen. Er hat nure in k leines Recht, des wachsen wird, wie er selbstwdchsr wenn er immer "seine Suppe iBt". Wenn daskleine' Madchen seinerseits die tragische und heilsa-me Situation der Kastration erlebt und annimmt, dannokzep+iert es, daB es nicht das gleiche Recht wieseine Mutter besi t ~t es akzeptiert a I so zweierlei, daBes nd rn l i ch erstens nichr dasselbe Recht (Phallus) wiesein Vater hat, do seine Mutter es (den Phallus) auchnicht hat obgleich sie eine Frau und weil sie eine, . hFrau 1St, und gleichzeitig ckzeptiert es, daB es nrc tdosse [be Recht wie seine Mutter hat, des heiBt, daBes ncch nicht ei ne Frau wi e sei ne Mutter ist. Ais Ge-genleistung empfangt es seln k leines Recht: das deskle inen Madchens, und die Versprechen eines groBenRechrs , des vol len Rechts einer Frau, wenn es erwach-sen se in wird, wenn es zu wachsen weiB , indemes des Gesetz der menschlichen Ordnung ckzeptiert ,"do s heil3t si ch ihm unterwirft, um es, wenn nl:5tig, zumil3achten, indem es nicht so "gut" seine Suppe iBt.In be iden Fallen, im Moment der dual en Fas~nationdes lrrioqinoren (1) und im (odipalen) Moment dergelebten Anerkenntnis des Eingelassenseins in der sym-bollschen Ordnung (2), tragt die Dialektik desUberganges in ihrem ganzen Wesen das Siegel dermensch l lchen Ordnung, des Symbolischen , dessenformale des heiBt dessen formalen

    Linguistik uns li'3fert.ly+ische Theorie konn uns so geben,

    [ede Wissenschaft Ober bloBe Spekulat ion zu elnerschcft erhebt: die Definition des forma I enihres Gegenstandes, die die Ml:5glichkeitsbe-n i.eglicher prakti scher, technischer Anwendunglhre k o n k r e t e n Gegenstande selbst ist. Damitindet sich die Psychoono lyse den klassischenli stischen Ant inomien, wie sie beispie lsweise Po-

    r formulierte, o ls er forderte, die Psychoanalyserevo lutionore theoretische Tragweite er inch als erster erkonnte) solie eine Wissenschaft"Konkreten", eine wirkl ich "konkrete Psychologie"und ihre Abstraktionen kritisierte: das Un-, den Odlpuskomplex , den KastrationskomplexWie konn die Psychoanalyse, sagte Politzer,, die Wissenschaft des K0n k ret e n zu, die sie sein will und sein kann, wenn sie ins t r a k t ion en verharrt, die ni chts anderes sinddie Entfremdung des Konkreten in eine abstraktemetaphysische Psychologie? Wie kann man vonigen Abstraktionen, vom Abstrakten aus das "Kon-" wieder erreichen? In Wahrheit kann keine Wis-ft auf Abstraktion verzichten, selbst dann nicht,sie in ihrer "Praxis" (die wohlgemerkt nicht die

    sche Praxis dieser Wissenschaft, sondem dieihrer konkreten Anwendung ist) nur mit einzel-und vereinzelten Varianten zu tun hat, die das" des Individuellen sind. So wie Lacan dieonen" der Psychoanalyse im Werke Freuds- und Lacan denkt nur die Begri He Freuds,er ihnen die Form unserer Wissenschaftlichkeit,einzig mogliche Wissenschaftlichkeit, gibt-,s ie authenti sche wissenschaftliche Begriffe vonGegenstand, sofern sie , als Begriffe ihres Ge-den Index, das MaB und die GrundlageNotwendigkei t ihrer Abstraktion enthalten, dasdas MaB eben ihres Verhaltnisses zum "Konkreten"

