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Analysis Zweite Auflage Vortragender: Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn. Grabner Peter Mitschrift von: Kloner Christoph 19. Juli 2018

Analysis - IG Mathe · ximation, zun achst f ur Funktionen auf Gebieten in einem Rnund dann koordina- ... 7 Konvexe Funktionen 185 7.1 Eine stetige nirgends di erenzierbare Funktion

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AnalysisZweite Auflage

Vortragender: Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn.

Grabner Peter

Mitschrift von: Kloner Christoph

19. Juli 2018

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Vorwort zur zweiten Auflage

Nach mehrmaligem Korrekturlesen, habe ich mich dazu entschlossen, eine zweiteAuflage zu verfassen. Ich habe nahezu jede Grafik uberarbeitet. Daruber hinaushabe ich gravierende Anderungen am Layout vorgenommen.Einen großen Dank mochte ich Frau Kropiunig Julia aussprechen, fur die Kor-rekturen zu Teil 3. Mit ihrem hohen mathematischen Konnen und ihrem un-ermudlich-wachsamen Auge war es ihr moglich, sehr viele Fehler zu finden. So-wohl banale Tippfehler, als auch komplexe Fehler mathematischer Art.Außerdem mochte ich auch Herrn Prokop Lukas BSc, BSc danken fur seine Un-terstutzungen im Bereich LATEX und dessen Feinschliff.So zeitaufwandig und kraftezehrend die Uberarbeitung war, so zufrieden bin ichnun mit dem Ergebnis.Fehler, egal ob es sich um Tippfehler handelt, Fehler in der Deutschen Spracheoder sogar Fehler mathematischer Natur, bleiben leider nicht aus. Fur Anmer-kungen bezuglich gefundener Fehler, Ungenauigkeiten oder Inkonsistenzen binich sehr dankbar.

Gratkorn, Juli 2017 Kloner Christoph

I

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Vorwort zur ersten Auflage

Diese Vorlesung ist gesplittet in drei Teile und behandelt die reelle Analysis.Inhalt dieser Vorlesung ist der Stoff der Analysiskurse des ersten bis drittenSemesters an Osterreichischen Universitaten.Daruber hinaus ist der Stoff sehr stark angelehnt an die Bucher

”Analysis 1”

und”Analysis 2” von Herrn Professor Dr. Konrad Konigsberger.

Es finden sich beispielsweise einfache Differentialgleichungen, Fourierreihen, Stamm-funktion und Integrationstechniken, sowie Differentiation von Kurven. Erganzenddazu sind zahlreiche Beispiele, Aufgaben und historische Anmerkungen.Gegen Ende wird ein besonderes Augenmerk auf mehrdimensionale Differential-und Integralrechnung gelegt.Die Differentialrechnung wird, aufbauend auf dem Konzept der linearen Appro-ximation, zunachst fur Funktionen auf Gebieten in einem Rn und dann koordina-tenfrei fur Abbildungen auf Gebieten in einem endlich-dimensionalen normiertenRaum entwickelt. In der Integralrechnung bringen wir das Lebesgue-Integral, danur dieses eine leistungsfahige Theorie zur Vertauschung von Integration undGrenzwertprozessen ermoglicht. Die vorliegende Einfuhrung scheint in der Lehr-buchliteratur neu zu sein. Das fur Treppenfunktionen elementar erklarte Integralwird fortgesetzt auf die Klasse derjenigen Funktionen, die sich beliebig genaudurch Treppenfunktionen approximieren lassen, wobei als Approximationsmaßdie L1-Halbnorm dient, die wir ohne Zuhilfenahme des Integrals fur alle Funk-tionen auf dem Rn definieren.Großen Dank mochte ich Herrn Michael Julius Preischl B.Sc. M.Sc., fur seinezahlreichen Tipps, seine Zeit und seine Geduld fur all meine anfanglichen Fragenzu LATEX aussprechen.Des weiteren mochte ich Herrn Valentin Havlovec, Herrn Johannes Krondorferund Herrn David Prasent danken, die mir maßgeblich dabei geholfen haben,diese Mitschrift zu vervollstandigen.Zuletzt mochte ich noch einen großen Dank an Herrn Professor Dipl.-Ing. Dr.techn.Grabner Peter aussprechen, der mir sowohl bei Fragen zum Stoff geholfen hat,als auch bei Fragen zu LATEX mit Rat und Tat zur Seite stand.

Gratkorn, Dezember 2017 Kloner Christoph

II

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Inhaltsverzeichnis

I Analysis 1 10.1 Naive Mengenlehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40.2 Die naturlichen Zahlen und vollstandige Induktion . . . . . . . . 100.3 Ordnung auf N0 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130.4 Einige einfache Abzahlaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

1 Aufbau des Zahlensystems 211.1 Die Reellen Zahlen: R . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211.2 Axiome der Ordnung auf R . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221.3 Intervalle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251.4 Supremum und Infimum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271.5 Die komplexen Zahlen C . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321.6 Reelle und komplexe Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361.7 Polynome (Polynomfunktionen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371.8 Polynomdivision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381.9 Nullstellen von Polynomen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391.10 Erweiterung der Definition des Binomialkoeffizienten . . . . . . . 401.11 Rationale Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431.12 Partialbruchzerlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44

2 Folgen, Reihen, Grenzwerte 482.1 Rechenregeln fur Grenzwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 512.2 Haufungspunkte (Haufungsweite) von Folgen . . . . . . . . . . . 572.3 Uneigentliche Grenzwerte, beziehungsweise Haufungspunkte . . . 622.4 Bemerkungen zur Vollstandigkeit von R (beziehungsweise C) . . 652.5 Reihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 652.6 Alternierende Reihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 682.7 Reihen mit beliebigen Gliedern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 702.8 Absolute Konvergenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 712.9 Summierbare Familien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 792.10 Potenzreihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90

3 Stetige Funktionen 963.1 Normale Konvergenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1033.2 Eigenschaften stetiger Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1063.3 Kompaktheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1093.4 Grenzwerte von Funktionen und stetige Fortsetzung . . . . . . . 115

3.4.1 Rechenregeln fur Grenzwerte . . . . . . . . . . . . . . . . 1173.5 Einseitige und uneigentliche Grenzwerte . . . . . . . . . . . . . . 119

4 Elementare Funktionen 1224.1 Die Exponentialfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122

4.1.1 Eigenschaften von R→ R . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1264.2 Der naturlich Logarithmus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1274.3 Exponentialfunktion und Logarithmus mit beliebiger Basis . . . . 1274.4 Die Binomische und Logarithmische Reihe . . . . . . . . . . . . . 130

4.4.1 Bestimmung von Logarithmen . . . . . . . . . . . . . . . 132

III

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4.5 Trigonometrische Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1334.6 Polarkoordinaten in R2 und C . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1414.7 Wurzelziehen in C . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1424.8 Exponentialfunktion und Logarithmus in C . . . . . . . . . . . . 1434.9 Hyperbelfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1484.10 Potenzreihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150

5 Differentialrechnung von Funktionen einer Variablen 1525.1 Entwicklung der Differentialrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . 162

II Analysis 2 174

6 Hohere Ableitungen und der Satz von Taylor 179

7 Konvexe Funktionen 1857.1 Eine stetige nirgends differenzierbare Funktion . . . . . . . . . . 193

8 Stammfunktion 195

9 Diskussion von Funktionen (Kurvendiskussion) 196

10 Integralrechnung 19910.1 Integrationstechniken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212

10.1.1 partielle Integration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21310.1.2 Substitutionsregel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21710.1.3 Logarithmische Regel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217

10.2 Algorithmisches Bestimmen von Stammfunktionen . . . . . . . . 21810.3 Integration von normal konvergenten Reihen . . . . . . . . . . . . 22510.4 Das Integral von Riemann; das Riemann-Integral . . . . . . . . . 22710.5 Das Integralrestglied in der Taylorformel . . . . . . . . . . . . . . 24110.6 Die Euler-MacLaurin’sche Summenformel . . . . . . . . . . . . . 242

11 Die Bernoulli-Polynome 244

12 Gleichmaßige Konvergenz 258

13 Metrische Raume und Topologie 27013.1 Lage von Punkten zu einer Menge . . . . . . . . . . . . . . . . . 27613.2 Stetigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27913.3 Kompaktheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28013.4 Der Fixpunktsatz von Banach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292

14 Die Gamma-Funktion 296

15 Kurven 30515.1 Bogenlange von parametrischen Kurven . . . . . . . . . . . . . . 30615.2 Bogenlange von Funktionsgraphen, Volumen und Oberflache von

Rotationskorpern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31015.2.1 Rotationskorper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310

15.3 Die Guldin’schen Regeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314

IV

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15.3.1 Erste Guldin’sche Regel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31415.3.2 Zweite Guldin’sche Regel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315

15.4 Die Leibniz’sche Sektorformel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31515.5 Krummung ebener Kurven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32015.6 Frenetsche Formeln und Hauptsatz der Kurventheorie . . . . . . 321

15.6.1 Evoluten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32215.7 Raumkurven in R3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32415.8 Krummung und Torsion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325

16 Funktionen in mehreren Variablen 32816.1 Ein wenig Topologie des Rd . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32916.2 Hohere Ableitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34016.3 Taylor Formel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34216.4 Differenzierbare Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345

III Analysis 3 34716.5 Der Laplace-Operator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35016.6 Erinnerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35116.7 Der Hauptsatz uber implizite Funktionen . . . . . . . . . . . . . 35616.8 Extremwertaufgaben mit Nebenbedingungen . . . . . . . . . . . 358

17 Differentialgeometrie der (Hyper-)Flachen 36217.1 Die Dupinsche Indikatrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36617.2 Die Gaußsche Krummung und die mittlere Krummung . . . . . . 36717.3 Parallelverschiebung von Vektoren . . . . . . . . . . . . . . . . . 36717.4 Geodatische Linien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37017.5 Vektorfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37317.6 Abbildungen zwischen Flachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37717.7 Theorema egregium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38017.8 Bestimmung von Oberflachen - skalare Flachenintegrale . . . . . 38517.9 Minimalflachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38717.10Krummung von Flachenkurven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388

18 Der Satz von Stone-Weierstraß 390

19 Fourier-Reihen 39519.1 Dirichtletsche Konvergenztheorie der Fourier-Reihen . . . . . . . 40419.2 Besselsche Theorie der Fourier-Reihen . . . . . . . . . . . . . . . 41019.3 Die Poissonsche Summenformel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417

20 Parameterintegrale 42120.1 Ein wenig uber Variationsrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . 428

21 Mehrdimensionale Integralrechnung 43421.1 Jordan-Messbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44221.2 Normalbereich in hoheren Dimensionen . . . . . . . . . . . . . . 449

V

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22 Vektorfelder, Kurven-/Oberflachenintegrale und Integralsatze45622.1 Skalare Oberflachenintegrale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45622.2 Kurvenintegrale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45922.3 Bemerkungen zu skalaren Oberflachenintegralen . . . . . . . . . . 46622.4 Der Integralsatz von Gauß in der Ebene . . . . . . . . . . . . . . 46822.5 Oberflachenintegrale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47422.6 Der Integralsatz von Stokes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47822.7 Der Integralsatz von Gauß im Raum . . . . . . . . . . . . . . . . 48022.8 Alternierende Differentialformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 487

VI

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Teil I

Analysis 1

1

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Begriffe

• Aussage: Satz, der wahr oder falsch sein kann

• Logik: beschaftigt sich mit Aussagen und Verknupfungen von Aussagen

Verknupfungen

• Konjunktion: A und B ... A ∧ B

• Disjunktion: A oder B ... A ∨ B

• Negation: nicht A ... ¬A

• Subjunktion:”Wenn A, dann B”... A → B

• Bijunktion:”Genau dann A, wenn B gilt”... A ↔ B

Veranschaulichung durch die Wahrheitstafel

A B A ∧ B A ∨ B A → B A ↔ Bw w w w w ww f f w f ff w f w w ff f f f w w

Bemerkung 1.

• Wenn A → B als wahr angenommen wird (A → B immer wahr), dann schreibtman statt →, einen ⇒.(Doppelpfeil impliziert Wahrheitsgehalt und muss nicht weiter uberpruft werden).

• Wenn A und B immer wahr sind, schreibt man statt ↔, einen ⇔.

• Es gilt A ⇒ B = (¬A)∨ B

Begriffe

• Tautologie: Aussage, die immer wahr ist(z.B.: A ∨ (¬A)

)• Kontradiktion: Aussage, die immer falsch ist

(z.B.: A ∧ (¬A)

)Rechenregeln der Logik

Uberprufung durch Wahrheitstafeln

A ∧B ⇐⇒ B ∧A(A ∧B) ∧ C ⇐⇒ A ∧ (B ∧ C)

A ∨ (B ∧ C) ⇐⇒ (A ∨B) ∧ (A ∨ C)

A ∧ (B ∨ C) ⇐⇒ (A ∧B) ∨ (A ∧ C)

2

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Vorrangregeln

• Und (∧) ist starker als Oder (∨)

• Klammer ist starker als Und

• Negation (¬) ist starker als Klammer

Bemerkung 2.

(A ∧B) ∨ (C ∧D) ⇐⇒ A ∧B ∨ C ∧D(A ∨B) ∧ (C ∨D) ⇐⇒ A ∧ C ∨A ∧D ∨B ∧ C ∨B ∧D

Gesetze von De Morgan

¬(A ∨B) ⇐⇒ (¬A) ∧ (¬B)

¬(A ∨B) ⇐⇒ (¬A) ∨ (¬B)

Schlussregeln

• Ableitungsregel: A ∧ (A → B) ⇒ B [Modus ponens]

• Widerlegungsregel: (¬ B) ∧ (A → B) ⇒ ¬A [Modus tollens]

• Kettenschluss: (A → B) ∧ (B → C) ⇒ A → C

• Fallunterscheidung: (A ∨ B) ∧ (A → C) ∧ (B → C)

Begriff: Aussageform: Aussage, deren Wahrheit von einer Variable abhangt.

Beispiel 1.

A(x) ⇐⇒ x ist eine gerade Zahl

A(4) ⇐⇒ w

A(−10) ⇐⇒ f

Quantoren ∀x ...”fur alle”

(oder: ∀x : A(x)⇔

∧xA(x)

)∃x ...

”es existiert ein x”

(oder ∃x : A(x)⇔

∨xA(x)

)∃!x ...

”es gibt genau ein x”

Bemerkung 3.

• ¬(∀x : A(x)

)⇐⇒ ∃x : ¬A(x)�

Um eine Aussage uber alle x zu widerlegen, muss eines, oder mehrere Gegenbei-spiele gefunden werden.

3

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• ¬(∃x : A(x))⇐⇒ ∀x : ¬A(x)

Lincoln-Zitat

∃t ∈ T, ∀x ∈ P : F (t, x) ∧ ∃x ∈ P,∀t ∈ T : F (t, x) ∧ (∀t ∈ T, ∀x ∈ P : F (t, x))

”You can fool all the people some time and some of the people all the time, but

you cannot fool all the people all the time.”

0.1 Naive Mengenlehre

Definition 0.1. Definition von CantorEine Menge ist eine Zusammenfassung von Objekten unseres Denkens, oder unserer Anschauungzu einem Ganzen.x ∈ A ... Aussageform (welche wiederum wahr oder falsch sein kann)

Mengenoperationen A, B ... Mengen

• ∅ ... leere Menge, ¬(x ∈ ∅)

• A ∪ B ...”A vereinigt B”: ∀x ∈ (A ∪B)⇐⇒ x ∈ A ∨ x ∈ B

• A ∩ B ...”A geschnitten mit B”: ∀x ∈ (A ∩B)⇐⇒ x ∈ A ∧ x ∈ B

• A\B ...”A ohne B”: x ∈ (A \B)⇐⇒ x ∈ A ∧ x /∈ B

• A ⊆ B ...”A ist Teilmenge von B”: x ∈ A =⇒ x ∈ B�

A $ B ...”echte Teilmenge”: A ⊆ B ∧ A 6= B�

A = B ... x ∈ A⇐⇒ x ∈ B

Bemerkung 4. Zerlegung von einer Aussage in 2 Aussagen:A=B ⇐⇒ A ⊆ B ∧ B ⊆ A

De Morgan fur Mengen

A \ (B ∪ C) = (A \B) ∩ (A \ C)

A \ (B ∩ C) = (A \B) ∪ (A \B)

Definition 0.2. PotenzmengeA ... Menge,P(A) ... Menge der Teilmengen von A

B ⊆ A⇐⇒ B ∈ P(A)

Es gilt: |P(A)| = 2|M |

4

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Beispiel 2.

A = {1, 2, 3}

P(A) ={∅, {1}, {2}, {3}, {1, 2}, {1, 3}, {2, 3}, {1, 2, 3}

}

A ... Menge, X ... Aussageform

B ={a ∈ A

∣∣∣ X(a)}

... a ∈ B ⇐⇒ a ∈ A ∧X(a)

Beispiel 3.

A = {1, 2, 3}

B ={a ∈ A

∣∣∣ a ist gerade}

= {2}

Russel’sches Paradoxon M ... Menge aller Mengen =⇒M ∈MN =

{x ∈M

∣∣∣ x /∈ x} :

N ∈ N ⇒ N /∈ N EN /∈ N ⇒ N ∈ N E⇒ M kann keine Menge sein, auch wenn sie Cantors Definition entspricht.

Sei I 6= ∅ eine Menge (”Indexmenge”)

i ∈ I: Mi ...”Familie von Teilmengen”

M =⋃i∈IMi x ∈M ⇐⇒ ∃i ∈ I : x ∈Mi

N =⋂i∈IMi x ∈ N ⇐⇒ ∀i ∈ I : x ∈Mi

Operatoren uber i Mengen

Definition 0.3. Kartesische ProdukteA, B ... Mengen

A×B ={

(a, b)∣∣∣ a ∈ A ∧ b ∈ B} ... geordnete Menge der Paare

An = An−1 ×AA3 ... Menge der Tripel

A4 ... Menge der Quadrupel

...

An ... Menge der n-Tupel

5

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Definition 0.4. Kartesische Produkte uber i MengenSei I eine Indexmenge, i ∈ I : Mi

×i∈I

Mi ={

(mi)i∈I

∣∣∣ ∀i ∈ I : mi ∈Mi

}

Abbildungen Seien M und N Mengen.

f :

{M → N

m 7→ f(m)

f ordnet jedem m ∈M ein Element f(m) zu und zwar nach der Vorschrift.Andere Schreibweise: F ⊆ M × N mit folgender Eigenschaft: ∀m ∈ M ∃!n ∈N : (m,n) ∈ FFur jedes Element m aus M gibt es genau ein Element n aus N

f :

{M → N

m 7→ n

M

Nf

Eigenschaften von Abbildungen

• f heißt injektiv, wenn

{∀m1,m2 ∈M : m1 6= m2 =⇒ f(m1) 6= f(m2)

∀m1,m2 ∈M : m1 = m2 =⇒ f(m1) = f(m2)

Schreibweise: f : M ↪→ N

• f heißt surjektiv, wenn: ∀n ∈ N , ∃m ∈M : f(m) = n

Schreibweise: f : M � N

• f heißt bijektiv, wenn f injektiv und surjektiv ist.

Jedes n ∈ N kommt genau einmal als Bild vor.

6

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Satz 0.1. Sei f : M → N eine Abbildung, Dann ist:

1. f injektiv genau dann, wenn es eine Abbildung g1 : N →M gibt, sodass:

∀m ∈M : m = g1

(f(m)

)2. f surjektiv genau dann, wenn es eine Abbildung g2 : N →M gibt, sodass:

∀n ∈ N : n = f(g2(n)

)3. f bijektiv genau dann, wenn es eine Abbildung g : N →M gibt, sodass:

∀m ∈M : m = g(f(m)

)und ∀n ∈ N : n = f

(g(n)

)Beweis.

1.”⇐” Angenommen es gibt g1 : N →M mit der Eigenschaft

f(m1) = f(m2)⇒ g1

(f(m1)

)︸ ︷︷ ︸m1

= g1

(f(m2)

)︸ ︷︷ ︸m2

das heißt:

f(m1) = f(m2) ⇒ m2 = m1

also ist f injektiv

”⇒” Angenommen f sei injektiv, das heißt jeder Punkt n ∈ N tritt

hochstens als Bild von einem Element m ∈M auf{∃!n ∈ N : n = f(m) g1(n) = m

∀n ∈ N : n 6= f(m) g1(n) = m2

−→ g1

(f(m)

)= m

M M M

N N N

injektiv surjektiv bijektiv

7

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2.”⇐” Angenommen es gibt ein g2 mit der obigen Eigenschaft.

zu zeigen: f ist surjektiv: ∀n ∈ N, ∃m ∈Mm=g2(n)

: N = f(m) = f(g2(n))

”⇒” Angenommen f sei surjektiv

n ∈ N :{m ∈M

∣∣∣ f(m) = n}6= ∅

g2(n) ∈{m ∈M

∣∣∣ f(m) = n}

f(g2(n)

)= n

3.”⇐” Angenommen ∃g : N →M mit der angegebenen Eigenschaft. Aus 1.

und 2. folgt, dass f bijektiv ist

”⇒” Angenommen f ist bijektiv: f ist injektiv︸ ︷︷ ︸

∃g1:N→Mwie oben 1)

und surjektiv︸ ︷︷ ︸∃g1:N→Mwie oben 2)

aus 1. g1

(f(g2(n)

))= g2(n)

aus 2. f(g2(n)

)= n

⇒ g1(n) = g2(n)

g :

{N → M

n 7→ g1(n) = g2(n)

Definition 0.5. Sei f : M → N bijektiv, dann heißt die Abbildung g : N →M aus Punkt 3. dieUmkehrabbildung von f : f (−1) := g

Bemerkung 5. Gibt es eine Umkehrabbildung f (−1) : N →M einer Abbildung f : M →N , dann ist f bijektiv.

Bemerkung 6. Zwei Abbildungen f : A → B und g : C → D sind genau dann gleich,wenn A = C, B = D und ∀a ∈ A : f(a) = g(a)

Beispiel 4.

f =

{{1, 2} → {1, 2, 3, 4}

x 7→ x+ 16= g =

{{1, 2} → {2, 3}

x 7→ x+ 1injektiv, nicht surjektiv bijektiv

Bemerkung 7. Identitat auf A

idA :

{A → A

a 7→ a

8

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A wird auf sich selbst abgebildet.

Definition 0.6. Ist f :

{A → Ba 7→ f(a)

und g :

{B → Cb 7→ g(b)

, dann ist g◦f :

{A → Ca 7→ g

(f(a)

)”g nach f” oder

”g Ring f”.

Hintereinanderausfuhrung von g und f (Verknupfung, beziehungsweise Verkettung von g und f)

Bemerkung 8.

f (−1) ◦ f = idA

f ◦ f (−1) = idB

Definition 0.7. Sei f : A→ B eine Abbildung.

M ⊆ A : f(M) ={b ∈ B

∣∣∣ ∃m ∈M : f(m) = b}

... Bild unter f von M

={f(m)

∣∣∣ m ∈M} ... Kurzschreibweise (salopp)

N ⊆ B : f (−1) ={a ∈ A

∣∣∣ f(a) ∈ N}

... Urbild(-menge) von N unter f

Die Urbildmenge existiert, unabhangig davon, ob die Abbildung bijektiv ist, oder nicht.

Schreibweise: f

keineKlam-mern︷︸︸︷−1 ( N︸︷︷︸

Mengeeinge-setzt

)

Achtung! f−1 6= f (−1)

A B

M f(M)

f−1(N) N

f(a) /∈ Nf−1(N)

f

9

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Bemerkung 9. M ⊆ f−1(f(M)

)und f

(f−1(N)

)⊆ N

Definition 0.8. Sei A eine endliche Menge. Dann schreibt man |A| fur die Anzahl ihrer Elemente.#A, #(A) ...

”Kardinalitat von A”

Definition 0.9. AuswahlaxiomSei I eine Menge und (Mi)i∈I︸ ︷︷ ︸

Familievon

Mengen

, dann gibt es eine Abbildung

f : I →⋃i∈IMi : ∀i ∈ I : f(i) ∈Mi

”f ist eine Auswahl”, fur jedes i ∈ I wird ein Element aus der dazugehorigen MengeMi ausgewahlt.

Bemerkung 10.

×i∈IMi ... Das Auswahlaxiom garantiert, dass ×

i∈IMi 6= ∅

Bemerkung 11. A,B seien Mengen, Dann heißen A und B disjunkt (element-fremd),wenn A ∩B = ∅.

0.2 Die naturlichen Zahlen und vollstandige Induktion

∅, {∅},{∅, {∅}

},{∅, {∅},

{∅, {∅}

}}, ...

Definition 0.10. Die Peano-Axiome der naturlichen Zahlen sind:

1. 0 ∈ N0

2. ∀n ∈ N0 : n′ ∈ N0 ... fur jedes Element n ∈ N0 gibt es in N0 ein weiteres Element n′

3. ∀n ∈ N0 : n′ 6= 0 ... der Nachfolger n′ von n ist nicht 0 ⇒ 0 ist der Anfang von N0

4. ∀m ∈ N0, ∀n ∈ N0 : m′ = n′ ⇒ m = n ... verschiedene Elemente haben verschiedeneNachfolger.

5. ∀A(0 ∈ A und ∀n ∈ A : n′ ∈ A

): N0 ⊆ A ... N0 ist die kleinste Menge aller Mengen A,

die die Eigenschaften 1. - 4. besitzt.

5’. Alte Schreibweise:∀X :

(X(0) und ∀n ∈ N0 : X(n′)

)⇒ ∀n ∈ N0 : X(n)

Sei A eine Menge wie oben: B ={n ∈ A

∣∣∣ X(n)}⇒ N0 ⊆ B

10

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Schritt 5’. fuhrt uns zum Prinzip der vollstandigen Induktion. Diese ist eine Beweisform fur Aus-sagen uber die naturlichen Zahlen.

Beispiel 5.

1 + 2 + 3 + ...+ n∑2 ·∑

n = 0 0 0 0 · 1n = 1 1 2 1 · 2n = 2 3 6 2 · 3n = 3 6 12 3 · 4n = 4 10 20 4 · 5

⇒ 1 + 2 + ...+ n =n · (n+ 1)

2

1. Induktionsbasis:

X(0) =0 · (0 + 1)

2= 0

2. Induktionsvoraussetzung:

X(n) : 1 + 2 + ...+ n =n · (n+ 1)

2

Korrektheit wird vorausgesetzt

3. Induktionsbehauptung:

X(n+ 1) = X(n′)

Korrektheit will uberpruft werden:

1 + 2 + ...+ n+ (n+ 1) =(n+ 1) · (n+ 2)

2

4. Induktionsschritt:

X(n)⇒ X(n′), X(n)⇒ X(n+ 1) :

1 + 2 + ...+ n+ (n+ 1) =n · (n+ 1)

2+ (n+ 1) =

(n+ 1) · (n+ 2)

2

11

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Beispiel 6.

12 + 22 + 32 + ...+ n2∑6 ·∑

n = 0 0 0 0n = 1 1 6 1 · 2 · 3n = 2 5 30 2 · 3 · 5n = 3 14 84 3 · 4 · 7n = 4 30 180 4 · 5 · 7n = 5 55 380 5 · 6 · 11

Formel erraten

⇒ 12 + 22 + 32 + ...+ n2 =n · (n+ 1) · (2n+ 1)

6

Es scheint, als ob eine Formel gefunden wurde, die aber bis jetzt nur fur n ≤ 5 zweifelsfreistimmt. Beweis fur n Elemente durch vollstandige Induktion.

Beweis.

1. Basis:

n = 0 :

0 · (0 + 1) · (2 · 0 + 1)

6= 0 X

2. Voraussetzung:

12 + 22 + 32 + ...+ n2 =n · (n+ 1) · (2n+ 1)

6

3. Behauptung:

12 + 22 + 32 + ...+ n2 + (n+ 1)2 =(n+ 1) · (n+ 2) · (2(n+ 1) + 1)

6

4. Induktion:

12 + 22 + 32 + ...+ n2︸ ︷︷ ︸ersetzen durch

Induktionsvoraussetzung

+(n+ 1)2

(!=

(n+ 1) · (n+ 2) · (2n+ 3)

6

)

=n(n+ 1)(2n+ 1)

6+ (n+ 1)2 =

=n+ 1

6·(n · (2n+ 1) + 6 · (n+ 1)

)=

=n+ 1

6·(2n2 + n+ 6n+ 6

)=

=n+ 1

6·(2n2 + 7n+ 6

)=

=n+ 1

6· (n+ 2) · (2n+ 3)

12

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Bemerkung 12. Rechenoperationen auf N0

Addition:”

m+n” m,n ∈ N0

m+ 0 = m, m+ (n+ 1) = m+ n′ = (m+ n)′

Multiplikation m · 0 = 0m · 1 = mm · (n+ 1) = m · n′ = m · n+m

0.3 Ordnung auf N0

m ≤ n ⇔ ∃k ∈ N0 : m+ k = n[besonders n ≤ n′ ≤ n′′ ≤ n′′′ ≤ ...

] }”kleiner gleich ”

m < n ⇔ m ≤ n und m 6= n ⇔ ∃k ∈ N0 \ {0}︸ ︷︷ ︸=N

: m+ k = n}

”strikt kleiner ”

Definition 0.11.

N = N0 \ {0}

Bemerkung 13.”≤” ist eine Totalordnung, das heißt:

∀m,n ∈ N0 : m ≤ n oder n ≤ m[m ≤ n und n ≤ m ⇔ m = n

]

Satz 0.2. Die naturlichen Zahlen mit”≤” sind wohlgeordnet, das heißt:

Jede nicht leere Teilmenge A ⊆ N0 besitzt ein kleinstes Element:

∀A ⊆ N0, A 6= ∅, ∃a ∈ A : ∀b ∈ A : b ≥ a

Beweis. Sei A 6= ∅ eine Teilmenge von N0, die kein kleinstes Element besitzt.Zeige darum, dass ∀n ∈ N0: A ∩ {0, 1, ..., n} = ∅

1. Basis: n=0 A ∩ {0} = ∅Wenn 0 ein Element von A ware, dann ist 0 das kleinste Element von A E

2. Voraussetzung: A ∩ {0, 1, ..., n} = ∅

3. Behauptung: A ∩ {0, 1, ..., n, n+ 1} = ∅

4. Induktion: A ∩ {0, 1, ..., n} = ∅, angenommen A ∩ {0, 1, ..., n, n + 1} 6= ∅⇒ n+ 1 ∈ A⇒ n+ 1 ist das kleinste Element von A E

⇒ damit gilt ∀n ∈ N0 : A ∩ {0, 1, ..., n} = ∅ und damit A = ∅ E

13

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Satz 0.3. Mathematischer WitzEs gibt keine uninteressante naturliche Zahl

Beweis. Angenommen es gibt uninteressante naturliche Zahlen:

U ={u ∈ N0

∣∣∣ u ist uninteressant}6= ∅

Nach Satz 0.2 hat U ein kleinstes Element u. u ist das kleinste Element derMenge der uninteressante Zahlen, dadurch ist es interessant E

Beispiel 7.

1729 = 123 + 13 = 103 + 93

kleinste Zahl, die sich als Summe zweier Kuben schreiben lasst.

Definition 0.12. Summenzeichena1, a2, ..., an ... Zahlensaloppe Definition:

n∑k=1

ak ”:= ” a1 + a2 + ...+ an

”Summe von k ist 1 bis n uber ak”

Saubere induktive Definition:

0∑k=1

ak := 0

n+1∑k=1

ak :=

(n∑k=1

ak

)+ an+1

k ... Laufvariablek = 1 ... untere Summationsgrenzen ... obere Summationsgrenze

Beispiel 8.

n∑k=1

k =n(n+ 1)

2

Bemerkung 14. Wenn I eine geordnete Menge ist:∑i∈Iai i durchlauft die Menge I.

14

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Definition 0.13. ProduktzeichenSaloppe Definition:

n∏k=1

ak ”:= ” a1 · a2 · ... · an

”Produkt von k ist 1 bis n uber ak”.

Saubere Definition:

0∏k=1

ak := 1

n+1∏k=1

ak :=

(n∏k=1

ak

)· an+1

Manchmal: ∏i∈I

ai

Bemerkung 15.

n∏k=1

k := n! ...”

n Faktorielle”,”

Fakultat ”

Bemerkung 16.

A ⊆ N0, A 6= ∅ besitzt ein kleinstes Element

∀A ⊆ N0, A 6= ∅, ∃a ∈ A : ∀b ∈ A : b ≥ a

”N0 ist wohlgeordnet”

Bemerkung 17. Die Wohlordnung von N0 ist aquivalent zum Induktionsaxiom 5.Zu zeigen: Wohlordnung ⇒ Induktion:

∀X :(X(0) und ∀n ∈ N0 : X(n)⇒ X(n′)

)=⇒ ∀n ∈ N0 : X(n)

Sei X eine Aussageform mit X(0) und ∀n ∈ N0 : X(n)⇒ X(n′)

A ={n ∈ N0

∣∣∣ ¬X(n)}

Angenommen A 6= ∅, dann besitzt A wegen der Wohlordnung von N0 ein kleinstes ElementN ∈ A, N 6= 0, weil X(0).Sei m ∈ N0 mit m′ = N =⇒ X(m)⇒ X(m′) = X(N) E

15

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Beispiel 9. Sei q 6= 1. Dann gilt fur alle n ∈ N0:

n∑k=0

qk =qn+1 − 1

q − 1...

”geometrische Summenformel”

Beweis. durch Induktion:

1. Basis: n = 0 :

1 =q − 1

q − 1= 1 X

2. Voraussetzung:

n∑k=0

qk =qn+1 − 1

q − 1

3. Behauptung:

n+1∑k=0

qk =qn+2 − 1

q − 1

4. Schritt:

n+1∑k=0

qk =

n∑k=0

qk + qn+1 =qn+2 − 1

q − 1

qn+1 − 1

q − 1+ qn+1 =

qn+2 − 1

q − 1

qn+1 − �1 + qn+1(q − 1) = qn+1 − �1

���qn+1 + qn+2 −���qn+1 = qn+2

wahre Aussage

0.4 Einige einfache Abzahlaufgaben

1) Auf wie viele verschiedene Arten konnen n paarweise verschiedene Objekteangeordnet werden?

Moglichkeiten Anzahl

n = 2 1, 2 oder 2, 1 #2n = 3 1, 2, 3 ∨ 2, 1, 3 ∨ 2, 3, 1 ∨ 3, 2, 1 ∨ 3, 2, 1 ∨ 1, 3, 2 #6n = 4 ... #24

16

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Pn = Anzahl der Anordnungsmoglichkeiten von n Elementen

Pn+1 = (n+ 1)︸ ︷︷ ︸Moglich-

keiten das(n+1)-teElementin die nbereits

geordneteneinzuordnen

Pn

Pn := n! =

n∏k=1

k

Pn+1 = (n+ 1)! =

(n∏k=1

k

)· (n+ 1)

Satz 0.4. Die Anzahl der Anordnungen von n paarweise verschiedenen Elementen is n!.

Beweis. Die Induktionsbasis ist nach 1) fur n = 2 und n = 3 bewiesen.Induktionsschluss: Die Klasse derjenigen Anordnungen der Elemente 1, ..., n+1,die das Element k auf Platz 1 haben bei beliebiger Anordnung der ubrigenn Elemente, enthalt nach Induktionsannahme n! Anordnungen. Es gibt n + 1derartige Klassen. Die Anzahl aller Anordnungen der Elemente 1, ..., n + 1 istalso (n+ 1)n! = (n+ 1)!

Bemerkung 18. Jeder Anordnung von n Elementen entspricht genau eine Permutation.Das heißt die Anzahl der Permutationen ist gleich n!.

Sn ={f : {1, 2, ..., n}

∣∣∣ bijektiv}

... symmetrische Gruppe︸ ︷︷ ︸Ist die Gruppe, die aus allen

Permutationen einer n-elementigenMenge besteht

#Sn = n!

2) Auf wie viele Arten kann man k Elemente aus n auswahlen?

Fall (a): Reihenfolge der gezogenen Elemente wird berucksichtigt

Ziehung:verbleibende Elemente: n n− 1 n− 2 ... n− k + 1

Zug-Nummer: 1 2 3 ... kAnzahl der Moglichkeiten:

# = n · (n− 1) · (n− 2) · ... · (n− k + 1)

= n · (n− 1) · ... · (n− k + 1) · (n− k) · ... · 2 · 1(n− k) · ... · 2 · 1

# =n!

(n− k)!

”Variationen von n Elementen zur k-ten Klasse”(V nk )

17

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Fall (b): ohne Berucksichtigung der Reihenfolge der gezahlten Elemente

# =n!

k!(n− k)!:=

(n

k

)... Binomialkoeffizient

”Variationen ohne Wiederholung von n Elementen zur k-ten Klasse”(Cnk )

Beispiel 10. Seien A und B zwei Mengen fur die gilt: A∩B = ∅. Weiters seien |A| = mund |B| = n dann gilt |A ∪B| = m+ n.Man will aus A ∪B k Elemente ziehen:

(m+nk

)k∑l=0

(m

l

)·(

n

k − l

)=

(m+ n

k

)... Vandermondesche Indentitat(

n

k

)= 0 fur k > n(n

−1

):= 0(

n

0

)=

(n

n

)= 1

Man will k+1 Elemente aus n+1 ziehen. Sei diesmal |A| = n und |B| = 1 und A∩B = ∅(n+ 1

k + 1

)=

(n

k + 1

)· 1 +

(n

k

)· 1︸ ︷︷ ︸

k Elemeteaus A,

ein Elementaus B

=

(n

k + 1

)+

(n

k

)

keine Berucksichtigung der Reihenfolge, keine Wiederholung.

18

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Satz 0.5. Der binomische Lehrsatz

(x+ y)n

n = 1 : x+ yn = 2 : x2 + 2xy + y2

n = 3 : x3 + 3x2y + 3xy2 + y3

(x+ y)n = (x+ y) · ... · (x+ y)︸ ︷︷ ︸n-mal

Elemente durch ausmultiplizieren:

xn ... 1 malxn−1 · y ... n malxn−1 · yk ...

(nk

)mal

=⇒ (x+ y)n =

n∑k=0

(n

k

)· xn−k · yk und (x− y)n =

n∑k=0

(n

k

)· (−1)k · xn−k · yk

Beweis.

1. Basis: n = 0 :

1 =

0∑k=0

(0

0

)︸︷︷︸

=1

·x0−k · yk = 1 X

2. Voraussetzung:

(x+ y)n =

n∑k=0

(n

k

)· xn−k · yk gelte

3. Behauptung:

(x+ y)n+1 =

n+1∑k=0

(n+ 1

k

)· kn+1−k · yk

19

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4. Schritt:

(x+ y)n+1 = (x+ y)n · (x+ y)IV=

(n∑k=0

(n

k

)· xn−k · yk

)· (x+ y) =

=

n∑k=0

(n

k

)· xn+1−k · yk +

n∑k=0

(n

k

)· xn−k · yk+1 =

=�nn+1∑�kl=0

(n

�kl

)· xn+1−�kl · y�kl +

n+1∑l=�10

(n

l − 1

)· xn+1−l · yl

︸ ︷︷ ︸Der Wert der Summe andert sich nicht,weil die neune Summanden gleich 0 sind

=

=

n+1∑l=0

((n

l

)+

(n

l − 1

))︸ ︷︷ ︸

=(n+1l )

·xn+1−l · yl =

n+1∑l=0

(n+ 1

l

)· xn+1−l · yl

20

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1 Aufbau des Zahlensystems

N ist gegeben durch die Peano-Axiome

Z ist N ∪ {0} ∪ (−N) mit −N ={−n

∣∣∣ n ∈ N}Q ist

{pq

∣∣∣ p ∈ Z, q ∈ N}p1

q1+p2

q2=p1q2 + p2q1

q1q2p1

q1· p2

q2=p1p2

q1q2p1q1p2q2

=p1q2

q1p2

Bemerkung 19. Je zwei Elemente a, b ∈ (N0,Z,Q) sind vergleichbar: es gilt entwedera < b, a = b, oder a > b. Es gilt genau eine der Relationen.

Bemerkung 20.((N0,Z,Q),≥

)ist eine Totalordnung (a ≤ b⇔ a < b∨ a = b). je zwei

Elemente sind miteinander vergleichbar (6= Wohlordnung).

1.1 Die Reellen Zahlen: RR hat folgende Eigenschaften:

K1: 0 ∈ R, ∀x ∈ R :

x+ 0 = x

K2: 1 ∈ R, ∀x ∈ R :

x · 1 = x

K3: ∀x, y ∈ R : [Kommutativgesetz]

x+ y = y + x, x · y = y · x

K4: ∀x, y, z : [Assoziativgesetz]

(x+ y) + z = x+ (y + z), (x · y) · z = x(y · z)

K5: ∀x, y, z ∈ R : [Distributivgesetz]

(x+ y) · z = x · z + y · z

21

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K6: ∀x ∈ R, ∃y ∈ R :

x+ y = 0,[y := −x

]K7: ∀x ∈ R, x 6= 0, ∃y ∈ R :

x · y = 1,

[y := x−1 =

1

x

]

”R ist ein Korper”

1.2 Axiome der Ordnung auf R01: ∀x, y ∈ R: x > 0 und y > 0 ⇒ x+ y > 0 < x · y

02: ∀x ∈ R : x < 0 ∨ x = 0 ∨ x > 0 (∨...exklusives oder)R ist eine Totalordnung

03: ∀x ∈ R ∃n ∈ N0 : n− x > 0 (Archimedisches Axiom)

x < y ⇐⇒ y − x > 0x > y ⇐⇒ x− y > 0x ≤ y ⇐⇒ x < y ∨ x = yx ≥ y ⇐⇒ x > y ∨ x = y

Bemerkung 21. 1. a < b und b < c ⇒ a < c [Transitivitat](b− a > 0 und c− b > 0

01=⇒ (c− b) + (b− a) = c− a > 0 ⇐⇒ c > a

)2. a > b, c ∈ R =⇒ a+ c > b+ c, (a+ c)− (b+ c) = a− b > 0

3. a > b, c ∈ R =⇒ c > 0: a · c > b · c; c < 0: a · c < b · c a− b > 0 c > 001

=⇒ (a− b) · c > 0 =⇒ a · c > b · ca− b > 0 c < 0 =⇒ (a− b) · (−c) > 0 =⇒ −c > 0

b · c− a · c > 0 ⇐⇒ bc > ac

Das heißt: Die Ungleichungsrichtung bleibt bei Multiplikation mit einer positivenZahl erhalten, bei Multiplikation mit einer negativen Zahl kehrt sie sich um.

4. ∀a ∈ R, a 6= 0: a2 > 0({a > 0a < 0

}3.

=⇒ a2 > 0

)5. 1 > 0 :

(1 = 12 > 0

)6. a > b > 0 =⇒ 1

b >1a

22

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Satz 1.1. Die Bernoullische UngleichungSei x ≥ −1, dann gilt fur alle n ∈ N0:

(1 + x)n ≥ 1 + n · x

Beweis. Durch Vollstandige Induktion:

1. Basis: n = 0

(1 + x)0 ≥ 1 + 0 · x X

2. Voraussetzung:

(1 + x)n ≥ 1 + n · x

3. Behauptung:

(1 + x)n+1 ≥ 1 + (n+ 1) · x

4. Schritt:

(1 + x)n+1 ≥ 1 + (n+ 1) · x(1 + nx)︸ ︷︷ ︸

IV

·(1 + x) ≥ 1 + nx+ x

�1 + �x+��nx+ nx2 ≥ �1 +��nx+ �x

nx2 ≥ 0

Satz 1.2. i) Sei q > 1, dann gibt es zu jedem k > 0 ein n ∈ N: qn > k

ii) Sei 0 < q < 1, dann gibt es zu jedem ε > 0 ein n ∈ N: qn < ε.

Beweis.

i) q > 1, q = 1 + q′ mit q′ > 0

qn = (1 + q′)n > 1 + n · q′!≥ k ⇐⇒ n ≥ k − 1

q′∈ R

Aus Axiom 03 folgt, dass es ein solches n ∈ N gibt, das diese Gleichungerfullt.

ii) 0 < q < 1, ε > 0 ... dann gibt es nach i) ein k ∈ N:

qn >1

ε= k

⇒ qn =1

qn< ε

q :=1

q> 1

23

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Definition 1.1. Sei x ∈ R: |x| :=

{x fur X ≥ 0

−x fur x < 0

|x| heißt der Absolutbetrag von x

Bemerkung 22. Eigenschaften von |x|

A1: ∀x ∈ R: [Definitheit]

|x| ≥ 0 und |x| = 0 ⇐⇒ x = 0

A2: ∀x, y ∈ R : [Multiplikativitat]

|x · y| = |x| · |y|

A3: ∀x, y ∈ R : [Dreiecksungleichung]

|x+ y| ≤ |x|+ |y|

Beweis.

A1: folgt direkt aus der Definition

A2: |x · y| =(± x)· (±y) = |x| · |y| ... Vorzeichen passend gewahlt.

A3:

|x| ≥ x und |x| ≥ −x|y| ≥ y und |y| ≥ −y

}Aus der Definition

|x|+ |y| ≥ (x+ y)|x|+ |y| ≥ −(x+ y)

}|x|+ |y| ≥ |x+ y|

Bemerkung 23. Umgekehrte Dreiecksungleichung

∀x,∈ R :∣∣∣|x| − |y|∣∣∣ ≤ |x− y|

Beweis.

|x| = |y − (y − x)|

Drei-ecks-

Unglei-chung

≤ |y|+ |y − x|⇒ |x| − |y| ≤ |y − x| = |x− y|

|y| − |x| ≤ |x− y|(|x| − |y|

)≤ |x− y|

−(|x| − |y|

)≤ |x− y|

}⇒

∣∣|x| − |y|∣∣ ≤ |x− y|24

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Bemerkung 24. Eine Abbildung |·| : K → R (K Korper, K1-K7) mit den EigenschaftenA1-A3 heißt eine Bewertung. Auf Q gibt es unendlich viele Bewertungen. Eine davon ist|·| wie oben.

Eine Bewertung heißt archimedisch, wenn ∀x ∈ K, x 6= 0 ∃n ∈ N: |n · x| ≥ 1.|·| wie oben archimedisch, alle anderen sind nicht archimedisch.

Bemerkung 25. |x| ist der Abstand von x ∈ R zu 0. |x − y| ist der Abstand zweierZahlen x, y ∈ R zueinander.

Bemerkung 26.

x ∈ R03:⇒ ∃n ∈ N0 : n > x

Sei x > 0{n ∈ N

∣∣∣ n > x}6= ∅

m sei das kleinste Element dieser Menge

m− 1︸ ︷︷ ︸großte

naturlicheZahl≤x

≤ x < x

bxc := m− 1

x ≤ 0 dann gibt es ein n ∈ N : n+ x > 0

bxc = bn+ xc − n ∈ Z großte ganze Zahl ≤ x

bxc := max{k ∈ Z

∣∣∣ k ≤ x}

1.3 Intervalle

a, b ∈ R, a < b

(a, b) ={x ∈ R

∣∣∣ a < x < b}

offenes Intervall

[a, b] ={x ∈ R

∣∣∣ a ≤ x ≤ b} abgeschlossenes intervall

(a, b] ={x ∈ R

∣∣∣ a < x ≤ b}

links offen, rechts geschlossen (halboffen)

Definition 1.2. Eine Menge von Intervallen In = [an, bn] heißt Intervallschachtelung, wenn:

1. I1 ⊇ I2 ⊇ I3 ⊇ ...

25

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2. ∀ε > 0, ∃n ∈ N : |In| := bn − an < ε

IntervallschachtelungsaxiomFur jede Intervallschachtelung (In)n∈N gibt es eine reelle Zahl x, die in allen Intervallen In ent-halten ist.

x ∈⋂n∈N

In

Bemerkung 27. x ist eindeutig bestimmt. Angenommen x, y ∈⋂n∈N

In.

oBdA: x < y: ε = y−x2 > 0, ∃n : |In| < ε, x, y ∈ I: y − x = 2ε E zur Intervalllange

Sei (In)n∈N eine Intervallschachtelung. Dann gibt es ein x ∈ R sodass:⋂n∈N

In = {x}

Satz 1.3. Sei x ∈ R, x > 0 und k ∈ N, dann gibt es genau ein y ∈ R, y > 0 sodass yk = xbeziehungsweise y = k

√x

Beweis. Zuerst sei x > 1. Definiere eine Intervallschachtelung fur y:

I1 = [1, x], 1k = 1 < x < x2 =⇒ y ∈ I1

Angenommen I1, I2, ..., In waren bereits definiert

In = [an, bn], mn =an + bn

2

In+1 =

{[mn, bn] wenn mk

n ≤ x[an,mn] wenn mk

n > x⊆ In

x ∈ In+1

Eigenschaften von In+1

Fur x < 1 definiert man x′ = 1x und setzt x’ in den bereits gefuhrten Beweis.

Bemerkung 28.

akn ≤ x ≤ bkn

|In+1| =1

2· |In|

|In| =(

1

2

)n−1

· |I1|

Nach dem Satz 1.2 gibt es ∀ε > 0 ein n ∈ N:(

12

)n−1 · |I1| < ε. Damit ist (In)n∈N eine

26

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Intervallschachtelung.

Intervall-schachtelungs-

axiom=⇒ ∃!y : ∀n ∈ N : y ∈ In

Beweis. Es ist zu zeigen: yk = x

betrachte dazu: I(k)n = [akn, b

kn], Ikn+1 ⊆ Ikn

bkn − akn = (bn − an) · (bk−1n + bk−1

n an + ...+ bnak−2n + ak−1

n︸ ︷︷ ︸k Summanden

) ≤ (bn − an) · k · bk−11

∀ε′ > 0 ∃n : bn − an <ε

k · bk−11

:= ε′ ⇒ bkn − akn ≤ (nn − an) · k · bk−11 <

����k · bk−11

·����k · bk−11 = ε

Ikn ist eine Intervallschachtelung fur x. ∀n : x ∈ Ikn, damit gilt fur y. yk = x,yk ∈ Ikn, an ≤ y ≤ bn, akn ≤ yk ≤ bknSei η 6= y mit ηk = xη > y ⇒ yk = x Eη < y ⇒ yk = x E

Sei nun 0 < x < 1, dann 1x > 1, 1

y := k

√1x ⇒ yk = x, x = 1 ⇒ y = 1

1.4 Supremum und Infimum

Definition 1.3. Eine Teilmenge M ⊆ R heißt nach oben beschrankt, wenn:

∃K ∈ R : ∀x ∈M : x ≤ K[K heißt obere Schranke von M

]M heißt nach unten beschrankt wenn:

∃k ∈ R : ∀x ∈M : x ≥ k[k heißt untere Schranke von M

]M heißt beschrankt, wenn M nach oben und unten beschrankt ist:

∃K ∈ R, ∃k ∈ R : ∀x ∈M : k ≤ x ≤ K

Satz 1.4. Sei M ⊆ R nach oben beschrankt, dann gibt es eine reelle Zahl s = sup(M) (Supremumvon M) mit folgender Eigenschaft:

∀x ∈M : x ≤ s ↔ s ist obere Schranke∀s′ < s : ∃x ∈M : x > s′ ↔ s ist die kleinste obere Schranke

Sei M ⊆ R nach unten beschrankt, dann gibt es eine reelle Zahl i = inf(M) (Infimum von M)

27

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mit folgenden Eigenschaften:

∀x ∈M : x ≥ i ↔ i ist untere Schranke∀i′ > i : ∃x ∈M : x < i′ ↔ i ist großte untere Schranke

Eine beschrankte Menge besitzt Infimum und Supremum.

Beweis. Sei M ⊆ R nach oben beschrankt: (M 6= ∅)

∃K : ∀x ∈M : x ≤ K

Definiere eine Intervallschachtelung In = [an, bn].∀n : an ist keine obere Schranke von M∀n : bn ist keine obere Schranke von M

b1 = K, x ∈M, a1 = x− 1

Angenommen die Intervalle bis zum Index n waren bereits definiert.

In = [an, bn]

mn =an + bn

2

In+1 = [an+1, bn+1] =

{[an,mn] wenn mn eine obere Schranke von M ist

[mn, bn] wenn mn keine obere Schranke von M ist

(In)n∈N ist eine Intervallschachtelung:

In+1 ⊆ In, |In+1| =1

2· |In| =⇒ |In| =

(1

2

)n−1

I1

⇒ ∀ε > 0, ∃n ∈ N : |In| < ε

Intervallschachtelungsaxiom ⇒ ∃s ∈ R : ∀n ∈ N : s ∈ Inzu zeigen: s = sup(M)

1. Zeige: s ist obere Schranke:Angenommen ∃x ∈ M : x > s, wahle ε in der zweiten Eigenschaft derIntervallschachtelung als ε = x− s, dann gibt es n mit (bn − an) < ε

an ≤ s ≤ bn =⇒ 0 ≤ b1 − s < εbn − s < x− s =⇒ bn < x E

2. Zeige: i ist die kleinste obere Schranke:Angenommen s′ < s ist auch obere Schranke von M. Wahle ε = s − s′,dann gibt es ein n, sodass:

bn − an < ε an ≤ s ≤ bn =⇒ 0 ≤ s− an < εs− an < s− s′ =⇒ s′ < an E

Existenz des Infimums Sei M nach unten beschrankt: ∃k ∈ R: ∀x ∈ M :x > k, U =

{k ∈ R

∣∣∣ k ist untere Schranke von M}6= ∅. U ist nach oben

beschrankt durch jedes x ∈ M , i = sup(U) ist die großte untere Schranke vonM.

28

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Bemerkung 29. M ⊆ R, dann muss nicht sup(M) ∈M , inf(M) ∈M gelten.

• Wenn sup(M) ∈M gilt, dann schreibt man max(M) = sup(M)

• Wenn inf(M) ∈M gilt, dann schreibt man min(M) = inf(M)

Bemerkung 30. Wenn M ⊆ R nicht nach ober beschrankt ist, dann schreibt an:

sup(M) =∞ ⇐⇒ ∀k ∈ R, ∃x ∈M : x > k

Wenn M nicht nach unten beschrankt ist, schreibt man:

inf(M) = −∞ ⇐⇒ ∀k ∈ R, ∃x ∈M : x < k

Bemerkung 31.

sup(∅) = −∞inf(∅) =∞

Bemerkung 32. Die Existenz von inf(M) beziehungsweise sup(M) (fur jeweils nachunten beziehungsweise nach oben beschrankte Mengen M) ist aquivalent zum Intervall-schachtelungsaxiom.

Beweis. Intervallschachtelungsaxiom ⇒ ∃ inf, sup XAngenommen jede beschrankte Menge M besitze inf(M) und sup(M). Sei In =

[an, bn] eine Intervallschachtelung. A ={an

∣∣∣ n ∈ N} ∀m,n : an ≤ bm∀n : an ≤ b1, das heißt: A ist nach oben beschrankt x = sup(A) := sup

n∈N(an)

zu zeigen:∀n : x ∈ [an, bn] ∀n : an ≤ x nach Definition

∀m,n : an ≤ bm ∀m : x = supn∈N

(an) ≤ bm

}∀n : x ∈ [an, bn]

Bemerkung 33. Sei [an, bn] eine Intervallschachtelung.

supn∈N

(an) ≤ bm ⇒ supn∈N

(an) ≤ infm∈N

(bm)⇒ supn∈N

(an) = infm∈N

(bm)

29

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Beweis.

x = supn∈N

(an)

y = infm∈N

(bm)

y ≥ xAngenommen: y > x : ε = y − x, ∃n : bn − an < ε

an ≤ x y ≤ bnε = y − x ≤ bn − an < ε E

Annahme der strikten Ungleichung fuhrt zum Widerspruch =⇒ Gleichheit vonsup(an) und inf(bm) ist bewiesen.

Satz 1.5. Q liegt dicht in RSeien x, y ∈ R, x < y, dann gibt es ein q ∈ Q mit x < q < y.

Beweis. Nach dem archimedischen Axiom gibt es eine naturliche Zahl n mitn(y − x) > 1⇔ y > 1

n + x.

m

n≤ x < m+ 1

n≤ x+

1

n< y

⇒ x <m+ 1

n< y

⇒ q =m+ 1

n∈ Q

Definition 1.4. Eine Menge M heißt abzahlbar, wenn es eine bijektive Abbildung f : N → Mgibt und heißt hochstens abzahlbar, wenn ∃g : N→M das surjektiv ist.

Bemerkung 34. N und Z sind abzahlbar

f(1) = 0

f(n) =

{n2 fur n gerade

−n−12 fur n ungerade

Q ist abzahlbar

q = 1 : ..., −3, −2, −1, 0, 1, 2, 3, ...q = 2 : ..., − 3

2 , /, − 12 , /, 1

2 , /, 32 , ...

q = 3 : ..., /, − 23 , −

13 , /, 1

3 ,23 , /, ...

30

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Satz 1.6. R ist nicht abzahlbar, sondern uberabzahlbar.

Beweis. Angenommen R ∗= {x1, x2, x3, ...} ware abzahlbar, definiere eine Inter-vallschachtelung In mit xn /∈ In:

I1 = [x1 + 1, x1 + 2] mit x1 /∈ I1Angenommen In sei bereits definiert

m(1)n =

2an + bn3

m(2)n =

an + 2bn3

entweder gilt: xn+1 /∈ [an,m(1)n ]

oder xn+1 /∈ [m(2)n , bn]

an bnm

(1)n m

(2)n

Wahle In+1 als Intervall, in dem xn+1 nicht liegt. In ist dann eine Intervall-schachtelung:

∀n ∈ N : xn /∈ In⇒ ∃x ∈ R : x ∈ In⇒ ∀n ∈ N : xn 6= n E

Bemerkung 35. Ware R abzahlbar, gabe es eine Nummerierung n, die alle x ∈ Rdurchlauft, dann musste es ein n geben, mit dem man x ∈ In erreicht. Die Intervall-schachtelung ist so konstruiert, dass das nicht geht.

Bemerkung 36. Wenn M abzahlbar ist, dann schreibt man

|M | = ℵ0

”Aleph Null”

|N | = ℵ0

|R| > ℵ0

31

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Losen von Gleichungen

ax = b(a, b ∈ R

mit a 6= 0

)⇒ x =

b

a∈ R

x2 + px+ q = 0 ⇐⇒(x+

p

2

)2

+ q − p2

4= 0(

x+p

2

)2

=p2

4− q

x1,2 = −p2±√p2

4− q

1.5 Die komplexen Zahlen C

Definition 1.5. i2 = −1 ... heißt die imaginare Einheit (i /∈ R)

C ={x+ iy

∣∣∣ x, y ∈ R} ... Menge der komplexen Zahlen

Bemerkung 37. Rechenregeln

(x1 + iy1) + (x2 + iy2) = (x1 + x2) + i(y1 + y2)

(x1 + iy1) · (x2 + iy2) = x1x2 + iy1x2 + iy2x1 +��i2−1y1y2

= (x1x2 − y1y2) + i(y1x2 + y2x1)

x ∈ R : x+��i · 0 ∈ C⇒ R $ C1

x+ iy(x,y)6=(0,0)

=(x− iy)

(x+ iy)(x− iy)=

x− iyx2 − i2y2

=x

x2 + y2− i y

x2 + y2

Das heißt: C erfullt die Eigenschaften K1 bis K7: C ist also ein Korper.C kann nicht geordnet werden: i2 = −1 < 0 widerspricht 01 und 02.

Definition 1.6.

x ...”Realteil von z” x = <(z)

y ...”Imaginarteil von z” y = =(z)

z = x− iy ...”konjugiert komplexe Zahl”

32

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Bemerkung 38.

2<(z) = z + z<(z) = 1

2 (z + z)=(z) = 1

2 (z − z)Bei z = z : =(z) = 0⇒ z ∈ R

Darstellung von z = iy ∈ C in der komplexen Zahlenebene:

<

=

z = x+ iy

|z| =√x2 + y2 ... komplexer Absolutbetrag (Abstand von 0)

|·| erfullt A1 bis A3

z · z = (x+ iy) · (x− iy) = x2 + y2

Bemerkung 39.

(z + w) = z + w

z · w = z · w

1

z=

(1

z

), (z 6= 0)

z · z = z · z ∈ R

Bemerkung 40. Absolutbetrag erfullt A1 bis A3

33

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A1: |z| ≥ 0

A2: |z · w| = |z| · |w|

A3: |z + w| ≤ |z|+ |w|

Bemerkung 41.

|<(z)| ≤ z|=(z)| ≤ z

|zw| =√zw − zw =

√zz · ww = |z| · |w|

|z + w|2 = (z + w)(z + w) = |z|2 + zw + zw︸ ︷︷ ︸2<(zw)

+|w|2 ≤

≤ |z|2 + 2|zw|+ |w|2 = |z|2 + 2|z| · |w|+ |w|2 =(|z|+ |w|

)2

Bemerkung 42. Wurzel ziehen in CGegeben: w = u+ ivGesucht: z = x+ iy mit z2 = w

x2 + 2ixy − y2 = u+ iv

x2 − y2 = u

2xy = v

|z|2 = |w|(x2 + y2

)2= u2 + v2

x2 + y2 =√u2 + v2 = |w|√

x2 + y22

=√u2 + v2

Gleichungssystem:

x2 − y2 = ux2 + y2 = |w|

}x2 = 1

2 (u+ |w|) ≥ 0y2 = 1

2 (|w| − u) ≥ 0

⇒x = ±

√12 (|w|+ u)

y = ±√

12 (|w|+ u)

Beispiel 11.

34

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1.

z2 = 3− 4i =⇒ z = x+ iy

z2 = (x2 − y2) + 2xyi =⇒ x2 − y2 = 3

2xy = −4 =⇒ x2 + y2 = |3− 4i| = 5

x2 − y2 = 3x2 + y2 = 5

}x2 = 4y2 = 1

}x = ±2y = ±1

x+ iy = ±(2− i)√

3− 4i = ±(2− i)

2.

z3 − 1 = 0 =⇒ z1 = 1 ist eine Losung

(z − 1) · (z2 + z + 1) = 0 =⇒ z2 + z + 1 = 0

z2,3 = −1

2±√

1

4− 1 =

−1±√

3

2

−1± i√

3

2heißt

”dritte Einheitswurzeln”

ξ =−1± i

√3

2=⇒ ξ2 =

1

ξ=

ξ

ξ · ξ= ξ

ξ4 = ξ =⇒ ξ5 = ξ

−1+√

32

−1−√

32

1− 12

120◦

35

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Gleichseitiges Dreieck

3.

x3 + ax2 + bx+ c = 0

x = y − a

3→ x3 = y3 − ay2 +

a2

3y − a3

27

x2 = y2 − 2a

3y +

a2

9

0 = y3 +���0 · y2 + py + q

y = u+ v

y3 = u3 + 3u2 + 3uv2 + v3 = u3 + v3 + 3uv(u+ v︸ ︷︷ ︸=y

)

u3 + v3 + (3uv + p︸ ︷︷ ︸3uv:=−p

) · (u+ v) + q = 0

⇒ u3 + v3 = −q

uv = −p3→ u3v3 =

(−p

3

)3

u3 und v3 sind die Losungen der Gleichung: z2 + qz +(−p3)3

= 0

z2 + qz +(−p

3

)3

= (z − z1) · (z − z2) = z2 − (z1 + z2) + z1z2

u3, v3 = −q2±√(q

2

)2

+(p

3

)3

u, v =3

√−q

2±√(q

2

)2

+(p

3

)3

y =3

√−q

2+

√(q2

)2

+(p

3

)3

+3

√−q

2−√(q

2

)2

+(p

3

)3

︸ ︷︷ ︸Cardanosche Formel

Meist fur(q

2

)2

+(p

3

)3

≥ 0

Satz 1.7. Fundamentalsatz der AlgebraSei p(z) = zn + an−1z

n−1 + ...+ a1z + a0 mit a0, a1, ..., an−1 ∈ C, dann gbt es ein α ∈ C, sodassp(α) = 0

1.6 Reelle und komplexe Funktionen

Definition 1.7. Sei U ⊆ R (beziehungsweise C), dann heißt eine Abbildungf : U︸︷︷︸

Definitions-bereich

→ R︸︷︷︸Werte-bereich

(beziehungsweise C) eine reelle (beziehungsweise komplexe) Funktion.

36

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Bemerkung 43. Rechenoperationen mit Funktionenf, g : U → R (beziehungsweise C)

f ± g :

{U → R (oder C)x 7→ f(x) + g(x)

f · g :

{U → R (oder C)x 7→ f(x) · g(x)

Wenn g(x) 6= 0 ∀x ∈ U :

f

g:

{U → R (oder C)

x 7→ f(x)g(x)

Definition 1.8. Sei x ∈ Q, x > 0, r = pq

xpq = xr :=

(q√x)p

xp1q · x

p2q =

(q√x)p1+p2

= xp1+p2q

xr1 ·r2 = xr1+r2 (r1, r2 ∈ Q)

(xy)r = xr · yr

x 7→ xr heißt Potenzfunktion mit dem rationalen Exponenten r

1.7 Polynome (Polynomfunktionen)

Definition 1.9. p(x) = anxn + an−1x

n−1 + ... + a1x + a0 mit a0, ..., an ∈ R oder C heißt einPolynom. (an 6= 0) n heißt der Grad von p, Grad(p):=n.a0, ..., an heißen die Koeffizientenan 6= 0 Leitkoeffizienta0 das konstante Glied.Wenn an = 1, dann heißt p normiert, q(x) = 0 heißt Nullpolynom.

Satz 1.8. Satz von der Division mit RestSeien p und q Polynome, q 6= 0, dann gibt es Polynome r, s, sodass p = q · s + r gilt. daher istGrad(r) < Grad(q).

Bemerkung 44. Analogie zur Division mit Rest auf Z(Grad(·) ∼= 1

).

37

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Beweis.

p(x) = pnxn + ...+ p1x+ p0

q(x) = qmxm + ...+ q1x+ q0

m ≥ 0, (qm 6= 0)

Induktion nach n: p(x) = p0

m = 0 : s = p0q0

r = 0 q(x) = q0 6= 0 p0 = p0q0· q0 6= 0

m > 0 : s = 0 r = q0 p0 = p(x) = 0 · q(x) + p0

Sei p(x) = an+1xn+1 + anx

n + ...+ a1x+ a0 ein Polynom vom Grad n+ 1

p(x) =an+1

qmmq(x) · xm+1 + p1(x)

Es gilt n+ 1 ≥ m, definiere p1(x)

p1(x) = an+1xn+1 + anx

n + ...+ a0 −an+1

qm(qmx

m + ...+ q0)xn+1−m =

= (an+1 −an+1qm−1

qm)xn + ...

Grad(p1) ≤ nInduktionsvorraussetzung:

pn(x) = s1(x) · q(x) + r1(x) mit Grad(r1) < Grad(q)

p(x) =an+1

qm· xn+1−m · q(x) + s1(x) · q(x) + r1(x) =

=

(an+1

qm· xn+1−m + s1(x)

)︸ ︷︷ ︸

x(s)

·q(x) + r1(x)︸ ︷︷ ︸r(x)

Grad(p) < Grad(q) : p(x) = 0 · q(x)︸ ︷︷ ︸s

+ p(x)︸︷︷︸r

Behauptung s und r sind eindeutig bestimmt.Angenommen:

p(x) = s1(x) · q(x) + r1(x) = s2(x) · q(x) + r2(x)(s1(x)− s2(x)

)q(x) = r2(x)− r1(x)

Grad((s1(x)− s2(x)

)q(x)

)≥ Grad(q) E

1.8 Polynomdivision

38

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Beispiel 12.

x4 + 3x2 + 0x2 − 5x + 2 : (x2 − 2x+ 3) =

Quotient derPolynomdivision︷ ︸︸ ︷x2 + 5x+ 7

−(x4 − 2x3 + 3x2)5x3 − 3x2 − 5x + 2

− (5x3 − 10x2 + 15x)7x2 − 20x + 2

− (7x2 − 14x + 21)− 6x − 19 → Rest der

Polynomdivision

Bemerkung 45.

x2 + 5x+ 7− 6x+ 19

x2 − 2x+ 3= (x2 − 2x+ 3) · (x2 + 5x+ 7)− 6x− 19

1.9 Nullstellen von Polynomen

Definition 1.10. Sei p(x) = pnxn + pn−1x

n−1 + ... + p1x + p0 ein Polynom, dann heißt α ∈ Ceine Nullstelle von p, wenn p(α) = 0. (

”Wurzel von p”)

Bemerkung 46. Sei p ein Polynom und α eine Nullstelle von p.

p(x) = p1(x) · (x− α) + r(x)︸︷︷︸konstant

Grad(r)<1

=

= p1(x) · (x− α) + C

x = α :

p(α) = 0 = p1(α) · 0 + C

⇒ C = 0

⇒ p(x) = p1(x) · (−α)

Division ohne Rest moglich!

Grad(p1) = Grad(p)− 1

Wenn Grad(p1) ≥ 1 ist, hat p1 eine Nullstelle. Zu dieser Nullstelle kann der zugehorigeFaktor ab dividiert werden.Damit kann man das Polynom p(x) = pnx

n + ...+ p1x+ p0 in Faktoren zerlegen:

p(x) = pn · (x− α1) · (x− α2) · ... · (x− αn)

”Zerlegung von p(x) in Linearfaktoren”

Durch Ordnen der Faktoren kann diese Zerlegung in die folgende Form gebracht werden,

39

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weil Nullstellen mehrfach auftreten konnen:

p(x) = p1(x− β1)k1 · (x− β2)k2 · ... · (x− βl)kl

Dabei sind die βi paarweise verschieden und es gilt k1 + k2 + ...+ kl = n. Man nennt kidie Vielfachheit von βi.

Folgerungen

1. Aus dem Fundamentalsatz der Algebra (Satz 1.7) folgt, dass ein Polynom vom Gradn genau n Nullstellen hat, wenn man diese mit Vielfachheit zahlt.

2. Weil das Produkt p(x) = pn(x− β1)k1 · ... · (x− βl)kl genau dann 0 ist, wenn einerder Faktoren verschwindet, sind β1, ..., βl alle Nullstellen von p.

3. Sei p ein Polynom vom Grad ≤ n und seien α1, ..., αn+1 ∈ C paarweise verschieden.Wenn p(α1) · p(α2) · ... · p(αn+1) = 0, dann ist p das Nullpolynom. (p = 0)

4. Folgerung aus 3.: Seien p und q zwei Polynome vom Grad n und α1, ..., αn+1 ∈ Cpaarweise verschieden. Wenn p(αj) = q(αj) fur j = 1, ..., n + 1, dann ist p(x) =q(x).

Satz 1.9. Punkt 4. der Folgerung ↑

Bemerkung 47.

d(x) = p(x)− q(x) hat Grad ≤ n und n+ 1 Nullstellen

α1, α2, ..., αn+13.

=⇒ d(x) := 0

1.10 Erweiterung der Definition des Binomialkoeffizienten

Definition 1.11. (n

k

)=

n!

k!(n− k)!=n · (n− 1) · ... · (n− k + 1)

k!(x

k

):=

x · (x− 1) · ... · (x− k + 1)

k!

Polynom in x ∈ C(Es gilt k ∈ N0)

40

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Beispiel 13.

(− 1

2

k

)=

(− 1

2

)·(− 3

2

)· ... ·

−(k− 12 )

=︷ ︸︸ ︷(−1

2− k + 1

)k!

=

= (−1)k · 2−k︸ ︷︷ ︸( 1

2 )k

·1 · 3 · 5 · ... · (2k − 3) · (2k − 1)

k!=

= (−1)k · 2−k · 1 · 2 · 3 · 4 · 5 · ... · (2k − 3) · (2k − 2) · (2k − 1) · 2kk! 2 · 4 · 6 · ... · (2k − 2) · 2k︸ ︷︷ ︸

2·1·2·2·...·2·(k−1)·2·k=2k·k!

=

= (−1)k · 2−k · (2k)!

k! · 2k · k!= (−1)k · 4−k ·

(2k

k

)

Beispiel 14. (−kk

)=

(−x) · (−x− 1) · ... · (−x− k + 1)

k!=

= (−1)k · x · (x+ 1) · ... · (x+ k − 1)

k!=

= (−1)k ·(x+ k − 1

k

)

Bemerkung 48. Der Binomialkoeffizient(xk

)mit x ∈ C und x /∈ N0 hat keine kombina-

torische Bedeutung.

k∑l=0

(m

l

)·(

n

k − l

)=

(m+ n

k

)m,n ∈ N0, k ∈ N, fest

Sei n ∈ N0 fest, dann ist:

k∑l=0

(m

l

)·(

n

k − l

)=

(m+ n

k

)eine Gleichung in Polynomen in der Variablen m ∈ N0 (Polynome vom Grad k). DieGleichung gilt jedenfalls fur m = 0, 1, ..., k (k + 1 Werte). Nach Satz 1.9 stimmen daher

41

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die Polynome uberein. Damit gilt:

k∑l=0

(x

l

)·(

n

k − l

)=

(x+ n

k

)fur x ∈ C (1.1)

Sei nun x fest: Damit is der Term (1.1) eine Gleichung in Polynomen in der Variablenn ∈ N0. Die Gleichung gilt fur n = 0, 1, ..., k (k+1 Werte). Nach Satz 1.9 stimmen daherdie Polynome uberein. Damit gilt:

k∑l=0

(x

l

)·(

y

k − l

)=

(x+ y

k

)fur x, y ∈ C

Bemerkung 49.

x = y = −1

2(− 1

2

l

)= (−1)l · 4−l ·

(2l

l

)

(−1

k

)=

(−1) · (−2) · ... ·

(−1−k+1)=︷ ︸︸ ︷

(−k)

k!= (−1) ·��k!

��k!k∑l=0

(− 1

2

l

)·(− 1

2

k − l

)=

k∑l=0

(−1)l · 4−l ·(

2l

l

)· (−1)k−l · 4−(k−l) ·

(2(k − l)k − l

)=

= (−1)k · 4−k ·k∑l=0

(2l

l

)·(

2(k − l)k − l

)︸ ︷︷ ︸

=4k

= (−1)k =

((− 1

2

)+(− 1

2

)k

)

Bemerkung 50. Sei p(x) = pnxn+ ...+p1x+p0 ein Polynom mit reellen Koeffizienten.

Dann treten die komplexen Nullstellen paarweise auf. Sei α ∈ C eine Nullstelle von p:o(α) = pnα

n + ...+ p1α+ p0 = 0Wende komplexe Konjugation an: p(α) = pnαn + ...+ p1α+ p0 = 0 = p(α)

42

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Bemerkung 51.

p(x) = pn(x− α)k1 · (x− α)k2 · ... ⇒ k1 = k2

(x− α) · (x− α) = x2 − (α+ α)︸ ︷︷ ︸−p∈R

x+ αα︸︷︷︸q∈R︸ ︷︷ ︸

reelles Polynom

α ∈ C \ R, α, α = −p2±√p2

4− q mit

p2

4− q < q

Satz 1.10. Sei p(x) = pnxn+...+p1x+p0 ein Polynom mit komplexen Koeffizienten, dann zerfallt

p uber C in Linearfaktoren, das heißt: p(x) = pn · (x − β1)k1 · ... · (x − βl)kl mit β1, ..., βl ∈ C,k1, ..., kl ∈ N und k1 + ...+ kl = n.

Satz 1.11. Sei p(x) = pnxn + ...+ p0 ein Polynom mit reellen Koeffizienten, dann zerfallt p uber

R in lineare Faktoren(x2 + px+ q mit p2

4 < q)

. Das heißt:

p(x) = pn · (x− β1)k1 · ... · (x− βl)kl · (x+γ1x+ δ1)m1 · ... · (x2 + γsx+ δs)ms

mit β1, ..., βl ∈ R, γ1, ..., γs, δ1, ..., δs ∈ R

mitγ2j

4< δj fur j = 1, ..., s

und k1 + k2 + ...+ kl + 2 · (m1 + ...+ms) = n

1.11 Rationale Funktionen

Definition 1.12. Seien p und q Polynome, q 6= 0, dann heißt r(x) = p(x)q(x) eine rationale Funktion

r(x) und ist definiert fur alle x ∈ C fur die q(x) 6= 0 ist.

Dr ={x ∈ C

∣∣∣ q(x) 6= 0}

Bemerkung 52. Wenn p(x)q(x) im gemeinsame Faktoren von p(x) und q(x) bereinigt wird,

entsteht die gekurzte Darstellung von r(x) = P (x)Q(x) . Das heißt: P (x) und Q(x) haben keine

gemeinsamen Nullstellen. Der vollstandige Definitionsbereich von r:

Dr ={x ∈ C

∣∣∣ Q(x) 6= 0}

43

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Beispiel 15.

r(x) =x”− 1

x2 − 3x+ 2=��

��(x− 1) · (x+ 1) · (x2 + 1)

����(x− 1) · (x− 2)

=(x+ 1) · (x2 + 1)

x− 2

1.12 Partialbruchzerlegung

Satz 1.12. Seien p und q rationale Funktionen, Grad(p) < Grad(q) und q 6= 0. Zerfalle q inLinearfaktoren q(x) = qn(x−α1)k1 · ... · (x−αl)kl mit α1, ..., αl ∈ C paarweise verschieden, danngibt es ein Aij ∈ C, und i = 1, ..., l, beziehungsweise j = 1, ..., k sodass:

p(x)

q(x)=

l∑i=1

kj∑j=1

Aij(x− αi)j

Beweis. Durch Indukion nach m = Grad(q).

IA: m = 1: Grad(p) < 1⇒ Grad(q) = 0

p(x)

q(x)=

poq1x+ q0

=

p0q1

x−(− q0q1

) X

⇒ A11 =p0

q1

α1 =p0

q1X

IS: Angenommen die Aussage ist richtig fur Grad(q) < m

Grad(q) = m

q(x) = (x− α1)k1 · q1(x) mit q1(α1) 6= 0

Grad(q1) < m

p(x)q(x) =

A1k1

(x−α1)k1+ Rest / · (x− α1)k1 · ...

⇒ p(x)q(x) = A1k1 + (x− α1)k1 · Rest︸ ︷︷ ︸

hat keinen Nenner

/x = α1

⇒ p(α1)q1(α1) = A1k1 +((((

(((((α1 − α1)k1 · Rest

⇒ das heißt: wahle A1k1 = p(α1)q1(α1)

Ansatz unter der Annahme,

dass der Beweis klappen wird

p(x)

q(x)=

p(x)

q1(x) · (x− α1)k1− p(α1)

q1(α1) · (x− α1)k1+

A1k1

(x− α1)k1=

=p(x)− p(α1)

q1(α1) · q1(x)

q1(x) · (x− α1)k1− A1k1

(x− α1)k1

Grad<m︷ ︸︸ ︷p(x)− p1(x)

q1(x)· q1(x)

p(α1)− p(α1)

q1(α1)· q1(α1) = 0

44

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p(x)− p(α1)

q1(α1)· q1(x) = (x− α1)k1 · p1(x)︸ ︷︷ ︸

Grad(p1)<m−1

=

(x− α1) · p1(x)

(x− α1)k1 · q1(x)+

A1k1

(x− α1)k1=

=

k1−1∑j=1

A1j

(x− α1)j+

l∑i=2

k∑j=1

Aij(x− α1)j

+A1k1

(x− α1)k1

Beispiel 16.

x2 + x− 2

(x+ 1)2 · (x2 + 2x+ 2)=

A

(x+ 1)2+

B

x+ 1+

C

x+ 1 + i+

D

x+ 1− i

[Grad(Zahler) < Grad(Nenner) Nullstellen:

x1,2 = −1x3,4 = −1± i

]

A:

x2 + x− 2

x2 + 2x+ 2= A+B(x+ 1) + (x+ 1)2

Definiert bei x = −1

1− 1− 2

1− 2 + 2= A+B · 0 + 0

⇒ A = −2

B:

x2 + x− 2

(x+ 1)2(x2 + 2x+ 2)+

2

(x+ 1)2=x2 + x− 2 + 2x2 + 4x+ 4

(x+ 1)2 · (x2 + 2x+ 2)=

=3x2 + 5x+ 2

(x+ 1)2 · (x2 + 2x+ 2)=

(3x+ 2) · (x+ 1)

(x+ 1)2 · (x2 + 2x+ 2)=

=3x+ 2

(x+ 1) · (x2 + 2x+ 2)=

B

x+ 1+ %

⇒ 3x+ 2

x2 + 2x+ 2= B + (x+ 1) %

⇒ B = −1

45

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C:

x2 + x− 2

(x+ 1)2 · (x+ 1− i)= C + (x+ 1 + i)

Definiert bei x = −1− i(−1− i)2 − 1− i− 2

(−i)2 · (−1− i+ 1− i)=

2i− 1− i− 2

(−1) · (−2i)=

3 + i

2i=

1 + 3i

2= C

D:

D = C =1− 3i

2

⇒ x2 + x− 2

(x+ 1)2 · (x2 + 2x+ 2)=

−2

(x+ 1)2− 1

x+ 1+

1 + 3i

2(x+ 1 + i)+

1− 3i

2(x+ 1− i)

Bemerkung 53. Sei p(x)q(x) eine beliebige rationale Funktion:

1. Fall: Grad(p) < Grad(q) ⇒ PBZ

2. Fall: Grad(p) ≥ Grad(q) ... PBZ nicht zulassig

p(x) = s(x) · q(x) + r(x)

p(x)

q(x)= s(x)︸︷︷︸

Polynom

+r(x)

q(x)︸ ︷︷ ︸PBZ

Das heißt: Jede rationale Funktion kann in der Form p(x)q(x) = s(x)︸︷︷︸

Polynom

+PBZ geschrieben

werden. Diese Darstellung ist eindeutig.

46

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Beweis. s(x) entsteht durch Polynomdivision ⇒ eindeutig bestimmt.

r(x)

q(x)=

l∑i=1

kj∑j=1

Aij(x− αi)j

=

l∑i=1

kj∑j=1

Bij(x− αi)j

mit Bij 6= Aij

0 =

l∑i=1

kj∑j=1

Aij −Bij(x− αi)j

Wahle i = I, sodass ein j entstehtmit Bij 6= Aij . Wahle j = J maximal

0 =

J∑j=1

AIj −BIj(x− αI)j

+

l∑i=1i 6=I

ki∑j=1

Aij −Bij(x− αi)j

/ · (x− αI)J

= (AIJ −BIJ) + (−αI) ·

l∑i=1i 6=I

ki∑j=1

Aij −Bij(x− αi)j

= AIJ −BIJ + 0

⇒ Aij = BIJ E

⇒ Es gibt nur eine Partialbruhzerlegung

⇒ Die Partialbruchzerlegung ist eindeutig bestimmt

47

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2 Folgen, Reihen, Grenzwerte

Definition 2.1. Eine Abbildung f : N(0) → R (beziehungsweise C) heißt eine Folge reeller(beziehungsweise komplexer) Zahlen.Schreibweise: a1 = f(1)Folge: → (an)n∈N beziehungsweise (aN )n∈N0

Definition 2.2. Eine Folge (an)n∈N reeller beziehungsweise komplexer Zahlen konvergiert, gegena ∈ R (beziehungsweise C), wenn

∀ε > 0, ∃N ∈ N, ∀n ≥ N : |a− an| < ε

Das heißt: Fur jede vorgegebene Fehlerschranke ε > 0 wird |a − an| < ε wenn n”groß genug”

wird.Sprechweise dazu: |a− an| < ε fur

”fast alle” n.

”fast alle ” ⇔ ∃N ∈ N : ∀n ≥ N ... fur alle mit Ausnahme von endlich vielen

Schreibweise

a = limn→∞

(an) ⇔ ∀ε > 0, ∃N ∈ N, ∀n ≥ N : |a− an| < ε

a heißt der Grenzwert von (an)n∈N

Definition 2.3. Eine Folge (an)n∈N heißt konvergent, wenn sie einen Grenzwert besitzt

⇔ ∃a ∈ R (beziehungsweise C), ∀ε > 0, ∃N ∈ N, ∀n ≥ N : |a− an| < ε

Satz 2.1. Eine Folge (an)n∈N kann hochstens einen Grenzwert haben.

Beweis. Angenommen (an)n ∈ N hat zwei Grenzwerte a und b mit a 6= b.

∀ε > 0, ∃N1 ∈ N : ∀n ≥ N1 : |an − a| < ε

∀ε > 0, ∃N2 ∈ N : ∀n ≥ N2 : |an − b| < ε

ε =|b− a|

2> 0

n ≥ max{N1, N2}

|a− b| = |a− an + an − b| ≤ |a− an|+ |an − b| <|b− a|

2+|b− a|

2= |b− a| E

Definition 2.4. Eine Folge (an)n∈N heißt Nullfolge, wenn:

limn→∞

(an) = 0 ⇔ ∀ε > 0, ∃N ∈ N, ∀n ≥ N : |an| < ε

48

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Beispiel 17. s ∈ Q und s > 0:

limn→∞

(1

ns

)= 0

ε > 0 :

∣∣∣∣ 1

ns

∣∣∣∣ < ε

1

n< ε

1s

n > ε−1s

N =⌈ε−

1s

⌉︸ ︷︷ ︸∈R+

+1 ... die nachstgroßere ganze Zahl von ε−1s plus 1

Dann gilt:1

ns< ε fur n ≥ N

a > 0 :

limn→∞

( n√a) = 1

Beweis. Zweiteilung:

a > 1:

xn = n√a− 1 > 0

n√a = 1 + xn

a = (1 + xn)n ≥ 1 + n · xn

⇒ 0 < xn ≤a− 1

n

ε > 0 : xn < ε gilt sicher, wenna− 1

n< ε gilt.

Das heißt: n >a− 1

εund N =

⌈a− 1

ε

⌉+ 1

a < 1:

yn =1n√a

=n

√1

a

1

a> 1, daher gilt lim

n→∞(yn) = 1

1

yn= n√a∣∣∣∣ 1

yn− 1

∣∣∣∣ =|yn − 1|yn

≤ |yn − 1| < ε (wenn n ≥ N)

49

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Bemerkung 54.

limn→∞

(n√n)

= 1

Beweis.

xn = n√n− 1 ≥ 0

n√n = 1 + x0 ⇔ n = (1− xn)n

n = 1 + nxn +

(n

2

)x2n + ... ≥ 1 +

(n

2

)x2n

n− 1 ≥ n(n− 1)

2︸ ︷︷ ︸(n2)

x2n ⇒ x2

n =2

n

xn ≤√

2√n

0 ≤ xn ≤√

2√n

xn < ε gilt, wenn

√2√n< ε

n >2

ε2

N =

⌈2

ε2

⌉+ 1

Bemerkung 55.

|q| < 1 ⇒ limn→∞

(qn) = 0

Beweis.

Q =1

|q|> 1

Qn = (1 + (q − 1))n ≥ 1 + (Q− 1) · n

|qn| = 1

Qn≤ 1

1 + (Q− 1) · n< ε

n >

(1

ε− 1

)· 1

Q− 1

N =

⌈(1

ε− 1

)· 1

Q− 1

⌉+ 1

50

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Bemerkung 56.

|z| > 1 ⇒ limn→∞

(nk

zn

)= 0 fur k ∈ N

Beweis.

1 + x = |z| : (1 + x)n+k+1 =

n+k+1∑l=0

(n+ k + 1

l

)≥

l=k+1

(n+ k + 1

k + 1

)xk+1 =

=(n+ k + 1)(n+ k)(n+ 1)

(k + 1)!xk+1

⇒ (n+ k + 1)(n+ k)(n+ 1)

(k + 1)!xk+1 ≥ nk+1

(k + 1)!xk+1

|z|n+ k + 1 = (1 + x)n+k+1 ≥ nk+1

(k + 1)!xk+1

|z|n ≥ nk+1

(k + 1)!·(

x

1 + x

)k+1

∣∣∣∣nkzn∣∣∣∣ ≤ nk(n+ 1)!

nk+1 ·(

x1+x

)k+1=

1

n· (k + 1)! ·

(1 + x

x

)k+1

ε > 0 : Wenn1

n· (k + 1)! ·

(1 + x

x

)k+1

< ε gilt, dann gilt auch:

∣∣∣∣nkzn∣∣∣∣ < ε

n >(k + 1)! ·

(1+xx

)k+1

2

⇒ N =

⌈(k + 1)! ·

(1+xx

)k+1

2

⌉+ 1

2.1 Rechenregeln fur Grenzwerte

Satz 2.2. Seien ((an)n∈N und (bn)n∈N konvergente Folgen reeller (beziehungsweise komplexer)Zahlen:

a = limn→∞

(an) und b = limn→∞

(bn)

Dann gilt:

1. (an ± bn)n∈N ist konvergent und es gilt:

a± b = limn→∞

(an ± bn)

2. (an · bn) ist konvergent und es gilt:

a · b = limn→∞

(an · bn)

51

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3. Wenn ∀n ∈ N : bn 6= 0 und b 6= 0, dann konvergiert(anbn

)n∈N

und es gilt:

a

b= limn→∞

(anbn

)4. (an)n∈N ist konvergent und es gilt:

a = limn→∞

(an)

5. (|an|) ist konvergent und es gilt:

|a| = limn→∞

(|an|)

Beweis.

1.

∀ε > 0, ∃N1 ∈ N : ∀n ≥ N1 : |an − a| <ε

2

∀ε > 0, ∃N2 ∈ N : ∀n ≥ N2 : |bn − b| <ε

2⇒ |(an ± bn)− (a± b)| ≤ |an − a|︸ ︷︷ ︸

< ε2

+ |bn − b|︸ ︷︷ ︸< ε

2

< ε

2. (bn)n∈N

ε = 1 ⇒ ∃N0 ∈ N : ∀n ≥ N0 : |bn − b| < 1

|bn| = |b+ (bn − b)| < |b|+ |bn − b| ≤ |b|+ 1

Sei ε > 0:

∃N1 ∈ N : ∀n ≥ N1 : |an − a| ≤ ε2(|b|+1)

∃N2 ∈ N : ∀n ≥ N2 : |bn − b| ≤ ε2(|a|+1)

n ≥ max{N1, N2} : |anbn − ab| = |anbn − abn + abn − ab| ≤

≤ |bn| · |an − a|+ |a| · |bn − b| ≤����(|b|+ 1) · ε

2����(|b|+ 1)

+ |a| · ε

2(|a|+ 1)=

2+|a||a|+ 1︸ ︷︷ ︸<1

·ε2< ε

3. Es genugt zu zeigen, dass unter den obigen Bedingungen 1b = lim

n→∞

(1bn

)

52

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gilt und wende dann 2. auf (an)n∈N und(

1bn

)n∈N

an.

∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : |bn − b| < ε

ε =|b|2

Dann gibt es ein N0 : ∀n ≥ N0 : |bn − b| <|b|2

|bn| = |b− (b− bn)| ≥∣∣|bn| − |b− bn|∣∣ > |b| − |b|

2=|b|2> 0

∀ε > 0, ∃N1 ∈ N : ∀n ≥ N1 : |bn − b| <|b|2· ε

Fur n ≥ max{N1, N0} gilt dann

∣∣∣∣ 1

bn

∣∣∣∣− ∣∣∣∣1b∣∣∣∣ =|bn − b||bn| · |b|

< ��|b|2ε

�2��|b|

�2��|b|

= ε

4. |an − a| = |an − a| ...

5.∣∣|an| − |a|∣∣ ...

Satz 2.3. Seien (an)n∈N und (bn)n∈N konvergente Folgen reeller zahlen mit a = limn→∞

(an) und

b = limn→∞

(bn). Wenn es ein N0 ∈ N gib, sodass ∀n ≥ N0 : an ≥ bn gilt, dann gilt a ≥ b.

Beweis.

∀ε > 0 ∃N1 ∈ N : ∀n ≥ N1 : |an − a| < ε∀ε > 0 ∃N2 ∈ N : ∀n ≥ N1 : |bn − b| < ε

}n ≥ N = max{N0, N1, N2}

a− ε < an < a+ εb− ε < bn < b+ ε

}→ 0 ≤ an − bn < (a+ ε)− (b− ε) = a− b+ 2ε

0 < a− b+ 2ε

∀ε > 0 : b− a < 2ε

⇒ fur beliebige ε > 0 nur moglich, wenn:b− a ≤ 0

b ≤ a

Satz 2.4. EntschließungssatzSeien (an)n∈N, (bn)n∈N und (cn)n∈N Folgen reeller zahlen und gelte fur N0 ∈ N : ∀n ≥ N0 :an ≤ bn ≤ cn.Wenn (an)n∈N und (bn)n∈N konvergieren und a = lim

n→∞(an) = lim

n→∞(cn) gilt, dann kovergiert auch

(bn)n∈N und es gilt: a = limn→∞

(bn)

Beweis.

∀ε > 0 ∃N1 ∈ N : ∀n ≥ N1 : |an − a| < ε∀ε > 0 ∃N2 ∈ N : ∀n ≥ N2 : |cn − c| < ε

}N = max

(N0, N1, N2

): n ≥ N

a− ε < an ≤ bn ≤ cn < a+ ε

⇒ a− ε < bn < a+ ε⇔ |bn − a| < ε

53

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Definition 2.5. Seien (an)n∈N und (bn)n∈N Folgen, dann schreibt man an ∼ bn[”asymptotisch

gleich”], wenn lim

n→∞

(anbn

)= 1.

Definition 2.6. Eine Folge (an)n∈N reeller, oder komplexer Zahlen heißt beschrankt, wenn es einm ∈ R+ gibt, sodass ∀n ∈ N : |an| ≤M

Satz 2.5. Eine konvergente Folge ist beschrankt.

Beweis.

(an)n∈N, ∀ > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : |an − a| < ε

ε = 1 : ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : |an| = |a+ an − a| ≤ |a|+ 1

M = max(|a1|, |a2|, ..., |aN−1|, |a|+ 1

)⇒ ∀n : |an| ≤M

Definition 2.7. Sei (an)n∈N eine Folge reeller Zahlen, dann heißt (an)n∈N:

• monoton wachsend, wenn ∀n ∈ N :

an+1 ≥ an

• streng monoton wachsend, wenn ∀n ∈ N :

an+1 > an

• monoton fallend, wenn ∀n ∈ N :

an+1 ≤ an

• streng monoton, wenn ∀n ∈ N :

an+1 < an

(an)n∈N heißt monoton, wenn es entweder monoton wachsend oder fallend ist.

Satz 2.6. Eine monotone und beschrankte Folge ist konvergent, wenn

• (an)n∈N monoton wachsend ist, dann gilt

limn→∞

(an) = supn∈N

(an)

54

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• (an)n∈N monoton fallend ist, dann gilt

limn→∞

(an) = infn∈N

(an)

Beweis.

• Sei (an)n∈N monoton wachsend.Weil (an)n∈N beschrankt ist, existiert a = sup

n∈N(an) lauf Satz 1.4

∀n ∈ N : an ≤ a∀ε > 0, ∃N ∈ N : aN > a− ε⇒ ∀n ≥ N : an ≥ aN > a− ε

das heißt: ∀n ≥ N : a− ε < an ≤ a < a+ ε

⇒ |an − a| < ε

• Sei (an)n∈N monoton fallen.Weil (an)n∈N beschrankt ist, existiert a = inf

n→∞(an) laut Satz 1.4

∀n ∈ N : an ≥ a∀ε > 0, ∃N ∈ N : aN < a+ ε

⇒ ∀n ≥ N : an ≤ aN < a+ ε

das heißt: ∀n ≥ N : a− ε < a ≤ an < a+ ε

⇒ |an − a| < ε

Beispiel 18.

pn =2 · 4 · 6 · ... · (2n)

1 · 3 · 5 · ... · (2n− 1)

an =pn√n

und bn =pn√n+ 1

Es soll gezeigt werden: bn+1 ≥ bn ⇔b2n+1

b2n≥ 1

b2n+1

b2n=

pn+1√n+ 2

2 ·√n+ 1

2

p2n

=

=��2

2 ·��42 ·��62 · ... ·���(2n)2 ·

(2(n+ 1)

)2��1

2 ·��32 ·��52 · ... ·�����

(2n− 1)2 · (2n+ 1)2 · (n+ 2)·��1

2 ·��32 ·��52 · ... ·�����

(2n− 1)2 · (n+ 1)

��22 ·��42

��62 · ... ·��

�(2n)2=

=(2n+ 2)2 · (n+ 1)

(2n+ 1)2 · (n+ 2)=

4(n3 + 3n2 + 3n+ 1

)4n3 + 12n2 + 9n+ 2

=4n3 + 12n2 + 12n+ 4

4n3 + 12n2 + 9n+ 2> 1

an+1 ≤ an ⇔ a2n

a2n+1

≥ 1

55

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��22 ·��42 ·��62 · ... ·��

�(2n)2

��12 ·��32 ·��52 · ... ·���

��(2n− 1)2 · n

·��12 ·��32 ·��52 · ... ·���

��(2n− 1)2 · (2n+ 1)2 · (n+ 1)

��22 ·��42

��62 · ... ·��

�(2n)2 · (2n+ 2)2=

=(2n+ 1)2

2n(n+ 1)=

4n2 + 4n+ 1

4n2 + 4n> 1

⇒ (an)n∈N ↓ (monoton fallend)

⇒ (bn)n∈N ↑ (monoton wachsned)

b1 ≤ b2 ≤ ... ≤ a2 ≤ a1

⇒ b1 ≤ bn ≤ an ≤ a1

(an)n∈N und (bn)n∈N sind beschrankt und monoton, daher konvergent.

p = limn→∞

(an) = limn→∞

(bn) daanbn

=

pn√n

pn√n+1

=

√n+ 1√n

=

√1 +

1

n

⇒ limn→∞

(anbn

)= 1

p =√π: (√

2 = 21·√

2= b1 ≤ p ≤ a1 = 2

1·√

1= 2√

2 ≤ p ≤ 2

)

pn =2 · 4 · ... · (2n)

1 · 3 · ... · (2n− 1)=

(2 · 4 · ... · (2n)

)21 · 2 · 3 · ... · (2n− 1) · (2n)

=4n(n!)2

(2n)1=

4n(2nn

) ∼ p√nlimn→∞

(pn√n

)= p ←→

(2n

n

)∼ 4n

p√n

( 12

n

)=

12

(12 − 1

)· ... ·

(12 − n+ 1

)n!

=(−1)n−1 ·

(12

)2 · 1 · 3 · ... · (2n− 3)

n!· 2n− 1

2n− 1︸ ︷︷ ︸=1

=

=(−1)n−1 · 1 · 3 · ... · (2n− 1)

2 · 4 · 6 · ... · (2n) · (2n− 1)=

(−1)n−1

2n− 1· 1

pn∣∣∣∣( 12

n

)∣∣∣∣ =1

pn(·(2n− 1)∼ 1

p√n · (2n− 1)

=1

2pn√n ·(1− 1

2n

) ∼ 1

2pn√n

=1

2pn32

Beispiel 19.”

Babylonisches Wurzelziehen”a > 0 :

√a

x0 ... gegeben[beliebig gewahlter Startwert

]x0 ist ein grob geschatztes Ergebnis von

√a

Angenommen x0 =√a, dann muss

√a = a

x0gelten, wenn x0 6=

√a, dann sind beide

Ausdrucke nur Naherungen. Im Folgenden werden beide diese Naherungen gemittelt und

56

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so eine rekursive Folge definiert.

x0,a

x0... Naherungen fur

√a −→

x1 = 12 ·(x0 + a

x0

)xn+1 = 1

2 ·(xn

axn

)Beschranktheit:

xn ≥√a fur n ≥ 1

xn+1 −√a =

1

2xn·(x2n − 2

√axn + a

)=

1

2xn·(xn −

√a)2 ≥ 0

xn − xn+1 = xn −1

2xn·(x2n + a) =

1

2xn·(2x2

n − x2n − a

)=x2n − a2xn

≥ 0

√a ≤ xn ≤ xn+1 ≤ ... ≤ x1 ⇒ (xn)n∈N ist beschrankt

⇒ (xn)n∈N konvergiert

⇒ x = limn→∞

(xn) = limn→∞

(xn+1) = limn→∞

(1

2

(xn +

a

xn

))=

1

2

(limn→∞

(xn) +a

xn

)> 0

⇒ x =1

2

(x+

a

x

)⇔ x2 + a = 2x ⇔ x2 = a ⇔ x = ±

√a

2.2 Haufungspunkte (Haufungsweite) von Folgen

Konvergenz: a = limn→∞

(xn)

Definition 2.8. Sei (an)n∈N eine Folge reeller oder komplexer Zahlen. Dann heißt h[in R oder

C]

ein Haufungspunkt (Haufungsweite), wenn fur jedes ε > 0 die Ungleichung |an − a| < ε furunendlich viele n erfullt ist ⇐⇒ wenn fur jedes ε > 0 unendlich viele Folgenglieder die Umgebung|xn − h| < ε erfullen

∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : |xn − h| < ε

Definition 2.9. Sei (an)n∈N eine Folge reeller oder komplexer Zahlen und sei (nk)k∈N eine strengmonoton wachsende Folge naturlicher Zahlen, dann heißt die Folge (ank)k∈N eine Teilfolge von(an)n∈N.

Satz 2.7. Sei (an)n∈N weine Folge reeller oder komplexer Zahlen, dann ist h ein Haufungspunktder Folge genau dann, wenn es eine gegen h konvergente Teilfolge von (an)n∈N gibt.

Beweis.

”⇒” Sei h ein Haufungspunkt von (an)n∈N

ε =1

kmit k = 1, 2, ...

57

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k = 1 :

N = 1, ∃n1 ≥ 1 : |an1− h| < 1

k = 2 :

N = n1 + 1, ∃n2 ≥ n1 : |an2− h| < 1

2

...

k :

N = nk−1 + 1, ∃nk ≥ nk−1 : |ank − h| <1

k

(akn)k∈N ist dann eine Teilfolge von (an)n∈N und es gilt:

h = limk→∞

(ank)

”⇐” Sei (an)n∈N eine gegen h konvergente Teilfolge von (an)n∈N

∀ε > 0, ∃K ∈ N : ∀k ≥ K : |ank − h| < ε

Das heißt: fur jedes ε > 0 unterscheiden sich die Folgenglieder ank , ank+1, ...︸ ︷︷ ︸

∞−viele

um weniger als ε von h.

Beispiel 20.

an = (−1)n +1

na2n = 1 + 1

2n ←→ 1 = limn→∞

(a2n)

a2n+1 = −1 + 12n+1 ←→ −1 = lim

n→∞(a2n+1)

Satz 2.8. Bolzano-Weierstraß

(i) Jede beschrankte Folge besitzt einen Haufungspunkt

(ii) Jede beschrankte Folge besitzt eine konvergente Teilfolge

Bemerkung 57. Nach Satz 2.7 sind diese beiden Aussagen aquivalent.

58

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Beweis. (i) Sei (an)n∈N eine beschrankte Folge reeller Zahlen

∃a, b ∈ R : ∀n ∈ N : a ≤ an ≤ b[an ∈ [a, b]

]I0 = [a, b]

Wahle I1 =

[a,a+ b

2

]beziehungsweise

[a+ b

2

]je nachdem,

welches der beiden Intervalle ∞-viele Folgenglieder enthalt

In = [αn, βn] , In+1 =

[αn,

αn + βn2

]beziehungsweise In+1 =

[αn + β2

2

]Dann bildet I1 ⊇ I2 ⊇ I3 ⊇ ... eine Intervallschachtellung

Nach Intervallschatelungsprinzip (V) gibt es genau ein h ∈ R sodass:

∀n ∈ N : h ∈ InBehauptung: h ist ein Haufungspunkt von (an)n∈N

Sei ε > 0, wahle n so groß, dass |I| < ε

h ∈ In, |In| < ε⇒ In ⊆ (h− ε, h+ ε)

Nach Konstruktion liegen in In unendlich viele Folgenglieder,

also auch in (h− ε, h+ ε)

(ii) Sei an = xn + iyn eine beschrankte Folge komplexer Zahlen.

∃M ∈ N : ∀n ∈ N : |an| ≤M ⇒ |xn| ≤M, |yn| ≤M(xn)n∈N ist eine beschrankte Folge reeller Zahlen.

Diese besitzt nach (i) einen Haufungspunkt und nach (ii) eine

konvergente Teilfolge

x = limk→∞

(xnk)

(ynk)k∈N ist eine beschrankte Folge reeller Zahlen.

Diese besitzt eine konvergente Teilfolge(ynkl

)l∈N

⇒(ankl

)konvergiert

Bemerkung 58. Eine Teilfolge einer Teilfolge ist immer noch eine Teilfolge der ur-sprunglichen Folge.

59

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Definition 2.10. Sei (an)n∈N eine beschrankte Folge reeller Zahlen. Dann heißt:

lim supn→∞

(an) = limn→∞

(sup

{an

∣∣∣ n ≥ k}) der limes superior[”obere Haufungsgrenze”

]lim infn→∞

(an) = limn→∞

(inf{an

∣∣∣ n ≥ k}) der limes inferior[”untere Haufungsgrenze”

]

Bemerkung 59.

bk = sup{an

∣∣∣ n ≥ k}Die Mengen

{an

∣∣∣ n ≥ k} nehmen mit wachsendem k ab.{an

∣∣∣ n ≥ k + 1}⊆{an

∣∣∣ n ≥ k}Damit ist (bk)k∈N monoton fallend und beschrankt, daher konvergent

Ebeneso fur lim inf

Sei h∗ = lim supn→∞

(an) = limn→∞

(sup

{an

∣∣∣ n ≥ k})ε > 0 : ∃K ∈ N : ∀k ≥ K :

∣∣∣h∗ − sup{an

∣∣∣ n ≥ k}∣∣∣ < ε

genauer: h∗ ≤ sup{an

∣∣∣ n ≥ k} < h∗ + ε

also gilt ∀n ≥ k : an < h∗ + ε

∀k : h∗ − ε < sup{an

∣∣∣ n ≥ k} =⇒ ∀k, ∃n ≥ k : an > h∗ − ε

das heißt.: fur unendlich viele n gilt: an > h∗ − ε=⇒ h∗ ist ein Haufungspunkt von (an)n∈N

h∗ − ε <︸ ︷︷ ︸gilt fur∞-viele n

an < h∗ + ε︸ ︷︷ ︸gilt ab

einem Index

⇒ gilt fur unendlich viele n

h∗ ist der großte Haufungsunkt von (an)n∈N

angenommen: h′ > h∗ ware ein Haufungspunkt von (an)n∈N

ε =h′ − h∗

2> 0

h∗ + ε = h′ − ε < an︸ ︷︷ ︸ist nach der Uberlegungoben nur fur hochstensendlich viele n erfullt

< h′ + ε E

Ebenso fur lim infn→∞

(an)

60

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Satz 2.9. Charakterisierung von”

lim inf” und”

lim sup”Sei (an)n∈N eine beschrankte Folge reeller Zahlen, h∗ = lim inf

n→∞(an) und h∗ = lim sup

n→∞(an), dann

gilt:

i) ∀ε > 0 an < h∗ − ε fur fast alle nii) ∀ε > 0 an > h− ε fur ∞− viele niii) ∀ε > 0 an > h∗ − ε fur fast alle niv) ∀ε > 0 an < h∗ + ε fur ∞-viele n

Bemerkung 60.

lim infn→∞

(an)

kleinster

≤und

lim supn→∞

(an)

großter

Haufungspunkt

Wenn: lim infn→∞

(an) = lim supn→∞

(an) = a, dann konvergiert (an)n∈N gegen a

h∗ = h∗ = a :

∀ε > 0 ∃N1 ∈ N : ∀n ≥ N1 : an < a+ ε∀ε > 0 ∃N2 ∈ N : ∀n ≥ N2 an > a− ε

}n ≥ N = max(N1, N2)

a− ε < an < a+ ε

⇒ |a− an| < ε

Bemerkung 61.

infn∈N

(an) ≤ lim infn→∞

(an) ≤ lim supn→∞

(an) ≤ supn∈N

(an)

Beispiel 21.

an = (−1)n +1

nlim supn→∞

(an) = 1 und lim infn→∞

(an) = −1

61

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zu zeigen nach i)

∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : an < 1 + ε

(−1)n +1

n

?< 1 + ε

(−1)n +1

n≤ 1 +

1

n≤ 1 + ε

gilt fur n >1

ε

⇒ N =

⌈1

ε

⌉+ 1

ii)

∀ε > 0, an > 1− ε fur ∞− viele n

a2n = 1 +1

2n> 1 > 1− ε

iii)

∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : an > −1− ε

an = (−1)n +1

n> −1 > −1− ε

⇒ N = 1

iv)

∀ε > 0 : an < −1 + ε fur ∞− viele n

a2n+1 = −11

2n+ 1< −1 + ε

n >1

2ε− 1

2

N =

⌈1

2.3 Uneigentliche Grenzwerte, beziehungsweise Haufungspunkte

Definition 2.11. Sei (an)n∈N eine Folge reeller Zahlen, dann gilt:

limn→∞

(an) = +∞ ⇐⇒ ∀M > 0 ∃N ∈ N ∀n ≥ N : an > M

limn→∞

(an) = −∞ ⇐⇒ ∀M > 0 ∃N ∈ N ∀n ≥ N : an < −M

lim supn→∞

(an) = +∞ ⇐⇒ ∀M > 0 ∀N ∈ N ∃n ≥ N : an > M

lim infn→∞

(an) = −∞ ⇐⇒ ∀M > 0 ∀N ∈ N ∃n ≥ N : an < −M

limn→∞

(an) = ±∞⇐⇒ limn→∞

(|a|)

= +∞

62

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Satz 2.10. Konvergenzkriterium von CauchyEine Folge (an)n∈N reeller oder komplexer Zahlen konvergiert genau dann, wenn:

∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀m,n ≥ N : |am − an| < ε[”

Cauchy-Eigenschaft”]

Wenn eine Folge diese Eigenschaft hat, nennt man sie Cauchy-Folge.

Beweis.

”⇒” Sei (an)n∈N konvergent:

∃a : ∀ε > 0, ∃N ∈ N :∀n ≥ N : |an − a| < ε

2∀m ≥ N : |am − a| < ε

2

Seien m,n ≥ N : |am − an| =∣∣(am − a)− (an − a)

∣∣ ≤ |am − a|+ |an − a| < ε

das heißt: ∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀m,n ≥ N : |am − an| ε

”⇐” Sei (an)n∈N eine Cauchy-Folge:

∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀m,n ≥ N : |am − an| < ε

ε = 1 : ∃N0 ∈ N : ∀m,n ≥ N : 0 : |am − an| < 1⇒ |an0− an| < 1

n ≥ N0 : |an| = |aN0+ (an − an0

)| = |an0|+ |an − an0

| ≤ |an0|+ 1

M = max(|a1|, |a2|, ..., |aN0−1|, |aN0

|+ 1)

: ∀n ∈ N : |an| ≤Mdas heißt: (an)n∈N ist beschrankt

Nach Satz 2.7 besitzt (an)n∈N eine konvergente Teilfolge(ank)k∈N

a = limk→∞

(ank)

∀ε > 0, ∃K ∈ N : ∀k ≥ K :∣∣a− ank ∣∣ < ε

2

Cauchy-Eigenschaft: ∀ε > 0, ∃N1 ∈ N : ∀m,n ≥ N1 : |am − an| <ε

2

Sei ε > 0 : N = max(N,nk

)n ≥ N : |an − a| =

∣∣an − ank + ank − a∣∣ ≤ ∣∣an − ank ∣∣︸ ︷︷ ︸

< ε2

+∣∣ank − a∣∣︸ ︷︷ ︸

ε2

< ε

63

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Beispiel 22.

a0 = 1, a1 = 12 , a2 = 1

3 , a3 = 35 , ...

an+1 =1

an + 1

∀n :1

2≤ an ≤ 1 ... Behauptung

3

2≤ an + 1 ≤ 2

⇒ 1

2≤ 1

an + 1︸ ︷︷ ︸an+1

≤ 2

3≤ 1

Bemerkung 62.

∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : ∀k ∈ N : |an+ k︸ ︷︷ ︸=:m

− an| < ε

Beispiel 23. Fortsetzung des Beispiels 22

|an+k − an| =∣∣∣∣ 1

an+k−1 + 1− 1

an−1 + 1

∣∣∣∣ =|an+k−1 − an−1|

(an−1 + 1)︸ ︷︷ ︸≥ 3

2

· (an+k−1 + 1)︸ ︷︷ ︸≥ 3

2

≤ 4

9

∣∣an+k−1 − an−1

∣∣Induktion iterieren: immer Index um 1 absenken:

...

⇒ ≤ · · · ≤(

4

9

)n· |ak − a0| ≤

(4

9

)n· 1

2

Sei ε > 0, dann ∃N ∈ N : ∀n ≥ N :1

2·(

4

9

)n< ε

daraus folgt: ∀n ≥ N : ∃k ∈ N : |an+k − an| ≤1

2

(4

9

)n< ε

(an)n∈N ist eine Cauchy-Folge, daher konvergent

⇒ a = limn→∞

(an) = limn→∞

(an+1) = limn→∞

(1

an + 1

)=

1

a+ 1

⇒ a2 + a− 1 = 0 −→ a =−1±

√5

21

2≤ an ≤ 1⇒ a ist positiv ∀n ∈ N

64

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2.4 Bemerkungen zur Vollstandigkeit von R (beziehungs-weise C)

Intervallschtelungsprinzip (V) =⇒⇐=

infsup =⇒ lim inf

lim supa)

=⇒ Bolzano-Weierstraß

Bolzano-Weierstraß =⇒ Cauchy-Kriteriumb)

=⇒ Intervallschatelungsprinzip (V)

a) lim inflim sup =⇒ Bolzano-Weierstraß:lim inf und lim sup existieren fur beschrankte Folgen, beide sind Haufungspunkte,daher besitzen beschrankte Folgen Haufungspunkte.

b) Cauchy-Kriterium =⇒ Intervallschachtelungsprinzip (V):Zu zeigen: Die Aussage

”Jede Cauchy-Folge besitzt einen Grenzwert” im-

pliziert (V)

Beweis. Sei I1 ⊇ I2 ⊇ I3 ⊇ ... ⊇ In = [an, bn] eine IntervallschachtelungZeige, dass (an)n∈N eine Cauchy-Folge ist.

a1 ≤ a2 ≤ ... ≤ an ≤ bm ≤ bm−1 ≤ ... ≤ b2 ≤ b1∀ε > 0, ∃n ∈ N : bn − an < ε

Sei n mit bn − an < ε

m ≥ n : 0 ≤ am − an ≤ bm − an ≤ bn − an < ε

das heißt: ∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀m,n ≥ N : |am − an| < ε

(an)n∈N ist eine Cauchy-Folge ⇒ (an)n∈N besitzt einen Grenzwert

∀n ∈ N : an ≤ a , da (an)n∈N monoton wachsend ist

analog ist (bn)n∈N auch eine Cauchy-Folge mit Grenzwert b

Aus der Intervallschachtelungseigenschaft (V) folgt:

∀ε > 0 : 0 ≤ b− a < ε⇒ a = b

∀n ∈ N : an ≤ a ≤ bn ⇒ ∀n ∈ N : a ∈ In

{a} =

∞⋂n=1

In X

2.5 Reihen∞∑n=1

an ... Reihe mit reellen, oder komplexen Gliedern (an)n∈N.

Eine Reihe∞∑n=1

an heißt konvergent, wenn die Folge ihrer Partialsummen sn =

n∑k=1

an konvergiert. In diesem Fall setzt man:

s = limn→∞

(sn) :=

∞∑n=1

an

65

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Beispiel 24. Teleskop-Reihe

an =1

n(n+ 1)mit n ≥ 1

sn =

n∑k=1

1

k(k + 1)= 1− 1

n+ 1... Vermutung

n∑k=1

1

k(k + 1)=

n∑k=1

(1

k− 1

k + 1

)=

(1−���1

2

)+

(���1

2−���1

3

)+ ...+

(���1

n− 1

n+ 1

)limn→∞

(sn) = 1

das heißt:

∞∑n=1

1

n(n+ 1)= 1

Beispiel 25. Geometrische Reihe

|q| < 1

an = qn fur n ≥ 0

sn =

n∑k=0

qn =1− qn+1

1− q

⇒ limn→∞

(sn) =1

1− q=

∞∑n=0

qn

Satz 2.11. Kriterium fur Reihen mit nicht-negativen GliedernSei (an)n∈N eine Folge reeller Zahlen mit: ∀n ∈ N : an ≥ 0, dann konvergiert die Reihe

∑∞n=1 an

genau dann, wenn die Folge der Partialsummen beschrankt ist.

Beweis.

”⇐ ” Sei (sn)n∈N beschrankt.

sn+1 − sn = an+1 ≥ 0⇒ (sn)n∈N ist monoton wachsend und beschrankt⇒ konvergent

”⇒” Sie (sn)n∈N konvergent, dann ist (sn)n∈N auch beschrankt.

66

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Beispiel 26. Harmonische Reihe

∞∑n=1

1

n

zeige, dass die Reihe divergiert

zeige dafur, dass die Folge der Partialsummen unbeschrankt ist

s2n =

2n∑k=1

1

k= 1 +

n−1∑l=0

2l+1∑k=2l+1

1

k︸ ︷︷ ︸2lGlieder

= 1 +

(2∑l=2

1

k

)+

(4∑l=3

1

k

)+

(8∑l=5

1

k

)+ ... ≥

≥ 1 +

n−1∑l=0

2l · 1

2l+1= 1 +

n

2⇒ ist nicht beschrankt

Satz 2.12. Verdichtungssatz

Sei (an)n∈N eine monoton fallende Folge nicht-negativer Zahlen, dann konvergiert∞∑n=1

an genau

dann, wenn

∞∑k=1

2k · a2k︸ ︷︷ ︸verdichtete

Summe

konvergiert.

Beweis.

”⇐” Sei

∞∑k=1

2k · a2k konvergent. Da an ≥ 0 verwende Satz 2.11:

∃M ∈ R : ∀K ∈ N :

K∑k=0

2ka2k ≤M

Wahle K so groß, dass 2K − 1 ≥ NN∑n=1

an ≤K−1∑l=0

2l+1−1∑n=2l

an ≤K−1∑l=0

2la2l ≤M

Also gilt ∀N ∈ N :

N∑n=1

an ≤MSatz=⇒2.11

die Reihe konvergiert

67

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”⇒” Sei

∞∑n=1

an konvergent:

∃M ∈ R : ∀N ∈ N :

N∑n=1

an ≤M nach Satz 2.10

K∑k=0

2ka2k ≤ a1 +

K−1∑l=0

2

2l+1∑n=2l+1

an

︸ ︷︷ ︸≥2la

2l+1

= a1 + 2 ·2k∑n=2

an ≤ an + 2 ·M

∀K ∈ N :

K∑k=0

2ka2k ≤ a1 + 2 ·M Satz=⇒2.10

∞∑k=0

2ka2k konvergiert

Beispiel 27. Riemann-Zeta-Funktion

s ∈ Q s > 0∞∑n=1

1

ns

Bemerkung(

1ns

)n∈N ist monoton fallend

1(n+1)s ≤

1ns =⇒ (n+ 1)s ≥ ns X

Verdichtungssatz

∞∑n=1

1

nskonvergiert ⇐⇒

∞∑k=0

2k1

(2k)s=

∞∑k=0

(21−s)k

Wenn 21−s < 1 gilt, dann konvergiert die Reihe ⇐⇒ s > 1

Wenn s ≤ 1, dann gilt 21−s ≥ 1

K∑k=0

(21−s)k ≥ K∑

k=0

1 = K + 1

unbeschrankt =⇒ divergente Reihe

⇒∞∑n=1

1

ns

{konvergiert fur s > 1

divergiert fur s ≤ 1

∣∣∣∣∣ ζ(s) =∞∑n=1

1ns

2.6 Alternierende Reihen

∞∑n=1

(−1)n−1an = a1 − a2 + a3 − a4 + ....

(an)n∈N : an ≥ 0

68

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Satz 2.13. Leibniz-Kriterium

Sei (an)n∈N eine monoton fallende Nullfolge

[limn→∞

(an) = 0

], dann konvergiert

∞∑n=1

(−1)n−1 · an

Beweis. Bedingung: a1 ≥ a2 ≥ a3 ≥ ... ≥ 0

gerade Partialsummenglieder:

s2n =

2n∑k=1

(−1)k−1 · ak =

s2n−1=s2(n−1)︷ ︸︸ ︷(a1 − a2︸ ︷︷ ︸≥0

) + (a3 − a4︸ ︷︷ ︸≥0

) + ...+ (a2n−1 − a2n︸ ︷︷ ︸≥0

) ≥ s2n−2

⇒ (s2n)n∈N ist daher monoton wachsend

ungerade Partialsummenglieder:

s2n+1 =2n+1∑k=1

(−1)k−1 · ak = a1 − a2 + a3 − a4 + ...+ a2n−1 − a2n + a2n+1 =

= a1 − (a2 − a3︸ ︷︷ ︸≥0

)− (a4 − a5︸ ︷︷ ︸≥0

)− ...

︸ ︷︷ ︸s2n−1=s2(n−1)+1

−(a2n − a2n+1︸ ︷︷ ︸≥0

) ≤ s2n−1

⇒ (s2n+1)n∈N ist monoton fallend

s2n+1 − s2n = a2n+1 ≥ 0

a1 − a2 = s2 ≤ s4 ≤ ... ≤ s2n−2 ≤ s2n ≤ s2n+1 ≤ s2n−1 ≤ ... ≤ s1 = a1

das heißt: In =[s2n, s2n+1

]bildet eine iNtervallschachtelung

In ⊆ In+1

|In| = a2n+1 mit ın→∞(a2n+1) = 0

⇒ ∃!s : ∀n ∈ N : s ∈ In∀n ∈ N : s2n ≤ s ≤ s2n+1 ⇒ 0 ≤ s− s2n ≤ s2n+1 − s2n = a2n+1

das heißt:

limn→∞

(s− s2n

)= 0

s = limn→∞

(s2n)

0 ≤ s2n+1 − s ≤ s2n+1 − s2n = a2n+1

−→ s = limn→∞

(s2n+1)

⇒ s = limn→∞

(sn)

69

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Bemerkung 63.

s2n ≤ s ≤ s2n+1︸ ︷︷ ︸Lange: an+1

⇒ s− s2n ≤ a2n+1

s2n+2 ≤ s ≤ s2n+1︸ ︷︷ ︸Lange: a2n−2

⇒ s2n+1 − s ≤ a2n+2

|sn − s| ≤ an+1

Beispiel 28. Alternierende harmonische Reihe

∞∑n=1

(−1)n−1

n−→ konvergent?

an =1

n∞∑n=1

(−1)n−1

n︸ ︷︷ ︸s∈R

(an)n∈N ist eine monoton fallende Nullfolge

⇒ konvergent

Bemerkung 64.

|s1000 − s| ≤ a1001 =1

1001

2.7 Reihen mit beliebigen Gliedern

(an)n∈N, an ∈ C

sn =

n∑k=1

ak

∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N, ∀m ∈ N : |sn+m − sn| < ε

sn+m − sn =

n+m∑k=1

ak −n∑k=1

ak =

n+m∑k=1

ak

70

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Satz 2.14. Cauchy-Kriterium fur Reihen

Eine Reihe

∞∑n=1

an konvergiert genau dann, wenn:

∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : ∀m ∈ N :

∣∣∣∣∣n+m∑k=n+1

ak

∣∣∣∣∣ < ε

Beweis. Ist eine Ubersetzung des Cauchy-Kriteriums fur Folgen.

Korollar 2.14.1. Wenn die Reihe∞∑n=1

an konvergiert, dann gilt limn→∞

(an) = 0

Beweis.

∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : ∀m ∈ N :

∣∣∣∣∣n+m∑k=n+1

ak

∣∣∣∣∣ < ε

m = 1 : ∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : |an+1| < ε ⇐⇒ limn→∞

(an) = 0

Bemerkung 65. die Umkehrung des Korollars ist falsch!

∞∑n=1

1

nkonvergiert nicht, bildet aber eine Nullfolge

2.8 Absolute Konvergenz

Definition 2.12. Eine Reihe∞∑n=1

an heißt absolut konvergent, wenn∞∑n=1|an| konvergiert.

Bemerkung 66. Schreibweise

∞∑n=1

|an| <∞⇐⇒ die Reihe konvergiert (die Partialsumme bleit beschrankt).

Satz 2.15. Eine absolut konvergente Reihe ist konvergent.

71

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Bemerkung 67. Die Umkehrung ist falsch:

∞∑n=1

(−1)n−1

nkonvergiert, aber

∞∑n=1

∣∣∣∣ (−1)n−1

n

∣∣∣∣ divergiert

Beweis.

∞∑n=1

|an| konvergiere

⇒ ∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : ∀m ∈ N :

∣∣∣∣∣n+m∑k=n+1

ak

∣∣∣∣∣ ≤n+m∑k=n+1

|ak| < ε

⇒ ∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : ∀m ∈ N :

∣∣∣∣∣n+m∑k=n+1

ak

∣∣∣∣∣ < ε

⇒∞∑n=1

an konvergiert

Bemerkung 68. Eine Reihe∞∑n=1

an heißt bedingt konvergent, wenn sie konvergiert, aber

nicht absolut konvergiert.

Beispiel 29.

∞∑n=1

(−1)n−1

n

Satz 2.16. Majorantenkriterium

Seien

∞∑n=1

an, und

∞∑n=1

bn Reihen und gelte ∀n ∈ N : |an| ≤ |bn|

Dann gilt:

1. Wenn∞∑n=1|bn| konvergiert, dann konvergiert

∞∑n=1

an absolut.

2. Wenn∞∑n=1

an divergiert, dann divergiert∞∑n=1|bn|

72

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Bemerkung 69. Das Majorantenkriterium ist nicht geeignet um bedingte Konvergenzvon Reihen zu zeigen.

Beweis.

1.

∃M ∈ R : ∀n ∈ N :

n∑k=1

|bn| ≤M ⇒n∑k=1

|an| ≤n∑k=1

|bn| < M

das heißt die Partialsummen von

∞∑n=1

|an| sind beschrankt

Satz=⇒2.11

∞∑n=1

|an| ist konvergent

Satz=⇒2.14

∞∑n=1

an konvergiert

2. Negation von 1.

Bemerkung 70. 1.

∞∑n=1

|bn| heißt Majorante von

∞∑n=1

an

∞∑n=1

an heißt Minorante von

∞∑n=1

|bn|

2. Es genugt die Relation |an| ≤ |bn| in Satz 2.15 fur n ≥ N zu haben fur ein festesN.

Beispiel 30.

∞∑n=1

n2 + 4n+ 7

n4 + 5

n2 + 4n+ 7

n4 + 5≤ n2 + 4n2 + 7n2

n4=

12n2

n4=

12

n2

∞∑n=1

12

n2konvergiert

⇒∞∑n=1

n2 + 4n+ 7

n4 + 5konvergiert

73

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Beispiel 31.

∞∑n=1

1√n2 + 6n+ 7

1√n2 + 6n+ 7

≥ 1√n2 + 6n2 + 7n2

=1

n√

14∞∑n=1

1

n√

14=

1√14

∞∑n=1

1

n︸ ︷︷ ︸harmonische

Reihe

divergiert

⇒∞∑n=1

1√n2 + 6n+ 7

divergiert

Satz 2.17. Quotientenkriterium

Sei∞∑n=1

an eine Reihe:

1. Dann konvergiert diese, wenn lim supn→∞

(∣∣∣an+1

an

∣∣∣) < 1

2. Dann divergiert diese, wenn lim infn→∞

(∣∣∣an+1

an

∣∣∣) > 1

3. Wenn limn→∞

(∣∣∣an+1

an

∣∣∣) = q existiert, dann konvergiert∞∑n=1

an, wenn q < 1 und divergiert,

wenn q > 1 ist. Bei q = 1: keine Aussage.

Beweis.

1.

q = lim supn→∞

(∣∣∣∣an+1

an

∣∣∣∣) < 1⇒ ∃N ∈ N : ∀n ≥ N :

∣∣∣∣an+1

an

∣∣∣∣ ≤ 1 + q

2

q <1 + q

2< 1

n ≥ N :

|an+1| ≤1 + q

2· |an| ≤

(1 + q

2

)2

· |an−1| ≤ ... ≤(

1 + q

2

)n+1−N

· |aN |

|an| ≤(

1 + q

2

)n· |aN |(

1+q2

)N︸ ︷︷ ︸=:c

74

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Die Reihe

∞∑n=1

c ·(

1 + q

2

)n︸ ︷︷ ︸

<1

konvergiert

Satz=⇒2.14

∞∑n=1

|an| konvergiert

Satz=⇒2.18

∞∑n=1

an konvergiert

2.

q = lim infn→∞

(∣∣∣∣an+1

an

∣∣∣∣) > 1

1 <1 + q

2< q

∃N ∈ N : ∀n ≥ N :

∣∣∣∣an+1

an

∣∣∣∣ ≥ 1 + q

2> 1

|an+1| ≥1 + q

2· |an| ≥

(1 + q

2

)2

· |an−1|... ≤(

1 + q

2

)n+1−N

· |aN |

⇒ |an| ≥(

1 + q

2

)n−N |aN | ≥ |aN | ≥ 0

das heißt: (an)n∈N ist keine NullfolgeKorollar

zu=⇒Satz2.13

∞∑n=1

an divergiert

3.

Wenn limn→∞

(∣∣∣∣an+1

an

∣∣∣∣) existiert, dann gilt:

q = lim infn→∞

(∣∣∣∣an+1

an

∣∣∣∣) = lim supn→∞

(∣∣∣∣an+1

an

∣∣∣∣)

75

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Beispiel 32.

z ∈ C, x ∈ C

Bz(x) =

∞∑n=0

(z

n

)xn︸ ︷︷ ︸

an

konvergiert ?

∣∣∣∣∣∣z·(z−1)·...·(z−n+1−1)

(n+1)! · xn+1

z·(z−1)·...·(z−n+1)n! · xn

∣∣∣∣∣∣ =

∣∣∣∣z − nn+ 1· x∣∣∣∣

⇒ limn→∞

(∣∣∣∣an+1

an

∣∣∣∣) = |x|

⇒ B(x)

konvergiert absolut fur |x| < 1

divergiert fur |x| > 1

keine Aussage fur |x| = 1

B 12(1) =

∞∑n=0

( 12

n

)

an =

( 12

n

)=

12 ·(

12 − 1

)· ... ·

(12 − n+ 1

)n!

=

= (−1)n−1 ·(n− 3

2

)·(n− 3

2 − 1)· ... ·

(12

)·(

12

)(n− 1)! · n

=

= 1 +

∞∑n=1

(−1)n−1+1 · 1

n·(n− 1

2

n− 1

)(n− 3

2

n− 1

)=

(n− 1− 1

2

n− 1

)≤ 1

p√n− 1

1

n

(n− 3

2

n− 1

)≤ 1

p√n− 1 · n

≤ 2

p · n 32

Da

∞∑n=1

1

n32

konvergiert, konvergiert auch B 12(1)

76

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Beispiel 33.

an =

{2−n ... n gerade

3−n ... n ungerade

∞∑n=0

an =

∞∑n=0

2−2n +

∞∑n=0

3−(2n+1)

︸ ︷︷ ︸konvergente geometrische Reihen

an+1

an:

a2n+1

a2n=

3−(2n+2)

2−2n=

1

3·(

4

9

)n−→n→∞

0

a2n+2

a2n+1=

2−(2n+2)

3−(2n+1)=

3

4·(

9

4

)n−→n→∞

+∞

lim infn→∞

(∣∣∣an+1

an

∣∣∣) = 0

lim supn→∞

(∣∣∣an+1

an

∣∣∣) = ∞

Quotientenkriterium liefert keine Aussage

uber die Konvergenz,obwohl diese Reihe offensichtlich konvergiert

Satz 2.18. Wurzelkriterium

Sei∞∑n=1

an eine Reihe:

1. Dann konvergiert diese, wenn q = lim supn→∞

(n√|an|

)< 1

2. Dann divergiert diese, wenn q > 1

Beweis. 1.

q = lim supn→∞

(n√|an|

)< 1⇒ ∃N ∈ N : ∀n ≥ N :

n√|an| ≤

1 + q

2< 1

das heißt fur n ≥ N : |an| ≤(

1 + q

2

)nWeil

∞∑n=0

(1 + q

2

)nkonvergiert, konvergiert nach Satz 2.16 auch

∞∑n=1

an

2.

q = lim supn→∞

(n√|an|

)> 1

⇒ es gibt ∞− viele n : n√|an| ≥ 1

⇒ (an)n∈N ist eine konvergente Nullfolge

⇒∞∑n=1

an divergent, nach dem Korollar zu Satz 2.14

77

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Beispiel 34.

an =

{2−n ... n gerade

3−n ... n ungerade

n√|an| =

{12 ... n gerade13 ... n ungerade

⇒ lim supn→∞

(n√|an|

)=

1

2< 1

⇒ konvergent

Beispiel 35.

∞∑n=1

1

n!

lim supn→∞

(n

√1

n!

)=?

QK=⇒

∣∣∣∣an+1

an

∣∣∣∣ =

∣∣∣∣ 1

(n+ 1)!· n!

1

∣∣∣∣ =1

n+ 1

limn→∞

(∣∣∣∣an+1

an

∣∣∣∣) = 0 < 1

⇒ konvergent

Bemerkung 71. 1. Quotientenkriterium: Einfach, versagt gelegentlich

2. Wurzelkriterium: Schwierig

3. Majorantenkriterium/Minorantenkriterium: Braucht Erfahrung und Geschick

4. Leibnizkriterium: Nur bei alternierenden Reihen

5. Verdichtungssatz: Gelegentlich brauchbar

Bemerkung 72.

lim infn→∞

(∣∣∣∣an+1

an

∣∣∣∣) ≤ lim infn→∞

(n√|an|

)≤ lim sup

n→∞

(n√|an|

)≤ lim sup

n→∞

(∣∣∣∣an+1

an

∣∣∣∣)Wenn lim

n→∞

(∣∣∣∣an+1

an

∣∣∣∣) existiert, dann eistiert limn→∞

(n√|an|

)

78

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2.9 Summierbare Familien

Reihen

∞∑n=1

an := limn→∞

(n∑k=1

ak

)Verwendet die Ordnung von N als Indexmenge

Mochten einen Konvergenzbregiff fur Reihen,

der ohne Anordnung der Indexmenge auskommt∑n∈N

an ←→∑i∈I

ai

I ... (Unendliche) Indexmenge

Definition 2.13. Sei I eine Menge, dann heißt eine Abbildung f : I → R, oder C eine Familiereeller, oder komplexer Zahlen.Schreibweise: ai := f(i), (ai)i∈I

Definition 2.14. Eine Familie (ai)i∈I heißt summierbar zum Wert s, wenn:

∀ε > 0, ∃J ⊆ I, J endlich : ∀K ⊆ I, K endlich : J ⊆ K :

∣∣∣∣∣∑i∈K

ai − s

∣∣∣∣∣ < ε

Es gibt eine endliche Menge J ⊆ I, sodass

∣∣∣∣∑i∈J

ai − s∣∣∣∣ < ε und durch hinzunehmen weiterer Glieder

der Familie die Summe nicht schlechter wird.

s =∑i∈I

ai ⇔ ∀ε > 0, ∃Jε ⊆ I, Jε endlich: ∀J ⊆ I, J endlich, mit J ⊇ Jε :

∣∣∣∣∣∑i∈J

ai − s

∣∣∣∣∣ < ε

Bemerkung 73. Die Summe s einer summierbaren Familie ist ?Angenommen: es gibt s und s′ mit der obigen Eigenschaft und s 6= s′

ε =|s− s′|

3

∃Jε ⊆ I Jε endlich ∀J ⊇ Jε J endlich :

∣∣∣∣∑i∈J

ai − s∣∣∣∣ < ε

∃J ′ε ⊆ I J ′ε endlich ∀J ′ ⊇ J ′ε J ′ endlich

∣∣∣∣ ∑i∈J′

ai − s′∣∣∣∣ < ε

Wahle: J = J ′ = Jε ∪ J ′ε︸ ︷︷ ︸endlich

79

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|s− s′| :∣∣∣∣∣(s−

∑i∈J

ai

)−

(s′ −

∑i∈J′

ai

)∣∣∣∣∣ ≤∣∣∣∣∣s−∑

i∈Jai

∣∣∣∣∣+

∣∣∣∣∣s′ −∑i∈J′

ai

∣∣∣∣∣ < 2ε =2

ε|s− s′| < |s− s′|

Satz 2.19. Hauptkriterium fur summierbare FamilienEine Familie (ai)i∈I reeller oder komplexer Zahlen ist genau dann summierbar, wenn{∑i∈J|ai|

∣∣∣ J ⊆ I, J endlich

}beschrankt ist.

Das heißt: Wenn die Menge der Partialsummen der Familie (|ai|)i∈I beschrankt ist.

Bemerkung 74. Fur Familien sind Summierbarkeit und absolute Konvergenz aquivalent.

Bemerkung 75. Das”

unendlich Kommutativgesetz” gilt genau dann, wenn die Familieabsolut summierbar ist.

Beweis.

”⇒”

ε(I) ={J ⊆ I

∣∣∣ J endlich}

Sei (ai)i∈I summierbar und

ai ∈ R:

∃s ∈ R : ∀ε > 0, ∃Jε ∈ ε(I) :

∣∣∣∣∣s−∑i∈J

ai

∣∣∣∣∣ < ε

das heißt: fur ε = 1:

∃Ji ∈ ε(I) :

∣∣∣∣∣s−∑i∈Ji

ai

∣∣∣∣∣ < 1∣∣∣∣∣∑i∈J

ai

∣∣∣∣∣ =

∣∣∣∣∣∑i∈J

ai− s+ s

∣∣∣∣∣ ≤∣∣∣∣∣∑i∈J

ai − s

∣∣∣∣∣+ |s| ≤ |s|+ 1 fur J ⊇ Ji

80

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Sei K ∈ ε(I) :∣∣∣∣∣∑i∈K

ai

∣∣∣∣∣ =

∣∣∣∣∣∣∑

i∈K∪Jai −

∑i∈J\K

ai

∣∣∣∣∣∣ ≤∣∣∣∣∣ ∑i∈K∪J

ai

∣∣∣∣∣︸ ︷︷ ︸≤|s|+1

+

∣∣∣∣∣ ∑i∈J \K︸ ︷︷ ︸

⊆J

ai

∣∣∣∣∣ ≤ |s|+ 1 +∑i∈J|ai|︸ ︷︷ ︸

=:A

∀K ∈ ε(I) :

∣∣∣∣∣∑i∈K

ai

∣∣∣∣∣ = A

K : K+ ={i ∈ K

∣∣∣ ai ≥ 0}

und K− ={i ∈ K

∣∣∣ ai < 0}

K = K+∪K− ... disjunkte Vereinigung∑i∈K|ai| =

∑i∈K+

ai︸ ︷︷ ︸≤A

+∑i∈K−

(−ai)︸ ︷︷ ︸≤A

≤ 2 ·A

ai ∈ C:

|ai| ≤ |<(ai)|+ |=(ai)|

”⇐” Sei

{∑i∈J|ai|

∣∣∣∣ J ∈ ε(I)

}beschrankt

Lemma 1. Sei

{∑i∈J|ai|

∣∣∣ J ∈ ε(I)

}beschrankt, dann gilt:

∀ε > 0, ∃Jε ∈ ε(I) : ∀K ∈ ε(I) : K ∩ Jε = ∅ :∑i∈K|ai| < ε

Beweis.

S = supJ∈ε(I)

(∑i∈J|ai|

)∀ε > 0, ∃Jε ∈ ε(I) :

∑i∈Jε

|ai| > S − ε

K ⊆ ε(I), K ∩ Jε = ∅∑i∈K∪Jε

|ai| =∑i∈J|ai|︸ ︷︷ ︸

>s−ε

+∑i∈K|ai| ≤ S

∑i∈K∪Jε

|ai| =∑i∈Jε

+∑i∈K|ai| ≤ S

⇒∑i∈K|ai| ≤ S −

∑i∈J|ai| < S − (S − ε) = ε

81

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ε = 2−n : Dann gibt es Jn ∈ ε(I) : ∀N ∈ ε(I) : K ∩ Jn = ∅∑i∈K|ai| < 2−n

sn =∑i∈Jn

ai

Zeige, dass (sn)n∈N eine Cauchy-Folge ist.

Die Jn konnen wachsend gewahlt werden:

J0 ⊆ J1 ⊆ J2 ⊆ ...J ′0, J

′1, ... nach dem Lemma

J0 = J ′0, J1 = J ′0 ∪ J ′1, J2 = J ′0 ∪ J ′1 ∪ J ′2m < n : sn − sm =

∑i∈Jn

ai −∑i∈Jm

ai =∑

i∈Jn\Jm

ai

|sn − sm| ≤∑

i∈Jn\Jm

|ai| < 2−m

das heißt: ∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n,m ≥ N : |sn − sm| < 2−m < ε

(sn)n∈N ist damit eine Cauchy-Folge, daher konvergent.

s = limn→∞

(sn)

zu zeigen: s =∑i∈I

ai

Sie ε > 0, dann gibt es ein n sodass: |s− sn| <ε

2, 2−n <

ε

2Wahle Jε = Jn : J ⊇ Jε∣∣∣∣∣∑

i∈Jsi − s

∣∣∣∣∣ =

∣∣∣∣∣∣∑i∈Jε

ai − s+∑

i∈J\Jε

ai

∣∣∣∣∣∣ ≤∣∣∣∣∣ ∑i∈Jn

ai︸ ︷︷ ︸sn

−s

∣∣∣∣∣︸ ︷︷ ︸

< ε2

+∑

i∈J\Jn

|ai| <ε

2+ 2−n = ε

Bemerkung 76.

s =∑i∈I

ai ⇔

{∑i∈I|ai|

∣∣∣∣∣ J ∈ ε(I)

}beschrankt

∑i∈I|ai| = sup

J∈ε(I)

(∑i∈J|ai|

)∣∣∣∣∣∑i∈J

ai

∣∣∣∣∣ ≤∑i∈J|ai| ⇒ |s| ≤

∑i∈J|ai|

82

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Bemerkung 77.

I1, I2 mit I2 ∩ I1 = ∅

(ai)i∈I summierbar

I := I1 ∪ I2∑i∈I

ai =∑i∈I1

ai +∑i∈I2

ai

s1 =∑i∈I1

ai und s2 =∑i∈I2

ai{∑i∈I|ai|

∣∣∣∣∣ J ⊆ I1}

= sup

{∑i∈J|ai|

∣∣∣∣∣ J ∈ ε(I)

}<∞

(ai)i∈I1 und (ai)i∈I2 sind beide summierbar

∀ε > 0, ∃J1,ε, J2,ε :

J1,ε ⊆ ε(I1) und J2,ε ⊆ ε(I2) :

∀J1 ∈ ε(I1), J2 ∈ ε(I2) : J1 ⊇ J1,ε und J2 ⊇ J2,ε :∣∣∣∣∣s1 −∑i∈J1

ai

∣∣∣∣∣ < ε

2und

∣∣∣∣∣s1 −∑i∈J2

ai

∣∣∣∣∣ < ε

2

ε > 0, Jε =(J1,ε ∪ J2,ε

)∈ ε(I)

J ⊇ Jε, J ∈ ε(I)∣∣∣∣∣s1 + s2 −∑i∈J

ai

∣∣∣∣∣ =

∣∣∣∣∣s1 −∑

i∈J∩J1

ai + s2 −∑

i∈J∩J2

ai

∣∣∣∣∣ ≤≤

∣∣∣∣∣ s1 −∑

i∈J∩J1

ai︸ ︷︷ ︸∈ε(I)⊆J1,ε︸ ︷︷ ︸< ε

2

∣∣∣∣∣+

∣∣∣∣∣ s2 −∑

i∈J∩J2

ai︸ ︷︷ ︸∈ε(I)⊆J2,ε︸ ︷︷ ︸< ε

2

∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣s1 + s2 −

∑i∈J

ai

∣∣∣∣∣ < ε ⇔ s1 + s2 =∑i∈I

ai

83

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Bemerkung 78. (ai)i∈I summierbar∑i ∈ I|ai| = s

In =

{i ∈ I

∣∣∣∣ |ai| > 1

n

}1

n· |I : n| ≤

∑i∈In

|ai| ≤ s

⇒ |In| ≤ s · n

I ′ ={i ∈ I

∣∣∣ ai 6= 0}

I ′ =⋃n∈N

In ist hochstens azahlbar

Beweis. Eine summierbare Familie kann hochstens abzahlbar viele, von 0 ver-schiedene, Summanden haben

Bemerkung 79.

(an)n∈N

∞∑n=1

an∑n∈N

an existiert, wenn die Summe der Betrage endlich ist∑n∈N|an| <∞

n∑k=1

|ak| ≤∑n∈N|an|

⇒∞∑n=1

an ist absolut konvergent

Die Familie ist genau dann summierbar, wenn die Reihe absolut konvergiert.

84

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Beispiel 36.

s =

∞∑n=1

(−1)n−1

nkonvergiert, aber konvergiert nicht absolut

1

2< s < 1

versuche3

2als Grenzwert zu erhalten

1 +1

3+

1

5+

1

7>

3

2

1 +1

3+

1

5+

1

7− 1

2<

3

2

1 +1

3+

1

5+

1

7− 1

2+

1

9+

1

11+ .. >

3

2...

Summanden konnen derart umsortiert werden, dass man den Grenzwert 32 erhalt, obwohl

dieser zwischen 12 und 1 liegt.

⇒ Reihen, die nicht absolut konvergieren, sind nicht als Familie summierbar.

Satz 2.20. Großer UmordnungssatzSei (ai)i∈I eine summierbare Familie reeller oder komplexer Zahlen. Sei (Ik)k∈K eine Familie vonpaarweise disjunkten Familien von I, also k1, k2 ∈ K, k1 6= k2 ⇒ Ik1 ∩ Ik2 = ∅ mit I =

⋃k∈K

Ik.

Dann ist sk =∑i∈Ik

ai summierbar, weiters ist die Familie (sk)k∈K summierbar und es gilt:

∑k∈K

sk =∑i∈I

ai beziehungsweise∑k∈K

(∑i∈Ik

ai

)=∑i∈I

ai[Unendliches Assoziativgesetz

]Beweis. (ai)i∈Ik ist summierbar als Teilfamilie von (ai)i∈I , also ist sk =

∑i∈Ik

ai

85

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definiert.

|sk| ≤∑i∈Ik

|ak|∑k∈K

|sk| ≤∑k∈L

∑i∈Ik

|ai| =∑

i∈⋃k∈L

Ik

|ai| ≤∑i∈I|ai| ≤

∑i∈I|ai| <∞

mit L ∈ ε(K) ⇒ sup

{∑k∈L

|sk|∣∣∣ ∈ ε(K)

}<∞ Satz

=⇒2.19

(sk)k∈K ist summierbar

zu zeigen: si =∑i∈I

ai =∑k∈K

sk

∀ε > 0, ∃Lε ∈ ε(K) : ∀L ∈ ε(K) : L ⊇ Lε ⇒

∣∣∣∣∣s−∑k∈L

sk

∣∣∣∣∣ < ε

ε > 0 : ∃Jε ∈ ε(I) : ∀J ∈ ε(I), J ⊇ Jε ⇒

∣∣∣∣∣s∑i∈J

ai

∣∣∣∣∣ < ε

2

Lε :={k ∈ K

∣∣∣ Ik ∩ Jε 6= ∅}Jε ist endlich, schneidet daher nur endlich viele Ik. Diese k kommen in Lε

zu zeigen: ∀M ∈ ε(K) : M ⊇ Lε ⇒

∣∣∣∣∣s−∑k∈M

sk

∣∣∣∣∣ < ε

Sei M ⊇ Lε, m = |M |

k ∈M : sk =∑k∈M

ai

das heißt: ∃Ik,ε ∈ ε(Ik) :

∣∣∣∣∣∣sk −∑i∈Ik,ε

ai

∣∣∣∣∣∣ < ε

2m

und Ik,ε ⊇ Jε ∩ Ik∣∣∣s−∑ k ∈Msk

∣∣∣ =

∣∣∣∣∣∣s−∑k∈M

∑i∈Ik,ε

ai +∑k∈M

∑i∈Ik,ε

−∑k∈M

sk

∣∣∣∣∣∣ ≤≤

∣∣∣∣∣∣s−∑k∈M

∑i∈Ik,ε

ai

∣∣∣∣∣∣+∑k∈M

∣∣∣∣∣∣sk −∑i∈Ik,ε

ai

∣∣∣∣∣∣︸ ︷︷ ︸< ε

2m︸ ︷︷ ︸ε2

<

∣∣∣∣∣∣∣∣s−∑

i∈⋃k∈M

Ik,ε

ai

∣∣∣∣∣∣∣∣+ε

2< ε

⋃k∈M

Ik,ε ⊇⋃k∈M

Ik ∩ Jε = Jε ∩⋃k∈M

Ik︸ ︷︷ ︸⊇Jε

= Jε

das heißt: s =∑k∈K

sk

86

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Satz 2.21. DoppelreihensatzSeien I und J nicht-leere Mengen und (aij)(i,j)∈I×J eine summierbare Familie reeller oder kom-plexer Zahlen, dann gilt: ∑

(i,j)∈I×J

aij =∑i∈I

∑j∈J

aij =∑j∈J

∑i∈I

aji[Satz von Fubini

]Beweis.

Ji = {i} × J ={

(i, j)∣∣∣ j ∈ J, i fest

}I × J =

⋃i∈IJi disjunkte Vereinigung

Nach Satz 2.19 gilt:∑

(i,j)∈I×J

aij =∑i∈I

∑(k,j)∈Ji

akj =∑i∈I

∑j∈J

aij

analog fur die zweite Gleichung:

Ij = I × {j} ={

(i, j)∣∣∣ i ∈ I, j fest

}

Beispiel 37.

ζ(s) =

∞∑n=1

1

ns=∑n∈N

1

ns

1 < s ∈ Q∞∑k=2

(ζ(k)− 1

)=∑k=2

∑n=2

1

nk=∑n=2

∑k=2

1

nk︸ ︷︷ ︸1n ·

1

1− 1k

=1

n(n−1)

=∑n=2

1

n(n− 1)= 1

⇒∑

(n,k)∈M

1

nk≤ 1

M ∈ ε((N \ {1})2

)⇒

(1

nk

)(n,k)∈(N\{1})2

... ist summierbar

87

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Bemerkung 80.

ζ(2) =π2

6ζ(3) /∈ Q

∞∑n=0

und

∞∑m=0

bm absolut konvergente Reihen( ∞∑n=0

an

( ∞∑m=0

bm

)?=

∞∑k=0

ck mit geeignetem ck

ck :=

k∑m=0

ak−mbm

Satz 2.22. Cauchy-Produkt

Seien∞∑k=0

ak und∞∑l=0

bl absolut konvergente Reihen und sei cn =n∑k=0

ak · bn−k. Dann konvergiert

eine Reihe∞∑n=0

cn absolut und es gilt:

∞∑n=0

cn =

( ∞∑k=0

ak

( ∞∑l=0

bk

)

Beweis.

∞∑k=0

ak und

∞∑l=0

bl konvergieren absolut

das heißt: (ak)k∈N0 und (bl)l∈N0 sind summierbar

(ak, bl)(k,l)∈N20, J ∈ ε(N2

0), ∃K,L ∈ ε(N20) : J ⊆ K × L∑

(k,l)∈J

|akbl| ≤∑

(k,l)∈K×L

|akbl| =∑k∈K

|ak| ·∑l∈L

|bl| ≤∞∑k=0

|ak| ·∞∑l=0

|bl| <∞

Satz=⇒2.19

(ak, bl)(k,l)∈N20

ist summierbar:

∑(k,l)∈N2

0

akbl =

( ∞∑k=0

ak

( ∞∑l=0

bl

)=

∞∑n=0

∑(k,l)∈Jn

akbl =

∞∑k=0

cn

Jn ={

(k, l) ∈ N20

∣∣∣ k + l = n}

88

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Beispiel 38.

Bz(x) =

∞∑n=0

(z

n

)xn

z ∈ C, x ∈ C, |x| < 1

Bz(x) ·Bw(x) =?

cn =

n∑k=0

(z

k

)xk ·

(w

n− k

)xn−k = xn

∞∑k=0

(z

k

)·(

w

n− k

)︸ ︷︷ ︸

(z+wn )

⇒ Bz(x) ·Bw(x) =

∞∑n=0

(z + w

n

)xn = Bz+w(x)

Bemerkung 81.[p ∈ N0

]Bp(x) =

∞∑n=0

(p

n

)xn =

p∑n=0

(p

n

)xn = (1 + x)p

Bemerkung 82.[z ∈ Q, z = p

q

]B pq(x) ·B p

q(x) · ... ·B p

q(x)︸ ︷︷ ︸

q−mal

= Bq· pq (x) = Bp(x) = (1 + x)p

B pq(x) = (1 + x)

pq = q

√(1 + x)p

Bq· pq (x) ·B pq(x) = 1 = B0(x)

B 12(x) =

√1 + x =

∞∑k=0

( 12

n

)xn∣∣∣∣( 1

2

n

)∣∣∣∣ ≈ 1

2pn√n

=⇒ ∃c > 0 :

∣∣∣∣( 12

n

)∣∣∣∣ ≤ c

n√n

B 12(1) =

∞∑n=0

( 12

n

)∣∣∣∣( 1

2

n

)∣∣∣∣ ≤ c

n32

89

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∞∑n=1

1

n32

konvergiert, daher konvergiert auch

∞∑n=0

( 12

n

)absolut

( ∞∑n=0

( 12

n

))2

= B1(1) = 2⇒∞∑n=0

( 12

n

)=√

2

B−m(x) = (1 + x)−m =

∞∑n=0

(−mn

)xn(

−mn

)=

(−m) · (−m− 1) · ... · (−m− n+ 1)

n!=

= (−1)n(m+ n− 1) · (m+ n− 2) · ... ·m

n!= (−1)n

(m+ n− 1

n

)⇒ B−m(x) = (1)n

(m+ n− 1

n

)(1− x)−m =

∞∑n=0

(m+ n− 1

n

)xn

m = 2 : (1− x)−2 =

∞∑n=0

(n+ 1

n

)xn =

∞∑n=0

(n+ 1)xn

Beispiel 39. ( ∞∑n=1

(−1)n√n

)2

=?

cn =

n−1∑k=1

(−1)k√k· (−1)n−k√

n− k= (−1)n ·

n−1∑k=1

1√k(n− k)

Abschatzung:

k(n− k) ≤ n2

4⇔ 0 ≤ n2

4− kn+ k2 =

(n2− k)2

n−1∑k=1

1√k(n− k)

≥ (n− 1) · 2

n≥ 1

(cn)n∈N ist keine Nullfolge

⇒∞∑n=1

cn konvergiert nicht

⇒ Satz von Cauchy nur auf absolut konvergente Reihen anwenden.

2.10 Potenzreihen

90

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Definition 2.15. Sei (an)n∈N eine Folge reeller oder komplexer Zahlen, dann heißt∞∑n=0

anxn

Potenzreihe mit Koeffizienten (an)n∈N0

Bemerkung 83. Fur welche Werte von x konvergiert∞∑n=0

anxn?

Lemma 2. Sei∞∑n=0

anxn eine Potenzreihe und konvergiere diese Reihe fur x =

z0 ∈ C, dann konvergiert die Reihe absolut fur jedes z ∈ C mit |z| < |z0|.

Beweis.

∞∑k=0

anzn0 konvergiert ⇒ (anz

n0 )n∈N ist eine Nullfolge

⇒ ∃C ∈ R, ∀n ∈ N0 :∣∣anzn0 ∣∣ ≤ C[

(anzn0 )n∈N0 ist beschrankt

]∞∑n=0

anzn : |anzn| =

∣∣∣∣anzn0 · ( z

z0

)n∣∣∣∣ ≤ C · ∣∣∣∣ zz0

∣∣∣∣n mit

∣∣∣∣ zz0

∣∣∣∣ < 1

das heißt: die geometrische Reihe

∞∑n=0

C ·∣∣∣∣ zz0

∣∣∣∣n ist eine konvergente Majorante

⇒∞∑n=0

anzn konvergiert

Bemerkung 84. Geometrische InterpretationIn der komplexen Ebene konvergiert jede Reihe mit z innerhalb des Abstandes |z0| vomUrsprung.

Definition 2.16.

R = sup

{|z|

∣∣∣∣∣∞∑n=0

anzn konvergiert

}∈ [0,∞] heißt Konvergenzradius der Potenzreihe

Bemerkung 85. R =∞ ⇐⇒ Reihe konvergiert auf ganz R oder C.

91

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Satz 2.23. Sei∞∑n=0

anzn eine Potenzreihe mit Konvergenzradius R, dann konvergiert die Reihe

absolut fur jedes z ∈ C mit |z| < R und divergiert fur jedes z ∈ C mit |z| > R.

Beweis.

|z| < R

zu zeigen:

∞∑n=0

anzn konvergiert absolut

Nach der Definition von R gibt es ein z0 ∈ B mit:

|z| < |z0| < R, sodass

∞∑n=0

anzno konvergiert

⇒∞∑n=0

anzn konvergiert

|z| > R :

angenommen:

∞∑n=0

anzn konvergiert E zur Definition von R

Bemerkung 86. Kreis mit Radius R in komplexer Ebene:

innerhalb der Kreislinie: Konvergenzauf der Kreislinie: keine Aussage

außerhalb der Kreislinie: Divergenz

Satz 2.24. Sei∞∑n=0

anzn eine Potenzreihe, dann gilt:

R =1

lim supn→∞

(n√|an|

)[Cauchy-Hadamar

]Wenn lim

n→∞

(∣∣∣∣ anan+1

∣∣∣∣) existiert, dann ist er gleich R

Beweis.

92

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1. Wende das Wurzelkriterium auf die Reihe an:

lim supn→∞

(n√|an|

) {> 1 ... divergiert< 1 ... konvergiert

= |z| · lim supn→∞

( n√an)

|z|konvergiert

≶divergiert

1

lim supn→∞

(n√|an|

) = R

2. Wende das Quotientenkriterium auf die Reihe an:∣∣∣∣an+1 · zn+1

an · zn

∣∣∣∣ = |z| ·∣∣∣∣an+1

an

∣∣∣∣ nach Voraussetzung existiert limn→∞

(∣∣∣∣an+1

an

∣∣∣∣)|z|

limn→∞

(∣∣∣ anan+1

∣∣∣){< 1 ... konvergiert> 1 ... divergiert

⇒ R = limn→∞

(∣∣∣∣ anan+1

∣∣∣∣)

Seien∞∑n=0

anzn und

∞∑n=0

bnzn zwei Potenzreihen mit Konvergenzradius R1 > 0,

R2 > 0 und R = min(R1, R2), dann konvergieren beide Reihen absolut fur|z| < R

Satz=⇒2.21

( ∞∑n=0

akzk

( ∞∑k=0

bkzk

)=

∞∑n=0

cnzn

cnzn =

n∑k=0

anzk · bn−kzn−k mit cn =

n∑k=0

ak · bn−k

Bemerkung 87.

R = 0 ⇐⇒ Die Reihe

∞∑n=0

anzn konvergiert nirgends

R =∞ ⇐⇒ Die Reihe

∞∑n=0

anzn konvergiert uberall/bestandig

93

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Beispiel 40.

∞∑n=0

zn

n!

anan+1

=1n!1

(n+1)!

= n+ 1

⇒ limn→∞

(n+ 1) =∞

⇒ bestandig, konvergente Reihe, konvergiert fur alle z ∈ C

⇒ limn→∞

(zn

n!

)= 0

Lemma 3. Restabschatzung

Sei∞∑n=0

anzn eine Potenzreihe mit Konvergenzradius R > 0. Sei n = 0, dann

gibt es fur jedes r < R ein c > 0, sodass:

∀z ∈ C : |z| ≤ r =⇒

∣∣∣∣∣∞∑k=n

akzk

∣∣∣∣∣︸ ︷︷ ︸Reihenrest

≤ c · |z|n

Beweis. ∣∣∣∣∣∞∑k=n

akzk

∣∣∣∣∣ 0∣∣∣∣∣∞∑k=n

akrk ·(zr

)k∣∣∣∣∣ = |zn| ·∞∑k=n

ak · rk ·zk−n

rk≤

≤ |z|n ·∞∑k=0

∣∣ak · rk∣∣ · |z| k − nrk

|z| k − nrk

≤ rk−n

rk= r−n

∣∣∣∣∣∞∑k=n

akzk

∣∣∣∣∣ ≤ |z|n · 1

rn·∞∑k=n

|ak| · rk︸ ︷︷ ︸konvergiert

= c · |z|n

Bemerkung 88. Zur Untersuchung von∞∑n=0

anzn

”nahe bei 0” betrachtet man oft nur

einen Anfangsabschnitt. Die Approximationsgute beurteilt man durch den Reihenrest.

Achtung

∀r < R, ∃C ∈ R : ∀z ∈ C : |z| ≤ r

��⇑ ⇓∃C ∈ R : ∀z ∈ C : |z| < R

94

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Satz 2.25. Identitatssatz fur Potenzreihen

Seien f(z) =∞∑n=0

anzn und g(z) =

∞∑n=0

bnzn zwei Potenzreihen mit dem Konvergenzradius R > 0.

Sei (zn)n∈N0 eine Folge komplexer Zahlen mit 0 < |zn| < R und limn→∞

(zn) = 0. Wenn ∀n ∈ N0 :

f(zn) = g(zn), dann gilt ∀n ∈ N0 : an = bn.

”Die Potenzreihendarstellung einer Funktion um einen Entwicklungspunkt ist eindeutig bestimmt”

Beweis. Angenommen ∀n ∈ N0 : f(zn) = g(zn) und ∃n ∈ N0 : an 6= bn

n = min{n∣∣∣an 6= bn

}f(z)− g(z) =

∞∑n=0

(an − bn

)zn =

∞∑n=N

(an − bn

)︸ ︷︷ ︸cn

zn

[cn 6= 0

]f(z)− g(z)

zN=

∞∑n=N

cn · zn−N =

∞∑m=0

cN+mzm

∣∣∣∣f(z)− g(z)

zN− cN

∣∣∣∣ =

∣∣∣∣∣∞∑m=1

cN+m · zm∣∣∣∣∣ Lemma≤ c · |z|1

∣∣∣∣∣=0︷ ︸︸ ︷

f(zn)− g(zn)

zNn︸︷︷︸6=0

− cN

∣∣∣∣∣ = |0− cN | = |cN | ≤ c · |zn|

limn→∞

(zn)=0

=⇒ |cN | ≤ c · 0 = 0

⇒ Cn = 0 E

Bemerkung 89.

f(x) = g(x) fur −R < x < R

⇒ f(z) = g(z) fur |z| < R

Bemerkung 90. Cauchy-Produkt von Potenzreihen

Konvergieren f(z) =∞∑i=0

aizi und g(z) =

∞∑k=0

akzk im Punkt z absolut, so gilt:

f(z) · g(z) =

∞∑n=0

(n∑k=0

anbn−k

)zn

95

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3 Stetige Funktionen

Definition Sei I ⊆ R, x0 ∈ R und f : I → R, oder C eine Abbildung, dannheißt f stetig in xo, wenn:

∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀x ∈ I : |x− x0| < δ =⇒ |f(x)− f(x0)| < ε

f heißt stetig auf I, wenn f in allen x0 ∈ I stetig ist:

∀x0 ∈ I : ∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀x ∈ I : |x− x0| < δ =⇒ |f(x)− f(x0)| < ε

Ix0

δ

εf(x0)

96

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Beispiel 41.

f :

{R → Rx 7→ x2 ⇐⇒ f(x) = x2

x0 ∈ RSei ε > 0 :

∣∣x2 − x20

∣∣ = |x− x0| · |x+ x0|Wahle δ < 1 : |x− x0| < 1

|x+ x0| = |x− x0 + 2x0| ≤ |x− x0|+ 2 |x0| ≤ 2 |x0|+ 1

⇒∣∣x2 − x2

0

∣∣ = |x− x0| · |x+ x0| ≤(2 |x0|+ 1

)· |x− x0| < ε

⇒ |x− x0| <ε

2 |x0|+ 1

δ := min

2 |x0|+ 1, 1

)

Beispiel 42.

f(x) = k√x

k ∈ N, x ≥ 0

x0 = 0: ∣∣ k√x− 0∣∣ < ε ⇐⇒ |x| < εk ⇐⇒ |x− 0| < εk︸︷︷︸

δ

•• x0 > 0: ∣∣ k√x− k√x0

∣∣ =

=

∣∣ k√x− k√x0

∣∣ · (( k√x)k−1

+ ( k√x)k−2 · k√x0 + ...+ k

√x(k√x0

)k−2+(k√x0

)k−1)

( k√x)k−1

+ ( k√x)k−2 · k√x0 + ...+ k

√x(k√x0

)k−2+(k√x0

)k−1=

=|x− x0|

( k√x)k−1

+ ( k√x)k−2 · k√x0 + ...+ k

√x(k√x0

)k−2+(k√x0

)k−1≤ |x− x0|(

k√x0

)k−1< ε

⇐⇒ |x− x0| < ε · ( k√x0)

k−1= x

k−1k

0 · ε︸ ︷︷ ︸δ

Definition 3.1. f : I → R oder C heißt Lipschitz-stetig, wenn es ein c > 0 gibt, sodass:

∀x, y ∈ I |f(x)− f(y)| ≤ c · |x− y|

97

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Bemerkung 91. Aus Lipschitz-Stetigkeit folgt Stetigkeit auf I

x0 ∈ I : |f(x)− f(x0)| ≤ c · |x− x0| < ε ⇐= |x− x0| <ε

c:= δ

Definition 3.2. Sei x0 ∈ R, oder C, dann heißt U ⊆ R, oder C eine ε−Umgebung von x0, wenn{x∣∣∣ |x− x0| < ε

}⊆ U

U heißt Umgebung von x0, wenn es ein ε > 0 gibt, sodass U eine ε−Umgebung von x0 ist.

∃ε > 0 :{x∣∣∣ |x− x0| < ε

}⊆ U

x0

U

ε

U ⊆ D heißt ε−Umgebung von x0 bezuglich D, wenn:{x∣∣∣ |x− x0| < ε

}={x∣∣∣ |x− x0| < ε

}∩D ⊆ U

U ⊆ D heißt Umgebung von x0 bezuglich D, wenn:

∃ε > 0 :{x∣∣∣ |x− x0| < ε

}∩D ⊆ U

98

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x0

D

ε

Bemerkung 92. f : D → R, oder C ist stetig inx0 ∈ D, wenn fur alle Umgebungen Vvon f(x0) eine Umgebung U von x0 bezuglich D existiert, sodass: ∀x ∈ U : f(x) ∈ V

V ={y ∈ R oder C

∣∣∣ |y − f(x0)| < ε}

∃U : Umgebung bezuglich D, ∃δ > 0 :{x ∈ D

∣∣∣ |x− x0| < δ}

︸ ︷︷ ︸U0

⊆ U

|x− x0| < δ︸ ︷︷ ︸x∈U0

⇒ |f(x)− f(x0)| < ε︸ ︷︷ ︸f(x)∈V

f ist stetig in x0, wenn fur jede Umgebung V von f(x0) gilt, dass f−1(V ) eine Umgebungvon x0 bezuglich D ist.

Satz 3.1. Sei f : D → R, oder C eine Funktion, dann ist f stetig in x0 ∈ D genau dann, wennfur jede Folge (xn)n∈N von Punkten in D mit x0 = lim

n→∞(xn), auch f(x0) = lim

n→∞

(f(xn)

)gilt.

Beweis.

99

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”⇒” Sei f stetig in x0 ∈ D

∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀x ∈ D : |x− x0| < δ =⇒ |f(x)− f(x0)| < ε

Sei (xn)n∈N eine Folge mit x0 = limn→∞

(xn)

∀δ > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : |x0 − xn| < δ

∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : |f(x0)− f(xn)| < ε

Wegen x0 = limn→∞

(xn) liegen fast alle xn in der δ−Umgebung von x0.

”⇐” Indirekte Annahme: Sei f nicht stetig in x0.

∃ε > 0, ∀δ > 0 : ∀x ∈ D : |x− x0| < δ und |f(x)− f(x0)| ≥ ε

Wahle δ :=1

n, dann gibt es xn ∈ D mit |x− x0| <

1

nund |f(x)− f(x0)| ≥ ε

Dann gilt x0 = limn→∞

(xn), aber(f(xn)

)n∈N konvergiert nicht gegen f(x0) E

Bemerkung 93. Eine Funktion ist also genau dann stetig, wenn sie sich mit der Fol-genkonvergenz vertragt.

f(

limn→∞

(xn))

= limn→∞

(f(xn)

)

Beispiel 43.

f(x) =

{1 . . . x ∈ Q0 . . . x /∈ Q

• x0 ∈ Q:

xn = x0 +

√2

n/∈ Q

x0 = limn→∞

(xn)

f(xn) = 0

⇒ limn→∞

(f(xn)

)= 0 6= f(x0)

100

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• x0 /∈ Q:

xn =bn · x0c

n∈ Q

n · x0 − 1 < bn · x0c < n · x0

x0 −1

n< xn < x0

⇒ limn→∞

(xn) = x0

f(xn) = 1 daher limn→∞

(f(xn)

)= 1 6= f(x0)

⇒ f ist in keinem Punkt stetig.

Lemma 4. Sei f : D → R, oder C stetig in x0 ∈ D und gelte f(x0) 6= 0, danngibt es eine Umgebung U von x0 bezuglich D, sodass:

∀x ∈ U : |f(x)| ≥ |f(x0)|2

oder:

Dann gibt es ein δ > 0 : ∀x ∈ D : |x− x0| < δ ⇒ |f(x)| ≥ |f(x0)|2

Bemerkung 94. Also gilt auch: ∀x ∈ U : f(x) 6= 0

Beweis. f sei stetig in x0:

∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀x ∈ D : |x− x0| < δ ⇒ |f(x)− f(x0)| < ε

ε =|f(x0)|

2> 0 ∃δ > 0 : |x− x0| < δ ⇒ |f(x)− f(x0)| < |f(x0)|

2|f(x)| = |f(x0)− f(x)− f(x0)| ≥ |f(x0)| − |f(x)− f(x0)| >

> |f(x0)| − |f(x0)|2

=|f(x0)|

2

101

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Definition 3.3. Seien f, g : D → R, oder C Funktionen.

f + g :

{D → R, oder Cx 7→ f(x) + g(x)

f − g :

{D → R, oder Cx 7→ f(x)− g(x)

f · g :

{D → R, oder Cx 7→ f(x) · g(x)

fg :

D → R, oder C

x 7→

{f(x)g(x) wenn g(x) 6= 0

0 wenn g(x) = 0

Satz 3.2. Seien f, g : D → R, oder C stetig in x0 ∈ D, dann sind f + g, f − g und f · g stetigin x0. Wenn g(x0) 6= 0 gilt, dann ist auch f

g in x0 stetig.

Beweis. Folgenkriterium: (xn)n∈N mit xn ∈ D und x0 = limn→∞

(xn)

limn→∞

(f(xn)

)= f(x0) und lim

n→∞

(g(xn)

)= g(x0)

Satz=⇒2.1

limn→∞

(f(xn)

·± g(xn)

)= f(x0)

·± g(x0)

Fur fg genugt es zu zeigen, dass 1

g in x0 stetig ist.∣∣∣∣ 1

g(x)− 1

g(x0)

∣∣∣∣ =|g(x0)− g(x)||g(x)| · |g(x0)|

≤ 2 · |g(x0)− g(x)||g(x0)|2

< ε

Lemma=⇒ ∃δ0 : ∀x ∈ D : |x− x0| < δ0

δ ≤ δ0 : |g(x)− g(x0)| < |g(x0)|2

2· ε

∀ε > 0, ∃δ′ > 0 : ∀x ∈ D : |x− x0| < δ′ =⇒ |g(x)− g(x0)| < |g(x0)|2

2· ε

Satz 3.3. Seien f : I → R und g : J → I Funktionen mit I, J ⊆ R, sei g in x0 ∈ J und f iny0 = g(x0) stetig, dann ist f ◦ g : J → R in x0 stetig.

Beweis. Sei (xn)n∈N eine Folge von Punkten aus f mit x0 = limn→∞

(xn), dann

konvergiert nach Satz 3.1 (yn)∈N =(g(xn)

)n∈N gegen y0. Wieder nach Satz 3.1

konvergiert dann(f(yn)

)n∈N =

(f(g(xn)

))n∈N

gegen f(y0) = f(g(x0)

).

102

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Beispiel 44.

f(x) =√

1 + x+ x2 . . . stetig, wenn x2 + x+ 1 > 0

Satz 3.4. Sei f : [a, b]→ C injektiv und stetig auf [a, b], dann ist f (−1)[a, b]︸ ︷︷ ︸B

→ [a, b] stetig auf B.

Beweis. Sei η ∈ B und (yn)n∈N eine Folge von Punkten aus B mit η = limn→∞

(yn).

(xn)n∈N ist eine beschrankte Folge und hat daher nach Bolzano-Weiertraß einekonvergente Teilfolge

(xnk)k∈N und ξ = lim

k→∞

(xnk)

f(xnk)

= f(f (−1)

(ynk))

= ynk

⇒ limk→∞

(f(xnk))

= η

Nach Satz 3.1: f(ξ) = limk→∞

(f(xnk))

= η

Da f injektiv ist, gilt: ξ = f (−1)(η)

⇒ die Folge (xn)n∈N kann nur einen Haufungspunkt haben, namlich: ξ = f (−1)(η)

Daher konvergiert (xn)n∈N gegen ξ, das heißt: ξ = f (−1)(η) = limn→∞

(f (−1)(yn)

).

Also ist f (−1) nach Satz 3.1 stetig in y.

Lemma 5. Sei (xn)n∈N eine beschrankte Folge, die genau einen Haufungspunktξ hat, dann gilt:

ξ = limn→∞

(xn)

Beweis. Angenommen (xn)n∈N konvergiere nicht gegen ξ.

∃ε > 0, ∀N ∈ N : ∃n > N : |xn − ξ| ≥ ε

Sei (xn)n∈N die Teilfolge derjenigen Folgenglieder, fur die |x− ξ| ≥ ε gilt.⇒ Die Folge

(xnk)

besitzt einen Haufungspunkt ξ′ 6= ξ E

3.1 Normale Konvergenz

Definition 3.4. Sei f : D → R, oder C eine Funktion.

‖f‖D := sup{|f(x)|

∣∣∣ x ∈ D} heißt Norm von f

Bemerkung 95. ‖ · ‖ hat folgende Eigenschaften:

N1: ∀f : ‖f‖D ≥ 0 und ‖f‖D = 0⇔ f ≡ 0 [Definitheit]

N2: λ ∈ R, oder C: ‖λ · f‖D = |λ| · ‖f‖D [Absolute Homogenitat]

103

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N3: Seienf, g : D → R, oder C, dann gilt: [Dreiecksungleichung]

‖f + g‖D ≤ ‖f‖D + ‖g‖D

Bemerkung 96. ≡:”

ist identisch”[∀x ∈ D : f(x) = 0

]Beweis.

N1: Da 0 ≤ |f(x)| fur alle Funktionen f und alle x ∈ D, gilt auch 0 ≤sup

{|f(x)|

∣∣∣ x ∈ D} und somit ‖f‖D ≥ 0.

Noch zu zeigen: ‖f‖D = 0 ⇔ f ≡ 0

‖f‖D = 0

⇔ sup{|f(x)|

∣∣∣ x ∈ D} = 0

⇔ |f(x)| = 0 ∀x ∈ D⇔ f ≡ 0

N2: Sei λ ∈ R, oder C:

‖λ · f‖D = sup{|λ · f(x)|

∣∣∣ x ∈ D} = |λ| · sup{|f(x)|

∣∣∣ x ∈ D} = |λ| · ‖f‖D

N3: ∀x ∈ D : |f(x)| ≤ ‖f‖D und |g(x)| ≤ ‖g‖D

∀x ∈ D : |f(x) + g(x)| ≤ |f(x)|+ |g(x)| ≤ ‖f‖D + ‖g‖D

⇒ ‖f + g‖D = sup{|f(x) + g(x)|

∣∣∣ x ∈ D} ≤ ‖f‖D + ‖g‖D

Definition 3.5. Seien fn : D → R, oder C Funktionen, dann heißt die Reihe f(x) =∞∑n=0

fn(x)

normal konvergent, wenn∞∑n=0‖fn‖D konvergiert (<∞).

Bemerkung 97. Die Reihe∞∑n=0

fn(x) konvergiert fur jedes x ∈ D absolut, denn∞∑n=0‖f‖D

ist eine konvergente Majorante: |fn(x)| ≤ ‖fn‖D.

Satz 3.5. Sei fn : D → R, oder C eine Folge von Funktionen. Sei∞∑n=0

fn(x) normal konvergent

und seien fn stetig in x0 ∈ D, dann ist auch f(x) stetig in x0.

104

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Beweis. Zu zeigen:

∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀x ∈ D : |x− x0| < δ ⇒ |f(x)− f(x0)| < ε

Da

∞∑n=0

‖f‖D konvergiert, gibt es ein N ∈ N, sodass:

∞∑n=N+1

‖f‖D <ε

3

Dann ist die Funktion gN (x) =

N∑n=0

fn(x) stetig in x0

∃δ > 0 : ∀x ∈ D : |x− x0| < δ ⇒ |gN (x)− gN (x0)| < ε

3Sei |x− x0| < δ :

|f(x)− f(x0)| =

∣∣∣∣∣gN (x) +

∞∑n=N+1

fn(x)− gN (x0)−∞∑

n=N∗1fn(x0)

∣∣∣∣∣ ≤≤ |gN (x)− gN (x0)|︸ ︷︷ ︸

< ε3

+∞∑

n=N+1

|fn(x)|︸ ︷︷ ︸≤

∞∑n=N+1

‖fn‖D

+∞∑

n=N+1

|fn(x0)|︸ ︷︷ ︸≤

∞∑n=N+1

‖fn‖D︸ ︷︷ ︸<2· ε3

< 3 · ε3

= ε

Beispiel 45.

f(x) =

∞∑n=1

xn

n. . . Potenzreihe

105

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Wurzelkriterium:

aN =1

n: lim

n→∞

(1n√n

)= 1⇒ Konvergenzradius R = 1

Sei r < 1, Dr ={z ∈ C

∣∣∣ |z| ≤ r}fn(z) =

zn

n

⇒ ‖fn‖D =rn

n

Da|z|n

n≤ rn

n

Die Reihe

∞∑n=1

rn

nkonvergiert, daher konvergiert die Reihe f(z) normal auf Dr

und ist dort eine stetige Funktion.

⇒ f(z) ist stetig auf{z ∈ C

∣∣∣ |z| < 1}

=⋃r<1

Dr

Satz 3.6. Sei f(x) =∞∑n=0

an · xn eine Potenzreihe mit Konvergenzradius R > 0, dann ist f eine

af D ={x ∈ C

∣∣∣ |x| < R}

stetige Funktion.

Beweis. Sei r < R, dann gilt mit fn(x) = an · xn und Dr ={x ∈ C

∣∣∣ |x| ≤ r}:

‖f‖Dr = |an| · rn

Die Reihe

∞∑n=0

‖fn‖Dr =

∞∑n=0

|an| · rn konvergiert nach Definition von R.

Daher konvergiert f(x) normal auf Dr und stellt dort eine stetige Funktion dar.

Dann ist f eine stetige Funktion auf⋃r<R

Dr ={x ∈ C

∣∣∣ |x| < R}

3.2 Eigenschaften stetiger Funktionen

Satz 3.7. NullstellensatzSei f : [a, b]→ R stetig auf [a, b] und gelte f(a) ·f(b) < 0, dann gibt es (mindestens) ein ξ ∈ (a, b)mit f(ξ) = 0.

106

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b

a

ξ

f(a) < 0

f(b) > 0

107

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Beweis. o.B.d.A.: f(a) < 0 und f(b) > 0

a0 = a, b0 = b → I0 = [a0, b0]

m1 =a0 + b0

2

f(m1) = 0 → m1 = ξ↗→ f(m1) < 0 → a1 = m b1 = b0↘

f(m1) > 0 → a1 = a0 b1 = m1

⇒ I1 = [a1, b1] ⊆ I0...

In = [an, bn]

mn+1 =an + bn

2

f(mn+1) = 0 → mn+1 = ξ↗→ f(mn+1) < 0 → an+1 = mn+1 bn+1 = bn↘

f(mn+1) > 0 → an+1 = an bn+1 = mn+1

⇒ In+1 = [an+1, bn+1] ⊆ In(In)n∈N ist Intervallschachtelung: ∃ξ ∈ R : ∀n ∈ N : ξ ∈ In

Behauptung: f(ξ) = 0

Angenommen: f(ξ) 6= 0

1. f(ξ) > 0

∃δ > 0 : ∀x ∈ [a, b] : |x− ξ| < δ =⇒ f(x) >f(ξ)

2> 0

Wahle n so groß, dass1

2n· (b− a)︸ ︷︷ ︸|In|

2

In ⊆(ξ − δ, ξ + δ

)f nimmt auf

(ξ − δ, ξ + δ

)nur positive Werte an, daher auch auf In

an ∈(ξ − δ, ξ + δ

)und f(an) < 0 E

2. f(ξ) < 0

∃δ > 0 : ∀x ∈ [a, b] : |x− ξ| < δ =⇒ f(x) <f(ξ)

2< 0

Wahle n so groß, dass1

2n· (b− a)︸ ︷︷ ︸|In|

2

In ⊆(ξ − δ, ξ + δ

)f nimmt auf

(ξ − δ, ξ + δ

)nur negative Werte an, daher auch auf In

bn ∈(ξ − δ, ξ + δ

)und f(bn) > 0 E

⇒ f(ξ) = 0

108

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Satz 3.8. ZwischenwertsatzSei f : [a, b]→ R stetig.

Sei γ ∈(

min(f(a), f(b)

),max

(f(a), f(b)

)), dann gibt es ein ξ ∈ [a, b] mit f(ξ) = γ.

Beweis. h(x) = f(x) − γ, dann haben f(a)− γ︸ ︷︷ ︸h(a)

und f(b)− γ︸ ︷︷ ︸h(b)

unterschiedliche

VorzeichenSatz=⇒3.7∃ξ : h(ξ) = 0 ⇔ f(ξ) = γ.

Satz 3.9. FixpunktsatzSei f : [a, b]→ R stetig mit(

min(f(a), f(b)

),max

(f(a), f(b)

))⊆ [a, b], dann gibt es ein ξ ∈ [a, b] :

f(ξ) = ξ ein Fixpunkt.

Beweis. o.B.d.A.: f(a) ≥ a und f(b) ≤ b

h(a) = f(a)− a ≥ 0

h(b) = f(b)− b ≤ 0

h(x) = f(x)− xSatz 3.7 : ∃ξ ∈ (a, b) : h(ξ) = 0 ⇐⇒ f(ξ) = ξ

Bemerkung 98. Ein reelles Intervall auf sich selbst abgebildet hat einen Fixpunkt. Einekomplexe Kreislinie hat nicht notwendigerweise einen Fixpunkt, da das Bild der gedrehteDefinitionsbereich ist.

3.3 Kompaktheit

Definition 3.6. Folgen-Definition der AbgeschlossenheitEine Teilmenge A ⊆ R heißt abgeschlossen, wenn jede konvergente Folge von Punkten aus A auchihren Grenzwert in A hat.

Beispiel 46.

A = [a, b]

(xn)n∈N konvergiert

a ≤ xn ≤ b⇒ a ≤ lim

n→∞(xn)︸ ︷︷ ︸∈A

≤ b

109

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Beispiel 47.

O = (a, b)

xn = a+1

nlimn→∞

(xn) = a /∈ O

⇒ nicht abgeschlossen

Bemerkung 99. Seien (Ai)i∈I abgeschlossene Mengen. Damit ist⋂i∈IAi abgeschlossen.

Wenn I endlich ist, dann ist auch⋃i∈IAi abgeschlossen.

Beweis.

A =⋂i∈I

Ai

(xn)n∈N konvergente Folge aus A

∀i ∈ I : (xn)n∈N konvergente Folge von Punkten aus Ai

⇒ limn→∞

(xn) ∈ Ai

⇒ limn→∞

(xn) ∈⋂i∈I

Ai = A

B =⋃i∈I

Ai

Sei (xn)n∈N eine konvergente Folge von Punkten aus B

das heißt: fur jedes n gilt: xn ∈ A1, oder xn ∈ A2, oder . . . , oder xn ∈ An⇒ ∃i0 ∈ {1, 2, ...,m} : xn ∈ Ai0 fur unendlich viele n(

xnk)

mit xnk ∈ Ai0(xnk)

Teilfolge einer konvergenten Folge, daher konvergeiert: x = limn→∞

(xnk)

︸ ︷︷ ︸limn→∞

(xn)

∈ Ai0

x ∈ B

Bemerkung 100.

∞⋃n=1

[1 +

1

n, 3− 1

n

]= (1, 3)

⇒ Diese abzahlbare Vereinigung von abgeschlossenen Mengen ergibt eine nicht abge-schlossene Menge.

110

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Definition 3.7. Eine Menge B ⊆ R heißt beschrankt, wenn es ein M > 0 gibt, sodass B ⊆[−M,M ]

Definition 3.8. Eine Menge K ⊆ R heißt kompakt, wenn sie abgeschlossen und beschrankt ist.

Satz 3.10. Bolzano-Weierstraß-Charakterisierung der KompaktheitEine Menge K ⊆ R ist genau dann kompakt, wenn jede Folge von Punkten aus K eine in Kkompakte Teilfolge besitzt. (⇔ einen Haufungspunkt in K besitzt).

Beweis.

”⇒” Sei K kompakt und (xn)n∈N eine Folge von Punkten aus K

Satz vonBolzano-

Weierstraß

=⇒K beschrankt

(xn)n∈N besitzt eine konvergente Teilfolge(xnk)k∈N(

xnk)k∈N ist eine konvergente Folge von Punkten aus K

K=⇒abge-

schlossen

limk→∞

((xk)nk

)∈ K

”⇐” Habe K die Eigenschaft, dass jede Folge aus K einen Haufungspunkt in

K besitzt[Bolzano-Weierstraß-Eigenschaft

]Zu zeigen: K ist beschrankt und abgeschlossen:

beschrankt: Angenommen K ware nicht beschrankt:

∀n ∈ N : ∃xn ∈ K : |xn| ≥ n(xn)n∈N besitzt keine konvergente Teilfolge E

abgeschlossen ei (xn)n∈N eine konvergente Folge von Punkten aus K. Nach derBolzano-Weierstraß-Eigenschaft vonK besitzt xn)n∈N einen Haufungspunktin K. Dieser Haufungspunkt ist x = lim

n→∞(xn)

⇒ x ∈ K⇒ K ist abgeschlossen.

111

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Beispiel 48. Das Cantorsche Diskontinuum

A0 = [0, 1]

A1 =

[0,

1

3

]︸ ︷︷ ︸ε1=0

∪[

2

3, 1

]︸ ︷︷ ︸ε1=2

A2 =

[0,

1

9

]︸ ︷︷ ︸ε2=0

∪[

2

9,

1

3

]︸ ︷︷ ︸ε2=2

∪[

2

3,

7

9

]︸ ︷︷ ︸ε2=0

∪[

8

9, 1

]︸ ︷︷ ︸ε2=2

...

C =

∞⋂k=0

Ak 6= 0

x =

∞∑j=1

εj3j

mit εj ∈ {0, 2}

C ist kompakt und uberabzahlbar

0 19

29

13

123

79

89

Satz 3.11. Sei K ⊆ R kompakt und f : K → R stetig, dann ist f(K) kompakt.

Bemerkung 101. Stetige Bilder kompakter Mengen sind kompakt.

112

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Beweis. Sei (yn)n∈N eine Folge von Punkten aus f(K).

∀n ∈ N : xn ∈ K : f(xn) = yn

(xn)n∈N ist eine Folge von Punkten aus K

K=⇒

kompakt(xn)n∈N besitzt eine konvergente Teifolge

(xnk)k∈N

x = limk→∞

(xnk)∈ K

ynk = f(xnk) Stetig-

keit=⇒von fin x

f(x) = limk→∞

(xnk)

= limk→∞

(ynk)

das heißt: (yn) hat eine konvergente Teilfolge mit Granzwert f(x) ∈ f(K)

Satz 3.12. Satz von Minimum und MaximumSei K ⊆ R kompakt und f : K → R stetig. Dann gibt es xmin und xmax ∈ K :

∀x ∈ K : f(xmin) ≤ f(x) ≤ f(xmax)

Beweis. Nach Satz 3.11 ist f(K) kompakt, also beschrankt.

∃M ∈ R : ∀x ∈ K : |f(x)| ≤M ⇒

s = inf{f(x)

∣∣∣ x ∈ K}S = sup

{f(x)

∣∣∣ x ∈ K}•

S = sup{f(x)

∣∣∣ x ∈ K} ⇐⇒ ∀n ∈ N : ∃xn ∈ K : f(xn) > S − 1

n

(xn)n∈N besitzt eine in K konvergente Teilfolge(xnk)k∈N

x = limk→∞

(xnk) f stetig

=⇒ f(x) = limk→∞

(f(xnk))

= S

S − 1

n≤ f

(xnk)≤ S +

1

n⇒ xmax := x

s = inf{f(x)

∣∣∣ x ∈ K} ⇐⇒ ∀n ∈ N : ∃x′n ∈ K : f(x′n) < s+1

n

(x′n)n∈N besitzt eine in K konvergente Teilfolge(x′nk)k∈N

x′ = limk→∞

(x′nk) f stetig

=⇒ limk→∞

(f(x′nk))

= s

s+1

n≥ f

(x′nk)≥ s− 1

n⇒ xmin := x′

113

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Bemerkung 102.

f :

{(0, 1) → R

x 7→ 1x

besitzt weder Maximum, noch Minimum; ist somit unbeschrankt.

Definition 3.9. f : D → R heißt gleichmaßig stetig auf D, wenn:

∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀x, x0 ∈ D : |x− x0| < δ ⇒ |f(x)− f(x0)| < ε

Bemerkung 103. Hier hangt δ nicht mehr von x0 ab.

Satz 3.13. Sei K kompakt und f : K → R, dann ist f gleichmaßig stetig auf K.

Beweis. Angenommen f : K → R ist stetig, aber nicht gleichmaßig stetig.

⇒ ∃ε > 0, ∀δ > 0 : ∃x, x0 ∈ K : |x− x0| < δ und |f(x)− f(x0)| ≥ ε

δ =1

n: ∃xn, yn ∈ K : |xn − yn| <

1

nund |f(xn)− f(yn)| ≥ ε

Weil K kompakt ist, besitzen (xn)n∈N und(ynk)k∈N in K konvergente Teilfolgen(

xnk)k∈N und

(ynk)k∈N

x = limk→∞

(xnk)∈ K

|xnk − ynk | <1

nk⇒ x = lim

k→∞

(ynk)

f stetig auf K : f(x) = limk→∞

(f(xnk))

= limk→∞

(f(ynk))

=

= f

(limk→∞

(xnk))

= f

(limk→∞

(ynk))

∣∣f(xnk)− f(ynk)∣∣ ≥ ε ⇒ 0 = |f(x)− f(x)| ≥ ε E

Satz 3.14. Fundamentalsatz der AlgebraSei p(z) = zn + an−1z

n−1 + ... + a1z + a0 ein Polynom mit n ≥ 1 und komplexen Koeffizientena0, ..., an−1, dann gibt es ein α ∈ C, sodass: p(α) = 0.

Beweis. Plan:

• Zeige, dass |p(z)| ein Minimum hat

• Wenn |p(z0)| ein Minimum hat, dann gilt |p(z0)| = 0.

114

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1. Sei A = |a0|+ |a1|+ ...+ |an−1|

|p(z)| = |z|n ·∣∣∣1 +

an−1

z+ ...+

a0

zn

∣∣∣ ≥ |zn|(1− A

|z|

)Da

∣∣∣an−1

z+ ...+

a0

zn

∣∣∣ ≥ |zn| ≤ |a0|+ |a1|+ ...+ |an−1||z|

=A

|z|

Fur |z| ≥ max(1, 2A

)gilt dann: |p(z)| ≥ |z|n · 1

2= |z|n−1︸ ︷︷ ︸

≥1

· |z|2︸︷︷︸

≥ 12 ·2A

≥ A ≥ |a0| = |p(0)|

das heißt: |p(z)| nimmt in{z ∈ C

∣∣∣ |z| ≤ max(1, 2A

)}ein Minimum an

⇒ kompakt

2. Sei |p(z0)| ein Minimum von |p(z)| und gelte |p(z0)| > 0∣∣∣∣ p(z)p(z0)

∣∣∣∣ =

∣∣∣∣1 + b · wd + ...+1

p(z0)wn∣∣∣∣

d ist die erste Potenz von w, die vorkommt mit d ≥ 1 und b 6= 0

Verwende, dass jede komplexe Zahl eine d−te Wurzel besitzt

βd = −1

bmit β ∈ C

Setze w = β · t mit t ∈ R⇒ z = z0 + β · t∣∣∣∣ p(z)p(z0)

∣∣∣∣ =

∣∣∣∣1− td · (1 + q(t)︸︷︷︸q(0)=0

)∣∣∣∣Wahle δ > 0 so, dass fur |t| < δ : |q(t)| ≤ 1

4

1− td(1 + q(t)

)= 1− td

∣∣∣∣ (1 + <(q(t)

)︸ ︷︷ ︸≤ 1

4

)︸ ︷︷ ︸

≥ 34

+i · =(q(t)

)︸ ︷︷ ︸≤ 1

4

∣∣∣∣ ≤ 1− 3

4· td +

1

4· td = 1− 1

2· td

1− 1

2· td < 1 fur 0 < t < δ E

3.4 Grenzwerte von Funktionen und stetige Fortsetzung

f : D → Rx0 ∈ D

Wollen f(x0) konsistent erklaren, das heißt:

f :

D ∪ {x0} → R

x 7→

{f(x) . . . x ∈ DA . . . x = x0

115

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Definition 3.10. Sei D eine nichtleere Menge, dann heißt x0 ein Haufungspunkt von D, wenn injeder Umgebung von x0 unendlich viele Punkte von D liegen.

Bemerkung 104. x0 ist Haufungspunkt von D ⇔ ∀ε > 0, ∃x ∈ D :0 < |x− x0| < ε

Definition 3.11. Sei f : D → R eine stetige Funktion, dann heißt

F :

D ∪ {x0} → R

x 7→

{f(x) . . . x ∈ DA . . . x = x0

stetige Fortsetzung von f auf D∪{x0}, wenn

F stetig auf D ∪ {x0} ist.