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    und so lhr spez iflsches Verhdlrnis zum Konkreten ihrerAnwendvnq, des gemeinhin analyt ische Praxis (Behand-lung) genonnt wird ,Dos Odlpole ist also nicht e i n verborgener "Sinn", dembloB des Bewufltse ln oder des Sprechen mangel te - es is tk e ine in der Vergongenheit verschurte+e Struktur , dieneu zu strukturieren oder durch "Wiederbelebung ih-res Slnns" zu Oberwlnden immer moglich ware; dos Odipcle1st die dramatische Struktur, die "Theater-Maschine"(7),der des Kulturgebot jeden unwillkuriichen und ge-zwungenen Anwarter aufs Menschsein unterwirft ; es1 S t eine Struktur , die in sich nicht aliein die MI:Sg-llchkel+, sondern die Notwendigkei t konkreter Vori-en+en enrhdlt, in denen sie existiert - fUr jedesIndividuum, des in sie sich einzulassen, sie zu le-ben und sie zu uberleben vermag. In ihrer Anwendung,lhrer Praxis (der Behandlung) arbeitet die Psychoana-lyse an den konkreten "Wirkungen" (8) dieser 'Vario-tionen , des heiGt an der Modolitat der spezifischenund absolut einzigartigen VerknUpfung, in der derodipo le Ubergang von irgendeinem Individuum an-gesetzt, voIIzoqen , teilweise verfehlt oder umgan-gen wurde und wird. Diese Variotionen kennenousgehend von der Srrukt ur des i n v a ria n ten ()di-po len se lbst in ihrem Wesen gedacht und erkonnt wpr-den ous eben dem Grund, der diesen ganzen Uber-gang, angefangen mit der Foszination, in seinen"cbwe ichendsten" wie in seinen "normalsten" Formen~von dem Gese+z dieser Struktur, der ausgezeichnetenForm des Zugangs zorn Symbalischen unter dem Gesetzdes Symbolischen selbsr , bestimmt sein lieG./Freud unci d e r h is t o r isc h e Materiolismus/Ich weif3, dal3 diese flUchtigen Hinweise nicht nursummarisch und scherno+isch erscheinen mUssen, son-32

    dern doG sie es sind, und daB eine ganze Reihe~er hier aufgegriffenen und verwendeten Begriffe zulhrer Rechtfertigung und Begrundung einer ausfuhrli-chen Entfa I tung bedtlrften . Selbst wenn ihre Grund-lagen geklart, wenn sie in ihrem Verhctltnis zu derGesomtheit der Begrif fe, von denen sie abhClngen,durchleuchtet und wenn sie genauestens auf die Freud-~chen ~nalysen bezogen woren, wurden sie immer nochlhrerse lrs Probleme stel len: nicht nur Probleme der Bil -~ung, Definition und Klarung von Begriffen, sondern[etzr reale Probleme, die mit Notwendigkeit aus demFortgang des Prozesses der Theoriebildung entstehenden w_irgerade behandelt haben. Zum Beispiel: Wi~'al3t sich das Verhctl tnis der formalen Struktur der Spro-che als der absoluten Bedingung der Moglichkeit

    I der Existenz wie der Verstandlichkeit einer-t s des Unbewul3ten , anderersei ts der konkreten Ver-und schlieBlich der konkretenlogischen Format ionen, in denen die spezi fischen,den Verwondtschaftsstrukturen implizierten Funktio-(Vaterschaft, Mutterschaft, Kindsein) gelebt wer-

    t streng begrifflich fassen? 1st die Annahme ml:Sg-I daG die historische Variierung dieser letzfge-ten Strukturen (Verwandtschaft, Ideologie) auf'oder [enen Aspekt der von Freud isolierten In-.merklich einwirken kann? Eine andere Frage:ewe.lt kann Freuds Entdeckung, streng durchdachtrch, d~e bloGe Definition ihres Gegenstandes und 'die Be.stimmung seines Or+es auf die Diszipl i-zuruckwlrken , von denen sie sich obhebr (wiePsychologie , die Sozialpsychologie, die Soziolo-und in ihnen Fragen hinsichtlich der (oftmals

    scherr) Verfassung ihres Gegenstandes her-? Schlieflllch als letzte aus einer VielzahlFragen: welches Verhdltnis besteh+ zwischen derschen Theorie und 1. ihren historischen Ent-33