Bemerkung 105. Wenn x0 ein Haufungspunkt von D ist, dann ergibt jeder Wert vonA eine stetige Fortsetzung.

Beweis.

∃δ0 > 0 : ∀x ∈ D : |x− x0| ≥ δ0

F ist stetig in x0:

∀ε > 0 : ∃δ > 0 : ∀x ∈ D : |x− xo| < δ ⇒ |f(x)− f(x0)| < ε︸ ︷︷ ︸Wahe 0<δ<δ0

Wenn x0 ein Haufungspunkt von D ist, dann gibt es hochstens einen Wert furA, sodass F stetige Fortsetzung von f ist.Angenommen: Wahle F (x0) = A beziehungsweise F (x0) = B fur A 6= B, sodass

F und F beide stetige Funktionen von f sind.

∀ε > 0 ∃δ > 0 ∀x ∈ D : |x− x0| < δ =⇒ |f(x)−A| < ε∀ε > 0 ∃δ > 0 ∀x ∈ D : |x− x0| < δ =⇒ |f(x)−B| < ε

Setze ε =|B −A|

2⇒ |B −A| = |B − f(x) + f(x)− a| ≤ |B − f(x)|+ |f(x)−A| <

<|B −A|

2+|B −A|

2= |B −A|

⇒ |B −A| < |B −A| E

Definition 3.12. Sei D eine nicht leere Menge, f : D → R, oder C. Sei x0 /∈ D ein Haufungspunkt

116

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von D, dann schreibt man:

A = limx→x0

(f(x)

), wenn F :

D ∪ {x0} → R

x 7→

{f(x) . . . x ∈ DA . . . x = x0

stetig in x0 ist. Das heißt:

∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀x ∈ D : |x− x0| < δ ⇒ |f(x)−A| < ε

Beispiel 49.

Bs(x) =

∞∑n=0

(s

n

)xn fur |x| < 1

fur s ∈ Q gilt: Bs(x) = (1 + x)s

Bs(x)− 1

x=

1

x·∞∑n=1

(s

n

)xn =

∞∑n=1

(s

n

)nn−1 =

∞∑m=0

(s

m+ 1

)xm

Bs(x)− 1

x: (−1, 1) \ {0} → R

∞∑m=0

(s

m+ 1

)xm ist die stetige Fortsetzung von

Bs(x)− 1

xauf (−1, 1)

limx→0

(Bs(x)− 1

x

)=

(s

1

)= s

Fur s ∈ Q : limx→0

((1 + x)s − 1

x

)= s

3.4.1 Rechenregeln fur Grenzwerte

Sei f, g : D → R, oder C, x0 ein Haufungspunkt von D

A = limx→x0

(f(x)

)und B = lim

x→x0

(g(x)

)Dann gilt:

limx→x0

(f(x)± g(x)

)= A±B

limx→x0

(f(x) · g(x)

)= limx→x0

((f · g

)(x))

= A ·B

Wenn B 6= 0 : limx→x0

(f(x)

g(x)

)=A

B

117

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Beweis.

∀ε > 0 ∃δ1 > 0 ∀x ∈ D : |x− x0| < δ1 =⇒ |f(x)−A| < ε2

∀ε > 0 ∃δ2 > 0 ∀x ∈ D : |x− x0| < δ2 =⇒ |g(x)−B| < ε2

Sei δ = min(δ1, δ2)

∀ε > 0 ∃δ > 0 ∀x ∈ D : |x− x0| < δ

=⇒∣∣(f(x)− g(x)

)− (A+B)

∣∣ ≤ |f(x)−A|︸ ︷︷ ︸< ε

2

+ |g(x)−B|︸ ︷︷ ︸< ε

2

< ε

Satz 3.15. FolgenkriteriumSei D eine nichtleere Menge, x0 ein Haufungspunkt von D und f : D → R, oder C, dann giltA = lim

x→x0

(f(x)

)genau dann, wenn fur jede Folge (xn)n∈N von Punkten aus D mit x0 = lim

n→∞(xn)

auch A = limn→∞

(f(xn)

)gilt.

Beweis. A = limx→x0

(f(x)

)ist aquivalent zur Stetigkeit der Funktion

F :

D ∪ {x0} → R

x 7→

{f(x) . . . x ∈ DA . . . x = x0

Die Aussage des Satzes ist dann genau das Folgenkriterium fur die Stetigkeitvon F in x0.

Satz 3.16. Cauchy-KriteriumSei D eine nicht leere Menge, x0 ein Haufungspunkt von D und f : D → R, oder C, dann existiertlimx→x0

(f(x)

)genau dann, wenn:

∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀x, x′ ∈ D : |x− x0| < δ und |x′ − x0| < δ

⇒ |f(x)− f(x′)| < ε(3.2)

Beweis.

”⇒” Es gelte A = lim

x→x0

(f(x)

):

∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀x ∈ D : |x− x0| < δ ⇒ |f(x)−A| < ε

2⇒ ∀ε > 0 : ∃δ > 0 : ∀x, x′ ∈ D : |x− x0| < δ und |x′ − x0| < δ

⇒ |f(x)− f(x′)| ≤ |f(x)−A|+ |f(x′)−A| < ε

118

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”⇐” Es gelte (3.2):

Sei (xn)n∈N eine Folge von Punkten in D mit x0 = limn→∞

(xn)

∀δ > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : |xn − x0| < δ

Sei ε > 0, dann gibt es nach (3.2) ein δ > 0.

Dann gibt es wegen der Konvergenz von (xn)n∈N ein N ∈ N:

n,m ≥ N :|xn − x0| < δ|xm − x0| < δ

=⇒ |f(xm)− f(xn)| < ε

∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n,m ≥ N : |f(xm)− f(xn)| < ε

⇒(f(xn)

)n∈N ist eine konvergente Cauchy-Folge

Sei A := limn→∞

(f(xn)

)∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : |f(x)−A| < ε

2(3.2)=⇒ ∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀x, x′ ∈ D : |x− x0| < δ und |x′ − x0| < δ

⇒ |f(x)− f(x′)| < ε

Sei ε > 0, dann gibt es ein δ aus (3.2) und ein N ∈ N, sodass ∀n ≥ N : |f(x)−A| < ε

2

|xn − x0| < δ|x− x0| < δ

}⇒ |f(x)−A| ≤ |f(x)− f(xn)|︸ ︷︷ ︸

< ε2

+ |f(xn)−A|︸ ︷︷ ︸< ε

2

< ε

Das heißt: ∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀x ∈ D : |x− x0| < δ ⇒ |f(x)−A| < ε

3.5 Einseitige und uneigentliche Grenzwerte

Definition 3.13. Sei f : (a, b)→ R, oder C, dann schreibt man:

A = limx→a+

(f(x)

)= limx→a+0

(f(x)

)= limx↘a

(f(x)

)∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀x ∈ (a, b) : a < x < a+ δ ⇒ |f(x)−A| < ε

B = limx→b−

(f(x)

)= limx→b−0

(f(x)

)= limx↗b

(f(x)

)∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀x ∈ (a, b) : b− δ < x < b ⇒ |f(x)−B| < ε

Diese Grenzwerte heißen einseitige Grenzwerte, beziehungsweise links-/rechtsseitige Grenzwerte

Satz 3.17. Sei f : (a, b)→ R beschrankt und monoton, dann existieren die Grenzwerte:

limx→a+

(f(x)

)und lim

x→b−

(f(x)

)

119

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Beweis. Sei f o.B.d.A.: monoton wachsend:

b > x > x′ > a ⇒ f(x) ≥ f(x′)

B = sup{f(x)

∣∣∣ x ∈ (a, b)}∈ R, da f beschrankt ist

⇒ ∀ε > 0, ∃x′ ∈ (a, b) : f(x′) > B − ε⇒ x > x′ ⇒ B ≥ f(x) ≥ f(x′) > B − ε

δ = b− x′

∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀x ∈ (a, b) : b− δ < x < b ⇒ |f(x)−B| < ε

Definition 3.14. D 6= ∅ und x0 ein Haufungspunkt:

• f : D → R

limx→x0

(f(x)

)= +∞ ⇔ ∀M > 0 ∃δ > 0 : ∀x ∈ D : |x− x0| < δ ⇒ f(x) ≥M

limx→x0

(f(x)

)= −∞ ⇔ ∀M > 0 ∃δ > 0 : ∀x ∈ D : |x− x0| < δ ⇒ f(x) ≤ −M

• f : D → C

limx→x0

(f(x)

)=∞ ⇔ ∀M > 0 ∃δ > 0 : ∀x ∈ D : |x− x0| < δ ⇒ |f(x)| ≥M

Definition 3.15.

• f : (a,∞)→ R:

limx→+∞

(f(x)

)= A ∀ε > 0 ∃M > 0 ∀x > M |f(x)−A| < ε

limx→+∞

(f(x)

)= +∞ ∀M > 0 ∃K > 0 ∀x > K f(x) > M

limx→+∞

(f(x)

)= −∞ ∀M > 0 ∃K > 0 ∀x > K f(x) < −M

• f : (a,∞)→ C:

limx→+∞

(f(x)

)=∞ ∀M > 0 ∃K > 0 ∀x > K |f(x)| ≥M

• f : (−∞, b)→ R:

limx→−∞

(f(x)

)= A ∀ε > 0 ∃M > 0 ∀x < −M |f(x)−A| < ε

limx→−∞

(f(x)

)= +∞ ∀M > 0 ∃K > 0 ∀x < −K f(x) > M

limx→−∞

(f(x)

)= −∞ ∀M > 0 ∃K > 0 ∀x < −K f(x) < −M

120

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• f : (−∞, b)→ C:

limx→−∞

(f(x)

)=∞ ∀M > 0 ∃K > 0 ∀x < −K |f(x)| ≥M

121

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4 Elementare Funktionen

4.1 Die Exponentialfunktion

f : C→ C mit:

1. ∀s, t ∈ C: f(s+ t) = f(s) · f(t)

2. lims→0

(f(s)−1

s

)= c mit c ∈ C

Bemerkung 106.

f(0 + 0) = f(0) · f(0)

f(0)2 = f(0)

f(0) = 0, oder f(0) = 1

Wobei f(0) = 0 uninteressant ist.

Ad 1. Gesucht ist also eine Funktion mit der Eigenschaft, dass der Funktionswertder Summe zweier Argumente dasselbe ergibt, wie die Multiplikation dererFunktionswerte.

Ad 2. Weiters soll der Grenzuberschritt s→ 0 kontrolliert erfolgen.

1. Durch Induktion folgt:

f

J∑j=1

sj

=

J∏j=1

f(sj)

f(n · t) = f(t)n ⇒ f(t) = f

(t

n

)n2.

limx→∞

(f(tn

)− 1

tn

)= c

f

(t

n

)= 1 +

tnn

⇒ limn→∞

(tn · xnt · xn

)= c

⇒ limn→∞

(tn) = c · t

f(t) =

(1 +

tnn

)n= limn→∞

(1 +

tnn

)nLemma 6. Sei (zn)n∈N eine Folge komplexer Zahlen mit lim

n→∞(zn) = z, dann

konvergiert die Folge((

1 + znn

)n)n∈N und es gilt:

limn→∞

((1 +

znn

)n)=

∞∑k=0

zk

k!

122

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Beweis.∞∑k=0

zk

k! ist eine Potenzreihe mit Konvergenzradius ∞.

Das heißt, dass diese Reihe konvergiert fur alle z ∈ C.(zn)n∈N konvergiert, ist daher beschrankt:

∃M ∈ R : ∀n ∈ N : |zn| ≤M

Sei ε > 0, dann gibt es ein K ∈ N :

∞∑k=K+1

Mk

k!<ε

3

Sei n > K :(

1 +znn

)n=

n∑k=0

(n

k

)zknnk

=

n∑k=0

n · (n− k) · ... · (n− k + 1)

nk· z

kn

k!=

=

K∑k=0

(1 +

1

n

)·(

1− z

n

)· ... ·

(1− k − 1

n

)· z

kn

k!+

n∑k=K+1

(1− 1

n

)· ... ·

(1− k − 1

n

)· z

kn

k!∣∣∣∣∣(

1 +1

n

)n−∞∑k=0

zk

k!

∣∣∣∣∣ ≤∣∣∣∣∣K∑k=0

(1 +

1

n

)·(

1− z

n

)· ... ·

(1− k − 1

n

)· z

kn

k!

∣∣∣∣∣++

∣∣∣∣∣n∑

k=K+1

(1− 1

n

)· ... ·

(1− k − 1

n

)· z

kn

k!

∣∣∣∣∣+

∣∣∣∣∣∞∑

k=K+1

zk

k!

∣∣∣∣∣ ≤≤

∣∣∣∣∣K∑k=0

1

k!

(1− 1

n

)·(

1− k − 1

n

)zkn − zk

∣∣∣∣∣+

∞∑k=K+1

Mk

k!+

∞∑k=K+1

Mk

k!

Wegen z = limn→∞

(zn) gilt:

limn→∞

(K∑k=0

1

k!·(

1− 1

n

)·(

1− z

n

)· ... ·

(1− k − 1

n

)· zkn

)=

K∑k=0

1

k!· zn

Es gibt dann ein ein N ∈ N, sodass fpr n ≥ N gilt:∣∣∣∣∣K∑k=0

1

k!

(1− 1

n

)·(

1− k − 1

n

)zkn − zk

∣∣∣∣∣ < ε

3

⇒ fur n ≥ N gilt dann:

∣∣∣∣∣(

1 +1

n

).−

∞∑k=0

zk

k!

∣∣∣∣∣ ≤≤

∣∣∣∣∣K∑k=0

1

k!

(1− 1

n

)·(

1− k − 1

n

)zkn − zk

∣∣∣∣∣︸ ︷︷ ︸< ε

3

+

∞∑k=K+1

Mk

k!︸ ︷︷ ︸< ε

3

+

∞∑k=K+1

Mk

k!︸ ︷︷ ︸< ε

3

<

ε

3+ε

3+ε

3= ε

Korollar 4.0.1. Eine Funktion f , die die Eigenschaften 1. und 2. hat, kann als

123

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f(t) = limn→∞

((1 + tn

n

)n)mit lim

n→∞(tn) = c · t geschrieben werden. Nach dem Lemma gilt dazu:

f(t) =

∞∑k=0

(c · t)k

k!

Definition 4.1. Die Abbildung exp :

C → C

z 7→∞∑k=0

zk

k!

heißt die Exponentialfunktion.

Bemerkung 107. Es gilt:

limn→∞

((1 +

z

n

)n)= exp(z)

1.

exp(s+ t) =

∞∑k=0

(s+ t)k

k!=

∞∑k=0

1

��k!·k∑l=0

��k!

l!(k − l)!· sl · tk−l︸ ︷︷ ︸

Cauchy-Produkt

=

=

( ∞∑l=0

sl

l!

( ∞∑m=0

tm

m!

)= exp(s) · exp(t)

2.

exp(s)− 1

s=

1

s·∞∑k=1

sk

k!=

∞∑k=1

sk−1

k!=

∞∑m=0

sm

(m+ 1)!

Potenzreihe mit Konvergenzradius R =∞

lims→0

(exp(s)− 1

s

)= 1

Das heißt, dass exp 2. erfullt mit c = 1

Bemerkung 108. Die Funktion exp(c · s) ist durch die beiden Eigenschaften 1. und 2.charakterisiert.Das heißt dass es die einzige Funktion mit diesen beiden Eigenschaften ist.

124

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Bemerkung 109. exp ist stetig auf C, da es eine Potenzreihe ist.

exp(1) =

∞∑k=0

1

n!= limn→∞

((1 +

1

n

)n):= e[

Eulersche Zahl

]

Satz 4.1.

e /∈ Q

Beweis. Angenommen e ∈ Q:

⇒ e =p

qmit p, q ∈ N

q!

(e−

q∑n=0

1

n!

)︸ ︷︷ ︸

∈N

= q! ·∞∑

n=q+1

1

n!=

∑n=q+1

1

(q + 1)(q + 2) · ... · n<

<∑

n=q+1

1

(q + 1)n− q=

1

(q + 1) ·(

1− 1q+1

) =1

q< 1

n ∈ N

exp(n) = en

exp(−n) = e−n

exp

(p

q

)= e

pq = q√ep mit p ∈ Z, q ∈ N

exp

(q · p

q

)= exp(p) = ep = exp

(p

q

)q

Definition 4.2. Fur z ∈ C schreibt man:

ez = exp(z)

ez · e−z = 1

⇒ ez 6= 0 ∀z ∈ C

exp fur reelles Argument

x ∈ R : limn→∞

((1 +

x

n

)n)= ex

125

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4.1.1 Eigenschaften von R→ R

Satz 4.2.

1. ∀x ∈ R : ex > 0

2. exp : R→ R ist streng monoton wachsend und daher injektiv

3. exp : R→ R+ ist surjektiv und insgesamt bijektiv.

Beweis.

1.

ex =(ex2

)2> 0

2. h > 0:

eh =

∞∑n=0

hn

n!> 1 + h > 1

x+ h > x :

ex · eh > ex

3. y > 1: [0, y]

e0 = 1 < ey

ey > 1 + y > y

Zwischen-wert-satz=⇒ ∃ξ ∈ (0, y) : eξ = y

y < 1:

η =1

y> 1

⇒ ∃ξ ∈ R : eξ = η

e−ξ = y

Satz 4.3. Es gilt fur alle n ∈ N:

limx→∞

(ex

xn

)= +∞

limx→−∞

(xnex) = 0

126

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Beweis.

ex >xn+1

(n+ 1)!

⇒ ex

xn>

xn+1

xn(n+ 1)!=

x

(n+ 1)!> M

∀M > 0 : ∃K > 0 : ∀x > K :ex

xn> M

xnex = (−t)ne−t = (−1)n · tn

et

1.=⇒ lim

t→−∞

(tn

et

)= 0 = lim

x→−∞(xnex)

4.2 Der naturlich Logarithmus

Definition 4.3. Die Abbildung ln :

{R+ → Rx 7→ exp(−1)(x)

heißt der naturlich Logarithmus.

Eigenschaften des Logarithmus ln : R+ → R ist streng monoton wachsendund bijektiv

∀x, y ∈ R+ : ln(xy) = ln(x) + ln(y)

limx→0

(ln(1 + x)

x

)= 1

x = es und y = et : xy = es+t

ln(xy) = s+ t = ln(x) + ln(y)

ln(1 + x)

x=

t

et − 1

limx→0

(ln(1 + x)

x

)= limt→0

(t

et − 1

)= 1

n ∈ N:

limx→+∞

(ln(x)n√x

)= 0

⇒ x = ent : limx→+∞

(nt

et

)= 0

limx→0+

(n√x · ln(x)

)= 0

⇒ x = e−nt : limx→+∞

(e−t · (−nt)

)= 0

4.3 Exponentialfunktion und Logarithmus mit beliebigerBasis

127

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Definition 4.4. a > 0:

z ∈ C : az := exp(z · ln(a)

)x ∈ R : ax := exp

(x · ln(a)

)ax+y = ax · ay

limx→0

(ax − 1

x

)= limx→0

(exp

(x · ln(a)

)− 1

x · ln(a)

)· ln(a) = ln(a)

Fur a > 1 ist x 7→ ax streng monoton wachsend und

limx→+∞

(ax) = +∞

limx→−∞

(ax) = 0

Fur 0 < a < 1 ist x 7→ ax streng monoton fallend und

limx→+∞

(ax) = 0 und limx→−∞

(ax) = +∞

a log :

{R+ → Rx 7→ ln(x)

ln(a)

Logarithmus zur Bases a

a log = loga

ax = y

exp(x · ln(a)

)= y

x · ln(a) = ln(y)

→ x =ln(y)

ln(a)= a log(y)

Wichtige Logarithmen

ld = 2 log . . . Logarithmus dualislog = 10 log . . . Logarithmus zur Basis 10

Bemerkung 110.

x · y = exp(

ln(x) + ln(y))

Bemerkung 111.

x 7→ ax stetigx 7→ ln(x) stetig

128

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Definition 4.5. Potenzfunktionx 7→ xα mit α ∈ R, oder C

xα = exp(α · ln(x)

)x > 0

xα : R+ → R ist stetig als Verknupfung stetiger Funktionen.

Bemerkung 112.

α > 0:

limx→0+

(xα) = 0

limx→∞+

(xα) = +∞

α < 0:

limx→0+

(xα) = +∞

limx→+∞

(xα) = 0

(x · y)α = xα · yα

xα = exp(α · ln(x)

)limx→0+

(ln(x)

)= −∞

limx→0+

(xα) = limt→−∞

(et) = 0

t = α · ln(x)

limx→∞+

(xα) = limt→+∞

(et) = +∞

Bemerkung 113.

α > 0:

limx→0+

(xα · ln(x)

)= 0

x < 1:

xα ≤ x 1n fur

1

n< α

|xα · ln(x)︸ ︷︷ ︸0

| ≤ |x 1n · ln(x)︸ ︷︷ ︸

0

|

129

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x > 1:

xα ≥ x 1n

⇒ ln(x)

xα︸ ︷︷ ︸→0

≤ ln(x)

x1n︸ ︷︷ ︸→0

Bemerkung 114. Die einzige stetige Losung der Funktionalgleichung f(x+ y) = f(x) ·f(y) mit x, y ∈ R ist f(x) = f(1)x

f

(p

q

)= q√f(1)p

Dann gibt es hochstens eine stetige Fortsetzung von f auf R. Diese kennt man,aufgrund der Uberlegungen.

f(x+ y) = f(x) · f(y)

f

(p

q

)= f(1)

pq

x ∈ R:

f(x) = limpq→x

(f

(p

q

))

4.4 Die Binomische und Logarithmische Reihe

Bs =

∞∑n=0

(s

n

)x

|x| < 1

Bs+t(x) = Bs(x) ·Bt(x)

Das heißt:Fur Indizes x mit |x| 1 ist f : s 7→ Bs(x) eine Losung der obigen Aufgabe.

Wenn man die Existenz von lims→0

(Bs(x)−1

s

)zeigen kann, dann kann man Bs(x)

bestimmen aufgrund der Charakterisierung der Exponentialfunktion.

Bs(x)− 1

s=

1

s=

∞∑n=1

(s

n

)xn

130

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n ≥ 1:

1

s

(s

n

)=

1

�s· �s · (s− 1) · ... · (s− n+ 1)

n!

Sei |s| ≤ 1

⇒ |s− k| ≤ k + 1 :

∣∣∣∣1s(n

n

)∣∣∣∣ ≤ 2 · 3... · nn!

= 1

daher ist

∣∣∣∣(sn)xn∣∣∣∣ ≤ |x|n

⇒ die Reihe

∞∑n=1

1

s

(s

n

)xn konvergiert normal fur festes x

mit |x| < 1 und |s| < 1, stellt also eine stetige Funkton dar.

lims→0

(Bs(x)− 1

s

)=

∞∑n=1

(s− 1) · (s− 2) · ... · (s− n+ 1)

n!· xn

∣∣∣∣∣s=0

Bemerkung 115. Die rechte Seite ist die stetige Fortsetzung.

∞∑n=1

(s− 1) · (s− 2) · ... · (s− n+ 1)

n!· xn

∣∣∣∣∣s=0

=

=

∞∑n=1

(−1) · (−2) · ... · (−n+ 1)

n!xn =

=

∞∑n=1

(−1)n−1

n· xn := L(x)

Wegen der Charakterisierung der Exponentialfunktion hat man daher:

Bs(x) = exp(s · L(x)

)s=1:

B1(x) = 1 + x = exp(L(x)

)⇒ L(x) = ln(1 + x) =

∞∑n=1

(−1)n−1

n· xn fur |x| < 1

Also gilt:

Bs(x) = exp(s · ln(1 + x)

)= (1 + x)s

fur |x| < 1 und s ∈ C.

ln(1 + x) =

∞∑n=1

(−1)n−1

n· xn fur |x| < 1

131

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0 < x < 1 :

xn > 0

xn+1

n+ 1<xn+1

n<xn

n

das heißt:

∞∑n=1

(−1)n−1

n· xn ist eine alternierende, monoton fallende Reihe.

Leibniz=⇒

∣∣∣∣∣ln(1 + x)−N∑n=1

(−1)n−1

n· xn

∣∣∣∣∣ ≤ xN+1

N + 1

Fehlerabschatzung nach Leibnizkriterium fur 0 ≤ x < 1

limx→1−=⇒

Stetig-keit

∣∣∣∣∣ln(2)−N∑n=1

(−1)n−1

n

∣∣∣∣∣ ≤ 1

N + 1

also gilt:

∞∑n=1

(−1)n−1

n= ln(2)

4.4.1 Bestimmung von Logarithmen

ln(1 + x) =

∞∑n=1

(−1)n−1

n· xn

ln(1− x) = −∞∑n=1

xn

n

ln

(1

1− x

)=

∞∑n=1

xn

n

ln

(1 + x

1− x

)= 2 ·

∞∑n=1

x2n+1

2n+ 1

Wenn ln(y) bestimmt werden soll, wahlt man y = 1+x1−x

⇒ y + xy = 1 + x∣∣∣∣y − 1

y + 1

∣∣∣∣ < 1 fur y > 0

y − 1 = x(y + 1)

x =y − 1

y + 1

132

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Beispiel 50.

y = 2

⇒ x =1

3

⇒ ln(2) = 2 ·∞∑n=1

1

(2n+ 1) · 32n+1

4.5 Trigonometrische Funktionen

exp(z) =

∞∑n=0

zn

n!mit z ∈ C

exp(i · t) =

∞∑n=0

(it)n

n!=

∞∑n=0

(it)2n

(2n)!+

∞∑n=0

(it)2n+1

(2n+ 1)!=

=

∞∑n=0

(−1)nt2n

(2n)!+ i ·

∞∑n=0

(−1)nt2n+1

(2n+ 1)!

Definition 4.6.

cos(t) =

∞∑n=0

(−1)nt2n

(2n)!= <(eit)

sin(t) =

∞∑n=0

(−1)nt2n+1

(2n+ 1)!= =(eit)

eit = cos(t) + i · sin(t)

eit = cos(t)− i · sin(t)

⇒ cos(t) =1

2

(eit + e−it

)sin(t) =

1

2i

(eit − e−it

)Eigenschaften von cos und sin

exp(i · (s+ t)

)= exp(is) · exp(it)

cos(s+ t) + i · sin(s+ t) =(

cos(s) + i · sin(s))·(

cos(t) + i · sin(t))

=

= cos(s) · cos(t)− sin(s) · sin(t) + i ·(

sin(s) · cos(t) + cos(s) · sin(t))

133

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Bemerkung 116. Die Additionstheoreme fur cos und sin und s, t ∈ R sind:

cos(s± t) = cos(s) · cos(t)± sin(s) · sin(t)

sin(s± t) = sin(s) · cos(t)− cos(s) · sin(t)

cos(s+ t) + cos(s− t) = 2 cos(s) · cos(t)

cos(s+ t)− cos(s− t) = −2 · sin(s) · sin(t)

sin(s+ t) + sin(s− t) = 2 sin(s) · cos(t)

sin(s+ t)− sin(s− t) = 2 cos(s) · sin(t)

cos(s) · cos(t) =1

2

(cos(s+ t) + cos(s− t)

)sin(s) · sin(t) = −1

2

(cos(s+ t)− cos(s− t)

)sin(s) · cos(t) =

1

2

(sin(s+ t) + sin(s− t)

)cos(s) · sin(t) =

1

2

(sin(s+ t)− sin(s− t)

)

s =x+ y

2und t =

x− y2

⇔ s+ t = x und s− t = y

⇒ cos(x) + cos(y) = 2 cos

(x+ y

2

)· cos

(x− y

2

)cos(x)− cos(y) = −2 sin

(x+ y

2

)· sin

(x− y

2

)sin(x) + sin(y) = 2 · sin

(x+ y

2

)· cos

(x− y

2

)sin(x)− sin(y) = 2 · cos

(x+ y

2

)· sin

(x− y

2

)

sin(2x) = sin(x) · cos(x) + cos(x) · sin(x) = 2 sin(x) cos(x)

cos(2x) = cos2(x)− sin2(x)cos(0) = 1 = cos2(x) + sin2(x)

}cos(2x) = 2 cos2(x)− 1

Lemma 7. Fur 0 < x <√

6 gilt:

−x3

6< sin(x) < y

Fur |x| <√

2 gilt:

1− x2

2< cos(s) ≤ 1

134

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Beweis.

sin(x) =

∞∑n=0

(−1)nx2n+1

(2n+ 1)!wenn 0 < x <

√6 :

x >x3

6>x5

5!> ...

Leibniz:

x− x3

6<

∞∑n=0

(−1)nx2n+1

(2n+ 1)!< x

cos(x) =

∞∑n=0

(−1)nx2n

(2n)!wenn 0 < x <

√2 :

1− x2

2>x4

24> ...

Leibniz:

1− x2

2< cos(x) < 1− x2

2+x4

24< 1

Fur 0 < x <√

6 gilt:

sin(x) > x︸︷︷︸>0

·(

1− x2

6

)︸ ︷︷ ︸

→0

> 0

Fur 0 < x < y <√

6 gilt:

cos(x)− cos(y) = −2 sin

(x+ y

2

)· sin

(x− y

2

)= 2 · sin

(x+ y

2

)· sin

(x− y

2

)> 0

Also ist cos : [0,√

6]→ R streng monoton fallen �

cos(√

2) > 0

cos(0) = 1 > 0

cos(2) =

∞∑n=0

(−1)n4n

(2n)!= 1− 4

2+

42

24∓ ... ≤ 1− 2 +

2

3= −1

3< 0

Zwischen-wert-satz=⇒ Es gibt genau eine Nullstelle von cos(x) im Intervall [

√2, 2]

Definition 4.7. Die einzige Nullstelle von cos(x) im Intervall [0, 2] heißt:

π

2:= inf

{x ∈ R+

∣∣∣ cos(x) = 0}

2√

2 < π < 4

135

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Bemerkung 117.

cos(π

2

)sin(π

2

)sin2

(π2

)+ cos2

(π2

)= 1 ⇔ sin

(π2

)= ±1

cos(π) = 2 cos2(π

2

)− 1 = −1

sin(π) = 2 sin(π

2

)· cos

(π2

)= 0

cos(2π) = 2 cos2 (π)− 1 = 1

sin(2π) = 2 sin(π) · cos(π) = 0

cos(x+ 2π) = cos(x) · cos(2π)− sin(x) · sin(2π) = cos(x)sin(x+ 2π) = sin(x) · cos(2π) + cos(x) · sin(2π) = sin(x)

}Periodizitat

⇒ k ∈ Z :

{cos(x+ 2kπ) = cos(x)sin(x+ 2kπ) = sin(x)

}∀x ∈ R

sin und cos haben die Periode 2π.

eiπ2 = cos

(π2

)+ i · sin

(π2

)= i

`iπ = −1

e2πi = 1

ez+2πi = ez

Exponentialfunktion hat Periode 2πi.

Bemerkung 118. cos(x) ist streng monoton fallend auf [0, π]

136

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Beweis.

cos(x)− cos(y) = −2 sin

(x+ y

2

)· cos

(x− y

2

)Zeige: sin(x) > 0 fur 0 < x < π

Wissen: sin(x) > 0 fur 0 < x <√

6

Angenommen: ∃ξ mit√

6 < x < ξ mit sin(ξ) < 0

⇒ ∃x0 ∈ [√

6, ξ] mit sin(x0) = 0

sin(x0) = 2 sin(x0

2

)︸ ︷︷ ︸

=0

· cos(x0

2

)︸ ︷︷ ︸6=0

0 <x0

2<π

2

⇒ sin(x0

2

)> 0 E

Sei 0 ≤ x < y ≤ π

cos(x)− cos(y) = 2 sin

∈(0,π)︷ ︸︸ ︷(x+ y

2

)︸ ︷︷ ︸

>0

· sin

∈(0,π)︷ ︸︸ ︷(x− y

2

)︸ ︷︷ ︸

>0

sin(x+

π

2

)= sin(x) · cos

(π2

)+ cos(x) · sin

(π2

)= cos(x)

sin(x− π

2

)= − cos(x)

⇒ sin ist � auf[−π

2,π

2

]sin(π − x) = sin(π) · cos(x)− cos(π) · sin(x) = sin(x)

cos(π − x) = cos(π) · cos(x) + sin(π) · sin(x) = − cos(x)

cos(π + x) = − cos(x)

sin(π + x) = − sin(x)

Die gewonnen Informationen erlauben eine rudimentare Skizze der Funktions-graphen

1

−1

π2

π 3π2

137

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Bemerkung 119.{x ∈ R

∣∣∣ cos(x) = 0}

2+ π · Z =

{π2

+ kπ∣∣∣ k ∈ Z}{

x ∈ R∣∣∣ sin(x) = 0

}= π · Z =

{kπ∣∣∣ k ∈ Z}

Angenommen: ∃ξ: cos(ξ) = 0 und ξ /∈ π2 + π · Z

oBdA.: 0 < ξ < 2πWegen cos(x + π) = − cos(x) kann man sogar 0 < ξ < π ausrechnen. ξ ware dann eineNullstelle in [0, π] mit ξ+ π

2 . Das widerspricht der strengen Monotonie von cos auf diesemIntervall.

Bemerkung 120.

ez = 1⇔ z ∈ 2πi · Z∃k ∈ Z : z = 2kπi

ez = ex+iy = ex · eiy = ex ·(

cos(y) + i sin(y))

= 1

sin(y) = 0 ⇒ y ∈ π · Zcos(kZ) = 1

cos(kπ) = (−1)k

cos : [0, π]→ [−1, 1] ist bijektiv[injektiv wegen � und surjektiv wegen cos(0) = 1, cos(π) =

−1 und der Anwendung der Zwischenwertsatzes]

sin :[−π2 ,

π2

]→ [−1, 1] ist bijektiv aus denselben Grunden, wie der cos

ArkusKosinus

arccos :

{[−1, 1] → [0, π]

y 7→ cos(−1)(y)

Arkussinus

arcsin :

{[−1, 1] →

[−π2 ,

π2

]y 7→ sin(−1)(y)

138

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Bemerkung 121. y ∈ [−1, 1]{x ∈ R

∣∣∣ cos(x) = y}

={

arccos(y), 2π − arccos(y)}

+ 2πZ =

={

arccos(y) + 2kπ∣∣∣ k ∈ Z} ∪ {− arccos(y) + 2kπ

∣∣∣ k ∈ Z}{x ∈ R

∣∣∣ sin(x) = y}

={

arcsin(y), π − arcsin(y)}

+ 2πZ =

={

arcsin(y) + 2kπ∣∣∣ k ∈ Z} ∪ {π − arcsin(y) + 2kπ

∣∣∣ k ∈ Z}

Tangens

tan(x) =sin(x)

cos(x)

x /∈ π

2+ πZ

cot(x) =cos(x)

sin(x)

x /∈ πZ

tan :(−π

2,π

2

)→ R

x > 0 : sin ist � und cos ist �

0 < x < y < π2 :

tan(x) =sin(x)

cos(x)<

sin(y)

cos(y)= tan(y)

tan(−x) = − tan(x)

⇒ tan :(−π2 ,

π2

)→ R ist streng monoton wachsend

limx→π

2−

(tan(x)

)= +∞ und lim

x→π2

+

(tan(x)

)= −∞

⇒ tan ist surjektiv

⇒ bijektiv

Kosekans

cosec(x) =1

sin(x)

Sekans

sec(x) =1

cos(x)

Arcustangens

arctan :

{R →

(−π2 ,

π2

)y 7→ tan(−1)(y)

tan(x+ π) = tan(x)... Tangens hat die periode π{x ∈ R

∣∣∣ tan(x) = y}

= arctan(y) + πZ

139

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Kotangens

cot : (0, π)→ R ist �

limx→0+

(cot(x)

)= +∞ und lim

x→0−

(cot(x)

)= −∞

⇒ bijektiv

cot(x+ π) = cot(x)

Arcuskotangens

arcCot :

{R → (0, π)

y 7→ cot(−1)(y){x ∈ R

∣∣∣ cot(x) = y}

= arcCot(y) + πZ

tan(x+ y) =sin(x+ y)

cos(x+ y)=

sin(x) · cos(y) + cos(x) · sin(y)

cos(x) · cos(y)− sin(x) · sin(y)=

=

sin(x)cos(x) + sin(y)

cos(y)

1− sin(x)cos(x) ·

sin(y)cos(y)

=tan(x) + tan(y)

1− tan(x) · tan(y)

arctan(1) =π

4

2 cos(π

4

)2

− 1 = cos(π) = 0

2 sin(π

4

)· cos

(π4

)= sin

(π2

)= 1

cos(π

4

)= ± 1√

2

sin(π

4

)=

1√2

⇒ tan(π

4

)= 1

arctan : [−1, 1]→[−π

4,π

4

]⇒ x, y ∈ (−1, 1)

⇒ arctan(x) + arctan(y) ∈(−π

2,π

2

)arctan(x) + arctan(y) = arctan

(x+ y

1− xy

)|x| , |y| < 1

140

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4.6 Polarkoordinaten in R2 und C

(x, y) ∈ R \{

(0, 0)}

(x, y) =√x2 + y2 ·

(x√

x2 + y2,

y√x2 + y2

)(

x√x2 + y2

)2

+

(y√

x2 + y2

)2

= 1

Suche: ϕ : x√x2+y2

= cos(ϕ) und y√x2+y2

= sin(ϕ).

y ≥ 0:

ϕ = arccos

(x√

x2 + y2

)x√x2+2

= cos(ϕ)

ϕ ∈ [0, π] ⇒ sin(ϕ) ≥ 0

Da sin2(ϕ) + cos2(ϕ) = 1, sin(ϕ) ≥ 0 und y√x2+y2

≥ 0 muss sin(ϕ) = y√x2+y2

gelten.y < 0 :

ϕ = − arccos

(x√

x2 + y2

)ϕ ∈ (−π, 0)

cos(ϕ) =x√

x2 + y2

sin(ϕ) < 0wie=⇒oben

y√x2 + y2

= sin(ϕ)

Das heißt:

(x, y) =√x2 + y2︸ ︷︷ ︸

=:r

(cos(ϕ), sin(ϕ)

)mit ϕ ∈ (−π, π]

(x, y) 7→ (r, ϕ)

x = r cos(ϕ)

y = r sin(ϕ)

Die Abbildung (x, y) 7→ (r, ϕ) ist stetig fur (x, y) ∈ R2 \{

(x, 0)∣∣∣ x ≤ 0

}︸ ︷︷ ︸

negative x-Achsefuhrt zu Ein-seitigkeit und

ist daher aus demDefinitionsbereichausgenommen, da

π 6=−π

141

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z = x+ iy 6= 0

= |z| ·(x

|z|+ i · y

|z|

)= |z| · eiϕ = |z| ·

(cos(ϕ) + i · sin(ϕ)

)ϕ := Arg(z) . . . Argument von z

ϕ ∈ (−π, π]

⇒ z = |z| · ei·Arg(z)

S :

{(−π, π] → S =

{(x, y) ∈ R2

∣∣∣ x2 + y2 = 1}

ϕ 7→(

cos(ϕ), sin(ϕ)) ist stetig und bijektiv

ϕ = S(−1)(xr,y

r

)4.7 Wurzelziehen in C

xn = c

c ∈ C, n ∈ N, c 6= 0

w = |w| · eiϕ

c = |c| · eiϕ

⇒ wn = |w|n · einϕ

|w|n = |c| ⇒ |w| = n√|c|

nϕ = ψ + 2kπ mit k ∈ Z

⇒ ϕ =ψ

n+

2kπ

n

k ist so zu wahlen, dass ϕ ∈ (−π, π]. Das ergibt genau n Werte fur k.

142

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Beispiel 51.

w3 = 1− i

|1− i| =√

2

ψ = Arg(1− i) = −π4

= − arccos

(1√2

)ϕ = − π

12+

2kπ

3mit k = −1, 0, 1

⇒ wk =6√

2 ·

(cos

(− π

12+

2kπ

3

)+ i · sin

(− π

12+

2kπ

3

))

w0 =6√

2 ·

(cos(−π

2

)+ i · sin

( π12

))= 1, 08...− i · 0, 29...

w1 =6√

2 ·

(cos

(7π

12

)+ i · sin

(7π

12

))= 1, 0899...+ i · 0, 031979...

w2 =6√

2 ·

(cos

(4π

3

)+ i · sin

(4π

3

))= −

6√

2√2

(1 + i)

4.8 Exponentialfunktion und Logarithmus in C

exp :

C → C

z 7→∞∑n=0

zn

n!

exp(x+ iy) = ex · eiy = ex ·(

cos(y) + i · sin(y))

|ez| = e<(z)

Arg(ez) = =(z) + 2kπ mit k ∈ Z rightig gewahlt

0

y = −π

y = −π2

y = −π4

y = π

y = π2

y = π4

143

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r = 1

exp :{z ∈ C

∣∣∣ |=(z)| < π}→ C \ R−0 ist bijektiv

w = ez = |w| · ei·Arg(w) ⇒ z = =(|w|) + i ·Arg(w)

e<(z) = |w| ←→ e=(z) = ei·Arg(w)

log :

{C \ R−0 →

{z ∈ C

∣∣∣ =(z) < π}

w 7→ ln(w) + i ·Arg(w) ”Hauptzweig des komplexen Logarithmus”

Bemerkung 122.”log” bezeichnet ab jetzt den komplexen Logarithmus zur Basis e. Der

reelle naturliche Logarithmus wird weiterhin mit ln bezeichnet.

Beispiel 52.

log(2i) = ln(2) + i · π2

log(1− i) =1

2ln(2)− i · π

4

ii = ei·log(i) = ei·i·π2 = e−

π2 ∈ R

144

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Wissen:

ln(1 + x) =

∞∑n=1

(−1)n−1xn

n

Bs(z) =

∞∑n=0

(s

n

)· zn

|z| < 1, z ∈ C fest

s 7→ Bs(x)

Bs+t(z) = Bs(z) ·Bt(z)

lims→0

(Bs(z)− 1

s

)=

∞∑n=1

(−1)n−1 zn

n

⇒ L(z) :=

∞∑n=1

(−1)n−1 zn

n= lims→0

(Bs(z)− 1

s

)Bs(z) = es·L(z) s=1

=⇒ Bn(z) = 1 + z = eL(z)

Es muss daher gelten:

L(z) = log(1 + z) + i · 2k(z) · π mit k(z) ∈ Zz ∈ (−1, 1) =⇒ k(0) = 0

z 7→ k(z) ist stetig und kann nur ganzzahlige Werte annehmen.Betrachte:

t 7→ k

(1

2+ t ·

(z − 1

2

))t ∈ [0, 1]

Diese nimmt bei t = 0 den Wert 0 an und in t = 1 den Wert k(z). Ware k(z) 6= 0, dannware nach dem Zwischenwertsatz k /∈ Z EDamit gilt:

log(1 + z) =

∞∑n=1

(−1)n−1 · zn

nfur |z| < 1

145

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tan(x) =12i · (e

ix − e−ix)12 · (eix + e−ix)

=1

i· e

2ix − 1

e2ix + 1= y

e2ix − 1 = iy(e2ix + 1)

e2ix(1− iy) = 1 + iy

e2ix =1 + iy

1− iy

arctan(y) = x =1

2i· log

(1 + iy

1− iy

)+���k(y) · π

k(y) ∈ Z, mit k(0) = 0 ⇒ k(y) = 0 ∀y

ln

(1 + x

1− x

)= 2 ·

∞∑n=0

x2n+1

2n+ 1

⇒ log

(1 + ix

1− iy

)= 2 ·

∞∑n=0

(iy)2n+1

2n+ 1= 2i ·

∞∑n=0

(−1)n · y2n+1

2n+ 1

⇒ arctan(y) =

∞∑n=0

(−1)n · y2n+1

2n+ 1fur |y| < 1

∞∑n=0

(−1)n · y2n+1

2n+ 1fur 0 < y < 1 ist eine alternierende Reihe mit monoton fallenden Gliedern

∣∣∣∣∣arctan(y)−N∑n=0

(−1)n · y2n+1

2n+ 1

∣∣∣∣∣ < y2N+3

2N + 3

Wegen der Stetigkeit bleibt die Ungleichung richtig fur y → 1−∣∣∣∣∣π4 −N∑n=0

(−1)n

2n+ 1

∣∣∣∣∣ ≤ 1

2N + 3

das heißt:

∞∑n=0

(−1)n · 1

2n+ 1=π

4

146

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2 · arctan

(1

5

)= arctan

( 15 + 1

5

1− 15 ·

15

)= arctan

(5

12

)2 · arctan

(5

12

)= arctan

( 512 + 5

12

1− 25144

)= arctan

( 56

119144

)= arctan

(120

119

)arctan(1)− arctan

(1

239

)= arctan

(1− 1

239

1 + 1 · 1239

)= arctan

( 238239240239

)=

= arctan

(119

120

)=π

2− arctan

(120

119

)⇒ π

4= 4 · arctan

(1

5

)+ arctan

(1

239

4=

∞∑n=0

(−1)n · 1

2n+ 1·(

4

52n+1− 1

2392n+1

)⇒ π = 3, 141592653589793238462643383279502884197169399375105820974944...

Sei ζ = e2πin Dann gilt:

n−1∑l=0

ζkl =

{n . . . wenn n | k0 . . . sonst

ζk = 1

da: k = n · l

ζnl =(ζn)l

= 1

n | k :n - k :

ζk 6= 1

n−1∑l=0

ζkl =ζnk − 1

ζ − 1= 0

Beispiel 53.

∞∑n=0

x3n

(3n)!=

1

3·∞∑n=0

xn

n!·

2∑l=0

ζnl

ζ = e2πi3 = −1

2+ i ·

√3

2=

1

3·(ex + eζ·x + eζ

2·x) =

=1

3·(ex + e−

x2 ·(ei√

32 x + e−i

√3

2 x))

=1

(ex + 2e−

x2 · cos

(√3

2

))

147

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4.9 Hyperbelfunktionen

Mit Sinus und Kosinus konnte die Einheitskreislinie parametrisiert werden.

x2 − y2 = 1 beschreibt eine (gleichseitige) Hyperbel

⇒ (x− y)︸ ︷︷ ︸e−t

· (x+ y)︸ ︷︷ ︸et

= 1

x =1

2·(et + e−t

)y =

1

2·(et − e−t

)

Definition 4.8.

sinh(t) =1

2·(et − e−t

)cosh(t) =

1

2·(et + e−t

)”Sinus Hyperbolicus ” und

”Kosinus Hyperbolicus” erlauben eine Parametrisierung von Hyperbeln

cosh(t) ≥ 1

daher parametrisiert t 7→(

cosh(t), sinh(t))

nur den rechten Ast der Hyperbel.

−5 −4 −3 −2 −1 1 2 3 4 5

−5

−4

−3

−2

−1

1

2

3

4

5

148

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Area Kosinus Hyperbolicus

cosh(t) = x

x ≥ 1

1

2·(et + e−t

)= x ⇔ e2t + 1 = 2xet ⇔ e2t − 2xet + 1 = 0

⇒(et)

1,2= x±

√x2 − 1

⇒ t = Arcosh(x) = ln(x+

√x2 − 1

)≥ 0

Area Sinus Hyperbolicus

sinh(t) = y

1

2·(et − e−t

)= y ⇔ e2t − 2yet − 1 = 0 ⇒

(et)

1,2= y ±

√y2 + 1

⇒ t = Arsinh(y) = ln(y +

√y2 + 1

)sinh(x)cosh(x)

x 7→ cosh(x) . . . Kettenlinie

149

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Tangens Hyperbolicus

tanh(x) =sinh(x)

cosh(x)

Kotangens Hyperbolicus

coth(x) =cosh(x)

sinh(x)

x 6= 0

Area Tangens Hyperbolicus

y = tanh(x) =e2x − 1

e2x + 1

ye2x + y = e2x − 1 ⇔ e2x · (y − 1) = −1− y

e2x =1 + y

1− y

x =1

2· ln(

1 + y

1− y

)fur |y| < 1

⇒ Artanh(y) =1

2· ln(

1 + y

1− y

)fur |y| < 1

Area Kotangens Hperbolicus

y = coth(x) =e2x + 1

e2x − 1

ye2x − y = e2x + 1

e2x(y − 1) = y + 1

x =1

2· ln(y + 1

y − 1

)fur |y| > 1

⇒ Arcoth(y) =1

2· ln(y + 1

y − 1

)fur |y| > 1

4.10 Potenzreihen

cosh(x) =1

2·(ex + e−x

)=

1

2·∞∑n=0

xn

n!

(1 + (−1)n

)=

∞∑n=0

x2n

(2n)!

sinh(x) =1

2·(ex − e−x

)=

1

2·∞∑n=0

xn

n!

(1− (−1)n

)=

∞∑n=0

x2n+1

(2n+ 1)!

⇒ Artanh(x) =1

2· ln(

1 + x

1− x

)=

∞∑n=0

x2n+1

2n+ 1

cosh(ix) = cos(x)

sinh(ix) = i · sin(x)

tanh(ix) = i · tan(x)

150

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z ∈ C :

cos(z) = cos(x+ iy) = cos(x) · cos(iy)− sin(x) · sin(iy) =

= cos(x) · cosh(x)− i · sin(x) · sinh(y)

sin(z) = sin(x+ iy) = sin(x) · cos(iy) + cos(x) · sin(iy) =

= sin(x) · cosh(y) + i · cos(x) · sinh(y)

151

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5 Differentialrechnung von Funktionen einer Va-riablen

y = f(x)

G ={

(x, y) ∈ R2∣∣∣ x ∈ D, y = f(x)

}. . . Funktionsgraph

Gesucht ist die Tangente y = k(x−x0) +f(x0) am Funktionsgraphen im Punkt(x0, f(x0)

). Dazu genugt es die Steigung k zu bestimmen.

g = f(x)

x0

Tangente in x0

Idee Bestimme k als Grenzwert der Steigung von Sekanten:

f(x)− f(x0)

x− x0

k = limx→x0

(f(x)− f(x0)

x− x0

)

152

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g = f(x)

x0 x

(x0, f(x0)

)(x0, f(x0)

)Sekante

Erste Naherung Fur x ≈ x0 ⇒ f(x) ≈ f(x0) + k(x− x0)

∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀x ∈ D : |x− x0| < δ ⇒ |f(x)− f(x0)| < ε |x− x0|(5.3)

Das heißt: der Fehler f(x) − f(x0) − k(x − x0) soll kleinere Großenordnungenhaben als x− x0

(5.3)=⇒

∣∣∣∣f(x)− f(x0)

x− x0− k∣∣∣∣ < ε ↔ lim

x→x0

(f(x)− f(x0)

x− x0

)= k

Die Tangente ist dadurch ausgezeichnet, dass der Abstand der Funktionsgraphenzur Tangente starker gegen 0 geht als |x− x0|.

Definition 5.1. Sei f : (a, b) → R, oder C und x0 ∈ (a, b), dann heißt f differenzierbar in x0,

wenn limx→x0

(f(x)−f(x0)

x−x0

)existiert.

f heißt differenzierbar auf (a, b), wenn f in jedem Punkt (a, b) differenzierbar ist.

Wenn f in x0 differenzierbar ist, schreibt man: f ′(x0) = limx→x0

(f(x)−f(x0)

x−x0

)Wenn f auf (a, b) differenzierbar ist, heißt f ′ :

{(a, b) → R, oder C

x 7→ f ′(x)die erste Ableitung.

Schreibweise

f ′(x0) = Df(x0) =df

dxf(x0)

153

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Beispiel 54. s : t→ s(t), Weg-Zeit-FunktionGesucht: Momentangeschwindigkeit

s(t)− s(t0)

t− t0 lim

t→t0

(s(t)− s(t0)

t− t0

)= v(t0)

Bemerkung 123. Einige Ableitungen:

1. f(x) = xn mit n ∈ N:

xn − xn0x− x0

= xn−1 + xn−2x0 + ...+ xxn−10 + xn−1

0

⇒ f ′(x) = limx→x0

(xn − xn0x− x0

)= n · xn−1

0

2. f(x) = ecx mit x = x0 + h

ec(x0+h) − ecx0

x− x0︸ ︷︷ ︸x0+h−x0=h

= ecx0 · ech − 1

h︸ ︷︷ ︸−→h→0

c

⇒ f ′(x) = c · ecx

3. f(x) = ln(x) mit x = x0(1 + h)

ln(x)− ln(x0)

x− x0=���ln(x0) + ln(1 + h)−���ln(x0)

x0 · h

⇒ f ′(x) = limh→0

(1

x· ln(1 + h)

h︸ ︷︷ ︸−→h→0

1

)=

1

x

154

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4. f(x) = cos(x)

cos(x)− cos(x0) = −2 sin

(x− x0

2

)· sin

(x+ x0

2

)cos(x)− cos(x0)

x− x0= − sin

(x+ x0

2

sin(x−x0

2

)x−x0

2

t =:x− x0

2

limt→0

(sin(t)

t

)= limt→0

(eit − e−it

2it

)=

1

2ilimt→0

(eit − 1

t− e−it − 1

t

)=

=1

2i

(i− (−i)

)= 1

⇒ sin(t)

t=

∞∑n=0

(−1)n · t2n

(2n+ 1)!

⇒ limt→0

(sin(t)

t

)= 1

limx→x0

(cos(x)− cos(x0)

x− x0

)= − lim

x→x0

(sin

(x+ x0

2

sin(x−x0

2

)x−x0

2

)= − sin(x0)

⇒ f ′(x) =d

dxcos(x) = − sin(x)

5. f(x) = sin(x)

sin(x)− sin(x0) = 2 cos

(x+ x0

2

)· sin

(x− x0

2

)sin(x)− sin(x0)

x− x0= cos

(x+ x0

2

sin(x−x0

2

)x−x0

2

⇒ f ′(x) = limx→x0

(sin(x)− sin(x0)

x− x0

)= cos(x)

6. f(x) = cosh(x)

cosh(x)− cosh(x0) = 2 sinh

(x+ x0

2

)· sinh

(x− x0

2

)cosh(x)− cosh(x0)

x− x0= sinh

(x+ x0

2

sinh(x−x0

2

)x−x0

2

limt→0

(sinh(t)

t

)= 1

⇒ f ′(x) = limx→x0

(cosh(x)− cosh(x0)

x− x0

)= sinh(x)

155

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7. f(x) = sinh(x)

sinh(x)− sinh(x0) = 2 cosh

(x+ x0

2

)· sinh

(x− x0

2

)⇒ f ′(x) = lim

x→x0

(sinh(x)− sinh(x0)

x− x0

)= cosh(x)

Bemerkung 124. Potenzreihendarstellung:

sinh(t)

t=

∞∑n=0

t2n

(2n+ 1)!

⇒ limx→x0

(sinh(t)

t

)= 1

Bemerkung 125. Die Differenzierbarkeit von f in x0 ist aquivalent zur Existenz einerFunktion ϕ(x), die in x0 stetig ist, sodass:

f(x)− f(x0) = ϕ(x) · (x− x0) ⇔ ϕ(x) =f(x)− f(x0)

x− x0

Die Existenz des Grenzwertes ist aquivalent zur Stetigkeit von ϕ in x0.

Satz 5.1. Sei f : (a, b)→ R, oder C differenzierbar in x0 ∈ (a, b), dann ist f in x0 stetig.

Beweis. f(x) = f(x0)︸ ︷︷ ︸stetigin x0

+ϕ(x)︸︷︷︸stetigin x0

· (x− x0)︸ ︷︷ ︸stetigin x0

ist stetig in x0 als Produkt zweier steti-

gen Funktionen plus einer konstanten Funktion.

Bemerkung 126. Die Umkehrung ist falsch. Aus Stetigkeit folgt nicht zwingenderweiseDifferenzierbarkeit. Die meisten stetigen Funktionen sind nicht differenzierbar.

Satz 5.2. Rechenregeln fur AbleitungenSeien f, g : (a, b)→ R, oder C differenzierbar in x0 ∈ (a, b), dann gilt:

a) Summenregel: f ± g ist differenzierbar in x0 und:(f ± g

)′(x0) = f ′(x0)± g′(x0)

156

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b) Konstantenregel: c ∈ R, oder C fest, c · f ist differenzierbar in x0 und:(c · f

)′(x0) = c · f ′(x0)

c) Produktregel: f · g ist differenzierbar in x0 und:(f · g

)′(x0) = f ′(x0) · g(x0) + f(x0) · g′(x0)

d) Quotientenregel: Wenn g(x0) 6= 0, dann ist fg differenzierbar in x0 und:(

f

g

)′(x0) =

f ′(x0) · g(x0)− f(x0) · g′(x0)(g(x0)

)2Beweis.

a)

f(x) + g(x)− f(x0)− g(x0)

x− x0=f(x)− f(x0)

x− x0+g(x)− g(x0)

x− x0

⇒ limx→x0

existiert nach Voraussetzung

b)

c · f(x)− c · f(x0)

x− x0= c · f(x)− f(x0)

x− x0

c)

f(x) · g(x)− f(x0) · g(x0)

x− x0=

=f(x) · g(x)− f(x) · g(x0) + f(x) · g(x0)− f(x0) · g(x0)

x− x0=

= f(x) · f(x) · g(x)− f(x0) · g(x0)

x− x0+ g(x0) · f(x)− f(x0)

x− x0

⇒ limx→x0

(f(x) · g(x)− f(x0) · g(x0)

x− x0

)= f(x0) · g′(x0) + f ′(x0) · g(x0)

157

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d)

1

g(x)

g(x0) 6= 0, g stetig in x0 ⇒ ∃δ > 0 : ∀x ∈ (a, b) : x0 − δ < x < x0 + δ

⇒ g(x) 6= 01

g(x) −1

g(x0)

x− x0=

g(x)− g(x0)

g(x) · g(x0) · (x− x0)

⇒ limx→x0

(1

g(x) −1

g(x0)

x− x0

)= − g′(x0)(

g(x0))2

⇒(f · 1

g

)′(x0) = f ′(x0) · 1

g′(x0)+ f(x0) ·

(− g′(x0)(

g(x0))2)

=

=f ′(x0) · g(x0)− f(x0) · g(x0)(

g(x0))2

Bemerkung 127. Fortsetzung der Ableitung elementarer Funktionen:

8. f(x) = x−n = 1xn mit n ∈ N

f ′(x) = −n · xn−1

x2n= −n · x−n−1

9. (a) f(x) = tan(x) = sin(x)cos(x) mit x /∈

(π2 + π · Z

)f ′(x) = tan′(x) =

cos2(x)−(− sin2(x)

)cos2(x)

=1

cos2(x)= 1 + tan2(x)

(b) g(x) = cot(x) = 1tan(x) = cos(x)

sin(x)

g′(x) = cot′(x) =

(− sin2(x)

)− cos2(x)

sin2(x)= − 1

sin2(x)= −

(1 + cot2(x)

)10. (a) f(x) = tanh(x) = sinh(x)

cosh(x)

f ′(x) =cosh2(x)− sinh2(x)

cosh2(x)=

1

cosh2(x)= 1− tanh2(x)

(b) g(x) = coth(x) = cosh(x)sinh(x)

g′(x) =− sinh2(x)− cosh2(x)

sinh2(x)= − 1

sinh(x)= 1− coth2(x)

158

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Satz 5.3. Sei g : (a, b) → (c, d) differenzierbar in x0 ∈ (a, b), y0 = g(x0) und sei f : (c, d) → R,oder C differenzierbar in y0, dann ist f ◦ g differenzierbar in x0 und es gilt:(

f ◦ g)′

(x0) = f ′(y0) · g′(x0)

⇒ f(g(x)

)′= f ′

(g(x)

)︸ ︷︷ ︸außere

Ableitung

· g′(x)︸ ︷︷ ︸innere

Ableitung

= Df(g(x)

)·Dg(x) = D

(f(g(x)

))= D

(f ◦ g

)(x)

Beweis.

f ◦ g(x)− f ◦ g(x0) = f(g(x)

)− f

(g(x)

)︸ ︷︷ ︸f(y)−f(y0)=ϕ(x)·(y−y0)

ϕ stetig in y0

= ϕ(g(x)

)·(g(x)− g(x0)

)

mit g(x)− g(x0) = ψ(x) · (x− x0) . . . ψ stetig in x0

⇒ f ◦ g(x)− f ◦ g(x0) = ϕ(g(x)

)· ψ(x)︸ ︷︷ ︸

stetig in x0

·(x− x0)

Das heißt: f ◦ g ist differenzierbar in x0 und(f ◦ g

)′(x0) = ϕ(y0) · ψ(x0) = f ′(y0) · g′(x0)

Bemerkung 128. Fortsetzung der Ableitung elementarer Funktionen:

11. xα = exp(α · ln(x)

)mit α ∈ C und x > 0(

xα)′

= exp(α · ln(x)

)· αx

= α · xα−1

Satz 5.4. UmkehrregelSei f : (a, b) → (c, d) bijektiv, f differenzierbar in x0 ∈ (a, b) und f ′(x0) 6= 0, dann ist f (−1) :(c, d)→ (a, b) differenzierbar in y0 = f(x0) und es gilt:(

f (−1))′

(y0) =1

f ′(x0)

159

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Beweis. f sei differenzierbar in x0:

f(x)− f(x0) = ϕ(x) · (x− x0)

x = f (−1)(y)

x0 = f (−1)(y0)

y − y0 = ϕ(f (−1)(y)

)·(f (−1)(y)− f (−1)(y0)

)⇒ f (−1)(y)− f (−1)(y0) =

1

ϕ(f (−1)(y)

)︸ ︷︷ ︸stetig in y0

·(y − y0)

⇒(f (−1)

)′(y0) =

1

ϕ(x0)=

1

f ′(x0)

Bemerkung 129. Falscher Beweis fur die Umkehrregel

f (−1)(f(x)

)= x(

f (−1))′ (

f (−1))· f ′(x) = 1

x = x0(f (−1)

)′(y0) =

1

f ′(x0)

Bemerkung 130. Fortsetzung der Ableitung elementarer Funktionen:

12. f(x) = arctan(x)

y = arctan(x) ⇐⇒ x = tan(y)

f ′(x) = arctan′(x) =1

tan′(y)=

1

1 + tan2(y)=

1

1 + x2

13. (a) f(x) = arcsin(x) mit x ∈ [−1, 1] und y ∈[−π2 ,

π2

]y = arcsin(x) ⇐⇒ x = sin(y)

f ′(x) = arcsin′(x) =1

sin′(y)=

1

cos(y)=

1√1− sin2(y)

=1√

1− x2

(b) g(x) = arccos(x) = π2 − arcsin(x)

⇒ g′(x) = arccos′(x) = − 1√1− x2

14. f(x) = Arsinh(x) mit x = sinh(y) und cosh2(y)− sinh2(y) = 1

160

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(a) f ′(x) = Arsinh′(x) = 1sinh′(y) = 1

cosh(y) = 1√1+x2

X

(b) f(x) = Arsinh(x) = ln(x+√

1 + x2)

f ′(x) = Arsinh(x) =1

x+√

1 + x2·(

1 +1

2· 1√

1 + x2· 2x)

=

=1

((((((

x+√

1 + x2·(((((

(√1 + x2 + x√

1 + x2=

1√1 + x2

X

15. (a) f(x) = Arcosh(x) mit y > 0 und x > 1

y = Arcosh(x) ⇐⇒ x = cosh(y)

f ′(x) = Arcosh′(x) =1

cosh′(y)=

1

sinh(y)=

1√x2 − 1

(b) f(x) = Arcosh(x) = ln(x+√x2 − 1

)f ′(x) = Arcosh(x) =

1

x+√x2 − 1

·(

1 +1

22 · 1√

x2 − 1· 2x)

=

=1

((((((x+

√x2 − 1

·(((((

(√x2 − 1 + x√x2 − 1

=1√

x2 − 1X

16. f(x) = Artanh(x)

y = Artanh(x) ⇐⇒ x = tanh(y)

f ′(x) = Artanh′(x) =1

tanh′(y)=

1

1− tanh2(y)=

1

1− x2

Satz 5.5. Logarithmische AbleitungSei f : (a, b) → C stetig auf (a, b) und differenzierbar in x0 ∈ (a, b). Weiters sei f(x) 6= 0 furalle x ∈ (a, b). Sei g eine stetige Funktion auf (a, b) mit eg(x) = f(x) fur x ∈ (a, b), dann ist gdifferenzierbar in x0 und es gilt:

g′(x0) =f ′(x0)

f(x0)

Beweis.

eg(x)−g(x0) =f(x)

f(x0)= f(x)

f(x0) = 1

g(x) = g(x)− g(x0) ⇒ g(x0) = 0

161

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Wegen der Stetigkeit von f in x0 gibt es ein δ > 0, sodass:

∀x ∈(x0 − δ, x0 + δ

): <

(f(x)

)>

1

2

⇒ g(x)− g(x0) = log(f(x)

)f(x) = u(x) + v(x)

u, v differenzierbar in x0 ⇒ g ist differenzierbar in x0

g(x)− g(x0) =1

2· ln(u(x)2 + v(x)2

)+ i · arctan

(u(x)

v(x)

)v

u= tan(ϕ)

ϕ = Arg(u+ iv) = arctan( vu

)Ketten-

regel=⇒ g′(x0) =

1

2· 1

u(x0)2 + v(x0)2·(2u(x0) · u′(x0) + 2v(x0) · v′(x0)

)+

+i · 1

1 + v(x0)2

u(x0)2

· v′(x0)u(x0)− v(x0)u(x0)

u(x0)2=

=u(x0)u′(x0) + v(x0)v′(x0) + i ·

(u(x0)v′(x0)− v(x0)u′(x0)

)u(x0)2 + v(x0)2

=

=

(u′(x0) + iv′(x0)

)·(((((

((((u(x0)− iv(x0)

)(u(x0) + iv(x0)

)·(((((

((((u(x0)− iv(x0)

) =f ′(x0)

f(x0)=f ′(x0)

f(x0)

Bemerkung 131. Fur reellwertige f ist der Satz offensichtlich[g(x) = ln

(f(x)

). . . Kettenregel

]

Bemerkung 132. L(f)

:= f ′(x)f(x) ... Logarithmische Ableitung

L(f · g

)=f ′(x) · g(x) + f(x) · g′(x)

f(x) · g(x)=f ′(x)

f(x)+g′(x)

g(x)= L

(f)

+ L(g)

f ′(x) = L(f)(x) · f(x)

5.1 Entwicklung der Differentialrechnung

Sei f : (a, b) → R eine funktion, dann heißt x0 ∈ (a, b) ein lokales Maximum(beziehungsweise Minimum) von f , wenn:

∃δ > 0 : ∀x ∈ (a, b) : |x− x0| < δ ⇒ f(x) ≤ f(x0) Maximumf(x) ≥ f(x0) Minimum

x0 heißt lokales Extremum.

162

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Satz 5.6. Sei f : (a, b)→ R differenzierbar auf (a, b) und sei x0 ∈ (a, b) eine Extremstelle, danngilt:

f ′(x0) = 0

Beweis. o.B.d.A.: x0 sei ein lokales Maximum.

∃δ > 0 : ∀x ∈ (a, b) : |x− x0| < δ ⇒ f(x) ≤ f(x0)

Weil (a, b) offen ist, kann man δ > 0 so wahlen, dass (x0 − δ, x0 + δ) ⊆ (a, b)

f ′(x0) = limx→x0

(f(x)− f(x0)

x− x0

)= limx→x−0

( ≤0︷ ︸︸ ︷f(x)− f(x0)

x− x0︸ ︷︷ ︸<0

)︸ ︷︷ ︸

≥0

= limx→x+

0

( ≤0︷ ︸︸ ︷f(x)− f(x0)

x− x0︸ ︷︷ ︸>0

)︸ ︷︷ ︸

≤0

⇒ 0 ≤ f ′(x0) ≤ 0

⇒ f ′(x0) = 0

Bemerkung 133. Auf abgeschlossenen Intervallen f : [a, b]→ R:Es konnen lokale Extrema in den Randpunkten auftreten und Satz 5.6 ist nicht anwendbar.a sei lokales Maximum:

∃δ > 0 : ∀x ∈ [a, a+ δ] : f(a) ≥ f(x)

rechtsseitiger Grenzwert:

limx→a+

(f(x)− f(a)

x− a

)≤ 0

lokales Maximum lokales Minimuma f ′(a) ≤ 0 f ′(a) ≥ 0b f ′(b) ≥ 0 f ′(b) ≤ 0

x0 ∈ (a, b) f ′(x0) = 0 f ′(x0) = 0

Satz 5.7. Satz von RolleSei f : [a, b]→ R differenzierbar und es gelte f(a) = f(b), dann gibt es ein ξ ∈ (a, b), sodass:

f ′(ξ) = 0

Beweis.

1. f ist konstant:

f(x) = f(a) = f(b) ∀x ∈ [a, b]

⇒ f ′(x) = 0, ∀x ∈ [a, b] . . . jedes ξ ∈ (a, b) ist geeignet

163

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2. f ist nicht konstant:Dann nimmt f einen Wert großer oder kleiner als f(a) an.Das heißt: Entweder gilt f(xmax) > f(a) oder f(xmin) < f(a)Damit gilt: xmax ∈ (a, b) oder xmin ∈ (a, b) und nach Satz 5.6:

f ′(xmax) oder f ′(xmin) = 0

Wahle ξ = xmax oder ξ = xmin

Satz 5.8. Mittelwertsatz der DifferentialrechnungSei f : [a, b]→ R differenzierbar, dann gibt es ein ξ ∈ (a, b), sodass:

f ′(ξ) =f(b)− f(a)

b− a

a b

k = f(b)−f(a)b−a

k = f ′(ξ)

ξ

f(a)

f(b)

Beweis. Definiere die Hilfsfunktion h(x) = f(x)− x−ab−a ·

(f(b)− f(a)

)h(a) = f(a) und h(b) = f(b)− b−a

b−a ·(f(b)− f(a)

)= f(a).

164

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Also erfullt h(x) die Voraussetzungen des Satzes 5.7 und daher gibt es ein

ξ ∈ (a, b) mit h′(ξ) = 0 = f ′(ξ)− f(b)−f(a)b−a und daher gilt:

f ′(ξ) =f(b)− f(a)

b− a

Beispiel 55.

zu zeigen: ln(1 + x) < Arsinh(x) fur x > 0

f(x) = − ln(1 + x) + Arsinh(x)

f ′(x) = − 1

1 + x+

1√1 + x2

=−√

1 + x2 + 1 + x

(1 + x)√

1 + x2> 0︸ ︷︷ ︸

1 + x >√

1 + x2

1 + 2x+ x2 > 1 + x2

2x > 0

fur x > 0

f(x)− f(0)︸︷︷︸>0

= f(x) = (x− 0)︸ ︷︷ ︸>0

· f ′(ξ)︸ ︷︷ ︸>0

fur ein ξ ∈ (0, x)

⇒ f(x) > 0

Das heißt: ln(1 + x) < Arsinh(x)

Satz 5.9. Monotonie von FunktionenSei f : [a, b]→ R differenzierbar, dann gilt:

1. Wenn ∀x ∈ (a, b) : f ′(x) > 0, dann ist f auf [a, b] streng monoton wachsend.

2. Wenn ∀x ∈ (a, b): f ′(x) < 0, dann ist f auf [a, b] streng monoton fallend.

3. Wenn ∀x ∈ (a, b) : f ′(x) ≥ 0, dann ist f auf [a, b] monoton wachsend.

4. Wenn ∀x ∈ (a, b) : f ′(x) ≤ 0, dann ist f auf [a, b] monoton fallend.

Beweis.

1. a ≤ x1 < x2 ≤ b ⇒ f(x2)−f(x1) = (x2 − x1)︸ ︷︷ ︸>0

· f ′(ξ)︸ ︷︷ ︸>0

> 0 mit ξ ∈ (x1, x2).

2. a ≤ x1 < x2 ≤ b ⇒ f(x2)−f(x1) = (x2 − x1)︸ ︷︷ ︸>0

· f ′(ξ)︸ ︷︷ ︸<0

< 0 mit ξ ∈ (x1, x2).

3. a ≤ x1 < x2 ≤ b ⇒ f(x2)− f(x1) = (x2 − x1)︸ ︷︷ ︸>0

· f ′(ξ)︸ ︷︷ ︸≥0

> 0

165

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Umkehrung: x > x0

≥0︷ ︸︸ ︷f(x)− f(x0)

x− x0︸ ︷︷ ︸≥0

≥ 0

⇒ limx→x+

0

(f(x)− f(x0)

x− x0

)= limx→x−0

(f(x)− f(x0)

x− x0

)= f ′(x0) ≥ 0

4. a ≤ x1 < x2 ≤ b ⇒ f(x2)− f(x1) = (x2 − x1)︸ ︷︷ ︸>0

· f ′(ξ)︸ ︷︷ ︸≤0

> 0

Umkehrung: x > x0

≤0︷ ︸︸ ︷f(x)− f(x0)

x− x0︸ ︷︷ ︸≥0

≤ 0

⇒ limx→x+

0

(f(x)− f(x0)

x− x0

)= limx→x−0

(f(x)− f(x0)

x− x0

)= f ′(x0) ≤ 0

Satz 5.10. Kriterium fur ExtremstellenSei f : [a, b]→ R differenzierbar und gelte f ′(x0) = 0, dann ist:

1. x0 ist ein Maximum, wenn fur

{x ∈ [a, x0] : f ′(x) ≥ 0

x ∈ [x0, b] : f ′(x) ≤ 0

2. x0 ein Minimum, wenn fur

{x ∈ [a, x0] : f ′(x) ≤ 0

x ∈ [x0, b] : f ′(x) ≥ 0

Beweis. 1. Aus f ′(x0) ≥ 0 auf [a, x0] folgt nach Satz 5.9, dass f auf [a, x0]monoton wachst, also fur x ∈ [a, x0] : f(x) ≤ f(x0).Aus f ′(x) ≤ 0 auf [x0, b] folgt ebenso fur x ∈ [x0, b] : f(x) ≤ f(x0)

⇒ ∀x ∈ [a, b] : f(x) ≤ f(x0) . . . Maximum in x0

2. Aus f ′(x0) ≤ 0 auf [a, x0] folgt nach Satz 5.9, dass f auf [a, x0] monotonfallt, also fur x ∈ [a, x0] : f(x) ≥ f(x0).Aus f ′(x) ≥ 0 auf [x0, b] folgt ebenso fur x ∈ [x0, b] : f(x) ≥ f(x0)

⇒ ∀x ∈ [a, b] : f(x) ≥ f(x0) . . . Minimum in x0

166

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Satz 5.11. Sei f : [a, b] → R differenzierbar. f ist genau dann konstant, wenn ∀x ∈ (a, b) :f ′(x) = 0.

Beweis.”⇒”

f(x) = c

⇒ f(x)− f(x0)

x− x0=

c− cx− x0

= 0

f ′(x) = 0

”⇐”

f ′(x) = 0 ∀x ∈ (a, b) : f(x)− f(a)

Mittel-wert-satz= (x− a) · f ′(ξ)︸ ︷︷ ︸

=0

= 0 fur ξ ∈ (a, x)

⇒ f(x) = f(a) ∀x ∈ [a, b]

Satz 5.12. Charakterisierung der Exponentialfunktion durch eine Differentialglei-chungSei f : R→ R eine differenzierbare Funktion und gelte f ′(x) = f(x) fur alle x ∈ R und f(0) = 1,dann gilt:

f(x) = exp(x) ∀x ∈ R

Beweis.

h(x) = e−x · f(x) ist differenzierbar auf Rh′(x) = −e−x · f(x) + e−x · f ′(x) = e−x ·

(f ′(x)− f(x)

)︸ ︷︷ ︸=0

= 0

Satz=⇒5.11

h(x) = h(0) ∀x ∈ R

h(x) = h(0) = 1 = e−x · f(x)

⇒ f(x) = ex

Bemerkung 134.

f ′(x) = f(x)

f(x) = c

⇒ f(0) = c · ex

167

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Satz 5.13. SchrankensatzSei f : [a, b] → C differenzierbar und gelte ∀x ∈ [a, b] : |f ′(x)| ≤ L, dann ist f auf [a, b]Lipschitz-stetig, genauer:

∀x1, x2 ∈ [a, b] : |f(x1)− f(x2)| ≤ L · |x1 − x2|

Beweis.

x1, x2 ∈ [a, b]

x1 6= x2

|f(x1)− f(x2)| = c ·(f(x1)− f(x2)

)fur ein c ∈ C mit |c| = 1

g(x) = <(c · f(x)

)Relle Funktion −→ Mittelwertsatz anwendbar

⇒ |f(x1)− f(x2)| = <(c · f(x1)

)−<

(c · f(x2)

)= g(x1)− g(x2)

Mittel-wert-satz=

Mittel-wert-satz= (x1 − x2) · g′(ξ) = |x1 − x2| · |g′(ξ)| = |x1 − x− 2| · < |c · f ′(ξ)| ≤

≤ |x1 − x2| · |f ′(ξ)| ≤ L · |x1 − x2|

mit g′(ξ) =g(x1)− g(x2)

x1 − x2

Beispiel 56. Berechnungsgesetz von SnelliusLicht sucht den schnellsten Weg von einem Punkt zum nachsten. Unterschiedliche Licht-geschwindgikeiten v1 und v2 in den verschiedenen Medien.

168

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h2

h1

x

ϕ

ψ

a

169

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f(x) =1

v1·√h2

1 + x2 +1

v2·√

(a− x)2 + h22

f ′(x) =1

v1· 1

2√h2

1 + x2· 2x+

1

v2· 1

2√

(a− x)2 + h22

·(− 2(a− x)

)=

=1

v1· 1√

h21 + x2

− 1

v2· a− x√

(a− x)2 + h22

f ′(0) = − a

v2

√a2 + h2

2

< 0

f ′(a) =a

v1 ·√a2 + h2

1

> 0

Zwei lokale Maxima am Rand → dazwischen muss es ein Minimum geben

f ′ ist eine stetige Funktion, daher muss es nach dem Zwischenwertsatz eine Nullstelle

x0geben

1

v1· x0√

h21 + x2

0︸ ︷︷ ︸sin(ϕ)

=1

v2· a− x0√

(a− x0)2 + h22︸ ︷︷ ︸

sin(ψ)

↔ v1

v2=

sin(ϕ)

sin(ψ)

f ′′(x) =

=1

v1·

1 ·√h2

1 + x2 − x · x√h21+x2

h21 + x2

− 1

v2·

(−1) ·√h2

2 + (a− x)2 − (a− x) · −(a−x)√h22+(a−x)2

h22 + (a− x)2

=

=1

v1· h2

1

(h21 + x2)

32

+1

v2· h2

2(h2

2 + (a− x)2) 3

2

> 0

⇒ f ′ ist �

⇒ ∃! Nullstelle

Satz 5.14. Verallgemeinerter MittelwertsatzSeien f, g : [a, b]→ Rdifferenzierbar und gelte: ∀x ∈ (a, b) : g′(x) 6= 0, dann gibt es ein ξ ∈ (a, b):

f(b)− f(a)

b− a=f ′(ξ)

g′(ξ)

Beweis.

h(x) = f(x)− f(b)− f(a)

b− a·(g(x)− g(a)

)aus g′(x) 6= 0 ⇒ g(b) 6= g(a)

g(b)− g(a) = (b− a) · g′(ξ) 6= 0

h(a) = f(a)

h(b) = f(b)− f(b)− f(a)

g(b)− g(a)·(g(b)− g(a)

)= f(a)

Rolle=⇒ ∃ξ ∈ (a, b) : h′(ξ) = 0 = f ′(ξ)− f(b)− f(a)

b− a· g′(ξ)

170

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Satz 5.15. Regel von de l’HospitalSeien f, g : (a, b)→ R differenzierbar und gelte ∀x ∈ (a, b) : g′(x) 6= 0

1. Wenn limx→a+

(f(x)

)= limx→a+

(g(x)

)= 0 und lim

x→a+

(f ′(x)g′(x)

)= A,

dann existiert auch limx→a+

(f(x)g(x)

)und ist gleich A.

2. Wenn limx→a+

(f(x)

)= limx→a+

(g(x)

)=∞ und lim

x→a+

(f ′(x)g′(x)

)= A,

dann existiert auch limx→a+

(f(x)g(x)

)und ist gleich A.

Beweis.

1.

f(x)

g(x)=f(x)− f(a)

g(x)− g(a)=

f(x)−f(a)x−a

g(x)−g(a)x−a

=f ′(ξ)

g′(ξ)fur ein ξ ∈ (a, x)

∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀x ∈ (a, a+ δ) :

∣∣∣∣f ′(ξ)g′(ξ)−A

∣∣∣∣ < ε

Wahle x ∈ (a, a+ δ) ⇒ ξ ∈ (a.a+ δ)

⇒∣∣∣∣f(x)

g(x)−A

∣∣∣∣ < ε

⇒ limx→a+

(f(x)

g(x)

)= A

171

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2.

limx→a+

(f ′(x)

g′(x)

)= A ⇔ ∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀x ∈ (a, a+ δ) :

∣∣∣∣f ′(x)

g′(x)−A

∣∣∣∣ < ε

2

x, y ∈ (a, a+ δ)

x 6= y :f(x)− f(y)

g(x)− g(y)=f ′(ξ)

g′(ξ)

fur ein ξ zwischen x und y ⇒ ξ ∈ (a, a+ δ)

f(x)

g(x)=f(x)− f(y)

g(x)− g(y)·

1− g(y)g(x)

1− f(y)f(x)

halte y fest ⇒ f(y), g(y) auch fest, dann gilt:

limx→a+

1− g(y)g(x)

1− f(y)f(x)

= 1

Es gibt also ein δ∗ > 0, sodass ∀x ∈ (a, a+ δ∗) :∣∣∣∣f(x)

g(x)− f(x)− f(y)

g(x)− g(y)

∣∣∣∣ < ε

2

Wahle δ = δ∗ ⇒ x ∈ (a, a+ δ∗) :∣∣∣∣f(x)

g(x)−A

∣∣∣∣ ≤ ∣∣∣∣ f(x)− f(y)

g(x) + g(y)︸ ︷︷ ︸f′(ξ)g′(ξ)

−A∣∣∣∣

︸ ︷︷ ︸< ε

2

+

∣∣∣∣f(x)− f(y)

g(x)− g(y)− f(x)

g(x)

∣∣∣∣︸ ︷︷ ︸< ε

2

⇒∣∣∣∣f(x)

g(x)−A

∣∣∣∣ < ε

⇒ limx→a+

(f(x)

g(x)

)= A

172

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Bemerkung 135. Falscher Beweis zu Satz 5.15, Punkt 2

f =1

f(x)

g =1

g(x)

⇒ f(x)

g(x)=g(x)

f(x)

limx→a+

(f(x)

)= 0 = lim

x→a+

(g(x)

)⇒ Situation wie in Punkt 1:

0

0

Wenn limx→a+

(g′(x)

f ′(x)

)= A

⇒ limx→a+

(g(x)

f(x)

)= A = lim

x→a+

(f(x)

g(x)

)g′(x) = − g

′(x)

g(x)2

f ′(x) = − f′(x)

f(x2)

⇒ limx→a+

(g′(x)

f ′(x)

)= A = lim

x→a+

(g′(x)

f ′(x)

)︸ ︷︷ ︸

1A

·���

����

limx→a+

(f(x)2

g(x)2

)︸ ︷︷ ︸

A2

undefinierter Ausdruck

= A

Die Natur ist in der Sprache der Mathematik geschrieben.(Galileo Galilei)

173

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Teil II

Analysis 2

174

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Regel von de l’Hospital

limx→0+

(x ln(x)) =

limx→0+

(x1

ln(x)

limx→0+

(ln(x)

1x

)X

Bemerkung 136.

0

0,∞∞

=∞10

, 0 · ∞ =01∞, ∞−∞ =

1

0− 1

0

xy = exp(y · ln(x)

), lim

x→0+

(cot(x)− 1

x

),

limx→0+

((1 + x)cot(x)

), lim

x→0+

((1

x

)x)

Reihen differenzierbarer Funktionen

f(x) =

∞∑n=1

fn(x)

fn differenzierbar?⇒ f ′(x) =

∞∑n=1

f ′n(x)

limx→x0

(f(x)− f(x0)

x− x0

)=

= limx→x0

limN→∞

N∑n=1

fn(x)−N∑n=1

fn(x0)

x− x0

!

=

!= limN→∞

(N∑n=1

limx→x0

f(x)− f(x0)

x− x0

)

Satz 5.16. Seien fn : I → C differenzierbare Funktionen

1. Sei f(x) =∞∑n=1

fn(x) punktweise konvergent

2. Sei∞∑n=1

f ′n(x) normal konvergent

Dann ist f differenzierbar auf I und f ′(x) =∞∑n=1

f ′n(x)

Beweis. Ln = ‖f ′n‖ = supx∈I

(|f ′n(x)|)Schranken-

satz⇒ fn ist Lipschitz-stetig mit konstan-

tem Ln, weil∞∑n=1‖f ′n‖ =

∞∑n=1

Ln <∞⇒ Bedingung 3 im Satz 5.16.

175

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Weil∞∑n=1

f ′n(x) normal konvergent ist, konvergiert∞∑n=1

f ′n(x0) ∀x0 ∈ I ⇒ Be-

dingung 2Bedingung 1 hier = Bedingung 1 im Satz 5.17.

Satz 5.17. Seien fn : I → C in x0 ∈ I differenzierbare Funktionen

1. Sei f(x) =∞∑n=1

fn(x0) punktweise konvergent

2. Sei∞∑n=1

f ′n(x0) normal konvergent

3. Seien fn auf I Lipschitz-stetig mit Konstante Ln und gelte∞∑n=1

Ln <∞

Beweis. ε > 0 dann ∃N ∈ N :

∣∣∣∣ ∞∑n=N+1

f ′n(x0)

∣∣∣∣ < ε3 und

∞∑n=N+1

Ln <ε3∣∣∣∣∣f(x)− f(x0)

x− x0−∞∑n=1

f ′n(x0)

∣∣∣∣∣ ≤≤

∣∣∣∣∣N∑n=1

fn(x)− fn(x0)

x− x0− f ′n(x0)

∣∣∣∣∣︸ ︷︷ ︸(∗)

+

∞∑n=N+1

∣∣∣∣fn(x)− fn(x0)

x− x0

∣∣∣∣︸ ︷︷ ︸≤Ln︸ ︷︷ ︸

< ε3

+

∣∣∣∣∣∞∑

n=N+1

f ′n(x0)

∣∣∣∣∣︸ ︷︷ ︸< ε

3

< ε

Wegen der Differenzierbarkeit von fn : ∃δ > 0 : ∀x ∈ I : |x− x0| < δ ⇒ (∗) < ε3

das heißt: ∀ε > 0 ∃δ > 0 : ∀x ∈ I : |x− x0| < δ

⇒∣∣∣∣ f(x)−f(x0)

x−x0−∞∑n=1

f ′n(x0)

∣∣∣∣ < ε

das heißt: limx→x0

(f(x)−f(x0)

x−x0

)=∞∑n=1

f ′n(x0)

Bemerkung 137. f(x) =∞∑n=1

anxn sei eine Potenzreihe mit positivem Konvergenzradius

R = 1

lim supn→∞

(n√|an|

) > 0, fn(x) = anx, f ′n(x) = nanxn−1

Die Reihe∞∑n=1

nanxn−1 konvergiert fur |x| < 1

lim supn→∞

(n√|nan|

) = 1

lim supn→∞

(n√|an|

) = R

das heißt:∞∑n=1

nanxn−1 hat denselben Konvergenzradius wie f(x)⇒

∞∑n=1

nanxn−1 konver-

giert normal auf [−(R− δ), r − δ], ∀δ > 0Damit gelten Bedingung 1 und 2 aus Satz 5.16 auf I = [−(R− δ), R− δ]Dort ist f differenzierbar und es gilt f ′(x) =

∞∑n=1

nanxn−1

Weil dies ∀δ > 0 gilt, ist f auf (−R,R) differenzierbar

176

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f ′(x) =∞∑n=1

nanxn−1 fur x ∈ (−R,R)

f ′(0) = a1

Beispiel 57.

1.

f(x) =

∞∑n=0

(−1)nx2n+1

2n+ 1Potenzreihe mit R = 1

⇒ f ′(x) =

∞∑n=0

(−1)nx2n =1

1 + x2

g(x) = f(x)− arctan(x)⇒ g′(x) = 0 ∀x ∈ (−1, 1)

Satz 5.11⇒Ableitung = 0⇒ konstant

g(x) = konstant, g(0) = 0

2.

arcsin(x) =

∞∑n=0

a2n+1x2n+1 a2n+1 =?

arcsin(x) =1√

1− x2=

∞∑n=0

(− 1

2

n

)(−1)nx2n =

∞∑n=0

(2n

n

)(x

2)2n

(−1)n(− 1

2

n

)= (−1)n

(− 12 )(− 3

2 ) · ... · (− 12 − n+ 1)

n!=

=1 · 3 · 5 · ... · (2n− 1)

2n · n!=

1 · 2 · 3 · 4 · 5 · ... · (2n− 1)(2n)

2n · n! · 2n · n!=

(2n)!

4n(n!)2

arcsin′(x) =

∞∑n=0

(2n+ 1)a2n+1x2n

(2n+ 1)a2n+1 =1

4n

(2n

n

)⇒ a2n+1 =

1

4n· 1

2n+ 1

(2n

n

)g(x) = arcsin(x)−

∞∑n=0

1

4n(2n+ 1)

(2n

n

)x2n+1

g′(x) =1√

1− x2−∞∑n=0

1

4n

(2n

n

)x2n = 0 ⇒

{g(x) = 0

g(0) = 0

⇒ arcsin(x) =

∞∑n=0

1

4n(2n+ 1)

(2n

n

)x2n+1 fur x ∈ (−1, 1)

arcsin

(1

2

)=π

3=

∞∑n=0

1

4n(2n+ 1)

(2n

n

)1

x2n+1=

1

2

∞∑n=0

(2nn

)2n+ 1

· 1

16n

177

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3.

∞∑n=1

ineinx

ns= i

∞∑n=1

einx

ns−1∥∥∥∥ einxns−1

∥∥∥∥ =1

ns−1

⇒∞∑n=1

1

ns−1konvergiert

Satz 5.16⇒ f(x) ist differenzierbar und

f ′(x) = i

∞∑n=1

einx

ns−1

178

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6 Hohere Ableitungen und der Satz von Taylor

Sei f : D → C differenzierbar. Dann ist f ′ : I → C erste Ableitung.Wenn f ′ differenzierbar ist, dann ist (f ′)′ = f ′′ die zweite Ableitung.Sofern existiert: f (n) = (f (n−1))′ die n-te Ableitung.

Schreibweise: f (n) =(ddx

)nf = dnf

dxn = Dnf

CnR/C(I) :={f : I → R/C

∣∣ f ist n-mal stetig differenzierbar}

=

={f : I → R/C

∣∣ ∃f ′, f ′′, f ′′′, ..., f (n) und sind stetig}

CnR/C(I) ist ein R/C Vektorraum

C0(I) = C(I) ={f : I → R/C

∣∣ f ist stetig auf I}

Cn(I) $ C(n−1)(I) $ C(n−2)(I) $ ... $ C′′(I) $ C′(I) $ C0(I)

C∞(I) =

∞⋂n=1

Cn(I)

C∞(I)..Raum der beliebig-oft differenzierbaren Funktionen

Beispiel 58.

f(x) =

∞∑n=0

anxnmit positivem Konvergenzradius

f ′(x) =

∞∑n=1

nanxn−1

f ′′(x) =

∞∑n=2

n(n− 1)anxn−2

↓ Induktion

f (k)(x) =

∞∑n=k

n(n− 1) · ... · (n− k − 1)anxn−k

f (k)(0) = k(k − 1) · ... · 1 · ak = k!ak

ak =f (k)(0)

k!

Bemerkung 138.

f, g ∈ Cn(I)(f(x) · g(x)

)(n)=

n∑k=0

(n

k

)f (k)(x)g(n−k)(x)

179

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Leibniz’sche ProduktregelBeweis durch Induktion

Definition 6.1. Sei f ∈ Cn(I), x0 ∈ I, dann heißt

Tn(f, x0, x

)=

n∑k=0

f (k)(x0)

k!(x− x0)k

das n-te Taylorpolynom von f an der Stelle x0

Bemerkung 139.

Tn(f, x0, x0

)= f(x0)

[l ≤ n]

DlTn(f, x0, x

)=

n∑k=0

f (k)(x0)

k!Dl(x− x0)k =

=

n∑k=0

f (k)(x0)

k!k(k − 1) · ... · (k − l + 1)(x− x0)k−l =

=

n∑k=l

f (k)(x0)

(k − l)!(x− x0)k−l =

n−l∑m=0

(f (l))(m)

(x0)

m!(x− x0)m = Tn−l

(f (l), x0, x

)DlTn(f, x0, x)

∣∣∣x=x0

= Tn−l(f (l), x0, x

)= f (l)(x0)

Das Taylor-Polynom der Ordnung n stimmt also in den ersten n-Ableitungen in x0 mit

f uberein. 0 ≤ l ≤ n: DlTn(f, x0, x

)∣∣∣x=x0

= f (0)(x0)

l > n DlTn(f, x0, x

)= 0

Satz 6.1. Restglied nach LagrangeSei f ∈ Cn(I) und n+1-mal differenzierbar, x0 ∈ IDann ∃ξ ∀x ∈ I : ξ = x0 + ν(x− x0) mit ν ∈ (0, 1)

das heißt: ξ ∈(

min{x0, x},max{x0, x})

und f(x) = Tn(f, x0, x

)+f (n+1)(ξ)

(n+ 1)!(x+ x0)n+1︸ ︷︷ ︸

Rn(f,x0,x)=Restglied

Bemerkung 140.

f(x) = f(x0) +f ′(x0)

1!(x− x0) +

f ′′(x0)

2!(x− x0)2 + ...

...+f (n)(x0)

n!(x+ x0)n +

f (n+1)(x0)

(n+ 1)!(x− x0)n+1

180

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Tn(f, x0, x

)ist die n-te Naherung an f in x0

Beweis.

x 6= x0 beide fest, t ∈ I, 0 < νn+1 < 1 ∀n ∈ Nf(x)− Tn

(f, x0, x

)(x− x0)n+1

= k

h(t) = f(t)− Tn(f, x0, t

)− k(t− x0)n+1

h(x0) = 0, h(x) = 0Satz von

Rolle⇒ ∃ξ1 = x0 + ν1(x− x0) : h′(ξ1) = 0

h′(t) = f ′(t)− Tn−1

(f ′, x0, t

)− k(n+ 1)(tx0)n

h′(x0) = 0, h′(ξ1) = 0Satz von

Rolle⇒ ∃ξ2 = x0 + ν2(ξ1 − x0) = x0 + ν1ν2(x− x0)

h′′(t) = f ′′(t)− Tn−2

(f ′′, x0, t

)− k(n+ 1)(n)(t− x0)n−1

h′′(x0) = 0, h′′(ξ2) = 0Satz von

Rolle⇒ h′′′(ξ3) = 0, ξ3 = x0 + ν1ν2ν3(x− x0)

↓ ...

h(n−1)(ξn−1) = 0, h(n−1)(x0) = 0Satz von

Rolle⇒ ∃ξn = x0 + ν1ν2 · ... · νn(x− x0)

h(n)(ξn) = 0

h(n)(t) = f (n) − T0

(f, x0, t

)︸ ︷︷ ︸=f(n)(x0)

−k(n+ 1)!(t− x0)

h(n)(x0) = 0Satz von

Rolle⇒ h(n+1)(ξn+1) = 0, ξn+1 = x0 + ν1ν2 · ... · νnνn+1(x− x0)

f (n+1)(ξn+1)− k(n+ 1)! = 0

k =f (n+1)(ξn+1)

(n+ 1)!

ξn+1 := ξ = x0 + ν1 · ... · νn+1︸ ︷︷ ︸=:ν∈(0,1)

(x− x0)

Beispiel 59.

1.

sin(x) = x− x3

6︸ ︷︷ ︸T4(sin, 0, x) == T3(sin, 0, x)

+ R4(sin, 0, x)︸ ︷︷ ︸=

cos(νx)

5!︸ ︷︷ ︸=T5

(x−x0)

sin′(x) = cos(x) ←→ sin′′(x) = − sin(x)sin′′′(x) = − cos(x) ←→ sin(4)(x) = sin(x)

fur |x| ≤ 1

10gilt dann:

∣∣∣∣sin(x)− x+x3

6

∣∣∣∣ ≤ 1

120· 10−5 ≤ 10−7

181

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2.

f(x) = ln(1 + x), f ′(x) =1

1 + x,

f ′′(x) = − 1

(1 + x)2... f (n)(x) = (−1)n−1 (n− 1)!

(1 + x)n

f (n)(0) = (−1)(n−1)(n− 1)! n ≥ 1

Tn(f, 0, x

)=

n∑k=1

(−1)k−1 (k − 1)!

k!xk =

n∑k=1

(−1)k−1xk

k

Partialsumme fur die Potenzreihe des ln(1 + x)

x > 0 : 0 < νx < x :x

1 + νx< x ≤ 1

das heißt: fur 0 ≤ x ≤ 1 gilt limn→∞

(Tn(f, 0, x

))= ln(1 + x)

x < 0 : x < νx < 0 :

∣∣∣∣ x

1 + νx

∣∣∣∣ ≤ ∣∣∣∣ x

1 + x

∣∣∣∣ =|x||1 + x|

≤ 1

⇒ x ≥ −1

2fur − 1

2≤ x ≤ 1

Satz 6.2. Qualitative Taylor-FormelSei f ∈ Cn(I), x0 ∈ IDann gilt f(x) = Tn(f, x0, x) + rn(f, x0, x)(x− x0)n

mit

limx→x0

(rn(f, x0, x)) = 0

Beweis.

f(x) = Tn−1(f, x0, x) +f (n)(ξ)

n!(x− x0)n =

= Tn−1(f, x0, x) +f (n)(x0)

n!(x− x0)n +

1

n!(f (n)(ξ)− f (n)(x0))︸ ︷︷ ︸

rn(f,x0,x)

(x− x0)n

Stetigkeit

von f(n)

⇒ limx→x0

(f (n)(ξ)) = f(x0)

⇒ limx→x0

(rn(f, x0, x)) = 0

Sei f : I → R, [a, b] = I und x0 ∈ (a, b) lokales Maximum oder Minimum⇒ f ′(x0) = 0Ein Punkt mit f ′(x0) = 0 heißt ein kritischer Punkt von f .

182

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Wann ist ein kritischer Punkt auch ein Extremum?

0 = f ′(x0) = f ′′(x0) = ... = f (n−1)(x0), f (n)(x0) 6= 0

f(x) = Tn(f, x0, x)︸ ︷︷ ︸fast alle = 0

+rn(f, x0, x)(x− x0)n =

= f(x0) +f (n)(x0)

n!︸ ︷︷ ︸6=0

(x− x0)n + rn(f, x0, x)(x− x0)n

Sei n gerade: f(x)− f(x0) =(

1n! f

(n)(x0)︸ ︷︷ ︸6=0

+ rn(f, x0, x)︸ ︷︷ ︸x→x0−→ 0

)(x− x0)

∃δ > 0 : ∀x ∈ [x0 − δ, x0 + δ] : |rn(f, x0, x)| ≤ 1

2

|f (n)(x0)|n!

⇒ f (n)(x0)

n!+ rn(f, x0, x) hat auf [x0 − δ, x0 + δ] dasselbe Vorzeichen wie

f (n)(x0)

n!(x− x0)n ≥ 0 (n gerade)

Damit hat f(x)− f(x0) auf [x0 − δ, x0 + δ]

dasselbe Vorzeichen wie f(x0)

{f (n)(x0) > 0 Minimum

f (n)(x0) < 0 Maximum

x0

n = gerade

(x− x0)n

Sei n ungerade: Dann wechselt f(x)−f(x0) =(f(n)(x0)

n! + rn(f, x0, x))

(x− x0)n

in x0 das Vorzeichen, damit nimmt f(x)− f(x0) auf [x0 − δ, x0 + δ] beide Vor-zeichen an ⇒ kein Extremum

183

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x0

n = ungerade

(x− x0)n

Satz 6.3. Hinreichendes Kriterium fur ExtremstellenSei f ∈ C(n)(I), I = [a, b] und x0 ∈ (a, b) ein kritischer Punkt von f ⇒ f ′(x0) = 0.Weiters gelte f ′′(x0) = ... = f (n−1)(x0) = 0 und f (n) 6= 0. Dann ist x0 genau dann eine Extrem-stelle, wenn n gerade ist. Und zwar ein Minimum, wenn f (n)(x0) > 0 und ein Maximum, wennf (n)(x0) < 0.

184

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7 Konvexe Funktionen

Bemerkung 141. Sei f : [a, b]→ R monoton (wachsend oder fallend).Dann existieren beide einseitigen Grenzwerte ∀x0 ∈ (a, b)oBdA: f ist monoton wachsend: {f(x)|x < x0} ist durch f(x0) nach oben beschrankt

⇒ ∃ sup{f(x)|x < x0}monoton⇒ sup{f(x)|x < x0} = limx→x0−(f(x))

inf{f(x)|x > x0} = limx→x0+(f(x))

x0 heißt Sprungstelle von f, wenn

limx↘x0

(f(x)) 6= limx↗x0

(f(x))

Monotone Funktionen konnen hochstens abzahlbar-viele Sprungstellen haben.

Bemerkung 142. Eine Funktion kann hochstens abzahlbar-viele Sprungstellen haben.

Beweis.

f : [a, b]→ R, f(a) ≤ f(x) ≤ f(b)

0 < limx→x0+

(f(x))− limx→x0−

(f(x)) ≤ f(b)− f(a)

Sn =

{ξ ∈ [a, b]

∣∣∣∣ limx→ξ+

(f(x))− limx→ξ−

(f(x)) ≥ f(b)− f(a)

n

}⇒ |Sn| ≤ n und S =

⋃n∈N

Sn ist die Menge aller Sprungstellen.

S ist als abzahlbare Vereinigung endlicher Mengen hochstens abzahlbar

f : (a, b)→ R, a < α < β < b

S([α, β]) = Menge der Sprungstellen in [α, β] und ist abzahlbar

S =⋃

a<α<β<b

S([α, β]) =

∞⋃n=1

S

([a+

1

n, b− 1

n

])ist hochstens abzahlbar

Definition 7.1. f : [a, b]→ R heißt konvex (auf (a, b)), wenn:

∀x1 < x2 < x3 ∈ (a, b) : f(x2) ≤ f(x1)x3 − x2

x3 − x1+ f(x3)

x2 − x1

x3 − x1

f heißt strikt konvex, wenn

∀x1 < x2 < x3 ∈ (a, b) : f(x2) < f(x1)x3 − x2

x3 − x1+ f(x3)

x2 − x1

x3 − x1

Setze x2 = x1 + λ(x3 − x1) fur λ ∈ [0, 1]

f(x1 + λ(x3 − x1)

)= f

((1− λ)x1 + λx3

)≤ (1− λ)f(x1) + λf(x3)

das heißt jede Sekante liegt oberhalb des Funktionsgraphen.

185

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x1

f(x1)

x2

f(x2)

λx1 + (1− λ)x2

λf(x1) + (1− λ)f(x2)

Bemerkung 143. f heißt konkav, wenn f(x2) ≥ f(x1)x3−x2

x3−x1+ f(x3)x2−x1

x3−x1gilt und von

allen Ungleichungen in der vorigen Definition die umgekehrten Ungleichheitszeichen.

f(x2)− f(x1) ≤ −f(x1)x2 − x1

x3 − x1+ f(x3)

x2 − x1

x3 − x1⇐⇒ f(x2)− f(x1)

x2 − x1≤ f(x3)− f(x1)

x3 − x1

f(x2)− f(x3) ≤ −f(x1)x3 − x2

x3 − x1+ f(x3)

x3 − x2

x3 − x1⇐⇒ f(x3)− f(x2)

x2 − x1≥ f(x3)− f(x1)

x3 − x1

Satz 7.1. f : (a, b)→ R konvexstrikt konvex

auf (a, b) ⇐⇒ ∀x1 < x2 < x3 ∈ (a, b) gilt:

f(x2)− f(x1)

x2 − x1≤<

f(x3)− f(x1)

x3 − x1≤<

f(x3)− f(x2)

x3 − x2

x1 x2 x3 x4

186

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f(x2)− f(x1)

x2 − x1≤ f(x3)− f(x1)

x3 − x1

x 7→ f(x)− f(x1)

x− x1monoton wachsend fur x > x1

f(x4)− f(x2)

x4 − x2≤ f(x4)− f(x3)

x4 − x3

x 7→ f(x4)− f(x)

x4 − xmonoton wachsend fur x < x4

das heißt:∃ limx→x1+

(f(x)−f(x1)

x−x1

)=: f ′+(x1) rechtsseitige Ableitung

∃ limx→x4−

(f(x4)−f(x)

x4−x

)=: f ′−(x4) linksseitige Ableitung

⇒ f ist stetig.

f(x)− f(x1)

x− x1≤ f(x)− f(x2)

x− x2

f ′−(x1) ≤ f ′+(x1) ≤ f(x2)− f(x1)

x2 − x1≤ f(x2)− f(y)

x2 − y︸ ︷︷ ︸x1<y<x2

y→x2−→ f ′−(x2) ≤ f ′+(x2)

f ′+, f′− (streng) monoton steigend

Es gilt f ′+(x) = f ′−(x) ∀xmit Ausnahme von hochstens abzahlbar-vielen (Sprung-stellen), wenn f ′+(x0) 6= f ′−(x0), dann gilt f ′−(x0) < f ′+(x0) ≤ f ′−(x)︸ ︷︷ ︸

x0<x

limx→x0

(f ′−(x)) > f ′−(x0)

f ′+(x0) = infx>x0

(f(x)− f(x0)

x− x0

)≥ supx<x0

(f(x)− f(x0)

x− x0

)= f ′−(x0)

f ′−(x0) ≤ A ≤ f ′+(x0)⇒ A ≤ f(x)− f(x0)

x− x0fur x > x0

f(x) ≥ f(x0) +A(x− x0)

x < x0 : A ≥ f(x)− f(x0)

x− x0⇔ f(x) ≥ f(x0) +A(x− x0)

Also gilt f(x) ≥ f(x0) +A(x− x0) ∀x ∈ (a, b)

Wenn f strikt konvex ist, gilt: f(x) > f(x0) +A(x− x0) fur x 6= x0, x ∈ (a, b)Stutzgerade:

Satz 7.2. Sei f : (a, b)→ R stetig und differenzierbarDann ist f konvex ⇔ f ′ monoton wachsend istf ist strikt konvex ⇔ f ′ streng monoton wachsend.

Beweis. Wir wissen: f ′(x) = f ′+(x) = f ′−(x)︸ ︷︷ ︸streng monoton

wachsend

also”⇒ ” klar

187

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”⇐ ”: Sei f ′ monoton steigend:

f(x2)− f(x1)

x2 − x1≤ f(x3)− f(x1)

x3 − x1≤ f(x3)− f(x2)

x3 − x2

fur x1 < x2 < x3

zeige:f(x2)− f(x1)

x2 − x1︸ ︷︷ ︸=f ′(ξ1)

≤<

f(x3)− f(x2)

x3 − x2︸ ︷︷ ︸=f ′(ξ2)

x1 < ξ1 < x2 < ξ2 < x3

⇒ f ′(ξ1) ≤<f ′(ξ2)

noch zu zeigen:f(x3)− f(x1)

x3 − x1=x2 − x1

x3 − x1︸ ︷︷ ︸:=λ

·f(x2)− f(x1)

x2 − x1+x3 − x2

x3 − x1︸ ︷︷ ︸:=(1−λ)

·f(x3)− f(x2)

x3 − x2

f(x3)− f(x1)

x3 − x1liegt zwischen

f(x2)− f(x1)

x2 − x1und

f(x3)− f(x2)

x3 − x2

Satz 7.3. Sei f : (a, b)→ R zwei-mal differenzierbar.Dann ist f konvex ⇐⇒ f ′′(x) ≥ 0, ∀x ∈ (a, b)Wenn f ′′(x) > 0, ∀x ∈ (a, b) ist f strikt konvex.

Beweis. Satz

Satz 7.4. Ungleichung von Jensen

Sei f : (a, b)→ R konvex. Fur x1, ..., xn ∈ (a, b) und λ1, ..., λn ∈ (0, 1) mitn∑i=1

λi = 1 gilt dann:

f

(n∑i=1

λixi

)≤

n∑i=1

λif(xi)

Zusatz: Wenn f strikt konvex ist, gilt”

=” ⇔ alle x1 = x2 = ... = xn

Beweis.

ξ =

n∑i=1

λixi ∈ (a, b)

Sei f(ξ) +A(x− ξ) eine Stutzgerade von f in ξ

Dann gilt f(xi) ≥ f(ξ) +A(xi − ξ) ∀i ∈ 〈n〉

⇒n∑i=1

λif(xi) ≥n∑i=1

λi︸ ︷︷ ︸=1

f(ξ) +A

( n∑i=1

xiλi︸ ︷︷ ︸=ξ

−n∑i=1

λi︸ ︷︷ ︸=1

ξ

︸ ︷︷ ︸=0

)= f(ξ) = f

(n∑i=1

λixi

)

188

Page 196: Analysis - IG Mathe · ximation, zun achst f ur Funktionen auf Gebieten in einem Rnund dann koordina- ... 7 Konvexe Funktionen 185 7.1 Eine stetige nirgends di erenzierbare Funktion

Wenn f strikt konvex ist, gilt f(xi) = f(ξ) +A(xi− ξ) ⇔ xi = ξ ∀i ∈ 〈n〉⇒ Gleichheit in Ungleichung gilt ⇔ xi = ξ ∀i ∈ 〈n〉

Bemerkung 144. Fur f : (a, b)→ R konkav gilt die umgekehrte Ungleichung.

Beispiel 60.

1.

x1, ..., xn > 0,

f(x) = ln(x) ⇒ f ′(x) =1

x,

f ′′(x) = − 1

x2< 0

⇒ ln(x) strikt konkav λi ∈ (0, 1), ∀i ∈ 〈n〉 mit

n∑i=1

λi = 1

⇒n∑i=1

λi ln(xi) ≤ ln

(n∑i=1

λixi

)n∏i=1

xλii ≤n∑i=1

λixi

Ungleichung vom geometrischen und

arithmetischen Mittel mit Gewichten

Gleichheit ⇐⇒ x1 = ... = xn

Spezialfall: λ1 = ... = λn =1

n

n

√√√√ n∏i=1

xi ≤1

n

n∑i=1

xi

2. α, β, γ seien die Winkel eines Dreiecks (α+ β + γ = π)

sin : (0, π)→ R sin′′(x) = − sin(x) < 0

⇒ sin ist konkav auf (0, π)√

3

2= sin

(α+ β + γ

3

)≥ 1

3

(sin(α) + sin(β) + sin(γ)

)=

= sin(α) + sin(β) + sin(γ) ≤ 3√

3

2

, ,= ” ⇐⇒ α = β = γ =π

3

189

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Definition 7.2. Sei z ∈ Cn (oder Rn)

‖z‖p =

(n∑i=1

|zi|p)

1

pp-Norm von z︸︷︷︸

Vektor

fur p ≥ 1

‖z‖∞ = max(|z1|, |z2|, ..., |zn|) = limp→∞

(‖z‖p)

p = 2 : euklidische Norm

Satz 7.5. Ungleichung von HolderSeien z, w ∈ Cn und 1

p + 1q = 1, (p, q ≥ 1)

Dann gilt ∣∣∣∣∣n∑i=1

ziwi

∣∣∣∣∣ ≤ ‖z‖p · ‖w‖q(p = 1 ⇒ q =∞)

Beweis.

p = 1 : ⇒ q =∞,

∣∣∣∣∣n∑i=1

ziwi

∣∣∣∣∣ ≤n∑i=1

|zi| |wi|︸︷︷︸≤‖wi‖∞

≤ ‖z‖1 · ‖w‖∞

p > 1 : x1p y

1y ≤ 1

px+

1

qy fur x, y > 0

Ungleichung vom geometrischen und arithmetischen Mittel

x =

(zi‖z‖p

)p, y =

(wi‖wi‖q

)q∣∣∣∣ zi‖z‖p

· wi‖wi‖q

∣∣∣∣ ≤ 1

p

∣∣∣∣ zi‖z‖p

∣∣∣∣p +1

q

∣∣∣∣ wi‖wi‖q

∣∣∣∣q ⇒ 1

‖z‖p · ‖w‖q

∣∣∣∣∣n∑i=1

ziwi

∣∣∣∣∣ ≤≤ 1

‖z‖p · ‖w‖q·n∑i=1

|zi · wi| ≤1

p

n∑i=1

|zi|p

‖z‖p︸ ︷︷ ︸n∑i=1|zi|p=‖z‖pp

+1

q

n∑i=1

|wi|q

‖w‖q︸ ︷︷ ︸n∑i=1|wi|q=‖w‖qq

=1

p+

1

q= 1

∣∣∣∣∣n∑i=1

ziwi

∣∣∣∣∣ ≤ ‖z‖p · ‖w‖q(‖z‖p 6= 0 6= ‖w‖q)

190

Page 198: Analysis - IG Mathe · ximation, zun achst f ur Funktionen auf Gebieten in einem Rnund dann koordina- ... 7 Konvexe Funktionen 185 7.1 Eine stetige nirgends di erenzierbare Funktion

Bemerkung 145.

p = q = 2 :

n∑i=1

|ziwi| ≤ ‖z‖2 · ‖w‖2 =

√√√√ n∑i=1

|zi|2 ·

√√√√ n∑i=1

|wi|2

Satz 7.6. Ungleichung von MinkowskiSeien z, w ∈ Cn, p ∈ [1,∞], dann gilt:

‖z + w‖p ≤ ‖z‖p + ‖w‖p

(Dreiecksungleichung)

Beweis.

p ∈ (1,∞) : ∃q ∈ (0, 1) :1

p+

1

q= 1

Sei sk = |zk + wk|p−1, |zk + wk|p = |zk + wk|p−1 · |zk + wk| ≤ sk(|zk|+ |wk|

)‖z + w‖pp =

n∑k=1

|zk + wk|p ≤n∑k=1

sk|zk|+n∑k=1

sk|wk|H.U.≤

H.U.≤ ‖z‖p · ‖(sk)‖q + ‖w‖p · ‖(sk)‖q

‖(sk)‖q =

(n∑k=1

sqk

) 1q

=

(n∑k=1

|zk + wk|

= pq q=p︷ ︸︸ ︷

(p−1)q

) p−1p

= ‖z + w‖p−1p

⇔ ‖z + w‖p ≤ ‖z‖p + ‖w‖p

p = 1 : ‖zk + wk‖ ≤n∑k=1

|zk + wk| ≤n∑k=1

|zk|+n∑k=1

|wk| ≤ ‖z‖1 + ‖w‖1

p =∞ : |zk + wk| ≤ |zk|+ |wk| ≤ ‖z‖∞ + ‖w‖∞⇒ max(|zi + wi|, ..., |zn, wn|) = ‖z + w‖∞ ≤ ‖z‖∞ + ‖w‖∞

Bemerkung 146. Sei V ein R oder C Vektorraum. Eine Abbildung ‖.‖ : V → R heißtNorm, wenn:

1. ∀x ∈ V : ‖x‖ ≥ 0 und ‖x‖ = 0⇐⇒ x = 0

2. ∀x ∈ V, ∀λ ∈ C (oder R) gilt: ‖λx‖ = |λ| · ‖x‖

3. ∀x, y ∈ V : ‖x+ y‖ ≤ ‖x‖+ ‖y‖

191

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Haben gezeigt: ‖.‖p ist eine Norm auf Cn oder Rn fur p ∈ [1,∞]Differenzierbarkeit fast uberall und ein verallgemeinerter Schrankensatz.

Definition 7.3. f : (a, b)→ R heißt differenzierbar fast uberall, wenn es eine hochstens abzahlbareMenge A gibt, sodass f auf (a, b) \A differenzierbar ist.

Satz 7.7. Verallgemeinerter SchrankensatzSei f : (a, b)→ C stetig und fast uberall differenzierbar, weiters gelte fur die Ableitung |f ′(x)| ≤ L(wo sie existiert)Schranken-

satz⇒ Lipschitz-stetig ∀x1, x2 ∈ (a, b) : |f(x1)− f(x2)| ≤ L(x1 − x2).

Beweis. Angenommen |f(x1)− f(x2)| ≤ L(x1 − x2) ist nicht richtigBetrachte Fε(x) = |f(x)− f(x1)| − (L− ε)(x− x1), ε > 0⇒ ∃ε0 > 0 und ∃x1, x2 mit |f(x1)− f(x2)| > (L+ ε0)(x1 − x2)Fε0(x2) > 0 = Fε0(x1)Sei A die Ausnahmemenge fur die Differenzierbarkeit von fFε0(A) ist hochstens abzahlbarWahle c ∈ (0, Fε0(x2))︸ ︷︷ ︸

uberabzahlbar

\ Fε0(A)︸ ︷︷ ︸abzahlbar

⇒ ∃c

γ = sup{x ∈ (x1, x2)

∣∣ Fε0(x) = c}

Dann gilt wegen der Stetigkeit von Fε0 : Fε0(γ) = c und nach Definition∀x ∈ (γ, x2) : Fε0(x) > c

ϕ(x) =Fε0(x)− Fε0(γ)

x− γ> 0 fur x > γ

ϕ(x) =|f(x)− f(x1)| − |f(γ)− f(x1)| − (L+ ε0)(x− γ)

x− γ≤ |f(x)− f(γ)|

x− γ− (L+ ε0)

f ist in γ differenzierbar ⇒ limx→γ+

(∣∣∣∣f(x)− f(γ)

x− γ

∣∣∣∣) = |f ′(γ)|

limx→γ+

(∣∣∣∣f(x)− f(γ)

x− γ− (L+ ε0)

∣∣∣∣) ≥ 0⇒ |f ′(γ)| − L− ε0 ≥ 0 E zu |f ′| ≤ L

192

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7.1 Eine stetige nirgends differenzierbare Funktion

Takagi-Funktion:

h(x) = min{|x− n|

∣∣ n ∈ Z}

h(x+m) = h(x) fur m ∈ Zf(x) =

∞∑n=0

4−1h(4nx) ‖4−1h(4nx)‖ = 124−1

Reihe ist normal stetig und deshalb ist die Funktion stetig x0 ∈ R, n ∈ Nfn(x) = 4−1h(4−1x)an = ± 1

4 · 4−1

Das Vorzeichen wird so gewahlt, dass fn(x) auf dem Intervall [x0, x0 + an] be-ziehungsweise [x0 + an, x0] linear ist.f ′n(x) = ±1 wo die Ableitung existiertk > 1 : fk(x0 + a1) = 4kh(4kx0 + 4ka1︸︷︷︸

∈Z

) = 4−kh(4kx0) = fk(x0)

f(x0 + a1)− f(x0)

a1=

∑∞n=0(fk(x0 + a1)− fk(x0))

a1=

=

n∑k=0

fk(x0 + a1)− fk(x0)

a1︸ ︷︷ ︸±1

+

∞∑k=n

fk(x0 + a1)− fk(x0)

a1︸ ︷︷ ︸±1

= 0

f(x0 + a1)− f(x0)

a1=

n∑k=0

±1

limn→∞

(n∑k=0

±1

)@

Da x0 beliebig ⇒ f ist nicht differenzierbar, @f ′(x0) ∀x0

f : I → C fast uberall differenzierbar und |f ′(x)| ≤ L(x1 − x2)

Korollar 7.7.1. Seien f, g : I → C fast uberall differenzierbar und gelte f ′(x) = g′(x) ∀x ∈I ⇒ ∃c : ∀x ∈ I : f(x) = g(x) + c.

193

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Beweis.

h(x) = f(x)− g(x)

h′(x) = 0 fast uberall

L=0⇒ |h(x1)− h(x2)| ≤ 0 · |x1 − x2|⇒ h(x) = c = h(x0)

Satz 7.8. Sei f : I → R fast uberall differenzierbar und es geltem ≤ f ′(x) ≤M fast uberall.Dann gilt ∀x1, x2 ∈ I mit x1 < x2: m(x2 − x1) ≤ f(x2)− f(x1) ≤M(x2 − x1).

Beweis. Obere Schranke: SchrankensatzFε(x) = f(x)− f(x1)− (M + ε)(x− x1)fur die Abschatzung betrachte −f(x)

Bemerkung 147. Fur f : I → C ist die obere Abschatzung falsch:|f(x2)− f(x1)| � m|x2 − x1|.

Beweis. Gegenbeispiel: f(x) = eix

|f ′(x)| = 1, |eix2 − eix1 | ≥ |x2 − x1|x2 = 0 und x1 = 2π ⇒ 0 ≥ 2π ⇒ E

Satz 7.9. Sei f : I → C fast uberall differenzierbar und besitze f ′ in x0 ∈ I eine stetige Fortset-zungDann ist f in x0 differenzierbar und es gilt

f ′(x0) = limx→x0

(f ′(x0))

Beweis. Wir zeigen: fur R-Funktionen: Sei A die Ausnahmemenge fur die Exis-tenz der Ableitung, sei ε > 0, dann ∃δ > 0: ∀x ∈ (x0 − δ, x0 + δ) \ A : a − ε <f ′(x) < a + ε (a ist der Grenzwert a = lim

x→x0

(f ′(x)))Satz 7.8⇒ (a − ε)(x − x0) <

f(x)− f(x0) < (a+ ε)(x− x0) fur x > x0 ⇒ a− ε < f(x)−f(x0)x−x0

< a+ ε

das heißt: ∀x ∈ (x0, x0 + δ) :∣∣∣ f(x)−f(x0)

x−x0− a∣∣∣ < ε

das heißt: limx→x0+

(f(x)−f(x0)

x−x0

)= a

∀x ∈ (x0 − δ, x0) :∣∣∣ f(x)−f(x0)

x−x0

∣∣∣ < ε

das heißt: limx→x0

(f(x)−f(x0)

x−x0

)= a

194

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8 Stammfunktion

Definition 8.1. Sei f : I → C und F : I → C stetig und fast uberall differenzierbarWenn ∀x ∈ I gilt, dass ∃F ′(x) und F ′(x) = f(x), heißt F die Stammfunktion von f .

Bemerkung 148. Seien F und G 2 Stammfunktionen von f. Dann ∃c : F (x) = G(x) +c ∀x.

Bemerkung 149. Sei f(x) =∞∑n=0

anxn mit positivem Konvergenzradius R.

Dann ist F (x) =∞∑n=0

anxn+1

n+1 die Stammfunktion von f.

Die Reihe fur F(x) hat Konvergenzradius R und Potenzreihen konnen gliedweise differen-ziert werden.

Tabelle

f (x) F (x) Bedingung

xα xα+1

α+1 α > 11x ln(x) x > 0

ex ex1√1−x2 arcsin(x)

sin(x) − cos(x)

cos(x) sin(x)1

1+x2 arctan(x)

cosh(x) sinh(x)1√1+x2 arsinh(x)1√x2−1 arcosh(x)

195

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9 Diskussion von Funktionen (Kurvendiskussi-on)

gegeben: f : I → Rgesucht: Eigenschaften sammeln

Definition 9.1. Sei f : I → R, I = [a, b], Ein Punkt x0 ∈ (a, b) heißt Wendepunkt, wenn es einδ > 0 gibt, sodass f auf (x0 − δ, x0) konvex und auf (x0, x0 + δ) konkav ist (oder umgekehrt).

Bemerkung 150. Der Funktionsgraph durchdringt die Tangente im Wendepunktf(x) = f(x) + f ′(x0)(x− x0)⇒ hat in x0 einen Vorzeichenwechsel.

Bemerkung 151. Sei f : [a, b] → R, zwei-mal stetig differenzierbar und x0 ∈ (a, b) einWendepunkt.Dann gilt f ′′(x0) = 0

Beweis. Wenn f auf (x0−δ, x0) konvex ist ⇒ f ′′(x) ≥ 0, ∀x ∈ (x0−δ, x0)Wenn f auf (x0, x0 + δ) konkav ist ⇒ f ′′(x) ≤ 0, ∀x ∈ (x0, x0 + δ)⇒ f ′′(x0) = 0

Bemerkung 152. Sei f : [a, b]→ R, n-mal stetig differenzierbar und gelte furx0 ∈ (a, b) : f ′′(x0) = f ′′′(x0) = ... = f (n−1)(x0) = 0 und f (n)(x0) 6= 0Dann liegt in x0 ein Wendepunkt, wenn n ungerade ist.Wenn n gerade ist, ist x0 kein Wendepunkt.

Beweis.

h(x) = f(x)− f(x0)− f ′(x0)(x− x0)

Taylor: h(x) = f(x0) + f ′(x0)(x− x0) +f ′′(x0)

2!(x− x0)2 + ...+

+f (n−1)(x0)

(n− 1)!(x− x0)n−1 +

f (n)(ξ)

n!(x− x0)n − f(x0)− f ′(x0)(x− x0)

h(x) =f (n)(ξ)

n!(x− x0)n da f (n) stetig ist ∃δ > 0 : ∀x ∈ (x0 − δ, x0 + δ)

f (n)(ξ) ≷ 0

Wenn n ungerade ist, wechselt h(x) in x0 sein Vorzeichen, wenn n gerade istnicht.

196

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Kurvendiskussion

1. Definitionsbereich von f , Stetigkeit und Differenzierbarkeit von f

2. Nullstellen von f

3. (lokale) Extremstellen von f

4. Wendepunkte

5. Monotonie

6. Krummung

7. Skizze

Beispiel 61. f(x) = x3e−x

1. Produkt von 2 stetigen, beliebig oft differenzierbaren Funktonen ist wieder stetig undbeliebig oft differenzierbar

2. Nullstellen: f(x) = x3e−x!= 0 ⇔ x3 = 0⇔ x = 0 Np = {0}

3. Extremstellen:

f ′(x) = 3x2e−x − x3e−x = x2(3− x)e−x

f ′′(x) = 6xe−x − 3x2e−x − 3x2e−x + x3e−x = x(x2 − 6x+ 6)e−x

f ′′′(x) = (x2 − 6x+ 6)e−x + x(x2 − 6x+ 6)e−x = −(x3 − 9x2 + 18− 6)e−x

f ′(x)!= 0 ⇔ x2(3− x) = 0 ⇔ x = 0 ∨ x = 3

1.n. verschwinden Nullstellen ist ungerade → kein Extremum

{f ′′(x) = 0

f ′′′(x) = 6

f ′′′(3) = 3(9− 18 + 6)e−3 = −9e−3 < 0→ lokales Maximum

4. Wendepunkt: f ′′(x)!=⇔ x(x3 − 6x+ 6) = 0

x = 0 ∨ x = 3±√

3 f ′′(x) = x(x− 3 +√

3)(x− 3−√

3)e−x

Wechselt Vorzeichen, 0 ist Wendepunkt, f ′′′(0) = 6 6= 0f ′′′(3−

√3) = ... < 0

W2 ←

{f(3−

√3)

f ′(3−√

3)

f ′′′(3 +√

3) = ... > 0→W3

5. Monotonie: x2(3x) ≷ 0 f ′(x) < 0 fur x > 0f ′(x) ≥ 0 fur x < 3f ist monoton fallend fur x > 3 und monoton wachsend fur x < 3

6. Krummung: x(x2 − 6x+ 6)e−x

x < 0 f ′′(x) < 0→ konkav0 < x < 3−

√3 f ′′(x) > 0→ konvex

x > 3 +√

3 f ′′(x) < 0→ konkavx > 3 +

√3 f ′′(x) > 0→ konvex

197

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7. Skizze:

−1 1 2 3 4 5 6 7 8 9

−3

−2

−1

1

2

198

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10 Integralrechnung

Sei f : I → R+0 ,

N ={

(x, y) ∈ R2∣∣ a ≤ x ≤ b, 0 ≤ y ≤ f(x)

}gesucht: Flache von N

Idee:

1. Studiere zuerst Funktionen fur die N eine Vereinigung von endlich vielenRechtecken ist

2. Funktionen ausdehnen → Cauchy → Riemann

Beispiel 62. f(x) =√

1− x2

−1 1

−1

1

0

⇒ Flache des Einheitskreises.

Definition 10.1. f : [a, b]→ R oder C. Z = {x0 = a < x1 < x2 < ... < xn = b}heißt die Zerlegung von [a, b]. f heißt Treppenfunktion zur Zerlegung Z, wenn f auf dem Intervall(xi, xi+1)i=1,...,n−1 konstant ist

(f(xi) beliebig

)T([a, b]

)ist ein R Vektorraum (C analog).

Definition 10.2. f ∈ T([a, b]

)zur Zerlegung

Z = {x0 = a < x1 < x2 < ... < xn = b}bˆ

a

f(x)dx :=

n−1∑i=0

f(ξi)(xi+1 − xi), ξ ∈ (xi, xi+1)

199

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Bemerkung 153. Der Wert vonb

a

f(x)dx hangt nicht von der Zerlegung ab. Wenn f

als Treppenfunktion zur Zerlegung Z gegeben ist und ebenfalls als Treppenfunktion zur

Zerlegung Z ′, dann mussen wir feststellen, ob sich der Wertb

a

f(x)dx andert.

I(f ;Z)zz.= I(f ;Z ∪ Z ′)

Symme-trie= I(f ;Z ′)

es genugt zu zeigen: I(f ;Z) = I(f ;Z ∪ Z ′)

ξ ∈ (xi, xi+1) −→ I(f ;Z) =

n−1∑j=0

f(ξj)∆xj

I(f ;Z ∪ {ξ}) =

i−1∑j=0

f(ξj)∆xj + f(ξi)(ξ − xi) + f(ξi)(xi+1 − ξ)︸ ︷︷ ︸f(ξ)∆xj

+

n−1∑j=i+1

f(ξj)∆xj

⇒ wenn f unverandert bleibt, beeinflusst ein weiterer Teilungspunkt eine Anderung.

Bemerkung 154. f, g ∈ T([a, b]

)Dann gilt ∀λ, µ ∈ R oder C :

a

λf(x) + µf(y) = λ

a

f(x) + µ

a

f(y)

b

a

ist ein Homomorphismus

200

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1. Linearitat von´

2. Dreiecksungleichung ∣∣∣∣∣∣bˆ

a

f(x)dx

∣∣∣∣∣∣ ≤bˆ

a

|f(x)|dx

3. Monotonie

f, g ∈ TR[a, b]

∀x ∈ [a, b] : f(x) ≤ g(x)

⇒bˆ

a

f(x)dx ≤bˆ

a

g(x)dx

Beweis.

1. f und g sind Treppenfunktionen zur Zerlegung Z1 und Z2, dann sind fund g Treppenfunktionen zur ZerlegungZ1 ∪ Z2 = {a = x0 < x1 < ... < xn = b}

a

λf(x) + µg(x)dx =

n−1∑i=0

(λf(ξi) + µg(ξi))∆xi =

= λ

n−1∑i=0

f(ξi)∆xi + µ

n−1∑i=0

g(ξi)∆xi = λ

a

f(x)dx+ µ

a

g(x)dx

2. ∣∣∣∣∣∣bˆ

a

f(x)dx

∣∣∣∣∣∣ =

∣∣∣∣∣n−1∑i=0

f(ξi)∆xi

∣∣∣∣∣ ≤n−1∑i=0

|f(ξi)|∆xi =

a

|f(x)|dx

3.

f(x) ≤ g(x) :

a

f(x)dx =

n−1∑i=0

f(ξi)∆xi ≤n−1∑i=0

g(ξi)∆xi =

a

g(x)dx

Bemerkung 155.b

a

ist ein positives lineares Funktional auf dem Vektorraum T [a, b].

201

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Definition 10.3. RegelfunktionSei I ein Intervall mit Endpunkten a und b (offen oder nicht). Dann heißt f : I → C Regelfunktion,wenn:

1. ∀x0 ∈ (a, b) beide einseitigen Grenzwerte existieren

limx→x0−

(f(x)) := f(x−0 ), limx→x0+

(f(x)) := f(x+0 )

2. Wenn:

a ∈ I ⇒ ∃ limx→a+

(f(x))

b ∈ I ⇒ ∃ limx→b−

(f(x))

Bemerkung 156. R(I) ist der Raum der Regelfunktionen auf IRR(I), beziehungsweise RC(I) sind (R oder C) VektorraumeWenn f, g ∈ R(I) ⇒ f · g ∈ R(I), |f | ∈ R(I)Wenn f, g ∈ RR(I) ⇒ min(f, g) ∈ RR und max(f, g) ∈ RR

min(f(x), g(x)

)= f(x)+g(x)−|f(x)−g(x)|

2

max(f(x), g(x)

)= f(x)+g(x)+|f(x)−g(x)|

2

Definition 10.4. Seien f, g ∈ R(I), dann definiere:

‖f − g‖I := supx∈I

(|f(x)− g(x)|)

Satz 10.1. Approximationssatz fur RegelfunktionenSei I = [a, b]. Eine Funktion f : I → C ist genau dann Regelfunktion, wenn:

∀ε > 0, ∃ϕ ∈ T [a, b] : ‖f − ϕ‖I < ε

Bemerkung 157. ϕ ∈ T [a, b] heißt ε-approximierende Treppenfunktion zu f, wenn:

‖f − ϕ‖I < ε

Beweis.

”⇒ ” ε-approximierende Treppenfunktion zu f existiert

[a0, b0] = [a, b], m1 = a0+b02 ⇒ entweder in [a0,m1] oder [m1, b0]

ε-approximierende Treppenfunktion zu f existiert nichtSei [a1, b1], ...Die Intervalle [an, bn] bilden eine Intervallschachtellung,

das heißt:∞⋂n=0

[an, bn] = {ξ}

ξ ∈ (a, b) : f ist Regelfunktion ⇒ ∃δ > 0 :

202

Page 210: Analysis - IG Mathe · ximation, zun achst f ur Funktionen auf Gebieten in einem Rnund dann koordina- ... 7 Konvexe Funktionen 185 7.1 Eine stetige nirgends di erenzierbare Funktion

(a) ∀x ∈ (ξ − δ, ξ) : |f(x)− f(ξ−)| < ε

(b) ∀x ∈ (ξ, ξ + δ) : |f(x)− f(ξ+)| < ε

ϕ : [an, bn]→ C x 7→

f(ξ−) x ∈ [an, ξ)

f(ξ) x = ξ

f(ξ+) x ∈ (ξ, bn]

Dann gilt nach Definition von δ : |ϕ(x)− f(x)| < ε, ∀x ∈ [an, bn] Eanalog fur ξ = a oder ξ = b

”⇐ ” Sei f : I → C : ∀ε > 0, ∃ϕ das Treppenfunktion ist: ‖f − ϕ‖I < ε

zz.: ∀ξ ∈ I ∃f(ξ−) und f(ξ+)Sei ε > 0 ∃ϕ Treppenfunktion: ‖f−ϕ‖I < ε

2 und ∃δ > 0 : ϕ auf (ξ, ξ+δ)konstant ist.

x1, x2 ∈ (ξ, ξ + δ) : |f(x1)− f(x2)| = |f(x1)− ϕ(x1) + ϕ(x2)︸ ︷︷ ︸=

−f(x2)| ≤

≤ |f(x1)− ϕ(x1)|+ |f(x2)− ϕ(x2)| < ε

2+ε

2= ε

∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀x1, x2 ∈ (ξ, ξ + δ) |f(x1)− f(x2)| < ε(Cauchy-Kriterium fur die Existenz von lim

x→ξ+

(f(x)

))das heißt:

limx→ξ+

(f(x)

)existiert

Korollar 10.1.1. f ∈ R([a, b]

)⇒ f ist beschrankt.

Beweis. Sei ϕ eine 1-approximierte Treppenfunktion, dann gilt:

‖f‖ ≤ ‖ϕ‖+ ‖f − ϕ‖ ≤ ‖ϕ‖+ 1

Korollar 10.1.2. Aquivalente FormulierungSei I = [a, b]. Dann ist f eine Regelfunktion ⇔ ∃(ϕn)n∈N Folge von Treppenfunktionen, sodass:

f(x) =

∞∑n=0

ϕn(x) und

∞∑n=0

‖ϕn‖ <∞

also ist f eine normal konvergente Reihe von Treppenfunktionen.

203

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Beweis. Sei f eine Regelfunktion: Sei fur n ≥ 0, ψn eine 2−1-approximierendeTreppenfunktion auf f , ‖f − ψn‖ < 2−1

ψn = ψ0︸︷︷︸ϕ0

+

n∑k=1

(ψk − ψk−1)︸ ︷︷ ︸=ϕk

‖ϕk‖ = ‖ψk − ψk−1‖ ≤ ‖ψk − f‖︸ ︷︷ ︸≤2−k

+ ‖f − ψk−1‖︸ ︷︷ ︸≤2−k+1

∞∑k=0

‖ϕk‖ ≤ ‖ϕ0‖+

∞∑k=1

3 · 2−k <∞ und f(x) = limn→∞

(ψn(x)) =

∞∑k=0

ϕk(x)

f(x) =

∞∑k=0

ϕk(x) mit

∞∑k=0

‖ϕk‖ <∞

Sei ε > 0 : ∃N ∈ N :

∞∑k=N+1

‖fk‖ < ε ⇒

∣∣∣∣∣f(x)−N∑k=0

ϕk(x)︸ ︷︷ ︸Treppen-funktion

∣∣∣∣∣ =

=

∣∣∣∣∣∞∑

k=N+1

ϕk(x)

∣∣∣∣∣ ≤∞∑

k=N+1

‖ϕk‖ < ε ⇒ R ist Regelfunktion

Korollar 10.1.3. Sei f eine Regelfunktion auf I (beliebig, nicht notwendigerweise kompakt). Dannhat f hochstens abzahlbar viele Unstetigkeitsstellen (f sei fast uberall stetig).

Beweis. Sei I kompakt.

∃ϕn Treppenfunktion : f(x) =

∞∑n=0

ϕn(x)

normal konvergent. f kann hochstens in den Unstetigkeitsstellen der ϕn unstetigsein. Jede Funktion ϕn hat nur endlich viele Unstetigkeitsstellen. Die Unstetig-keitsstellen von f sind

∞⋃n=0

Unstetitgkeitsstellen(ϕn)

hochstens abzahlbar. Sei I nun beliebig. Dann lasst sich I als abzahlbare Vereini-gung von kompakten Intervallen schreiben (abzahlbare Vereinigung abzahlbarerMengen ist wieder abzahlbar).

Satz 10.2. Definition des Integrals von Regelfunktionen auf kompakten IntervallenSei f : [a, b] → C eine Regelfunktion und (ϕn)n∈N eine approximierte Folge von Treppenfunktio-nen, also

limn→∞

(‖ϕn − f‖

)= 0

204

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Dann konvergiert die Folge bˆ

a

ϕn(x)dx

n∈N

Der Grenzwert hangt nicht von der gewahlten Folge der Treppenfolge ab

a

f(x)dx := limn→∞

a

ϕn(x)dx

Beweis.

Sei: ε > 0, ∃N ∈ N : ∀m,n ≥ N :‖ϕn − f‖ < ε

2‖ϕm − f‖ < ε

2

}⇒ ‖ϕm − ϕn‖ < ε∣∣∣∣∣∣

a

ϕm(x)dx−bˆ

a

ϕn(x)dx

∣∣∣∣∣∣ ≤bˆ

a

|ϕm(x)− ϕn(x)| dx < ε(b− a)

das heißt: bˆ

a

ϕn(x)dx

n∈N

ist eine Cauchy-Folge, also konvergent.

Sei (ψn)n∈N eine Folge von Treppenfunktionen, die gegen f konvergieren.

limn→∞

(‖ψn − f‖

)= 0, ∀ε > 0, ∃N ∈ N : ‖ψn − f‖ <

ε

2und ‖ϕn − f‖ <

ε

2

⇒ ‖ψn − ϕn‖ < ε, das heißt: ∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ∈ N :∣∣∣∣∣∣bˆ

a

ϕn(x)dx−bˆ

a

ψn(x)dx

∣∣∣∣∣∣ < ε(b− a)

⇒ limn→∞

a

ϕn(x)dx

= limn→∞

a

ψn(x)dx

Eigenschaften des Integrals von Regelfunktionenf und g seien Regelfunktionen

1.

a

(λf(x) + µg(x)

)dx = λ

a

f(x)dx+ µ

a

g(x)dx (Linearitat)

2. ∣∣∣∣∣∣bˆ

a

f(x)dx

∣∣∣∣∣∣ ≤bˆ

a

|f(x)|dx ≤ ‖f‖ · (b− a)

205

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3. f und g reell: ∀x ∈ [a, b] :

f(x) ≤ g(x) ⇒bˆ

a

f(x)dx ≤bˆ

a

g(x)dx (Monotonie)

Beweis.

1.

(ϕn)n∈N, (ψn)n∈N seien Folgen von Treppenfunktionen:

‖ϕn − f‖ → 0 und ‖ψn − g‖ → 0 ⇒∥∥∥(λϕn + µψn

)−(λf + µg

)∥∥∥→ 0

und daher gilt: limn→∞

a

(λϕn(x) + µψn(x)

)dx

=

= limn→∞

λ bˆ

a

ϕn(x)dx+ µ

a

ψn(x)dx

= λ

a

f(x)dx+ µ

a

g(x)dx

2. Auf Treppenfunktionen gilt:∣∣∣∣∣∣bˆ

a

ϕn(x)dx

∣∣∣∣∣∣ ≤bˆ

a

|ϕn(x)| dx ≤ ‖ϕn‖(b− a)

∣∣∣∣∣∣bˆ

a

f(x)dx

∣∣∣∣∣∣ ≤bˆ

a

|f(x)|dx ≤ ‖f‖(b− a)

3. f und g reell, f(x) ≤ g(x) ∀x ∈ [a, b](ϕn)n∈N, (ψn)n∈N approximierte Folgen von Treppenfunktionen

ϕn − ‖f − ϕn‖ ≤ f(x) ≤ g(x) ≤ ψn(x) + ‖g − ψn‖bˆ

a

(ϕn(x)− ‖f − ϕn‖

)dx ≤

a

(ψn(x) + ‖g − ψn‖

)dx

a

f(x)dx ≤bˆ

a

g(x)dx

206

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Bemerkung 158.

f(x) =

∞∑n=0

ϕn(x) normal konvergente Reihe von Treppenfunktionen

⇒bˆ

a

f(x)dx =

∞∑n=0

a

ϕn(x)dx Reihe konvergiert absolut

Bemerkung 159. a < b < c, f sei eine Regelfunktion auf [a, c], dann gilt:

a

f(x)dx =

a

f(x)dx+

b

f(x)dx

Beweis. Sei (ϕn)n∈N eine Folge von Treppenfunktionen mit ‖f − ϕn‖[a,c] → 0,dann ist:

ψn(x) = ϕn

∣∣∣[a,b]

eine Folge von Treppenfunktionen mit ‖f − ψn‖[a,b] → 0

χn(x) = ϕn

∣∣∣[b,c]

eine Folge von Treppenfunktionen mit ‖f − χn‖[b,c] → 0

f : A→ B, C ⊆ A : f∣∣∣C

: C → B, x 7→ f(x)

a

ϕn(x) =

a

ψn(x)dx+

b

χn(x)dx

⇒cˆ

a

f(x)dx =

a

f(x)dx+

b

f(x)dx

Definition 10.5.

a

f(x)dx = 0

a

f(x)dx = −aˆ

b

f(x)dx

a

f(x)dx existiert genau fur Regelfunktionen auf [a, b]

207

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Satz 10.3. Mittelwertsatz der IntegralrechnungSei f : [a, b] → R stetig und p : [a, b] → R eine Regelfunktion. Wenn ∀x ∈ [a, b], p(x) ≥ 0 gilt,dann ∃ξ ∈ [a, b] :

a

f(x)p(x)dx = f(ξ) ·bˆ

a

p(x)dx

Bemerkung 160. p heißt Gewichtsfunktion, Dichte

Beweis. Sei m := min{f(x)

∣∣ x ∈ [a, b]}

und M := max{f(x)

∣∣ x ∈ [a, b]}

Dann gilt:

a

mp(x)dx ≤bˆ

a

f(x)p(x)dx ≤bˆ

a

Mp(x)dx

Sei:

a

p(x)dx > 0⇒ m ≤

b

a

f(x)p(x)dx

b

a

p(x)dx︸ ︷︷ ︸Wert auf f

≤M

Nach Zwischenwertsatz: ∃ξ : f(ξ) =

b

a

f(x)p(x)dx

b

a

p(x)dx

Lemma 8. Sei p : [a, b]→ R eine Regelfunktion, ∀x ∈ [a, b] : g(x) ≥ 0. Wenn

a

p(x)dx = 0,

dann p(x) = 0 in allen Stetigkeitspunkten von p, also ist p(x) = 0 fast uberall.

Beweis. Angenommen x0 sei ein Stetigkeitspunkt und es gilt p(x0) > 0

⇒ ∃δ > 0 : ∀x ∈ [a, b] : |x− x0| ≤ δ ⇒ p(x) ≥ p(x0)

2> 0

a

p(x)dx ≥x0+δˆ

x0−δ

p(x)dx ≥ p(x0)

2· 2δ > 0

analog fur x0 = a oder x0 = b

208

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Fortsetzung vom letzten Beweis: Seib

a

p(x)dx = 0 im Mittelwertsatz

⇒ p(x) = 0 in allen Stetigkeitspunkten ⇒ f(x)p(x) = 0 in allen Stetig-keitspunkten. Dann lautet der Mittelwertsatz: 0 = f(ξ) · 0

a ξ

f(ξ)

b

Satz 10.4. Hauptsatz der Differential und IntegralrechnungSeif : [a, b]→ C eine Regelfunktion, dann ist

F (x) =

a

f(ξ)dξ

eine Stammfunktion von f . Genauer:

limx→x+

0

(F (x)− F (x0)

x− x0

)= limx→x+

0

(f(x)) und limx→x−0

(F (x)− F (x0)

x− x0

)= limx→x−0

(f(x))

Sei φ : [a, b]→ C eine Stammfunktion von f , dann gilt:

a

f(x)dx = φ(b)− φ(a) =: φ(x)∣∣∣ba

=[φ(x)

]ba

= φ(x)∣∣∣bx=a

=[φ(x)

]bx=a

Beweis.

209

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1. F ist stetig:

F (x)− F (x0) =

a

f(ξ)dξ −x0ˆ

a

f(ξ)dξ −xˆ

x0

f(ξ)dξ

∣∣F (x)− F (x0)∣∣ =

max(x0,x)ˆ

min(x0,x)

∣∣f(ξ)∣∣dξ ≤ ∥∥f∥∥ · |x− x0|

⇒ sogar Lipschitz-stetig

2.

limx→x0

(F (x)− F (x0)

x− x0

)= limx→x+

0

(f(x)

)=: f(x+

0 )

F (x)− F (x0)

x− x0− f(x+

0 ) =1

x− x0·xˆ

x0

f(ξ)dξ − 1

x− x0·xˆ

x0

f(x+0 )dξ =

=1

x− x0·xˆ

x0

(f(ξ)− f(x+

0 ))dξ

Sei ε > 0, δ > 0 : ∀x ∈ (x0, x0 + δ) : |f(x)− f(x+0 )| < ε

Dann gilt:

∣∣∣∣F (x)− F (x0)

x− x0− f(x+

0 )

∣∣∣∣ ≤ 1

x− x0·xˆ

x0

|f(ξ)− f(x+0 )|︸ ︷︷ ︸

dξ <

<1

x− x0· ε(x− x0) = ε

3. Sei φ(x) eine Stammfunktion von f

⇒ ∃c ∈ C : φ(x) = F (x) + c, ∀x ∈ [a, b]

φ(a) = F (a) + c

Da F (a) = 0 =⇒ φ(a) = c

Also F (x) = φ(x)− φ(a)

x = b : F (b) =

a

f(ξ)dξ = φ(b)− φ(a)

Bemerkung 161. Jede Regelfunktion f : [a, b] → C besitzt eine Stammfunktion F(x)[aus Hauptsatz].

210

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Definition 10.6. Eine Funktion f : [a, b] → C heißt fast uberall stetig differenzierbar, wenn sieStammfunktion einer Regelfunktion ist (oder wenn ihre Ableitung eine Regelfunktion ist).

Bemerkung 162. Sei f : [a, b]→ C fast uberall stetig differenzierbar, dann gilt:

a

f ′(x)dx = f(b)− f(a) und f(a) +

a

f(ξ)dξ = f(x)

Bemerkung 163. Ein Beispiel einer Funktion, die nicht das Integral ihrer Ableitungist:

x ∈ [0, 1] f0(x) = x

f1(x) =

32x 0 ≤ x ≤ 1

312

13 ≤ x ≤

23

12 + 3

2 (x− 23 ) 2

3 ≤ x ≤ 1

...

fn(x)

211

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∣∣fn+1(x)− fn(x)∣∣ =

1

3· 2−n−1

∥∥f1 − f0

∥∥ =1

6

[an der Stelle

1

3

]∥∥f2 − f1

∥∥ = f2

(1

9

)− f1

(1

9

)=

1

4− 1

6=

1

12

das heißt: f0(x) +

∞∑n=1

(fn(x)− fn−1(x)

)konvergiert normal

f ist eine stetige Funktion, f monoton wachsend, f ′(x) = 0 im Intervall laut Skizzefn ist nicht konstant auf 2n Intervallen der Lange 3−n

fn ist konstant mit Ausnahme einer Menge, die sich fur alle n in 2n Intervalle der Lange3−n aufteilen lasst (Cantorsches Diskontinuum)

⇒1ˆ

0

f ′(x)dx = 0 6= f(1)− f(0) = 1

Bemerkung 164. Seien f1, f2 : [a, b]→ C Regelfunktionen und es geltef1(x) = f2(x) fast uberall, dann gilt:

a

f1(x)dx =

a

f2(x)dx

Beweis. Sei F1(x) eine Stammfunktion von f1, dann ist F2(x) Stammfunktionvon f2(x)

HS⇒bˆ

a

f1(x)dx = F1(b)− F1(a) =

a

f2(x)dx

10.1 Integrationstechniken

Wir wollen algorithmisch die Stammfunktion einer Funktion bestimmen. Schreib-weise:ˆ

f(x)dx ={F∣∣ F ist Stammfunktion von f

}={F1(x) + c

∣∣ c ∈ C oder R}

heißt unbestimmtes Integral.[alle Funktionen sind fast uberall stetig differenzierbar

]

212

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10.1.1 partielle Integration

(uv)′ = u′v + uv′ ⇒ u(x)v(x) + c =

ˆu′(x)v(x)dx+

ˆu(x)v′(x)dx

ˆu′(x)v(x)dx = u(x)v(x)−

ˆu(x)v′(x)dx

ˆu′vdx = uv −

ˆuv′dx

a

u′vdx = uv∣∣∣ba−

a

uv′dx

Beispiel 63.

1. ˆ1︸︷︷︸u′

· ln(x)︸ ︷︷ ︸v

dx = x · ln(x)−ˆx · 1

xdx = x · ln(x)− x+ c

2. ˆx2︸︷︷︸u

· ex︸︷︷︸v′

dx = x2 · ex −ˆ

2x︸︷︷︸u

· ex︸︷︷︸v′

dx =

= x2 · ex − (2x · ex) +

ˆ2exdx = (x2 − 2x+ 2)ex + c

3. Flache des Einheitskreises:

x−1 1

y

−1

1

0

y =√1− x2

213

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−1

1︸︷︷︸u′

·√

1− x2︸ ︷︷ ︸v

dx =

= x√

1− x2︸ ︷︷ ︸= 0

∀x ∈ {−1, 1}

∣∣∣∣1−1

−1ˆ

−1

x ·(− x√

1− x2

)dx =

−1

x2

√1− x2

dx =

=

−1

x2 − 1√1− x2

dx+

−1

dx√1− x2

= −1ˆ

−1

√1− x2dx+ arcsin(x)

∣∣∣∣1−1

=

= −1ˆ

−1

√1− x2dx+

π

2−(−π

2

)=

−1

√1− x2dx+ π

also:

−1

√1− x2dx = −

−1

√1− x2dx+ π

⇔ 2 ·1ˆ

−1

√1− x2dx = π

⇔1ˆ

−1

√1− x2dx =

π

2

⇒ Flache = 2 · π2

= π

4.

Ik =

π2ˆ

0

cos(x)kdx = k ∈ N

k≥2=

π2ˆ

0

cos(x)︸ ︷︷ ︸u′

· cos(x)k−1︸ ︷︷ ︸v

dx =

= sin(x) cos(x)k−1︸ ︷︷ ︸=0

∣∣∣∣π20

π2ˆ

0

sin(x)(k − 1) cos(x)k−2(− sin(x))dx =

= −

π2ˆ

0

sin(x)(k − 1) cos(x)k−2(sin(x))dx = (k − 1)

π2ˆ

0

sin(x)2 cos(x)k−2dx =

= (k − 1)

π2ˆ

0

(1− cos(x)2) cos(x)k−2dx =

π2ˆ

0

cos(x)k−2 − (k − 1)Ik

214

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⇔ Ik = (k − 1)

π2ˆ

0

cos(x)k−2dx− (k − 1)Ik

⇔ Ik =k − 1

kIk−2, I0 =

π

2, I1 =

π2ˆ

0

cos(x)dx = sin(x)∣∣∣π20

= 1

I2n =2n− 1

2nI2n−2 =

(2n− 1)(2n− 2)

2n(2n− 2)· I2n−4

(2n− 1)(2n− 3) · ... · 3 · 1(2n)(2n− 2) · ... · 4 · 2

· π2

I2n+1 =2n

2n+ 1I2n−1 =

2n(2n− 2)

(2n+ 1)(2n− 1)I2n−3 =

2n(2n− 2) · ... · 4 · 2(2n+ 1)(2n− 1) · ... · 3 · 1

· 1

0 ≤ cos(x) ≤ 1 x ∈[0,π

2

]cos(x)k+1 ≤ cos(x)k ⇒ I0 ≥ I1 ≥ ...

1 ≥ I2n+1

I2n≥ I2n+2

I2n=

2n+ 1

2n+ 2⇒ lim

n→∞

(I2n+1

I2n

)= 1[

Einzwicksatz]

I2n+1

I2n=

2n(2n− 2) · ... · 4 · 2(2n+ 1)(2n− 1) · ... · 5 · 3

· 2n(2n− 2) · ... · 4 · 2(2n+ 1)(2n− 1) · ... · 3 · 1

· 2

π

limn→∞

(2 · 2 · 4 · 4 · ... · 2n · 2n

1 · 3 · 5 · 5 · ... · (2n− 1)(2n+ 1)︸ ︷︷ ︸=:wn

)=π

2

[Wallisches Produkt

]pn =

2 · 4 · ... · 2n1 · 3 · ... · (2n− 1)

wissen: limn→∞

(pn√n

)= p und ∃

⇒ wn = pn2

2n+ 1=

(pn√n

)2

· n

2n+ 1

n→∞−→ p2 · 1

2=π

2

⇒ p =√π

pn ∼√πn

Satz 10.5.

π2 /∈ Q

Beweis.

fn(x) =1

n!xn(1− x)n =

1

n!

n∑k=0

xn+k

(n

k

)(−1)k

f ′n(0) = 0 = f ′n(1)...f (n−1)n = 0 = f (n−1)

n (1)

f (n)n (0) ∈ Z und f (n)

n (1) ∈ Z

215

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das heißt: ∀k ∈ N0 : f(k)k (0), f (k)

n (1) ∈ Z

angenommen: π2 ∈ Z ⇒ ∃a, b : π2 =a

b∈ Q

0

fn(x)︸ ︷︷ ︸u

sin(πx)︸ ︷︷ ︸v′

dx = fn(x) ·(−cos(πx)

π

) ∣∣∣∣∣1

0

+

0

f ′n(x)︸ ︷︷ ︸u

· cos(πx)

π︸ ︷︷ ︸v′

=

= −fn(x)

(cos(πx)

π

)+ f ′n(x)

(sin(πx)

π2

)−

0

f ′′n (x)sin(πx)

π2dx = ...

F (x) = π2nfn(x)− π2n− 2fn(x) + ...+ (−1)nf (2n)n (x)

(F ′(x) sin(πx)− πF (x) cos(πx))′ =

= F ′′(x) sin(π) + F ′(x)π cos(πx)− πF (x) cos(πx) + π2F (x) sin(πx) =

= (F ′′(x) + π2F (x)) sin(πx)

F ′(x) = π2nf ′′n − π2n− 2f (4)n (x)...− (−1)nπ2f (2n)

n (x) + (−1)nf (2n+2)n (x)︸ ︷︷ ︸=0

F ′′(x) + π2F (x) = π2n+ 2fn(x)

das heißt: F ′(x) sin(πx)− πF (x) cos(πx) ist eine Stammfunktion von π2n+ 2︸ ︷︷ ︸( ab )n+1

fn(x) sin(πx)

bn+1

0

fn(x) sin(πx)dx = bn+1

0

fn(x) sin(πx)dx =

= bn+1(F ′(x) sin(πx)− πF (x) cos(πx))

∣∣∣∣10

= bn+1(πF (1)− πF (0)) ∈ Z

bn+1

0

fn(x) sin(πx)︸ ︷︷ ︸≤0

dx ∈ Z, ∀n ∈ N

fn(x) =(x(1− x))n

n!≤ 1

4nn!

⇒ 0 < bn+1

0

fn(x) sin(πx)dx

︸ ︷︷ ︸c

≤ bn+1

4nn!

n→∞−→ 0

Wahle n so groß:bn+1

4nn!< 1

⇒ 0 < c < 1 und c ∈ Z E

216

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10.1.2 Substitutionsregel

Sei f : [a, b]→ C eine Regelfunktion, t : [c, d]→ [a, b] streng monoton und diffe-renzierbar. Wenn φ(y) Stammfunktion von f

(t(y)

)f ′(y) ist, dann ist φ

(t−(1)(x)

)eine Stammfunktion von f(x)

Beweis. (φ(t(−1)(x)

))′= φ

(t(−1)(x)

)(t(−1)(x)

)′=

= f(t(t(−1)(x)

)︸ ︷︷ ︸x

)t′(t(−1)(x)

)(t(−1)(x)

)′︸ ︷︷ ︸1

= f(x)[Umkehrregel

]bˆ

a

f(x)dx =

t(−1)(b)ˆ

t(−1)(a)

f(t(y)

)t′(y)︸︷︷︸dtdy dy=dt

dy

Beispiel 64.

−1

√1− x2dx = x = sin(t), dx = cos(t)dt

π2ˆ

−π2

√1− sin(t)2 cos(t)dt =

π2ˆ

−π2

cos(t)2dt = 2

π2ˆ

0

cos(t)2dt = 2

π2ˆ

0

sin(t)2dt =: I

I + I =

π2ˆ

0

(sin(t)2 + cos(t)2)dt = π

⇒ I =π

2

10.1.3 Logarithmische Regel

ˆf ′(x)

f(x)dx = ln

(|f(x)|

)+ c

Beispiel 65.

1.ˆ

tan(x)dx = −ˆ− sin(x)

cos(x)dx = − ln

(| cos(x)|

)+ c

cot analog

217

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2. ˆarctan(x)dx = x · arctan(x)−

ˆx

1

1 + x2dx =

= x arctan(x)− 1

2

ˆ2x

1 + x2dx︸ ︷︷ ︸

log

= x arctan(x)− 1

2ln(|1 + x2|

)+ c

10.2 Algorithmisches Bestimmen von Stammfunktionen

1. rationale Funktionen: p(x)q(x) mit p und q Polynome

[Partialbruchzerlegung

]p(x)

q(x)= p(x) +

r(x)

q(x)= (Grad(r)<Grad(q))

= p(x) +

m∑i=1

nm∑j=1

Aij(x− αi)j

wenn q(x) = q1 ·m∏i=1

(x− αi)nm

Integration der Partialbruchzerlegung:Aij

(x−αi)j

1. αi ∈ R :

ˆdx

(x− αi)j=

{ln(|x− αi|

)+ c j = 1

− 1(j−1)(x−αi)j+1 + c j > 1

2. αi ∈ C \ R :

j > 1 :

ˆdx

(x− αi)j= − 1

(j − 1)(x− αi)j−1 + c

j = 1 :A

x− αtritt zusammen mit

A

x− αauf in PBZ

A

x− α+

A

x− α=A(x− α) +A(x− α)

(x− α)(x− α)=

(a+A)x− (αA+ αA)

x2 − (α+ α)x+ αα=

Bx+ C

x2 + px+ q

p2

4< q :

ˆBx+ c

x2 + px+ q=

ˆ B2 (2 + p)

x2 + px+ qdx+

ˆc− BP

2

x2 + px+ qdx =

=B

2ln(x2 + px+ q) +

ˆC − Bp

2

(x− p2 )2 + q − p2

4︸ ︷︷ ︸>0

dx =

=b

2ln(x2 + px+ q) +

ˆC − B

2

q − p2

4

dx(x− p2√q− p24

)2

+ 1︸ ︷︷ ︸=arctan

=

218

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=b

2ln(x2 + px+ q) +

C − B2

q − p2

4

√q − p2

4︸ ︷︷ ︸innere

Ableitungvon arctan

arctan

x− p2√

q − p2

4

=

=b

2ln(x2 + px+ q) +

C − B2

q − p2

4

arctan

x− p2√

q − p2

4

Beispiel 66.

gesucht:

ˆx3 + 3x2 − 7x+ 5

(x− 1)2(x2 + 2x+ 5)dx

PBZ :x3 + 3x2 − 7x+ 5

(x− 1)2(x2 + 2x+ 5)=

A

x− 1+

B

(x− 1)2+

Cx+D

x2 + 2x+ 5︸ ︷︷ ︸= C′x+1+2i+

Cx+1−2i

x3 + 3x2 − 7x+ 5

x2 + 2x+ 5= A(x− 1) +B + (x− 1)2

1

4=

1 + 3− 7 + 5

1 + 2 + 5= B

diff:(3x2 + 6x− 7)(x2 + 2x+ 5)− (x3 + 3x2 − 7x+ 5)(2x+ 2)

(x2 + 2x+ 5)2= A+ (x− 1)

x = 1 :16− 8

64=

8

64=

1

8= A

x3 + 3x2 − 7x+ 5

(x− 1)2= Cx+D + (x2 + 2x+ 5)

x = −1 + 2i⇔ x2 = −3− 4i⇔ x3 = 11− 2i⇔ (x− 1)2 = −8i

11− 2i+ (−9)− 12i+ 7− 14i+ 5

−8i=

14− 28i

−8i=

7− 14i

4i=

14 + 7i

4=

= −D +D + 2iC ⇔ 2C =7

4⇔ C =

7

8

−C +D =7

2⇔ D =

7

2+

7

8=

35

8x3 + 3x2 − 7x+ 5

(x− 1)2(x2 + 2x+ 5)=

1

8(x− 1)+

1

4(x− 1)2+

7(x+ 5)

8(x2 + 2x+ 5)ˆx3 + 3x2 − 7x+ 5

(x− 1)2(x2 + 2x+ 5)dx =

1

8ln(|x− 1|

)− 1

4

1

x− 1+

7

16

ˆ2x+ 2 + 8

x2 + 2x+ 5dx =

=1

8ln(|x− 1|

)− 1

4

1

x− 1+

7

16ln(x2 + 2x+ 5) +

7

8

ˆdx

(x+ 1)2 + 4=

=1

8ln(|x− 1|

)− 1

4

1

x− 1+

7

16ln(x2 + 2x+ 5) +

7

8

ˆdx(x+1

2

)2 + 1 =

=1

8ln(|x− 1|

)− 1

4

1

x− 1+

7

16ln(x2 + 2x+ 5) +

7

8arctan

(x+ 1

2

)2

· 2 + E

219

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Standardsubstitution Im Folgenden bezeichnet R(·, ·, ·) immer einen ratio-nalen Ausdruck in den Variablen

1. ˆR(eax) dx =

ˆR(t)

dt

at

t = eax ⇒ dt = aeax dx ⇒ dt

aeax=

dt

at

Beispiel 67.

ˆdx

cosh(x)=

ˆ2dx

ex + e−xdx =

ˆ2dt

(t+ 1t )t

=

ˆ2dt

t2 + 1=

= 2 arctan(t) + C = 2 arctan(ex) + C

t = ex ⇒ dx =dt

t

2.ˆR(x,

n√ax+ b︸ ︷︷ ︸t

)dx =

ˆR

(tn − ba

, t

)1

antn−1dt

ax+ b = tn ⇒ x =tn − ba

dx =1

antn−1dt

3. ˆR(x,√x+ a,

√x+ b

)dx (a>b)(√

x+ a+√x+ b︸ ︷︷ ︸

t√a−b

)·(√

x+ a−√x+ b︸ ︷︷ ︸

√a−bt

)= a− b

√x+ a+

√x+ b = t

√a− b

√x+ a−

√x+ b =

√a− bt

√x+ a =

√a− b2

(t+

1

t

)und√x+ b =

√a− b2

(t− 1

t

)x+ a =

a− b4

(t2 + 2 +

1

t2

)und x+ b =

a− b4

(t2 − 2 +

1

t2

)x =

a− b4

(t2 +

1

t2

)− a+ b

2und x =

a− b4

(t2 +

1

t2

)− a− b

4− 4b

4

dx =a− b

2

(t− 1

t3

)dt

220

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ˆR(x,√x+ a,

√x+ b

)dx =

=

ˆR

(a− b

4

(t2 +

1

t2

)− a+ b

2,

√a− b2

(t+

1

t

),

√a− b2

(t− 1

t

))· a− b

2

(t− 1

t3

)dt

4. ˆR(x,√ax2 + bx+ c

)dx

√ax2 + bx+ c =

√|a|

√sng(a)x2 +

b

|a|x+

c

|a|=

=

√a

(x+

b

2a

)2

+ c− b2

4a=

√a

(x+

b

2a

)2

+4ac− b2

4a=

=√|a| ·

√sng(a)

(x+

b

2a

)2

+ sng(a)

(4ac− b2

4a2

)√y2 +D2,

√y2 −D2,

√−y2 +D2,

√−y2 −D2 3 C

(a)

ˆR(x,√x2 + 1

)dx =

ˆR(

sinh(t), cosh(t))

cosh(t)︸ ︷︷ ︸R(et)

dt

x = sinh(t), dx = cosh(t)dt

y =√x2 + 1⇔ y2 − x2 = 1 ⇔ (Y −X)︸ ︷︷ ︸

t

(Y +X)︸ ︷︷ ︸1t

= 1

x =1

2

(t− 1

t

)und y =

1

2

(t+

1

t

)ˆR(x,√x2 + 1

)dx =

ˆR

(1

2

(t− 1

t

),

1

2

(t− 1

t

))· 1

2

(1 +

1

t2

)dt

Beispiel 68.

ˆ √x2 + 1dx =

ˆcosh(t)2dt =

ˆ1

2+

1

2cosh(2t)dt =

x = sinh(t) ←→ dx = cosh(t)dt

cosh(2t) = 2 cosh(t)2 − 1 ←→ cosh(t)2 = 1+cosh(2t)2

=t

2+

1

4sinh(2t)︸ ︷︷ ︸

2 sinh(t) cosh(t)︸ ︷︷ ︸12 sinh(t) cosh(t)

+C =1

2arcsin(x) +

3

2x√x2 + 1 + C

221

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(b)

ˆR(x,√x2 − 1

)dx =

ˆR (cosh(t), sinh(t)) sinh(t)︸ ︷︷ ︸

R(et)

dt

x = cosh(t), dx = sinh(t)dt,√x2 − 1 = sinh(t)

oder:√x2 − 1 = y2 ⇔ x2 − y2 = 1 = (x− y)︸ ︷︷ ︸

t

(x+ y)︸ ︷︷ ︸1t

x =1

2

(t+

1

t

)und y =

1

2

(t− 1

t

)und dx =

1

2

(t− 1

t2

)dt

ˆR

(1

2

(t+

1

t

),

1

2

(t− 1

t

))1

2

(1− 1

t2

)dt

Beispiel 69.

ˆdx√x2 − 1

=

ˆ1

12

(t− 1

t

) · 1

2

(1− 1

t2

)dt =

ˆt2 − 1

(t2 − 1)tdt = ln

(|t|)

+ C = ...

x =1

2

(t+

1

t

),√x2 + 1 =

1

2

(t− 1

t

), dx =

1

2

(t− 1

t2

), t = x+

√x2 − 1

... = ln(|x2 +

√x2 − 1

)+ C = arcCosh(x) + C = cosh−1(x) + C

(c)

ˆR(∣∣∣x2 +

√x2 − 1

∣∣∣) dx =

ˆR(

sin(t), cos(t))

cos(t)︸ ︷︷ ︸R(sinh(t),cosh(t)

dt

x = sin(t), dx = cos(t)dt,√

1− x2 = cos(t), y =√

1− x2

⇒ y2 + x2 = 1

⇒ Einheitskreis

222

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−1 1

−1

1y = t(x+ 1)

Gerade mit Steigung t durch (−1, 0)

(−1, 0)

(x, y)

Die Gerade schneidet den Kreis in zwei Punkten ((−1, 0), ?)

x2 + t2(x+ 1)2 = 1

x2(1 + t2) + 2xt2 + t2 − 1 = 0

((1 + t2)x2 + 2t2x+ t2 − 1) : (x+ 1) = (1 + t2)x+ (t2 − 1)

−((1 + t2)x2 + (1 + t2)x)(t2 − 1)x+ (t2 − 1)

0 R

x =1− t2

1 + t2, y = t

(1− t2

1 + t2+ 1

)=

2t

1 + t2,

dx =−2t(1 + t2)− 2t(1− t2)

(1 + t2)2dt = − 4t

(1 + t2)2dt

ˆR(x,√

1− x2)dx = −

ˆR

(1− t2

1 + t2,

2t

1 + t2

)4t

(1 + t2)2dt

ˆx√

1− x2dx = −

ˆ 1−t21+t2

2t1+t2

· 4t

(1 + t2)2dt = −2

ˆ1− t2

(1 + t2)2dt (10.4)

1− t2

(1 + t2)2=

A

(t+ i)2+

B

(t− i)2+Ct+D

t2 + 1/(1 + t2)2

1− t2 = A(t− i)2 +B(t+ i)2 + Ct+D(t2 + 1) /t = i

223

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2 = −4B ⇔ B = −1

2= A

−2t = 2A(t− i) + 2B(t+ i) + C(t2 + 1) + (Ct+D)(2t) /t = i

−2i = 4Bi+ (Ci+D)2i ⇔ −2i = −2i+ (Ci+D)2i⇔ Ci+D = 0

(10.4) =

ˆ (1

(t+ i)2+

1

(t− i)2

)dt =

= − 1

t+ i− 1

t− i+D =

−2t

t2 + 1+D = −

√1− x2 +D

5. ˆR(

cos(x), sin(x))dx

t = tan(x

2

), x = 2 arctan(t), dx =

2

1 + t2ˆR

(1− t2

1 + t2,

2t

1 + t2

)2

1 + t2dt

Beispiel 70.

ˆdx

cos(x)=

ˆ1 + t2

1− t2· 2

1 + t2dt =

ˆ (− 1

−t− 1· 1

t+ 1

)=

= ln

(∣∣∣∣ t+ 1

t− 1

∣∣∣∣)+ c = ln

(∣∣∣∣∣ tan(x2

)+ 1

tan(x2

)− 1

∣∣∣∣∣)

+ c = ln

(∣∣∣∣∣ sin(x2

)+ cos

(x2

)sin(x2

)− cos

(x2

) ∣∣∣∣∣)

+ c

t = tan(x

2

), dx =

2

1 + t2dt

224

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xx2

x2

10.3 Integration von normal konvergenten Reihen

Satz 10.6. fn : [a, b]→ C sei eine Regelfunktion und f(x) =∞∑n=0

fn(x) normal konvergent. Dann

ist f eine Regelfunktion und:

b

a

f(x)dx =

∞∑n=0

b

a

fn(x) dx

[Integration und Reihensummation durfen vertauscht werden

]

225

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Beweis.

∞∑n=0

‖fn‖ <∞, ε > 0⇒ ∃N ∈ N :

∞∑n=N+1

‖fn‖ <ε

2

∣∣∣∣∣f(x)−∞∑n=0

fn(x)

∣∣∣∣∣ =

∣∣∣∣∣∞∑

n=N+1

fn(x)

∣∣∣∣∣ ≤∞∑

n=N+1

‖fn‖ <ε

2

∞∑n=0

fn(x) ⇒ ∃ϕ Treppenfunktion:

∣∣∣∣∣N∑n=0

fn(x)− ϕ(x)

∣∣∣∣∣ < ε

2

⇒ ‖fn(x)− ϕ(x)‖ ≤

∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣f(x)−

N∑n=0

fn(x)

∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣+

∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣N∑n=0

fn(x)− ϕ(x)

∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣ < ε

das heißt: ∀ε > 0 : ∃ϕ Treppenfunktion: ‖f − ϕ‖ < ε ⇒ f ist Regelfunktion∣∣∣∣∣∣bˆ

a

f(x)dx−N∑n=0

a

fn(x)dx

∣∣∣∣∣∣ < ε

2(b− a)

∀ε > 0, ∃N0 ∈ N : ∀N ≥ N0 :∣∣∣∣∣∣bˆ

a

f(x)dx−n∑n=0

a

fn(x)dx

∣∣∣∣∣∣ < ε

2(b− a) ⇐⇒

∞∑n=0

a

fn(x)dx =

a

f(x)dx

Normal konvergente Reihen von Regelfunktionen sind Regelfunktionen

Beispiel 71.

2πˆ

0

√a2 cos(t)2 + b2 sin(t)2dt =

[a > b > 0

]

=

2πˆ

0

√a2 cos(t)2 + a2 sin(t)2︸ ︷︷ ︸

a2

+(b2 − a2) sin(t)2dt =

= a

2πˆ

0

√1 +

a2 − b2a2

sin(t)2dt =

[√

1− x =

∞∑n=0

( 12

n

)(−1)nxn,

∣∣∣∣( 12

n

)∣∣∣∣ ≤ c

n32

]

= a

2πˆ

0

∞∑n=0

( 12

n

)(−1)nk2n sin(t)2ndt =

226

Page 234: Analysis - IG Mathe · ximation, zun achst f ur Funktionen auf Gebieten in einem Rnund dann koordina- ... 7 Konvexe Funktionen 185 7.1 Eine stetige nirgends di erenzierbare Funktion

= a

∞∑n=0

( 12

n

)(−1)nk2n

2πˆ

0

sin(t)2ndt

︸ ︷︷ ︸=4·π2 ·

1·3·5·...·(2n−1)2·4·...·2n

=

= 2πa

∞∑n=0

( 12

n

)(−1)nk2n 1 · 3 · 5 · ... · (2n− 1)

2 · 4 · ... · 2n=[

n ≥ 1 :

( 12

n

)=

12 ·(

12 − 1

)· ... ·

(12 − n+ 1

)n!

=1

2· 1

2n−1(−1)n−1 1 · 3 · ... · (2n− 3)

n!

]

= 2πa− 2πa

∞∑n=1

(1 · 3 · ... · (2n− 1)

2 · 4 · ... · 2n

)2k2n

2n− 1

10.4 Das Integral von Riemann; das Riemann-Integral

Definition 10.7. i) f : [a, b]→ C, Sei Z = {a = x0, x1, ..., xn = b} Zerlegung.Ξ = {ξ0, ξ1, ..., ξn−1} die zugehorige Menge von Stutzstellen.(das heißt: ξi ∈ [xi, xi+1]

), dann heißt R(f,Z,Ξ) =

n−1∑i=0

f(ξi) (xi+1 − xi)︸ ︷︷ ︸∆xi

Riemann-Summe

zur Zerlegung Z mit den Stutzstellen Ξ.

ii) ‖Z‖ = max{xi+1 − xi

∣∣ i = 0, 1, ..., n− 1}

heißt die Feinheit der Zerlegung.

Satz 10.7. f : [a, b] → C sei eine Regelfunktion. Dann ∃δ > 0, ∀ε > 0: ∀Z : ‖Z‖ < δ undfur alle Ξ gilt ∣∣∣∣∣∣R(f,Z,Ξ)−

a

f(x)dx

∣∣∣∣∣∣ < ε

a = x0 x1ξ0 xn−1 xnξn−1

227

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Beweis. Zeige den Satz zuerst fur Treppenfunktionen:

Induktionsanfang: m=1:∣∣∣∣∣∣R(f,Z,Ξ)−bˆ

a

f(x)dx

∣∣∣∣∣∣ =

∣∣∣∣∣∣∣f(ξj)∆xj −xj+1ˆ

xj

f(x)dx

∣∣∣∣∣∣∣ ≤ 2‖f‖∆xj ≤

≤ 2‖f‖ · ‖Z‖ das heißt: fur δ =ε

2‖f‖

gilt die Aussage des Satzes.

Induktionsschritt: Sei ϕ eine Treppenfunktion. Dann ϕ = ϕ1︸︷︷︸m-1 Sprungstellen

+ ϕ2︸︷︷︸1 Sprungstellen

Dann ∃δ1 > 0 : ∣∣∣∣∣∣R(ϕ1,Z,Ξ)−bˆ

a

ϕ1(x)dx

∣∣∣∣∣∣ < ε

2

fur ‖Z‖ < δ1 und δ2 > 0 :

∣∣∣∣∣∣R(ϕ2,Z,Ξ)−bˆ

a

ϕ2(x)dx

∣∣∣∣∣∣ < ε

2

fur: ‖Z‖ < δ2,

∣∣∣∣∣∣R(ϕ,Z,Ξ)−bˆ

a

ϕ(x)dx

∣∣∣∣∣∣ ≤≤

∣∣∣∣∣∣R(ϕ1,Z,Ξ)−bˆ

a

ϕ1(x)dx

∣∣∣∣∣∣+

∣∣∣∣∣∣R(ϕ2,Z,Ξ)−bˆ

a

ϕ2(x)dx

∣∣∣∣∣∣ < ε

2+ε

2= ε

wenn ‖Z‖ < min(δ1, δ2)

⇒ gilt fur Treppenfunktion ϕ. Sei f eine Regelfunktion, dann ∃ϕ Trep-penfunktion: ‖f − ϕ‖ < ε

3(b−a) zu ϕ gibt es ein δ > 0 : ∀Z : ‖Z‖ < δ :∣∣∣∣∣∣R(ϕ,Z,Ξ)−bˆ

a

ϕ(x)dx

∣∣∣∣∣∣ < ε

3∣∣∣∣∣∣R(f,Z,Ξ)−bˆ

a

f(x)dx

∣∣∣∣∣∣ ≤∣∣∣R(f,Z,Ξ)−R(ϕ,Z,Ξ)︸ ︷︷ ︸

< ε3

∣∣∣++

∣∣∣∣∣∣R(ϕ,Z,Ξ)−bˆ

a

ϕ(x)dx

∣∣∣∣∣∣︸ ︷︷ ︸< ε

3

+

∣∣∣∣∣∣bˆ

a

ϕ(x)dx−bˆ

a

f(x)dx

∣∣∣∣∣∣︸ ︷︷ ︸= ε

3(b−a) (b−a)

<

3+ε

3+

ε

3(b− a)(b− a) = ε

228

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Definition 10.8. f : [a, b] → C, dann heißt f Riemann-integrierbar mit Integral A ∈ C, wenn∀ε > 0, ∃δ > 0, ∀Z, ∀Ξ:

‖Z‖ < δ ⇒ |R(f,Z,Ξ)−A| < ε, schreibe:

a

f(x)dx = A

Bemerkung 165. f(x) =

{sin(

1x

)x 6= 0

0 x = 0ist keine Regelfunktion. f besitzt kein

Regelintegral. Auf[−1,− ε4

]und

[ε4 , 1]

fur ε > 0 ist f stetig ⇒ regelintegrierbar ⇒Riemann-integrierbar

∃δ > 0 ∀Z :

∣∣∣∣∣∣∣R(f,Z,Ξ)−

− ε4ˆ

−1

f(x)dx

∣∣∣∣∣∣∣ <ε

4auf

[−1,−ε

4

]∣∣∣∣∣∣∣R(f,Z,Ξ)−

− ε4ˆ

−1

f(x)dx− 0−1ˆπ4

f(x)dx

∣∣∣∣∣∣∣ < ε⇒ f ist Riemann-integrierbar

Bemerkung 166. Eine Folge (Zn)n∈N von Zerlegungen heißt ausgezeichnet, wenn limn→∞

(‖Zn‖

)=

0. Wenn (Zn)n∈N eine ausgezeichnete Zerlegung ist und (Ξn)n∈N die zugehorige Folge vonStutzstellen ist, dann gilt fur ein Riemann-integrierbares f :

limn→∞

(R(f,Zn,Ξn)

)=

a

f(x)dx

Satz 10.8. Folgenkriteriumf : [a, b]→ C ist eine Regelfunktion, genau dann, wenn fur alle ausgezeichneten Folgen (Zn)n∈Nund alle zugehorigen Stutzstellensysteme (Ξn)n∈N der Grenzwert existiert und gegeben ist durch

limn→∞

(R(f,Zn,Ξn)

)

Bemerkung 167. Haben im letzten Satz gezeigt, dass Regelfunktionen Riemann-integrierbarsind. Damit sind stetige Funktionen und monotone Funktionen Riemann-integrierbar.

229

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Definition 10.9.

f : [a, b]→ R, Z = {a =0< x1 < ... < xn = b}mi = mi(f) = inf

{f(x)

∣∣ x ∈ [xi, xi+1]}

Mi = Mi(f) = sup{f(x)

∣∣ x ∈ [xi, xi+1]}

S(f,Z) =

n−1∑i=0

Mi(f)∆xi︸ ︷︷ ︸Obersumme

, S(f,Z) =

n−1∑i=0

mi(f)∆xi︸ ︷︷ ︸Untersumme

von f zur Zerlegung Z

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

mi

Mi

Bemerkung 168.

∀Ξ : S(f,Z) ≤ R(f,Z,Ξ) ≤ S(f,Z)

Lemma 9. f : [a, b] → R sei beschrankt, Z1,Z2 Zerlegungen von [a, b], danngilt:

1.

Z1 ⊆ Z2 =⇒ S(f,Z2) ≤ S(f,Z1)S(f,Z2) ≥ S(f,Z1)

2.

S(f,Z2) ≥ S(f,Z1)

Beweis.

230

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1.

Z1 = {a = x0 < x1 < ... < xn = b}, Z2 = Z1 ∪ {ξ}, xj < ξ < xj+1

S(f,Z2) =

j−1∑i=0

Mi(f)∆xi + sup{f(x)

∣∣ x ∈ [xj , ξ]}︸ ︷︷ ︸

≤Mj(f)

(ξ − xj)+

+ sup{f(x)

∣∣ x ∈ [ξ, xj+1]}︸ ︷︷ ︸

≤Mj(f)

(xj+1 − ξ) +

n−1∑i=j+1

Mi(f)∆xi ≤

≤j−1∑i=0

Mi(f)∆xi +Mi(f)(ξ − xj + xj+1 − ξ) +

n−1∑i=j+1

Mi(f)∆xi =

= S(f,Z1)

2.

S(f,Z1) ≤︸︷︷︸1.

S(f,Z1 ∪ Z2) ≤︸︷︷︸mi(f)≤Mi(f)

S(f,Z1 ∪ Z2) ≤︸︷︷︸1.

S(f,Z2)

Definition 10.10. f : [a, b]→ R sei beschrankt.

a

f(x)dx = inf{S(f,Z)

∣∣ Z} heißt das obere Riemann-Darboux Integral von f.

b

a

f(x)dx = sup{S(f,Z)

∣∣ Z} heißt das untere Riemann-Darboux Integral von f.

Definition 10.11. f : [a, b]→ R sei beschrankt und heißt Riemann-Darboux integrierbar, wenn

b

a

f(x)dx =

a

f(x)dx

schreibe

a

f(x)dx fur den gemeinsamen Wert

Satz 10.9. Riemannsches Integrabilitatskriteriumf : [a, b]→ R sei beschrankt, f ist Riemann-Darboux integrierbar ⇔ ∀ε > 0, ∃Z :S(f,Z)− S(f,Z) < ε

231

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Beweis.

”⇒”

f sei Riemann-Darboux integrierbar: A =

b

a

f(x)dx =

a

f(x)dx, ε > 0

∃Z1 : S(f,Z1) > A− ε

2, ∃Z2 : S(f,Z2) < A+

ε

2, Z = Z1 ∪ Z2

S(f,Z)− S(f,Z) ≤ S(f,Z2)− S(f,Z1) <(A+

ε

2

)−(A− ε

2

)= ε

”⇐”

∀ε > 0 : ∃Z : S(f,Z)− S(f,Z) < ε

0 ≤

a

f(x)dx−b

a

f(x)dx ≤ S(f,Z)− S(f,Z) < ε

a

f(x)dx−b

a

f(x)dx = 0

S(f,Z1) ≤ S(f,Z2)

sup(S(f,Z1)

)≤ inf

(S(f,Z1)

)=

a

f(x)dx

Beispiel 72.

f(x) =

{1 x ∈ Q0 x ∈ R \Q

Z = Zerlegung von [0, 1]

S(f,Z) = 1, S(f,Z) = 0

Spekulation: Q ∩ [0, 1] = {v1, v2, ...}

f(x) =

∞∑n=1

1{vn}(x)

0

f(x)dx =

∞∑n=1

0

1{vn}(x)dx = 0 Lebesque

232

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Satz 10.10. f : [a, b]→ R sei beschrankt. f ist Riemann integrierbar ⇔ f ist Riemann-Darbouxintegrierbar.

Beweis.

”⇒”

supΞ

(R(f,Z,Ξ)

)= S(f,Z), inf

Ξ

(R(f,Z,Ξ)

)= S(f,Z)

∃A ∈ R, ∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀Z,Ξ : ‖Z‖ < δ ⇒ |R(f,Z,Ξ)−A| < ε

2Sei Z Zerlegung mit ‖Z‖ < δ

∀Ξ : A− ε

2< R(f,Z,Ξ) < A+

ε

2

da infΞ

(S(f,Z)

)≥ A− ε

2und sup

Ξ

(S(f,Z)

)≤ A+

ε

2

das heißt: S(f,Z)− S(f,Z) < ε fur ‖Z‖ < δ

⇒ f ist Riemann integrierbar

”⇐” Verwende dafur folgendes Lemma:

Lemma 10. Sei f : [a, b]→ R beschrankt, dann gilt ∀ε > 0, ∃δ > 0, ∀Z :

‖Z‖ < δ ⇒ S(f,Z) <

a

f(x)dx+ ε, S(f,Z) >

b

a

f(x)dx− ε

Beweis.

ε > 0, M = ‖f‖ = sup{|f(x)|∣∣x ∈ [a, b]}

∃Z1 : S(f,Z1) <

a

f(x)dx+ε

2, δi = min

i(∆x

(1)i )

δ = min(δ1,ε

6M) n1 = #Z1

Z mit ‖Z‖ < δ, Z2 = Z ∪ Z1

S(f,Z) =∑i

Mi(f)∆xi =∑i∈k′

Mi(f)∆xi +∑i∈k′′

Mi(f)∆xi

k’ ... Intervalle der Zerlegung, die einen Punkt von Z1 im Inneren enthalten

k” ... Intervalle der Zerlegung, die keinen Punkt von Z1 im Inneren enthalten

Def. δ⇒ enthalten k’ genau einen Punkt von Z im Inneren⇒ #k′ ≤ n1

S(f,Z2) =∑i

M(2)i (f)∆x

(2)i =

∑i∈k′2

M(2)i (f)∆xi +

∑i∈k′′2

M(2)i (f)∆xi

233

Page 241: Analysis - IG Mathe · ximation, zun achst f ur Funktionen auf Gebieten in einem Rnund dann koordina- ... 7 Konvexe Funktionen 185 7.1 Eine stetige nirgends di erenzierbare Funktion

k′2 ... Intervall von Z2, entstanden aus Z durch Teilung eines Puntkes von Z1

k′′2 ... Intervall von Z2, die auch in Z vorkommen

0 ≤ S(f,Z)− S(f,Z2) =

=∑i∈k′

Mi(f)∆xi +∑i∈k′′

Mi(f)∆xi −∑i∈k′2

M(2)i (f)∆x

(2)i −

∑i∈k′′2

M(2)i (f)∆x

(2)i ≤

≤M · n1 · δ +M · δ · ”n1 = 3Mn1δ ≤ 3Mn1ε

6Mn1=ε

2

S(f,Z)− S(f,Z2) <ε

2

S(f,Z2) ≤ S(f,Z) < S(f,Z2) +ε

2≤ S(f,Z1) +

ε

2

S(f,Z2) ≤ S(f,Z1) <

a

f(x)dx+ε

2+ε

2

das heißt: S(f,Z) <

a

f(x)dx+ ε

Zuruck zu”⇐”

ε > 0Lemma

10⇒ ∃δ > 0 : ∀Z : ‖Z‖ < δ ⇒ S(f,Z) <

a

f(x)dx+ε

2

S(f,Z) >

b

a

f(x)dx− ε

2

b

a

f(x)dx− ε

2≤ S(f,Z) ≤ R(f,Z,Ξ) ≤ S(f,Z) <

a

f(x)dx+ε

2

∣∣∣∣∣∣R(f,Z,Ξ)−bˆ

a

f(x)dx

∣∣∣∣∣∣ < ε

2< ε

⇒ f ist Riemann-Darboux-integrierbar

Bemerkung 169. Regelintegral: f : [a, b]→ C ∀ε > 0 ∃ϕ Treppenfunktion:

‖f − ϕ‖ < ε

‖f‖1 =

a

|f(x)|dx

234

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ist Pseudo-Norm auf den Riemann integrierbaren Funktionen.

I

f (−1)(I)

f ist Riemann integrierbar, wenn ∀ε > 0, ∃ϕ Treppenfunktion: ‖f − ϕ‖1 < ε

∑i

xiλ(f−1(Ii)) ≈bˆ

a

f(x)dx (λ = Lange)

Integration von Funktionen auf nicht kompakten Intervallen sind uneigentliche Integrale.Sei f : (a, b)→ C eine Regelfunktion ⇒ Approximationssatz gilt nicht mehr.

Definition 10.12. Sei f : (a, b)→ C eine Regelfunktion, dann heißt das Integral

a

f(x)dx konvergent, wenn: limα→a+

limβ→b−

β

α

f(x)dx

existiert

Bemerkung 170. c ∈ (a, b)

β

α

f(x)dx =

α

f(x)dx+

β

c

f(x)dx

Daher konnen die beiden Limiten getrennt betrachtet werden.

235

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Bemerkung 171.

a

f(x)dx = limT→∞

T

a

f(x)dx

wenn der Limes existiert.

Beispiel 73.

0

dx√1− x2

Regelfunktion auf [0, 1)

T

0

dx√1− x2

= arcsin(x)

∣∣∣∣T0

= arcsin(T )

⇒ limT→1−

(arcsin(T )

)= arcsin(1) =

π

2

Satz 10.11. Cauchy-Kriterium fur uneigentliche IntegraleSei

f : [a, b)→ C eine Regelfunktion[b ∈ R ∪ {∞}

]. Dann konvergiert

b

a

f(x)dx genau dann, wenn:

• b ∈ R :

∀ε > 0, ∃δ > 0, ∀x1, x2 ∈ (b− δ, b) :

∣∣∣∣∣∣x2ˆ

x1

f(x)dx

∣∣∣∣∣∣ < ε

• b =∞ :

∀ε > 0, ∃M : ∀x1, x2 > M :

∣∣∣∣∣∣x2ˆ

x1

f(x)dx

∣∣∣∣∣∣ < ε

Beweis. b ∈ R :

F (x) =

a

f(ξ)dξ

∃ limx→b−

(F (x)

)⇐⇒ ∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀x1, x2 ∈ (b− δ, b) :

|F (x2)− F (x1)| < ε

236

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Satz 10.12. Majorantenkriterium fur uneigentliche IntegraleSeien f, g : [a, b) → C Regelfunktionen und ∀x ∈ [a, b) gelte |f(x)| ≤ |g(x)|. Dann konvergiertb

a

f(x)dx

︸ ︷︷ ︸A

, wenn

b

a

g(x)dx

︸ ︷︷ ︸B

konvergiert.

Negation: Wenn A divergiert ⇒ B divergiert.

Beweis. Sei G(x) =x

a

|g(ξ)|dξ undb

a

|g(x)|dx konvergiere ⇒ ∃ limx→b−

(G(x))

∀ε > 0 ∃δ > 0 ∀x1, x2 ∈ (b− δ, b) [x1 < x2] :

x2ˆ

x1

|g(x)|dx < ε⇒

∣∣∣∣∣∣x2ˆ

x1

f(x)dx

∣∣∣∣∣∣ ≤x2ˆ

x1

|f(x)|dx ≤x2ˆ

x1

|g(x)|dx < ε⇒x2ˆ

x1

konvergiert

Definition 10.13. f : (a, b)→ C sei eine Regelfunktion. Das Integral

a

f(x) dx

konvergiert absolut, wenn

ˆ b

a

|f(x)|dx

konvergiert. Das heißt:

a

|f(x)|dx <∞

Satz 10.13. Wenn

a

f(x) dx

absolut konvergiert, dann konvergiert es auch.

237

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Beispiel 74.

1.

0

dx

0

ξα=

1

1− αξ1−α

∣∣∣∣1x

=1− x1−α

1− α,

∃ limx→0+

(x1−α) ⇐⇒ 1− α > 0 ⇐⇒ α < 1

0

dx

xαkonvergiert ⇐⇒ α < 1

2.

1

dx

1

ξα=

1

1− αξ1−α

∣∣∣∣x1

=1− xα − 1

1− α,

∃ limx→∞

(x1−α) ⇐⇒ 1− α < 0 ⇐⇒ α > 1

1

dx

xαkonvergiert ⇐⇒ α < 1

3.

0

e−αxdx,

0

e−αξdξ =1− e−αx

α=

1

α⇐⇒ α > 0 ⇐⇒ ∃ lim

4.

0

xαe−xdx =

0

xαe−xdx

︸ ︷︷ ︸(1)

+

1

xαe−xdx

︸ ︷︷ ︸(2)

238

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(1)

e−1xα ≤ xαe−x ≤ xα fur x ∈ (0, 1]

⇒1ˆ

0

xαe−xdx konvergiert ⇐⇒1ˆ

0

xαdx konvergiert ⇐⇒ α > −1

(2)

1

xαe−x2 e−

x2 dx

limx→∞

(xαe−x2 ) = 0

⇒ ∃c > 0 : ∀x ∈ [1,∞) und xαe−x2 ≤ c,

xαe−x2 e−

x2 ≤ ce− x2

1

ce−x2 dx konvergiert ⇐⇒

1

xαe−xdx konvergiert,

das heißt: konvergiert ⇐⇒ α > 1

5.