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    stehungsbedingungen einersei ts , 2. ihren sozialen An-wendungsbedingungen andererseits?L Wer also war Freud, daB er zugleich dieonalytische Theorie beqrtlnden und als Analytiker Nr.l,durch die S e I b 5 to n a lyse gegangen, als Ur-Vater, eineweitverzweigte Filiation von Praktikern, die sich aileauf ihn berufen, in die Welt setzen konnte? 2. Wersind donn die Psychoanalytiker, daB sie z u>9 lei c h (und o ls ware es die naWrlichste Sache derWelt) die Freudsche Theorie, die von Freud herruh-rende dldckrische Tradi tion und die cskonomischen undgese! lschaftlichen Bedingungen (die gesellschaftlicheVerfassung ihrer "Gesellschaften", die aufs engste mitder Verfassung des or z t lie hen Berufsstandes zusam-menhangt), unter denen sie ihre Tatigkeit eusuben,akzeptieren? In we lchern MaBe wirken die histori-schen UrsprUnge und die konomisch-sozialen Anwen-dungsbedingungen der Psychoanalyse auf die Theorieund die analytische Technik zuruck ? Vor allem jedoch:in welchem MaBe wirken sich des theoretische 5 c hwei -9 e n der Psychoono Iytiker uber diese Probleme (dennso liegen die Dinge), die theoretische Ve r d ran gun g,mit der diesen Problemen in der Welt der Analytikerbegegnet wird, auf die analytische Theorie und sogarden lnho lt der ono lytischen Technik aus? Steht nichtdie ewige Frage des "Endes der Analyse" mit dieserVerdrangung, des heiBt dern Nicht-Denken di,&-s e r Probieme, die einer epistemologischen Ge-sehlchre der Psychoanalyse und einer Soz lc l - und Ideo-logie-Geschichte der Welt der Analyt iker angehren ,in Zusammenhang?Eine qonze Reihe realer Fragen, die noch wirklichoffen sind und die eben so viele Forschungsgebiete ab-stecken. Es ist nicht undenkbar, daB in der nachstenZukunft qewisse Begriffe ous dieser Prufung verdnderthervorgehen.

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    Sehen wir genauer zu, so ist es diese Art von PrUfung,der Freud auf seinem Gebiet ein bestimmtes traditio-nelles juristisches, moralisches und philosophisches,das heiBt eindeut ig ideologisches, Bi ld des "Menschen"und des mensch lichen "Subjektes" unterworfen hat.Nicht ohne Grund verglich Freud manchmal die kri-ti sche Aufnahme seiner Entdeckung mit den Erschut re-rungen der kopernikanischen Wende. Sei t Kopernikuswissen wir, daB die Erde nicht das "Zentrum" desUniversums ist. Seit Marx wissen wir, daB das mensch-l iche Subjekt , das konomische, pol it ische oder phi lo-sophische Ego ni cht das "Zentrum" der Geschichte ist_ und wir wissen gar, entgegen den Phi losophen derAufklarung und gegen Hegel, daB die Geschichte kein"Zentrum" hat, sondern eine Struktur, die nur in ideo-logischem Verkennen ein notwendiges Zentrum be-sitzt. Freud nun enthUllt uns, daB das reale Subjekt,das Individuum in seinem singularen Wesen nicht dieGestalt eines Ego hat, des auf das "Ich"(moi}, das Be-wuBtsein oder die "Existenz" - sei es die Existenzdes FUr-Sich, der eigenen Leiblichkeit oder des "Sich-Verha hens" - zentriert ware; er entdeckt, daB dasmenschliche Subjekt dezentriert ist , konstituiertdurch eine Struktur, die ebensowenig ein "Zen-trum" besitzt - es sein denn im imaginaren Verkennendes "Ich", d.h. in den ideologischen Formationen,in denen dieses sich "anerkennt".Es wird deutlich geworden sein, daB damit ein Weggeebnet ist, der uns vielleicht eines Tages zu einembesseren Verstandnis der Struktur des Verkenn-n ens gelangen laBt, die das vorrangige Interessejeder Erforschung der Ideologie is t.