0

sin(x)

xdx =

0

sin(x)

xdx+

1

sin(x)

xdx

∣∣∣∣ sin(x)

x

∣∣∣∣ ≤ 1

x

⇒∞

1

dx

xkonvergiert nicht E

1

sin(ξ)

ξdξ =

− cos(ξ)

ξ︸ ︷︷ ︸cos(1)x→∞

∣∣∣∣∣x

1

−xˆ

1

cos(ξ)

ξ2dξ

︸ ︷︷ ︸∣∣∣ cos(ξ)ξ2

∣∣∣≤ 1ξ2

1

ξ2konvergiert ⇒

1

sin(x)

xdx konvergiert

6.

0

ln(x)dx = limx→0+

x

ln(ξ)dξ

= limx→0+

([ξ ln(ξ)− ξ

]1x

)=

= limx→0+

(−1 + x− x ln(x)) = −1

239

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Satz 10.14. Integralkriterium fur ReihenSei f : [0,∞]→ R monoton fallend und lim

x→∞

(f(x)

)= 0, dann:

∞∑n=0

f(n) konvergiert ⇐⇒∞

0

f(x)dx konvergiert

Beweis.

N∑n=0

f(n)[n ≤ x ≤ n+ 1

monotonfallend⇒ f(n) ≥ f(x) ≥ f(n+ 1)

]

⇒ f(n+ 1) ≤n+1ˆ

n

f(x)dx ≤ f(n)

N∑n=0

f(n) ≤ f(0) +

N∑n=0

n+1ˆ

n

f(x)dx = f(0) +

N+1ˆ

0

f(x)dx ≤ f(0) +

0

f(x)dx

︸ ︷︷ ︸konvergiert

dann sind die Partialsummen der Reihe mit positiven Gliedern beschrankt unddaher konvergiert die Reihe

N∑n=0

f(n) ≥N∑n=0

n+1ˆ

n

f(x)dx =

N

0

f(x)dx, sei

N∑n=0

f(n) konvergent, dann gilt

∞∑n=0

f(n) ≥N

0

f(x)dx

︸ ︷︷ ︸monotonwachsend

= limn→∞

N

0

f(x)dx

240

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10.5 Das Integralrestglied in der Taylorformel

Satz 10.15. Sei f : [a, b] → C n-mal stetig differenzierbar und f (n+1) sei eine Regelfunktion.Dann gilt fur x, x0 ∈ [a, b]

f(x) = Tn(f, x0;x) +

x0

(n− t)n

n!f (n+1)(t)dt

Beweis.

f(x) = f(x0) +

x0

f ′(t)dt = f(x0) +

x0

1︸︷︷︸u

· f ′(t)︸︷︷︸v′

dt =

= f(x0) + (t− x)f ′(t)

∣∣∣∣xx0

−xˆ

x0

(t− x)f ′(t)dt = f(x0) + (x− x0)f ′(x0) +

x0

(x− t)f ′′(t)dt

Ind : IV : f(x) = Tn−1(f, x0;x) +

x0

(x− t)n−1

(n− 1)!︸ ︷︷ ︸u′

f (n)(t)︸ ︷︷ ︸v

dt

Tn−1(f, x0;x) +

(− (x− t)n

n!

)· f (n)(t)

∣∣∣∣xx0︸ ︷︷ ︸

f(n)(x0)n! (x−x0)n

+

x0

(x− t)n

n!f (n+1)(t)dt =

= Tn(f, x0;x) +

x0

(x− t)n

n!f (n+1)(t)dt

Bemerkung 172. Wennf (n+1) stetig ist, dann ergibt der Hauptsatz der Integralrechnungden Satz von Taylor mit Restglied nach Lagrange.

241

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10.6 Die Euler-MacLaurin’sche Summenformel

Wollen Summen als Integral schreiben

n+1ˆ

n

f(x)dx =

n+1ˆ

n

1 · f(x)dx =

(x− n− 1

2

)f(x)

∣∣∣∣n+1

n

−n+1ˆ

n

(x− n− 1

2

)f ′(x)dx =

=f(n+ 1)

2+f(n)

2−

n+1ˆ

n

(x− n− 1

2

)f ′(x)dx

⇐⇒ 1

2f(n) +

1

2f(n+ 1) =

n+1ˆ

n

f(x) +

n+1ˆ

n

x− n︸︷︷︸bxc

−1

2

f ′(x)dx

N∑n=0

(1

2f(n) +

1

2f(n+ 1)

)=

N

0

f(x)dx+

N

0

(x− bxc − 1

2

)f ′(x)dx

1

2f(0) +

N−1∑n=1

f(n) +1

2f(N) =

N

0

f(x)dx+

N

0

(x− bxc − 1

2

)f ′(x)dx

N∑n=0

f(n) =1

2f(0) +

1

2f(N)−

N

0

f(x)dx+

N

0

(x− bxc − 1

2

)f ′(x)dx

x− bxc := {x} ... heißt Bruchteil von x

Beispiel 75.

N∑n=1

1

n=

N

1

1

xdx

︸ ︷︷ ︸ln(N)

+1

2+

1

2

1

N−

N

1

({x} − 1

2

)1

x2dx =

= ln(N) +1

2−

N

0

({x} − 1

2

)dx

x2−∞

N

({x} − 1

2

)dx

x2−∞

N

({x} − 1

2

)dx

x2︸ ︷︷ ︸konvergiert, da |({x}− 1

2 ) 1x2|≤ 1

2x2

+1

2N=

= ln(N) +1

2−∞

1

({x} − 1

2

)dx

x2︸ ︷︷ ︸:=γ

+

N

({x} − 1

2

)dx

x2+

1

2N︸ ︷︷ ︸≤∞

N

12x2

dx= 12N

⇒N∑n=1

1

n= ln(N) + γ +Rn mit 0 < Rn ≤

1

N

242

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γ = limN→∞

(N∑n=1

1

n− ln(N)

)=

1

2−∞

1

({x} − 1

2

)dx

x2︸ ︷︷ ︸≈0,57

= −∞

0

e−x ln(x)dx

Euler-Mascheroni-Konstante

1

2f(0) +

1

2f(1) =

0

f(x)dx+

0

(x− 1

2

)︸ ︷︷ ︸

u′

f ′(x)︸ ︷︷ ︸v

dx =

=

0

f(x)dx+

(x2

2− x

2+ c

)f ′(x)

∣∣∣∣10

−1ˆ

0

(x2

2− x

2+ c

)f ′′(x)dx =

=

0

f(x)dx+ cf ′(1)− cf ′(0)−1ˆ

0

(x2

2− x

2+ c

)f ′′(x)dx (10.5)

es ist gunstig c so zu wahlen, dass

0

(x2

2− x

2+ c

)dx = 0

⇐⇒ x3

6− x2

4+ cx

∣∣∣10

=1

6− 1

4+ c ⇔ c = −1

6+

1

4=

1

12

(10.5) =

0

f(x)dx+1

12(f ′(1)− f ′(0))−

0

(x2

2− x

2+

1

12

)f ′′(x)dx

N∑n=0

f(n) =

N

0

f(x)dx+1

2f(0) +

1

2f(N) +

1

12(f ′(N)− f ′(0))−

N

0

({x}2

2− {x}

2+

1

12

)f ′′(x0) dx

x4

24− x3

12− x2

24+ cx

∣∣∣∣10

=1

24− 1

12− 1

24+ c = 0

243

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11 Die Bernoulli-Polynome

B0(x) = 1

B1(x) = x− 1

2Forderung:

B′n(x) = n · Bn−1(x) und

0

Bn(x)dx = 0[n ≥ 1

]Bernoulli-Zahlen

Bn − Bn(0)

0

Bn(x)dx

︸ ︷︷ ︸n≥1

=Bn+1(x)

n+ 1

∣∣∣∣∣1

0

=Bn+1(1)− Bn+1(1)

n+ 1

!= 0⇔ Bn+1(1) = Bn+1(0)

fur n ≥ 2 :

Bn(0) = Bn(1) = Bn

B0 = 1, B1 = −1

2

Bn(x) =

n∑k=0

(n

k

)Bn−kx

k

B′n(x) =

n∑k=1

(n

k

)Bn−kkx

k−1 (11.6)

[k

(n

k

)=

kn!

k!(n− k)!=

n!

(k − 1)!(n− k)!= n

(n− 1)!

(k − 1)!(n− 1− (k − 1))!

]

(11.6) = n

n∑k=1

(n− 1

k − 1

)B(n−1)−(k−1)x

k−1 = nBn−1(x)

Bemerkung 173. Sei (pn(x))n eine Folge von Polynomen mit p0 = 1 undpn(x) = npn−1(x) n ≥ 1. Dann gilt:

244

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pn(x) =

n∑k=0

(n

k

)pk(0)xk

∀n ≥ 1 :

0

Bn(x)dx = 0 ⇐⇒ ∀n ≥ 2 : Bn(1) = Bn(0) = Bn

Bn(1) =

n∑k=0

(n

k

)Bn−k = Bn =

n∑k=0

(n

k

)Bk =

n−1∑k=0

(n

k

)Bk +Bn

n−1∑k=0

(n

k

)Bk = 0 =

n−1∑k=0

Bk − nBn−1

Bn−1 = − 1

n

n−2∑k=0

(n

k

)Bk

Bn =1

n+ 1

n−1∑k=0

(n

k

)Bk

Behauptung

|Bk| ≤ k!

|Bk| ≤(

4

5

)kk!

B0 = 1 ≤ 0!

|Bn| ≤1

n+ 1

n−1∑k=0

(n+ 1)!

k!(n+ 1− k)!k! = n!

n−1∑k=0

1

(n+ 1− k)!︸ ︷︷ ︸:=l

= n!

n+1∑l=2

1

l!≤ (l − 2)n! < n!

F (z) =

∞∑n=0

Bnn!︸︷︷︸≤1

z hat Konvergenzradius R ≥ 1

ez − 1

z=

∞∑m=0

zm

(m+ 1)!

F (z) · ez − 1

z=

∞∑n=0

Bnn!zn ·

∞∑m=0

zm

(m+ 1)!=[

k := n+m]

=

∞∑k=0

zk

(k + 1)!

k∑k=0

(k + 1)!

n!(k + 1− n)!Bn︸ ︷︷ ︸

k∑n=0

(k+1n )Bn

=

{0 k ≥ 1

1 k = 0

245

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F (z) =z

ez − 1=

∞∑n=0

Bnn!zn

F (z) +z

2=

(z

ez − 1+z

2

)= z

(1

ez − 1+

1

2

)=z(ez + 1)

2(ez − 1)︸ ︷︷ ︸z2ez2 +e

− z2

ez2 −e−

z2

=z2 coth( z2 )

=

=(−z)(e−z + 1)

2(e−z + 1)= F (−z)− z

2⇒ B2n+1 = 0

∀n ≥ 1∞∑n=0

Bn(x)

n!zn =

∞∑n=0

1

n!

n∑k=0

(n

k

)Bn−kx

kzn =

∞∑k=0

(xz)k

k!

∞∑l=0

Bll!zl

[n:=k+l]

= exzz

ez − 1

1

2f(1) +

1

2f(0) =

0

f(x)dx+

0

B1(x)︸ ︷︷ ︸u′

f ′(x)︸ ︷︷ ︸v

dx =

=

0

f(x)dx+B2(x)

2f ′(x)

∣∣∣∣∣1

0

−1ˆ

0

B2(x)

2f ′′(x)dx =

=

0

f(x)dx+B2

2

(f ′(1)− f ′(0)

)− B3(x)

6f ′′(x)

∣∣∣∣∣1

0︸ ︷︷ ︸=0

+

0

B3(x)

6f ′′′(x)dx =

=

0

f(x)dx+

L∑l=1

B2l

(2l)!

(f (2l−1)(1)− f (2l−1)(0)

)+

0

B2l+1(x)

(2L+ 1)!f (2L+1)(x)dx

1

2f(n+ 1) +

1

2f(n) =

=

n+1ˆ

n

f(x)dx+

L∑l=1

B2l

(2l)!

(f (2l−1)(n+ 1)− f (2l−1)(n)

)+

n+1ˆ

n

B2L+1(x− n)

(2L+ 1)!f (2L+1)(x)dx

N−1∑n=0

+ 12 f(0)+ 1

2 f(N)

⇒N∑n=0

f(n) =

N

0

f(x)dx+1

2f(0) +

1

2f(N)+

+

L∑l=1

B2l

(2l)!

(f (2l−1)(N)− f (2l−1)(0)

)+

N

0

B2L+1({x})(2L+ 1)!

f (2L+1)(x)dx

246

Page 254: Analysis - IG Mathe · ximation, zun achst f ur Funktionen auf Gebieten in einem Rnund dann koordina- ... 7 Konvexe Funktionen 185 7.1 Eine stetige nirgends di erenzierbare Funktion

Beispiel 76.

ln(N !) =

N∑n=1

ln(n)

f(x) = ln(x) ←→ f ′(x) = 1x

f ′′(x) = − 1x2 ←→ f ′′′(x) = 2

x3

N∑n=1

ln(n) =

1

ln(x)dx+1

2ln(1) +

1

2ln(N) +

B2

2!

(1

N− 1

1

)+

N

1

B3({x})3!

2

x3dx =

= x ln(x)−∣∣∣∣N1

+1

2ln(N) +

1

12

(1

N− 1

)+

1

B3({x})3!

2dx

x3−∞

N

B3({x})3!

2dx

x3=

= N ln(x)−N + 1 +1

2ln(N)− 1

12+

1

12N+

1

B3({x})3!

2dx

x3−∞

N

B3({x})3!

2dx

x3=

= N ln(x)−N +1

2ln(N) +

11

12+

1

B3({x})3

dx

x3︸ ︷︷ ︸=:c=?

+1

12N− int∞N

B3({x})3

dx

x3︸ ︷︷ ︸≤max |B3({x})

3 ·∞

N

dxx2︸ ︷︷ ︸

RN

N

dx

x2−→ 2

N2

N ! = ec ·(N

e

)N √NeRN mit Rn −→ 0

pn =2 · 4 · 6 · ... · 2n

1 · 3 · 5 · ... · (2n− 1)=

(2 · 4 · 6 · ... · 2n)2

(1 · 3 · 5 · ... · (2n− 1))2=

22n(n!)2

(2n)!

limn→∞

(pn√n

)=√π

limn→∞

(22n(n!)2

(2n)!√n

)=√π

n! = D(n

3

)n√neRn ⇒ lim

n→∞

(22n ·D2n

(ne

)2nne2Rn

D(

2ne

)2n√2n · eR2n ·

√n

)=

D√2

limn→∞

(e2Rn−R2n

)=

D√2

⇒ D√2

=√π ⇔ D =

√2π = ec

N ! =

(N

e

)N √2πN · eRn Stirling’sche Formel

ln(N !) =

N

1

ln(x)dx+1

2

(ln(N) + ln(1)

)+B2

2!

(1

N− 1

)+

N

1

B3({x})3!

2dx

x3

247

Page 255: Analysis - IG Mathe · ximation, zun achst f ur Funktionen auf Gebieten in einem Rnund dann koordina- ... 7 Konvexe Funktionen 185 7.1 Eine stetige nirgends di erenzierbare Funktion

B0 = 1, B1 = −1

2, B2 =

1

6, B3 = 0

B3(x) = x3 − 3

2x2 +

1

2x = x

(x− 1

2

)(x− 1) =

= N ln(N)−N +1

2ln(N) +

1

2ln(2π) +

1

12N−∞

N

B3({x})3

dx

x3

N

B3({x})3

dx

x3:

k+1ˆ

k

B3(x− k)

3

dx

x3=

k+1ˆ

k

B3(x− k)

3

dx

x3︸ ︷︷ ︸x=k+u

−k+1ˆ

k

−B3(x− k)

3

dx

x3︸ ︷︷ ︸x=k+1−u

=

=

12ˆ

0

B3({x})3

(u)︸ ︷︷ ︸≥0

(1

(k + u)3− 1

(k + 1− u)3

)︸ ︷︷ ︸

≥0

du ≥ 0

N

B3({x})3

dx

x3≤ 1

36√

3·∞

N

dx

x3=

1

72√

3N2

⇒ ln(N !) :

N ln(N)−N +1

2ln(2πN) +

1

12N− 1

72√

3N2≤ ln(N !) ≤

≤ N ln(N)−N +1

2ln(2πN) +

1

12NN∑n=1

ln(n) =

= N ln(N)−N +1

2ln(N) +

L∑l=1

B2l

(2l)!(2l − 2)!

(1

N2l−1− 1

)+

+1 +

1

B2L+1({x})(2L+ 1)!

(2L)!

x2L+1dx =

= N ln(N)−N +1

2ln(N) + 1−

L∑l=1

B2l

(2l)(2l − 1)+

1

B2L+1({x})2L+ 1

dx

x2L+1︸ ︷︷ ︸= 1

2 ln(2π)

+

+

L∑l=1

B2l

(2l)(2l − 1)

1

N2l−1−∞

N

B2L+1({x})2L+ 1

dx

x2L+1

248

Page 256: Analysis - IG Mathe · ximation, zun achst f ur Funktionen auf Gebieten in einem Rnund dann koordina- ... 7 Konvexe Funktionen 185 7.1 Eine stetige nirgends di erenzierbare Funktion

Bemerkung 174.

|Bl(x)| ≤ 2l!

≤2︷︸︸︷ζ(l)

(2π)l, l ≥ 2

ζ(s) =

∞∑n=1

1

ns

|B2l| ≤eigentlich

”=”

2(2l)!ζ(2l)

(2π)2l

L∑l=1

B2l

2l(2l − 1)

1

N2l−1

N∑n=1

ln(n) ∼ N ln(N)−N +1

2ln(2πN) +

∞∑l=1

B2l

2l(l − 1)

1

N2l−1︸ ︷︷ ︸Nach Stop bei festem list der Fehler kleiner,als der l-te Summand

⇐⇒ ∀L : ln(N !) = N ln(N)−N +1

2ln(2πN) +

L∑l=1

B2l

2l(2l − 1)

1

N2l−1+RLN

|RLN | ≤cL

N2L+1

ζ(s) =

∞∑n=1

1

nsfur <(s) > 1 konvergiert die Reihe absolut

f(x) = x−s

f (l)(x) =(−s)(−s− 1) · ... · (−s− l + 1)

xs+l= (−1)l

(s)(s+ 1) · ... · (s+ l − 1)

xs+l

∞∑n=1

1

ns=

N

1

dx

xs+

1

2

(1 +

1

Ns

)+

L∑l=1

B2l

(2l)!s(s+ 1) · ... · (s+ 2l − 1)

(1− 1

Ns+l−1

)−

−N

1

B2L+1({x})(2L+ 1)!

s(s+ 1) · ... · (s+ 2L)dx

xs+2L+1

N →∞ : ζ(s) =1

s− 1︸ ︷︷ ︸s6=1

+1

2+

L∑l=1

B2l

2l

(s+ 2l − 2

2l − 1

)−∞

1

B2L+1({x})(s+ 2L

2L+ 1

)dx

xs+2l+1=

=1

s− 1+

1

2+

L∑l=1

B2l

2l

(s+ 2l − 2

2l − 1

)−(

2 + 2L

2L+ 1

) ∞

1

B2L+1({x}) dx

xs+2L+1︸ ︷︷ ︸konvergiert fur <(s+2L+1)>1,

<(x)>−2L

249

Page 257: Analysis - IG Mathe · ximation, zun achst f ur Funktionen auf Gebieten in einem Rnund dann koordina- ... 7 Konvexe Funktionen 185 7.1 Eine stetige nirgends di erenzierbare Funktion

L = 1 : ζ(0) = −1 +1

2+B2

2

(0

1

)−(

2

3

) ∞

1

... = −1 +1

2= −1

2

2L > m ≥ 2L− 2,m ∈ N :

ζ(−m) = − 1

m+ 1+

1

2+

L∑l=1

B2l

2l

(−m+ 2l − 2

2l − 1

)−

−(−m+ 2L

2L

)︸ ︷︷ ︸

=0

1

B2L+1({x}) dx

xm+2L+1

(−m+ 2l − 2

2l − 1

)︸ ︷︷ ︸

≤0

=

=(−m+ 2l − 2)(−m+ 2l − 3) · ... · (−m)

(2l − 1)!= −m(m− 1) · ... · (m− 2l + 2)

(2l − 1)!=

= − (m+ 1)m(m− 1) · ... · (m− 2l + 2)

2l(2l − 1)!

2l

m+ 1= − 2l

m+ 1

(m+ 1

2l

)ζ(−m) = − 1

m+ 1+

1

2− 1

m+ 1

L∑l=1

(m+ 1

2l

)B2l =

= − 1

m+ 1

(B0 +B1

(m+ 1

1

)+

m+1∑l=2

(m+ 1

l

)Bl

)=

= −Bm+1

m+ 1∈ Q

ζ(−2m) = 0 m ≥ 1

∞∑n=1

n = −B2

2= − 1

12⇐⇒

N∑n=1

n− N2

2− CN = − 1

12

↪→ Riemann-Regularisierung

N∑n=1

nm.... Faulhaber

ζ ′(0) = −1

2ln(2π)

lims→1

(ζ(s)− 1

s− 1

)= γ

z

ez − 1=

∞∑n=0

Bnn!zn

z

ez − 1+z

2=

∞∑n=0

B2n

(2n)!z2n

z(ez + 1)

2(ez − 1)=z

2

ez2 + e−

z2

ez2 − e− z2

=z

2coth

(z2

)=

∞∑n=0

B2n

(2n)!z2n

250

Page 258: Analysis - IG Mathe · ximation, zun achst f ur Funktionen auf Gebieten in einem Rnund dann koordina- ... 7 Konvexe Funktionen 185 7.1 Eine stetige nirgends di erenzierbare Funktion

z coth(z) =

∞∑n=0

22nB2n

(2n)!z2n

iz coth(iz) = z coth(z) =

∞∑n=0

(−1)n22nB2n

(2n)!z2n

coth(z) =1

2+

∞∑n=1

(−1)n22nB2n

(2n)!z2n−1

tan(z) = cot(z)− 2 cot(2z)

cot(z)− tan(z) =cos(z)

sin(z)− sin(z)

cos(z)= 2

cos(z)2 − sin(z)2

2 sin(z) cos(z)

tan(z) =1

2+

∞∑n=1

(−1)n22nB2n

(2n)!z2n−1 − z

2z− 2

∞∑n=1

(−1)n22nB2n

(2n)!22n−1z2n−1 =

=

∞∑n=1

(−1)n4nB2n

(2n)!(4n − 1)z2n−1

B1

B2

B3B4

B5B6

251

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Die Partialbruchzerlegung des Cotangens

cot(z) =1

2+

∞∑n=1

(−1)nB2n

(2n)!4nz2n−1

f(x) = π cot(xπ) fur x ∈ Z nicht definiert, dort hat sie Polstelle, also eine Nenner-Nullstelle

limx→0

(f(x)− 1

x

)= 0

f(x) = π1

πx+ π

∞∑n=1

(−1)nB2n

(2n)!4nπ2n− 1x2n−1

k ∈ Z

limx→k

(f(x)− 1

x− k

)= 0

g(x) =∑k∈Z

1

x− kkonvergiert nicht

gn(x) =

n∑k=−1

1

x− k=

1

x+∑k=1

(1

x− k︸ ︷︷ ︸Z+(+n)

+1

x+ k︸ ︷︷ ︸Z−(−n)

)=

1

x

n∑k=1

2x

x2 − k2

Bemerkung 175. Die Reihe 1x +

∞∑k=1

2xx2−k2 konvergiert normal auf allen kompakten

Teilintervallen von R \ Z.

Beweis.

K ⊆ R \ ZK kompakt ⇒ ∃R : K ⊆ [−R,R]

x ∈ K⇒ |x| < R k ≥ 2 ≥ 2x|

∞∑k=b2Rc+1

2x

x2 − k2(11.7)

∥∥∥∥ 2x

x2 − k2

∥∥∥∥K≤ 2R

k2 − k2

4

=8R

3k2

∞∑k=b2Rc+1

8R

3k2konvergiert, somit konvergiert (11.7) normal

⇒ g(x) =1

x+

∞∑k=1

2x

x2 − k2ist eine auf R \ Z stetige Funktion

Lemma 11. Sei h : R→ R stetig und beschrankt und gelte (11.7) ∀x ∈ R,2h(x) = h

(x2

)+ h

(x+1

2

), dann ist h konstant.

252

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Beweis.

m = supx∈R

(h(x)) wenn h(x) die Gleichung (11.7) erfullt, dann auch h(x)+C

1. Fall:

sup = max

m =∣∣h(x0)

∣∣o.B.d.A: h(0) = 0

2m = |2h(x0)| ≤∣∣∣h(x0

2

)∣∣∣+

∣∣∣∣h(x0 + 1

2

)∣∣∣∣ ≤ m+m

⇒ h(x0

2

)= m

⇒ Durch Induktion ∀n ∈ N∣∣∣h(x0

2

)∣∣∣ = m Wegen der Stetigkeit

von h gilt m = limn→∞

(∣∣∣h(x0

2

)∣∣∣) = |h(0)| = 0 ⇒ h(x) = 0 ∀x ∈ R

2. Fall:

sup 6= max

R > 1 : m− ε = max{h(x)|x ∈ R}

∃x0 ∈ R : h(x0) > m− ε

2

2m− ε < 2 |h(x0)| ≤∣∣∣h(x0

2

)∣∣∣+

∣∣∣∣h(x0 + 1

2

)∣∣∣∣ ≤ 2m∣∣∣h(x0

2

)∣∣∣ > m− ε

2oder

∣∣∣∣h(x0 + 1

2

)∣∣∣∣ > m− ε

2

x1 =x0 + u1

2u1 ∈ {0, 1}

durch Anwendung desselben Arguments

x2 =x1 + u2

2u2 ∈ {0, 1}

mit |h(x2)| > m− ε

2durch Induktion

xn =xn−1 + un

2un ∈ {0, 1} |h(xn)| > m− ε

2

=xn−2+un−1

2 + un

2=xn−2

4+un−1

4+un2

......

x0

2n+un2n

+u2

2n−1+

x1

2n−1+ · · ·+ un

2

253

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Die Summe allerui

2n−i∈ (0, 1)

⇒ das heißt: fur n, hinreichend groß, gilt |xn| < R

⇒ m− ε ≥ |h(x0)| > m− ε

2E da ε > 0

Korollar 11.0.1. Sei h : R → R stetig und gelte 2h(x) = h(x2

)+ h

(x+1

2

)∀x ∈ R. Wenn h

periodisch ist, dann ist h konstant und beschrankt.

Beweis. Aus Periodizitat und Stetigkeit folgt Beschranktheit, nach Lemma 11,also ist h konstant.

π cot(πx

2

)+ π cot

(π(x+ 1)

2

)=

= πcos(πx2

)sin(πx2

) − π sin(πx2

)cos(πx2

) =

= 2πcos2

(πx2

)− sin2

(πx2

)2 sin

(πx2

)cos(πx2

) = 2π cot(πx)

das heißt π cot(πx) erfullt (11.7)

gn(x) =

n∑k=−n

1

x− k

gn

(x2

)+ gn

(x+ 1

2

)=

n∑k=−n

2

x− 2k+

n∑k=−n

2

x− (2k − 1)=

= 2

2n∑k=2n−1

1

x− k= 2g2n(x) +

2

x+ 2n+ 1

n→∞ : g(x

2

)+ g

(x+ 1

2

)= 2g(x) g erfullt ebenfalls (11.7)

gn(x+ 1)− gn(x) =

n∑k=−n

1

x− (k − 1)−

n∑k=−n

1

x− k=

1

x+ n+ 1− 1

x− n

n→∞ : g(x+ 1)− g(x) = 0 das heißt g ist periodisch mit Periode 1

h(x) = π cot(πx)− g(x) ist periodisch mit Periode 1, erfullt (11.7)

zu zeigen: h(x) ist stetig, da h periodisch, zeige, dass sie stetig an der Stelle 0 ist:

limx→0

π cot(πx)︸ ︷︷ ︸=0

−∞∑k=1

2x

x2 − k2

= 0

Mit der Periodizitat ergibt sich die Stetigkeit von h auf ganz R

254

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Wir haben damit

π cot(πx) =1

x+

∞∑k=1

2x

x2 − k2gezeigt ∀x ∈ R \ Z

=1

x+

∞∑k=1

(1

x− k+

1

x+ k

)=

1

x+

∞∑=1

(1

x− k+

1

k+

1

x+ k− 1

k

)=

=1

x+

∑k∈Z\{0}

(1

x− k+

1

k

)

π cot(πx)− 1

x=

∞∑k=1

2x

x2 − k2= −2x

∞∑k=1

1

k2(1− x2

k2

)︸ ︷︷ ︸als geometrische Reihe

=

= −2x

∞∑k=1

1

k2·∞∑n=0

x2n

k2n= −2x

∞∑n=0

x2n ·∞∑k=1

1

k2n+2︸ ︷︷ ︸ζ(2n+2)

=

= −2

∞∑n=0

x2n−1 · ζ(2n)

π

∞∑n=1

(−1)nB2n

(2n)!· 4n(πx)2n−1 =

=

∞∑n=1

x2n−1 (−1)nB2n

(2n)!(2π)2n

ζ(2n) =1

2· (−1)n−1 B2n

(2n)!· (2π)2n

n = 1 : ζ(2) =

∞∑n=1

1

n2=

1

2· 1 · B2

2· 4π2 =

π2

6

n = 2 : ζ(4) =

∞∑k=1

1

n4= −1

2· B4

4!· 16π4 =

π4

20

∞∑n=1

1

n3=? /∈ Q

Bemerkung 176. B2n(−1)n−1 > 0, die geraden Bernoulli-Zahlen haben wechselndeVorzeichen.

255

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bisher:

|Bn| ≤ n!

|B2n| = 2(2n)! ζ(2n)︸ ︷︷ ︸≤ζ(2)

· 1

(2π)2n

|B2n| ≤ (2n)!

(π2

3

)1

(2π)2n

π cot(πz) =1

z+

∞∑k=1

2z

z2 − k2gilt fur z ∈ R (11.8)

1

z+

∞∑n=1

(−1)n−1 B2n

(2n)!4nz2n−1 =

1

z− 2

∞∑n=1

ζ(2n)z2n−1 ⇒ (11.8)

gilt fur z ∈ C mit |z| < 1

z = i :

π cot(πi) =1

i+

∞∑k=1

2i

−1− k2= π

cos(πi)

sin(πi)=

=π cosh(π)

i sinh(π)=

1

i− 2i

i·∞∑k=1

1

k2 + 1

⇒ 1 + 2

∞∑k=1

1

k2 + 1= π coth(π)

π cot(πx)− 1

x=

∞∑k=0

2x

x2 − k2

Die linke Seite der Gleichung ist eine Regelfunktion,

Die rechte Seite ist eine normal konvergente Reihexˆ

0

π cot(πξ)− 1

ξdξ = ln

(| sin(πξ)|

)− ln(πξ)

∣∣∣∣x0

= ln

(sin(πξ)

πξ

) ∣∣∣∣∣x

0

=

= ln

(sin(πx)

πx

)fur |x| < 1

sin(πx) = πx

∞∏n=1

(1− x2

n2

)

1 =π

2

∞∏n=1

(1− 1

4n2

)=π

2

∞∏n=1

(2n− 1)(2n+ 1)

2n · 2n

π

2= limN→∞

(N∏n=1

2n · 2n(2n− 1)(2n+ 1)

)Wallis-Produkt

256

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pn(x) = x ·n∏k=1

(1− x2

k2

)= x ·

n∏k=1

(k + x)(k − x)

k2=

= − (−1)n(x− n)(x− n+ 1) . . . (x− 1)x(x+ 1)

(n!)2

pn(x+ 2)

pn(x)=

(x− n+ 1)(x+ n+ 2)

(x− n)(x− n+ 1)

n→∞−→ 1

⇒ sin(πx) = πx

∞∏n=1

(1− x2

n2

)fur alle x ∈ R oder C

π cot(πx) =1

x+

∞∑k=1

(1

x+ k+

1

x− k

)

− π2

sin(πx)2= − 1

x2−∞∑k=1

1

(x+ k)2+

1

(x− k)2

π2

sin(πx)2=∑k∈Z

1

(x− k)2=

∞∑k=−∞

1

(x− k)2

257

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12 Gleichmaßige Konvergenz

fn : D → C Funktionenfolge

limx→a

(limn→∞

(f(x)))

?= limn→∞

(limx→a

(f(x)))

f(x) = limn→∞

(fn(x))

∀x ∈ D, ∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : |f(x)− fn(x)| < ε

Problem: N = N(X, 2)

Beispiel 77.

limn→∞

(limx→1−

(xn)

)= limn→∞

(1) = 1

limx→1−

(limn→∞

(xn))

= 0

Definition 12.1. Sei (fn)n∈N eine Folge von Funktionen mit Grenzwertfunktion

f : D → C, ∀x ∈ D, f(x) = limn→∞

(fn(x)

)(fn)n∈N konvergiert gleichmaßig gegen f , wenn

∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N, ∀x ∈ D : |fn(x)− f(x)| < ε

Bemerkung 177. Punktweise Konvergenz

∀x ∈ D, ∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : |fn(x)− f(x)| < ε

Bemerkung 178.

‖f‖D = supx∈D

(|f(x)|

)Supremumsnorm auf D

(fn)n∈N konvergiert gleichmaßig auf f , wenn

∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : ‖f − fn‖D < ε⇔ limn→∞

(‖f − fn‖D

)= 0

Satz 12.1. Sei fn : D → C eine gleichmaßig konvergente Folge stetiger Funktionen, dann ist dieGrenzfunktion f : D → C, f(x) = lim

n→∞

(fn(x)

)ebenfalls stetig.

258

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Beweis. x0 ∈ D und ε > 0, dann gibt es ein N ∈ N: ∀n ≥ N und ∀x ∈ D

|fn(x)− f(x)| < ε

3Sei n ≥ N fest, dann ist fn stetig in x0

das heißt: ∃δ > 0, ∀x ∈ D : |x− x0| < δ ⇒ |fn(x)− fn(x0)| < ε

3Sei |x− x0| < δ

|f(x)− f(x0)| ≤ |f(x)− fn(x)|︸ ︷︷ ︸< ε

3

+ |fn(x)− fn(x0)|︸ ︷︷ ︸< ε

3

+ |fn(x0)− f(x0)|︸ ︷︷ ︸< ε

3

< ε

Satz 12.2. Sei fn : I → C eine gleichmaßig konvergente Folge von Regelfunktionen mit Grenz-wertfunktion f . Dann ist f eine Regelfunktion und es gilt

a

f(x)dx = limn→∞

a

fn(x)dx

Beweis.

∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N, ∀x ∈ I : |fn(x)− f(x)| < ε

3Sei n ≥ N dann ist fn eine Regelfunktion

Appro-xima-tions-satz=⇒ ∃ϕ Treppenfunktion : ∀x ∈ I : |ϕ(x)− fn(x)| < ε

3∀ε > 0, ∀x ∈ I : |f(x)− ϕ(x)| ≤ |f(x)− fn(x)|︸ ︷︷ ︸

< ε3

+ |fn(x)− ϕ(x)|︸ ︷︷ ︸< ε

3

< ε

∀ε > 0, ∃ϕ Treppenfunktion: ‖f − ϕ‖I < ε⇒ f ist Regelfunktion

∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N und ∀x ∈ I : |f(x)− fn(x)| < ε

b− an ≥ N :∣∣∣∣∣∣

a

f(x)dx−bˆ

a

fn(x)dx

∣∣∣∣∣∣ ≤bˆ

a

∣∣f(x)− fn(x)∣∣︸ ︷︷ ︸

< εb−a

b− a· (b− a) = ε

das heißt:

a

f(x)dx = limn→∞

a

fn(x)dx

Satz 12.3. Sei fn : I → C eine punktweise konvergente Folge stetig differenzierbarer Funktionen

259

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und sei die Folge der Ableitungen (f ′n)n∈N gleichmaßig konvergent. Dann ist die Grenzfunktion

f(x) = limn→∞

(fn(x)

)differenzierbar und es gilt:

f ′(x) = limn→∞

(f ′n(x)

)Beweis.

f∗(x) = limn→∞

(f ′n(x)) ist nach Voraussetzung stetig

Zeige: F (x) = f(a) +

a

f∗(ξ)dξ gilt

Aus dem Hauptsatz der Differential und Integralrechnung folgt: f ′ = f∗

fn(x) = fn(a) +

a

f ′n(ξ)dξn→∞−→ f(x) = f(a) +

a

f∗(ξ)dξ

Bemerkung 179. Mit demselben Beweis bekommen wir den Satz fur fast uberall stetigdifferenzierbare Funktionen.

Bemerkung 180. Sei (fn)n∈N eine Funktionenfolge auf D und sei∞∑n=1

fn normal kon-

vergent auf D. Dann ist∞∑n=1

fn auch gleichmaßig konvergent auf D.

normal konvergent

∞∑n=1

‖fn‖D <∞

f(x) =

∞∑n=0

fn(x)

∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N :

∞∑k=N+1

‖fk‖D < ε

n ≥ N :

∣∣∣∣∣f(x)−∞∑k=1

fk(x)

∣∣∣∣∣ =

∣∣∣∣∣∞∑

k=n+1

fk(x)

∣∣∣∣∣ ≤∞∑

k=n+1

‖fk‖D < ε

260

Page 268: Analysis - IG Mathe · ximation, zun achst f ur Funktionen auf Gebieten in einem Rnund dann koordina- ... 7 Konvexe Funktionen 185 7.1 Eine stetige nirgends di erenzierbare Funktion

das heißt: ∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N, ∀x ∈ D :

∣∣∣∣∣f(x)−n∑k=1

fk(x)

∣∣∣∣∣ < ε

Die Folge der Partialsummen

(n∑k=1

fk(x)

)n∈N

konvergiert gleichmaßig gegen f(x)

Satz 12.4. Cauchykriterium fur gleichmaßige KonvergenzEine Funktionenfolge (fn)n∈N

[fn : D → C

]ist genau dann gleichmaßig konvergent auf D,

wenn

∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n,m ≥ N : ‖fm − fn‖D < ε

Beweis.

”⇒” Sei fn gleichmaßig konvergent gegen f

∀ε > 0 ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : ‖fn − f‖D < ε2

∀ε > 0 ∃N ∈ N : ∀m ≥ N : ‖fm − f‖D < ε2

⇒ ‖fn − fm‖ ≤ ‖fn − f‖︸ ︷︷ ︸< ε

2

+ ‖fm − f‖︸ ︷︷ ︸< ε

2

< ε

”⇐”

∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n,m ≥ N : ∀x ∈ D : |fn(x)− f(x)| < ε

das heißt: fur jedes x ∈ D ist(fn(x)

)n∈N eine Cauchy-Folge

⇒ ∀x ∈ D, ∃f(x) = limn→∞

(fn(x)

)punktweise konvergent

|f(x)− fn(x)| = limn→∞

(| fn(x)− fm(x)︸ ︷︷ ︸

|)< ε

⇒ ∀x ∈ D : |f(x)− fn(x)| < ε ⇒ (fn)n∈N konvergiert gleichmaßig gegen f

Bemerkung 181.(C(D), ‖·‖D

)ist vollstandig.

261

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Bemerkung 182. Abelsche Summation

n∑k=1

akbk, An =

n∑k=1

ak, ak = Ak −Ak−1, A0 = 0

n∑k=0

akbk =

n∑k=1

(Ak −Ak−1)bk =

n∑k=1

Akbk −n∑k=1

Ak−1bk =

=

n∑k=1

Akbk −n−1∑k=1

Akbk+1 =

n∑k=1

Ak(bk − bk−1) +Anbn+1

Satz 12.5. Kriterium von DirichletSeien (fn)n∈N eine reellwertige und (an)n∈N eine komplexwertige Funktionenfolge und gelte:

1. ∀x ∈ D :(fn(x)

)n∈N ist monoton fallend

2. (fn)n∈N konvergiert gleichmaßig auf D gleichmaßig gegen 0

3. ∃M ∈ N : ∀n ∈ N :

∥∥∥∥ n∑k=1

ak

∥∥∥∥D

≤M

Dann konvergiertn∑k=1

ak(x)fk(x) gleichmaßig auf D.

Beweis.

n+m∑k=n+1

ak(x)fk(x) =

n+m∑k=1

ak(x)fk(x)−n∑k=1

ak(x)fk(x) =[An(x) =

n∑k=1

ak(x)

]

=

n+m∑k=1

Ak(x)(fk(x)− fk+1(x)

)−

n∑k=1

Ak(x)(fk(x)− fk+1(x)

)+

+An+m(x)fn+m+1 −An(x)fn+1(x)

n+m∑k=n+1

ak(x)fk(x) =

n+m∑k=n+1

Ak(x)(fk(x)− fk+1(x)

)+An+m(x)fn+1(x)−An(x)fn+1(x)

Sei ε > 0 und N ∈ N so groß, dass fur n ≥ N und ∀x ∈ D : fn(x) <ε

4M∣∣∣∣∣n+m∑k=n+1

ak(x)fk(x)

∣∣∣∣∣ ≤n+m∑k=n+1

|Ak(x)|(fk(x)− fk+1(x)

)︸ ︷︷ ︸≥0

+

+|An(x)|fn+1(x) +An+m(x)fn+m+1(x) ≤

262

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≤Mn+m∑k=n+1

fk(x)− fk+1(x)︸ ︷︷ ︸fn+1(x)−fn+m+1(x)

+Mfn+1(x) +Mfm+n+1(x) =

= 2Mfn+1(x) ≤ ε

4M2M =

ε

2< ε

Beispiel 78.

∞∑k=0

eikx

k

D = [δ, 2π − δ]

dk(x) = eikx fk(x) =1

k∣∣∣∣∣n∑k=1

ak(x)

∣∣∣∣∣ =

∣∣∣∣∣n∑k=1

eikx

∣∣∣∣∣ =

=

∣∣∣∣eix(einx − 1)

eix − 1

∣∣∣∣ ≤ 2

2 sin(x2

) ≤ 1

sin(δ2

) = M

Reihe konvergiert gleichmaßig, aber nicht normal!

Satz 12.6. Kriterium von AbelSeien (an)n∈N und (fn)n∈N zwei Funktionenfolgen an : D → C, fn : D → R und gelte:

1. ∀x ∈ D (fn)n∈N monoton fallend

2. ∃M ∈ N : ∀x ∈ D und ∀n ∈ N : |fn(x)| ≤M

3.∞∑n=1

an(x) konvergiert gleichmaßig auf D.

Dann konvergiert∞∑n=1

an(x)fn(x) gleichmaßig auf D.

Beweis.

A(x) =

∞∑n=1

an(x)

An(x) =

n∑k=1

ak(x)

263

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n+m∑k=n+1

ak(x)fk(x) =

n+m∑k=n+1

(Ak(x)−A(x)

)(fk(x)− fk+1(x))+

+(An+m(x)−A(x)

)fn+m+1(x)− (An(x)−A(x))fn+1(x)

Sei ε > 0 und N ∈ N so groß, dass fur alle n ≥ N und x ∈ D : |An(x)−A(x)| < ε

4M∣∣∣∣∣n+m∑k=n+1

ak(x)fk(x)

∣∣∣∣∣ ≤n+m∑k=n+1

ε

4M·(fk(x)− fk+1(x)

)︸ ︷︷ ︸ε

4M

(fn+1(x)−fn+m+1(x)

)≤ ε

4M ·2M

4MM +

ε

4MM < ε

Satz 12.7. Abelscher Grenzwertsatz Sei∞∑n=0

an eine konvergente Reihe[an ∈ C

]. Dann

konvergiert f(x) =∞∑n=0

anxn gleichmaßig auf [0, 1].

Das heißt f ist stetig auf [0, 1] und∞∑n=0

an = limx→1−

(f(x))

Beweis. Nach Satz 12.6: dn(x) = an und∞∑n=0

an konvergiert gleichmaßig

fn(x) = xn ist punktweise monoton fallend auf [0, 1] =⇒ ‖fn‖ = 1

Beispiel 79.

f(x) =

∞∑k=1

eikx

kkonvergiert gleichmaßig auf [δ, 2π − δ] fur jedes δ > 0

f(x) ist stetig auf (0, 2π)

|z| < 1 :

∞∑k=1

zk

k= log

(1

1− z

)komplexer Logarithmus

Sei x ∈ (0, 2π) fest

g(t) =

∞∑k=1

tkeikx

k

nach Satz 12.7 gilt dann: limt→1−

(g(t)

)=

∞∑k=1

eikx

k

g(t) = − log(1− teix) = − ln(|1− teix|

)− i Arg(1− teix)︸ ︷︷ ︸

−π2<...<π2

264

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|1− teix|2 = (1− teix)(1− te−ix) = 1− 2t+ cos(x) + t2

Arg(1− teix) = arctan

(−t sin(x)

1− t cos(x)

)= − arctan

(t sin(x)

1− t cos(x)

)g(t) = −1

2ln(1− 2t cos(x) + t2

)+ i arctan

(t sin(x)

1− t cos(x)

)

0 < x < 2π : f(x) = g(1) = −1

2ln(2− 2 cos(x)︸ ︷︷ ︸

4 sin( x2 )2

) + i arctan

( 2 sin( x2 ) cos( x2 )︷ ︸︸ ︷sin(x)

1− cos(x)︸ ︷︷ ︸2 sin( x2 )

2

)

⇒ f(x) = − ln(

2 sin(x

2

))+ i arctan

(cot(x

2

))︸ ︷︷ ︸

π−x2

∣∣∣∣∣ tan(x) = cot(π

2− x)

∞∑k=1

cos(kx)

k= − ln

(2 sin

(x2

))∞∑k=1

sin(kx)

k=π − x

2

∞∑k=1

sin(kx)

k=

1

2

∞∑k=−∞k 6=0

eikx

ik=π − x

2x→ 2πt

∞∑k=−∞k 6=0

−e2πikt

2πtk=

(π − 2πt)

2π= −

(t− 1

2

)= −B1(t) 0 < t < 1

Weil die Reihe gleichmaßig konvergiert, gilt

∞∑k=−∞k 6=0

e2πikt

(2πik)2= −1

2B2(t) + C

Die linke Seite hat

0

...dx = 0 also muss C = 0 gelten

durch Induktion:∞∑

k=−∞k 6=0

e2πikt

(2πik)m= − 1

m!Bm(t)

Bemerkung 183. |Bn(t)| ≤ 2m!ζ(m)(2π)−m folgt dann unmittelbar

265

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m = 2n :

∞∑k=−∞k 6=0

e2πikt

(2πik)2n= (−1)n

∞∑k=1

e2πikt + e−2πikt

(2πk)2n=

= 2(−1)n∞∑k=1

cos(2πkt)

(2πk)2n= − 1

(2n)!B2n(t)

∞∑k=1

cos(2πkt)

k2n=

(−1)n−1(2π)2n

2(2n)!B2n(t)

m = 2n+ 1 :

∞∑k=−∞k 6=0

e2πikt

(2πik)2n+1=

∞∑k=1

e2πikt − e−2πikt

(2πik)2n+1=

= (−1)n2∞∑k=1

sin(2πkt)

(2πk)2n+1= − 1

(2n+ 1)!B2n+1(t)

∞∑k=1

sin(2πkt)

k2n+1=

(−1)n(2π)2n+1

2(2n+ 1)!B2n+1(t) t ∈ [0, 1]

∞∑k=1

χ(k)

k2n+1=

2√3

(−1)n−1(2π)2n+1

2(2n+ 1)!B2n+1

(1

3

)

χ(k) =

1 k ≡ 1 mod 3

−1 k ≡ 2 mod 3

0 k ≡ 0 mod 3

Satz 12.8. Satz von DiniSei (fn)n∈N eine Folge stetiger Funktionen und konvergiere ∀x ∈ D :

(fn(x)

)n∈N monoton wach-

send gegen die stetige Grenzwertfunktion f(x). Wenn D kompakt ist, dann konvergiert(fn(x)

)n∈N

gleichmaßig gegen f(x).

Beweis. indirekt: Die Funktionenfolge sei nicht gleichmaßig konvergent

∃ε > 0 : ∀N ∈ N, ∃n ≥ N, ∀x ∈ D : |fn(x)− f(x)| ≥ ε∃(nk)k∈N

∃xk : fnk(xk) ≤ f(xk)− ε wegen der Monotonie von(fn(x)

)n∈N

266

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Wegen der Kompaktheit von D besitzt (xk)k∈N eine konvergente Teilfolge

(xkl)l∈N : x0 = liml→∞

(xkl) ∈ D

fur m ≤ nkl gilt fm(xkl) ≤ fnkl (xkl) ≤ f(xkl)− εfur festes m gilt diese Ungleichung ab einem Index l ≥ L0

liml→∞=⇒ fm(x0) ≤ f(x0)− ε

⇒ limm→∞

(fm(x0)) = f(x0) ≤ f(x0)− ε E

Der Approximationssatz von Weierstraß

n∑k=0

(n

k

)xk(1− x)n−k = 1 = (x+ 1− x)n

n∑k=0

(n

k

)kxk(1− x)n−k = xn

n∑k=1

(n− 1

k − 1

)xk−1(1− x)n−1)(k−1) = nx(x+ 1− x)n−1 = nx

k ≥ 1 :n!

(n− k)!k!k = n

(n− 1

k − 1

)n∑k=0

(n

k

)k(k − 1)︸ ︷︷ ︸

n(n−1)(n−1k−2)

xk(1− x)n−k = n(n− 1)x2n∑k=2

(n− 2

k − 2

)xk−2(1− x)(n−2)(k−2) = n(n− 1)x2

n∑k=0

(n

k

)k2xk(1− x)n−k = n2x2 + nx(1− x)

n∑k=0

(n

k

)(k − nx)2xk(1− x)n−k = n2x2 + nx(1− x)− 2n2x2 + n2x2 = nx(1− x)

n∑k=0

(n

k

)(k

n− x)2

xk(1− x)n−k =x(1− x)

n

Lemma 12. Ungleichung von TschebychefSei δ > 0 und 0 ≤ x ≤ 1, dann gilt:

n∑k=0

(n

k

)xk(1− x)n−k ≤ x(1− x)

nδ2≤ 1

4nδ2

267

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Beweis.n∑k=0

(n

k

)(k

n− x)2

xk(1− x)n−k =x(1− x)

n

n∑k=0

| kn−x|

(n

k

)(k

n− x)2

︸ ︷︷ ︸≤δ2

xk(1− x)n−k +

n∑k=0

| kn−x|

(n

k

)(k

n− x)2

xk(1− x)n−k

︸ ︷︷ ︸≥0

≥ δ2n∑k=0

| kn−x|

(n

k

)xk(1− x)n−k

⇒n∑k=0

| kn−x|

(n

k

)xk(1− x)n−k ≤ x(1− x)

nδ2≤ 1

4nδ2

Satz 12.9. Approximationssatz von WeierstraßSei f : [a, b]→ C eine stetige Funktion. Dann gibt es fur jedes ε > 0 ein Polynom p, so dass:

∀x ∈ [a, b] : |f(x)− p(x)|︸ ︷︷ ︸‖f−p‖[a,b]<ε

< ε

das heißt, jede stetige Funktion lasst sich durch Polynome beliebig genau approximieren.

Beweis nach Bernstein. oBdA: [a, b] = [0, 1], x ∈ [a, b], x = a+(b−a)t, t ∈[0, 1]Sei f : [0, 1]→ C stetig, beschrankt und gleichmaßig stetig

∃M ∈ N : ∀x ∈ [0, 1] : |f(x)| < M

∀ε > 0, ∃δ > 0, ∀x, y ∈ [0, 1] : |x− y| < δ ⇒ |f(x)− f(y)| < ε

Bn(f)(x) =

n∑k=0

(n

k

)f

(k

n

)xk(1− x)n−k︸ ︷︷ ︸

Polynom vom Grad ≤ n

n-ter Bernstein Generator

Sei ε > 0, δ > 0∣∣Bn(f)(x)− f(x)∣∣ =

∣∣∣∣∣n∑k=0

(n

k

)(f

(k

n

)− f(x)

)xk(1− x)n−k

∣∣∣∣∣ ≤≤

n∑k=0

(n

k

) ∣∣∣∣f (kn)− f(x)

∣∣∣∣︸ ︷︷ ︸<ε

xk(1− x)n−k +

n∑k=0

| kn−x|

(n

k

) ∣∣∣∣f (kn)− f(x)

∣∣∣∣︸ ︷︷ ︸≤2M, da f(x)beschrankt ist

xk(1− x)n−k ≤

≤ εn∑k=0

| kn−x|

(n

k

)xk(1− x)n−k +

2M

4nδ2≤ ε+

M

2nδ2< ε+

M2M2εδ2 δ

2≤ 2ε

268

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n =

⌊M

2εδ2

⌋+ 1

Bemerkung 184.

En(f)

= infp Polynom

Grad(p)≤n

(‖f − p‖[a,b]

)f(x) = |x| auf [−1, 1]

En(f)∼ c√

n

Bemerkung 185. Der Satz ist falsch, wenn der Definitionsbereich nicht kompakt ist.

269

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13 Metrische Raume und Topologie

Definition 13.1. Sei X 6= ∅ mit einer Abbildung d : X ×X → R mit folgenden Eigenschaften:

M1: ∀x, y ∈ X : d(x, y) ≥ 0 und d(x, y) = 0 ⇔ x = y [Definitheit]

M2: ∀x, y ∈ X : d(x, y) = d(y, x) [Symmetrie]

M3: ∀x, y, z ∈ X : d(x, z) ≤ d(x, y) + d(y, z) [Dreiecksungleichung]

Dann heißt (X, d) metrischer Raum, d heißt die Metrik auf X.Die Menge B(x, r) = B(x) = {y ∈ X : d(x, y) < r} heißt die offene Kugel um x mit Radius r.

Definition 13.2. Sei V ein R (oder C) Vektorraum, dann heißt ‖.‖ : V → R Norm auf V, wenn:

N1: ∀x ∈ V : ‖x‖ ≥ 0 und ‖x‖ = 0⇔ x = 0 [Definitheit]

N2: ∀x ∈ V, λ ∈ R( oder C) : ‖λx‖ = |λ| · ‖x‖ [Absolute Homogenitat]

N3: ∀x, y ∈ V : ‖x+ y‖ ≤ ‖x‖+ ‖y‖ [Dreiecksungleichung](V, ‖·‖

)heißt metrischer Raum. (V, d) mit d(x, y) = ‖x− y‖ ist ein metrischer Raum.

Beispiel 80.

1.(R, ‖.‖

)beziehungsweise (C, ‖.‖)

2.(Rn, ‖.‖

)beziehungsweise (C, ‖.‖)

‖x‖p =

(n∑k=1

|xk|p) 1p

, p ≥ 1

‖x‖∞ = supk=1,...,n

(|xk|

)... ∞ Norm, Maximumsnorm

3.(C(I), ‖.‖I

), I ⊆ R, I - Intervall, Supremumsnorm

‖f‖I = supx∈I(|f(x)|

)C(I) = {f : I → R( oder C) : ‖v‖ <∞ und f ist stetig}

4. Regelfunktionen:(R([a, b]), ‖.‖p

)‖f‖p =

(b

a

|f(x)|pdx

) 1p

f ∼ g f(x) = g(x) fur fast alle x ∈ [a, b][f ∼ g ⇔ ‖f − g‖p = 0

](R([a, b])/∼, ‖·‖p

)

270

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5.

lp(R)p≥1

=

{(αn)n∈N ∈ RN

∣∣∣∣∣∞∑i=1

|x : i|p <∞

}

‖xp‖ =

( ∞∑i=1

|xi|p)

l∞(R) =

{(xn)n∈N ∈ RN

∣∣∣∣ supi∈N

(‖xi‖) <∞}

6. (X, d) d(x, y) =

{0 x = y

1 x 6= y

7. X = {0, 1}N0 Raum der 0-1 Folgen (Folgenglieder entweder 0, oder 1)x = (xn)n∈N y = (yn)n∈N

d(x, y) =

{0 x = y

2−min

{n∈N0

∣∣xn 6=yn} x 6= y

Br(x) ={x ∈ {0, 1}N0

∣∣ d(x, y) < r}

={y∣∣ xi = yi fur i = 1, ...,m− 1

}= Br(z)

⇒ Jeder Punkt der Kugel ist ein Mittelpunkt1 ≥ r > 0, d(x, y) ≤ 2−m

2−m < r ≤ 2−(m−1)

Fur je zwei Punkte x und y gilt: Br(x) = Br(y) oder Br(x) ∩Br(y) = ∅

8. p Primzahl(Q, |.|p

)p fest

(xn)n∈N0

(yn)n∈N0

(zn)n∈N0

x 6= z

d(x, y) = 2−m

x0 = z0

x1 = z1

...

xm−1 = zm−1

xm 6= zm

d(x, y) = 1 = d(y, z)

d(x, y) = d(y, z) = 2−k ≥ 2−m

ym = xm oder zm = ym

ym 6= xm︸ ︷︷ ︸d(x,y)=2−m

oder zm 6= ym︸ ︷︷ ︸d(y,z)=2−m

d(x, z) ≤ max(d(x, y), d(y, z)

)≤ d(x, y) + d(y, z)

d heißt Ultrametrik

271

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Definition 13.3. Sei K ein Korper.Dann heißt eine Abbildung | · | : K → R eine Bewertung, wenn:

1. ∀x ∈ K : |x| > 0 und |x| = 0⇔ x = 0

2. ∀x, y ∈ K : |x · y| = |x| · |y|

3. ∀x, y ∈ K : |x+ y| ≤ |x|+ |y|

Bemerkung 186. Wie verhalten sich Reihen bei dieser Metrik:

∞∑n=0

an∣∣∣∣∣n+m∑k=n

ak

∣∣∣∣∣p

≤ max(|an|p, |an+1|p, ..., |an+m|p

)⇔ lim

n→∞

(|an|p

)= 0

Vervollstandigung von Q bezuglich ‖·‖pn ∈ Z : |n|p ≤ 1

Definition 13.4. Sei (X.d) ein metrischer Raum und xn ∈ X eine Folge. Dann konvergiert(xn)n∈N gegen x ∈ X ⇔ ∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : d(xn, x) < ε

x = d− limn→∞

(xn)

Bemerkung 187. (xn)n∈N heißt eine Cauchy-Folge in (X, d), wenn:∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n,m ∈ N : d(xm, xn) < ε. Jede konvergente Folge ist eine Cauchy-Folge.

Beweis. uber Dreiecksungleichung

Definition 13.5. Ein metrischer Raum (X, d) heißt vollstandig, wenn jede Cauchy-Folge (xn)n∈Nin (X, d) konvergiert.

Bemerkung 188. Sei (X, d) ein metrischer Raum.C =

{(xn)n∈N

∣∣ ∀n ∈ N : xn ∈ X, (xn)n∈N eine Cauchy-Folge}

(xn)n∈N ∼ (yn)n∈N ⇔ limn→∞

(d(xn, yn)

)= 0

C/∼ ={

[(xn)]∣∣∣ (xn) ist Cauchy-Folge

}Aquivalenzklasse von Cauchy-Folgen ⇒ Vervollstandigung von (X, d).

272

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Beispiel 81.

1.(C([a, b]), ‖.‖∞

)ist vollstandig, da Cauchykriterium gilt.

2.({0, 1}N0 , d

)(xn)n∈N konvergiert gegen x ⇔ ∀m ∈ N0 : ∃N ∈ N :

{∀n ≥ N : x

(m)n = x

(m)N

∀l ≥ N : x(m)l = x

(m)N

Ab einem gewissen Index befindet sich nichts mehr in der m-ten Koordinate

d(xn, x) < 2−m ⇔ x(0)n = x(0), x

(1)n = x(1), ..., x

(m)n = x(m)

⇒ damit gilt Cauchykriterium

3.(Riemann

([a, b]

), ‖·‖1

), ‖f‖ =

b

a

|f(x)|dx

man kann vervollstandigen, aber man versteht sie nicht (was ist Integral von Aquivalenzklassenvon Cauchy-Folgen)

Definition 13.6. Sei (X, d) ein metrischer Raum. Eine Teilmenge O ⊆ X heißt offen, wenn:

∀x ∈ O, ∃ε > 0 : B(x, ε) ⊆ O

Definition 13.7. Eine Teilmenge A ⊆ X heißt folgenabgeschlossen, wenn fur jede konvergenteFolge (an)n∈N von Punkten aus A auch d− lim

n→∞(an) ∈ A gilt.

Definition 13.8. A ⊆ X ist abgeschlossen, wenn X \A = Ac offen ist.

Satz 13.1. Eine Teilmenge A ⊆ X ist genau dann abgeschlossen, wenn siefolgenabgeschlossen ist.

Beweis.

”⇐” Angenommen A sei folgenabgeschlossen, aber nicht abgeschlossen.

⇒ ∃x /∈ A : ∀ε > 0, ∃a ∈ A : d(x, a) < ε2

ε = 1n → ∃an : d(x, an) < 1

n⇒ x = d− lim

n→∞(an) /∈ A E

”⇒” Angenommen A sei abgeschlossen, aber nicht folgenabgeschlossen.

⇒ ∃(an)n∈N in A mit d− limn→∞

(an) ∈ Aa = d− lim

n→∞(an) /∈ A ⇒ a ∈ Ac ist offen

⇒ ∃ε > 0 : d(a, ε) ⊆ Ac∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : d(a, an) < εan ∈ B(a, ε) E

273

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Bemerkung 189.”

Offen”und”

abgeschlossen”sind weder Gegenteile voneinander, nochschließen sie einander aus.

Beispiel 82. (a, b) ist weder abgeschlossen, noch offen.{0, 1}N0 , x = (0, 0, ...), y = (1, 1, ....)B(x, 1) =

{z∣∣ d(x, z) < 1

}={

(zn)∣∣ z0 = 0

}ist offen

B(x, 1)c = B(y, 1), B(x, 1)c ist offen⇒ B(x, 1) ist abgeschlossen.

Bemerkung 190. Sei (X, d) ein metrischer Raum. Sei Y ⊆ X, Y 6= ∅. Dann ist (Y, d)

mit d∣∣∣y

: Y × Y → R ein metrischer Raum. O ⊆ Y ist offen, wenn O′ ⊆ X offen mit

O = O′ ∩ YA ⊆ Y ist abgeschlossen, wenn ∃A′ ⊆ X mit A = A′ ∩ Y

Bemerkung 191. ∅, X sind offen und abgeschlossen.

Beispiel 83. C...Cantorsches Diskontinuum(− 1

3 ,12

)nC ist offen in C,

[0, 1

3

]nC ist abgeschlossen in C, ist aber die gleiche Menge.

Bemerkung 192. Seien (Oi)i∈I offene Mengen. Dann ist auch die Vereinigung offen⋃i∈IOi offen

Seien O1, ...,On offen, dann istn⋂i=1

Oi offen

Beweis.

x ∈⋃i∈IOi ⇒ ∃i0 ∈ I : x ∈ Oi0 ⇒ ∃ε > 0 : B(x, ε) ⊆ Oi0 ⊆

⋃i∈IOi

x ∈n⋂i=1

Oi ⇒ ∀i ∈ [1, n] : x ∈ Oi fur i = 1, ..., n ∃εi > 0 : B(x, εi) ⊆ Oi

ε = min(ε1, ..., εn)⇒ i = 1, ..., n B(x, εi) ⊆ Oi ⇒ B(x, ε) ⊆n⋂i=1

Oi

274

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Beispiel 84.

∞⋂n=1

(1− 1

n, 1 +

1

n

)> {1} abgeschlossen

Bemerkung 193. Seien (Ai)i∈I abgeschlossen, dann ist⋂i∈IAi abgeschlossen. Seien

A1, ..., An abgeschlossen, dann auchn⋃i=1

Ai.

Beweis. Komplement von vorher, Komplement der entsprechenden Aussage uberoffene Mengen.

Definition 13.9. Sei M ⊆ X, dann heißt

M =⋃O⊆MO offen

O der offene Kern (oder das Innere) von M

M =⋂A⊇M

A abge-schlossen

A der Abschluss von M

M ist die großte offene Teilmenge von M

M ist die kleinste abgeschlossene Obermenge von M

Sei (X, d) ein metrischer Raum, x ∈ X. Dann heißt x ∈ U ⊆ X eine ε-Umgebung von X, wennB(x, ε) ⊆ UU heißt Umgebung, wenn es ein ε > 0 gibt, sodass U eine ε-Umgebung ist.

Fx ={U ⊆ X

∣∣ U ist Umgebung von x}

heißt Umgebungsfilter von x

F1 : ∅ 6= FxF2 : ∀U ∈ Fx, ∀V ⊇ U : V ∈ FxF3 : U, V ∈ Fx : U ∩ V ∈ Fx

Bemerkung 194. (xn)n∈N sei eine Folge in (X, d)x = d− lim

n→∞(xn)⇔ ∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : d(xn, x) < ε

⇔ ∀ε > 0 ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : xn ∈ B(x, ε)⇔ ∀U ∈ Fx ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : xn ∈ U

275

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13.1 Lage von Punkten zu einer Menge

Sei (X, d) ein metrischer Raum und M ⊆ X

Definition 13.10. x ∈ X heißt innerer Punkt von M, wenn: ∀ε > 0 : B(x, ε) ⊆ M ⇔ M ∈Fx ⇔ x ∈ M

Bemerkung 195. M ={x ∈M

∣∣ x ist innerer Punkt von}

ist das Innere von M .

Definition 13.11. x ∈ X heißt außerer Punkt von M, wenn ∃ε > 0 : B(x, ε) ⊆ X \ M ⇔X \M ∈ Fx ⇔ x ∈ X \M

Definition 13.12. x ∈ X heißt Randpunkt von M, wenn ∀ε > 0 : B(x, ε)∩M 6= ∅ und B(x, ε)∩(X \M) 6= ∅das heißt x ist weder ein innerer, noch ein außerer Punkt.∂M =

{x ∈ X

∣∣ x ist Randpunkt von M}

Rand von M

∂M = M \ MX = M ∪∂M ∪(X \M) = M ∪(M \ M)∪(X \M)

Definition 13.13. x ∈M heißt isolierter Punkt von M, wenn ∃ε < 0 : B(x, ε) ∩M = {x}[x ∈ ∂M , wenn ∀ε > 0 : B(x, ε) 6= {x}

]Wenn die Metrik nicht diskret ist, dann ist jeder Punkt ein isolierter Punkt.

Definition 13.14. x ∈ X heißt Haufungspunkt von M, wenn

∀ε > 0 :(B(x, ε) ∩M

)\ {x} 6= ∅

⇔ ∀ε > 0, ∃y ∈M, y 6= x : d(x, y) < ε

⇔ ∀ε > 0, B(x, ε) ∩M enthalt ∞-viele Punkte

⇔ ∃xn ∈M : xn 6= x : d− limn→∞

(xn) = x

Definition 13.15. M ⊆ X heißt dicht in X, wenn jeder Punkt von X ein Haufungspunkt von Mist ⇔ ∀O gilt, dass O offen ist mit O 6= ∅ und O ∩M 6= ∅

Beispiel 85.

• Q liegt dicht in R

276

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• Die Polynomfunktionen liegen dicht in den stetigen Funktionen C([a, b]

)Bn(f)(x) =

n∑k=0

(n

k

)f

(k

n

)xk(1− x)n−k

Bn,N(f)(x) =

n∑k=0

(n

k

)1

N

⌊Nf

(k

n

)⌋xk(1− x)n−k

Polynom mit rationalen Koeffizienten

‖Bn,N(f)−Bn

(f)‖ ≤ 1

N

‖Bn(f)− f‖ < ε fur n ≥ N0

⇒ ‖Bn,N(f)− f‖ < 2ε fur n ≥ N0 N ≥

⌊1

ε

⌋+ 1

Das heißt Polynomfunktionen mit rationalen Koeffizienten liegen dicht in C([a, b]

)C([a, b]

)enthalt also eine abzahlbare dichte Teilmenge

Definition 13.16. Ein metrischer Raum, der eine abzahlbare dichte Teilmenge enthalt, heißtseparabel.

Beispiel 86. C...Cantorsches Diskontinuum

C0 = [0, 1], C1 =

[0,

1

3

]∪[

2

3

], C2 =

[0,

1

4

]∪[

2

4,

1

3

]∪[

2

3,

7

9

]∪[

8

9, 1

]C =

∞⋂n=0

Cn ist abgeschlossen

C hat keine inneren Punkte, alle Punkte von C sind Randpunkte

C0 = ∅, x ∈ C =

{ ∞∑n=1

εn3n∣∣εn ∈ {0, 2}}

x =

∞∑n=1

εn3n

xk =

k∑n=1

εn3n

+∞∑

n=k+1

εn3n︸ ︷︷ ︸

<2∞∑

n=k+1

13n= 2

3k+1(1− 13 )

=3−k

6= x

x = limk→∞

(xk)⇒ x ist Haufungspunkt von C

Definition 13.17. Eine Menge M ⊆ X heißt perfekt, wenn sie abgeschlossen und in sich dichtist (↔ M hat keine isolierten Punkte).

277

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Beispiel 87. M = {(x, y) ∈ R2∣∣x ∈ (0, 1], y = sin

(1x

)} ∪ {0, 0}

0.1 0.3 0.5 0.7 0.90.2 0.4 0.6 0.8 10

0.2

0.4

0.6

0.8

1

−1

−0.8

−0.6

−0.4

−0.2

M0 = ∅ keine inneren Punkte

Behauptung:{

(0, y)∣∣ y ∈ [−1, 1]

}sind Haufungspunkte von M

(0, y), sin

(1

xn

), xn =

1

2πn+ arcsin(y)(1

2πn+ arcsin(y), y

)n→∞−→ (0, y)

M = M ∪{

(0, y)∣∣ y ∈ [−1, 1]

}= ∂M

278

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13.2 Stetigkeit

Definition 13.18. Seien (X, d1) und (X, d2) metrische Raume. Dann heißtf : X → Y stetig in x ∈ X, wenn ∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀x ∈ X : d1(x, x0) < δ⇒ d2

(f(x), f(x0)

)< ε

f heißt stetig auf X, wenn f in jedem x ∈ X stetig ist.f(x) ∈ ε-Umgebung von f(x)∀ε > 0, ∃δ > 0 : f−1

(ε-Umgebung von f(x)

)⊇ B(x0, δ)

f−1(ε-Umgebung von f(x)

)ist eine δ-Umgebung von x0.

Bemerkung 196. f ist genau dann stetig in x0, wenn das Urbild jeder Umgebung vonf(x) eine Umgebung von x0 ist.

Bemerkung 197. FolgenkriteriumSeien (X, d1) und (X, d2) metrische Raume. f : X → Y ist genau dann stetig in x0 ∈ X,wenn fur jede Folge (xn)n∈N von Punkten aus X mit x0 = d1 − lim

n→∞(xn) auch f(x0) =

d2 − limn→∞

(f(xn)) gilt.

Beweis. Analog zum Folgenkriterium fur reelle Funktionen

Satz 13.2. Seien (X, d1) und (Y, d2) metrische Raume und f : X → Y . f ist genau dann stetigin X, wenn fur jede offene Teilmenge O ⊆ Y, f−1(O) offen ist in X.

Beweis.

”⇒” Sei f stetig auf X, y ∈ Y, y ∈ O ⊆ Y, O ist offen

f−1(O) ={x ∈ X

∣∣ f(x) ∈ O}

∃x0 ∈ X : f(x0) = y, ∃ε > 0 : Bd2(y, ε) ⊆ O∃δ > 0 : ∀x ∈ X : d1(x, x0) < δ ⇒ d2

(f(x), f(x0)

)< ε

x ∈ Bd1(x0, δ)⇒ f(x) ∈ Bd2(f(x0), ε

)Bd1(x0, δ) ⊆ f−1

(Bd2

(f(x0), ε

))⊆ f−1(O)

das heißt f−1(O) ist offen

”⇐” Sei f−1(O) offen fur alle O ⊆ Y

x0 ∈ f−1(O) 6= ∅, f(x0) ∈ O, O = Bd2(f(x0), ε

)x0 ∈ f−1

(Bd2

(f(x0), ε

))offen

⇒ ∃δ > 0 : Bd1(x0, δ) ⊆ f−1(Bd2

(f(x0), ε

))∀ε > 0, ∃δ > 0 : d1(x, x0) < δ ⇒ d2

(f(x), f(x0)

)< ε

279

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Bemerkung 198. Stetigkeit und Konvergenz konnen wir jetzt in offenen Mengen for-mulieren (ohne ε, δ)(X, τ), τ ⊆ P(X), τ−Topologie

1. ∅, X ∈ τ

2. O1,O2, ...,On ∈ τ ⇒ O1 ∩ O2 ∩ ... ∩ On ∈ τ

3. (Oi)i∈I , Oi ∈ τ ⇒⋃i∈IOi ∈ τ

Das heißt Elemente von τ heißen die offenen Mengen.

Beispiel 88. (Y, d) metrischer Raum. f : X → Y , X 6= ∅τ =

{f−1(O

∣∣ O offen in Y}

(X, τ) ist dann ein topologischer Raum.

13.3 Kompaktheit

Definition 13.19. Sei (X, d) ein metrischer Raum, (Oi)i∈I seien offene Mengen(Oi)i∈I heißt offene Uberdeckung von K ⊆ X, wenn K ⊆

⋃i∈IOi

I ′ ⊆ I mit K ⊆⋃i∈IOi dann heißt (Oi)i∈I′ Teiluberdeckung von (Oi)i∈I

Satz 13.3. Heine-BorelEine Teilmenge K ⊆ R ist genau dann kompakt, wenn jede offene Uberdeckung von K eineendliche Teiluberdeckung besitzt.

Beweis.

”⇒” Sei K ⊆ R kompakt (also beschrankt und abgeschlossen) und (Oi)i∈I eine

offene Uberdeckung von K : K ⊆⋃i∈IOi

angenommen (Oi)i∈I besitzt keine endliche TeiluberdeckungK ⊆ [a, b]K ∩

[a, a+b

2

], K ∩

[a+b

2 , b]

eine der beiden Mengen kann nicht endlichuberdeckt werden[an, bn] ∩K wird nicht endlich uberdeckt[an,

an+bn2

]∩K,

[an+bn

2 , bn]∩K

∃x0 ∈∞⋃n=1

[an, bn] ∩K Intervallschachtellung + K abgeschlossen.

∃i0 ∈ I : x ∈ Oi0 , Oi0 offen ⇒ ∃ε > 0 : (x− ε, x+ ε) ⊆ Oi0(bn − an) = (b− a)2−n wahle n so groß, dass (b− a)2−n < εx ∈ [an, bn] ∩K ⇒ [an, bn] ∩K ⊆ (x− ε, x+ ε) ⊆ Oi0[an, bn] ∩K wird von einer offenen Menge Oi0 uberdeckt E

280

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”⇐” Jede offene Uberdeckung von K habe eine endliche Teiluberdeckung

1.) K beschrankt: K ⊆⋃n∈N

(−n, n) = R

⇒ K ⊆L⋃l=1

(−nl, nl)⇒ N = max(n1, ..., nl)

⇒ K ⊆ (−N,N)

2.) K abgeschlossenangenommen K sei nicht abgeschlossen: ∃x /∈ K : ∀ε > 0(x− ε, x+ ε) ∩K 6= ∅y ∈ K, ε(y) = 1

2 |x− y|K ⊆

⋃y∈K

(y − ε(y), y + ε(y)

)63 x

⇒ H-B: K ⊆L⋃l=1

(yl − ε(yl), yl + ε(yl)

)ε = min

(1, ε(y1), ..., ε(yl)

)y ∈

L⋃l=1

(yl − ε(yl), yl + ε(yl)

)|x− y| > εSomit ein Widerspruch, nach Annahme gibt es zu jedem ε > 0, y ∈ K

mit |x−y| < ε, andererseits gibt es wegenK ⊆L⋃l=1

(yl−ε(yl), yl+ε(yl))

nach der obigen Uberlegung |x− y| > ε0 fur ein ε0 > 0 E

Bemerkung 199. Wir haben damit gezeigt, dass die Definition der Kompaktheit (inR) aquivalent zur Bolzano-Weierstraß-Eigenschaft und nach Satz 13.5 zur Heine-Borel-Eigenschaft ist.

Bemerkung 200. In allgemeinen metrischen Raumen ist die Definition der Kompakt-heit durch Beschranktheit und Abgeschlossenheit nicht geeignet.

Definition 13.20. Sei (X, d) ein metrischer Raum K ⊆ X heißt folgenkompakt, wenn jede Folgevon Punkten aus K einen Haufungspunkt in K besitzt ⇔ eine in K konvergente Teilfolge besitzt.Kurz: K ist kompakt, wenn K die Bolzano-Weierstraß-Eigenschaft hat.

Definition 13.21. Sei (X, d) ein metrischer Raum K ⊆ X heißt uberdeckungskompakt, wennjede offene Uberdeckung von K eine endliche Teiluberdeckung besitzt.Kurz: K ist uberdeckungskompakt, wenn K die Heine-Borel-Eigenschaft hat.

Lemma 13. Wenn K ⊆ (X, d) uberdeckungskompakt ist, dann ist K auchfolgenkompakt.

281

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Beweis. Indirekt: angenommen K ist uberdeckungskompakt aber nicht folgen-kompakt.es gibt eine Folge (xn)n∈N aus K die keinen Haufungspunkt besitzt.∀x ∈ K : ∃ε(x) > 0 : B

(x, ε(x)

)enthalt nur endlich viele Folgenglieder.

K ⊆⋃x∈K

B(x, ε(x)

) Heine-=⇒Borel

∃y1, ..., yn : K ⊆L⋃l=1

B(yl, ε(yl)

)enthalt nur end-

lich viele Folgenglieder E

Lemma 14. Sei (X, d) ein metrischer Raum, K ⊆ X folgenkompakt. Dann gibt

es fur jedes r > 0 endlich viele Punkte x1, ..., xN ∈ K sodass K ⊆N⋃l=1

B(xl, r).

Beweis. Wir wahlen x1 ∈ K beliebig und weitere Punkte x2, ..., xn ∈ K nach

der Eigenschaft xl+1 ∈ K \l⋃i=1

B(xi, r)

zz.: N : K \N⋃i=1

B(xi, r) = ∅ ⇔ das Verfahren bricht ab.

angenommen: das Verfahren bricht nicht ab: (xn)n∈N bildet dann eine Folgevon Punkten aus K. Nach Konstruktion gilt fur m 6= n : d(xn, xm) > r. WeilK folgenkompakt ist, gibt es eine konvergente Teilfolge (xnk)k∈N, diese ist eineCauchy-Folge ∀ε > 0 : ∃L : ∀l, k ≥ L : r

k=l≤ d(xnk , xnl) < ε

Lemma 15. Sei (X, d) ein metrischer Raum, K ⊆ X sei folgenkompakt undsei A ⊆ K abgeschlossen, dann ist A folgenkompakt.

Beweis. Sei (xn)n∈N eine Folge von Punkten aus A (daher auch aus K). Daherhat (xn)n∈N eine konvergente Teilfolge (xnk)k∈N mit x = d− lim

k→∞(xnk) ∈ K :

(xnk)k∈N ist eine konvergente Folge von Punkten aus A, daher liegt der Grenz-wert x in A (A ist abgeschlossen)⇒ (xn)n∈N besitzt einen Haufungspunkt in A.

Lemma 16. Sei (X, d) ein metrischer Raum und K ⊆ X folgenkompakt, dannist K uberdeckungskompakt.

Beweis. Sei K folgenkompakt, aber nicht uberdeckungskompakt. Es gibt also ei-ne offene Uberdeckung (Oi)i∈I , K ⊆

⋃i∈I

(Oi), die keine endliche Teiluberdeckung

besitzt. Es gibt endlich viele x1, ..., xN ∈ K, sodass K ⊆N⋃i=1

B(x, 1) nach

dem Lemma. Weil K nicht von einer endlichen Teiluberdeckung von (Oi)i∈Iuberdeckt wird, gibt es einen Index i0 B(xi0 , 1)︸ ︷︷ ︸

folgen-kompakt

∩K nicht endlich uberdeckt

wird. Nach dem Lemma gibt es endlich x∗, ..., x∗N∗

sodass K ∩ B(xi0 , 1) ⊆N∗⋃i=1

B(x∗i ,

12

)⇒ ∃i0 : K ∩ B(xi0 , 1) ∩ B

(x∗i0 ,

12

)nicht

endlich uberdeckbar ist. Durch Induktion finden wir eine Folge von Punkten

(yn)n∈N, sodass K ∩ B(y1, 1) ∩ B(y2,

12

)∩ B

(y3,

14

)∩ ... ∩ B

(yn,

12n−1

)nicht

endlich uberdeckbar ist.n > k yn ∈ B

(yk,

12k−1

), d(yn, yk) ≤ 21−k

das heißt (yn)n∈N ist eine Cauchy-Folge ⇒ (yn)n∈N konvergiert in K

282

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∃y ∈ K : d− limn→∞

(yn) Lemma(nachstes)

y ∈ K : ∃i ∈ I : x ∈ Oi ⇒ ∃ε > 0, B(y, ε) ⊆ Oi aus der Cauchy-Eigenschaftvon (yn)n∈N bekommen wir d(yk, y) ≤ 21−k das heißt 21−k < ε, dann giltB(yk, 2

1−k) ⊆ B(y, ε), d(yk, x) ⊆ 21−k,d(x, y) ≤ d(x, yk) + d(yk, y) = 21−k + 21−k < ε

K ∩B(y1, 1) ∩ ... ∩B(yk, 2−k+1) ⊆ B(y, ε) ⊆ Oi E

Lemma 17. Sei (X, d) ein metrischer Raum, K ⊆ X folgenkompakt, dannist (K, d) ein vollstandiger metrischer Raum. (Jede Cauchy-Folge in K besitzteinen Grenzwert in K).

Beweis. Sei (xn)n∈N eine Cauchy-Folge ausK.K ist folgenkompakt⇒ ∃(xnk)k∈Nmit x = d− lim

k→∞(xnk), x ∈ K

∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n,m ≥ N : d(xm, xn) < εn ≥ N, d(xn, xnk)

fur k≥L< ε⇒ lim

k→∞(d(xn, xnk)) = d(xn, x) < ε⇒ x = d− lim

n→∞(xn)

Satz 13.4. Sei (X, d) ein metrischer Raum. Dann ist eine Teilmenge K ⊆ X genau dann fol-genkompakt, wenn sie uberdeckungskompakt ist.

Beweis. Vergleich letztes Lemma.

Bemerkung 201. Die Implikation uberdeckungskompakt ⇒ folgenkompakt kann gezeigtwerden, sobald ein System von offenen Mengen auf X gegeben ist. Die umgekehrte Im-plikation benotigt die Metrik.

Satz 13.5. Sei (X, d) ein metrischer Raum und K ⊆ X sei kompakt. Dann gibt es eine abzahlbareTeilmenge {x1, x2, ...} ⊆ K die dicht in K liegt.

Beweis. Nach dem Lemma gibt es fur jedes r > 0 endlich viele

y(r)1 , ..., y

(r)n ∈ K : K ⊆

n⋃i=1

B(y

(r)i , r

)D =

∞⋃k=1

{y( 1k )

1 , y( 1k )

2 , ..., y( 1k )

n( 1k )

}ist abzahlbar

x ∈ K, ε > 0, B(x, ε), k : 1k <

ε2

∃i : x ∈ B(x

12 , 1

k

): d

(x, y

1ki

)< ε

2 ⇔ y1ki ∈ B(x, ε)

Satz 13.6. Seien (X, d1) und (Y, d2) metrische Raume, f : X → Y stetig und K ⊆ X kompakt,dann ist f(K) kompakt.

283

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Beweis nach Bolzano-Weierstrass. Sei yn eine Folge in f(K). Es gibt dann xn ∈K mit yn = f(xn).Weil K kompakt ist, hat (xn)n∈N eine konvergente Teilfolge (xnk)k∈Nx = d− lim

k→∞(xnk) ∈ K. Dann gilt wegen der Stetigkeit von f (Folgenkriterium)

f(x) = d2 − limk→∞

(f(xnk)

)= d2 − lim

k→∞(ynk)[

(yn)n∈N besitzt eine konvergente Teilfolge.]

Beweis nach Heine-Borel. Sei (Oi)i∈I eine offene Uberdeckung von f(K)f(K) ⊆

⋃i∈IOi. Dann gilt K ⊆

⋃i∈I

f−1(Oi)︸ ︷︷ ︸offen in X

. Es gibt eine endliche Teilmenge

I ′ = {i1, ..., iN} von I, soadss K von endlich vielen uberdeckt wird.

K ⊆n⋃j=1

f−1(Oij )⇒ f(K) ⊆n⋃j=1

Oij ⇒ f(K) kompakt

Bemerkung 202. Sei K eine kompakte Teilmenge des metrischen Raumes (X, d) und f :X → R. Dann ist f(K) beschrankt und abgeschlossen, das heißt f ist auf K beschrankt.∃M ∈ N : ∀x ∈ K : |f(x)| < M , weil f(K) abgeschlossen ist, gilt inf

x∈K

(f(x)

)und

supx∈K

(f(x)

)∈ f(K), also gibt es xmin ∈ K und xmax ∈ K : ∀x ∈ K f(xmin) ≤ f(x) ≤

f(xmax)

Satz 13.7. Satz von Minimum und MaximumSei K eine kompakte Teilmenge von (X, d), f : X → R stetig, dann ist f auf K beschrankt undnimmt auf K Minimum und Maximum an.

Beweis. Oben

Definition 13.22. Sei X 6= ∅ und d1, d2 Metriken auf X. d1 und d2 heißen aquivalent, wenn esein A, c ≥ 0 gibt, sodass ∀x, y ∈ X :

d1(x, y) ≤ A⇒ 1

c· d1(x, y) ≤ d2(x, y) ≤ c · d1(x, y)

Bemerkung 203. Aquivalente Metriken erzeugen dieselben offenen Mengen, also die-selbe Topologie.

Satz 13.8. Sei V ein endlichdimensionaler R oder C Vektorraum und seien ‖·‖a und ‖·‖bzweiNormen auf V , dann gibt es ein c > 1 sodass ∀x ∈ V : 1

c‖x‖b ≤ ‖x‖a ≤ ‖x‖bdas heißt: alle Normen auf V sind aquivalent.

284

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Beweis. Wir zeigen, dass jede Norm ‖·‖a zur euklidschen Norm ‖·‖2 aquivalentist.

n = dim(V ), Sei e1, ..., en ein Basis (die Standardbasis)

x = x1e1 + ...+ xnen ⇒ ‖x1‖a ≤ |x| ·∥∥e1

∥∥a

+ ...+ |xn| ·∥∥en∥∥a C−S≤

C−S≤√|x1|2 + ...+ |xn|2 ·

√∥∥e1

∥∥2

a+ ...+

∥∥en∥∥2

a∥∥x∥∥a≤√∥∥e∥∥2

a+ ...+

∥∥en∥∥2

a︸ ︷︷ ︸c

∥∥x∥∥2

Damit ist die Abbildung ‖ · ‖a : V → R stetig bezuglich der durch ‖ · ‖2 gegebe-

nen Metrik.∣∣∣∥∥x∥∥

a−∥∥y∥∥

a

∣∣∣ ≤ ∥∥x− y∥∥a≤ c ·

∥∥x− y∥∥2

S ={x ∈ V

∣∣ ‖x‖2 = 1}

Einheitssphare. S ist kompakt: Sei (xk)k∈N eine Folgeauf Sx

(1)k ∈ [−1, 1]

B−W⇒ ∃x(1)kl→ x(1), k

(2)kl∈ [−1, 1]

B−W⇒ ∃x(2)kl→ x(2)...

... x(n)k...

→ x(n) das heißt, dass es eine Teilfolge von (xk)k∈N gibt, die koordina-

tenweise gegen x =(x(1), ..., x(n)

)konvergiert, wegen Norm

∥∥xk∥∥2= 1 ∀k ∈ N

gilt dann auch∥∥X∥∥ = 1

‖ · ‖a : S → R ist eine stetige Funktion auf einer kompakten Menge. Sie nimmtdaher Minimum und Maximum an.

xmin ∈ S 3 xmax : ∀x ∈ S :∥∥xminc1

∥∥a≤∥∥x∥∥

a≤∥∥xmaxc2

∥∥a∥∥xmin

∥∥ 6= 0 (weil xmin 6= 0)

x ∈ V \ {0}

x

‖x‖2∈ S c1 ≤

∥∥∥∥∥ x∥∥x∥∥2

∥∥∥∥∥ ≤ c2c1∥∥x∥∥

2≤∥∥x∥∥

a≤ c2

∥∥x∥∥2

Wenn c1 · c2 > 1, dann ersetzen wir c1 durch 1c2

Wenn c1 · c2 < 1, dann ersetzen wir c2 durch 1c1

Bemerkung 204. Der Beweis verwendet, dass die Einheitssphare kompakt ist nach demSatz von Riesz (ohne Beweis) charakterisiert diese Eigenschaft endlichdimensionale R-Form.

285

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Beispiel 89.

l2 =

{(xn)n∈N

∣∣∣∣∣∞∑n=1

|xn|2 <∞

}

en =

(0, ..., 0,

1

n, 0, ...

), ‖en‖ = 1

Keine Basis im Sinne der Linearen Algebra

m 6= n, ‖em − en‖ =√

2

das heißt (en)n∈N hat keine konvergente Teilfolge.

Satz 13.9. Satz 12.8 [Satz von Dini]Sei K eine kompakte Teilmenge eines metrischen Raumes (X, d). Sei (fn)n∈N eine punktweisemonoton wachsende Folge stetiger Funktionen mit stetiger Grenzwertfunktion f , dann konvergiert(fn)n∈N auf K gleichmaßig gegen f .

Beweis nach Heine-Borel. 0 ≤ f(x)− fn(x) < εε > 0 : An =

{x ∈ X

∣∣ f(x)− fn(x) < ε}

= (f − fn)−1((−1, ε)

)ist offen als

Urbild einer offenen Menge.

K ⊆∞⋃n=1

An weil fur jedes x ∈ X : f(x) − fn(x) < ε fur n ≥ NX gilt K ist

kompakt:

K ⊆∞⋃n=1

An = AN , Weil Monotonie gilt

A1 ⊆ A2 ⊆ A3 ⊆ ...n ≥ N, K ⊆ An : ∀x ∈ K |f(x)− fn(x)| < εdas heißt ∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N, ∀x ∈ K : |f(x)− fn(x)| < ε

Satz 13.10. Satz 3.13Sei K eine kompakte Teilmenge eines metrischen Raumes (X, d) und f : X → C stetig, dann istf auf K gleichmaßig stetig.[Y , mit (Y, d2) ist metrischer Raum

]

286

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Beweis nach Heine-Borel.

∀x0 ∈ K, ∀ε > 0, ∃δ > 0, ∀x ∈ K : d(x0, x) < δ ⇒ |f(x)− f(x0)| < ε

ε > 0 : δ(x0) > 0 sei so gewahlt, dass ∀x ∈ X : d(x0, x) < 2δ(x0)

⇒ |f(x0)− f(x)| < ε

2

K ⊆x0∈K

B(x0, δ(x0)

) H−B⇒ ∃x1, ..., xn : K ⊆n⋃i=1

B(xi, δ(xi)

)δ = min

(δ(x1), ..., δ(xn)

)Sei d(x, y) < δ, x, y ∈ K, dann gibt es ein i, sodass x ∈ B

(xi, δ(xi)

)d(xi, y) ≤ d(xi, x)︸ ︷︷ ︸

<δ(xi)

+ d(x, y)︸ ︷︷ ︸≤δ≤δ(xi)

< 2δ(xi)

nach Definition von δ(xi) gilt |f(x)− f(xi)| <ε

2

|f(y)− f(xi)| <ε

2

|f(x)− f(y)| ≤ |f(x)− f(xi)|+ |f(xi)− f(y)| < ε

2+ε

2= ε

(fn)n∈N eine stetige, gegen f gleichmaßig konvergente Folge von Funktionen aufK und K sei kompakt.ε > 0 : Sei N so, dass ∀n ≥ N : ∀x ∈ K : |fn(x)− f(x)| < ε

3Sei δ∗ > 0 so, dass ∀x, y ∈ K : d(x, y) < δ∗ ⇒ |f(x)− f(y)| < ε

3n ≥ N, x, y ∈ K, d(x, y) < δ∗

|fn(x)− fn(y)| ≤ |fn(x)− f(x)|︸ ︷︷ ︸< ε

3

+ |f(x)− f(y)|︸ ︷︷ ︸< ε

3

+ |f(y)− fn(y)|︸ ︷︷ ︸< ε

3

< ε

Jede der endlich vielen stetigen Funktionen f1, ..., fN−1 ist gleichmaßig stetig.fur n = 1, ..., N − 1, ∃δn > 0, ∀x, y ∈ K : d(x, y) < δn ⇒ |fn(x)− fn(y)| < εδ = min

(δ∗, δ1, ..., δN−1

)Dann gilt ∀n ∈ N, ∀x, y ∈ K : d(x, y) < δ ⇒ |fn(x)− fn(y)| < ε|f(x)− f(y)| < ε

Definition 13.23. Sei F eine Menge stetiger Funktionen auf D. F heißt gleichstetig, wenn

∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀f ∈ F, ∀x, y ∈ D : d(x, y) < δ ⇒ |f(x)− f(y)| < ε

Satz 13.11. Sei (fn)n∈N eine gleichmaßig konvergente Folge stetiger Funktionen auf dem kom-pakten Intervall K, dann ist:

F ={f1, f2, f3, ...

}∪{f}

gleichstetig.

Beweis. Oben

287

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Bemerkung 205. Sei K eine kompakte Teilmenge eine metrischen Raumes. Dann gibtes eine abzahlbare dichte Teilmenge A von K.

A = {x1, x2, x3, ...} ⊆ K∀x ∈ K, ∀ε > 0 : B(x, ε) ∩A 6= ∅

∃n ∈ N : d(x, xn) < ε

⇒∞⋃n=1

B(xn, ε) ⊇ K

K istkompakt

=⇒ ∃N ∈ N :

N⋃n=1

B(xn, ε) ⊇ K

Definition 13.24. Eine TeilmengeA eines metrischen Raumes heißt relativ kompakt (prakompakt),wenn ihr Abschluss (A) kompakt ist.

Bemerkung 206. A ist relativ kompakt, wenn jede Folge von Punkten aus A eine kon-vergente Teilfolge besitzt (muss nicht in A konvergieren)[Der Grenzwert muss nicht in A liegen

].

Satz 13.12. Arzela-AscoliSei K eine kompakte Teilmenge des metrischen Raumes (X, d). Eine Teilmenge F ⊆ C(K) istgenau dann relativ kompakt, wenn F beschrankt (im Sinne der Norm auf C(K)) und gleichstetigist.Alternativ: F ⊆ C(K) ist kompakt wenn F beschrankt, abgeschlossen und gleichstetig.

Beweis.

”⇐” Sei F beschrankt und gleichstetig. Dann ∃M : ∀f ∈ F : ‖f‖ ≤ M Sei

A = {x1, x2, x3, ...} eine dichte Teilmenge von K, ∀x ∈ K : |f(x)| ≤MSei (fn)n∈N eine Folge von Funktionen aus F(fn(x1)

)n∈N ist eine beschrankte Folge reeller oder komplexer Zahlen

B-W: ∃(n1,k) Teilfolge, sodass(fn1,k

(x1))k∈N konvergiert(

fn1,k(x2)

)ist beschrankt, besitzt also nach B-W eine konvergente Teil-

folge(fn2,k

(x2))k∈N

...(fnl,k(xl)

)k∈N ist eine konvergente Teilfolge von

(fnl−1,k

(xl))k∈N

gk = fnk,k ist Teilfolge von (fn)n∈N(gk)k∈N ist eine Teilfolge von jeder Folge (fnl,k)k∈N(bis auf endlich viele Glieder)⇒(gk(xl)

)k∈N konvergiert fur alle l ∈ N

zz.: (gk)k∈N konvergiert gleichmaßig auf KSei ε > 0 : ∀x, y ∈ K, ∀f ∈ F : d(x, y) < δ ⇒ |f(x)− f(y)| < ε

3

288

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nach der Bemerkung gibt es ein L, sodass K ⊆L⋃l=1

B(xl, δ)

Die endlich vielen Folgen(gk(xl)

)k∈N, l = 1, ..., L sind konvergent, daher

Cauchy-Folgen.

∃N ∈ N : ∀m,n ≥ N, ∀l = 1, ..., L : |gm(xl)− gn(xl)| <ε

3Sei x ∈ K

m,n≥N:

|gm(x)− gn(x)| ≤ |gm(x)− gm(xl)|︸ ︷︷ ︸< ε

3

+ |gm(xl)− gn(xl)|︸ ︷︷ ︸< ε

3

+ |gn(xl)− gn(x)|︸ ︷︷ ︸< ε

3

< ε

l so gewahlt, dass d(x, xl) < δN ist nicht von x abhangig ⇒ ‖gm − gn‖k < ε, m, n ≥ NAlso ist (gk)k∈N eine Cauchy-Folge in C(K), daher konvergent.