    Januar 1964 /(korrigi ert Februar 1969)/ 35

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    ANMERKUNGEN

    1) I. Revue de l'Enseignement philosophique,Jun i/Ju Ii 1963, "Phi l osoph ie et sciencesh u r no ine s'", 5 .7 und 5 .11 , Anmerkung 14 :"Marx hat seine Theorie auf die Zuruckwei-sung des Mythos vom 'homo oeconomicus 'Freud auf die ZurUckweisung des Mythos v~m'homo psychologicus' gegrUndet. Lacon hat denbefreienden Bruch Freuds gesehen und versrcn-den. E r hat den Bruch im vollen SinnedesWor-te s erfaf3t, indem er Freud rigoros ernst nohrnund ihn seine eigenen Foigerungen hervorzu-bringen not iq+e , ohne Zugestandnisse oder Scho-nung. Er mag sich, wie [ederrnonn, in Einze l-heiten oder gar in der Wahl seine r phi losophi -schen Gewohr srnonner irren - [edenfo lis verden-ken wir ihm dc s Wesentliche".

    (2) Die gefahrlichsten di e ser Versuchungen sind dieder Ph i I o s o p h i e (die bereitwillig die gon-z e Psychoona lyse auf di e duo Ie Erfohrung derBehandlung reduziert und dorin die Themen derphanomenologischen Intersubjektivitat, des Exi-stenz-Entwurfes und allgemeiner des Personolis-mus "verifiziert" findet); ebenso die der Psy - ...chologie, die die Mehrzahl der Kategoriendet Psychoanalyse als Bestimmungen eines 'Sub-[ek ts ", an dem ihr offensichtlich als Problemga r nich ts lieqt , mit Beschlag belegt schlief3-lich die der Soziologie, die der Psy~hologiezu Hilfe kommt, indem die dem "RealitOtsprin-

    e i rien objektiven Inho It (die fomi l iorenund soz io len Imperotive) gibt I die dos Subjektnur noch zu "internolisieren" broucht, um mit

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    einem nOber-lch" und entsprechenden Katego-r ien ausgestattet zu sein . Derart der Psycholo-gie oder d e . r Soziologie unterworfen, bleibt vonder Psychoanalyse meist nicht mehr als eineTechnik der "emotionalen" oder "affektiven"Wi ederanpassung , eine Umerziehung der "Be-ziehungsfunktion" , was al les mit ihrem wirk-lichen Gegenstand niehts zu tun hat - welS je-doeh leider einer starken und, schlimmer noeh,einer sehrgezielten Forderung der gegenvtrti-gen Welt entspricht. Durch diese &!tstellung istdie Psychoanalyse ein Konsumartikel der Kultur Idos heiBt der m od ern en Ideologie, geworden.

    (3) So lauten die beiden durch Freud beruhmt ge-wordenen deutschen AusdrUcke, mit denen einKind, dos er beobachtete, dos Kommen und Ge-hen seiner Mutter im Umgehen mit einem belie-bigen Gegenstand, der sie 'dorstellte' / - hiereiner Garnrol le - / sanktionierte.

    (4) Forma I: Denn dos Kulturgebot, dessen ersteForm und Zugangsweise die Sprache ist, er-sch~ft sich nicht in der $prache: es hat diereolen Verwandtschaftsstrukturen und die bestimm-ren ideologischen Format ionen zum Inhalt, indenen die P e rs on e n , eingeschrieben in diese Struk-turen, ihre Funktion leben. Es genUgt nleht zuwissen, daB die okzidentale Familie patr iarcha-lisch und exogam ist(Verwandtschaftsstruktur}, -daruberhinaus muB man die ideologischen Forma-tionen durchleuchten, die Vaterschaf t, Mut ter-schaft und Kindheit bestimmen: was heiBt es inder Gegenwart, "Vater zu sein", "Mutter zu sein" I"Kind zu sein"? Piese spezifischen Ideologiebil-dungen bedurfen noeh ausgiebiger Erforschung. 37

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    . . Aufgabe des hi stori s c hen/Dies 1St erneMaterialismus/.