”⇒” Indirekt: Sei F nicht beschrankt. Dann gibt es eine Folge (fn)n∈N aus F

mit ‖fn‖ ≥ n∀n, ∃xn ∈ K : |fn(xn)| ≥ n(xn)n∈N besitzt eine konvergente Teilfolge (xnk)k∈N, x = d− lim

k→∞(xnk)

Wenn fnk eine gegen f gleichmaßig konvergente Teilfolge besitzt, danngilt |fnkl

(xnkl

)| ≥ nkl andererseits gilt lim

l→∞

(fnkl (xnkl )

)= f(x) E

angenommen F ware nicht gleichstetig∃ε > 0 : ∀δ > 0, ∃x, y ∈ K

xn,yn

: ∃f ∈ Ffn

: d(x, y) < δ und |f(x)− f(y)| ≥ ε

δ := 1n , d(xn, yn) < 1

n(xn)n∈N besitzt konvergente Teilfolge (xnk)k∈Nx = d− lim

k→∞(xnk) = d− lim

k→∞(ynk)

Sei (fnkl )l∈N eine gleichmaßige gegen f konvergente Teilfolge von (fnk)k∈N

fnkl (xnkl )→ f(x), fnkl (ynkl )→ f(x), aber∣∣∣fnkl (xnkl )− fnkl (ynkl )∣∣∣ ≥ ε

289

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Bemerkung 207. Sei F ⊆ C(K), F kompakt, F = ∅f : R→ R stetig, mit R ⊆ R2

(a, b)

h2

h1

f(x, y)

R ={

(x, y) ∈ R2∣∣ a ≤ x ≤ a+ h1 und |y − b| ≤ h2

}Anfangswertproblem: y′ = f(x, y), f(a) = bgesucht ist eine Funktion g = y(x) mit diesen beiden Eigenschaften.

Satz 13.13. Satz von PeanoSei f : R→ R stetig (R wie oben). Dann gibt es ein 0 < h ≤ h1 und eine stetige differenzierbareFunktion y : [a, a+ h]→ R sodass ∀x ∈ [a, a+ h] : y′(x) = f

(x, y(x)

), y(a) = b

Beweis. f ist auf R beschrankt und gleichmaßig stetig.∃M ∈ N : ∀(x, y) ∈ R, |f(x, y)| ≤M ⇒ wenn y eine Losung ist.Dann gilt ∀x ∈ [a, a+ h] : |y′(x)| ≤M

y(x) = y(a)︸︷︷︸b

+x

a

y′(ξ)dξ ⇒ |y(x)− b| ≤x

a

Mdξ = M · (x− a) ≤M · h

Wir zeigen, dass wir h = h2

M wahlen konnen:

h = min(h2

M , h1

)Wir versuchen naherungsweise zu konstruieren

290

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yn(x) =

b+ f(a, b)(x− a)fur a ≤ x ≤ a+ h

n(yn(a+ h

n

)= b+ f(a, b)hn

)

yn(a+ h

n

)+ f

(a+ h

n , yn(a+ h

n

)) (x−

(a+ h

n

)) fur a+ hn ≤ x ≤ 2 · hn

yn(a+ 2 · hn

)=

= b+ f(a, b)hn+

+f(a+ h

n , yn(a+ h

n

))hn

...

yn(a+ l hn

)+ f

(a+ l hn , yn

(a+ l hn

)) (x−

(a+ l hn

))fur a+ l hn ≤ x ≤ a+ (l + 1)hn

0 ≤ l ≤ n− 1

a+ 1 hn

a+ 2 hn

a+ 3 hn

f(a+ h

n , yn(a+ h

n

))

(yn) sind stetige Funktionen, es gilt: |yn(x)− b| ≤ h2 ∀n ∈ N und allex ∈ [a, a+ h]⇒ (yn)n∈N ist beschranktnoch zu zeigen: gleichstetig: |yn(x1)− yn(x2)| ≤M |x1 − x2|Da yn(x) stuckweise linear sind mit Steigung ≤ M , also Lipschitz-stetig mitderselben Konstante M, daher gleichstetig. Nach Satz 3.10 besitzt (yn)n∈N einegleichmaßig konvergente Teilfolge (ynk)k∈Nzz.: y(x) = lim

k→∞

(ynk(x)

)ist eine Losung der Aufgabe.

gn :[a, a+ h] → R

x 7→ a+⌊n (x−a)

h

⌋· hn

g1 a+ hn

g2 a+ 2hng3

291

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a+ l hn ≤ x ≤ a+ (l + 1)hn ⇒ gn(x) = a+ l hn

Dann gilt yn(x) = b+x

a

f(gn(ξ), yn

(gn(ξ)

))dξ

f ist gleichmaßig stetig: ∀ε > 0, ∃δ > 0 : |x1 − x2| < δ und |y1 − y2| < δ⇒ |f(x1, y1)− f(x2, y2)| < ε|ξ − gn(ξ)| < h

n , |yn(gn(ξ))− yn(ξ)| < M · hnSei N so groß, dass ∀n ≥ N : h

n < δ und M · hn < δ gilt.∣∣∣∣∣∣yn(x)− b−xˆ

a

f(ξ, yn(ξ)dξ)

∣∣∣∣∣∣︸ ︷︷ ︸?

≤xˆ

a

|f(ξ, yn(ξ))− f(gn(ξ), yn(gn(ξ)))|︸ ︷︷ ︸<ε

︸ ︷︷ ︸<εh

Sei (ynk)k∈N eine gleichmaßig konvergente Teilfolge von (yn) mit y(x) = limk→∞

(ynk(x)

),

dann konvergiert f(ξ, ynk(ξ)

)gleichmaßig gegen f

(ξ, y(ξ)

)n = nk :

? = limk→∞

(∣∣∣∣y(x)− b−x

a

f(ξ, y(ξ))dξ

∣∣∣∣) < εh ∀ε > 0

also y(x) = b+x

a

f(ξ, y(ξ)

)︸ ︷︷ ︸stetig

Hauptsatz derDifferential- undIntegralrechnung

Satz 10.4=⇒ y′(x) = f(x, y(x)

)und y(a) = b

13.4 Der Fixpunktsatz von Banach

Definition 13.25. Sei (X, d) ein metrischer Raum und f : X → X. f heißt dann Kontraktion,wenn ∃c > 1 : ∀x, y ∈ X : d

(f(x), f(y)

)≤ c · d(x, y).

Bemerkung 208. Kontraktionen sind gleichmaßig (Lipschitz-)stetig

Satz 13.14. Banachscher FixpunktsatzSei (X, d) ein vollstandiger, metrischer Raum und f : X → X eine Kontraktion. Dann besitzt fgenau einen Fixpunkt in X, also einen Punkt x0 ∈ X mit f(x0) = x0.

Beweis. Wahle y0 ∈ X beliebig und betrachte die Folge yn+1 = f(yn), n ≥ 0Zeige, dass (yn)n∈N eine Cauchy-Folge ist.

d(yn+1, yn) = d(f(yn), f(yn−1)

)≤ c · d(yn, yn−1)

Induktion≤ ... ≤ cnd(y1, y0)

d(yn+m, y) ≤ d(yn+m, yn+m−1) + d(yn+m−1, yn+m−2) + ...+ d(yn+1, yn) ≤

≤ (cn+m−1 + cn+m−2 + ...+ cn)︸ ︷︷ ︸cn· 1−cm1−c

d(y1, y0) ≤ cn

1− cd(y1, y0)

292

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⇒ Cauchy-Folge

Weil c < 1 ist, gilt limn→∞

(cn

1−c

)d(y1, y0) = 0 und daher ∀ε > 0, ∃N ∈ N :

∀n ≥ N, ∀m ∈ N : d(yn+m, yn) ≤ ε : (yn)n∈N ist Cauchy-Folge und daherkonvergent wegen der Vollstandigkeit von X.

x0 = d− limn→∞

(yn) = d− limn→∞

(yn+1) = d− limn→∞

(f(yn)) = f(x0)

Also ist die Existenz bewiesennoch zz.: Eindeutigkeit:Angenommen ∃x0 und x′0 Fixpunkte [x0 6= x′0]d(x0, x

′0) = d

(f(x0), f(x′0)

)≤ c · d(x0, x

′0) E da c < 1

Beispiel 90.

1.

cos(x) = x zuerst fur x ∈ [0, 1]

zz.: cos : [0, 1]→ [0, 1] ist Kontraktion[X = [0, 1] und d(x, y) = |x− y|

]|cos(x)− cos(y)| = |− sin(ξ)|︸ ︷︷ ︸

ξ∈[0,1]

· |x− y|

und daher |sin(ξ)| ≤ sin(1) < 1

cos ist daher eine Kontraktion auf [0, 1]

⇒ ∃!x0 ∈ [0, 1] : x0 = cos(x0)

y0 ∈ R, y1 = cos(y0) ∈ [−1, 1]

y2 = cos(y1) ∈ [cos(1), 1] ⊆ [0, 1]

2. Sei K : [a, b]× [a, b]→ R eine stetige Funktion.”

Kern”

ϕ : [a, b]→ R stetig

y(x) = λ

a

K(x, ξ)y(ξ)dξ + ϕ(x)

︸ ︷︷ ︸F[y](x), y=F[y]

−→ Fredholmsche Integralgleichung 1. Art

gesucht ist y : [a, b]→ RWir wollen zeigen, dass (F ) eine Losung besitzt, wenn |λ| < λ0

X = C[a, b], d(f, g) = ‖f − g‖[a,b][Vollstandiger metrischer Raum

]

293

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∣∣F[f ](x)− F[g](x)∣∣ =

∣∣∣∣∣∣λbˆ

a

K(x, ξ)(f(ξ)− g(ξ))dξ

∣∣∣∣∣∣ ≤≤ |λ| ·

a

|K(x, ξ)| · |f(ξ)− g(ξ)|︸ ︷︷ ︸≤‖f−g‖

dξ ≤ |λ|bˆ

a

|K(x, ξ)|dξ‖f − g‖

Feststellung: x 7→bˆ

a

|K(x, ξ)|dξ ist stetig auf [a, b]

M := max

a

|K(x, ξ)|dξ∣∣∣∣x ∈ [a, b]

∣∣F[f ](x)− F[g](x)∣∣ ≤ |λ| ·M · ‖f − g‖ ⇒ ‖F[f ] − F[g]‖ ≤ |λ| ·M︸ ︷︷ ︸

<1

·|f − g‖

λ0 =1

M⇒ |λ| < 1

Mist f 7→ F[f ] eine Kontraktion

Daher gibt es nach Satz 13.12 genau eine Losung der Gleichung (F ).y0(x) ist stetig auf beliebigem [a, b)

y1(x) = λ

a

K(x, ξ)y0(ξ)dξ + ϕ(x)

y2(x) = λ

a

K(x, ξ)

λ bˆ

a

K(ξ, ξ1)y0(ξ1)dξ1 + ϕ(ξ)

dξ =

= λ2

a

K(x, ξ) ·bˆ

a

K(ξ, ξ1)y0(ξ1)dξ1dξ + λ

a

K(x, ξ)ϕ(ξ)dξ

Bemerkung 209.

d(yn+m, yn) ≤ cn

1− cd(y1, y0)

m→∞ :

d(x0, yn) ≤ cn

1− cd(y1, y0)

∃ A priori-Abschatzung fur den Fehler d(yn, x0)

d(yn+m, yn) ≤ d(yn+m, yn+m−1) + ...+ d(yn+1, yn) ≤ (cm−1 + ...+ c0)︸ ︷︷ ︸< 1

1−c

d(yn+1, yn)

294

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d(yn+k, yn+k−1) ≤ c · d(yn+1, yn+k−2) ≤ ... ≤ ck−1d(yn+1, yn)

d(yn+m, yn)n→∞−→ d(x0, yn) ≤ 1

1− cd(yn+1, yn) ≤ c

1− cd(yn, yn−1)

A posteriori-Abschatzung

295

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14 Die Gamma-Funktion

Wir suchen eine Funktion f : R+ → R+ oder f : C → C fur die ∀n ∈ N :f(n) = (n− 1)!f(n+ 1) = nf(n), f(x+ 1) = xf(x), ∀x ∈ R+

−4 −3 −2 −1 0 1 2 3 4

−4

−3

−2

−1

0

1

2

3

4

s ∈ N :

(s− 1)! =(n+ s)!

s(s+ 1) · ... · (s+ n)=n!(n+ 1) · ... · (n+ s)ns

s(s+ 1) · ... · (s+ n)ns

(n+ 1) · ... · (n+ s)

ns=

(1 +

1

n

)(1 +

2

n

)· ... ·

(1 +

s

n

)n→∞−→ 1

(s− 1)! = limn→∞

(n!ns

s(s+ 1) · ... · (s+ n)

), ∀s ∈ C \ (−N0) sinnvoll

fur s ∈ C \ (−N0) definieren wir

Γ(s) = limn→∞

(n!ns

s(s+ 1) · ... · (s+ n)

)wenn der Grenzwert existiert

sΓ(s) = limn→∞

(n!ns(s+ 1 + n)n

(s+ 1) · ... · (s+ n)(s+ n+ 1)n︸ ︷︷ ︸(s+1+n)

n

n→∞−→ 1

)=

= limn→∞

(n!ns+1

(s+ 1) · ... · (s+ n+ 1)

)= Γ(s+ 1)

296

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Existenz des Grenzwertes:[fur s > 0

]limn→∞

(n!ns

s(s+ 1) · ... · (s+ n)

)

ln

(n!ns

s(s+ 1) · ... · (s+ n)

)= − ln(s)−

n∑k=1

ln(k+s)·ln(k)︷ ︸︸ ︷ln(

1 +s

k

)︸ ︷︷ ︸

≈ sk

+s ln(n) =

= − ln(s)−n∑k=1

(ln(

1 +s

k

)− s

k

)︸ ︷︷ ︸

=− s2

2k2· 1(1+O· s

k)2

nach Taylor

−s

(n∑k=1

1

k− ln(n)

)

n→∞ :

limn→∞

(ln

(n!ns

s(s+ 1) · ... · (s+ n)

))= − ln(s)−

∞∑k=1

(ln(

1 +s

k

)− s

k

)︸ ︷︷ ︸

konvergiert

−γs

γ = limn→∞

(n∑k=1

1

k− ln(n)

)

limn→∞

(n!ns

s(s+ 1) · ... · (s+ n)

)=

1

s

∞∏k=1

(1 +

s

k

)−1

e2k e−γs︸ ︷︷ ︸

⇒Grenzwert existiert

konvergiert gleichmaßig auf kompakten teilmengen von R+

Γ : R+ → R+ daher stetig

Γ(s)Γ(1− s) = limn→∞

(n!ns

s(s+ 1) · ... · (s+ n)· n!n1−s

(1− s)(2− s) · ... · (n+ 1− s)

)=

= limn→∞

π

s

n∏k=1

(1 +

s

k

)(1− s

k

)︸ ︷︷ ︸

sin

π

· n

n+ 1− s

⇒ Γ(s)Γ(1− s) =

π

sin(πs)

Γ

(1

2

(1

2

)=

π

sin(π · 1

2

) = π ⇒ Γ

(1

2

)=√π

Γ

(3

2

)=

1

2

√π, Γ

(5

2

)=

3

4

√π

Γ

(7

2

)=

15

8

√π

297

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Bemerkung 210. Fur s ∈ R− \ (−N0) kann man den Wert Γ(s) durch

Γ(s) =Γ(s+ k)

s(s+ 1) · ... · (s+ k − 1)

bestimmen. Wahle k ∈ N mit k + s > 0. Durch Γ(s) = limn→∞

(n!ns

s(s+1)·...·(s+n)

)ist auf

R\ (−N0) eine stetige Funktion definiert fur die sΓ(s) = Γ(s+1) gilt und Γ(n) = (n−1)!fur n ∈ N.

Bemerkung 211. Sei g : R+ → R+ eine periodische Funktion mit Periode 1 und gelteg(1) = 1. Dann erfullt f(x) = g(x)Γ(x) die triviale Funktionalgleichung der Γ-Funktionund f(1) = 1. Das heißt die triviale Funktionalgleichung hat ∞-viele Losungen. Setzef(x) = g(x)Γ(x) in die zweite Funktionalgleichung ein

g(x)���Γ(x)g(1− x)���

�Γ(1− x) =��

��π

sin(πx)⇔ g(x)g(1− x) = 1

⇒ g

(1

2

)= 1, ansonsten kann g auf

[0,

1

2

]beliebig gewahlt werden

Γ(s) = e−γs · 1

s·∞∏n=1

(1 +

s

n

)−1

esn

ln(Γ(x)) = −γx− ln(x)−∞∑n=1

(ln(

1 +x

n

))− x

n︸ ︷︷ ︸konvergiert fur alle kompakten

Teilmengen von R+

ψ(x) =Γ′(x)

Γ(x)= −γ − 1

x−

∞∑n=1

(1

x+ n− 1

n

)︸ ︷︷ ︸

konvergiert fur allekompakten Teilmengen von R+∣∣∣∣ 1

x+ n− 1

n

∣∣∣∣ =

∣∣∣∣− x

n(n+ x)

∣∣∣∣ ≤ |x|n2(ln(Γ(x)

))′′=

1

x2+

∞∑n=1

1

(n+ x)2=

∞∑n=0

1

(n+ x)2

striktkonvex> 0

das heißt: ln(Γ(x)

)ist auf R+ strikt konvex

Definition 14.1. Eine Funktion f : I → R+ heißt logarithmisch konvex, wenn ln(f) : I → Rkonvex ist. Das heißt:

∀x, y ∈ I : ∀t ∈ [0, 1] : f(tx+ (1− t)y

)≤ f(x)tf(y)1−t

298

Page 306: Analysis - IG Mathe · ximation, zun achst f ur Funktionen auf Gebieten in einem Rnund dann koordina- ... 7 Konvexe Funktionen 185 7.1 Eine stetige nirgends di erenzierbare Funktion

Bemerkung 212. Wenn f logarithmisch konvex ist,dann ist f auch konvex

f(tx+ (1− t)y

)≤ f(x)tf(y)1−t ≤

geometrisch-arithmetische

Mittelungleichung

tf(x) + (1− t)f(y)

Satz 14.1. Satz von BOHR-MOLLERUPSei f : R+ → R+ eine Funktion mit folgenden Eigenschaften:

1. f(1) = 1

2. ∀x ∈ R+, xf(x) = f(x+ 1)

3. f ist auf R+ logarithmisch konvex

Dann gilt ∀x ∈ R+, f(x) = Γ(x).

Beweis. Sei f : R+ → R+ eine Funktion mit den Eigenschaften 1.-3.. Danngilt aus 1. und 2. mit Induktion f(n) = (n − 1)!. Wenn die Werte von f(x)fur x ∈ (0, 1] bekannt sind, dann kann man aus 2. die Werte f(x) fur x ∈ R+

bestimmen. Es genugt also zu zeigen, dass f(x) = Γ(x) fur x ∈ (0, 1]. Sei abjetzt x ∈ (0, 1), n ∈ N

f(n+ x) = f(n(1− x) + (n+ 1)x

) 3.≤ f(n)1−xf(n+ 1)x

n < n+ x < n+ 1

f(n+ x) ≤ (n− 1)!1−x(n!)x = (n!)1−x(n!)xnx−1 = n!nx−1

f(n+ x) = f(x)x(x+ 1) · ... · (x+ n− 1)

f(x) ≤ n!nx−1

x(x+ 1) · ... · (x+ n− 1)∀x ∈ (0, 1), ∀n ∈ N

n+ x < n+ 1 < n+ x+ 1

f(n+ 1) = f((n+ x)x+ (n+ x+ 1)(1− x)

) 3.≤ f(n+ x)xf(n+ 1 + x)1−x =

= f(n+ x)x((n+ x)f(n+ x)

)1−x= f(n+ x)(n+ x)1−x

n! ≤ f(n+ x)(n+ x)1−x = x(x+ 1) · ... · (x+ n− 1)f(x)(n+ x)1−x

f(x) ≥ n!(n+ x)x

x(x+ 1) · ... · (x+ n)

das heißt:n!(n+ x)x

x(x+ 1) · ... · (x+ n)≤ f(x) ≤ n!nx−1

x(x+ 1) · ... · (x+ n+ 1)=

=n!xn

x(x+ 1) · ... · (x+ n)· x+ n

n

limn→∞

(n!nx

x(x+ 1) · ... · (x+ n)︸ ︷︷ ︸→Γ(x)

·(

1 +x

n

)x︸ ︷︷ ︸→1

)≤ f(x) ≤ lim

n→∞

(n!nx

x(x+ 1) · ... · (x+ n)︸ ︷︷ ︸→Γ(x)

· x+ n

n︸ ︷︷ ︸→1

)

⇔ Γ(x) ≤ f(x) ≤ Γ(x)⇒ f(x) = Γ(x)

299

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Bemerkung 213. Wenn f nur die Eigenschaften 2. und 3. hat, dann giltf(x) = f(1)Γ(x).

Satz 14.2. Verdoppelungssatz

∀x ∈ R+ gilt Γ(x)Γ

(x+

1

2

)=√x · 21−2x · Γ(2x)

Beweis.

f(x) =1√π· 2x−1 · Γ

(x2

(x+ 1

2

)⇒ ist logarithmisch konvex als Produkt

von logarithmisch konvexen Funktionen

f(1) =1√π· Γ(

1

2

)Γ(1) =

√π√π

= 1

f(x+ 1) =1√π· 2x · Γ

(x+ 1

2

)· Γ(x

2+ 1)

︸ ︷︷ ︸x2 Γ( x2 )

=

=1√π· 2x · x

2︸ ︷︷ ︸2x·2−1·x

=2x−1x

Γ(x

2

(x+ 1

2

)= xf(x)

⇒ f hat 1. 2. und 3. ⇒ f = Γ

Satz 14.3. Integraldarstellung von ΓFur x > 0 gilt

Γ(x) =

0

tx−1e−tdt

ist konvergent.

Beweis.

f(x) :=

0

tx−1e−tdt

300

Page 308: Analysis - IG Mathe · ximation, zun achst f ur Funktionen auf Gebieten in einem Rnund dann koordina- ... 7 Konvexe Funktionen 185 7.1 Eine stetige nirgends di erenzierbare Funktion

1.

f(1) =

0

e−tdt = −e−t∣∣∣∣∞0

= 0− (−1) = 1

2.

f(x+ 1) =

0

txe−tdt = limT→∞

T

0

tx︸︷︷︸u

e−t︸︷︷︸v′

dt

=

= limT→∞

−txe−t∣∣∣∣T0

+ x

T

0

tx−1e−tdt

= limT→∞

−T xe−T︸ ︷︷ ︸→0

+x

T

0

tx−1e−tdt

=

= limT→∞

x T

0

tx−1e−tdt

= x

0

tx−1e−tdt = xf(x)

3.

f(λx+ (1− λ)y) =

0

tλx+(1−λ)y−1e−tdt =

0

(tx−1e−t

)λ (ty−1e−t

)1−λdt

Holder≤

[λ :=

1

pund (1− λ) :=

1

q⇒ 1

p+

1

q= 1 ⇒ Holder

]

Holder≤

0

(tx−1e−t

) 1︷︸︸︷λp

dt

1p

·

0

(ty−1e−t

) 1︷ ︸︸ ︷(1− λ)q

dt

1q

= f(x)λf(y)1−λ

⇒ f(x) = Γ(x), ∀x > 0

Γ

(1

2

)=√π =

0

1√te−tdt =

0

√2

xe−

x2

2 xdx =√

2

0

e−x2

x dx =√π

[t =

x2

2, dt = xdx

]⇒√

2

2

−∞

e−x2

2 dx =√π ⇔

−∞

e−x2

2 dx =√

301

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−∞

e−x2

2 dx =√

ln(Γ(x)) = limn→∞

(ln(n!) + x ln(n)−

n∑k=0

ln(k + x)

)n∑k=0

ln(k + x) =

n

0

ln(x+ t)dt+1

2(ln(x) + ln(n+ x)) +

n

0

{t} − 12

t+ xdt =

= (n+ x) ln(n+ x)− n− x ln(x) +1

2(ln(x) + ln(n+ x)) +

n

0

{t} − 12

t+ xdt

ln(Γ(x)) = limn→∞

(n ln(n)− n+

1

2ln(2π) +

1

2ln(n) +Rn + x ln(n)− (n+ x) ln(n+ x)+

+n+ x ln(x)− 1

2ln(x)− 1

2ln(n+ x)−

n

0

{t} − 12

t+ xdt

=

[Stirlingsche Formel: lim

n→∞(Rn) = 0

]

= limn→∞

−n ln

(n+ x

n

)− x ln

(n+ x

n

)︸ ︷︷ ︸

→0

− 1

2ln

(n+ x

n

)︸ ︷︷ ︸

→0

−1

2ln(x)− 1

2ln(2π)+

+x ln(x)−n

0

{t} − 12

t+ xdt+ Rn︸︷︷︸

→0

limn→∞

(n ln

(1 +

x

n

))= limn→∞

(x

ln(1 + x

n

)xn

)= x

limn→∞

n

0

{t} − 12

t+ xdt

=

0

{t} − 12

t+ xdt

︸ ︷︷ ︸Konvergiert, nachSatz von Dirichlet

Dann gilt: ln(Γ(x)

)= −x+ x ln(x)− 1

2ln(x) +

1

2ln(2π)−

0

{t} − 12

t+ xdt

µ(x) = −∞

0

{t} − 12

t+ xdt

⇒ Γ(x) = xx−12 e−xeµ(x)

√2π =

√2π · xx− 1

2 e−xeµ(x)

n ≤ t ≤ n+ 1, −B1({t}) = −(t− n− 1

2

)

302

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n+ 12

n+ 1n

1t+x ist in t monoton fallend. Weil B1({t}) ungerade bezuglich n+ 1

2 ist, ist:

n+1ˆ

n

−B1({t})t+ x

dt > 0, also µ(x) > 0 fur x > 0

µ(x) =

0

−B1({t})t+ x

dt =−B2({t})

2· 1

t+ x

∣∣∣∣∣∞

t=0

−∞

0

B2({t})2(t+ x)2

dt =

=1

12x− −B3({t})

6(t+ x)3

∣∣∣∣∣∞

t=0︸ ︷︷ ︸=0

− 2

0

B3({t})6(t+ x)3

dt

︸ ︷︷ ︸< 0, weil 1

(x+t)3

monoton fallt undB3 in jedem Intervall[n, n+ 1] ungerade ist

bezuglich n+ 12

B3(t) = t

(t− 1

2

)(t− 1)

Das heißt: 0 < µ(x) <1

12x, sogar lim

x→∞

(µ(x)12x

)= 1

Γ′(x)

Γ(x)= −γ +

1

x+

∞∑k=1

(1

k + x− 1

k

)→ x = 1

Γ′(1) = −γ + 1 +

∞∑k=1

(1

k + 1− 1

k

)= −γ

Γ(x) =

0

e−ttx−1dt

Γ′(x) =

0

e−t ln(t)tx−1dt

⇒ Γ′(1) =

0

e−t ln(t)dt = −γ

303

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∞∑k=0

nk

k!= en, lim

n→∞

(e−n

n∑k=0

nk

k!

)=

1

2

limn→∞

e−n ∑0≤k≤αn

nk

k!

=

0 α < 112 α = 1

1 α > 1

304

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15 Kurven

Definition 15.1. Eine Abbildung ~x : I → Rd heißt Weg (beziehungsweise parametrische Kurve),wenn ~x stetig, beziehungsweise k-mal stetig differenzierbar ist. Dann heißt ~x stetiger Weg, bezie-hungsweise lk-Weg. Ein Weg heißt einfach, wenn ~x injektiv ist. Ein Weg heißt regular, wenn ~x 6= ~0ist, fur alle t ∈ I

~x(t) = limh→0

(~x(t+ h)− ~x(t)

h

)Das Bild ~x(I) ⊆ Rd heißt Kurve.

A

d = 2

B~x(I) ist einerseits Teilmenge von Rd (Tragermenge der Kurve) durch die Abbildung ~x : I → Rdtragt diese Menge aber noch zusatzlich eine Orientierung.

Satz 15.1. Sei ~x : I → R2 ein stetig differenzierbarer Weg mit x(t) 6= 0 fur alle t ∈ I.[~x =

(x(t)y(t)

)]. Dann gibt es es eine Funktion f : x(I)→ R, sodass ∀t ∈ I : y(t) = f(x(t)). Es

gilt dann f ′(x(t)

)= y(t)

x(t) .7

Beweis. Weil x(t) 6= 0 gilt, fur alle t ∈ I, hat x(t) immer dasselbe Vorzeichen.Daher ist x : I → R entweder streng monoton fallend, oder wachsend. Alsogibt es eine Umkehrfunktion x(−1) : x(I)→ I. Nach dem Umkehrsatz ist x(−1)

differenzierbar auf x(I). f(x) = y(x(−1)(x)

)ist eine differenzierbare Funktion

auf x(I). Es gilt f(x(t)) = y(x(−1)(x(t))︸ ︷︷ ︸=t

) = y(t)

⇒ f ′(x(t)) · x(t) = y(t)

305

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Bemerkung 214.

f ′′(x(t)

)· x(t) =

x(t)y(t)− x(t)y(t)

x(t)2

f ′′(x(t)

)=x(t)y(t)− x(t)y(t)

x(t)3

f ′′(x) =˙y − xyx3

Beispiel 91.

~x(t) =

(cos(t)sin(t)

)0 ≤ t ≤ 2π

x2 + y2 = 1

2xx+ 2yy = 0

⇔ xx+ yy = 0

f ′(x) =y

x= −x

y

15.1 Bogenlange von parametrischen Kurven

~x : I → Rd, ‖·‖ auf Rd[zum Beispiel: ‖Z‖ =

√x2

1 + ...+ x2d

]Sei Z = {t0 < t1 < ... < tn} eine Zerlegung.

Dann ist S(Z) =n−1∑i=0

‖~x(ti+1) − ~x(ti)‖ die Lange des Polgyonzuges, der durch

die Zerlegung gegeben wird. Wenn Z1 ⊆ Z2, dann gilt auch S(Z1) ≤ S(Z2)[Dreiecksungleichung

]Definition 15.2. Eine parametrische Kurve heißt rektifizierbar, wenn

supZ

(S(Z)

)<∞

S = supZ

(S(Z)

)heißt dann die Bogenlange der Kurve

Lemma 18. Dreiecksungleichung fur IntegraleSei ~x : [a, b]→ Rd koordinatenweise eine Regelfunktion. Dann gilt∥∥∥∥∥∥

a

~x(t)dt

∥∥∥∥∥∥ ≤bˆ

a

‖~x(t)‖ dt

306

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Beweis.

‖R(~x,Z,Ξ)‖ ≤ R(‖~x‖,Z,Ξ

)∥∥∥∥∥n−1∑i=0

~x(τi)(ti+1 − ti)

∥∥∥∥∥ ≤n−1∑i=0

‖~x(τi)‖(ti+1 − ti)

‖Z‖ → 0∥∥∥∥∥∥bˆ

a

~x(t)dt

∥∥∥∥∥∥ ≤bˆ

a

‖~x(t)‖dt

Satz 15.2. Sei ~x : [a, b] → Rd fast uberall differenzierbar. Das heißt, dass die Ableitung jederKoordinatenfunktion eine Regelfunktion ist. Dann ist die, durch ~x gegebene parametrische Kurve,rektifizierbar und es gilt:

S =

a

‖~x‖dt

Bemerkung 215. Die Aussage gilt fur jede Norm auf Rd.

Beweis. Wir zeigen zuerst, dass fur jede Zerlegung Z von [a, b]

s(Z) ≤bˆ

a

‖~x(t)‖dt gilt

n−1∑i=0

‖~x(ti+1)− ~x(ti)‖ =

n−1∑i=0

∥∥∥∥∥∥ti+1ˆ

ti

~x(t)dt

∥∥∥∥∥∥Lemma

18≤

Lemma18≤

n−1∑i=0

ti+1ˆ

ti

‖~x(t)‖dt = S

das heißt ~x([a, b]

)ist rektifizierbar

Wir mussen noch zeigen, dass ∀ε > 0, ∃Z : S(Z) > S − ε

~x ist eine Regelfunktion, daher kann sie koordinatenweise gleichmaßig durchTreppenfunktionen approximiert werden. Sei ~ϕ : [a, b] → Rd eine koordina-

tenweise Treppenfunktion mit supt∈[a,b]

(‖~x(t)− ~ϕ(t)‖

)< ε

2(b−a) . Sei Z die zu ~ϕ

gehorende Zerlegung, also ~ϕ : (ti, ti+1)→ Rd ist konstant.

307

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S(Z) =

n−1∑i=0

∥∥∥∥∥∥ti+1ˆ

ti

~x(t)dt

∥∥∥∥∥∥ ≥n−1∑i=0

∥∥∥∥

ti+1ˆ

ti

~ϕ(t)dt

︸ ︷︷ ︸=~ϕ(τi)(ti+1−ti)

∥∥∥∥−∥∥∥∥∥∥ti+1ˆ

ti

(~x(t)− ~ϕ(t))dt

∥∥∥∥∥∥ ≥

≥n−1∑i=0

ti+1ˆ

ti

‖~ϕ(t)‖ −ti+1ˆ

ti

‖~x(t)− ~ϕ(t)‖dt

=

=

a

‖~ϕ(t)‖dt−bˆ

a

‖~x(t)− ~ϕ(t)‖dt ≥

≥bˆ

a

‖~x(t)‖dt−bˆ

a

∣∣∣ ‖~ϕ‖ − ‖~x(t)‖︸ ︷︷ ︸≤‖~ϕ(t)−~x(t)

∣∣∣dt− bˆ

a

‖~x(t)− ~ϕ(t)‖dt ≥

≥ S − 2

a

‖~ϕ(t)− ~x(t)︸ ︷︷ ︸< ε

2(b−a)

‖ > S − ε

Beispiel 92.

~x(t) =

(cos(t)sin(t)

)~x =

(− sin(t)cos(t)

)‖~x‖ = 1

0

‖~x(τ)‖dτ = t

Umfang des Kreises:

2πˆ

0

‖~x‖dt = 2π

Sei ~x : I → Rd eine parametrisierte Kurve. Dann heißt eine streng monotonwachsende surjektive Funktion, ϕ : Z → I ein Parameterwechsel (Umparame-trisierung).

~y(t) = ~x(ϕ(t)

), neue Parametrisierung derselben Kurve

I = [a, b] : ϕ(t) = −t+ a+ b

~y(t) = ~x(a+ b−), (Umparametrisierung der Kurve)

308

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Wir suchen Eigenschaften von Kurven, die nach dem Parameterwechsel invariantsind

S =

a

‖~x(t)‖dt =

c

‖~x(ϕ(u)

)‖ϕ(u)du

=

c

‖ϕ(u)~x(ϕ(u)

)‖du =

c

‖~y(u)‖du

t = ϕ(u), ~y(u) = ~x(ϕ(u)

), ~y(u) = ~x

(ϕ(u)

)ϕ(u)

ϕ : [c, d]→ [a, b], streng monoton wachsend

S(t) =

a

‖~x(τ)‖dτ

s(t) = ‖~x(t)‖s2 = x2

1 + x22 + ...+ x2

d

(sdt)2︸ ︷︷ ︸ds

= (x1dt)2︸ ︷︷ ︸

dx1

+...+ (xddt)2︸ ︷︷ ︸

dx−d

ds2 = dx1 + ...+ dx2d

ds = ‖~x‖dt, Bogenenelement

Ausgezeichnete Parametrisierung der Kurve,

”Bogenlangenparameter”

~y(s) = ~x(g(s)) und g(s(t)) = T, Umkehrfunktion der Bogenlange

~x(a)

~x(t)s(t)

309

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Bemerkung 216. Ableitungen bezuglich der Bogenlange werden als”′ ”notiert.

d~x

ds= ~x′

‖~x′‖ =

∥∥∥∥d~xds∥∥∥∥ =

∥∥∥∥d~xdt · dtds∥∥∥∥ = ‖~x‖ · 1

‖~x‖= 1

f ′(s) =df

ds=df

dt· dtds

=f(t)

‖~x(t)‖

15.2 Bogenlange von Funktionsgraphen, Volumen und Ober-flache von Rotationskorpern

f : [a, b]→ R, y = f(x)

Verwende x als Parameter

~x(x) =

(x

f(x)

), ~x(x) =

(1

f ′(x)

)

S =

a

√1 + f ′(x)2dx

15.2.1 Rotationskorper

K =

{(x, y, z) ∈ R3

∣∣∣∣ a ≤ x ≤ b, y2 + z2 ≤ f(x)2

}Rotationskorper, der durch Rotation des Funktionsgraphen, y = f(x), um diex-Achse entsteht

xnx1

x0

310

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Radius= f(ξ)

xi ≤ ξ ≤ xi+1

Vi = πf(ξi)2(xi+1 − xi)

V (Z) =

n−1∑i=0

πf(ξi)2(xi+1 − xi) =

= πR(f2,Z,Ξ)‖Z‖→0−→ π

a

f(x)2dx = V

Volumen von K

VK =

a

f(x)2dx

Beispiel 93.

x =√

1− x2, Kreislinie − 1 ≤ x ≤ 1

Der Rotationskorper ist die Einheitskugel

V = π

−1

1− x2dx =

= π

(x− x3

3

) ∣∣∣∣1−1

= π

(2

3+

2

3

)=

3

Oberflache von K

O ={

(x, y, z) ∈ R3∣∣ a ≤ x ≤ b, y2 + z2 = f(x)2

}Rotationsflache

Gesucht ist die Flache von O

Z = {x1 < x2 < ... < xn}

311

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α

2πf(xi)

2πf(xi+1)

r

S

s :=

√(xi+1 − xi)2 −

(f(xi+1)− f(xi)

)2f(xi+1)− f(xi) = f ′(ξi)(xi+1 − xi)

s = (xi+1 − xi)√

1 + f ′(ξi)2

Flache = (r + s)2 · α2− r2α

2=α

2

(r2 + 2rs+ s2 − r2

)=

=αs

2

(r + (r + s)

)=s

2

(αr︸︷︷︸

2πf(xi)

+α(r + s)︸ ︷︷ ︸2πf(xi+1)

)=

= π(f(xi) + f(xi+1)

)√1 + f ′(ξi)2 · (xi+1 − xi)

O(Z) = π

n−1∑i=0

(f(xi) + f(xi+1)

)·√

1 + f ′(ξi)2 · (xi+1 − xi)

Sei ε > 0, dann ∃δ > 0 : |x− y| < δ ⇒ |f(x)− f(y)| < εWenn ‖Z‖ < δ, dann |x−ξi| < δ und |xi+1 − ξi| < δ⇒ |f(xi)− f(ξi)| < ε und |f(xi+1)− f(ξi)| < ε∣∣∣∣∣O(Z)− 2π

n−1∑i=0

f(ξi)√

1 + f ′(ξi)2 · (xi+1 − xi)︸ ︷︷ ︸2πR(f√

1+f ′2,Z,Ξ)

∣∣∣∣∣ <

< 2πε

n−1∑i=0

si︷ ︸︸ ︷√1 + f ′(ξi)2(xi+1 − xi)︸ ︷︷ ︸R(√

1+f ′2,Z,Ξ)

≤ 2π · s · ε

312

Page 320: Analysis - IG Mathe · ximation, zun achst f ur Funktionen auf Gebieten in einem Rnund dann koordina- ... 7 Konvexe Funktionen 185 7.1 Eine stetige nirgends di erenzierbare Funktion

Wenn f ′ eine Regelfunktion ist[f ist fast uberall differenzierbar

], dann gilt:

∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀Z, ∀Ξ : ‖Z‖ < δ

⇒∣∣∣O(Z)− 2πR(f

√1 + f ′2,Z,Ξ)

∣∣∣ < 2πε

∀ε > 0, ∃δ′ > 0 : ∀Z, ∀Ξ : ‖Z‖ < δ′

∣∣∣∣∣∣2πR(f√

1 + f ′2,Z,Ξ)− 2π

a

f(x)√

1 + f ′2dx

∣∣∣∣∣∣ < ε

δ′′ := min(δ, δ′)

∀ε > 0, ∃δ′′ > 0 : ∀Z, ∀Ξ : ‖Z‖ < δ′′

∣∣∣∣∣∣O(Z)− 2π

a

f(x)√

1 + f ′(x)2dx

∣∣∣∣∣∣ < (2π · s+ 1)ε

Bemerkung 217. Sei f : [a, b] → R, f(x) ≥ 0, fast uberall differenzierbar, dann istdie Oberflache der Rotationsflache

a

f(x)√

1 + f ′(x)2dx

Beispiel 94.

1.

x =√

1− x2, −1 ≤ x ≤ 1, y′ = − x√1− x2

,

1 + y′2 = 1 +x2

1− x2=

1

1− x2

O = 2π

−1

√1− x2

1√1− x2

dx = 4π

2.

y = cosh(x), −a ≤ x ≤ a

y′ = sinh(x),√

1 + y′2 = cosh(x)

−a

cosh(x)2dx = π

−a

(1 + cosh(x)

)dx = π

(x+

sinh(2x)

2

) ∣∣∣∣∣a

−a

=

= π(2a+ sinh(2a)

)[2 cosh(x)2 − 1 = cosh(x)

]

313

Page 321: Analysis - IG Mathe · ximation, zun achst f ur Funktionen auf Gebieten in einem Rnund dann koordina- ... 7 Konvexe Funktionen 185 7.1 Eine stetige nirgends di erenzierbare Funktion

15.3 Die Guldin’schen Regeln

f(x) ≥ 0, ∀x ∈ [a, b]

s

(xi+xi+1

2 , 12f(ξi)

)

Naherung fur den Schwerpunkt

n−1∑i=0

(xi+xi+1

2 , 12f(ξi)

)f(ξi)(xi+1 − xi)

n−1∑i=0

f(ξi)(xi+1 − xi)

‖Z‖→0−→

(b

a

xf(x)dx, 12

b

a

f(x)2dx

)b

a

f(x)dx

h =

12

b

a

f()2dx

b

a

f(x)dx

V (x) = π

a

f(x)2dx = 2πh

a

f(x)dx

15.3.1 Erste Guldin’sche Regel

Das Volumen des Rotationskorpers ist gleich der Flache und dem Weg desSchwerpunktes.

Beispiel 95. R > rV = 2πRπr2

314

Page 322: Analysis - IG Mathe · ximation, zun achst f ur Funktionen auf Gebieten in einem Rnund dann koordina- ... 7 Konvexe Funktionen 185 7.1 Eine stetige nirgends di erenzierbare Funktion

R

r

Schwerpunkt eines Kurvenstucks f : [a, b] → R, f(x) ≥ 0, f ist diffe-renzierbar.

n−1∑i=0

((xi+xi+1)

2 , f(xi)+f(xi+1)2

)·√

1 + f ′(ξi)2(xi+1 − xi)

n−1∑i=0

√1 + f ′(ξi)2(xi+1 − xi)

‖Z‖→0−→

‖Z‖→0−→ 1b

a

√1 + f ′(x)2dx

a

x√

1 + f ′(x)2dx,

a

f(x)√

1 + f ′(x)2dx

h =

b

a

f(x)√

1 + f ′(x)2dx

b

a

√1 + f ′(x)2dx

O = 2π

a

f(x)√

1 + f ′(x)2dx = 2πh

a

√1 + f ′(x)2dx

15.3.2 Zweite Guldin’sche Regel

Die Oberflache eines Rotationskorpers ist gleich der Lange des rotierenden Bo-gens und dem Weg des Schwerpunktes.

15.4 Die Leibniz’sche Sektorformel

Gesucht ist die Flache des Sektors, der von der Kurve ~x = ~x(t) und der Verbin-dungsstrecke des Anfangs- und Endpunktes mit dem Ursprung begrenzt wird.

315

Page 323: Analysis - IG Mathe · ximation, zun achst f ur Funktionen auf Gebieten in einem Rnund dann koordina- ... 7 Konvexe Funktionen 185 7.1 Eine stetige nirgends di erenzierbare Funktion

~x(t0)

~x(t1)

~x(t2)

Z = {a = t0 < t1 < ... < tn = b}

(0, 0)(x(ti), y(ti)

)

(x(ti+1), y(ti+1)

)

Flache:1

2det

(x(ti) x(ti+1)y(ti) y(ti+1)

)=

1

2

(x(ti)y(ti+1)− x(ti+1)y(ti)

)=

=1

2

(x(ti)

(y(ti+1)− y(ti)

)︸ ︷︷ ︸y(τi)(ti+1−ti)

−(x(ti+1)− x(ti)

)︸ ︷︷ ︸x(τi)(ti+1−ti)

y(ti))

=

=1

2

(x(ti)y(τi)− x(τi)y(ti)

)(ti+1 − ti)

Ziel: F (γ) =1

2

a

(xy − xy)dt

γ :

{x = x(t)

y = y(t)

u = t0 < t1 < ... < tn−1 < tn = b

∆ti = ti+1 − ti < δ

orientierte Flache

∆(O, γ(ti), γ(ti+1)

)Fi =

1

2

∣∣∣∣xi xi+1

yi yi+1

∣∣∣∣ =1

2(xiyi+1 − xi+1yi)

316

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2Fi = xi (yi+1 − yi)− (xi+1 − xi)︸ ︷︷ ︸verwende Mittelwertsatz

yi

Approximation der vom Fahrstrahl uberfahrenen orientierten Flache

F (γ) ≈ 1

2

n−1∑i=0

(xiy(τi1)︸ ︷︷ ︸xiy(ti)+

+(y(τi1 )−y(ti)

)xi

− x(τi2)yi︸ ︷︷ ︸x(ti)yi+

+(x(τi2 )−x(ti)

)yi

)(ti+1 − ti) =

=1

2

n−1∑i=0

(xiyi − xiyi)(ti+1 − ti) +1

2

n−1∑i=0

xi(y(τi1)− y(ti)

)∆ti +

1

2

n−1∑i=0

yi(x(τi2)− x(ti)

)∆ti︸ ︷︷ ︸

Rn

γ (stuckweise) C2 −Kurve

Rn =

n−1∑i=0

xiy(ξi)(τi1 − ti)∆ti

Rn ≤n−1∑i=0

|xi|︸︷︷︸≤M

|y(ξi)|︸ ︷︷ ︸≤N

|τi1 − ti|︸ ︷︷ ︸<δ

∆ti ≤M ·N · δn−1∑i=0

(ti+1 − ti)

γ (stuckweise) gleichmaßig stetig differenzierbar

Sei ε > 0, ∃δ > 0, ∀t, t′ ∈ [a, b] und |t− t′| < δ

⇒ |x(t)− x(t′)| < ε und |y(t)− y(t′)| < ε

|R− n| ≤n−1∑i=0

|xi|︸︷︷︸≤M

|y(τi1)− y(ti)|∆ti < M(b− a)ε

Bemerkung 218. Partielle Integration

F (γ) =1

2

a

(xy − xy)dt =1

2

a

xydt− 1

2

a

xydt

︸ ︷︷ ︸xy∣∣ba−b

a

xydt

=

a

xydt− 1

2xy

∣∣∣∣ba

Bemerkung 219. Polare Form

317

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F (γ) =1

2

β

α

r2(ϕ)dϕ, ϕi+1 − ϕi = ∆ϕi

Idee: ∆Fi ≈∆ϕiξπ

r2i π =

1

2r2(ξi)∆ϕi

Ist nun: γ =

{x = x(t)

y = y(t)

r2 = x2 + y2, ϕ = arctan(yx

)dϕ =

dtdt =

1

1 +(yx

)2 · yx− yxx2dt

Somit F (γ) =1

2

β

α

r2dϕ =1

2

t2ˆ

t1

(xy − xy)dt

polare Parameter

Beispiel Kreissektor (orientiert)

α

R

318

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γ =

{x = R · cos(ϕ)

y = R · sin(ϕ)

x · y − x · y = R cos(ϕ)R cos(ϕ)−R(− sin(ϕ)

)r sin(ϕ) =

= R2(

cos(ϕ)2 + sin(ϕ)2)

= R2

F (γ) =1

2

β

α

(xy − xy)dϕ =R2

2

β

α

dϕ =1

2R2(β − α)

Beispiel 96. Hyperbelsektor

−5 −4 −3 −2 −1 1 2 3 4 5

−5

−4

−3

−2

−1

1

2

3

4

5

γ :

{x = c · cosh(µ)

y = c · sinh(µ)

x2 − y2 = c2(

cosh(µ)2 − sinh(µ)2)

= c2

xy − xy = c2 cosh(µ)2 − c2 sinh(µ) = c2

F (γ) =1

2

µ1ˆ

µ0

(xy − xy)dµ =c2

2(µ1 − µ0)

319

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Beispiel 97. Rollkurve (Zykloide)

γ :

{x = t− sin(t)

y = 1− cos(t)0 ≤ t ≤ 2π

F (γ) =1

2

2πˆ

0

(xy − xy

)dt =

1

2

2πˆ

0

(t− sin(t)

)sin(t)−

(1− cos(t)

)2dt = 3π

15.5 Krummung ebener Kurven

gegeben seien γ, C2−Kurve

γ : x = x(s), 0 ≤ s ≤ bwird in der Geschwindigkeit 1 durchlaufen

s =

0

‖x(s′)‖ds′

γ ist bezuglich der Bogenlange Parametrisiert

Begleitendes Zweibein Tangentenvektor hangt vom Parameter, nicht vomOrt ab.

t∣∣p

= t(s) = ~x′(s) =

(x′(s)y′(s)

), ‖t(s)‖ = 1

Normaleinheitsvektor

n∣∣p

= n(s) = Dt∣∣p

=

(−y′(s)x′(s)

)Zweibein in P:(t

∣∣p, n∣∣p)

Krummung (einer ebenen Kurve) Ist ein Maß fur die Abweichung vonder Tangente in einem Kurvenpunkt P und kann anhand der Rotation des be-gleitenden Zweibeins definiert werden. Aus ‖t(s)‖2 = 1 folgt t2(s) ⊥ t(s).

320

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Bemerkung: γ − C2−KurveO = d

ds 〈t(s), t(s)〉 = 〈t′, t〉+ 〈t, t′〉 = 2〈t, t′〉Somit: t′(s) = κ(s′)n(s)

Definition 15.3. κ(s) Krummung von γ in P (x(s))|κ(s)| = ‖t′(s)‖, κ(s) = 〈t′(s), n(s)〉

Wegen t(s) =

(cos(ϕ(s)

)sin(ϕ(s)

) ) , n(s) =

(− sin

(ϕ(s)

)cos(ϕ(s)

) )t′(s) = ϕ′(s)

(− sin

(ϕ(s)

)cos(ϕ(s)

) )= ϕ′(s)n(s)

κ(s) = dϕ(s)ds

Beispiel 98. Kreis mit Radius R

γ :

{x = R · cos

(sR

)y = R · sin

(sR

)t(s) =

(− sin

(sR

)cos(sR

) ) , t′(s) =1

Rn(s)︸ ︷︷ ︸κ(s)

‖t(s)‖ = 1

Ist γ vom Typ C2 in Umgebung von P, dann gibt es einen eindeutig bestimmten Kreismit Radius R und Mittelpunkt M. P stimmt mit γ in zweiter Ordnung uberein. γ und derKreis haben in P selbes t (selbe Tangente) und selbes n (selbe Krummung)

R(s) =1

κ(s)Krummungskreisradius

m(s) = γ(s) +Rn(s)

Die Evolute zu γ ist die Kurve der Krummungskreismittelpunkte.

15.6 Frenetsche Formeln und Hauptsatz der Kurventheo-rie

t =

(cos(ϕ(s)

)sin(ϕ(s)

)) , n =

(− sin

(ϕ(s)

)cos(ϕ(s)

) )t′ = ϕ′(s)

(− sin

(ϕ(s)

)cos(ϕ(s)

) ) = ϕ′(s)n(s)

n′ = ϕ′(s)

(− cos

(ϕ(s)

)− sin

(ϕ(s)

)) = −ϕ′(s)t(s)

Frenetsche Formeln

1.

t′ = κn

321

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2.

n′ = −κt

Satz 15.3. Eine ebene Kurve ist durch Angabe der Krummung κ bis auf die Lage eindeutigbestimmt, das heißt:

[a, b], κ = κ(s), auf [a, b]

Beispiel 99. Klathoide (Spinnkurve, Euler-Spirale)

Kurve, deren Krummung linear mit zuruckgelegtem Weg ansteigt. κ(s) = 1R(s)

!= s · 1

a2

Losung: γ :

x = a

√π

sa√π´

0

cos(

12πu

2)du = a

√π · C

(s

a√π

)y = a

√π

sa√π´

0

sin(

12πu

2)du = a

√πS(

sa√π

)C, S Frenet-Integral

15.6.1 Evoluten

Definition 15.4. Ist γ gegeben, dann ergibt sich eine Evolute von γ, in dem ein Faden konstanterLange abgewickelt oder aufgewickelt wird.

Satz 15.4. Ist γ Evolute von C, dann ist C Evolute von γ.

Beispiel 100. Evolute des Kreisesγ : x2 + y2 = R2

Kurven nicht bezuglich Bogenlange parametrisiert

Γ :

{x = x(t)

y = y(t)a ≤ t ≤ b

Satz 15.5. An jeder Stelle der C2-Kurve Γ mit x(t) 6= 0(Regularitatsstelle)

κ(t) =xy − xy√x2 + y2

3 =

∣∣∣∣x yx y

∣∣∣∣‖x‖3

322

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Insbesondere hat der Graph von y = f(x) als Kurve Γ die Eigenschaft

κ(s) =f ′′(x)√

1 + f ′(x)23

Beweis. Ubung

Idee Umparametrisierung auf s

Beispiel 101. Parabel

Γ :

{x = x(t) = t

y = y(t) = t2

x =

(12t

), x =

(02

), ‖x‖ =

√1 + 4t2

⇒ κ(t) =

∣∣∣∣x yx y

∣∣∣∣‖x‖3

=

∣∣∣∣1 2t0 2

∣∣∣∣√

1 + 4t23 =

2√

1 + 4t23

Bemerkung 220. Ist Γ C2-Typ beliebig parametrisiert, dann gilt

s =1

|κ|=‖x‖3

|∣∣∣∣x yx y

∣∣∣∣ | und Krummungskreismittelpunkt

MP :

ξ(t) = x(t)− y x

2+y2

xy−xy

ν(t) = y(t) + x x2+y2

xy−xy

Beweis. Ubung

Beispiel 102. Ellipse

323

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(xa

)2

+(yb

)2

= 1

Evolute: C :

ξ(t) = a2−b2

a cos(t)3

ν(t) = b2−a2b sin(t)3

Kat. Koordinaten c2 = |a2 − b2|(aξ

c2

) 23

+

(bν

c2

) 23

= 1

15.7 Raumkurven in R3

C3-Kurveγ : x = x(s), a ≤ s ≤ b naturliche Bogenlangen Parametrisierungdas heißt mit Geschwindigkeit 1 durchlaufen

• begleitendes Dreibein:lokales Verhalten in P

x(s) = x(s0) + (s− s0)x′(s0) +1

2!(s− s0)2x′′(s0) +

1

3!(s− s0)3x′′′(s0) + ...

(15.9)

• Tangenten Normalvektor:t|p := x′(s0)Tangente: r(s) = x(s0) + (s− s0)t|p‖t|p‖ = 1

• Normaler Einheitsvektor:n|p = 1

‖t′|p‖ t′|p

⇒ n|p ⊥ t|p

• Binormalvektor:b|p = t|p × n|pKreuzprodukt nur in R3

Geometrische Deutung Normalvektoren t, n, b paarweise orthonormal, bil-den das begleitende Dreibein in P, spannen Koordinatenbaum auf.

• Schmiegebene (von t, n)

• Normalebene (von n, b)

• rektifizierende Ebene (von t, b)

Bemerkung 221. Nach (15.9) liegt γ durch P in zweiter Ordnung in der Schmiegebene.

324

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15.8 Krummung und Torsion

Wie in der Ebene

Definition 15.5.

t′ = κn

γ...Krummung (Proportionalitatszahl)Erste Fretnetsche Formel, wobei κ = 〈t′, n〉, |κ| = ‖x′′‖Die Zahl R = 1

κ heißt Krummungskreisradius mit Mittelpunkt m|p := x|p +Rn|pDie Torsion τ einer Raumkurve wird definiert durch τ := −〈b′, n〉 und misst die Abweichung vonder ebenen Kurve. Das Vorzeichen ist so gewahlt, dass sich fur positives Vorzeichen von τ dieKurve in dieselbe Richtung aus der Schmiegebene herauswindet wie b.

Es gilt:

• b′ ⊥ t(da b′ = (t× n)′ = t′ × n+ t× n′ = t× n′

)• b′ ⊥ b

(da ‖b‖2 = 1 Ableitung 〈b, b′〉 = 0

)Also giltb′ = λn fur λ ∈ Rtatsachlich τ = −〈b′, n〉 = −〈λn, n〉 = −λ‖n‖2 = −λSomit b′ = −τnZweite Frenetsche FormelSuche Ausdruck fur n′

Wegen ‖n‖2 = 1 gilt n′ ⊥ ndaher n′ = αt+ βbTatsachlich: 〈n′, t〉 = α‖t‖2 + β 〈b, t〉︸︷︷︸

=0

= α

〈n′, b〉 = α〈t, b〉+ β‖b‖2 = βWegen: n ⊥ t gilt 〈n′, t〉+ 〈n, t′〉 = 〈n, t〉′ = 0⇒ α = 〈n′, t〉 = −〈n, t′︸︷︷︸

κn

〉 = −κ

analog:β = 〈n′, b〉 = −〈n, b′︸︷︷︸

−τn

〉 = τ

⇒ n′ = −γt+ τbDritte Frenetsche FormelInsbesondere Windung

w :=1

κ〈x′′′, b〉 = R〈 x′′′︸︷︷︸

(x′′)′=

(κn)′=

κ′n+κn′

, b〉 = 〈n′, b〉 3. Fr. F= τ‖b‖2 = τ

Bemerkung 222. Was ist bei w = 0? Das heißt τ = 0 in P, dann ist nach (15.9)γ in dritter Ordnung in P eben.Ist w > 0 (beziehungsweise w < 0) in P, dann bewegt sich γ in einer Umgebung von P

325

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in Richtung b|p(beziehungsweise −b|p

)Kinematische Deutung der Frenetschen Formeln

1. t′ = κn

2. n′ = −γt+ τb

3. b′ = −τn

Beobachter geht entlang der Kurve mit Geschwindigkeit 1 und nimmt Dreibeinals Bezugssystem. Dann zeigen die Frenetschen Formeln, dass dieses Referenz-System nie Inertialsystem ist (unablassig rotiert). Der Drehimpuls w = wt +wn + wb = τt + κb. Der Drehimpuls ist unabhangig vom Darbouxvektor (w)(proportional).~x(s) Kurve Bogenlange Parametrisiert~x′(s) = ~t(s)~x′′(s) = ~t′(s) ∗ κ(s)~n(s)~x′′′(s) = κ′(s)~n(s) + κ(s)~n′(s) = κ′(s)~n(s)− κ(s)2~t(s) + κ(s)τ(s)~t(s)Taylorentwicklug in s0 = 0

~x(s) = ~x(0) + s~t(0) +s2

2κ(0)~n(0) +

53

6

(κ′(0)~n(0)− κ(0)2~t(0) + κ(0)τ(0)~b(0)

)+O(s4) =

= ~x(0) +

(s− κ(0)2

6s3

)~t(0) +

(s2

2κ(0) +

s3

6κ′(0)

)~n(0) +

s3

6κ(0)τ(0)~b(0) +O(s4)

Lost auch die Geschwindigkeit von ~x(s) auf s, s2, s3

~t

~n

κ

Schmiegebeneκ ist die (ebene) Krummung der auf die Schmiegebene projizierte Kurve.

326

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~t

~b

κ

NormalebeneDie Torsion misst, wie schnell sich die Kurve aus der Schmiegebene hinauswin-det.

~t

~b

κ

rektifizierende EbeneFur beliebige Dimensionen erweiterbar.

327

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16 Funktionen in mehreren Variablen

U ⊆ Rd U offenf : U → Rf ist stetig in ~x0 ∈ U ⇔ ∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀~x ∈ U : ‖~x− ~x0‖ < δ⇒ |f(~x)− f(~x0)| < εDie Wahl der Norm ‖·‖ steht uns frei, bei Anderung der Norm is allenfalls δ miteinem Faktor zu multiplizieren.

Beispiel 103.

f(x, y) =

{xy

x2+y2 (x, y) 6= (0, 0)

0 (x, y) = (0, 0)

f(0, y) = 0, f(x, 0) = 0

f(tx, ty) =t2xy

t2(x2 + y2)=

xy

x2 + y2entlang einer Gerade

limt→0

(f(tx, ty)

)=

xy

x2 + y26= (0, 0) im Prinzip Folgenkriterium

Bemerkung 223.”

Zwei Dimensionen sind mehr als zweimal eine Dimension”Die Idee des Beispiels ist eine zweidimensionale Version des Folgenkriteriums; dieses ist

328

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besonders gut zum Nachweis der Unstetigkeit geeignet.

U ⊆ Rd, ~x0 ∈ U, f : U \ {~x} → Rlim~x→~x0

(f(~x)

)= A ⇔ ∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀~x ∈ U : 0 < ‖~x− ~x0‖ < δ ⇒ |f(~x)−A| < ε

Achtung: lim(x,y)→(0,0)

(f(x, y)

)ist etwas anderes als lim

x→0

(limy→0

(f(x, y))

)beziehungsweise lim

y→0

(limx→0

(f(x, y)))

16.1 Ein wenig Topologie des Rd

Rd tragt die durch die Norm ‖·‖2 (und damit jede Norm) gegebene Topolo-gie

Definition 16.1. X ⊆ Rd heißt zusammenhangend [wenn nicht, dann gibt es offene, abgeschlos-sene Mengen in X], wenn u, v offen sind, U ∩ V = ∅ und(X ∩ U) ∪ (X ∩ V ) = X gilt. ⇒ X ∩ U = ∅ oder X ∩ V = ∅das heißt: es ist nicht moglich X durch offene Mengen in zwei disjunkte Teile zu zerlegen.

Satz 16.1. Die zusammenhangenden Teilmengen von R sind genau die Intervalle.

Beweis. Sei I ⊆ R ein Intervall. Angenommen I ist nicht zusammenhangend.

∃U, V ⊆ R offen, U ∩ V = ∅, (I ∩ U)︸ ︷︷ ︸6=∅

∪ (I ∩ V )︸ ︷︷ ︸6=∅

= I

u ∈ I ∩ U v ∈ I ∩ V, oBdA: u < v

s = sup([u, v] ∩ U

)∈ I

[weil u ≤ s ≤ v gilt

]s

?∈ U U

=⇒offen

∃ε > 0 : (s− ε, s+ ε) ⊆ U E zu s = sup([u, v] ∩ U

)s

?∈ V V

=⇒offen

∃ε > 0 : (s− ε, s+ ε) ⊆ V E weil damit sup([u, v] ∩ U

)≤ s− ε gilt

EAngenommen I sei kein Intervall

Das heißt: ∃u < v < w, u,w ∈ I, v /∈ IU = (−∞, v), V = (v,∞), I = (I ∩ U)︸ ︷︷ ︸

6=∅

∪ (I ∩ V )︸ ︷︷ ︸6=∅

Satz 16.2. Sei X ⊆ Rd zusammenhangend, Y ⊆ Rp, f : X → Y stetig. Dann ist f(X) zusam-menhangend in Rp.

329

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(Stetige Bilder zusammenhangender Mengen sind zusammenhangend).

Beweis. Angenommen f(X) ist nicht zusammenhangend

U, V ⊆ Rp offen U ∩ V = ∅ f(X) = (f(X) ∩ U)︸ ︷︷ ︸6=∅

∩ (f(X) ∩ V )︸ ︷︷ ︸6=∅

⇒ f−1(U) ∩ f−1(V ) = ∅, f−1(U) ∪ f−1(V ) = X

f−1(U)︸ ︷︷ ︸6=∅

, f−1(V )︸ ︷︷ ︸6=∅

sind offen als Urbilder offeneer Mengen E

Bemerkung 224. Sei U ⊆ Rd zusammenhangend, f : U → R stetig⇒ f(U) ist ein Intervall (Satz 16.1 + Satz 16.2)Das heißt: Seien u, v ∈ U , dann nimmt f jeden Wert zwischen f(u) und f(v) an (ZWS).

Definition 16.2. X ⊆ Rd heißt wegzusammenhangend, wenn es fur je zwei Punkte ~u,~v ∈ X einestetige Kurve ~x : [0, 1]→ X gibt, sodass ~x(0) = ~u, ~x(1) = ~v gilt.

~u~v

Satz 16.3. Sei X ⊆ Rd wegzusammenhangend, dann ist X zusammenhangend.

330

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Beweis. AngenommenX ist wegzusammenhangend und nicht zusammenhangend

X =

∈U︷ ︸︸ ︷(X ∩ U)︸ ︷︷ ︸6=∅

∪∈V︷ ︸︸ ︷

(X ∩ V )︸ ︷︷ ︸6=∅

weg-zusammen-

hangend=⇒ ∃~x : [0, 1]→ X, ~x(0) = u, ~x(1) = v

0 ∈ ~x−1(U) offen, 1 ∈ ~x−1(V ) offen

~x−1(U) ∪ ~x−1(V ) = [0, 1]

~x−1(U) ∩ ~x−1(V ) = ∅E

Beispiel 104. X =

{(x, sin

(1x

)) ∣∣∣∣ x ∈ (0, 1)

}∪ {(0, 0)}

ist zusammenhangend, aber nicht wegzusammenhangend.

0.5 1 1.5 2

Satz 16.4. Sei X ⊆ Rd offen und zusammenhangend, dann ist X auch wegzusammenhangend.

331

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Beweis. Seien u, v ∈ X

U ={x ∈ X

∣∣ ∃~x : [0, 1]→ X : ~0 = u, ~1 = v}

U ist offen: x ∈ USei B(x, r) ⊆ X (r > 0 wegen X offen)

Sei y ∈ B(x, r)

dann ist ~y(t) =

{~x(2t) 0 ≤ t ≤ 1

2

x+ (2t− 1)(y − x) 12 ≤ t ≤ 1

ein stetiger Weg der u und v verbindet und ganz in X liegt

V = X \ U sei nicht leer, dann ∃v ∈ V@~x das u und v stetig verbindet

∃r > 0 : B(v, r) ⊆ X (X offen)

Dann liegt B(v, r) in V ; sei y ∈ B(v, r) mit y ∈ U

Dann gibt es einen Weg ~x der u und y verbindet und damit einen Weg, der umit v verbindet (oben). X lasst sich als X = U ∪ V als Vereinigung disjunkteroffener Mengen schreiben. u ∈ U , X zusammenhangend ⇒ V = ∅ ⇒ X = U .Das heißt jeder Punkt von X kann durch einen stetigen Weg mit u verbundenwerden.

Definition 16.3. Sei X ⊆ Rd offen und zusammenhangend, dann heißt X ein Gebiet.

U ⊆ Rp ein Gebiet, f : U → R

Graph von f =

{(x1, x2, ...xp, y) ∈ Rp+1

∣∣∣∣ (x1, x2, ..., xn) ∈ U, y = f(x1, x2, ..., xn)

}Die Tangentialebene an den Graph im Punkt

(~x0, f(~x0)

)ist durch p-Koordinaten bestimmt (

”Ab-

leitung”).

g(x0 + h) = g(x0) + g′(x0)h+ hr(h)

f(~x0 + ~h) = f(~x0) + L~h+ ‖~h‖r(~h) und limh→0

(r(~h)

)= 0

L ... lineare Abbildung L : Rp → Rf(~x0 + ~h) ... Tangentialebene, erste Naherunggesucht: L~e1, ..., ~ep

Definition 16.4. Sei U ein Gebiet, f : U → R heißt differenzierbar in ~x0 ∈ V , wenn es eine

332

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lineare Abbildung L : Rp → R gibt, sodass

f(~x0 + ~h) = f(~x0) + L~h+ ‖~h‖r(~h) und limh→0

(r(~h)) = 0 ⇔

⇔ limh→0

(f(~x0 + ~h)− f(~x0)− L~h

‖~h‖

)= 0

~h = t~ei

f(~x0 + t~ei)− f(~x0) = L(t~ei) + |t| · ‖~ei‖ · r(t~ei) ⇔

⇔ f(~x0 + t~ei)− f(~x0)

t= L~ei +

|t|t‖~ei‖ · r(t~ei)

limt→0

(f(~x0 + t~ei)− f(~x0)

t

)= L~ei

limh→0

(f(x0

1, ..., x0i−1, x

0i + h, x0

i+1, ..., xn)− f(x01, ..., x

0n)

h

)=:

∂f

∂xi(~x0) =:

=: Partielle Ableitung

L =

(∂f

∂x1,∂f

∂x2, ...,

∂f

∂xn

)(~x0)

Beispiel 105.

f(x, y, z) = x cos(yz) + xyzx

∂f

∂x= cos(yz) + yxy−1zx + xy ln(z)zxxy

∂f

∂y= −xz sin(yz) + zx ln(x)xy

∂f

∂z= −xy sin(yz) + xy+1zx−1

Beispiel 106.

f(x, y) =

{x3

x2+y2 (x, y) 6= (0, 0)

0 (x, y) = (0, 0)

∂f

∂x(0, 0) = lim

x→0

( x︷ ︸︸ ︷f(x, 0)−f(0, 0)

x

)= 1

∂f

∂y(0, 0) = lim

y→0

(f(0, y)− f(0, 0)

y

)= 0

f(x, y) = f(0, 0) + 1 · x+ 0 · y + ‖(x, y)‖r(x, y) = x+ ‖(x, y)‖r(x, y)

f(x, y)− x =x3 − x(x2 + y2)

x2 + y2=−xy2

x2 + y2=√x2 + y2 · r(x, y)

333

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⇒ r(x, y) =−xy2

(x2 + y2)32

r(t, t) =−t3

t32√

2=−1

2√

2geht nicht gegen 0 fur t→ 0

Somit ist f nicht differenzierbar

Bemerkung 225. Die Existenz partieller Ableitung reicht nicht fur die Differenzierbar-keit.

Satz 16.5. Sei U ⊆ Rp ein Gebiet und f : U → R eine Funktion. Wenn auf U alle partiellenAbleitungen von f existieren und stetig in ~x0 sind, dann ist f differenzierbar in ~x0

Beweis.

f(x01 + h1, x

02 + h2, ..., x

0p + hp)− f(x0

1, ..., x0p) =

= f(x01 + h1, ..., x

0p + hp)− f(x0

1, x02 + h2, ..., x

0p + hp)+

+f(x01, x

02 + h2, ..., x

0p + hp)− f(x0

1, x02, x

03 + h3, ..., x

0p + hp)+

+f(x01, x

02, x

03 + h3, ..., x

0p + hp)− ...+ f(x0

1, x02, x

03, ..., x

0p−1, x

0p + hp)− f(x0

1, ..., x0p)

MWS=

MWS= h1

∂f

∂x1(x0

1 +O1h1, x02 + h2, ..., x

0p + hp)+

+h2∂f

∂x2(x0

1, x20 +O2h2, x

03 + h3, ..., x

0p + hp)+

+...+ hp∂f

∂xp(x0

1, x02, ..., x

0p−1, x

0p +Ophp) =

=

(h1

∂f

∂x1(~x0) + h2

∂f

∂x2(~x0) + ...+ hp

∂f

∂xp(~x0)

)+

+h1∂f

∂x1(x0

1 +O1h1, x02 + h2, ..., x

0p + hp)− h1

∂f

∂x2(~x0)

...

+hp∂f

∂xp(x0

1, x02, ..., x

0p +Ophp)− hp

∂f

∂xp(~x0)

Sei ε > 0, dann gibt es wegen der Stetigkeit von∂f

∂xiin ~x0[

fur i = 1, ..., p]

ein δ > 0, sodass∣∣∣∣ ∂f∂xi (~x)− ∂f

∂xi~x0

∣∣∣∣ < ε√p

fur ‖~x− ~x0‖ < δ

Wenn also ‖~h‖ < δ gilt, dann gilt auch

‖(O1h1, h2, ..., hp)‖ < δ und ‖(0, O2h2, h3, ..., hp)‖ < δ und ‖(0, 0, ..., Ophp)‖ < δ

334

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Also gilt

∣∣∣f(~x0 + ~h)− f(~x0)− L~h∣∣∣ ≤ ε√p|h1|+

ε√p|h2|+ ...+

ε√p|hp|

Cauchy-Schwarz≤

Cauchy-Schwarz≤

√h2

1 + h22 + ...+ h2

p ·

√ε2

p+ ...+

ε2

p= ‖~h‖ε

⇒ |f(~x0 + ~h)− f(~x0)− L~h|‖~h‖

< ε fur ‖~h‖ < δ

⇒ lim~h→~0

(∣∣∣∣∣f(~x0 + ~h)− f(~x0)− L~h‖h‖

∣∣∣∣∣)

= 0

Bemerkung 226. Altertumlich geht man so vor:1.) Definiere die partiellen Ableitungen; wenn diese stetig sind, nennt man f total diffe-renzierbar.

Bemerkung 227. Die lineare Abbildung L aus der Definition der Differenzierbarkeit isteindeutig bestimmt. Ihre Koordinaten haben wir berechnet

df(~x0) =

(∂f

∂x1,∂f

∂x2, ...,

∂f

∂xp

)(~x0)

Einschub V ...Vektorraum uber R

V = L(~e1, ..., ~ep)

V ∗ ={L : V → R

∣∣ L lineare Abbildung}

L(e∗1, ..., e∗p)

e∗i (~ej) =

{1 i = j

0 sonst

Rechenregeln fur Differentiale

d(f + g) = df + dg

d(f · g) = gdf + fdg

d

(1

f

)= − 1

f2df

335

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Bemerkung 228. Wenn auf V ein Skalarprodukt gegeben ist, dann ist dadurch

d : V → V ∗

~h 7→ 〈~h, ·〉

ein Isomorphismus gegeben. d ist Basis unabhangig (kanonisch).

φ−1(df) =

∂f∂x1∂f∂x2

...∂f∂xp

=: grad(f)

f(~x0 + ~h)− f(~x0) = 〈grad(f),~h〉+ ‖~h‖r(~h)

∇f”Nabla f”

∇ =

∂∂x1

...∂∂xp

∆f = f(~x0 + ~h)− f(~x0) ≈ ∂f

∂x1∆x1 + ...+

∂f

∂xp∆xp

Satz 16.6. Kettenregel, einfachste FassungSei U ⊆ Rp ein Gebiet, ~x : [a, b]→ U eine differenzierbare Kurve und f : U → R differenzierbar.Dann gilt

d

dtf ◦ ~x(t) =

⟨grad(f)

(~x(t)

), ~x(t)

⟩= df

(~x(t)

)~x(t) =

∂f

∂x1x1 + ...+

∂f

∂xpxp

[f ◦ ~x ist also differenzierbar

]Beweis.

f(~x) = f(~x0) + df(~x0)(~x− ~x0) + ‖~x− ~x0‖rf (~x) mit lim~x→~x0

(r(~x)

)= 0

~x0 = ~x(t0)

~x(t) = ~x(t0)︸ ︷︷ ︸~x0

+(t− t0)~x(t0) + (t− t0) · r~x(t) mit limt→t0

(~r~x(t)

)f(~x(t)

)= f(~x0) + df(~x0)

((t− t0)~x(t0) + (t− t0)~r~x(t)

)+ ‖(t− t0)

(~x(t0) + ~r~x(t)

)‖rf(~x(t)

)=

= f(~x0) + (t− t0)df(~x0)~x(t0) + (t− t0)

(df(~x0)~r~x(t)︸ ︷︷ ︸−→0t→t0

+

beschrankt fur t→ t0︷ ︸︸ ︷|t− t0|t− t0

· ‖~x(t0) + ~r~x(t) · rf (t)︸ ︷︷ ︸−→0t→t0

)

336

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das heißt f(~x(t)) hat in t = t0 eine erste Naherung, ist daher differenzierbarund es gilt

d

dtf ◦ ~x(t0) = df(~x0)~x(t0)

Definition 16.5. Sei U ⊆ Rp ein Gebiet, f : U → R, ~h ein Vektor aus Rp[‖~h‖ = 1

]. Dann heißt d

dtf(~x0 + t~h) =: ∂

∂~hf = D~hf die Richtungsableitung von f in Richtung ~h,

wenn diese Ableitung existiert.

limt→0

(f(~x+ t~h)− f(~x0)

t

)

Bemerkung 229. Wenn f differenzierbar ist in ~x0, dann gilt

∂f

∂~h(~x0) = df(~x0)~h = 〈grad(f),~h〉

Beispiel 107.

f(x, y) =

{x3

x2+y2 (x, y) 6= (0, 0)

0 (x, y) = (0, 0)ist nicht differenzierbar in (0, 0)

f(th1, th2)− 0

t=

t3h31

t+ (h21 + h2

2)=

h31

h31 + h2

2

Damit existiert die Richtungsableitung D~hf ∀~h mit ‖~h‖ = 1

Aber die Steigungen in ~h-Richtung passen nicht in eine Ebene

⇒ f ist also nicht differenzierbar in x0

Bemerkung 230. Sei f : U → R differenzierbar in ~x0.D~hf(~x0) = 〈grad(f),~h〉 ... Zuwachs von f in Richtung ~h

Dieser wird am großten, wenn ~h = grad(f)‖grad(f)‖ (Wenn grad(f) 6= 0)

”Der Gradient zeigt die Richtung des starksten Zuwachs von f”

Bemerkung 231. Sei f : U → R differenzierbar. Sei ~x = ~x(t) eine Kurve entlang dieserf konstant ist.

[Niveaulinie

]f(~x(t)) = f(~x(t0)) = c

⇒ Kettenregel: 〈grad(f), ~x(t)〉 = 0⇔ grad(f) ⊥ ~x(t)

337

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Der Gradient steht senkrecht auf alle Niveaulinien.

Definition 16.6. Sei U ein Gebiet, f : U → R. Dann heißt ~x0 ein lokales Minimum[beziehungsweise

Maximum], wenn:

∃δ > 0, ∀~x ∈ U : ‖~x− ~x0‖ < δ ⇒ f(~x) ≥ f(~x0)[beziehungsweise f(~x) ≤ f(~x0)

]

Satz 16.7. Sei U ein Gebiet, f : U → R differenzierbar und ~x0 ein lokales Minimum[beziehungsweise

Maximum], dann gilt:

grad(f)(~x0) = 0[oder df(~x0) = 0

]Beweis. Wir betrachten g~h(t) = f(~x0 + t~h) fur ‖~h‖ = 1. Dann hat g~h in t = 0ein lokales Minimum

[beziehungsweise Maximum

].

Satz im=⇒

Eindimen-sionalen

g′~h(~x0) = 0 = 〈grad(f),~h〉 ⇒ grad(f) = ~0

Satz 16.8. MittelwertsatzSei U ⊆ R ein Gebiet, f : U → R differenzierbar und ~a,~b ∈ U , dann gibt es ein V ∈ (0, 1) sodass

f(~b)− f(~a) = df(a+ V(~b− ~a)

)(~b− ~a)[

Wenn U die Verbindungsgerade von ~a und ~b enthalt]

Beweis. g(t)f(~a+ t(~b− ~a)

), g(0) = f(~a), g(1) = f(~b)

Mittelwertsatz auf g angewandt ergibtg(1)− g(0) = g′(V)(1− 0)

f(~b)− f(~a) = df(~a+ V(~b− ~a)

)(~b− ~a)

Satz 16.9. SchrankensatzSei U ⊆ Rp ein Gebiet, das mit je zwei Punkten auch deren Verbindungsstrecke enthalt (konvex).Sei f : U → R differenzierbar und gelte fur alle v ∈ U , ‖grad(f)‖2 ≤ LDann gilt fur alle ~x1, ~x2 ∈ U : |f(~x2)− f(~x1)| ≤ L‖~x2 − ~x1‖2

Beweis.

|f(~x2)− f(~x1)| = |〈grad(f)(~x1 + V(~x2 − ~x1)), ~x2 − ~x1〉|Cauchy -Schwarz≤

Cauchy -Schwarz≤ ‖grad(f)(~x1 + V(~x2 − ~x1))‖ 2q‖~x2 − ~x1‖2p︸ ︷︷ ︸

Holder

≤ L‖~x2 − ~x1‖2

338

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Bemerkung 232. Der Satz bleibt richtig, wenn fur 1p + 1

q = 1,[p, q ≥ 1

]‖grad(f)‖q ≤ L : |f(~x2)− f(~x1)| ≤ L‖~x2 − ~x1‖p

[Holder

]• besonders q =∞, p = 1 :∣∣∣ ∂f∂xj (~x)

∣∣∣ ≤ Lf(~x2)− f(~x1) ∈ L‖~x2 − ~x1‖1

• q = 1, p =∞ :∣∣∣ ∂f∂x1

∣∣∣+∣∣∣ ∂f∂x2

∣∣∣+ ...+∣∣∣ ∂f∂xp ∣∣∣ ≤ L

⇒ |f(~x2)− f(~x1)| ≤ L‖~x2 − ~x1‖∞

Bemerkung 233. f : U → R differenzierbar, ~x : [α, β]→ U eine differenzierbare Kurve,

~x(α) = ~a, ~x(β) = ~b

f(~b)− f(~a) =

β

α

df(~x(t)

)~x(t)︸ ︷︷ ︸

ddt f(~x(t))

dt =

β

α

(∂f

∂x1x1 + ...+

∂f

∂xpxp

)dt

xjdt = dxj =

β

α

∂f

∂x1dx1 + ...+

∂f

∂x− pdxp =

~bβˆ

α~a

df =

ˆ

c

df

[Analysis 3

]

Bemerkung 234. Sei f : U → R stetig differenzierbar. Dann gibt es stetige Funktionenq1, ..., qp sodass

f(~x)− f(~x0) =

p∑j=1

qj(v)(xj − x(0)j )

qj(~x0) =∂f

∂xj(~x0)

g(t) = df(~x0 + t(~x− ~x0)

)f(~x)− f(~x0) =

0

g′(t)dt =

0

df(~x0 + t(~x− ~x0)

)(~x− ~x0)dt =

=

p∑j=1

0

∂f

∂xj

(~x0 + t(~x− ~x0)

)dt

︸ ︷︷ ︸qj(~x)

als Integraleiner stetigen

Funktion

(xj − x(0)

j

)

339

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16.2 Hohere Ableitungen

f : U → R, ∂f∂x1

, ..., ∂f∂xp Wenn diese Ableitungen differenzierbar sind, dann

konnen wir ∂∂x

(∂f∂xj

)bilden =: ∂2f

∂xi∂xj= Dxixjf = Dijf

Definition 16.7. U ⊆ Rp sei ein Gebiet, f heißt k-mal stetig differenzierbar, wenn alle Ableitun-gen bis zur Ordnung k existieren und stetig sind.

Ck(U) ={f : U → R

∣∣∣ f k-mal stetig differenzierbar}

C∞(U) =

∞⋂k=1

Ck(U), ∞-oft stetig differenzierbar

Beispiel 108.

f(x, y) = x2ey + y sin(xy)

∂d

∂x= 2xey + y2 cos(xy)

∂f

∂y= x2ey + sin(xy) + xy cos(xy)

∂2f

∂x2= 2ey − y3 sin(x, y)

∂2f

∂y∂x= 2xey + 2y cos(xy)− xy2 sin(xy)

∂2f

∂x∂y= 2xey + 2y cos(xy)− xy2 sin(xy)

∂2f

∂y2= x2ey + cos(xy) + x cos(xy)− x2y sin(xy)

Es fallt auf, dass∂2f

∂x∂y=

∂2f

∂y∂xaber wann gilt das?

Satz 16.10. Satz von SchwarzSei U ⊆ Rp ein Gebiet, f : U → R und existieren die Ableitungen ∂f

∂xi, ∂f∂xj und ∂2f

∂xi∂xj. Wenn

∂2f∂xi∂xj

in a ∈ U stetig ist, dann existiert ∂2f∂xj∂xi

(a) und es gilt ∂2f∂xi∂xj

(a) = ∂2f∂xj∂xi

(a)

Lemma 19. Sei V ⊆ R2 offen ϕ : V → R und existieren ∂ϕϕx und ∂2ϕ

∂y∂x auf V .

Seien a, b ∈ V , [a1, b1] × [a2, b2] ⊆ V . Dann gibt es ein ξ ∈ [a1, b1], µ ∈ [a2, b2]sodass Q = ϕ(b1, b2) − ϕ(a1, b2) − ϕ(b1, a2) + ϕ(a1, a2) − (b1 − a1)(b2 − a −2) ∂

2ϕ∂y∂x (ξµ)

340

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a

b

Mittelwertsatz in einer Variablen

Beweis.

u(y) = ϕ(b1, y)− ϕ(a1, y) = (b2 − a1)∂ϕ

∂x(ξ, y)

Q = u(b2)− u(a2) = (b2 − a2)(b1 − a1)∂2ϕ

∂y∂x(ξ, µ)

Beweis von Satz 16.10.

ϕ(x, y) = f(~a+ x~ei + y~ej)

fur x und y des Lemmas verwenden und gleichsetzen

Bemerkung 235. (∂nf

∂xi1∂xi2 ...∂xin

)pi1,i2,...,in=1

n = 2 :

(∂2f

∂xi∂xj

)pi,j=1

symmetrische Metrik

d(2)f....Differential zweiter Ordnung

d(2)f(~v, ~u) =∂

∂~u

(∂f

∂~v

)~v = ~ej , ~u = ~ei ⇒ d(2)f(~ei, ~ej) =

∂2f

∂xi∂xj

d(2)f

(p∑i=1

vi~ei︸ ︷︷ ︸~u

,

p∑j=1

vj~ej︸ ︷︷ ︸~v

)=

∂~u

p∑j=1

∂f

∂xjvj

=

p∑i=1

p∑j=1

∂2f

∂xi∂xjuivj

allgemeiner d(n)f ist n-fache Multilinearform

d(n)f : (Rp)n → R(d(n)f

)(~v1, ~v2, ..., ~vn) =

p∑i1=1

...

p∑in=1

∂nf

∂xi1 · ... · ∂xinvi−1...vin

(d(n)f

)(~v1, ..., ~vn) =

∂~v1

(∂

∂~v2

(...

(∂f

∂~vn

)...

))

341

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16.3 Taylor Formel

f(~x) = f(~x0) + ....?

(~x− ~x0) = ~h

g(t) = f(~x0 + t~h)

g′(0) =∂f

∂~h(~x0) = df(~x0)~h

g′′(0) =(D(2)f

)(~x0)(~h,~h)

...

g(n)(0) =(d(n)f

)(~x0)(~h,~h, ...,~h)

g(n+1)(t) =(d(n+1)f

)(~x0 + t~h)(~h,~h, ...,~h)

g(1) = f(~x) = f(~x0 + ~h) =

=

n∑j=0

(d(j)f

)(~x)(~h, ...,~h)

j!+

(d(n+1)f

)(~x0 + V~h)(~h, ...~h)

(n+ 1)!(d(j)f

)(~x0)(~h, ...,~h) =

p∑i1=1

...

p∑ij=1

∂jf

∂xi1 · ... · ∂xij(~x0)hi1 · ... · hij

Satz 16.11. Sei U ⊆ Rp ein Gebiet, f ∈ C(n+1)(U). Seien ~x0 ∈ U , ~h ∈ Rp und gelte ∀t ∈ [0, 1] :

~x0 + t~h ∈ U . Dann gibt es ein V ∈ (0, 1), sodass:

f(~x0 + ~h) = f(~x0) + df(~x0)~h+1

2!df (2)(~x0)(~h,~h) +

1

3!df (3)(~x0)(~h,~h,~h) + ...

...+1

n!df (n)(~x0)(~h, ...,~h) +

1

(n+ 1)!df (n+1)(~x0 + V~h)(~h, ...,~h)

Beweis. Oben

n = 2:

Bemerkung 236.

f(~x0 + ~h) = f(~x0) + df(~x0)~h+1

2!df (2)(~x0)(~h,~h) +O

(‖~h‖3

)

Wenn ∀~h ∈ Rp : df(~x0) = 0, ~h 6= ~0, df (2)(~x0)(~h,~h) > 0 (16.10)

342

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⇒ ∃δ > 0, ∀~h ∈ Rp : ‖~h‖ < δ, f(~x0 + ~h) ≥ f(~x0)

das heißt x0 ist ein lokales Minimum

(16.10) < 0 ⇒ ∃δ > 0, ∀~h ∈ Rp : ‖~h‖ < δ, f(~x0 + ~h) ≤ f(~x0)

das heißt, x0 ist ein lokales Maximum

∃~h1,~h2 ∈ Rp : df (2)(~x0)(~h1,~h1) > 0, df (2)(~x0)(~h2,~h2) < 0

das heißt x0 ist ein Sattelpunkt[kein Extremum

]Wenn ∀~h ∈ Rp : df (2)(~h,~h) ≥ 0 und ∃~h 6= ~0 : df (2)(~x0)(~h,~h) = 0

⇒ keine Aussage, ebenso fur ≤ 0

Satz 16.12. Sei U ⊆ Rp ein Gebiet, ~x0 ∈ U mit df(~x0) = 0[grad

(f)(~x0) = ~0

], dann gilt:

1. Wenn df (2)(~x0) positiv definit ist, dann ist v0 ein lokales Minimum.

2. Wenn df (2)(~x0) negativ definit ist, dann ist v0 ein lokales Maximum.

3. Wenn df (2)(~x0) indefinit ist, dann ist ~x0 ein Sattelpunkt.

4. Wenn df (2)(~x0)[positiv oder negativ

]semidefinit ist, dann ist keine Aussage moglich.

Beweis. Oben

Bemerkung 237. Zum Nachweis der Definitheit von df (2)(~x0) kann man das Hauptmi-norenkriterium verwenden.

Bemerkung 238. (∂2f

∂xi∂xj(~x0)

)pi,j=1

heißt Hesse-matrix

343

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Beispiel 109.

f(x, y) = 4x3 + 6x2 + 12xy − 12x+ 3y2 − 6y

∂f

∂x= 12x2 + 12x+ 12y − 12

!= 0

∂f

∂y= 12x+ 6y − 6

!=

x2 + x+ y = 1

2x+ y + 1 ⇔ y = 1− 2x

⇒ vx2 − x+ 1 = 1

x2 − x = 0

(x− 1)x = 0 ⇒ x = 1, x = 0, y = −1, y = 1

∂2f

∂x2= 24x+ 12

∂2f

∂y2= 6

∂2f

∂x∂y= 12

⇒ H(x, y) =

(24x+ 12 12

12 6

)det(H(x, y)

)= 144x+ 72− 144 = 72(2x− 1)

det(H(1,−1)

)= 72 > 0 und 36 > 0 Minimum

det(H(0, 1)

)= −71 < 0 und 36 > 0 indefinit

⇒ Sattelpunkt

Bemerkung 239. Ein Punkt ~x0 ∈ U in dem df = 0 gilt[oder Grad(f) = ~0

]heißt

kritischer Punkt[stationarer Punkt

].

Ein kritischer Punkt ~x0 ist ein Extremum, wenn die Hesse-Matrix(

∂2f∂xi∂xj

)pi,j=1

definit

ist.[Kein Extremum wenn indefint

][Keine Entscheidung, wenn semidefinit

]

344

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16.4 Differenzierbare Abbildungen

Definition 16.8. Sei U ⊆ Rp und ~F : U → Rq, dann heißt ~F differenzierbar in ~x0 ∈ U , wenn eseine lineare Abbildung A : Rp → Rq gibt, sodass

~F (~x) = ~F (~x0) +A(~x− ~x0) + ‖~x− ~x0‖~r(~x)

mit lim~x→~x0

(~r(~x)) = ~0

gilt

Bemerkung 240.

~F (~x) =

f1(~x)...

fq(~x)

A =

∂f1∂x1

(~x0) ∂f1∂x2

(~x0) . . . ∂f1∂xp

(~x0)∂f2∂x1

(~x0) ∂f2∂x2

(~x0) . . . ∂f2∂xp

(~x0)...

.... . .

...∂fq∂x1

(~x0)∂fq∂x2

(~x0) . . .∂fq∂xp

(~x0)

A heißt Jacobi-matrix

D~F =∂(f1, ..., fq)

∂(x1, ..., xp)= ~F

Bemerkung 241. Fur den Nachweis der Differenzierbarkeit von ~F genugt der Nachweisder Differenzierbarkeit von f1, ..., fq.[Koordinatenweise differenzierbar ⇔ differenzierbar

]Wenn die Funktion ∂fi

∂xjin ~x0 stetig sind, dann ist ~F in ~x0 differenzierbar.

Satz 16.13. KettenregelSei U ⊆ Rp, V ⊆ Rd offen und seien ~F : U → V und ~G : V → Rs Abbildungen. Sei ~F in ~x0 ∈ Udifferenzierbar und ~G in~y0 = ~F (~x0) ∈ V differenzierbar. Dann ist ~G(~F (~x)) = ~G ◦ ~F (~x) in ~x0 differenzierbar und es gilt

D(~G ◦ ~F )(~x0) = D~G(~F (~x0)

)◦D~F (~x0) = ~G′

(~F (~x0)

)~F ′(~x0)

345

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Beweis.

~F (~x) = ~F (~x0) +D~F (~x0)(~x− ~x0) + ‖~x− ~x0‖~rF (~x)

~G(~y) = ~G(~y0) +D~G(~y0)(~y − ~y0) + ‖~y − ~y0‖~rG(~y)

~G(~F (~x)

)= ~G(~F (~x0)) +D~G(~y0)

(~y0 − ~y0 +D~F (~x0)(~x− ~x0) + ‖~x− ~x0‖~rF (~x)

)+

+∥∥D~F (~x0)(~x− ~x0) + ‖~x− ~x0‖~rF (~x)

∥∥ · ~rG(~F (~x)) =

= ~G(~F (~x0)

)+D~G(~y0)D~F (~x0)(~x− ~x0) +

(‖~x− ~x0‖D~G(~y0)~rF (~x)+

+‖D~F (~x0)(~x− ~x0) + ‖~x− ~x0‖~rF (~x)‖~rG(~F (~x)

))∥∥∥(‖~x− ~x0‖D~G(~y0)~rF (~x) + ‖D~F (~x0)(~x− ~x0) + ‖~x− ~x0‖~rF (~x)‖~rG(~F (~x)

))∥∥∥ ≤≤ ‖~x− ~x0‖ · ‖D~G(~y0)~rF (~x)‖+‖D~F (~x0)(~x− ~x0)‖ · ‖~rG

(~F (~x)

)‖+

+‖~x− ~x0‖ · ‖~rF (~x)‖ · ‖~rG(~F (~x)

)‖ ≤

≤ ‖~x− ~x0‖(‖D~G(~y0)‖ · ‖~rF (~x0)‖︸ ︷︷ ︸

−→0

+ ‖D~F (x0)‖ · ‖~rG(~F (~x)

)‖︸ ︷︷ ︸

−→0

+ ‖~rF (~x)‖ · ‖~rG(~F (~x)

)‖︸ ︷︷ ︸

−→0

)

Die Mathematik ist die Konigin der Wissenschaften und die Arith-metik die Konigin der Mathematik.(Carl Friedrich Gauß)

346

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Teil III

Analysis 3

347

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Satz 16.14. KettenregelSei U ⊆ Rp, V ⊆ Rd offen und seien ~F : U → V und ~G : V → Rs Abbildungen. Sei ~F in ~x0 ∈ Udifferenzierbar und ~G in ~y0 = ~F (~x0) ∈ V differenzierbar. Dann ist ~G

(~F (~x)

)= ~G ◦ ~F (~x) in ~x0

differenzierbar und es gilt D(~G ◦ ~F )(~x0) = D~G(~F (~x0)

)D~F (~x0) = ~G′

(~F (~x0)

)~F ′(~x0)

Formal (f ◦ ~g)′ = f ′(~g(~x)

)· ~g′(~x)

Beweis.

~x0 ∈ V, ~g(~x0) = ~y0 ∈ U~g(~x) = ~g(~x0) +D~g(~x0)(~x− ~x0) + ~r~g(~x)

f(~y) = f(~y0) + df(~y0)(~y − ~y0) + ~rf (~y)

mit lim~x→~x0

(‖~r~g(~x)‖‖~x− ~x0‖

)= 0

und lim~y→~y0

(‖~rf (~y)‖‖~y − ~y0‖

)= 0 (16.11)

f(~g(~x)

)= f

(~g(~x0)

)+ df(~y0)

(D~g(~x0)(~x− ~x0) + ~r~g(~x)︸ ︷︷ ︸

~g(~x)−~g(~x0)

)+ ~rf

(g(~x)

)=

= f(~g(x0)

)+ df(~y0)D~g(~x0)(~x− ~x0) + df(~y0)~r~g(~x) + rf

(~g(~x)

)‖df(~y0)~r~g(~x)‖‖~x− ~x0‖

≤ ‖df(~y0)‖ ·‖~r~g(~x)‖‖~x− ~x0‖

−→fur ~x→~x0

0

(16.11) ∀ε > 0, ∃δ > 0, ∀~y ∈ U : ‖~y − ~y0‖ < δ ⇒ ‖rf (~y)‖ < ε‖~y − ~y0‖⇒ ∀δ > 0, ∃δ′ > 0, ∀~x ∈ V : ‖~x− ~x0‖ < δ′[

‖~g(~x)− ~g(~x0)‖ < δ]

‖rf(~g(~x)

)‖ < ε‖~g(~x)− ~g(~x0)‖ (16.12)

‖~g(~x)− ~g(~x0)‖ ≤ ‖D~g(~x0)‖ · ‖~x− ~x0‖+ ‖~r~g(~x)‖∃δ′′ > 0 : ‖~x− ~x0‖ < δ′′ ⇒ ‖~r~g(~x)‖ < ‖~x− ~x0‖‖~g(~x)− ~g(v0)‖ ≤

(‖D~g(~x)‖+ 1

)‖~x− ~x0‖

(16.12) ‖rf(~g(~x)

)‖ < ε

(‖D~g(~x0)‖+ 1

)‖~x− ~x0‖

fur ‖~x− ~x0‖ < min(δ′, δ′′)

⇒ lim~x→~x0

(‖rf(~g(~x)

)‖

‖~x− ~x0‖

)= 0

348

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Kettenregel in Koordinaten

f(~y) = f(y1, ..., yq)

~g(~x) =

~g1(x1, ..., xp)~g2(x1, ..., xp)

...~gq(x1, ..., xp)

df =

(∂f

∂y1, ...,

∂f

∂yq

)

D~g =

∂g1∂x1

∂g1∂x2

. . . ∂g1∂xp

∂g2∂x1

∂g2∂x2

. . . ∂g2∂xp

......

. . ....

∂gq∂x1

∂gq∂x2

. . .∂gq∂xp

df ·D~G =

(∂f

∂y1· ∂g1

∂x1+ ...+

∂f

∂yq· ∂gq∂x1

, ...,∂f

∂y1· ∂g1

∂xp+ ...+

∂f

∂yq· ∂gq∂xp

)∂(f ◦ ~g(~x)

)∂xi

=

q∑j=1

∂f

∂yj· ∂gj∂xi

Beispiel 110.

x = r cos(ϕ)

y = r sin(ϕ)

r > 0, 0 ≤ ϕ ≤ 2π

g(r, ϕ) = f(r cos(ϕ), r sin(ϕ)

)∂g∂r = ∂f

∂x cos(ϕ) + ∂f∂y sin(ϕ)

∣∣∣∣ · r sin(ϕ)

∂g∂ϕ = −∂f∂xr sin(ϕ) + ∂f

∂y r cos(ϕ)

∣∣∣∣ · cos(ϕ)

r sin(ϕ)∂g

∂r+ cos(ϕ)

∂g

∂ϕ=∂f

∂y·(r cos(ϕ)2 + r sin(ϕ)2

)∂f

∂y= sin(ϕ)

∂g

∂r+

cos(ϕ)

r

∂g

∂ϕ

∂g∂r = ∂f

∂x cos(ϕ) + ∂f∂y sin(ϕ)

∣∣∣∣ · r cos(ϕ)

∂g∂ϕ = −∂f∂x sin(ϕ) + ∂f

∂y r cos(ϕ)

∣∣∣∣ · (− sin(ϕ))

∂f

∂x= cos(ϕ)

∂g

∂r− sin(ϕ)

r

∂g

∂ϕ

349

Page 357: Analysis - IG Mathe · ximation, zun achst f ur Funktionen auf Gebieten in einem Rnund dann koordina- ... 7 Konvexe Funktionen 185 7.1 Eine stetige nirgends di erenzierbare Funktion

g = f ◦ φ

”g = f”

16.5 Der Laplace-Operator

f ∈ C2

∆f =

p∑i=1

∂2f

∂x2i

p = 2

∆f =∂2f

∂x2+∂2f

∂y2

∂f

∂x= cos(ϕ)

∂f

∂r− sin(ϕ)

r

∂f

∂ϕ

∂2f

∂x2=

(cos(ϕ)

∂r− sin(ϕ)

r

∂ϕ︸ ︷︷ ︸∂∂x

)·(

cos(ϕ) · ∂f∂r− sin(ϕ)

r

∂f

∂ϕ

)=

= cos(ϕ) cos(ϕ)∂2f

∂r2− cos(ϕ) sin(ϕ)

(− 1

r2

)∂f

∂ϕ− cos(ϕ)

sin(ϕ)

r

∂2

∂r∂ϕ

sin(ϕ)

r

(− sin(ϕ)

)∂f∂r−

− sin(ϕ)

rcos(ϕ)

∂2f

∂r∂ϕ+

sin(ϕ)

r

cos(ϕ)

r

∂f

∂ϕ+

sin(ϕ)2

r2

∂2f

∂ϕ2

∂2f

∂y2=

(sin(ϕ)

∂r+

cos(ϕ)

r

∂ϕ

)(sin(ϕ)

∂f

∂r+

cos(ϕ)

r

∂f

∂ϕ

)=

= sin(ϕ) sin(ϕ)∂2f

∂r2+ sin(ϕ) cos(ϕ)

(− 1

r2

)∂f

∂ϕ+

sin(ϕ) cos(ϕ)

r

∂2f

∂r∂ϕ+

+cos(ϕ)

rcos(ϕ)

∂f

∂r+

cos(ϕ)

rsin(ϕ)

∂2f

∂r∂ϕ+

cos(ϕ)

r

(− sin(ϕ)

r

)∂f

∂ϕ+

(cos(ϕ)

r

)2∂2f

∂ϕ2

∆f =∂2f

∂x2+∂2f

∂y2=∂2f

∂r2+

1

r

∂f

∂r+

1

r2

∂f

∂ϕ2

f = f(r)

∆f = f ′′(r) +1

rf ′(r)

f ′′(r) +1

rf ′(r) = 0

f ′ = g, g′(r) +1

rg(r) = 0

dg

dr= −g

r,

dg

g= −dr

rˆdg

g= −

ˆdr

r, ln |g| = − ln |r|+ c

350

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g(r) =D

r

f(r) =

ˆD

r= D ln |r|+ E

∆ ln(x2 + y2) = 0, (x, y) 6= (0, 0)

16.6 Erinnerung

A : Rp → Rq lineare AbbildungAuf beiden Raumen Normen: ‖·‖1 und ‖·‖2

‖A‖ := sup~x∈Rp\{~0}

(‖A~x‖2‖~x‖1

)Damit gilt ‖A~x‖2 ≤ ‖A‖ · ‖~x‖1

Sei ‖·‖1, ‖·‖2 beides die euklidische Norm

0 ≤ ‖A~x‖2 = ~xT ATA︸ ︷︷ ︸symmetrisch

~x ≤ λmax · ‖~x‖2

mit λmax ist der großte Eigenwert von ATA

‖A‖ =√λmax

Beispiel 111.

f : U → R, U ⊆ Rp offen

~x : I → U, I ⊆ R Intervall

f, ~x differenzierbar

g(t) = f(~x(t)

)g′(t) = df

(~x(t)

)· ~x(t) =

p∑i=1

∂f

∂xi

(~x(t)

)· xi(t) = 〈grad(f), ~x〉

Satz 16.15. SchrankensatzSei ~f : U → Rq und U ⊆ Rq offen, eine differenzierbare Abbildung und sei fur ein K ⊆ U kompakt

‖D~f‖K := sup~x∈K

∥∥∥D~f(~x)∥∥∥. Dann gilt ∀~x, ~y ∈ K

‖~f(~x)− ~f(~y)‖︸ ︷︷ ︸Norm auf Rq

≤ ‖D~f‖K · ‖~x− ~y‖︸ ︷︷ ︸Normauf Rp

Bemerkung 242. ‖D~f‖K hangt von der Wahl der Normen auf Rp und Rq ab.

351

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Beweis.

L = ‖D~f‖KZeige: ∀ε > 0 : ∀~x, ~y ∈ K : ‖~f(~x)− ~f(~y)‖ ≤ (L+ ε)‖~x− ~y‖

Angenommen: ∃ε > 0 : ∃~x, ~y ∈ K : ‖~f(~x)− ~f(~y)‖ > (L+ ε)‖~x− ~y‖

Fε(t) = ‖~f(~x+ t(~y − ~x)

)− ~f(~x)‖ − (L+ ε)t‖~x− ~y‖

Fε(1) > 0 und Fε(0) = 0

Dann gibt es fur jedes c ∈(0, Fε(1)

)ein t0 ∈ (0, 1), sodass: Fε(t0) = c

und ∀t ∈ (t0, 1] : Fε(t) > c

t0 = sup{t∣∣ Fε(t) = c

}6= ∅ wegen des Zwischenwertsatzes

ϕ(t) =

>0︷ ︸︸ ︷Fε(t)− Fε(t0)

t− t0︸ ︷︷ ︸>0

> 0

ϕ(t) =‖~f(~x+ t(~y − ~x)

)− ~f(~x)‖ − ‖~f

(~x+ t0(~y − ~x)

)− ~f(~x)‖

t− t0− (L+ ε)‖~x− ~y‖

ϕ(t) ≤‖~f(~x+ t(~y − ~x)

)− ~f

(~x+ t0(~y − ~x)

)‖

t− t0− (L+ ε)‖~x− ~y‖ =

=

∥∥∥∥∥ ~f(~x+ t(~y − ~x)

)− ~f

(~x+ t0(~y − ~x)

)t− t0

∥∥∥∥∥− (L+ ε)‖~x− ~y‖

0 ≤ limt→t+0

(ϕ(t)

)= ‖D~f(~x+ t0(~x− ~y) · (~x− ~y)‖︸ ︷︷ ︸

≤‖D~f‖K‖~x−~y‖=L‖~x−~y‖

−(L+ ε)‖~x− ~y‖ ≤

≤ −ε‖~x− ~y‖ < 0 E

Definition 16.9. Eine Abbildung φ : U → V , U ⊆ Rp, V ⊆ Rq beide offen heißt Diffeomorphis-mus, wenn φ bijektiv ist und sowohl φ als auch φ(−1) stetig differenzierbar sind.(,, Ck-Diffeomorphismus, wenn φ und φ(−1) k-mal stetig differenzierbar”).

Definition 16.10. φ : X → Y , beide metrische Raume, heißt Homoomorphismus, wenn φ bijektivist und φ und φ(−1) stetig sind.

Lemma 20. Sei φ : U → V ein Diffeomorphismus wie oben. Dann gilt

1. p = q

2. Dφ(−1)(x) = Dφ(y)−1 mit x = φ(y)

Beweis.

φ ◦ φ(−1) = idV

Ketten-regel=⇒ Dφ

(φ(−1)(y)

)·Dφ(−1)(y) = idRq

φ(−1) ◦ φ = idU

Ketten-regel=⇒ Dφ(−1)

(φ(x)

)·Dφ(x) = idRp

⇒ p = q

352

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Im Eindimensionalen gilt Folgendes: f : I → R stetig differenzierbarund ∀x ∈ I : f ′(x) 6= 0 wobei I ein Intervall ist, dann ist f bijektiv und dieUmkehrabbildung ist differenzierbar.

Beispiel 112.

φ : R× (1, 2)→ {(x, y) ∈ R2∣∣1 < x2 + y2 < 4}

(ϕ, r) 7→(r cos(ϕ), r sin(ϕ)

)Dφ =

(cos(ϕ) −r sin(ϕ)sin(ϕ) r cos(ϕ)

), det(Dφ) = r 6= 0

invertierbare Abbildung, aber φ ist nicht bijektiv.

Idee: gilt wenigstens lokale Umkehrbarkeit?

Indem man den Definitionsbereicht verkleinert

Satz 16.16. Sei φ : U → V bijektiv, U, V ⊆ Rp beide offen, und die Umkehrabbildung φ(−1) :V → U stetig. Sei Dφ(x) ein Isomorphismus (=invertierbar) fur alle x ∈ U , dann ist φ(−1) aufV differenzierbar und es gilt fur y = φ(x):

Dφ(−1)(y) =(Dφ(x)

)−1

Beweis. Zu zeigen: φ(−1) ist differenzierbar in jedem y0 ∈ V .

y0 = φ(x0)

oBdA: x0 = y0 = 0

φ(x) = φ(x+ x0)− φ(x0)

oBdA: Dφ(0) = idRp˜φ(x) =

(Dφ(0)

)−1φ(x)

φ(x) = x+R(x) mit limx→0

(‖R(x)‖‖x‖

)= 0

φ(−1)(y) = y +R∗(y)

x = φ(x) +R∗(φ(x)

)φ(x)− x = −R∗

(φ(x)

)= R(x)

R∗(y) = −R(φ(−1)(y)

)

353

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Weil limx→0

(‖R(x)‖‖x‖

)= 0, gibt es fur ein r > 0,

sodass ∀x ∈ U : ‖x‖ < r ⇒ ‖R(x)‖ ≤ 1

2‖x‖

und es gibt wegen der Stetigkeit von φ(−1) ein δ > 0

sodass ∀y ∈ V : ‖<‖ < δ ⇒ ‖φ(−1)(y)‖ < r

φ(−1)(y) = y −R(φ(−1)(y)

)‖φ(−1)(y)‖ ≤ ‖y‖+ ‖R

(φ(−1)(y)

)‖︸ ︷︷ ︸

≤ 12‖φ

(−1)(y)‖Nach Definition von δ und r

nehme an, dass ‖y‖ < δ

1

2‖φ(−1)(y)‖ ≤ ‖y‖ ⇒ ‖φ(−1)(y)‖ ≤ 2‖y‖

‖R∗(y)‖‖y‖

=‖R(φ(−1)(y)

)‖

‖y‖≤ 2‖R(x)‖‖x‖

−→x→0

0

da: y = φ(x), ‖x‖ ≤ 2‖φ(x)‖, ‖φ(x)‖ ≥ 1

2‖x‖

Also gilt: limy→0

(‖R∗(y)‖‖y‖

)= 0

Satz 16.17. Satz von der lokalen UmkehrbarkeitSei φ : U → V , U, V ⊆ Rp, beide offen, eine C1-Abbildung und sei fur ein a ∈ U , Dφ(a)invertierbar (ein Isomorphismus), dann gibt es eine offene Umgebung U0 von a, sodass V0 = φ(U0)offen ist und φ

∣∣U0

: U0 → V0 ein Diffeomorphismus ist.

Beweis. oBdA: (wie im Beweis von Satz 16.16)A = 0 und φ(0) = 0 undDφ(0) =idRp . Man muss nun fur ein r > 0 und ‖y‖ < r die Gleichung φ(x) = y losen.

ϕy(x) = y + x− φ(x), φ(x) = y ⇔ ϕy(x) = x

Die Losung der Gleichung wird damit eine Fixpunktaufgabe

Wahle r > 0, sodass fur alle x ∈ B2r(0) ⊆ U , gilt:

‖Dφ(x)− idRp‖ ≤1

2(das geht, wegen der Stetigkeit von Dφ(x))

Dϕy(x) = idRp −Dφ(x)Satz16.14=⇒ fur x1, x2 ∈ B2r(0) gilt:

‖ϕy(x1)− ϕy(x2)‖ ≤ 1

2‖x1 − x2‖ das heißt ϕy ist eine Kontraktion

Fur ‖y‖ < r, ‖x‖ ≤ 2r (kompakte Teilmenge vonRp)

‖ϕy(x)‖ ≤ ‖y‖+ ‖ x− φ(x)︸ ︷︷ ︸=ϕy(x)−ϕy(0)

‖ = ‖y‖+ ‖ϕy(x)− ϕy(0)‖ ≤ r +1

2‖x‖ < 2r

354

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das heißt ϕy : B2r(0)→ B2r(0) und ϕy ist eine Kontraktion

Satz8.12=⇒ ϕy hat einen eindeutig bestimmten Fixpunkt, das heißt:

φ(x) = y hat eine eindeutige Losung x ∈ B2r(0)

Fur jedes y ∈ Br(0) gibt es genau ein x ∈ B2r(0) sodass

φ(x) = y

Dies definiert eine Abbildung

ψ : Br(0)→ B2r(0) mit φ ◦ ψ = idBr(0)

Um die Differenzierbarkeit von ψ nach Satz 16.15 nachweisen zu konnen, benotigtman die Stetigkeit von ψ und die Differenzierbarkeit von Dφ(x) fur ‖x‖ ≤ 2r.

x1, x2 ∈ B2r(0), x1 − x2 = ϕ0(x1)− ϕo(x2) + φ(x1)− φ(x2)

‖x1 − x2‖ ≤ ‖ϕ0(x1)− ϕ0(x2)︸ ︷︷ ︸≤ 1

2‖x1−x2‖

‖+ ‖φ(x1)− φ(x2)‖

1

2‖x1 − x2‖ ≤ ‖φ(x1)− φ(x2)‖

y1, y2 ∈ Br(0), x1 = ψ(y1), x2 = ψ(y2)

‖ψ(y1)− ψ(y2)‖ ≤ 2‖y1 − y2‖ ⇒ ψ ist stetig auf Br(0)

zu zeigen: Dφ(x) ist invertierbar fur ‖x‖ ≤ 2r

Sei v ∈ Rp mit Dφ(x)v = 0

‖Dφ(x)v − v‖ ≤ ‖Dφ(x)− idRp‖ · ‖v‖ ≤1

2‖v‖

‖v‖ ≤ 1

2‖v‖ =⇒ ‖v‖ = 0

Damit ist Dφ(x) invertierbar fur ‖x‖ ≤ 2r

und nach Satz 16.15 ist ψ differenzierbar auf V0 = φ(U0)

V0 ist offen, weil V0 = ψ−1(U0)

Beispiel 113.

φ(x, y) =

(x+ cos(xy)− y − 1x sin(y) + ey − 1

)φ(0, 0) =

(00

)Dφ(0, 0) =

(1− y sin(xy) −x sin(xy)− 1

sin(y) x cos(y) + ey

) ∣∣∣∣∣(0,0)

=

(1 −10 1

)

355

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Satz 16.18. Satz von der offenen AbbildungSei φ : U → V , U, V offen in Rp stetig differenzierbar und sei Dφ(x) invertierbar fur alle x ∈ U .Dann ist φ(U) offen.

Beweis. Zu jedem x ∈ U gibt es nach Satz 16.17 eine offene Umgebung Ux, fur

die φ(Ux) offen ist. φ(U) = φ

( ⋃x∈U

Ux

)=⋃x∈U

φ(Ux)︸ ︷︷ ︸offen

= offen

Satz 16.19. Sei φ : U → Rp (U ⊆ Rp offen) injektiv und differenzierbar und sei φ(x) invertierbarfur alle x ∈ U . Dann ist V = φ(U) offen und φ : U → V ein Diffeomorphismus.

Beweis. V = φ(U) offen nach Satz 16.18, dann ist ψ : V → U stetig, weilfur alle X ⊆ U offen, ψ−1(W ) = φ(W ) nach Satz 16.18 offen ist. unter diesenVoraussetzungen ist ψ nach 16.17 differenzierbar → φ ist ein Diffeomorphismus

16.7 Der Hauptsatz uber implizite Funktionen

~f : U → Rp (U ⊆ Rp+q offen), ~f(~x0, ~y0) = ~0

( ~x0︸︷︷︸∈Rp

, ~y0︸︷︷︸∈Rq

) ∈ U

M ={

(~x, ~y)∣∣∣~f(~x, ~y) = ~0

}Suche eine Funktion ~g : U ′ → Rq, x0 ∈ U ′ ⊆ Rp offen

sodass f(~x,~g(~x)

)= ~0 fur ~x ∈ U ′

Dann ist der Graph{(~x,~g(x)

) ∣∣∣ ~x ∈ U ′} ⊆MSeien f und g differenzierbar ~f

(~x,~g(~x)

)= ~0

∂x:

∂ ~f

∂~x+∂ ~f

∂~y· ∂~g∂~x

= 0

∂(f1, ..., fq)

∂(x1, ..., xp)+

∈Rq×q︷ ︸︸ ︷∂(f1, ..., fq)

∂(y1, ..., yq)︸ ︷︷ ︸sollte invertierbar

sein, damitGleichung losbar ist

· ∂(g1, ..., gq)

∂(x1, ..., xp)= 0

∂(g1, ..., gq)

∂(x1, ..., xp)= −

(∂(f1, ..., fq)

∂(y1, ..., yq)

)−1∂(f1, ..., fq)

∂(x1, ..., xp)

Satz 16.20. Hauptsatz uber implizite FunktionenSei U ⊆ Rp+q offen, ~f : U → Rq, ~f differenzierbar auf U. Sei fur (~x0, ~y0) ∈ U (~x0 ∈ Rp, ~y0 ∈ Rq)

356

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~f(~x0, ~y0) = 0 und sei∂(f1,...,fp)∂(y1,...,yq)

(~x0, ~y0) invertierbar. Dann gibt es eine offene Menge U ′ ⊆ Rp mit

~x0 ∈ U ′ und eine differenzierbare Abbildung g : U ′ → Rq, sodass ∀x ∈ U ′ : ~f(~x, g(~x)

)= ~0.

Weiters gilt: ∂~g∂x (~x0) = −

(∂ ~f∂~y (~x0, ~y0)

)−1∂ ~f∂~x (~x0, ~y0)

Beweis.

~F : U → Rp+q, ~F (~x, ~y) =

(~x− ~x0

~f(~x, ~y)

)~F (~x0, ~y0) = ~0

∂ ~F

∂(~x, ~y)(~x0, ~y0) =

1 ... 0 0 . . . 0...

. . ....

.... . .

...0 ... 1 0 . . . 0

∂ ~f∂~x (~x0, ~y) ∂ ~f

∂~y (~x0, ~y0)

1 . . . 0

.... . .

...0 . . . 1

∈ Rp×p,(∂ ~f∂~x (~x0, ~y0)

)∈ Rq×p,

0 . . . 0...

. . ....

0 . . . 0

∈ Rp×q,(∂ ~f∂~y (~x0, ~y0))∈ Rq×q

Somit ist∂ ~F

∂(~x~y)(~x0, ~y0) invertierbar

Nach Satz 16.17 [lokale Umkehrabbildung] ∃U = U mit (~x0, ~y0) ∈ U , U offen

und eine Abbildung ~G : ~F (U)→ U mit ~G = ~F (−1)

~G(~z, ~w) =

(~z + ~x0

~g(~z, ~w)

)~f(~z + ~x0, ~g(~z, ~w)

)= ~w

Setze ~w = ~0

~f(~z + ~x0, ~g(~z, 0)

)= ~0→ ~g(x) := ~g(~x− ~x0,~0)

Damit ist der Satz fur U ′ = {~x ∈ Rp∣∣(~x− ~x0,~0) ⊆ U} gezeigt.

Die Ableitungsregel fur ~g folgt aus der Kettenregel wie vorhin

Bemerkung 243. Der Hauptsatz uber implizite Funktionen ist aquivalent zum Satz vonder Umkehrabbildung. (16.17 ⇒ 16.20 siehe Beweis) Umgekehrt 16.20 ⇒ 16.17:

setze f(x, y) = ~F (~y)~x in Satz 16.20 um 16.17 zu zeigen.

357

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Beispiel 114.

f(x, y) = x cos(y) + exy − 1

f(0, 0) = 0

∂f

∂x= cos(y) + yexy,

∂f

∂y= −x sin(y) + xexy

∂f

∂x(0, 0) = 1,

∂f

∂y(0, 0) = 0⇒ ∃g : x = g(y) und fur |y| < ε > 0

f(g(y), y) = 0, g′(0) = −(∂f

∂x(0, 0)

)−1∂f

∂y(0, 0) = 0

Beispiel 115.

f(x, y) = 0, f(x0, y0) = 0

Wenn grad(f(x0, y0)

)6= ~0, dann kann man f(x, y) = 0 lokal um (x0, y0) als

Funktionsgraphen beschreiben. Was passiert bei Gradient =0?grad

(f(x0, y0)

)= 0⇒ (x0, y0) stationarer Punkt

• Wenn H =

(∂2f∂x2

∂2f∂x∂y

∂2f∂y∂x

∂2f∂y2

)definit ist, dann hat f(x, y) = 0 in einer

Umgebung von (x0, y0) die einzige Losung x = x0, y = y0

• Wenn H indefinit ist, kann man zwei Funktionsgraphen finden, die einan-der in (~x0, ~y0) schneiden

U ⊆ Rp+q ~f : U → Rq + Voraussetzungen von Satz 16.20

M ={

(~x, ~y) ∈ Rp+q∣∣∣ ~f(~x, ~y) = ~0

}Um (~x0, ~y0) ∈ M lasst sich M durch

{(~x,~g

(~x)) ∣∣∣ ~x ∈ U ′}, also als Funktions-

graph beschreiben. Dieser ist ein p-dimensionale Teilmenge des Rp+q. Wenn

∀(~x, ~y) ∈ U ρ(

∂ ~f∂(~x,~y)

)= q dann kann man lokal um jeden Punkt q Variable

auswahlen, nach denen nach Satz 16.20 aufgelost werden kann.

16.8 Extremwertaufgaben mit Nebenbedingungen

Situation: Wie im Satz 16.20 ~f : U → Rq

M = {(~x, ~y) ∈ U∣∣∣f(~x, ~y) = 0}

b : U → R gesucht: Extrema von b∣∣M

Idee: verwende den Hauptsatz um b als Funktion von ~x auf U ′(⊆ Rp offen)zuschreibenh(~x) = b

(~x, g(~x)

)Sei (~x0, ~y0) eine lokale Extremstelle von b auf M und sei ∂

~f∂~y (~x0, ~y0) invertierbar.

358

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dann gibt es ein ~g aus dem Satz 16.19

0 =∂h

∂~x(~x0) =

(∂h

∂x1, ...,

∂h

∂xp

)(~x0) =

∂b

∂~x(~x0, ~y0) +

∂b

∂~y(~x0, ~y0) · ∂~g

∂~x(~x0) =

=∂b

∂~x− ∂b

∂~y·

(∂ ~f

∂~y

)−1

︸ ︷︷ ︸:=(λ1,...,λq)

∂f

∂~x= 0

∂b

∂~x− (λ1, ..., λq) ·

∂f

∂~x= 0

das heißt:∂b

∂xi−(λ1∂f1

∂xi+ ...+ λq

∂fq∂xi

)= 0 fur i = 1, ..., p

∂b

∂yj−(λ1∂f1

∂yj+ ...+ λq

∂fq∂xj

)= 0 fur j = 1, ..., q

∂b

∂~y− (λ1, ..., λq)

∂ ~f

∂~y=∂b

∂~y− ∂b

∂~y

(∂f

∂~y

)(−1)

︸ ︷︷ ︸Definition von λ1

∂ ~f

∂~y= 0

Das heißt: in einer Extremstelle von b auf M gelten die Gleichungen

∂b

∂xi−(λ1∂f1

∂xi+ ...+ λq

∂fq∂xi

)= 0 fur i = 1, ..., p

∂b

∂yj−(λ1∂f1

∂yj+ ...+ λq

∂fq∂yj

)= 0 fur j = 1, ..., q

ebenso fk(~x, ~y) = 0 fur k = 1, ..., q

Insgesamt p+ 2q Gleichung

Bemerkung 244. Wenn ρ(∂ ~f∂~y

)< q, dann setzt man q′ = ρ

(∂ ~f∂~y

). Wende die Argu-

mentation von oben auf f , g an, die verbleibenden λi werden 0 gesetzt.

Satz 16.21. Multiplikatormethode von LagrangeSei f : U → Rq, (U ⊆ Rp+q offen) stetig differenzierbar und M = {~x ∈ U : ~f(~x) = 0}. Seib : U → R stetig differenzierbar und nehme in ~x0 ∈ M ein lokales Extremum auf M an. Danngibt es λ1, ..., λq ∈ R, sodass ∂b

∂xi−(

λ1︸︷︷︸Lagrange

Multiplikator

∂f1∂xi

+ ...+ λq∂fq∂~xi

)= 0 fur i = 1, ..., p+ q

Beweis. M = {~x ∈ U∣∣~f(~x) = ~0}

Die Richtungsableitung ∂b∂~v (~x0) muss verschwinden, fur alle Vektoren ~v die in ~x0

tangential an M liegen.〈grad

(b(x0)

), ~v〉 = 0 fur alle ~v tangential an M in x0.

359

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Tangentialebene an M in ~x0

T =

q⋂j=1

grad(fj)(~x0)⊥

grad(b(~x0)

)⊥ T ⇔ grad(b)(~x0) ∈ L

(grad(fj)(~x0)j=1,...,q

)

Beispiel 116.

Q(x1, ..., xp) =

p∑i,j=1

qijxixj

qij = qji quadratische Form

Gesucht: Extrema von Q unter Nebenbedingung x21 + ...x2

p = 1

∂xiQ(x1, ..., xp)− λ

∂xi(x2

1 + ...+ x2p) = 0

∂xi

p∑k,l

qklxkxl =

p∑l = 1l 6= i

qilxl +

p∑k = 1k 6= i

qkixk + 2qiixi = 2

p∑l=1

qilxl

Somit hat man: 2

p∑l=1

qilxl − 2λxi = 0

(qij)~x− ~λx = 0 ⇒ λ ist Eigenwert von Matrix (qij)

Sei λ ein Eigenwert und ~v zugehoriger normierter Eigenvektor, dann lost ~x = ~v dieGleichung und die Nebenbedingung und es gilt Q(~v) = λ wegen ~vT (qij)~v − λ~vT v︸ ︷︷ ︸

=1

= 0

Bemerkung 245. Satz 16.21 liefert nur eine notwendige Bedingung fur das Vorliegenlokaler Extrema unter Nebenbedingung. Falls durch die Nebenbedingung eine kompakteMenge definiert wird, weiß man, dass der großte Wert, der so gefunden wurde, ein Ma-ximum ist, ebenso der kleinste ein Minimum.

Beispiel 117. H(x1, ..., xp) =r∑

i,j=1

hijxixj

G(x1, ..., xp) =p∑

i,j=1

gijxixj Sei positiv definit ⇒ (gij) invertierbar

Gesucht: Extrema von H(x1, ..., xp)

360

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unter der Nebenbedingung: G(x1, ..., xp) = 1

∂xi(H − λG) = 0 fur i = 1, ..., p

p∑l=1

hilxl −p∑l=1

λgilxl = 0

H~x− λG~x = 0

G−1H~x− λ~x = 0 ⇒ λ ist Eigenwert von G−1H,~x ist Eigenvektor von G−1H

361

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17 Differentialgeometrie der (Hyper-)Flachen

Definition 17.1. Eine Abbildung ~F : U → Rp (U ⊆ Rd, d < p, U offen) heißt Immersion (re-

gulare Parametrisierung), wenn ρ(∂ ~F∂~u

)= d fur alle ~u ∈ U

~F (U) heißt dann regulare Flache.

(~F , u) heißt Karte.

Konvention Die Variablen in U werden durch u1, ..., ud bezeichnet. (obereindizes, keine Potenzen)

Einsteinsche Summenkonvention: Wenn ein Index oben und unten vor-kommt, dann wird uber diesen Index von 1 bis d summiert

Beispiel 118.

uigij =

d∑i=1

uigij

der Index i in ∂∂ui ist ein unterer Index.

362

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Beispiel 119.

vi = ui(v1, ..., vd)

g(u1, ..., ud)

g(v1, ..., vd) := g(u1(v1, ..., vd), ..., ud(v1, ..., vd)

)∂g

∂vj=

d∑i=1

∂g

∂ui∂ui

∂vj=

∂g

∂ui∂ui

∂vj

dg =∂g

∂uidui =

∂g

∂vjdvj =

∂g

∂ui∂ui

∂vjdvj︸ ︷︷ ︸

=dui

dui =∂ui

∂vjdvj ← lineare Abbildungen

∂vj=∂ui

∂vj∂

∂uiVektoren

Obere Indizes heißen kontravariant, untere kovariant.Durch je:

u1 = u1(t)

...

ud = ud(t)

Wird eine Kurve in U beschrieben, t ∈ I.~F ◦ γ(t) beschreibt eine Kurve auf der Flache ~F (u); eine Flachenkurve.Gesucht ist die Bogenlange dieser Flachenkurve

d

dt~F ◦ γ(t) =

∂ ~F

∂uiui =

d∑i=1

∂ ~F

∂uiui

∥∥∥∥ ddt ~F ◦ γ∥∥∥∥2

= uiuj

⟨∂ ~F

∂ui,∂ ~F

∂uj

⟩︸ ︷︷ ︸Skalarprodukt

in Rp

=

d∑i,j=1

uiuj

⟨∂ ~F

∂ui,∂ ~F

∂uj

Definiere: gij :=

⟨∂ ~F

∂ui,∂ ~F

∂uj

⟩metrischer Tensor (1. Fundamentalform der Flache)∥∥∥∥ ddt ~F ◦ γ

∥∥∥∥2

= gij uiuj

ˆ

I

√gij uiujdt︸ ︷︷ ︸

ds...Bogenelement

Bogenlange von ~F ◦ γ

363

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ds2 = gij uiujdt2 = gijdu

iduj Erste Fundamentalform

Positiv definite quadratische Form

∂ ~F

∂u1, ...,

∂ ~F

∂udbilden eine Basis des Tangentialraum an ~F (U)︸ ︷︷ ︸

=M

im jeweiligen Punkt

p = ~F (u1, ..., ud)

Tp(M) := L

(∂ ~F

∂u1, ...,

∂ ~F

∂ud

)Tangentialraum an M in p

Tp(M) erhalt vom umgebenden Rd ein Skalarprodukt; die Koordinaten dieses Skalarpro-dukts in der Basis ∂F

∂ui sind genau (gij)i,j=1

Wiederholung

~F : U → Rp, U ⊆ Rd, d < p

~F eine Immersion, ρ

(∂ ~F

∂~u

)= d

T~F (~u)(M) := L

(∂ ~F

∂u1, ...,

∂ ~F

∂ud

)dim

(T~F (~u)(M)

)= d

gij =

⟨∂ ~F

∂ui,∂ ~F

∂uj

⟩Skalarprodukt in Rp

~v =∂ ~F

∂uivi, ~w =

∂ ~F

∂ujwj , ~v, ~w ∈ T~F (~u)(M)

〈~v, ~w〉 = viwjgij =

d∑i,j=1

viwjgij

γiu = ui(t), t ∈ I

ds2 = gijduiduj , das heißt: Bogenlange =

ˆ

I

√gij uiujdt︸ ︷︷ ︸

ds

Ab jetzt gilt: p = d+ 1, bedeutet Hyperflache

In diesem Fall gibt es einen Normalvektor ~N auf T~F (~u)(M). ~N wird so gewahlt,

dass ~N(~u) stetig auf U ist. ‖ ~N‖ = 1

d = 2 : ~N(~u) =∂ ~F∂u1 × ∂ ~F

∂u2∥∥∥ ∂ ~F∂u1 × ∂ ~F∂u2

∥∥∥

364

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u1

u2 ~F

Idee: Schneide die Flache mit einer zweidimensionalen Ebene die von ~N undeinem gegebene Vektor ~v ∈ T~F (~u)(M) aufgespannt wird. Man definiere dann

die Krummung der Flache in Richtung von ~v als Krummung der Schnittkurve.‖~v‖ = 1

ui = ui(t) beschreibe diese Schnittkurve

~v = vi∂ ~F

∂ui(~u0), uivigij = 1, ‖~v‖ = 1

ui0 = ui(0)

ui(0) = vi, ~v ist der Tangentialvektor an die Kurve in ~F (~u0)

~t =d

dt~F ◦ γ(t) = ui(t) · ∂

~F

∂ui◦ γ(t)

‖~t(0)‖ = 1

~t′ = ui(t) · ∂~F

∂ui◦ γ(t) + uiuj

∂2 ~F

∂ui∂uj◦ γ(t)

~t′(0) hat keinen Anteil in Richtung von T~F (~u)

, weil die Schnittkurve eine ebene Kurve ist in der ( ~N,~v)-Ebene

κ = 〈~t′(0), ~N(~u0)〉... Krummung der Schnittkurve

= uiuj

⟨∂2 ~F

∂ui∂uj, ~N

⟩︸ ︷︷ ︸

hij

Krummung der Schnittkurve in der (~v, ~N)-Ebene in ~F (~u0) ist durch hijvivj

gegeben. hijvivj : quadratische Form in der Richtung ~v, zweite Fundamental-

form.

Bemerkung 246. Großen, die nur von der ersten Fundamentalform abhangen, gehorenzur ,,Inneren Geometrie” der Flache. Solche Großen konnen allein durch die Langenmessungbestimmt werden. hij gehoren nicht zur inneren Geometrie.

365

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17.1 Die Dupinsche Indikatrix

d=2 Sei ~x eine Richtung aus dem Tangentialraum

R(~x) =1√|H(~x)|

~x 7→ ~xR(~x)

H

(~x√|H(~x)|

)=

H(~x)

|H(~x)|= ±1

~x

R(~x)

~xH(~x) ist also eine Niveaulinie von H(~x)...Kegelschnitt. Wenn dieser Kegelschnitt

eine

Ellipse

Parabel

Hyperbel

ist, heißt der Punkt der Flache entsprechend

elliptisch

parabolisch

hyperbolisch

.

Der Kegelschnitt heißt die Dupinsche Indikatorix.

elliptischer Punkt: beide Hauptkrummungen haben dasselbe Vorzeichen,das heißt die Schnittkurve hat immer positives oder immer negatives Vorzei-chen.

parabolischer Punkt: eine der beiden Hauptkrummungen verschwindet (ist0)

366

Page 374: Analysis - IG Mathe · ximation, zun achst f ur Funktionen auf Gebieten in einem Rnund dann koordina- ... 7 Konvexe Funktionen 185 7.1 Eine stetige nirgends di erenzierbare Funktion

hyperbolische Punkte: die beiden Hauptkrummungen haben verschiedeneVorzeichen.

17.2 Die Gaußsche Krummung und die mittlere Krummung

K := λ1 · ... · λd ... Gaußsche Krummung =Produkt der Hauptkrummungen.(hij − λgi,j)vj = 0(gij)di,j=1 Inverse Matrix zu (gij)

dij=1

gij · gij = δik +

{1 i = k

0 i 6= k

det(hij · gjk − λδki ) = 0

λ1 · ... · λd = det((hij · gjk)di,k=1

)=

det(hij)

det(gij)= k

hki︸︷︷︸Koordinateneiner linearen

AbbildungT~F (~u)M → T~F (~u)M

:= hij · gjk

~v = vi∂ ~F

∂ui

vihki = wk

17.3 Parallelverschiebung von Vektoren

~x(t) = ~F ◦ γ(t) Flachenkurve, ~V (t) ∈ T~x(t)M

367

Page 375: Analysis - IG Mathe · ximation, zun achst f ur Funktionen auf Gebieten in einem Rnund dann koordina- ... 7 Konvexe Funktionen 185 7.1 Eine stetige nirgends di erenzierbare Funktion

~V (t)

~F

γ

~V (t) = vi(t) · ∂~F

∂ui(γ(t)

)d

dt~V (t) = vi

∂ ~F

∂ui(γ(t)

)︸ ︷︷ ︸∈T~x(t)M

+vi∂2 ~F

∂ui∂ujuj

∂2 ~F

∂ui∂uj= Γkij︸︷︷︸

Christoffel-Symbole2. Art

∂ ~F

∂uk+ hij ~N

⟨∂2 ~F

∂ui∂uj,∂ ~F

∂ul

⟩= Γkij︸︷︷︸

symmetrischin i und j

glk =: Γij,l Christoffel-Symbol 1. Art

∂ui

⟨∂ ~F

∂uj,∂ ~F

∂ul︸ ︷︷ ︸gil

⟩=

⟨∂2 ~F

∂ui∂uj,∂ ~F

∂ul

⟩︸ ︷︷ ︸

Γij,l

+

⟨∂ ~F

∂uj,∂2 ~F

∂ui∂ul

⟩︸ ︷︷ ︸

Γil,j

∂uigjl = Γij,l + Γli,j

∂ulgij = Γli,j + Γjl,i

∂ujgli = Γjl,i + Γij,l

Γij,l + Γli,j + Γjl,i =1

2

(∂

∂uigjl +

∂ulgij +

∂ujgli

)Γjl,i =

1

2

(− ∂

∂uigjl +

∂ulgij +

∂ujgli

)Γij,l =

1

2

(∂

∂ujgli +

∂uigjl +

∂ulgij

)Γkij = Γij,lg

lk =1

2

(∂

∂ujgli +

∂uigjl +

∂ulgij

)glk

368

Page 376: Analysis - IG Mathe · ximation, zun achst f ur Funktionen auf Gebieten in einem Rnund dann koordina- ... 7 Konvexe Funktionen 185 7.1 Eine stetige nirgends di erenzierbare Funktion

Bemerkung 247. Γkij sind Großen der inneren Geometrie!

d

dt~V (t) = vi

∂ ~F

∂ui+ vi

(Γkij

∂ ~F

∂uk︸ ︷︷ ︸∈T~x(t)M

+ hij ~N︸ ︷︷ ︸⊥T~x(t)M

uj

tpr︸︷︷︸Projektionin T~x(t)M

=(vk + Γkijv

iuj) ∂ ~F∂uk

~V heißt Parallelfeld entlang der Kurve ~x(t) = ~F ◦ γ(t), wenn vk + Γkijviuj = 0 fur

k = 1, ..., d beziehungsweise tpr(ddt~V (t)

)= ~0

~V , ~W Parallelfelder entlang von ~x(t) = ~F ◦ γ(t)

d

dt

⟨~V (t), ~W (t)

⟩=

⟨d

dt~V (t), ~W (t)︸ ︷︷ ︸

∈T~x(t)M

⟩+

⟨~V (t),

d

dt~W (t)

⟩⟨tpr

(d

dt~V (t)

)︸ ︷︷ ︸

=~0

, ~W (t)

⟩+

⟨~V (t), tpr

(d

dt~W (t)

)︸ ︷︷ ︸

=~0

⟩= 0

Also lasst die Parallelverschiebung die Skalarprodukte von Parallelfeldern unverandert,also auch die Lange von Vektoren.

369

Page 377: Analysis - IG Mathe · ximation, zun achst f ur Funktionen auf Gebieten in einem Rnund dann koordina- ... 7 Konvexe Funktionen 185 7.1 Eine stetige nirgends di erenzierbare Funktion

tpr

(d

dt~V (t)

)=

(∂wk

∂uiui + Γkijw

j ui)∂ ~F

∂uk

~V (t) = ~W(~x(t)

)~W (~x) = wi

∂ ~F

∂ui

~X = xi∂ ~F

∂ui

∇ ~X~W =

(∂wk

∂uixi + Γijw

jxi)∂ ~F

∂uk

Ist die Richtungsableitung von ~W in Richtung von ~X projeziert in T~xM

kovariante Ableitung

Gesucht: Kurven, die ihren Tangentialvektor parallel mitfuhren.

~x(t) = ~F ◦ γ(t)

∇~x(t)~x(t) = 0

setzt eine Bogenlangenparametrisierung voraus

‖~x‖ = 1

17.4 Geodatische Linien

Definition 17.2. Eine Flachenkurve ~x(t) = ~F ◦ γ(t) in Bogenlangenparametrisierung heißtgeodatische Linie, wenn

∇~x~x = ~0

Bemerkung 248. Das heißt: der Tangentialvektor ~x ist ein Parallelfeld entlang derKurve.

γ : ui = ui(t)

~x =∂ ~F

∂uiui

∇~x~x =(uk + uiujΓkij

) ∂ ~F∂uk

∇~x~V =(vk + uivjΓkij

) ∂ ~F∂uk

~v = ~x

uk + Γkij uiuj = 0

k = 1, ..., d System von Differentialgleichungen

370

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Gesucht: Zu zwei Punkten a, b ∈ ~F (u) wird jene Kurve gesucht, fur die die Bogenlangeminimal ist und die a und b verbindet.

~x(t) = ~F ◦ γ(t)

~x(0) = a, ~x(s) = b︸ ︷︷ ︸?

0

‖~x(t)‖dt != min

︸ ︷︷ ︸Unter allen Kurven

mit ?

Idee

~x(t, ε) = ~F(u1(t) + εv1(t), ..., ud(t) + εvd(t)

)angenommen γ : ui = ui(t) sei eine Losung der Aufgabe

~F(u1(0), ..., ud(0)

)= a

~F(u1(s), ..., ud(s)

)= b

vi(0) = 0, vi(s) = 0, i = 1, ..., d

Die Storung verandert den Anfangs- und den Endpunkt nicht.

gij uiuj = 1

das heißt: die Losungskurve sei in Bogenlange parametrisiert.

J (ε) =

0

∥∥∥∥ ∂∂t~x(t, ε)

∥∥∥∥ dtJ ′(0) muss 0 sein, fur jede Wahl von (vi)di=1∥∥∥∥ ∂∂t~x(t, ε)

∥∥∥∥ =

√⟨∂

∂t~x(t, ε),

∂t~x(t, ε)

J ′(0) =

0

⟨∂∂t~x(t, 0), ∂2

∂t∂ε~x(t, 0)⟩

∥∥∥∥ ∂∂t~x(t, 0)

∥∥∥∥︸ ︷︷ ︸=1 nach Annahme

dt =

371

Page 379: Analysis - IG Mathe · ximation, zun achst f ur Funktionen auf Gebieten in einem Rnund dann koordina- ... 7 Konvexe Funktionen 185 7.1 Eine stetige nirgends di erenzierbare Funktion

=

0

⟨∂

∂t~x(t, 0),

∂2

∂t∂ε~x(t, 0)

⟩dt =

⟨∂

∂t~x(t, 0),

∂ε~x(t, 0)

⟩ ∣∣∣∣∣s

0

−sˆ

0

⟨∂2

∂t2~x(t, 0),

∂ε~x(t, 0)

⟩dt

∂t~x(t, 0) = ui

∂ ~F

∂ui

∂ε~x(t, 0) =

∂ε~F(u1(t) + εv1(t), ..., ud(t) + εvd(t)

) ∣∣∣ε=0

=

=∂ ~F

∂ui(u1(t), ..., ud(t)

)· vi(t)

∂ε~x(0, 0) =

∂ε~x(s, 0) = ~0

Wegen vi(0) = vi(s) = 0

J ′(0) = −sˆ

0

⟨~x(t),

∂ ~F

∂uivi

⟩dt

~x(t) = ui∂

∂ui+ uiuj

∂2 ~F

∂ui∂uj

−sˆ

0

⟨ui∂ ~F

∂ui+ uiuj

∂ ~F

∂ui∂uj,∂ ~F

∂uivi︸ ︷︷ ︸

∈T~x(t)M

⟩dt =

= −sˆ

0

⟨tpr

(ui∂ ~F

∂ui+ uiuj

∂2 ~F

∂ui∂uj

),∂ ~F

∂uivi

⟩dt

!= 0

⇒ tpr

(ui∂ ~F

∂ui+ uiuj

∂2 ~F

∂ui∂uj

)= 0 = ∇~x~x

Das heißt die Losung der Aufgabe muss eine geodatische Linie sein.

Lemma 21. Wenn

0

⟨wi∂ ~F

∂ui, vi

∂ ~F

∂ui

⟩dt = 0

fur alle vi wie oben, dann muss wi(t) ≡ 0 sein fur i = 1, ..., dangenommen: wi(t) 6= 0 fur ein i und ein t0 ∈ (0, s), dann gibt es eine Umgebung(t0 − δ, t0 + δ) auf der wi(t)wi(t0) > 0. vj ≡ 0 fur j 6= i. Wahle vi(t) =

wi(t0) ·

{(t− t0 + δ)2 · (t− t0 − δ) fur t ∈ (t0 − δ, t0 + δ)

0 sonst

0

⟨wj

∂ ~F

∂uj, vj

∂ ~F

∂uj

⟩dt =

t0+δˆ

t0+δ

gii︸︷︷︸>0

wi(t) · vi(t)︸ ︷︷ ︸>0

dt > 0

372

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Beispiel 120. Zylinder:

geodatische Linie

Bemerkung 249. Geodatische Linien gehoren zur inneren Geometrie der Flache (lassensich durch gij beschreiben).

17.5 Vektorfelder

Definition 17.3. Eine Abbildung ~V von M = ~F (U) auf⋃x∈M

TxM heißt ein Vektorfeld, wenn

∀x ∈M : ~V (x) ∈ TxM .~V (x) = vi ∂

~F∂ui fur x = ~F (u1, ..., ud). vi = vi(u1, ..., ud) soll differenzierbar sein (bestenfalls ∞-oft)

373

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V (x)

Bemerkung 250.

f : M → Rf = f(u1, ..., ud)

~V f(x) = df(x)~V = vi∂f

∂ui

Rechenregeln

~V (f · g) = g · ~V f + f · ~V g

~W (~V f) = ~W

((vi∂f

∂ui

))= wj

(∂vi

∂uj∂f

∂ui+ vi

∂2f

∂ui∂uj

)=[

~W = wj∂ ~F

∂uj

]

= wj∂vi

∂uj∂f

∂ui+ viwj

∂2f

∂ui∂uj

~W (~V f)− ~V ( ~Wf) =

(wj

∂vi

∂uj− vj ∂w

i

∂uj

)∂f

∂ui

~W · ~V − ~V · ~W ist ein Vektorfeld[~W, ~V

]LIE-Klammer

∇ ~W~V = [... kovariante Ableitung]

= wj(∂vk

∂uj+ viΓkij

)∂ ~F

∂uk

Eigenschaften

1.

∇ ~W~V −∇~V ~W = [ ~W, ~V ]

374

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2.

~X〈~V , ~W 〉 = 〈∇ ~X~V , ~W 〉+ 〈~V ,∇ ~X ,

~W 〉

3.

∇ ~W (f, ~V ) =?

4.

∇g ~W ~V =?

Beweis.

1.

∇ ~X~v =

(∂vk

∂ujxj + vixjΓkij

)∂ ~F

∂uk

[X, v] = ~X~v − ~v ~X =

(∂vi

∂uj∂ ~F

∂ui+ vi

∂2 ~F

∂uj∂ui

)duj ~X −

(∂xi

∂uj∂ ~F

∂ui+ xi

∂2 ~F

∂uj∂ui

)duj~v =

=∂vi

∂uj∂ ~F

∂uixj − ∂xi

∂uj∂ ~F

∂uivj + xjvi

∂2 ~F

∂ui∂uj− xivj ∂ ~F

∂ui∂uj︸ ︷︷ ︸=0

=

(∂vi

∂ujxj − ∂xi

∂ujvj)∂ ~F

∂ui

⇒ ∇ ~X~v −∇~v ~X =∂ ~F

∂uk

(∂uk

∂ujxj + vixjΓkij

)− ∂ ~F

∂uk

(∂xk

∂ujvj + xivjΓkij

)2.

~X〈~V , ~W 〉 = 〈∇ ~X~V , ~W 〉+ 〈~V ,∇ ~X

~W 〉

~X〈~V , ~W 〉 = ~X

⟨vi∂ ~F

∂ui, wi

∂ ~F

∂uj

⟩= ~Xviwjgij = d(viwjgij) ~X

= wjgijdvi ~X + vigijdw

j ~X + viwjdgij ~X =

= wjgij∂vi

∂ukxk + vigij

∂wj

∂ukxk + viwj

∂gij∂uk

xk =

= gijxk

(wj

∂vi

∂uk+∂wj

∂ukvi)

+ viwjxk∂

∂ukgij

〈∇ ~X~V , ~W 〉 =

⟨(∂vk

∂ujxj + vixjΓkij

)∂ ~F

∂uk, wl

∂ ~F

∂ul

⟩=

=

(∂vk

∂ujxj + vixjΓkij

)wlgkl

375

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〈~V ,∇ ~X~W =

⟨vl∂ ~F

∂ul

(∂wk

∂ujxj + vixjΓkij

)∂ ~F

∂uk

⟩=

=

(∂wk

∂ujxj + wixjΓkij

)vlglk

⇒ 〈∇ ~X~V , ~W 〉+ 〈~V ,∇ ~X

~W 〉 =

=∂vk

∂ujxjwlgkl +

∂wk

∂ujxjvlgkl + vixj Γkijgkl︸ ︷︷ ︸

=Γij,l

wl + wixj Γkijgkl︸ ︷︷ ︸Γij,l

vl =

= gklxj

(∂vk

∂ujwl +

∂wk

∂ujvl)

+ xivjzl (Γij,l + Γil,j)︸ ︷︷ ︸∂

∂uigjl

=

= gjkxi

(∂vj

∂uiwk +

∂wj

∂uivk)

+ xivjwl∂

∂uigjl =

= gijxk

(∂vi

∂ukwj +

∂wj

∂ukvi)viwjxk

∂ukgij = ~X〈~V , ~W 〉

3.

∇f ~X ~V = D~V f ~X =

(∂vi

∂uj∂ ~F

∂ui+ vi

∂2 ~F

∂ui∂uj

)duifxi

∂ ~F

∂ui=

= f

(∂vi

∂uj∂ ~F

∂ui+ vi

∂2 ~F

∂ui∂uj

)duixi

∂ ~F

∂ui= fd~V ~X = f∇ ~X

~V

4.

∇ ~Xf~V = d(f ~V ) ~X = ~V df ~X + fd~V ~X = ~V∇ ~Xf + f∇ ~X

~V

⇒ ∇ ~Xf~V = ~V∇ ~Xf + f∇ ~X

~V = ~V∂

∂ ~Xf + f∇ ~X

~V

376

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17.6 Abbildungen zwischen Flachen

x

φ

φ(x)

M

Tx ~F (U)

N

Tφ(x)~G(U)

U U ′

~F ~G

~V

φ : ~F (U)→ ~G(U ′)

~H = φ ◦ ~F : U → ~G(U ′)

~x(t) = ~F ◦ γ(t)

~x(0) = ~x

~x(0) = ~V = ui(0)∂ ~F

∂ui

~y(t) = φ ◦ ~F ◦ γ(t) = ~H ◦ γ(t)

~y(0) = 0φ(~x)

~y(0) = ui(0)∂ ~H

∂ui

Dφ(x) : Tx ~F (U)→ Tφ(x)~G(U ′)

∂ ~F

∂ui7→ ∂(φ ◦ ~F )

∂ui

Ist eine lineare Abbildung zwischen Tangentialraumen

377

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Normalenabbildung (spharische Abbildung)

S : x ∈ ~F 7→ ~N(x) ∈ Sd = {~y ∈ Rd+1∣∣‖~y‖ = 1}

DS = Tx ~F (U)→ TN(x)Sd

∂ ~F

∂ui7→

~N

∂ui

~N(x) ⊥ Tx ~F (U)

〈 ~N(~u), ~N(~u)〉 = 1

∂ui〈 ~N, ~N〉 = 0

2

⟨∂ ~N

∂ui, ~N

⟩= 0

~N(x) ⊥ T ~N(x)Sd

das heißt: T ~N(x)Sd = Tx ~F (U)

∂ ~N

∂ui= βji

∂ ~F

∂uj⟨∂ ~N

∂ui,∂ ~F

∂uk

⟩= βji

⟨∂ ~F

∂uj,∂ ~F

∂uk

⟩︸ ︷︷ ︸

=gjk

= βji gjk

∂ui

⟨~N,

∂ ~F

∂uk

⟩= 0 =

⟨∂ ~N

∂ui,∂ ~F

∂uk

⟩+

⟨~N,

∂2 ~F

∂ui∂uk

⟩︸ ︷︷ ︸

=hik

βji gjk = −hikβji = −hikgkj = −hji∂ ~N

∂ui= −hji

∂ ~F

∂uj

DS

(∂ ~F

∂ui

)= −hji

∂ ~F

∂uj

ω := −DS ... Weingarten-Abbildung

ω : Tx ~F (U)→ Tx ~F (U)⟨ω(~V ), ~V

⟩=

⟨vkhjk

∂ ~F

∂uj, vl

∂ ~F

∂ul

⟩= vkhjkv

lgjl = vkvlhkl = H(~V )[~V = vk

∂ ~F

∂uk

]

378

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Bemerkung 251. Die Eigenwerte von ω sind die Hauptkrummungen und die Eigenvek-toren die Hauptkrummungsrichtung. (d = 2 Achsen der Dupinschen Indikatrix)

det(hji ) = K = λ1 · ... · λd Gaußsche Krummung

1

dtrace(hji ) =

1

d· hii︸ ︷︷ ︸

mittlereKrummung

=1

d(λ1 · ... · λd)

Erinnerung:

∂2 ~F

∂ui∂uj= Γkij

∂ ~F

∂uk+ hij ~N ... Gauß

∂ ~N

∂ui= −hji

∂ ~F

∂uj... Weingarten

Wollen nun diese beiden Formeln differenzieren:(∂2 ~F

∂ui∂uj

)′=

∂3 ~F

∂ui∂uj∂us=

∂usΓsij ·

∂ ~F

∂us+ Γlij

∂2 ~F

∂uk∂ul+

∂ukhij ~N + hij =

∂ ~N

∂uk=

=∂

∂ukΓsij ·

∂ ~F

∂us+ Γsij

(Γsij

∂ ~F

∂us+ hij ~N

)+

∂ukhij ~N − hijhsk

∂ ~F

∂us=

[I] =

(∂ ~F

∂ukΓsij + ΓsijΓ

skl − hijhsk

)∂ ~F

∂us+

(Γsijhij +

∂ukhij

)~N =

[II] =

(∂

∂ujΓsik + ΓlikΓsjl − hikhsj

)∂ ~F

∂us+

(Γsikhjl +

∂ujhik

)~N

[I]− [II] = 0 =

(∂

∂ukΓsij −

∂ujΓsik + ΓlijΓ

skl − ΓlikΓsjl − hijhsk + hikh

sj

)∂ ~F

∂us+

+

(Γlijhkl − Γlikhjl +

∂ukhij −

∂ujhik

)~N

⇒ ∂

∂ukΓsij −

∂ujΓsik + ΓlijΓ

skl − ΓlikΓsjl = hijh

sk − hikhsj =: Rsijk

Rsijk = −RsikjRiemannscher Krummungstensor (Große der inneren Geometrie)

d = 2 (hijh

sk − hikhsj

)gil = hljh

sk − hlkhsj = gilRsijk

suchen: j = 1, l = 1, k = 2, s = 2

K = h11h

22 − h1

2h12 = det

((hji )

2i,j=1

)= gi1R2

i12

379

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17.7 Theorema egregium

Satz 17.1. Die Gaußsche Krummung ist eine Große der inneren Geometrie, anders gesagt: lasstsich alleine durch Langenmessung bestimmen. α, β und γ seien die Winkel zwischen drei Punktenauf einer Sphare, die durch geodatische Linien verbunden sind.

α+ β + γ = π +

ˆ

4

K

Formel von Hatzidakis

380

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φ

M N

U U ′

~F ~G

~H = φ ◦ ~F : U → ~G→ (U ′)

gij =

⟨∂ ~F

∂ui,∂ ~F

∂uj

⟩erste Fundamentalform auf M

gij =

⟨∂ ~H

∂ui,∂ ~H

∂uj

⟩erste Fundamentalform auf φ(M) ⊆ N

Definition 17.4. φ : M → N heißt Isometrie, wenn gij = gij fur i, j = 1, ..., d. In diesem Fall istdim

(φ(M)

)= dim(M) = d

1. φ ist eine Isometrie von M und eine Teilmenge des Rd.

2. Die Parallelverschiebung auf M entlang von γ ergibt(weil die Parallelverschiebung nur vonder Metrik abhangt) dasselbe, wie die Parallelverschiebung entlang von φ ◦ γ in Rd undanschließende Anwendung von Dφ(−1):

381

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Rd

(γ(0)

)

(γ(1)

)φ(γ)

M

~V (0) ~V (1) φ

Die Parallelverschiebung in Rd ist aber wegunabhangig. Daher ist auch die Parallelverschie-bung auf M wegunabhangig (zumindest lokal).

3. Dann gibt es ~Vi, i = 1, ..., d orthonormale Basis von Parallelfeldern. Das heißt: Vi(~x) ist eine

Orthonormal-Basis von TxM . Brauchen Koordinaten u1, ..., ud sodass ∂ ~F∂ui = Vi

4. Parametrisierung mit gij = δij

~Vi(u1(t), ..., ud(t)

)Parallelfeld entlang der Kurve γ : u1 = u1(t), ..., ud = ud(t)

~Vi = vli∂ ~F

∂ul

∇~γ ~V =

(∂vli∂uk

uk + Γlkj ukvji

)∂ ~F

∂ul= 0

⇔(∂vli∂uk

+ Γlkjvji

)uk = 0

unabhangig von u1(t), ..., ud(t)

⇒ ∂vli∂uk

+ Γlkjvji = 0 fur k, l, i = 1, ..., d

∂ ~F

∂uj= vij ~Vi

∂2 ~F

∂uj∂uk=

∂ukvij ~Vi + vij

∂Vi∂uk

tpr

(∂2 ~F

∂uj∂uk

)=

∂ukvij ~Vi[

tpr

(∂Vi∂uk

)= 0 weil wegunabhangiges Parallelfeld

]∂

∂ukvij =

∂ujvik i, j, k = 1, ..., d

∂ ~F

∂ui= ~Vi

∂ ~F

∂ui=∂ ~F

∂uj· ∂u

j

∂ui= vji

~Vj

382

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∂ ~F

∂uj!= ~Vj

Suchen also Funktionen u1(u1, ..., ud), ..., ud(u1, ..., ud)

mit∂uj

∂ui= vji (u

1, ..., ud)

Wenn es Losungen gibt, dann erfullen diese den Satz von Schwarz:

∂2uj

∂ui∂uk=

∂ukvji =

∂uivjk ⇔

∂ukvij =

∂ujvik

Satz 17.2. Eine Hyperflache M ⊆ Rd+1 ist genau dann lokal isometrisch zu einer Teilmengedes Rd, wenn es auf M eine othonormale Familie von wegunabhangigen Parallelfeldern ~V1, ..., ~Vdgibt. Weiters ist dazu aquivalent, dass es eine Parametrisierung von M gibt, sodass die metrischeFundamentalform die Gestalt gij = δij annimmt.

Ab jetzt: d = 2

wegunabhangiges Parallelfeld ~V = vl ∂~F

∂ul

∂vl

∂uk+ viΓlik = 0

unter welchen Bedingungen haben diese Gleichungen eine Losung?

Notwendige Bedingung: Die zweiten Ableitungen von vl mussen den Satzvon Schwarz erfullen.

∂vl

∂uj∂uk+∂vi

∂ujΓlik + vi

∂ujΓlik = 0

=∂vl

∂uj∂uk− vsΓisjΓlik + vs

∂ujΓlsk = 0

=∂vl

∂uj∂uk− vsΓiskΓlij + vs

∂ukΓlsj = 0

vs(

ΓisjΓlik − ΓiskΓlij +

∂ukΓlsj −

∂ujΓlsk

)︸ ︷︷ ︸

= 0 = Rlskj

= 0

Notwendig fur die Existenz von wegunabhangigen Parallelfeldern ist das Ver-schwinden von Rlskj fur alle s, k, j, l ∈ {1, ..., d}. Tatsachlich ist diese Bedingungauch hinreichend fur die lokale Existenz solcher Parallelfelder.

Rlskj = hskhlj − hkjhls

Rtskj = Rlskjgtl = hskhtj − hkjhtsR2121 = h11h22 − h12h21 = K · det(gij)

Rtskj ≡ 0 ⇔ K ≡ 0

383

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Satz 17.3. Eine zweidimensionale Flache im R3 ist genau dann lokal isometrische zu R2 (”ab-wickelbar”), wenn die Gaußsche Krummung identisch verschwindet.

Bemerkung 252. Regelflachen~l : I → R3 [Leitkurve]~r : I → R3 [Richtkurve]

‖~r‖ = 1

~F (u, v) = ~l(u) + v~r(u)

~l(u)

~l

~r(u)

~r(u) const. Zylinder; alle erzeugenden Geraden schneiden einander in einem Punkt.

384

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17.8 Bestimmung von Oberflachen - skalare Flachenintegrale

A

M

gesucht: Oberflache von A

u

v

Z2

Z1

385

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f : M → Rˆ ˆ

A

fdo =?

~F (B) = A Flache von ~F (B) =

m−1∑i=0

n−1∑j=0

Flache von ~F ([ui, ui+1]× [vj , vj+1])

Z1 = {a = u0 < u1 < ... < um = b}Z2 = {c = v0 < v1 < ... < vn = d}

~F (u, v) = ~F (ui, vj) +∂ ~F

∂u(ui, vj) +

∂ ~F

∂v(ui, vj) · (v − vj) +O

((u− ui)2 + (v − vj)2

)Flache von ~F ([ui, ui+1]× [vj , vj+1]) =[

‖~a×~b‖2 = ‖~a‖2 · ‖~b‖2 − 〈~a,~b〉2 = ‖~a‖2 · ‖~b|2 · sin(^~a,~b)2]

=√g11 · g22 − g2

12︸ ︷︷ ︸√g

·(ui+1 − ui)(vj+1 − vj)

det(

(〈~v′i, ~vj〉)i,j)

Determinante der Gramschen Matrix,

entspricht des Quadrates des Volumens des aufgespannten Parallelepiped

=

m−1∑i=0

n−1∑j=0

√g(ui, vj) · (ui+1 − ui) · (vj+1 − vj) + Fehler

‖Z1‖, ‖Z2‖ −→ 0 −→ˆ ˆ

B

√g(u, v)dudv︸ ︷︷ ︸

do

=

a

c

√g(u, v)dv

du

[1B(x) =

{1 x ∈ ~F (B)

0 x /∈ B

]fM → R

[a, b)× [c, d)→ B

ˆ ˆ

B

fdo :=

a

c

f ◦ ~F (u, v)√g(u, v)dv

du

B ”beliebig”

B ⊆ [a, b]× [c, d]

ˆ ˆ

~F (B)

fdo :=

a

c

1(u, v)f ◦ ~F (u, v)√g(u, v)dv

du

Oberflache von A = ~F (B)

=

ˆ ˆ

~F (B)

do =

ˆ ˆ

B

√g(u, v)dudv

386

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17.9 Minimalflachen

Sei ~x : I → R3 eine geschlossene Kurve. Gesucht wird eine Flache, die von ~x(I)berandet wird und unter allen Flachen mit dieser Eigenschaft minimale Ober-flache hat.

u1

u2

I

BA = ~F (B)

γ

~F~F(γ(I)

)

Angenommen ~F : U → R3 ware die Parametrisierung einer Minimalflache mit

~F ◦ γ(t) = ~x(t)

~Fε(u1, u2) = ~F (u1, u2) + εf(u1, u2) · ~N(u1, u2)

mit f ∈ C2(U), f ◦ γ(t) = 0 der Rand von ~Fε(B) = Rand von ~F (B)

gεij =

⟨∂ ~Fε∂ui

,∂ ~Fε∂uj

⟩∂ ~Fε∂ui

=∂ ~F

∂ui+ ε

∂f

∂ui~N + εf

∂ ~N

∂ui=

=∂ ~F

∂ui+ ε

∂f

∂ui~N − εfhki

∂ ~F

∂uk

∂ ~F

∂uj+ ε

∂f

∂uj~N − εfhlj

∂ ~F

∂ul

gεij = gij − εfhljgil − εfhki gjk +O(ε2) =

= gij − 2εfhij +O(ε2) = gik(δkj − 2εfhkj

)det(gεij)

2ij=1 = det

((gij)i,j

)︸ ︷︷ ︸=g

·det(δkj − 2εfhkj +O(ε2)

)=

= g(1− 2εfhii +O(ε2)

)J (ε) =

ˆ ˆ

B

√gεdu1du2 =

ˆ ˆ

B

√g√

1− 2εfhii +O(ε2)du1du2

J ′(0)!= 0 (weil bei ε = 0 ein Minimum vorliegt)

J (0) =

ˆ ˆ

B

√g−2fhii2√

1du1du2 !

= 0 ∀f wie oben

=⇒ hii = 0

Wenn ~F eine Parametrisierung einer Minimalflache ist, dann verschwindet diemittlere Krummung identisch.

387

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17.10 Krummung von Flachenkurven

I

γ

~F

Will die Krummung der Kurve ~x(t) = ~F ◦ γ(t) in Bezug auf die Flache analy-

sieren. ‖~x‖ = 1 (Bogenlangenparametrisierung).

~t = ~x = ui∂ ~F

∂ui

uiujgij = 1(⇔ ‖~x‖ = 1

)~t = ui

∂ ~F

∂ui+ uiuj

∂2 ~F

∂ui∂uj︸ ︷︷ ︸=0

= ui∂ ~F

∂ui+ uiujΓkij

∂ ~F

∂uk+ uiujhij︸ ︷︷ ︸

Normal-krummung

κN

~N

κN = uiujhij ... Normalkrummung der Kurve

∥∥∥∥∥(uk + uiujΓkij) ∂ ~F∂uk

∥∥∥∥∥ ... Krummungteil in der Tangentialebene = |κg|

~t = κ~n Kurvennormalvektor

κ2 = κ2g + κ2

N

κg ... geodatische Krummung

∇~t~t, ~t, ~S

~S = ~N × ~t ... Seitenvektorfeld

κg =⟨∇~t~t, ~S

⟩Erinnerung: Ebene Kurven

~y = ~y(t) in R2 Bogenlange

~t = ~y′ =

(cos(ϕ(t)

)sin(ϕ(t)

)) , κ = ϕ′

388

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Sei ~V (t) ein Parallelfeld entlang der Kurve ~F ◦ γ, ‖~V ‖ = 1.

^(~V (t),~t(t)

)= ϕ(t)

〈~V (t),~t(t)〉 = cos(ϕ(t)

)〈~V (t), ~S(t)〉 = − sin

(ϕ(t)

)−ϕ(t) sin

(ϕ(t)

)=

⟨d

dt~V (t),~t(t)

⟩+ 〈~V (t), ~t〉 =

= 〈∇~t~V︸︷︷︸=0

,~t(t)〉+ 〈~V (t), ∇~t~t︸︷︷︸propor-tional

zu~Sκg ~S︸ ︷︷ ︸

⊥~t

−ϕ′ sin(ϕ) = κg〈~V , ~S〉 = −κg sin(ϕ)

ϕ′ = κg

~S

~t

~Vϕ

389

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18 Der Satz von Stone-Weierstraß

Will eine moglichst weitreichende Verallgemeinerung des Approximationssatzesvon Weierstraß (Satz 12.9).

Definition 18.1. Eine MengeA heißt eine Algebra, wennA ein R (beziehungsweise C)-Vektorraumist und weiter aus S eine Multiplikation von Elementen erklart ist. (Assoziativ und distributiv;wenn auch kommutativ, dann ist A kommutative Algebra).

Beispiel 121.

1. R, C

2. Mn×n(R) = {n× n−Matrizen uber R} nicht-kommutative Algebra.

3. C(X) stetige Funktionen auf dem metrischen Raum X ist eine kommutative Algebramit der punktweisen Multiplikation.

4. CR(X), CC(X)

Definition 18.2. Sei A eine Algebra mit einer Norm ‖·‖ : A → R+0 , sodass ‖·‖ eine Vektorraum-

norm auf dem Vektorraum A ist. Weiters soll gelten ∀a, b ∈ A : ‖a · b‖ ≤ ‖a‖ · ‖b‖. Wenn (A, ‖·‖)ein vollstandiger metrischer Raum ist, dann heißt A Banach-Algebra.

Beispiel 122. K kompakt,(C(K), ‖·‖sup

)ist eine Banach-Algebra.

Der Approximationssatz von Weierstraß (Satz 12.9) besagt, dass die Algebra der Poly-nomfunktionen auf dem Intervall [a, b] dicht in der Banach-Algebra C([a, b]) liegt.Unser Ziel ist eine Bedingung an A ⊆ C(K) die sicherstellt, dass A = C(K) gilt. (Aliegt dicht in C(K)).

Lemma 22. Sei K ein kompakter (metrischer) Raum und A ⊆ C(K)R

eine

Algebra. Dann gilt:

1. f ∈ A =⇒ |f | ∈ A

2. f, g ∈ A =⇒ max(f, g) ∈ A 3 min(f, g)

Beweis.

1. f ist als stetige Funktion auf K beschrankt. ∃M : ∀x ∈ K : |f(x)| ≤ M .Nach dem Approximationssatz von Weierstraß (Satz 12.9) gibt es zu jedemε > 0 ein Polynom p, sodass ∀y ∈ [−M,M ] : |p(y) − |y|| < ε. Dann gilt| p(f(x)

)︸ ︷︷ ︸∈A

−|f(x)|| < ε. ∀x ∈ K X

2. min(a, b) = a+b−|a−b|2 und max(a, b) = a+b+|a−b|

2 fur a, b ∈ R. Wende nun1. an X

390

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Definition 18.3. A ⊆ C(K) Algebra trennt Punkte, wenn ∀x1, x2 ∈ K, x1 6= x2, ∃f ∈ A :f(x1) 6= f(x2)

Satz 18.1. Stone-WeierstraßSei K ein kompakter (metrischer) Raum und A ⊆ CR(K) eine Algebra. Wenn A die konstantenFunktionen enthalt und Punkte trennt, dann ist A dicht in CR(K)

Beweis. f ∈ CR(K), ε > 0

1.

∀x1, x2 ∈ K : ∃g ∈ A : f(x1) = g(x1), f(x2) = g(x2)

x1 6= x2 :

∃h ∈ A : h(x1) 6= h(x2)

g(x) =h(x)− h(x1)

h(x2)− h(x1)

(f(x2)− f(x1)

)+ f(x1)

2.

Sei x0 ∈ K fest und z ∈ K. Dann gibt es eine Funktion gz ∈ A,

sodassgz(x0) = f(x0)gz(z) = f(z)

nach 1.

Dann gibt es wegen der Stetigkeit von gz eine offene Umgebung Uz von z,

sodass ∀x ∈ Uz : gz(x) < f(x) + ε gilt.((f − gz)−1

((−∞, ε)

))ist offen

K ⊆⋃z∈K

Uz

Kkompakt

=⇒ ∃m, z1, ..., zm ∈ K,

sodass K ⊆m⋃j=1

Uzj

lx0(x) = min(gz1(x), ..., gzm(x)

)∈ A (nach Lemma)

lx0(x0) = f(x0)

∀x ∈ K : lx0(x) < f(x) + ε

weil fur x ∈ Uzi lx0(x) ≤ gzj (x) < f(x) + ε gilt

3. Fur jedes z ∈ K gibt es also eine Funktion lz ∈ A mit lz < f + ε undlz(z) = f(z).Wegen der Stetigkeit von lz gibt es eine offene UmgebungVz von z, sodass

391

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∀x ∈ Vz : lz(x) > f(x)− ε gilt.

K ⊆⋃z∈K

Vz

Kkompakt

=⇒ ∃n, z1, ..., zn : K ⊆n⋃j=1

Vzj

m(x) = max(lz1(x), ..., lzn(x)

)∈ A

f(x)− ε < m(x) < f(x) + ε

das heißt: ‖f −m‖sup < ε

Korollar 18.1.1. Sei A ⊆ CC(K) eine Algebra, die die konstanten Funktionen enthalt, Punktetrennt und unter Konjugation abgeschlossen ist. Soll heißt: f ∈ A ⇒ f ∈ A. Dann liegt A dichtin CC(K).

Beweis. Wenn f ∈ A ⇒ <(f) = f+f2 ∈ A und =(f) = f−f

2i ∈ A. Damit kannman den Beweis von Satz 18.1 fur Real- und Imaginarteil getrennt fuhren.

Bemerkung 253. Ohne komplexe Konjugation ist die Aussage falsch:K = {z ∈ C

∣∣|z| ≤ 1} und A = C[z], dann z /∈ A

Korollar 18.1.2. Sei K kompakt, A ⊆ CR(K) eine Algebra. Dann gilt f ∈ A genau dann, wenn∀ε > 0, ∀x1, x2 ∈ K, ∃g ∈ A : |f(x1)− g(x1)| < ε und |f(x2)− g(x2)| < ε.

Beweis.

”⇒ ” Sei f ∈ A. ε > 0. Dann gibt es ein g ∈ A, sodass ∀x ∈ K : |f(x)−g(x)| < ε

(x = x1 beziehungsweise x = x2 liefert dann die Aussage).

”⇐ ” x1, x2 ∈ K : ∃g : |g(x1) − f(x1)| < ε

2 , |g(x2) − f(x2)| < ε2 , halte x1 fest

und nenne gx2= g

|gx2(x1)− f(x1)| < ε2 , |gx2

(x2)− f(x2)| < ε2

Gehe nun weiter wie in Schritt 2: Es gibt eine offenen Umgebung von x2

auf der gx2(x) < f(x)+ε gilt. Damit konstruiert man, wie in Schritt 2, die

Funktion lx1(x) = min(gz1(x), ..., gzm(x)

). Dann gilt

{lx1(x1) > f(x1)− ε

2lx1(x) < f(x) + ε

}Schritt 3: Analog wie im Beweis von Satz 18.1. Es gibt eine UmgebungVz von z, sodass ∀x ∈ Vz : lz(x) > f(x) − ε. Wie vorhin: m(x) =max

(lz1(x), ..., lzn(x)

), |m(x)− f(x)| < ε

Korollar 18.1.3. Sei A ⊆ CC(K) eine Algebra, die unter komplexer Konjugation abgeschlossen

392

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ist, dann ist f ∈ CC(K) aus A genau dann, wenn

∀ε > 0, ∀x1, x2 ∈ K, ∃g ∈ A : |f(x1)− g(x1)| < ε ∧ |f(x2)− g(x2)| < ε

Korollar 18.1.4. Sei A ⊆ CC(K) eine Algebra, die Punkte trennt, unter komplexer Konjugationabgeschlossen ist und fur die ∀x ∈ K : ∃g ∈ A : g(x) 6= 0 gilt. Dann gilt A = CC(K).

Beweis. Wenn es fur x1 eine Funktion g mit g(x1) 6= 0 gibt und fur x2 eineFunktion h mit h(x2) 6= 0. l trenne x1 und x2, das heißt: l(x1) 6= l(x2).

m(x) = l(x)−l(x1)l(x2)−l(x1)

(f(x2)− f(x1)

)· h∗(x)

h∗(x2) + f(x1)

(g∗(x)

g∗(x1)+

h∗(x)

h∗(x2)

)︸ ︷︷ ︸=1 bei

x = x1

x = x2

∃g(x1) 6= 0, g∗(x) = l(x)−l(x2)l(x1)−l(x2) · g(x)

∃g∗ ∈ A : g∗(x1) 6= 0 g∗(x2) = 0∃h∗ ∈ A : h∗(x2) 6= 0 h∗(x1) = 0

Beweis (Zweite Version): Sei f ∈ CC(K). Dann zeigt man, dass ∀x1, x2 ∈ K :

∃g ∈ A :f(x1) = g(x1)f(x2) = g(x2)

gilt. Daraus folgt nach dem letzten Korollar dass

f ∈ A. Seien x1, x2 ∈ K, x1, 6= x2, ∃l, g, h ∈ A :l(x1) 6= l(x2)g(x1) 6= 0h(x2) 6= 0

g∗(x) =l(x)− l(x2)

l(x1)− l(x2)· g(x)

g(x1)

g∗(x1) = 1g∗(x2) = 0

⇒ g∗ ∈ A

h∗(x) =l(x)− l(x1)

l(x2)− l(x1)· h(x)

h(x2)

h∗(x2) = 1h∗(x1) = 0

⇒ h∗ ∈ A

m(x) = f(x1) · g∗(x) + f(x2) · h∗(x) ∈ Am(x1) = f(x1)m(x2) = f(x2)

Beispiel 123.

Cper(R) ={f : R→ C

∣∣∀x ∈ R, f(x) = f(x+ 2π)}

2π − periodischen stetigen Funktionen∼= C(R/2πZ)

R/2πZ ={

[x]∣∣x ∈ R} , [x] = x+ 2πZ

x ∼ y ⇐⇒ x− y2π

∈ Z

Aquivalenzrelation

393

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−2π 0 2π 4π

−2π0

[x]↔(

cos(x)sin(x)

)∈ Π

Π ist kompakt

Die Funktion eikx ist 2π - periodisch

A = span{eikx∣∣k ∈ Z}

1 ∈ A X

∀x, y ∈ R, x− y /∈ 2πZ, eix 6= eiy

eikx = eikx

das heißt: die trigonometrischen Polynomen∑

k=−m

akeikx ak ∈ C

liegt dicht in den stetigen 2π - periodischen Funktionen

394

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19 Fourier-Reihen

u(x, t) ... Temperatur zum Zeitpunkt t > 0 im Punkt [x].das heißt u(x, t) = u(x+ 2π, t)

uxx = ut ... Warmeleitungsgleichungu(x, t) = X(x)T (t) ... simple Losung

X ′′(x)T (t) = X(x)T ′(t)

X ′′

X︸︷︷︸Funktion

von x

=T ′

T︸︷︷︸Funktion

von t

= const = −λ2

man wird sehen, dass nur const ≤ 0 sinvoll sind

X ′′ = −λ2X, T ′ = −λ2T → T (t) = Ce−λ2t

X(x) = eµx

X ′′ = µ2eµxµ2eµx = −λ2eµx

µ2 = −λ2 µ = ±iλ

X(x) = Aeiλx +Be−iλx

X(0) = x(2π)

A+B = Ae2πiλ +Be−2πiλ

A(1− e2πiλ) = −B(1− e−2πiλ) = −Be−2πiλ(e2πiλ − 1)

e2πiλ = 1 (A,B beliebig) ⇒ λ ∈ Ze2πiλ 6= 1

B = Ae2πiλ

X ′(0) = X ′(2π)

Aiλ−Biλ = Aiλe2πiλ −Biλe−2πiλ

Aiλ−Aiλe2πiλ = Aiλe2πiλ −Aiλe−2πiλ · e2πiλ

0 = 2Aiλ(e2πiλ − 1︸ ︷︷ ︸6=0

) ⇒ A = 0⇒ B = 0

X ′′ = λ2X, x = eµx, µ2 = λ2, µ = ±λX(x) = Aeλx +Be−λx

X(0) = A+B = Ae2πλ +Be−2πλ = X(2π)X ′(0) = λA− λB = λAe2πλ − λBe−2πλ = X(2π)

uk(x, t) = eikx · e−k2t, k ∈ Z

u(x, t) =∑k∈Z

akuk(x, t), ak ∈ C

fur∑k∈Z

k2|ak| <∞ ist eine Losung

gegeben: u(x, 0) = f(x) 2π − periodisch∑k∈Z

akeikx = f(x)

395

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Frage: gibt es fur jedes f (2π - periodisch und ?) Koeffizienten ak, k ∈ Z,

sodass:∑k∈Z

akeikx = f(x) gilt?

∑k∈Z

akeikx e−k

2t︸ ︷︷ ︸k 6=0

−→0fur t→∞

t→∞−→ a0

2πˆ

0

u(x, t) dx =∑k∈Z

ak ·2πˆ

0

eikx dx ·e−k2t

k 6= 0 :eikx

ik

∣∣∣∣∣2π

0

= 0

⇒2πˆ

0

f(x) dx = 2πa0

Wenn f(x) =∑k∈Z

akeikx gleichmaßig konvergiert, dann kann man:

2πˆ

0

f(x)e−inx dx =∑k∈Z

ak

2πˆ

0

eikxe−inx dx︸ ︷︷ ︸=0 fur k 6=n

schreiben

= 2πan

cn =1

2πˆ

0

f(x)e−inx dx

Programm Sei f Regelfunktion und 2π - periodisch, dann kann man

an =1

0

f(x)e−inx dx

bestimmen.

Frage konvergiert∑k∈Z

akeikx ? moglicherweise zu viel.

Sn(f)(x) =

n∑k=−n

akeikx konvergiert Sn

(f)(x)? gegen f(x)?

396

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Bemerkung 254. f reellwertig

cn =1

2πˆ

0

f(x)e−inx dx =1

2πˆ

0

f(x)e−inx dx = c−n

n ≥ 1 :

cn =1

2(an − ibn)

c0 =1

2a0

c−n =1

2(an + ibn)

∞∑n=−∞

cneinx =

1

2a0 +

∞∑n=1

(1

2(an − ibn)einx +

1

2(an + ibn)einx

)=

=1

2a0 +

∞∑n=1

(an cos(nx) + bn sin(nx)

)reelle Schreibweise der Reihe

cn =1

2(an − ibn) =

1

2πˆ

0

f(x)(

cos(nx)− i sin(nx))︸ ︷︷ ︸

=e−inx

dx

an =1

π

2πˆ

0

f(x)cos(nx)n≥0

dx

bn =1

π

2πˆ

0

f(x)sin(nx)n≥1

dx

a0

2=

1

2πˆ

0

f(x) dx

Sn(f)

=

n∑k=−n

ckeikx =

a0

2+

n∑k=1

(ak cos(kx) + bk sin(kx)

)n-te Partialsumme

ck =1

2πˆ

0

f(y)e−ikydy

S(f)(x) =

1

2πˆ

0

n∑k=−n

eikxf(y)e−ikydy =1

2πˆ

0

f(y)

n∑k=−n

eik(x−y)dy =

[y = x+ z]

=1

2π+xˆ

x

f(x+ z)

n∑k=−n

eikzdz

397

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da 2π - periodisch: =1

2πˆ

0

f(x+ z)

n∑k=−n

eikz︸ ︷︷ ︸Dn(z)

dz

Dn(z) ... Dirichlet-Kern

Dn(x) =

n∑k=−n

eikx = e−inx−1 + ei(2n+1)x

−1 + eix= (geometrische Summenformel)

= e−inxei(n+ 1

2 )x(ei(n+ 1

2 )x − e−i(n+ 12x))

eix2

(eix2 − e−i x2

) =2i sin

((n+ 1

2

)x)

2i sin(x2

)

Dn(x) =sin((n+ 1

2

)x)

sin(x2

)Dn(0) = lim

x→0

(Dn(x)

)= 2n+ 1

Sn(f)(x) =

1

π

−π

f(x+ y) · Dn(y)︸ ︷︷ ︸=Dn(−y)

dy

398

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Tn(f)(x) =

1

n

n−1∑k=0

Sk(f)(x)

Tn(f)(x) =

1

π

−π

f(x+ y)1

n

n−1∑k=0

Dk(y)︸ ︷︷ ︸Fn(y)

Fejer-Kern

dy

Fn(y) =1

n

n−1∑k=0

Dk(y)

sin(y

2

)2

Fn(y) =1

n

n−1∑k=0

sin

((k +

1

2

)y

)sin(y

2

)=

=1

2n

n−1∑k=0

(cos(ky)− cos

((k + 1)y

))=

1

2n

(1− cos(ny)

)=

=1

nsin(ny

2

)2

Fn(y) =1

n

(sin(ny2

)sin(y2

) )2

≥ 0

Satz 19.1. Satz von FejerSei f : R → R 2π-periodisch und stetig, dann konvergiert

(Tn(f))n∈N gleichmaßig auf R gegen

f .

Beweis. f ist gleichmaßig stetig. ε > 0 : Dann gibt es ein δ > 0, sodass:

∀x, y ∈ R : |x− y| < δ ⇒ |f(x)− f(y)| < ε

Tn(f)(x)− f(x) =

1

π

−π

(f(x+ y)− f(x)

) 1

n

(sin(ny2

)sin(y2

) )2

dy

[weil

1

π

−π

Fn(y)dy = 1

]∃M : ∀x ∈ R : |f(x)| ≤M

|Tn(f)(x)− f(x)| ≤ 1

δˆ

−δ

| f(x+ y)− f(x)︸ ︷︷ ︸<ε

| 1n

(sin(ny2

)sin(y2

) )2

dy +

+

−δˆ

−π

| f(x+ y)− f(x)︸ ︷︷ ︸≤2M

| · Fn(y)dy +

π

δ

| f(x+ y)− f(x)︸ ︷︷ ︸≤2M

|Fn(y)dy

399

Page 407: Analysis - IG Mathe · ximation, zun achst f ur Funktionen auf Gebieten in einem Rnund dann koordina- ... 7 Konvexe Funktionen 185 7.1 Eine stetige nirgends di erenzierbare Funktion

≤ 1

ε · δˆ

−δ

Fn(y)dy + 4M ·π

δ

Fn(y)dy

≤≤ 1

(ε ·

π

−π

Fn(y)dy

︸ ︷︷ ︸=2π

+4M ·π

δ

Fn(y)dy

)

Fn(y) =1

n

(sin(ny2

)sin(y2

) )2

≤ π2

ny2

0 ≤ y ≤ π

sin(x) ≥ 2x

π

0 ≤ x ≤ π

2

|Tn(f)(x)− f(x)| ≤ ε+

4M

2π·π

δ

π2

ny2dy ≤

≤ ε+ 2M ·∞

δ

π

ny2dy = ε+

n· Mδ

‖Tn(f)− f‖∞ = sup

x|Tn(f)(x)− f(x)| ≤ ε+

2πM

lim supn→∞

‖Tn(f)− f‖∞ ≤ ε

gilt fur jedes ε > 0 ⇒ limn→∞

‖Tn(f)− f‖∞ = 0

|Sn(f)(x)− f(x)| ≤

≤ 1

δˆ

−δ

|f(x+ y)− f(x)| · |Dn(y)|dy +

−δˆ

−π

2M · |Dn(y)|dy +

π

δ

2M · |Dn(y)|dy

π

−π

|Dn(y)|dy =

π

−π

∣∣∣∣∣ sin((n+ 1

2

)y)

sin(y2

) ∣∣∣∣∣ dy ≥

≥ 2 ·

2π2π+1ˆ

0

2∣∣sin ((n+ 1

2

)y)∣∣

ydy +

∑k=1

2 · 2

2π(k+1)2n+1ˆ2πk2n+

∣∣sin ((n+ 12

)y)∣∣

ydy

∣∣∣∣sin((n+1

2

)y

)∣∣∣∣ ≥0 ≤ y ≤ 2π

2n+ 1

400

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sin(x) ≥ 1

πx(π − x)

0 ≤ x ≤ π2π

2n+1ˆ

0

2∣∣sin ((n+ 1

2

)y)∣∣

ydy ≥ 2

π

2π2n+1ˆ

0

2 ·(n+ 1

2

)y(π −

(n+ 1

2

)y)

ydy =

=2

π(2n+ 1)

2π2n+1ˆ

0

(π −

(n+

1

2

)y

)dy

︸ ︷︷ ︸=π

2 ·2π

2n+1

= 2π

2π(k+1)2n+1ˆ2πk2n+1

∣∣sin ((n+ 12

)y)∣∣

ydy ≥ 2n+ 1

2π(k + 1)

2π(k+1)2n+1ˆ2πk2n+1

∣∣∣∣sin((n+1

2

)y

)∣∣∣∣ dy =4

2π(k + 1)

π

−π

|Dn(y)|dy ≥ 2π +2

π

n∑k=1

1

k + 1

Daher kann man den Beweis des Satzes 19.1 fur den Dirichlet-Kern nicht ver-wenden...

Satz 19.2. Sei f : R→ R eine 2π-periodische Regelfunktion, dann gilt fur alle x ∈ R:

limn→∞

(Tn(f)(x))

=f(x+) + f(x−)

2

f(x+) = limt→x+

(f(t)

), f(x−) = lim

t→x−

(f(t)

)

401

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Beweis. ∣∣∣∣Tn(f)(x)− f(x+) + f(x−)

2

∣∣∣∣ =

=

∣∣∣∣∣∣ 1

π

−π

(f(x+ y)− f(x+) + f(x−)

2

)Fn(y)dy

∣∣∣∣∣∣ ≤≤ 1

−π

|f(x+ y)− f(x−)|Fn(y)dy +1

π

0

|f(x+ y)− f(x+)|Fn(y)dy ≤

f ist Regelfunktion: ε > 0, ∃δ > 0 : |y| < δ, |f(x)| ≤M

|f(x+ y)− f(x+)| < ε fur y > 0

|f(x+ y)− f(x−)| < ε fur y < 0

≤ 1

−δ

εFn(y)dy +1

δˆ

0

εFn(y)dy +1

π

δ

Fn(y)dy +1

2π2M

−δˆ

−π

Fn(y)dy ≤

≤ 1

−π

εFn(y)dy +1

π

0

εFn(y)dy +1

π

δ

Fn(y)dy +1

2π2M

−δˆ

−π

Fn(y)dy

≤ ε+2M

π

π

δ

π2

ny2dy ≤ ε+

2M

π

δ

π2

ny2dy ≤ ε+

2πM

n→∞⇒ limn→∞

(Tn(f)(x))

=f(x+) + f(x−)

2

Bemerkung 255. Sei f : R→ R eine 2π-periodische Regelfunktion. Wenn(Sn(f)(x))n∈N

konvergiert, dann gilt:

limn→∞

(Sn(f)(x))

=f(x+) + f(x−)

2

Beweis. Wenn(Sn(f)(x))n∈N konvergiert, dann gilt (nach Ubung Analysis 1)

limn→∞

(Tn(f)(x))

= limn→∞

(Sn(f)(x))

und daher limn→∞

(Sn(f)(x))

=f(x+) + f(x−)

2

402

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Beispiel 124.

f(x) = cos(ax) fur − π ≤ x ≤ πf(x+ 2π) = f(x) a ∈ R \ Z

a0 =1

π

π

−π

cos(ax) dx =1

π

sin(ax)

a

∣∣∣∣π−π

=2 sin(aπ)

an =1

π

π

−π

cos(ax) · cos(nx)︸ ︷︷ ︸= 1

2

(cos(

(n+a)x)

+cos(

(n−a)x))dx =

1

[sin((n+ a)x

)n+ a

+sin((n− a)x

)n− a

]π−π

=

=2

((−1) sin(aπ)

n+ a− (−1)n sin(aπ)

n− a

)=

(−1)n−1

πsin(aπ) · 2a

n2 − a2

bn =1

π

π

−π

cos(ax) · sin(nx)︸ ︷︷ ︸ungerade

dy = 0

sin(aπ)

aπ+

∞∑n01

(−1)n−1

πsin(aπ)

2a

n2 − a2cos(nx) konvergiert gleichmaßig in x

Nach der Bemerkung gilt daher cos(ax) =sin(aπ)

aπ+

∞∑n=1

(−1)n−1

πsin(aπ)

2a

n2 − a2cos(nx)

x = 0 :1

sin(aπ)=

1

aπ+

∞∑n=1

(−1)n−1

π· 2a

n2 − a2

π

sin(aπ)=

1

a+

∞∑n=1

(−1)n−1 2a

n2 − a2Partialbruchzerlegung von

π

sin(aπ)

x = π : cos(aπ) =sin(aπ)

aπ+

∞∑n=1

(−1)n−1

πsin(aπ)

2a

n2 − a2(−1)n

π cot(aπ) =1

a−∞∑n=1

2a

n2 − a2Partialbruchzerlegung des cot

−π π

403

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19.1 Dirichtletsche Konvergenztheorie der Fourier-Reihen

Lemma 23. Lemma von Riemann-LebesgueSei f : [a, b]→ R eine Regelfunktion. Dann gilt:

limt→±∞

a

f(x)eitx dx

= 0 (19.13)

a b

Beweis. Plan:

1. f Indikatorfunktion eines Intervalls

2. f Treppenfunktion (= Linearkombination von 1.)

3. Approximation von Regelfunktionen durch Treppenfunktionen

1.

f = 1

β

α

eitx =eitx

it

∣∣∣∣βx=a

=

beschrankt︷ ︸︸ ︷eitβ − eitα

it−→t→±∞

0

2. Sei f eine Treppenfunktion, also endliche Linearkombination von Indika-torfunktionen. Dann folgt aus 1. die Aussage (1) fur f

404

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3. Sei f eine Regelfunktion und ε > 0. Dann gibt es eine Treppenfunktion ϕ,sodass:

‖f − ϕ‖[a,b] <ε

2(b− a)∣∣∣∣∣∣bˆ

a

f(x)eitx dx

∣∣∣∣∣∣ =

∣∣∣∣∣∣bˆ

a

(f(x)− ϕ(x)

)eitx dx +

a

ϕ(x)eitx dx

∣∣∣∣∣∣ ≤≤

a

|f(x)− ϕ(x)|︸ ︷︷ ︸< ε

2(b−a)

dx +

∣∣∣∣∣∣bˆ

a

ϕ(x)eitx dx

∣∣∣∣∣∣ < ε

2+

∣∣∣∣∣∣bˆ

a

ϕ(x)eitx dx

∣∣∣∣∣∣Nach 2. gibt es ein T, sodass fur alle t ∈ R mit |t| ≥ T :∣∣∣∣∣∣

a

ϕ(x)eitx dx

∣∣∣∣∣∣ < ε

2

Dann gilt fur |t| ≥ T :∣∣∣∣∣∣bˆ

a

f(x)eitx dx

∣∣∣∣∣∣ < ε

2+ε

2= ε

Lemma 24. Fassung fur das Riemann-IntegralSei f : [a, b]→ R Riemann-integrierbar, dann gilt:

limt→±∞

a

f(x)eitx dx

= 0

Beweis. 1. und 2. analog wie oben.

3. Wenn f Riemann-integrierbar ist, dann gilt ∀ε > 0, ∃ϕ Treppenfunktion:

a

|f(x)− ϕ(x)|dx < ε

Sei ε > 0, dann gibt es ϕ Treppenfunktion

a

|f(x)− ϕ(x)|dx <ε

2∣∣∣∣∣∣bˆ

a

f(x)eitx dx

∣∣∣∣∣∣ ≤bˆ

a

|f(x)− ϕ(x)|︸ ︷︷ ︸< ε

2

dx +

∣∣∣∣∣∣bˆ

a

ϕ(x)eitx dx

∣∣∣∣∣∣weiter wie oben

405

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Definition 19.1. Sei f : [a, b] → R eine Regelfunktion. f heißt in x0 ∈ (a, b) verallgemeinertdifferenzierbar, wenn:

limx→x0−

(f(x)− f(x0−)

x− x0

)und lim

x→x0+

(f(x)− f(x0+)

x− x0

)existieren.