    B' 10 le und e ine best immte Psy-5) Eine bestimmte Neur~- ~.o d.g t ols Freud eine Theoriechologie woren sehr ed 1 \ Ig , die sle ohne Z~-"Sr dien" zu ent ec en, .von di;ekt und vollstandig in line, "". es neu-gem. I . che oder bio_neuro-psycholog,sche IIro-bl~ oqi s " di des WachstumsprozessesTheone von Sto ~en. dem neuro-biOlogi schenubersetzten, wobe i Sl~ "W senheit" mecha-h di e Rolle lIner eWoe stum I d' h die Freudschenh r k nnten zu er SIC IInisc zue a . I d . f ch als "Erscheinung"Stadien" schlicht un ektl a ist nur line Neu-

    h I Di ese Perspe ivever IEll ten , hanistischen Parallelismus.auflage des alren r:'~c, besondere an die Schu-/Diese Bemerk~ng IS I~S Wallon seibe r nohrnIe Wallons genchtet, enn ,

    F d 'u 'be rhaup t ke ine Not lz /.von reu6) f h loufen die theoretische Be -Man wurde Ge fa r I Be'dingung zu verkenpen,di er orrno endeutung res ff' htlich biologischenihr den 0 enslC , b

    wenn man 'ffe (Libido, Affekte, Trie e,Charakter der Beg~~ Ite in denen Freud denWunsch) entgegen Ie fl I d kt Beispielswei-"Inhalt" des Unbewu ten en " . "Wunsch-t der Traum set ernese . wenr", e~ ~~: D t. ) . Ganz in demse Iben Sinne ertullung (. S h" des "-nschen ser-d "I re prec en IV"stellt Lccon as hen" I der "Sprache seines (un-nern "vollen Spre c en a s ub Nur von die-) B h "gegen er.bewuf3ten age rens h d gewinnen die-I Bedingung ausge enser forma en h bi I . hen) Begriffe ihrenff 'htl'c 10 oqrsc se (0 ensrc I di Sinn zugewle-. h S kann reserauthentlsc en IOn, d k eine Behand-d dccht werden un annsen un ge f" t d angewendet werden.I h lk de mrer un dungstec ru . dl nde Kategorle esDos Begehren, ols die grun ege38

    Unbewuflren, kcnn in seiner Eigenart nur alsder einzigartige Sinn des ,Diskurses des Unbe-wu(3ten des menschlichen Subjekts begriffenwerden: o ls der Sinn, der sich in dem "Spiel"und durch das "Spiel" dersignifikanten Kette(chaine signifiante) ergibt, aus der der Dis-kurs des Unbewut3ten besteht. Ais dieses istdo s "Begehren" durch die S tr uk tu r , die dieMenschwerdung beherrscht, gezeichnet. A Is die-ses untersche idet sich des Begehren radikal vondem organischen "Bedi.irfnis" biologischer Art.Zwischen organischem BedUrfnis und unbewut3-tem Begehren besteht keine wese nsmot3ige Konti-nuitdt. - ebensowenig wie eine wesensmat3igeKontinuitat zwischen der biologischen Existenzdes Menschen und seiner historischen Existenzbesteht. Dos Begehren ist in seinem dqulvokenSein (seinem "S einsverfehlen" - "manque-~-~tre"- sagt Lacan) von der Struktur der Ordnung be-stimmt, die ihm ihr Zei chen aufprogt und ihmeine ortlose Existenz, die Existenz der Verdrdngung, ihre Befriedigungen wie ihre Enttouschun-gen zuweist. Die spezifische Realitat des Begeh-rens 'o(3t sich ausgehend vom organischen Be-durfnis ebensowenig erschliefien wie ausgehendvon der biologischen Existenz des "Menschen"die spezifische Realitot seiner historischen Exi-stenz. 1m Gegenteil: In derselben Weise wiedie Kategorien der Geschichte des Spezifischeder historischen Existenz des Menschen zu de-finieren erlauben (einschliet3lich anscheinendrein biologische Detel'minationen wie seine"BedUrfn isse" oder d ie demograph ischen Phonomeneindem man seine historische Existenz von einerrein biologi schen Exi stenz unterscheidet, - sosind es gerade die wesensmo(3igen Kategoriendes

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    UnbewuBten, die es erlcuben , den 5inn selbstdes Begehrens zu erfossen und zu deflnieren,indern man ihn von den biologischen Realita-ten, die ihm (in genau derselben Weise wiedie biologische Existenz der historischen) zu-grunde liegen, ihn aber weder k 0nst i t u i e-r e n noch ouch d e t e r rnin ie re n , unterschei-det.

    (7) "Machine th60trale": ein Ausdruck Lacans("machine"), der Freud aufgreift ("ein anderesSchousple] . .. Schauplatz"). Zwischen Poli tzer,del' vom "Drama" spricht , und Freud undLcccn , die von Theater, Szene, In5zenierung,Buhnenmaschinerie , theat ral ischer Gattung, Re-gisseur usf. sprechen, Iiegt die ganze Distanzzwischen dem Zuschouer, del' sich fUr des Thea-ter ha It, - und dem Theater se Ibst

    (8) Wenn man den Ausdruck "Wirkung" im Zusam-menhang einer klassischen Theocie der Kausali-tat auffaBt, so wird man darin die aktuale Prd-senz del' Ursache in ihrer Wirkung verstehen(vgl. Spinozo},

    BIBLIOGRAPHI5CHE ANMERKUNGUm sich den Zugang zurn Werk Lacans zu erleichtern,sollte man seine Aufsotze in del' folgenden Reihenfol-ge studieren:1. "Les complexes familiaux en pathologie", in

    En c y c l c p e dt e Francoise, hg. de Monzie,Bd.8 ("La vie mentale de I'enfance 0 1 0 vieillesse")1938

    2. "Propos sur 1 0 couso lite psychique", in: L' Evo-lution Psychiatrique 1947, Nr.1, 5.123-65; in: Ecrits, Paris 1966,5.151-93

    3. "Dos 5piegelstadium als Bildner del ' Ichfunktion,wie sie uns in der psychoanalytischen Erfahrungerscheint", in: 5chrif ten I, ausgewahl t und herous-gegeben von Norbert Haas, Olten/Freiburg1973, S. 61-70"La Chose freudienne ou Sens du retour 0 Freuden psychanalyse", in: L'Evolution Psychia-trique 1956,5.225-52; in: Ecrits, 5.401-36"Les formations de I 'inconscient" , 5eminar Dezern-bel' 1957-Marz 1958, in: Builetin de Psycho-log i e 12/2-3, November 1958, S.182-92"La relation d"objet et les structures freudienne",5eminar 1956-1957, in: Bulletin de Psycho-logie 10/7, 10,12,14,1957 und 11/1,1957".Le Deslr e t son in terprMation", 5eminor 1958-59,10: Bulletin de Psychologie 13/5,6, 1960,5.263-72 und 5.329-35

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    Die erstrnols in den sieben Nummern der Zeitschr~ft8. La Psychana lyse erschienenen AufsCltze, InS-

    besondere:"Discours de Jacques Lacon (26.Sept.1953)",Ac t e s du Co n q r e s de Rome, La Psych-ana lyse 1, 1956, S.202-55" Rema rque su r Ie rapport de Dan i e I Lagache", 6,1961,5.111-47; in: Ecrits, S.647-84"Funktion und Feld des Spre chens und der Sprachein der Psychoanalyse", in: Schriften I, 0.0.0.5, 71-169 . "Die Ausrichtung der Kur und die Pr inzlp ienihrE!'r Macht", in: ebda. S. 171-239"Dos Drdnqen des Buchs tabens im Unbewuf3tenoder die Vernunft seit Freud", rn: Schriften II,1975, S. 15-59"Uber eine Frage, die [eder m