Satz 19.3. Satz von DirichtletSei f : R→ R eine 2π-periodische Regelfunktion. Wenn f in x0 ∈ R verallgemeinert differenzier-bar ist, dann gilt:

limn→∞

(Sn(f)(x0)

)=f(x0+) + f(x0−)

2=a0

2+

∞∑n=1

(an cos(nx0) + bn sin(nx0)

)

Beweis.

Sn(f)(x0)− f(x0+) + f(x0−)

2=

1

π

−π

f(x0 + y)Dn(y)dy − f(x0+) + f(x0−)

2=

=1

−π

(f(x0 − y)− f(x0−)

)Dn(y)dy +

1

π

0

(f(x0 + y)− f(x0+)

)Dn(y)dy =

=1

−π

(f(x0 + y)− f(x0−)

) sin((n+ 1

2

)y)

sin(y2

) dy =

=1

−π

f(x0 + y)− f(x0−)

y︸ ︷︷ ︸Regelfunktion auf[−π,0]

· y

sin(y2

)︸ ︷︷ ︸stetig auf

[−π,0]

sin

((n+

1

2

)y

)dy

fur n→∞ konvergiert dieses Integral nach dem Lemma von Riemann-Lebesguegegen 0. Ebenso gilt:

limn→∞

1

a

(f(x0 + y)− f(x0+)

)Dn(y)dy

= 0

Beispiel 125. f(x) = x fur −π < x < π

406

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bn =1

π

π

−π

x sin(nx) dx =1

π

(− x · cos(nx)

n

∣∣∣∣∣π

−π

+

π

−π

cos(nx)

ndx

︸ ︷︷ ︸=0

)=

=1

π

(−πn

(−1)n − π

n(−1)n

)bn =

2

n(−1)n−1

2

∞∑n=1

(−1)n−1

nsin(nx) =

x fur −π < x < π

0 fur x = −π0 fur x = π

g(x) =

∞∑n=1

sin(nx)

n=

12 (π − x) 0 < x < 2π

0 x = 0

0 x = 2π

Sn(g)(x) =

n∑k=1

sin(kx)

k

407

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S′n(g)(x) =

n∑k=1

cos(kx)

Dn(x) = 1 + 2

n∑k=1

cos(kx)

S′n(g)(x) =

1

2

sin((n+ 1

2

)x)

sin(x2

) − 1

2= 2 sin

(α− β

2

)· cos

(α+ β

2

)=

=sin((n+ 1

2

)x)− sin

(x2

)2 sin

(x2

) =�2 sin

(nx2

)cos(n+1

2 x)

�2 sin(x2

)sin(nx2

)= 0 nx

2 = kπ x = 2kπn k = 1, 2, ..., n− 1

cos(n+1

2 x)

= 0 n+12 x = (2k+1)π

2 x = (2k+1)πn+1 k = 0, 1, ..., n

408

Page 416: Analysis - IG Mathe · ximation, zun achst f ur Funktionen auf Gebieten in einem Rnund dann koordina- ... 7 Konvexe Funktionen 185 7.1 Eine stetige nirgends di erenzierbare Funktion

Sn(g)( π

n+ 1

)=

n∑k=1

1

ksin

(kπ

n+ 1

)=

n+1∑k=1

n+ 1

kπsin

(kπ

n+ 1

n+ 1

ψ(x) =sin(x)

xx0, x1, ..., xn+1

xk =kπ

n+ 1

xk+1 − xk =π

n+ 1

ψ ist stetig auf R

R

(ψ,

{0,

π

n+ 1,

n+ 1, ...,

n+ 1

n+ 1π

},

n+ 1, ...,

n+ 1

n+ 1π

})

−→n→∞

π

0

sin(x)

xdx ≈ π

2· 1, 08...

GIBBSsches Phanomen

409

Page 417: Analysis - IG Mathe · ximation, zun achst f ur Funktionen auf Gebieten in einem Rnund dann koordina- ... 7 Konvexe Funktionen 185 7.1 Eine stetige nirgends di erenzierbare Funktion

19.2 Besselsche Theorie der Fourier-Reihen

f : [−π, π] → R Riemann-integrierbar. Suche Approximationen an f durchtrigonometrische Polynome:

a0

2+

n∑k=1

(ak cos(kx) + bk sin(kx)

)= Bn

π

−π

(f(x)−

(a0

2+

n∑k=1

(ak cos(kx) + bk sin(kx)

)))2

dx!= min

π

−π

(f(x)2 − 2f(x)Bn(x) +Bn(x)2

)dx =

=

π

−π

f(x)2 dx−2

a0

2

π

−π

f(x) dx +

n∑k=1

ak π

−π

f(x) cos(kx) dx +bk

π

−π

f(x) sin(kx) dx

+

+

π

−π

Bn(x)2 dx

π

−π

Bn(x)2 dx =a2

0

�42�2π +

n∑k=1

a2k

π

−π

cos(kx)2 dx +b2k

π

−π

sin(kx)2 dx

+

+2a0

2

n∑k=1

ak π

−π

cos(kx) dx︸ ︷︷ ︸=0

+bk

π

−π

sin(kx) dx︸ ︷︷ ︸=0

+

+2∑k,l=1k<l

(akal

π

−π

cos(kx) cos(lx) dx

︸ ︷︷ ︸=0

+akbl

π

−π

cos(kx) sin(lx) dx

︸ ︷︷ ︸=0

+

+albk

π

−π

cos(lx) sin(kx) dx

︸ ︷︷ ︸=0

+bkbl

π

−π

sin(kx) sin(lx) dx

︸ ︷︷ ︸=0

)

=

π

−π

f(x)2 dx +2π

a0

2− 1

π

−π

f(x) dx

2

− 1

( π

−π

f(x) dx

︸ ︷︷ ︸πa0

)2

+

x

n∑k=1

π

ak − 1

π

π

−π

f(x) cos(kx) dx

2

+

bk − 1

π

π

−π

f(x) sin(kx) dx

2−

−n∑k=1

1

π

π

−π

f(x) cos(kx) dx

2

+

π

−π

f(x) sin(kx) dx

2

410

Page 418: Analysis - IG Mathe · ximation, zun achst f ur Funktionen auf Gebieten in einem Rnund dann koordina- ... 7 Konvexe Funktionen 185 7.1 Eine stetige nirgends di erenzierbare Funktion

Dieser Ausdruck nimmt sein Minimum an, genau fur:

ak =1

π

π

−π

f(x) cos(kx) dx, k = 0, ..., n

bk =1

π

π

−π

f(x) sin(kx) dx, k = 1, ..., n

das heißt.: Bn = Sn(f)

erteilt dem Integral ein Minimumπ

−π

(f(x)− Sn

(f)(x))2

dx =

π

−π

f(x)2 dx−π

(a2

0

2+

n∑k=1

(a2k + b2k)

−π

f(x)2 dx =

π

−π

(f(x)− Sn

(f)(x))2

dx +π

(a2

0

2+

n∑k=1

(a2k + b2k)

)Man lese daraus ab:

a20

2+

∞∑k=1

(a2k + b2k) ≤ 1

π

π

−π

f(x)2 dx (Bessel-Ungleichung)

das heißt: die Summe konvergiert

Bisher wusste man aus dem Lemma von Riemann-Lebesgue nur, dass:

limk→∞

(ak) = limk→∞

(bk) = 0

Sei f fast uberall differenzierbar (das heißt: f ist Stammfunktion einer Regel-funktion).

n ≥ 1 : an =1

π

π

−π

f(x) cos(nx) dx =1

πf(x) · sin(nx)

n

∣∣∣∣∣π

−π︸ ︷︷ ︸=0

− 1

π

π

−π

f ′(x)sin(nx)

ndx

an = − 1

nb′n

a′n =1

π

π

−π

f ′(x) cos(nx) dx

b′n =1

π

π

−π

f ′(x) sin(nx) dx

bn =1

π

π

−π

f(x) sin(nx) dx =

=1

πf(x)

(−cos(nx)

n

) ∣∣∣∣∣π

−π

+1

π

π

−π

f ′(x)cos(nx)

ndx

411

Page 419: Analysis - IG Mathe · ximation, zun achst f ur Funktionen auf Gebieten in einem Rnund dann koordina- ... 7 Konvexe Funktionen 185 7.1 Eine stetige nirgends di erenzierbare Funktion

Aus der (Bessel-Ungleichung) folgt:

∞∑n=1

((a′n)2 + (b′n)2

)≤ 1

π

π

−π

(f ′(x)

)2dx

∞∑n=1

((a′n)2 + (b′n)2

)=

∞∑n=1

n2(a2n + b2n) konvergiert

a0

2+

∞∑n01

(an cos(nx) + bn sin(nx)

)konvergiert sicher, wenn:

∞∑n=1

(|an|+ |bn|) konvergiert

( ∞∑n=1

|anbn

|

)2

=

( ∞∑n=1

1

n· n · |an

bn

|

)2 Cauchy-Schwarz≤

∞∑n=1

1

n2︸ ︷︷ ︸π2

6

·∞∑n=1

n2anbn

<∞

Satz 19.4. Sei f : R → R, 2π-periodisch und fast uberall differenzierbar, dann konvergiert dieFourier-Reihe von f absolut und gleichmaßig gegen f .

Bemerkung 256.

ck =1

2πˆ

0

f(x)e−ikx dx

k ≥ 0 : ck =1

2

(ak − ibk

), c−k =

1

2

(ak + ibk

)

Sn(f)

=

n∑k=−n

ckeikx

2πˆ

0

2

|Sn(f)(x)|︸ ︷︷ ︸

Sn

(f)·Sn(f) dx =

2πˆ

0

n∑k=−n

n∑l=−n

ckeikxcle

ilx dx =

=

n∑k=−n

n∑l=−n

ckcl ·2πˆ

0

ei(k−l)x dx = 2π

n∑l=−n

|cl|2

2πˆ

0

|f(x)− Sn(f)|2 dx +2π

n∑k=−n

|ck|2 =

2πˆ

0

|f(x)|2 dx

412

Page 420: Analysis - IG Mathe · ximation, zun achst f ur Funktionen auf Gebieten in einem Rnund dann koordina- ... 7 Konvexe Funktionen 185 7.1 Eine stetige nirgends di erenzierbare Funktion

Aus dieser Gleichung folgt:

∞∑k=−∞

|ck|2 =

2πˆ

0

|f(x)|2 dx ⇐⇒ limn→∞

2πˆ

0

∣∣f(x)− Sn(f)(x)∣∣2 dx

= 0

Definition 19.2. Sei f Regelfunktion auf [a, b],. Dann setze man :

‖f‖2 =

a

|f(x)|2

12

L2-Norm

∥∥f − Sn(f)∥∥2

2+∥∥Sn(f)∥∥2

2= ‖f‖22 = 2π

n∑k=−n

|ck|2

Skalarprodukt: 〈f, g〉 =

a

f(x)g(x) dx

〈f, f〉 = ‖f‖22Dann gilt: |〈f, g〉|2 ≤ ‖f‖22 · ‖g‖22

Sei (fn)n∈N eine Folge von Regelfunktionen mit ‖f − fn‖2 → 0.zum Beispiel: fn → F gleichmaßig =⇒ ‖fn − f‖ → 0

Beispiel 126. n = 2k + n′ mit n′ < 2k. Setze fn(x) = 1[ n′2k,n′+1

2k

](x)

‖f‖22 =

0

(1[ n′

2k,n′+1

2k

](x)

)2

dx =1

2k<

2

n→ 0

2k+1 > n ≥ 2k

das heißt fn → 0 im Sinne der L2-Norm fur kein x ∈ [0, 1) gilt fn(x)→ 0

413

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Dieses Beispiel zeigt, dass Konvergenz im Sinne der L2-Norm nicht die punktweise Kon-vergenz impliziert.

f 7→ Sn(f)∈ L

({einx, ..., einx

})ist die orthogonale Projektion vom Raum der Regelfunktionen auf L

({e−inx, ..., einx

})

Satz 19.5. Sei f : R→ C eine 2π-periodische Regelfunktion. Dann gilt:

∞∑k=−∞

|ck|2 =

2πˆ

0

|f(x)|2 dx Parsevalsche Gleichung

Beweis. Sei f zuerst stetig auf R und 2π-periodisch. Dann weiß man:

Tn(f)→ f gleichmaßig auf R.

Es genugt nachzuweisen, dass ‖f − Sn(f)‖2 ≤ ‖f − Tn

(f)‖2 ≤ 2π‖f − Tn

(f)‖∞

n→∞−→ 0

Nach der Uberlegung oben gilt daher: limn→∞

(‖Sn

(f)‖22)

︸ ︷︷ ︸=2π

∞∑k=−∞

|ck|2

= ‖f(x)‖22

Bemerkung 257. Sei f 2π-periodische Regelfunktion. Dann gibt es fur jedes ε > 0 einestetige Funktion fε, sodass ‖f − fε‖2 < ε

414

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‖f − Sn(f)‖2 ≤ ‖f − fε‖2 + ‖fε − Sn

(fε)‖2 + ‖Sn

(f)− Sn

(fε)︸ ︷︷ ︸

Sn

(f−fε

) ‖2

︸ ︷︷ ︸≤‖f−fε‖2

lim supn→∞

(‖f − Sn

(f)‖2)≤ 2ε

⇒ limn→∞

(‖f − Sn

(f)‖2)

= 0

Satz 19.6. Satz von Carleson (1966)Fur jede Funktion f mit ‖f‖2 <∞ gilt Sn

(f)(x)→ f(x) fast uberall im Sinne von Lebesque.

Bemerkung 258. Bemerkung zur Parsevalschen Gleichungf , g seien Regelfunktionen

f(n) =1

2πˆ

0

f(x)e−inx dx

g(n) =1

2πˆ

0

g(x)e−inx dx

Dann gilt: 〈f, g〉 = 2π

∞∑n=−∞

f(n)g(n)

Beweis.

zw =1

4

(|z + w|2︸ ︷︷ ︸

(z+w)(z+w)

− |z − w|2︸ ︷︷ ︸(z−w)(z−w)

+ i|z + iw|2︸ ︷︷ ︸(z+iw)(z−iw)

− i|z − iw|2︸ ︷︷ ︸(z−iw)(z+iw)

)=

=1

4

(��zz + zw +��zw +��ww −��zz + zw +��zw −��ww +��izz + zw −��zw +���iww −��izz + zw −��zw −���iww

)〈f, g〉 =

1

4

(‖f − g‖22 − ‖f − g‖22 + i‖f + ig‖22 − i‖f − ig‖22

)2‖f‖22 + 2‖g‖22 = ‖f + g‖22 + ‖f − g‖22

Beispiel 127. Das isoperimetrische ProblemGegeben sei eine rektifizierbar geschlossene Kurve γ : [0, 2π]→ C. Was ist die großtmogliche

415

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Flache, die von γ umschlossen wird?

|γ(t)| = 1 ! Bogenlangenparametrisierung

⇒ Bogenlange = 2π

2πˆ

0

|γ(t)|dt =

2πˆ

0

|γ(t)|2dt

F =1

2=

2πˆ

0

γ(t)γ(t)dt

γ = x+ iy

γ · γ = (x− iy)(x+ iy) = xx+ yy + i( xy − xy︸ ︷︷ ︸Leibnizsche-Sektorformel

)

γ(t) =

∞∑n=−∞

γ(n)eint

2π =

2πˆ

0

|γ(t)|2dt = 2π

∞∑n=−∞

n2|γ(n)|2

γ(t) =

∞∑n=−∞

inγ(n)eint

∞∑n=−∞

n2|γ(n)|2 = 1

2πˆ

0

γ(t) cot γ(t)dt = 2π

∞∑n=−∞

γ(n) · inγ(n)

F = π

∞∑n=−∞

n|γ(n)|2

Angenommen F > 0

π − F = π

( ∞∑n=−∞

n2|γ(n)|2 −∞∑

n=−∞n|γ(n)|2

)=

= π

∞∑n=−∞

(n2 − n︸ ︷︷ ︸≥0

)|γ(n)︸︷︷︸>0

|2 ≥ 0

416

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”=” γ(n) = n fur n 6= 0, γ(0), γ(1)

”beliebig”.

γ(0) beliebig

γ(t) = γ(0) + γ(1) · eit

|γ| = |γ(1) · eit| = 1⇒ |γ(1)| = 1

das heißt: F = π genau dann, wenn γ der Einheitskreis ist.

19.3 Die Poissonsche Summenformel

f : R→ C erfulle geeignete Bedingungen.

ϕ(x) =

∞∑n=−∞

f(x+ 2nπ)

ϕ(x) ist 2π-periodisch, wenn die Reihe absolut konvergiert.Zum Beispiel: |f(x)| ≤ c

|x|1+ε fur ε > 0 und x 6= 0.

ϕ(k) =1

2πˆ

0

∞∑n=−∞

f(x+ 2nπ) · e−ikx dx =

=

∞∑n=−∞

1

2πˆ

0

f(x+ 2nπ) · e−ik(x+2nπ) dx =

=

∞∑n=−∞

1

2(n+1)πˆ

2nπ

f(x)e−ikx dx =

=1

−∞

f(x)e−ikx dx

Definition 19.3.

f(t) =1√2π

−∞

f(x)e−itx dx

heißt die Fourier-Transformation von f . Existiert fur f mit

−∞

|f(x)|dx <∞

Ebenso wie beim Beweis des Lemmas von Riemann-Lebesgue zeigt man:

lim|t|→∞

(f(t)

)= 0

417

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Wenn |f(t)| ≤ c|t|1+η fur η > 0 gilt, konvergiert die Fourier-Reihe von ϕ:

ϕ(x) =

∞∑k=−∞

1√2π· f(k)eikx =

∞∑n=−∞

f(x+ 2nπ)

∞∑n=−∞

f(2nπ) =1√2π

∞∑k=−∞

f(k)

f(x) =1√2π

−∞

f(t)eitxdt ist die Umkehrtransformation

Satz 19.7. Poissonsche SummenformelSei f : R→ C so, dass es c, c′ > 0 und ε, η > 0 gibt mit

∀x ∈ R : |f(x)| ≤ c

|x|1+ε

∀t ∈ R.∣∣∣f(t)

∣∣∣ ≤ c′

|t|1+η

Seien T, T ∈ R+ mit T · T = 2π. Dann gilt

√T

∞∑n=−∞

f(nT ) =√T

∞∑n=−∞

f(nT )

Beweis.

ϕ(x) =

∞∑n=−∞

f

(T

2π(x+ 2nπ)

)... 2π-periodisch, Reihe konvergiert gleichmaßig

ϕ(k) =1

2πˆ

0

ϕ(x)e−ikx dx =

∞∑n=−∞

1

2πˆ

0

f

(T

2π(x+ 2nπ)

)· e−ik(x+2nπ) dx =

=1

−∞

f

(Tx

)· e−ikx dx =

1

��2π

−∞

f(y) · e−i2πykT dy

��2π

T[Tx

2π= y, x =

2πy

T

]

=

√2π

T· f(

2πk

T

)=

√T T

Tf

(2πk

T

)=

√T

Tf

(2kπ

T

)

ϕ(x) =

∞∑k=−∞

√T

Tf

(2kπ

T

)eikx konvergiert absolut und gleichmaßig

⇒ ϕ : R→ C ist stetig

x = 0 :√T

∞∑n=−∞

f(nT ) =√T

∞∑n=−∞

f(nT )

418

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Beispiel 128.

f(x) = e−|x|

f(t) =1√2π

−∞

e−|x|e−ixt dx =1

−∞

ex(1−it) dx +

0

ex(−1−it) dx

=

=1√2π

ex(1−it)

1− it

∣∣∣∣∣0

x=−∞

+ex(−1−it)

−1− it

∣∣∣∣∣∞

x=0

=

1√2π

(1

1− it+

1

1 + it

)=

2√2π(1 + t2)

erfullt die Bedingung

√T

∞∑n=−∞

e−|n|·T =√T

∞∑k=−∞

2√

2π(1 + k2T 2)

∞∑n=−∞

e−|n|·T = 1 + 2

∞∑n=1

e−nT︸ ︷︷ ︸e−T

1−e−T

=1 + e−T

1− e−T=

=eT2 + e−

T2

eT2

− e−T2 = coth

(T

2

)T =

T,

T

T=

T 2

coth

(T

2

)=

√T

T

1√2π·∞∑

k=−∞

2

1 4k2π2

T 2

=1

T·∞∑

k=−∞

2T 2

T 2 + 4k2π2=

=

∞∑k=−∞

2T

T 2 + 4k2π2

Partialbruchzerlegung des coth.

419

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Beispiel 129.

f(x) = e−x2

2

f(t) =1√2π

−∞

e−x2

2 e−ixt dx = e−t2

2

ϑ(t) =

∞∑k=−∞

e−n2πt =

∞∑n=−∞

f(n√

2πt)

[x2

2= n2πt

]T =

√2πt, T =

√2π

t,

T

T= t

√T

∞∑n=−∞

e−n2πt =

√T

∞∑k=−∞

e−k2πt

√tϑ(t) = ϑ

(1

t

)... ϑ-Funktion

τ ∈ H ={x+ iy

∣∣ y > 0}

∞∑n=−∞

ein2πτ = ϑ(τ)

√iτ ϑ(τ) = ϑ

(−1

τ

)

Bemerkung 259. Es gibt stetige Funktionen, deren Fourier-Reihe auf einer dichten Teil-menge des Definitionsbereichs divergiert. Diese Funktionen oszillieren stark. Die Takagi-Funktion ist zu brav.

420

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20 Parameterintegrale

Situation f : U × [a, b] → C, U ⊆ X metrischer Raum. Dann ist ein Para-meterintegral:

F (x) =

a

f(x, t)dt

Suche Bedingungen unter denen F (x) stetig, beziehungsweise differenzierbarist.

Beispiel 130. Erinnerung

Γ(s) =

0

e−tts−1ds mit <(s) > 0

Satz 20.1. Sei f : U × [a, b]→ C stetig auf U × [a, b], dann ist:

F (x) =

a

f(x, t)dt

stetig auf U .

Beweis.

|F (x)− F (x0)| =

∣∣∣∣∣∣bˆ

a

(f(x, t)− f(x0, t)

)dt

∣∣∣∣∣∣Wahle x0 ∈ K ⊆ U , mit K kompakt, dann ist f auf K×[a, b] gleichmaßig stetig.

∀ε > 0, ∃δ > 0, ∀x ∈ K, ∀t ∈ [a, b] : d(x, x0) < δ ⇒ |f(x, t)− f(x0, t)| <ε

b− a

d(x, x0) < δ ⇒ |F (x)− F (x0)| ≤bˆ

a

|f(x, t)− f(x0, t)|dt <ε

b− a· (b− a) = ε

Korollar 20.1.1. Sei U ⊆ R ein Intervall U = [c, d], dann ist ein iteriertes Integral:

c

F (x) dx =

c

a

f(x, t)dt

dx

421

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Satz 20.2. Sei U ⊆ Rn offen und f : U × [a, b]→ C habe die folgenden Eigenschaften:

(i) ∀x ∈ U ist t 7→ f(x, t) stetig

(ii) ∀t ∈ [a, b] ist f(x, t) nach xk (k ∈ N) differenzierbar

(iii) (x, t) 7→ ∂f∂xk

(x, t) ist stetig auf U × [a, b]

Dann ist F (x) =b

a

f(x, t)dt auf U nach xk stetig differenzierbar und es gilt:

∂F

∂xk=

a

∂f

∂xk(x, t)dt

Bemerkung 260. Wenn die Bedingungen fur alle k = 1, ..., n erfullt sind, dann ist fdifferenzierbar auf U . (Satz 16.5)

Beweis. Es genugt den Satz fur n = 1 und f : U × [a, b] → R zu zeigen.Betrachte:

F (x)− F (x0)

x− x0−

a

∂f

∂x(x0, t)dt =

a

(f(x, t)− f(x0, t)

x− x0− ∂f

∂x(x0, t)

)dt

(20.14)

Nach (ii) kann man auf x 7→ f(x, t) fur jedes feste t den Mittelwertsatz derDifferentialrechnung anwenden:

∃ξ(t) ∈

{(x0, x)

(x, x0)

f(x, t)− f(x0, t)

x− x0=∂f

∂x(ξ(t), t)

(20.14) =

a

(∂f

∂x(ξ(t), t)− ∂f

∂x(x0, t)

)dt

Sei x0 ∈ K ⊆ U kompakt, dann ist wegen (iii) (x, t) 7→ ∂f∂x (x, t) gleichmaßig

stetig.

∀ε > 0, ∃δ > 0, ∀x ∈ K : |x− x0| < δ ⇒∣∣∣∣∂f∂x (x, t)− ∂f

∂x(x0, t)

∣∣∣∣ < ε

b− a

Damit gilt fur |x− x0| < δ∣∣∣∣∣∣F (x)− F (x0)

x− x0−

a

∂f

∂x(x0, t)dt

∣∣∣∣∣∣ ≤bˆ

a

∣∣∣∣∂f∂x (ξ(t), t)− ∂f

∂x(x0.t)

∣∣∣∣︸ ︷︷ ︸< εb−a

dt <ε

b− a· (b− a) = ε

422

Page 430: Analysis - IG Mathe · ximation, zun achst f ur Funktionen auf Gebieten in einem Rnund dann koordina- ... 7 Konvexe Funktionen 185 7.1 Eine stetige nirgends di erenzierbare Funktion

Das heißt:

limx→x0

(F (x)− f(x0)

x− x0

)=

a

∂f

∂x(x0, t)dt

x 7→bˆ

a

∂f

∂x(x, t)dt ist nach Satz 20.1 stetig.

Satz 20.3. f : [a, b]× [c, d]→ C stetig, dann gilt:

a

c

f(x, y)dy

dx =

c

a

f(x, y) dx

dy

Beweis.

φ1(η) =

a

ηˆ

c

f(x, y)dy

dx

φ2(η) =

ηˆ

c

a

f(x, y) dx

dy

φ′2(η) =

a

f(x, y) dx nach dem Hauptsatz

φ1 erfullt die Bedingung von Satz 20.2

φ′1(η) =

a

f(x, η) dx

φ1(c) = φ2(c) = 0⇒ φ1(η) = φ2(η) fur η ∈ [c, d]

Bemerkung 261. Der Satz gilt durch Induktion fur n-fach iterierte Integrale.

Beispiel 131.

Jn(t) =1

π

π

0

cos(t sin(x)− nt) dx

Bessel-Funktion

423

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Beispiele wie Γ(s) werden von den bisherigen Fallen nicht abgedeckt.

Satz 20.4. Sei f : U × [a, b) → C stetig. Weiters gelte fur alle x ∈ U und alle t ∈ [a, b),

|f(x, t)| ≤ g(t) fur eine Funktion g : [a, b)→ R+, fur dieb

a

g(t)dt <∞ gilt, dann ist

F (x) =

a

f(x, t)dt

stetig.

Beweis.

|F (x)− F (x0)| =

∣∣∣∣∣∣bˆ

a

(f(x, t)− f(x0, t)

)dt

∣∣∣∣∣∣ (20.15)

∀ε > 0, ∃a < B < b : ∀β > B :

β

g(t)dt <ε

4

f : K × [a,B], x0 ∈ K ⊆ U kompakt

f ist auf K × [a,B] gleichmaßg stetig

∃δ > 0, ∀x ∈ K : d(x, x0) < δ ⇒ |f(x, t)− f(x0, t)| <ε

2(B − a)

(20.15) ≤B

a

|f(x, t)− f(x0, t)|dt+

B

2g(t)dt < ε

Satz 20.5. Sei f : U × [a, b]→ C, U ⊆ Rn offen und gelte:

(i) ∀x ∈ U ist t 7→ f(x, t) stetig

(ii) ∀t ∈ [a, b] ist f(x, t) nach xk (k ∈ N) differenzierbar

(iii) (x, t) 7→ ∂f∂xk

(x, t) ist stetig auf U × [a, b]

(iv) Es gibt g : [a, b)→ R+, sodass ∀x ∈ U , ∀t ∈ [a, b): |f(x, t)| ≤ g(t) undb

a

g(t)dt <∞.

(v) Es gibt h : [a, b)→ R+, sodass ∀x ∈ U , ∀t ∈ [a, b) :∣∣∣ ∂f∂xk (x, t)

∣∣∣ ≤ h(t) undb

a

h(t)dt <∞.

424

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Dann ist F (x) =b

a

f(x, t)dt auf U nach xk stetig differenzierbar und es gilt ∂F∂xk

=b

a

∂f∂xk

(x, t)dt.

Beweis. Es genugt den Satz fur U ⊆ R und f reellwertig zu zeigen.∣∣∣∣∣∣F (x)− F (x0)

x− x0−

a

∂f

∂x(x0, t)dt

∣∣∣∣∣∣ =

∣∣∣∣∣∣bˆ

a

(f(x, t)− f(x0, t)

x− x0− ∂f

∂x(x0, t)

)dt

∣∣∣∣∣∣ ≤Sei ε > 0, dann gibt es ein a < B < b, sodass fur alle β ∈ (B, b) :

β

g(t)dt <ε

8

β

h(t)dt <ε

4

∣∣∣∣∣∣B

a

(f(x, t)− f(x0, t)

x− x0− ∂f

∂x(x0, t)

)dt

∣∣∣∣∣∣+

∣∣∣∣∣∣bˆ

B

(∂f

∂x(ξ(t), t)− ∂f

∂x(x0, t)dt

)∣∣∣∣∣∣︸ ︷︷ ︸≤b

B

2h(t)dt< ε2

Nach Satz 20.2 ist das erste Integral < ε2 fur |x− x0| < δ, dann ist F differen-

zierbar mit der behaupteten Ableitung.

425

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Beispiel 132.

Γ(s) =

0

e−tts−1ds mit <(s) > 0

0 < δ ≤ s ≤M

e−tts−1 ≤ g(t) =

{e−ttδ−1 0 < t ≤ 1

e−ttM−1 t > 1

0

g(t)dt <∞

∂se−tts−1 = e−t ln(t)ts−1∣∣∣∣ ∂∂se−tts−1

∣∣∣∣ ≤ h(t) =

{|ln(t)|tδ−1 0 < t ≤ 1

ln(t) · e−ttM−1 t > 1

0

h(t)dt <∞

⇒ Γ′(s) =

0

e−t ln(t)ts−1dt

Γ′(1) = −γ =

0

e−t ln(t)dt =

[t = eu

dt = eudu

]=

−∞

e−eu

ueudu =

−∞

ueu−eu

du

Beispiel 133.

f(t) =1√2π

−∞

e−x2

2 eixt dx

|e− x2

2 e−ixt| ≤ e− x2

2 = g(x)∣∣∣∣ ∂∂te− x22 e−ixt∣∣∣∣ = |x| · e− x

2

2 = h(x)

f ′(t) =1√2π

−∞

e−x2

2 (−ix)︸ ︷︷ ︸i ddx

(e−

x22

) e−ixtdx =

=1√2π

ie− x22 · e−ixt︸ ︷︷ ︸=0

∣∣∣∣∞x=−∞

− i∞

−∞

e−x2

2 (−it)e−ixt dx

=

426

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= − 1√2πt

−∞

e−x2

2 e−ixt dx = −tf(t)

f ′(t)

f(t)= −t→ ln(|f(t)|) = − t

2

2+ C

f(t) = f(0) · e− t2

2

o

e−tt−12 dt = Γ

(1

2

)=√π

f(0) =1√2π

−∞

e−t2

2 dt =1√2π·√

2π = 1

f(t) = e−t2

2(d

dx

)ne−

x2

2 = Hn(x) · e− x2

2

Grad(Hn) = n

Beispiel 134.

0

ln(1 + x)

1 + x2dx =? = f(1)

f(α) =

α

0

ln(1 + αx)

1 + x2dx

f ′(α) =

α

0

x

(1 + αx)(1 + x2)dx +

(1 + α2)

1 + α2=

=

α

0

(− α

α2 + 1· 1

1 + αx+

α+ x

(1 + α2)(1 + x2)

)dx +

ln(1 + α2)

1 + α2=

= − �α

α2 + 1· 1

�αln(1 + αx)

∣∣∣∣α0

1 + α2arctan(x)

∣∣∣∣α0

+1

2(1 + α2)ln(1 + x)

∣∣∣∣α0

+ln(1 + α2)

1 + α2=

=��

����

− ln(1 + α2)

1 + α2+

α

1 + α2arctan(α) +

1

2(1 + α2)ln(1 + α2) +

���

��ln(1 + α2)

1 + α2=

=2α arctan(α) + ln(1 + α2)

2(1 + α2)=

(1

2ln(1 + α2) · arctan(α)

)′f(α)? =

1

2ln(1 + α2) arctan(α) +�C

427

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da f(0) = 0

0

ln(1 + x)

1 + x2dx =

1

2ln(2)

π

4=π

8ln(2)

Knobelaufgabe

0

e−t∞∏n=1

(1− e−2nt

) dtt

=?

20.1 Ein wenig uber Variationsrechnung

Gegeben: F : [a, b] × U → R mit U ⊆ R2 offen und zusammenhangend und

F ∈ C2([a, b]× U

)φ[y] =

a

F(x, y(x), y′(x)

)dx fur Funktionen y : [a, b]→ R

und ∀x ∈ [a, b] :(y(x), y′(x)

)∈ U

Gesucht: y ∈ C2([a, b]

), sodass φ[y] = extremal

y(a) = y0, y(b) = y1

Angenommen y erteile φ[y] ein Extremum und y(a) = y0, y(b) = y1

φ[y + tv] =

a

F(x, y(x) + tv(x), y′(x) + tv′(x)

)dx

v ... Storfunktion

⇒ v(a) = v(b) = 0

Sei v fest, dann ist: J(t) = φ[y + vt] eine Funktion in einer Variablen, die furt = 0 ein Extremum hat.

J ′(0) =

a

(v(x) · ∂F

∂y(x, y(x), y′(x)

)+ v′(x)

∂F

∂y′(x, y(x), y′(x)

))dx =

=

a

v(x)∂F

∂ydx + v(x)

∂F

∂y′

∣∣∣∣ba︸ ︷︷ ︸

=0

−bˆ

a

v(x)d

dx

∂F

∂y′dx =

=

a

v(x)

(∂F

∂y− d

dx

∂F

∂y′

)dx

!= 0 (20.16)

Lemma 25. Fundamentallemma von Du Bois-ReymondSei f : [a, b] → R stetig und gelte fur alle v ∈ C2

([a, b]

)mit v(a) = v(b) = 0

b

a

v(x)f(x) dx = 0, dann gilt f(x) = 0 fur alle x ∈ [a, b].

428

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Beweis. Angenommen f(x0) 6= 0 fur x0 ∈ (a, b). Dann ∃δ > 0: ∀x ∈ (x0 −δ, x0 + δ) ⊆ (a, b) : f(x) · f(x0) > 0

v(x) =

(

1− (x−x0)2

δ

)3

fur |x− x0| < δ v ∈ C2([a, b]

)0 sonst v(a) = v(b) = 0

f(x0)

a

f(x)v(x) dx =

x0+δˆ

x0−δ

f(x0) · f(x) ·

(1−

(x− x0

δ

)2)3

dx ≥

≥ f(x0)2

2·x0+δˆ

x0−δ

f(x0) · f(x) ·

(1−

(x− x0

δ

)2)3

dx > 0

Wenn f(a) 6= 0, dann gibt es ein x0 > a mit f(x0) 6= 0 ebenso fur f(b) 6= 0

(20.14) −→ ∂F

∂y− d

dx

∂F

∂y′= 0

Euler-Lagrange-Gleichung

Differentialgleichung 2. Ordnung fur y. y(a) = y0 und y(b) = y1 Randwertauf-gabe

Satz 20.6. Sei f : [a, b] × U → R zweimal stetig differenzierbar. Sei y : [a, b] → R mit y ∈

C2([a, b]

)eine Funktion, die dem Funktional φ[y] =

b

a

F(x.y(x), y′(x)

)dx ein Extremum erteilt.

Dann gilt:

∂F

∂y− d

dx

∂F

∂y′= 0

Bemerkung 262.

∂F

∂y− ∂2F

∂x∂y′− y′ ∂

2F

∂y∂y′− y′′ ∂

2F

(∂y′)2= 0

429

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Bemerkung 263. Untersuche den Fall, dass F nicht explizit von x abhangt.

∂F

∂y− d

dy

∂F

∂y′= 0

∣∣∣∣ · y′y′∂F

∂y− y′ d

dy

∂F

∂y′= 0

ˆy′∂F

∂ydx−y′ · ∂F

∂y′+

ˆy′′︸ ︷︷ ︸

[Kettenregel]

=F−y′ ∂F∂y′=C

∂F

∂y′dx

Beispiel 135. BrachistochronenproblemGesucht y = y(x), sodass ein Massepunkt, der entlang der Kurve

(x, y(x)

)abrollt die

kurzeste Zeit braucht.

g

(x, y(x)

)

430

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��mv2

2=��m · g · y(x)

v =√

2g · y(x)

a

√1 + (y′)2

√y

dx = min

√1 + (y′)2

√y

− y′ �2y′

�2√

1 + (y′)2√y= C

1 +���(y′)2 −���(y′)2 = C

√y√

1 + (y′)2

√y√

1 + (y′)2 = D

r (rt, r)

(rt− r sin(t)︸ ︷︷ ︸

x(t)

, r − r cos(t)︸ ︷︷ ︸y(t)

)

t

rt

y′ =y

x=

dydtdxdt

= �r sin(t)

�r(1− cos(t)√r(1− cos(t)

)·√

1 +sin(t)(

1− cos(t))2 =

=√r√

1− cos(t)

√1− 2 cos(t) + cos(t)2 + sin(t)2

1− cos(t)=

=√r

√1− cos(t) ·

√2(1− cos(t)

)1− cos(t)

=√

2r konstant

431

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Beispiel 136.

a

y√

1 + (y′)2 dx

[Kurve, die von einer Rotationskurve die kleinste Oberflache erzeugt

]Unter der Nebenbedingung:

a

√1 + (y′)2 dx = konstant

Lagrange Multiplikatoren Methode

F = y√

1 + (y′)2 − λ√

1 + (y′)2

432

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Beispiel 137.

H = R× R+

ds2 =dx2 +dy2

y2

433

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21 Mehrdimensionale Integralrechnung

Will zuerst Funktionen f : [a, b]× [c, d]→ R integrieren.

¨

[a,b]×[c,d]

f(x, y) dx dy =?

ac b

d

Z2

Z1

Z1 = {a = x0 < x1 < ... < xm = b}Z2 = {c = y0 < y1 < ... < yn = d}

(Z1,Z2) bildet eine Zerlegung des Rechtecks [a, b]× [c, d] in Teilrechtecke

‖Z1‖ = max{xi+1 − xi, i = 0, ...,m− 1}‖Z2‖ = max{yj+1 − yi, j = 0, ..., n− 1}

R(f, (Z1,Z2), (ξij , ηij)ij

)=

m−1∑i=0

n−1∑j=0

f(ξij , ηij)(xi+1 − xi)(yj+1 − yj)

Riemannsche Zwischensumme zu der Zerlegung (Z1,Z2)

und den Stutzstellen (ξij , ηij)

Definition 21.1. f : [a, b]× [c, d]→ R heißt Riemann-integrierbar mit Integral A, wenn

∀ε > 0, ∃δ > 0∀Z1,Z2

∀(ξij , ηij): ‖(Z1,Z2)‖ < δ ⇒ |R(f, (Z1,Z2), (ξij , ηij)ij)−A| < ε

A =

¨

[a,b]×[c,d]

f(x, y) dx dy

434

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Seien Z1,Z2 Zerlegungen von [a, b] beziehungsweise [c, d].

mij = inf{f(x, y)

∣∣∣ x ∈ [xi, xi+1], y ∈ [yj , yj+1]}

Mij = sup{f(x, y)

∣∣∣ x ∈ [xi, xi+1], y ∈ [yj , yj+1]}

S(f, (Z1,Z2)

)=

m−1∑i=0

n−1∑j=0

mij(xi+1 − xi)(yj+1 − yi)

S(f, (Z1,Z2)

)=

m−1∑i=0

n−1∑j=0

Mij(xi+1 − xi)(yj+1 − yj)

Bemerkung 264. Z1 ⊆ Z ′1 und Z2 ⊆ Z ′2, dann gilt:

S(f, (Z1,Z2)

)≤ S

(f, (Z ′1,Z ′2)

)S(f, (Z1,Z2)

)≥ S

(f, (Z ′1,Z ′2)

)⇒ S

(f, (Z1,Z2)

)≤ S

(f, (Z1,Z2)

)Jede Untersumme ist kleiner als jede Obersumme.

Definition 21.2. ¨

[a,b]×[c,d]

f(x, y) dx dy = sup(Z1,Z2)

(S(f, (Z1,Z2)

))unteres Riemann-Darboux-Integral¨

[a,b]×[c,d]

f(x, y) dx dy = inf(Z1,Z2)

(S(f, (Z1,Z2)

))oberes Riemann-Darboux-Integral

f ist Riemann-Darboux integrierbar, wenn

¨

[a,b]×[c,d]

f(x, y) dx dy =

¨

[a,b]×[c,d]

f(x, y) dx dy

Der gemeinsame Wert wird dann mit˜

[a,b]×[c,d]

f(x, y) dx dy bezeichnet.

Satz 21.1. f : [a, b]× [c, d]→ R ist genau dann Riemann-Darboux-integrierbar, wenn

∀ε > 0, ∃Z1,Z2 : S(f, (Z1,Z2)

)− S

(f,Z1,Z2)

)< ε

Beweis. Wie im Eindimensionalen

435

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Satz 21.2. f : [a, b]×[c, d]→ R ist genau dann Riemann integrierbar, wenn f Riemann-Darboux-integrierbar ist.

Beweis.

”⇒” Sei f Riemann-integrierbar mit Integral A und ε > 0.

∃δ > 0 : ∀(Z1,Z2) : ‖(Z1,Z2)‖ < δ ∀(ξij , ηij)

|R(f, (Z1,Z2), (ξij , ηij)ij)−A| <ε

3

S(f, (Z1,Z2)

)= supξijηij

(R(f, (Z1,Z2), (ξij , ηij)

)≤ A+

ε

3

S(f, (Z1,Z2)

)= inf

(ξij ,ηij)

(R(f, (Z1,Z2), (ξij , ηij)

)≥ A− ε

3

S(f, (Z1,Z2)

)− S

(f, (Z1,Z2)

)≤ 2ε

3< ε

⇒ f ist Riemann-Darboux-integrierbar

”⇐” Sei f Riemann-Darboux-Integrierbar:

¨

[a,b]×[c,d]

f(x, y) dx dy =

¨

[a,b]×[c,d]

f(x, y) dx dy = ASatz21.1⇐⇒

Satz21.1⇐⇒ ∀ε > 0, ∃(Z1,Z2) : S

(f, (Z1,Z2)

)− S

(f, (Z1,Z2)

)< ε

⇒ f ist beschrankt

∃M ∈ R : ∀x ∈ [a, b] und ∀y ∈ [c, d] : f(x, y) ≤Mzeige: ∀ε > 0 : ∃δ > 0 : ∀(Z1,Z2) : ‖(Z1,Z2)‖ < δ

⇒ S(f, (Z1,Z2)

)− S

(f, (Z1,Z2)

)< ε

zeige: ∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀(Z1,Z2) : ‖(Z1,Z2)‖ < δ

{S(f, (Z1,Z2)

)< A+ ε

S(f, (Z1,Z2)

)> A− ε

Beweis. Sei ε > 0 und M = sup(x,y)∈[a,b]×[c,d]

(f(x, y)

)⇒ ∃(Z1

1 ,Z12 ) : S

(f, (Z1

1 ,Z12 ))< A+

ε

2

Z11 =

{a = x1

0 < ... < x1n1

= b}

und Z12 = {c = y1

0 < ... < y1m1

= d}∆x1

i = x1i+1 − x1

i und ∆y1i = y1

i+1 − y1i

N1. = #(Z11 ,Z1

2 ) = (1 + n1) · (1 +m1)

δ1 := min(∆x1i ,∆y

1i ) und δ := min

(δ1,

√ε

10 ·M ·N1

)

436

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Sei (Z1,Z2) mit ‖(Z1,Z2)‖ < δ

Z1 = {a = x0 < ... < xn = b} und Z2 = {c = y0 < ... < ym = d}Mij = sup

{f(x, y)

∣∣ x ∈ (xi, xi+1) und y ∈ (yi, yi+1)}

K ′ ={

(i, j)∣∣ ∃(k, l) : x1

k ∈ (xi, xi+1) und y1l ∈ (yi, yi+1)

}K ′′ = (Z1,Z2) \K ′

|(Z1,Z2)‖ < δ enthalt jedes Intervall um (Z1,Z2) genau einen Punkt von (Z1,Z2)

#K ′ ≤ N1

S(f, (Z1,Z2)

)=

n−1∑i=0

m−1∑j=0

Mij∆xi∆xj =∑

(i,j)∈K′Mij∆xi∆yj +

∑(i,j)∈K′′

Mij∆xi∆yj

(Z21 ,Z2

2 ) := (Z1,Z2) ∪ (Z11 ,Z1

2 )

K ′2 :Rechtecke, die durch Teilung eines Rechtecks in (Z1,Z2),

durch einen Punkt von (Z11 ,Z

12 ) entstanden sind.

[xi,xi+1]×[yi,yi+1] geteilt um (x1k,y

1l )

⇒ #K ′2 ≤ 4 ·N1

K ′′2 : Rechtecke von (Z1,Z2) die nicht geteilt werden.

⇒ S(f, (Z2

1 ,Z22 ))

=

n2−1∑i=0

m2−1∑j=0

Mij∆x2i∆y

2j =

=∑

(i,j)∈K′2

M2ij∆xi∆y

2j +

∑(i,j)∈K′′2

M2ij∆x

2i∆y

2j

Da ‖(Z21 ,Z2

2 )‖ ≤ ‖(Z1,Z2)‖ ⇒ 0 ≤ S(f, (Z1,Z2)

)− S

(f, (Z2

1 ,Z22 ))

=

=∑

(i,j)∈K′Mij︸︷︷︸≤M

∆xi∆yj︸ ︷︷ ︸≤δ2

+

������

���∑

(i,j)∈K′′Mij∆xi∆yj−

−∑

(i,j)∈K′2

M2ij︸︷︷︸

≤M

∆x2i∆y

2j︸ ︷︷ ︸

≤δ2

���

���

���

∑(i,j)∈K′′2

M2ij∆x

2i∆yj︸ ︷︷ ︸

K′′2 =K′′

∆xi=∆x2i

∆yj=∆y2j

<

< M · δ2 ·N1 +M · δ2 · 4 ·N1 = 5 ·M ·N1 · δ2 = 5 ·M ·N1 ·ε

10 ·M ·N1=ε

2

⇒ S(f, (Z1,Z2)

)≤ S

(f, (Z2

1 ,Z22 ))︸ ︷︷ ︸

≤S(f,(Z1

1 ,Z12 )) +

ε

2≤ S

(f, (Z1

1 ,Z12 ))

2≤ A+

ε

2

⇒ ∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀(Z1,Z2) : ‖(Z1,Z2)‖ < δ ⇒ S(f, (Z1,Z2)

)< A+ ε

S(f, (Z1,Z2)

)> A− ε analog

437

Page 445: Analysis - IG Mathe · ximation, zun achst f ur Funktionen auf Gebieten in einem Rnund dann koordina- ... 7 Konvexe Funktionen 185 7.1 Eine stetige nirgends di erenzierbare Funktion

⇒ ∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀(Z1,Z2) : ‖(Z1,Z2)‖ < δ

⇒ S(f, (Z1,Z2)

)− S

(f, (Z1,Z2)

)< ε

Sei ξij ∈ (xi, xi+1)× (yi, yi+1) Stutzstellen

A+ ε > S(f, (Z1,Z2)

)≥ R

(f, (Z1,Z2), ξij

)≥ S

(f, (Z1,Z2)

)> A− ε

⇒ ∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀(Z1,Z2) : ∀ξij :

‖(Z1,Z2)‖ < δ ⇒∣∣R(f, (Z1,Z2), ξij

)−A

∣∣ < ε

Satz 21.3. Satz von FubiniSei f : [a, b] × [c, d] → R Riemann-integrierbar und sei fur jedes y ∈ [c, d], f(·, y) : [a, b] → RRiemann integrierbar. Dann gilt:

¨

[a,b]×[c,d]

f(x, y) dx dy =

c

a

f(x, y) dx

dy

Beweis. Sei ε > 0, dann gibt es (Z1,Z2) sodass

S(f, (Z1,Z2)

)− S

(f, (Z1,Z2)

)< ε

(x, y) ∈ [xi, xi+1]× [yj , yj+1]

mij ≤ f(x, y) ≤Mij

mij(xi+1 − xi) ≤xi+1ˆ

xi

f(x, y) dx ≤Mij(xi+1 − xi)

mij(xi+1 − xi)(yj+1 − yj) ≤xi+1ˆ

xi

f(x, y) dx(yj+1 − yj) ≤Mij(xi+1 − xi)(yj+1 − yj)

[Setze y = ηj

]S(f, (Z1,Z2)

)≤ R

a

f(x, ·) dx,Z2, (ηj)j

≤ S(f, (Z1,Z2))

⇒ S(f, (Z1,Z2)

)≤ S

a

f(x, ·) dx,Z2

≤ S bˆ

a

f(x, ·) dx,Z2

≤ S(f, (Z1,Z2))

⇒ S

a

f(x, ·) dx,Z2

− S bˆ

a

f(x, ·) dx,Z2

< ε

438

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Das heißt y 7→bˆ

a

f(x, y) dx ist Riemann-integrierbar, und

c

a

f(x, y) dx

dy =

¨

[a,b]×[c,d]

f(x, y) dx dy

Bemerkung 265. f, g : [a, b]× [c, d]→ R Riemann-integrierbar.Dann sind f ± g und λf Riemann integrierbar und es gilt:

¨

[a,b]×[c,d]

λf(x, y) + µg(x, y) dx dy = λ

¨

[a,b]×[c,d]

f(x, y) dx dy +µ

¨

[a,b]×[c,d]

g(x, y) dx dy

Wenn ∀(x, y) ∈ [a, b]× [c, d] : f(x, y) ≥ g(x, y) gilt, dann gilt:

¨

[a,b]×[c,d]

f(x, y) dx dy ≥¨

[a,b]×[c,d]

g(x, y) dx dy

Beispiel 138.

¨

[0,1]

√x2 + y2 dx dy =

0

0

√x2 + y2 dx

dy

0

√x2 + y2 dx =

1yˆ

0

√y2(1 + t2)ydt = y2

1yˆ

0

√1 + t2dt

[x = ty, dx = ydt

]1

2t√

1 + t2 +1

2Arsinh(t)

1

2

√1 + t2 +

1

2t · t√

1 + t2+

1

2√

1 + t2=

1 + t2 + t2 + 1

2√

1 + t2=√

1 + t2

¨

[0,1]

=

0

y2

(1

2t√

1 + t2 +1

2Arsinh(t)

) ∣∣∣∣∣1y

t=0

dy =

439

Page 447: Analysis - IG Mathe · ximation, zun achst f ur Funktionen auf Gebieten in einem Rnund dann koordina- ... 7 Konvexe Funktionen 185 7.1 Eine stetige nirgends di erenzierbare Funktion

=1

2

0

y2

1

y

√1 +

(1

y

)2

+1

2Arsinh

(1

y

) dy =

=1

2

0

(√1 + y2 + y2 Arsinh

(1

y

))dy

Bemerkung 266. Stetige Funktionen sind Riemann-integrierbar.

Bemerkung 267. f, g : [a, b]× [c, d]→ R beide Riemann-integrierbar⇒ f · g Riemann-integrierbar.

Bemerkung 268. f : [a1, b1]× [a2, b2]× ...× [as, bs]→ R

R(f, (Z1, ...,Zs), (~ξi1,...,is)

)=

=

m1−1∑i1=0

m2−1∑i2=0

...

ms−1∑is=0

f(~ξi1,...,is) · (x1,i1+1 − x1,i1) · ... · (xs,is+1 − xs,is)

Zl ={al = xl,0 < xl,1 < ... < xl,ml = bl

}l = 1, ..., s

‖(Z1, ...,Zs)‖ = maxl‖Zl‖

∀ε > 0, ∃δ > 0, ∀(Z1, ...,Zs), (~ξi1,...,is) :

‖(Z1, ...,Zs)‖ < δ ⇒ |R(f, (Z1, ...,Zs), (~ξi1,...,is)

)−A| < ε

mi1,...,is = inf{f(~x), ~x ∈ [x1,i1 , x1,i1+1]× ...× [xs,is , xs,is+1 ]

}Mi1,...,is = sup

{f(~x), ~x ∈ [x1,i1 , x1,i1+1]× ...× [xs,is , xs,is+1 ]

}

S(f, (Z1,Z2)

)=

m1−1∑i1=0

...

ms−1∑is=0

mi1,...,is(x1,i1+1 − x1,i1) · ... · (xs,is+1 − xs,is)

S(f, (Z1,Z2)

)=

m1−1∑i1=0

...

ms−1∑is=0

mi1,...,is(x1,i1+1 − x1,i1) · ... · (xs,is+1 − xs,is)

440

Page 448: Analysis - IG Mathe · ximation, zun achst f ur Funktionen auf Gebieten in einem Rnund dann koordina- ... 7 Konvexe Funktionen 185 7.1 Eine stetige nirgends di erenzierbare Funktion

Fubini

(x1, ..., xs) = (~y, ~z) + Permutation der Indizes

~y = (y1, ..., yt)

~Z = (z1, ..., zr)

r + t = sˆ· · ·ˆ

[a1,b1]×...×[as,bs]

f(~x) dx1 ...dxs =

=

ˆ· · ·ˆ

[at+1,bt+1]×...×[as,bs]

ˆ· · ·ˆ

[a1,b1]×...×[at,bt]

f(~y, ~z) dy1, ..., dyt

dz1 ...dzr

1

2− ez=

∞∑s=0

Fss!z2 ⇒ Fs ∼

(1

ln(2)

)s· s!

Satz 21.4. FubiniSei f : [a, b]× [c, d]→ R Riemann-integrierbar und seien fur jedes x ∈ [a, b], y 7→ f(x, y) und furjedes y ∈ [c, d] x 7→ f(x, y) Riemann-integrierbar. Dann existieren die beiden iterierten Integrale

a

c

f(x, y)dy

dx =

c

a

f(x, y) dx

dy =

¨

[a,b]×[c,d]

f(x, y) dx dy

Beweis. Unter der Voraussetzung gilt nach Satz 21.2:

a

c

f(x, y)dy

dx =

¨

[a,b]×[c,d]

f(x, y) dx dy =

c

a

f(x, y) dx

dy

Beispiel 139.

¨

[0,1]×[1,2]

xy dx dy =

y=1

x=0

xy dx

dy =

1

(xy+1

y + 1

) ∣∣∣∣∣1

x=0

dy =

=

1

dy

1 + y= ln(1 + y)

∣∣∣21

= ln

(3

2

[0,1]×[1,2]

xy dx dy =

x=0

y=1

xydy

dx =

0

xy

ln(x)

∣∣∣∣∣2

y=1

dx =

0

x2 − xln(x)

dx = ...

441

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21.1 Jordan-Messbarkeit

B ⊆ R2

B beschrankt

B ⊆ [a, b]× [c, d]¨

[a,b]×[c,d]

1B(x, y) dx dy = Flache von B, wenn 1B Riemann-integrierbar ist

1B ist Riemann-integrierbar ⇔¨

[a,b]×[c,d]

1B dx dy =

¨

[a,b]×[c,d]

1B dx dy

Seien Z1 und Z2 Zerlegungen von [a, b] beziehungsweise [c, d].

Z1 ={a = x0 < ... < xm = b

}Z2 =

{c = y0 < ... < yn = d

}mij =

{0 [xi, xi+1]× [yj , yj+1] ∩Bc 6= ∅1 [xi, xi+1]× [yj , yj+1] ⊆ B

Mij =

{0 [xi, xi+1]× [yj , yj+1] ∩B = ∅1 [xi, xi+1]× [yj , yj+1] ∩B 6= ∅

S(1B , (Z1,Z2)

)=

∑i,j

[xi,xi+1]×[yj ,yj+1]∩B 6=∅

(xi+1 − xi)(yj+1 − yj)

B

442

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infZ1,Z2

(S(1B , (Z1,Z2)

))=

¨

[a,b]×[c,d]

1B(x, y) dx dy = außerer Inhalt von B

S(1B , (Z1,Z2)

)=

∑i,j

[xi,xi+1]×[yj ,yj+1]⊆B

(xi+1 − xi)(yj+1 − yj)

supZ1,Z2

(S(1B , (Z1,Z2)

))=

¨

[a,b]×[c,d]

1B(x, y) dx dy

B

Definition 21.3. B ⊆ R2 beschrankt heißt Jordan-messbar, wenn der innere und der außereInhalt von B ubereinstimmen. Der gemeinsame Wert heißt dann der Jordansche Inhalt von B ⇔1B ist Riemann-integrierbar.

Bemerkung 269. Die Jordan-messbaren Mengen bilden einen Ring J.

A,B ∈ J ⇒

A ∪B ∈ J und A4B ∈ JA ∩B ∈ J und A4B ∈ JA ∪B ∈ J und A \B ∈ J

1A∪B = 1A + 1B − 1A · 1B1A4B = 1A + 1B − 21A1B

(Ai)i∈N Jordan-messbar, paarweise disjunkt

µ

( ∞⋃i=1

Ai

)=

∞∑i=1

µ(Ai) E

Die Menge

∞⋃i=1

Ai ist moglicherweise nicht Jordan-messbar

443

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Aus einem Inhalt µ kann man durch

µ∗(A) = inf

∑j

µ(Ij)

∣∣∣∣∣A ⊆⋃j

Ij , Ij ∈ J

ein außeres Maß definieren. Aus dem außeren Maß erhalt man eine σ-Algebra von mess-baren Mengen und ein Maß µ.

Frage ∀A ∈ J : µ(A) = µ(A)?

Antwort Ja, wenn:

µ

( ∞⊎i=1

Ai

)=

∞∑i=1

µ(Ai) gilt, wenn:

∞⊎i=1

Ai ∈ J.

Beispiel 140. Z

µ(a+mZ) =1

mist ein Inhalt

Betrachte µ∗({a}) = infm

{µ(a+mZ)

}= 0

⇒ µ∗ ≡ 0

Satz 21.5. f : [a, b]→ R ist genau dann Riemann-integrierbar, wenn f beschrankt und Lebesguefast uberall stetig ist.

Beweis.

Zn =

{a+ k

b− a2n

, k = 0, ..., 2n}

Zn+1 ⊇ Zn ⇒ ‖Zn‖ = 2−n(b− a) −→ 0

S(f,Zn) =

2n−1∑k=0

Mk(b− a)2−n =[Mk = sup

x∈[a+k b−a2n ,a+(k+1) b−a2n ]

(f(x)

)]

=

a

fn(x) dx

444

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fn(x) =

2n−1∑k=0

Mk1[a+k b−a2n ,a+(k+1) b−a2n ](x)

x ∈ [a, b] :(fn(x)

)n↓

f(x) = limn→∞

(fn(x)

)punktweise

fn(x) ≥ f(x) ⇒ f(x) ≥ f(x)

f ist messbar und beschrankt

a

f(x)dλ(x) (λ Lebesgue-Maß)

a

f(x)dλ(x) = limn→∞

a

fn(x)dλ(x)

=

a

f(x) dx

S(f,Zn) =

2n−1∑k=0

mk(xk+1 − xk) =[mk = inf

x∈[a+k b−a2n ,a+(k+1) b−a2n ]

(f(x)

)]

=

a

fn(x) dx

fn(x) =

2n−1∑k=0

mk1[a+k b−a2n ,a+(k+1) b−a2n ](x)

∀x ∈ [a, b) :(fn(x)

)n↑

fn(x) ≤ f(x)

fn(x) = limn→∞

(fn(x)

)punktweise

f ist messbar und beschrankt

a

f(x)dλ(x) = limn→∞

(ˆ: abfn(x)dλ(x)

)=

a

f(x) dx

f ist Riemann-integrierbar ⇐⇒bˆ

a

(f(x)− f(x)

)dλ(x) = 0

f(x)− f(x) ≥ 0 ⇐⇒ f(x) = f(x) λ− fast uberall

Sei D die Menge der Unstetigkeitsstellen von f und

R =

{a+ b−a

2n k

∣∣∣∣n ∈ N, k = 0, ..., 2n}

, dann gilt:

445

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{x ∈ [a, b]

∣∣f(x) 6= f(x)}⊆ D ⊆ {x ∈ [a, b]

∣∣f(x) 6= f(x)}∪R. Wenn f(x) = f(x)λ-fast uberall ⇒ λ(D) = 0Das heißt: Wenn f Riemann-integrierbar ⇒ D ist NullmengeSei D Nullmenge ⇒ λ

({x ∈ [a, b]

∣∣f(x) 6= f(x)})

= 0

⇒b

a

(f(x)− f(x)

)dλ(x) = 0 ⇒ f ist Riemann-integrierbar.

Bemerkung 270. Riemann-integrierbar impliziert die Beschranktheit.

Bemerkung 271. Es gibt Funktionen, die auf dem Cantorschen Diskuntinuum keineRegelfunktionen sind, aber Riemann-integrierbar sind.{

(x, y) ∈ R2∣∣1B ist unstetig in (x, y)

}= ∂B

Satz 21.6. B ⊆ R2 ist genau dann Jordan-messbar, wenn ∂B eine Lebesgue-Nullmenge ist.

Sei f : R→ R, R ⊆ Rs ein Parallelepiped und B ⊆ R Jordan-messbar.

ˆ

B

f(~x) dx1, ...,dxs :=

ˆ

R

1B(~x)︸ ︷︷ ︸Produkt von

Riemann--integrierbaren⇒ Riemann-

integrierbar

f(~x) dx1, ...,dxs

Integration uber Normalbereiche:s=2:

ϕ,ψ : [a, b]→ RB =

{(x, y) ∈ R2

∣∣a ≤ x ≤ b, ϕ(x) ≤ y ≤ ψ(x)}

Der Bereich zwischen zwei Funktionsgraphen ϕ und ψ

446

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x

y

a b

B

¨

B

f(x, y) dx dy =

x=a

c

f(x, y)1B(x, y) dy

dx =

[∀x : c ≤ ϕ(x) < ψ(x) ≤ d

]

=

x=a

ψ(x)ˆ

y=ϕ(x)

f(x, y) dy

dx

B ... Normbereich bezuglich der x-Achse

C ={

(x, y) ∈ R2∣∣c ≤ y ≤ d, ρ(y) ≤ x ≤ σ(y)

}ρ, σ : [c, d]→ R

¨

C

F (x, y) dx dy =

y=c

σ(y)ˆ

x=ρ(y)

F (x, y) dx

dy

447

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Beispiel 141.

¨

x2+y2≤1

(x2 + y2) dx dy =

x=−1

1−x2ˆ

y=−√

1−x2

(x2 + y2) dy

dx =

=

−1

[x2y +

y3

3

]√1−x2

y=−√

1−x2

=

−1

(2x2√

1− x2 +2

3(1− x2)

√1− x2

)dx =

=

−1

2

3

√1− x2 +

4

3x2√

1− x2 dx =

[x = cos(t), dx = − sin(t) dt

]=

π

0

(2

3sin(t) +

4

3cos(t)2 sin(t)

)sin(t) dt =

π

0

2

3sin(t)2︸ ︷︷ ︸=π

3

+4

3cos(t)2 sin(t)2 dt =

3+

4

3

π

0

cos(t)2 sin(t)︸ ︷︷ ︸− 1

3

(cos(t)3

)′ sin(t) dt =π

3+

4

3

−1

3cos(t) sin(t)︸ ︷︷ ︸

=0

∣∣∣∣∣π

0

+1

3

π

0

cos(t)4 dt

=

3+

4

9

π

0

cos(t)2(1− sin(t)2) dt =π

3+

4

9

π

2− 4

9

π

0

cos(t)2 sin(t)2 dt =

I =π

3+

4

3

π

0

cos(t)2 sin(t)2 dt =5π

9− 4

9

π

0

cos(t) sin(t)2 dt

16

9

π

0

cos(t) sin(t)2 dt =2π

9

π

0

cos(t)2 sin(t)2 dt =π

8

⇒ I =π

3+

4

3· π

8=π

2

448

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21.2 Normalbereich in hoheren Dimensionen

a1 ≤ x1 ≤ b1ϕ2, ψ2 : [a1, b1]→ R

a2 ≤ ϕ2(x1) ≤ ψ2(x1) ≤ b2ϕ3, ψ3 : [a1, b1]× [a2, b2]→ R

a3 ≤ ϕ3(x1, x2) ≤ ψ3(x1, x2) ≤ b3ϕ4, ψ4 : [a1, b1]× [a2, b2]× [a3, b3]→ R

...ϕs, ψs : [a1, b1]× ...× [as−1, bs−1]→ R

B ={

(x1, ..., xs) ∈ Rs∣∣∣ a1 ≤ x1 ≤ b1, ϕ2(x1) ≤ x2 ≤ ψ2(x1), ϕ(x1, y1) ≤ x3 ≤ ψ3(x1, x2), ...

..., ϕs(x1, ..., xs−1) ≤ xs ≤ ψs(x1, ..., xs−1)}

Normalbereich mit Dimension s (die Indizes der Variablen konnen beliebig permutiert werden)ˆ· · ·ˆ

B

F (x1, ..., xs) dx1, ...,dxs =

=

b1ˆ

x1=a1

ψ2(x1)ˆ

x2=ϕ2(x)

. . . . ψs(x1,...,xs−1)ˆ

xs=ϕs(x1,...,xs−1)

F (x1, ..., xs) dxs

. . . .

dx2

dx1

Transformationsformel s=1

a

f(x) dx

S(f,Z) =

n−1∑i=0

Mi(xi+1 − xi)

S(f,Z) =

n−1∑i=0

mi(xi+1 − xi)

x = g(t)

g : [c, d]→ [a, b] bijektiv und streng monoton wachsend

xi = g(ti)

c = t0 < t1 < ... < tn = d

S(f,Z) =

n−1∑i=0

Mi

(g(ti+1)− g(ti)

)︸ ︷︷ ︸=g′(τi)·(ti+1−ti)

≥n−1∑i=0

f(g(τi)

)· g′(τi)(ti+1 − ti) =

= R(f(g(·))g′(·), Z, τi

)≥ S(f,Z)

⇒dˆ

c

f(g(t)

)g′(t) dt↔ R

(f(g(·))g′(·), Z, τi

)

449

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c d a bti+1 − ti xi+1 − xi

g

g′(τi) ist der Umrechnungsfaktor der Lange in t in die Langen in xX,Y ⊆ Rs offen, ϕ : X → Y sei ein C1 - Diffeomorphismus, f : Y → RRiemann-integrierbarˆ· · ·ˆ

Y

f(x1, ..., xs) dx1, ...,dxs =

ˆ· · ·ˆ

X

f ◦ ϕ(t1, ..., ts)[?]

dt1, ...,dts

[?]

= Volumsrechnungsfaktor

Einfachster Fall

f = 1ϕ(B)

B ∈ BX ... σ-Algebra der Borel-Mengen die von den offenen Mengen (auf X)

erzeugte σ-Algebra

1ϕ(B) ◦ ϕ(x) =

{1 ϕ(x) ∈ ϕ(B)

0 sonst

λs(ϕ(B)

)=

ˆ· · ·ˆ

B

[?]

dt1, ...,dts

noch einfacher: ϕ : Rs → Rs Vektorraumisomorphismus

λs(ϕ(B)

)= µ(B)

µ ist Maß auf Rs

µ(~v +B) = λs(ϕ(~v +B)

)= λs

(ϕ(~v) + ϕ(B)

)= λs

(ϕ(B)

)= µ(B)

µ ist translationsinvariant ⇒ µ = c · λs, c ∈ R+

1. ϕ orthonormale Matrix ϕ · ϕT = id

µ(B1(0)︸ ︷︷ ︸Kugelum 0mit

Radius 1

)= λs

(ϕ(B1(0)

))= λs

(B1(0)

)⇒ c = 1

2. ϕ = diag(d1, ..., ds) mit di > 0

µ([0, 1]s

)= λs

([0, d1]× [0, d2]× ...× [0, ds]

)= |d1|...|ds|

3. ϕ ... Isomorphismus

ϕ · ϕT = ψ ist symmetrisch und positiv definit

ψ = vd2vT

450

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d ... Diagonalmatrixv ... orthogonale Matrix

ρ = d−1vTϕ ... ist orthonormal

ρρT = d−1vT ϕϕT︸︷︷︸vd2vT

vd−1 = id

⇒ ϕ = vdρ ⇒ µ(B) = |det(d)|︸ ︷︷ ︸=| det(ϕ)|

λs(B)

Volumen des, von den Vektoren v1, ..., vs aufgespannten Parallelepipeds ist

|det(~v1, ..., ~vs)|

Vermutung[?]

= |det(Dϕ)|

Lemma 26. X,Y ⊆ Rs offen, ϕ : X → Y ein C1 - Diffeomorphismus, danngilt: {

ϕ(B)∣∣∣ B ∈ BX} = BY

Beweis. ϕ ist als stetige Abbildung messbar, ebenso ϕ(−1), B ∈ BX

ϕ(B) =(ϕ(−1)

)(−1)

(B) =(ϕ(−1)

)−1

(B) ∈ BY

A ∈ BY : A = ϕ(ϕ(−1)(A)︸ ︷︷ ︸∈BX

)

Satz 21.7. Transformationsformel fur mehrfach Integrale, JacobiSeien X,Y ⊆ Rs offen, ϕ : X → Y ein C1 - Diffeomorphismus, dann gilt:

1. ∀B ∈ BX :

λs(ϕ(B)

)=

ˆ· · ·ˆ

B

|det(Dϕ)|dt1, ...,dts

2. ∀f : Y → R+0 messbar gilt:

ˆ· · ·ˆ

Y

f dx1, ...,dxs =

ˆ· · ·ˆ

X

d ◦ ϕ(t1, ..., ts)|det(Dϕ)|dt1, ...,dts

3. Eine messbare Funktion f : Y → R ist genau dann integrierbar auf Y , wenn f ◦ϕ|det(Dϕ)|auf X integrierbar ist. Dann gilt:

ˆ· · ·ˆ

Y

f(x1, ..., xs) dx1, ...,dxs =

ˆ· · ·ˆ

X

f ◦ ϕ(t1, ..., ts)|det(Dϕ)|dt1, ...,dts

451

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Beweis.

κ = {∅} ∪

{(~a,~b

] ∣∣∣∣∣ ~a,~b ∈∞⋃n=1

2−nZs, [~a,~b] ⊆ X

}

Bemerkung 272.

κ ⊆ P(X) ist ein Halbring, wenn ∅ ∈ κ

A,B ∈ κ, ∃H1, ...,Hk ∈ κ : A \B =

k⊎i=1

Hi

A,B ∈ κ⇒ A ∩B ∈ κσ(κ) = BX weil jede offene Menge in X sich als abzahbare Vereinigung

von Mengen aus κ schreiben lasst.

Zeige zuerst:

∀I ∈ κ : λs(ϕ(I)

)=

ˆ· · ·ˆ

I

|(Dϕ)|dt1, ...,dts

Sei ε > 0 und I =n⊎ν=1

Iν fur Iν ∈ κ. Iν seien Wurfel mit Seitenlange ρ (ρ

kann beliebig klein gemacht werden).Wahle ρ > 0, weil nach Definition I ⊆ X ist, existiert M = sup

~x∈I

∥∥(Dϕ)−1(~x)∥∥(

‖ · ‖ Matrixnorm zur euklidschen Norm ‖ · ‖2)

Dann gibt es ein r > 0, sodass:

sup~x,~y∈I‖~x,~y‖<r

∥∥Dϕ(~x)−Dϕ(~y)∥∥ < ε

M√s

~x 7→ Dϕ(~x) ist gleichmaßig stetig auf der kompakten Menge I

ρ <r√s

: Dann gilt fur b ∈ Iν : Iν ⊆ Br(b) ⊆ X

452

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ρ√s < r

ρ

Wahle ~aν ∈ Iν sodass:∣∣det(Dϕ(~aν)

)∣∣ = min~x∈Iν

∣∣det(Dϕ(~x)

)∣∣Tν = Dϕ(~aν) ... lineare Abbildung, Isomorphismus

Bemerkung 273. Nach Schrankensatz gilt fur ~h : X → Rs:

‖~h(~x)− ~h(~y)‖ ≤ ‖~x− ~y‖ sup0≤t≤1

(D~h(~x+ t(~y − ~x)

)wenn ∀t ∈ [0, 1] : ~x+ t(~y − ~x) ∈ X

~h(~x) = ϕ(~x)− ϕ(~aν)− Tν(~x− ~aν)

‖~h(~x)− ~h(~aν)‖ = ‖ϕ(~x)− ϕ(~aν)− Tν(~x− ~aν)‖ ≤≤ ‖~x− ~aν‖ sup

0≤t≤1

∥∥Dϕ(~x+ t(~aν − ~x)

)− Tν

∥∥ ≤≤ ‖~x− ~aν‖ sup ‖Dϕ(...)−Dϕ(~aν)‖︸ ︷︷ ︸

< εM√s

‖ϕ(~x)− ϕ(~aν)− Tν(~x− ~aν)‖ ≤ ‖~x− ~aν‖︸ ︷︷ ︸<ρ√s

ε

M√s<ερ

M

453

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ϕ(Iν) ≤ ϕ(~aν) + Tν(Iν − ~aν) +B ερM

(~0)

B ερM

(~0) = Tν(T−1ν (B ερ

M(~0))≤ Tν

(Bερ(~0)

)‖T−1

ν ‖ ≤Mϕ(Iν) ≤ ϕ(~aν) + Tν

(Iν − ~aν +Bερ(~0)

)Iν +Bερ(~0) ≤Wurfel der Seitenlange ρ(1 + 2ε)

λs(ϕ(Iν)

)≤ λs

(Tν(Iν +Bερ(~0)

))≤ |det(Tν)|ρs(1 + 2ε)s = |det(Tν)|λs(Iν)(1 + 2ε)s

Iν +Bερ

ερIν

s

ρ+2ερρ(1+2ε)

λs(ϕ(I)

)=

=

n∑ν=1

λs(ϕ(Iν)

)≤ (1 + 2ε)s

n∑ν=1

∣∣det(Iν)∣∣λs(Tν)︸ ︷︷ ︸

Untersumme

S(| det(Dϕ)|,Z

)≤ (1 + 2ε)s

ˆ· · ·ˆ

I

∣∣det(Dϕ)∣∣dt1, ...,dts

ε→ 0 liefert λs(ϕ(I)

)≤ˆ· · ·ˆ

I

|det(Dϕ)|dt1, ...,dts

Sei f : Y → R+

0 messbar, dann gilt:

ˆ· · ·ˆ

Y

fdλs ≤ˆ· · ·ˆ

X

f ◦ ϕ∣∣det(Dϕ)

∣∣dλsGilt zuerst fur messbare Funktionen und nach Konstruktion des Integrals furalle messbaren positiven Funktionen.Wenn die Ungleichung fur ψ = ϕ(−1) : Y → X und die Funktion f ◦ϕ

∣∣det(Dϕ)∣∣ :

454

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X → R+

0 an.

ˆ· · ·ˆ

X

f ◦ ϕ∣∣det(Dϕ)

∣∣ ≤ ˆ · · · ˆY

f ◦ ϕ ◦ ψ︸ ︷︷ ︸f

∣∣det(Dϕ)∣∣ ◦ ψ∣∣det(Dψ)

∣∣︸ ︷︷ ︸=1

dλs

[Dϕ ◦ ψdψ = id

]ˆ· · ·ˆ

X

f ◦ ϕ∣∣ det(Dϕ)

∣∣dλs ≤ ˆ · · · ˆY

fdλs

⇒ˆ· · ·ˆ

X

f ◦ ϕ∣∣det(Dϕ)

∣∣dλs =

ˆ· · ·ˆ

Y

fdλs −→ 2.X

⇒ λs(ϕ(B)

)=

ˆ· · ·ˆ

B

∣∣ det(Dϕ)∣∣dλs, ∀B ∈ BX −→ 1.X

Nach 2. gilt:

ˆ· · ·ˆ

Y

|f |dλs <∞

⇔ˆ· · ·ˆ

X

∣∣∣f ◦ ϕ∣∣det(Dϕ)∣∣∣∣∣dλs <∞ −→ 3.X

Beispiel 142.

ϕ :R+ × [0, 2π) → R2 \

{~0}

(r, ϑ) 7→(r cos(ϑ), r sin(ϑ)

)Dϕ =

(cos(ϑ) sin(ϑ)−r sin(ϑ) r cos(ϑ)

)det(Dϕ) = r 6= 0

−∞

e−x2

2 dx ·∞

−∞

e−y2

2 dy =

¨

R2

e−x2+y2

2 dλ2(x, y) =

ˆ

R2

2πˆ

0

e−r2

2 rdϑdr =

= 2π

0

re−r2

2 dr = 2π[−e− r

2

2

]∞0

= 2π

⇒∞

−∞

e−x2

2 dx =√

455

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22 Vektorfelder, Kurven-/Oberflachenintegraleund Integralsatze

22.1 Skalare Oberflachenintegrale

U ⊆ Rs offen, φ : U → Rn mit n ≥ s, φ injektive Immersion und f : φ(U)→ Rsei eine C1-Abbildung

Gesucht ˆ

φ(U)

f do

Zerlege U mit Zerlegung Z1, ...,Zs entlang der Koordinatenachsen.

R(f, (Z1, ...,Zs), (ηi1,...,is)

)=

n1−1∑i1=0

...

ns−1∑is=0

f ◦ φ(ηi1,...,is)

Oberflache von φ(

[xi1 , xi1+1]× ...× [xis , xis+1])

︸ ︷︷ ︸≈ Flache von (2)

φ(xi1 , ..., xis) +Dφ(xi1 , ..., xis)([xi1 , xi1+1]× ...× [xis , xis+1]

)(22.17)

√det(Dφ ·DφT

)· (xi1+1 − xi) · ... · (xis+1 − xis) = s-dimensionale Oberflache von (2)

Beispiel 143. Betrachte den Fall von vorhin fur n = 3 und fur s = 2. Seien ~v, ~w ∈ R3

F ={s~v + t~w

∣∣ s, t ∈ [0, 1]}

Gesucht ist die Flache F

1. Kreuzprodukt: ‖~v × ~w‖

2. Determinante der gramschen Matrix:√‖~v‖2 · ‖~w‖2 − 〈~v, ~w〉2 =

√det

(‖~v‖2 〈~v, ~w〉〈~w,~v〉 ‖~w‖2

)

‖~v × ~w‖ =√‖~v‖2 · ‖~w‖2 − 〈~v, ~w〉2 =

√det

(‖~v‖2 〈~v, ~w〉〈~w,~v〉 ‖~w‖2

)(Dφ ·DφT

)ij

=∂φ

∂xi·(∂φ

∂xj

)T= gij

Oberflachenelement =√

det(gij) · (xi1+1 − xi1) · ... · (xis+1 − xis)

456

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R(f, (Z1, ...,Zs), (ηi1,...,is)

)=

=

n1−1∑i1=0

...

ns−1∑is=0

f ◦ φ(ηi1,...,is) ·√

det(gij)(xi1 , ..., xis)(xi1+1 − xi1) · ... · (xis+1, ..., xis)

Ist eine Riemann-Summe fur das Integral

ˆ· · ·ˆ

U

f ◦ φ√

det(gij) dx1, ...,dxs

det(gij) = g

Uberprufe, ob der Wert der Integrals von der Parametrisierung abhangt:

B ⊆ Rn

φ : U → Rn B = φ(U)ψ : V → Rn B = ψ(V )

φ, ψ injektive Immersionen

B

ψ

U

V

T

φ

φ−1 : B → U

ψ : V → U

T = ψ−1 ◦ φφ = ψ ◦ T

457

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ˆ· · ·ˆ

B

f do .. berechnet mit der Parametrisierung von ψ0φ ◦ T

=

ˆ· · ·ˆ

V

f ◦ ψ√g dy1, ...,dys

g = det(gij)

gij =

(∂ψ

∂yi,∂ψ

∂yj

)y1

...xs

= T

x1

...xs

φ = ψ ◦ T

∂φ

∂x1=

s∑j=1

∂ψ

∂yj· ∂yj∂xi⟨

∂φ

∂xi,∂φ

∂xk

⟩=

s∑j=1

s∑l=1

∂yj∂xi· ∂yl∂xk·⟨∂ψ

∂yj,∂ψ

∂yl

⟩︸ ︷︷ ︸

gjl

gij =

s∑j=1

s∑l=1

gjl ◦ T∂yj∂xi· ∂yl∂xk

det(gij) = det(gjl) · det(DT )2

√g =

√g ◦ T |det(DT )|

ˆ· · ·ˆ

V

f ◦ ψ√g dy1, ...,dys

Trans-formations-

=formel

ˆ· · ·ˆ

U

f ◦ ψ ◦ T︸ ︷︷ ︸φ

√g ◦ T · | det(DT )︸ ︷︷ ︸√

g

dx1, ...,dxs

=

ˆ· · ·ˆ

U

f ◦ φ√g dx1, ...,dxs =:

ˆ· · ·ˆ

B

f do

do =√g dx1, ...,dxs ... skalares Oberflachenelement

Beispiel 144.

B = S2 ⊆ R3

B ={

(x, y, z) ∈ R3∣∣∣ x2 + y2 + z2 = 1

}φ(ϑ, ϕ) =

sin(ϑ) cos(ϕ)sin(ϑ) sin(ϕ)

cos(ϑ)

0 ≤ ϑ ≤ π0 ≤ ϕ ≤ 2π

458

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∂φ

∂ϑ=

cos(ϑ) cos(ϕ)cos(ϑ) sin(ϕ)− sin(ϑ)

∂φ

∂ϕ=

− sin(ϑ) sin(ϕ)sin(ϑ) cos(ϕ)

0

g11 = 1, g12 = 0, g22 = sin(ϑ)2

√g = sin(ϑ)

do = sin(ϑ)dϑdϕ

f :

{S2 → R

(x, y, z) 7→ x2

ˆ· · ·ˆ

B2

x2 do =

π

ϑ=0

2πˆ

ϕ=0

sin(ϑ)2 cos(ϕ)2 sin(ϑ)dϕdϑ

= π

π

0

sin(ϑ)(1− cos(ϑ)2)dϑ = π −(

cos(ϑ)− cos(ϑ)3

3

) ∣∣∣∣∣π

0

=4π

3

22.2 Kurvenintegrale

Definition 22.1. Sei U ⊆ R2 (beziehungsweise R3). Eine Abbildung ~V : U → R2 (beziehungsweise

R3) heißt ein Vektorfeld. ~V ∈ C1(U)

γ :

{I → Ut 7→ ~x(t)

I ... Intervall

C1 −Kurve (beziehungsweise stuckweise C1 −Kurve)⟨~x(t), ~V

(~x(t)

)⟩‖~x‖

= Tangentialanteil von ~V(~x(t)

)

459

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y

y

~x

γ

ˆ

γ

⟨~x(t), ~V

(~x(t)

)⟩‖~x‖︸ ︷︷ ︸

Kraft in Tangentialrichtung

ds =

ˆ

I

⟨~x, ~V ◦ ~x

⟩‖~x‖

· ‖~x‖dt =

ˆ

I

⟨~x, ~V ◦ ~x

⟩dt

Arbeit im Vektorfeld ~V entlang des Weges ~x = ~x(t)

Sei ~y = ~y(t) eine andere Parametrisierung derselben Kurve. τ = τ(t) der zu-gehorige Parameterwechsel und τ ist monoton wachsend und differenzierbar.~x(t) = ~y

(τ(t)

I′

⟨~y, ~V ◦ ~y

⟩dτ =

ˆ

I

⟨~y(τ(t)

), ~V ◦ ~y ◦ τ(t)︸ ︷︷ ︸

~x(t)

⟩· τ(t) dt =

ˆ

I

⟨~x(t), ~V ◦ ~x(t)

⟩dt

τ = τ(t), dτ = τ(t) dt

Wenn die Kurve in umgekehrter Richtung durchlaufen wird, dann andert dasKurvenintegral sein Vorzeichen.

ˆ

γ

~V d~x :=

ˆ

I

⟨~x, ~V ◦ ~x

⟩dt =

ˆ

I

⟨~V ◦ ~x, d~x

⟩=

ˆ

γ

V1 dx +V2 dy +V3dz

~V =

V1

V2

V3

460

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Beispiel 145. Leibnitzsche Sektorformel

ˆ

C

−y dx +xdy =

a

(− y(t) · x(t) + x(t) · y(t)

)dt

C :

{x = x(t)

y = y(t)

1

2

ˆ

C

−y dx +xdy = Flache des von der Kurve C begrenzten Sektors

Unter welchen Bedingungen hangt

ˆ

γ

~V d~x

nur von Anfangs- und Endpunkt der Kurve γ ab?In diesem Fall sagt man, dass

ˆ

γ

~V d~x

461

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wegunabhangig ist.Wegunabhangigkeit ist eine Eigenschaft von ~V .

Bemerkung 274. Sei ~V ein Vektorfeld, sodass

ˆ

γ

~V d~x

wegunabhangig ist. Seien γ1, γ2 zwei Kurven mit demselben Anfangs- und Endpunkt.

ˆ

γ1

~V d~x =

ˆ

γ2

~V d~x

ˆ

γ1−γ2

~V d~x = 0 =

ˆ

γ1

~V d~x−ˆ

γ2

~V d~x

γ(t) =

{γ1(2t) 0 ≤ t ≤ 1

2

γ2(2− 2t) 12 ≤ t ≤ 1

γ2(0) = γ1(0)

γ2(1) = γ1(1)

γ2

γ1

462

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ˆ~V d~x wegunabhangig ⇔ ∀γ :

˛

γ

~V d~x = 0

Sei

˛

γ

~V d~x wegunabhangig: ~x0 ∈ U fest φ(~x) =

~xˆ

~x0

~V d~x :=

ˆ

γ~x

~V d~x

γ~x :

[0, 1] → U

γ~x(0) = ~x0

γ~x(1) = ~x

Wahle γ~x so, dass γ(i)~x (t) =

{~x+ ~ei(t− 1) fur 1− ε ≤ t ≤ 1

irgendwie sonst

φ(~x) =

0

~V ◦ γ(i)~x (t)~γ

(i)~x dt =

1−εˆ

0

~V ◦ ~γ(i)~x (t)~γ

(i)~x (t) dt +

1−ε

~V ◦ γ(i)~x (t)~ei︸ ︷︷ ︸Vi

dt

∂φ

∂xi= Vi

Grad(φ) = ~V

φ heißt Stammfunktion von ~V Potential

Wenn ~V ∈ C1(U) ist, dann ist φ ∈ C2(U)

∂2φ

∂x∂y=∂V2

∂x=

∂2φ

∂y∂x=∂V1

∂y

∂2φ

∂x∂z=∂V3

∂x=

∂2φ

∂z∂x=∂V1

∂z∂2φ

∂y∂z=∂V3

∂y=

∂2φ

∂z∂y=∂V2

∂z

Bemerkung 275. Wenn ~V : U → R2 (beziehungsweise R3) ein wegunabhangiges Kur-venintegral ergibt, dann gelten die Integrabilitatsbedingungen:

∂V2

∂x=∂V1

∂ybeziehungsweise

∂V1

∂z=∂V3

∂xund

∂V2

∂z=∂V3

∂y

Beispiel 146.

ˆ

x2+y2=r2

−y dx +x dy

x2 + y2=

2πˆ

0

−r sin(t) ·(− r sin(t)

)+ r cos(t) · r cos(t)

r2dt = 2π

x = r cos(t)y = r sin(t)

463

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∂(− yx2+y2

)∂y

=−(x2 + y2) + y · 2y

(x2 + y2)=

y2 − x2

(x2 + y2)2

∂(

x(x2+y2)

)∂x

=(x2 + y2)− x · 2x

(x2 + y2)2=

y2 − x2

(x2 + y2)2

∂V2

∂x=∂V1

∂y

ϕ

´= ϕ

(1, 0)

´= 0

~x

φ(~x) = Arg(x+ iy) ist eine Stammfunktion auf R2 \{

(x, 0)∣∣ x ∈ R−0 }

Wenn es zu ~V eine Stammfunktion φ gibt, also Grad(φ) = ~V ,

dann ist

ˆ

γ

~V d~x wegunabhangig

γ : ~x = ~x(t)

t ∈ [a, b)

a

~V ◦ ~x · ~x dt =

a

Grad(φ) ◦ ~x · ~x︸ ︷︷ ︸dφ◦~xdt

dt = φ ◦ ~x(t)

∣∣∣∣ba

= φ(~x(b)

)− φ

(~x(a)

)

Definition 22.2. Eine offene Menge U ⊆ R2 beziehungsweise R3 heißt sternformig bezuglich

464

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x0 ∈ U , wenn ∀x ∈ U : ∀t ∈ [0, 1] : ~x0 + t(~x− ~x0) ∈ U

~x

~x0

Satz 22.1. Sei U ⊆ R2 (beziehungsweise R3) sternformig und ~V : U → R2 (beziehungsweise R3)ein C1-Vektorfeld, das

∂V2

∂x=∂V1

∂y,

∂V2

∂z=∂V3

∂yund

∂V1

∂z=∂V3

∂x

erfullt, dann gibt es ein φ : U → R sodass Grad(φ) = ~V (⇔ das zugehorige Kurvenintegral istwegunabhangig).

Beweis.

φ(~x) =

0

~V(~x0 + t(~x− ~x0)

)· (~x− ~x0) dt

∂φ

∂xi=

0

(t∂~V

∂xi

(~x0 + t(~x− ~x0)

)· (~x− ~x0) + Vi

(~x0 + t(~x− ~x0)

))dt =

=

0

(t

(∂V1

∂xi·(x1 − x(1)

0

)+∂V2

∂xi

(x2 − x(2)

0

)+∂V3

∂xi

(x3 − x(3)

0

))+ Vi

)dt

465

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i = 1 :

∂φ

∂x1=

0

(t

(∂V1

∂x1

(x1 − x(1)

0

)+∂V1

∂x2

(x2 − x(2)

0

)+∂V − 1

∂x3

(x3 − x(3)

0

))+ V1

)dt =

=

0

td

dtV1

(~x0 + t(~x− ~x0)

)+ V1 dt = tV1

(~x0 + t(~x− ~x0)

)∣∣∣∣10

+

0

(− V1 + V1

)dt = V1(~x)

Bemerkung 276. Alles bisher gesagt gilt auch in beliebigen Dimensionen:

U ⊆ Rn

~V : U → Rn C −Vektorfeld

γ : [a, b]→ U Kurve in U

ˆ

γ

~V d~x =

a

~V ◦ γ · ~γd~x Die Integrabilitatsbedingungen

1 ≤ i < j ≤ n∂Vi∂xj

=∂Vj∂xi

Satz 22.1 bleibt ebenfalls richtig.

22.3 Bemerkungen zu skalaren Oberflachenintegralen

1. ~v1, ..., ~vs ∈ Rn linear unabhangig

V ={t1v1 + t2v2 + ...+ t2v2

∣∣ ti ∈ [0, 1]}

s-dimensionales Parallelepiped

s = n : |det(~v1, ..., ~vn)| = vol(V )

det((~v1, ..., ~vn) · (v1, ..., ~vn)T

)= det

((〈~vi, ~vj〉

)ni,j=1

)1 ≤ s < n: Bestimme auf L

({~v1, ..., ~vs}

)eine Orthonormal-Basis ~f1, ..., ~fs

↓φ~e1,...,~es

in L({~f1, ..., ~fs}

)hat V dasselbe Volumen wie φ(V ) in L

({~e1, ..., ~es}

)vol(φ(V )

)2= det

(⟨~vi, ~vj

⟩si,j=1

)

466

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2. U ⊆ Rs, φ : U → Rn eine injektive C1-Immersion.

vols(φ(U)

)=?

∂φ

∂u1, ...,

∂φ

∂us... linear unabhangige Vektoren

~Ns+1, ..., ~Nn ... Normalvektoren auf∂φ

∂uifur i = 1, ..., s⟨

~Ni, ~Nj

⟩= 0 fur i 6= j und ‖Ni‖ = 1 fur i = s+ 1, ..., n

Ni sollen differenzierbar von u1, ..., us abhangen

ψ :

{U × [−ε, ε]n−s → Rn

(u1, ..., un) 7→ φ(u1, ..., us) + us+1~Ns+1(u1, ..., us) + ...+ un ~Nn(u1, ..., us)

∂ψ

∂ui=

∂φ

∂ui+ us+1

∂ ~Ns+1

∂ui+ ...+ un

∂ ~Nn∂ui

i = 1, ..., s

∂ψ

∂ui= ~Ni

ı = s+ 1, ..., n

⟨∂ψ

∂ui,∂ψ

∂uj

⟩=

gij +

∑l

ul(·) 1 ≤ i, j ≤ s

0 i ≤ s j > s

δij s < i, j ≤ n

λn

(ψ(U × [−ε, ε]n−s

))∼ (2ε)n−s · vols

(φ(U)

) 16.7=

16.7=

ˆ· · ·ˆ

U×[−ε,ε]n−s

√√√√det

(gij +

n∑l=s+1

ul(·)

)du1, ..., dun =

=

ˆ· · ·ˆ

U

ˆ· · ·ˆ

[−ε,ε]n−s

√g(1 +O(ε)

)du1, ..., dus, dus+1, ..., dun =

=

ˆ· · ·ˆ

U

√g du1, ..., dus(2ε)

n−s(1 +O(ε))

vol(φ(U)

)= limε→0

(λn

(ψ(U × [−ε, ε]n−s)

) 1

(2ε)n−s

)=

ˆ· · ·ˆ

U

√g du1, ..., dus

Definition 22.3. Seien γ1, γ” zwei Kurven in U ⊆ Rp gegeben durch Parameterisierungenγi : ~x = xi(t) mit t ∈ [0, 1].γ1 und γ2 sollen gemeinsame Anfangs- und Endpunkte haben:~x1(0) = ~x2(0) und ~x1(1) = ~x2(1)Die beiden Kurven γ1 und γ2 heißen dann homotop, wenn es eine stetige Abbildung H : [0, 1]2 → U

467

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gibt, sodass:

H(0, t) = ~x1(t) und H(1, t) = ~x2(t) fur t ∈ [0, 1] gilt

H(u, 0) = ~x1(0) fur u ∈ [0, 1] und H(u, 1) = ~x1(1)

H(12, ·)

γ2 = H(1, ·)

γ1 = H(0, ·)

Bemerkung 277. Ein Gebiet U ⊆ R2 heißt einfach zusammenhangend, wenn jedes Paarvon Kurven γ1 und γ2 aus U mit gemeinsamen Anfangs- und Endpunkten homotop ist.(wenn jede geschlossene Kurve nullhomotop︸ ︷︷ ︸

homotop zurtrivialen Kurve~x(t)=~x(0)

ist)

22.4 Der Integralsatz von Gauß in der Ebene

Satz 22.2. Sei U ⊆ R2 ein Gebiet und ~V : U → R2 ein C1−Vektorfeld. Sei B ⊆ U ein Normal-bereich bezuglich beider Achsen mit stetigen Randkurven, dann gilt:

ˆ

∂B

~V d~x =

¨

B

(−∂V1

∂y+∂V2

∂x

)dx dy

468

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Beweis.

B ={

(x, y) ∈ R2∣∣∣ a ≤ x ≤ b, f(x) ≤ y ≤ g(x)

}=

={

(x, y) ∈ R2∣∣∣ c ≤ y ≤ d, h(y) ≤ x ≤ j(y)

∂B

V1 dx +V2 dy =

˛

∂B

V1 dx +

˛

∂B

V2 dy

x = j(y)x = h(y)

y = f(x)

y = g(x)

˛

∂B

V1 dx =

a

V1

(x, f(x)

)dx−

a

V1

(x, g(x)

)=

= −bˆ

a

(V1

(x, g(x)

)− V1

(x, f(x)

))dx = −

a

g(x)ˆ

f(x)

∂V1

∂ydy

dx =

¨

B

−∂V1

∂ydx dy

˛

∂B

V2 dy =

c

V2

(j(y), y

)dy−

c

V2

(h(y), y

)dy =

=

c

j(y)ˆ

h(y)

∂V2

∂xdx dy =

¨

B

∂V2

∂xdx dy

469

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Bemerkung 278.

ˆ

∂B1

~V d~x

ˆ

∂B2

~V d~x

B1 ∩ B2 = ∅∂B1 ∩ ∂B2 ... Kurve

Das heißt:

˛

∂(B1∪B2)

~V d~x =

˛

∂B1

~V d~x+

ˆ

∂B2

~V d~x

Die Gultigkeit des Integralsatzes von Gauß kann auf endliche Vereinigungen von Normal-bereichen bezuglich beider Achsen ausgedehnt werden.

Interpretation ˛

∂B

~V d~x =

∂B ... Kreislinie um ~x0

~x = ~x0 +

(r cos(t)r sin(t)

)

=

2πˆ

0

(V1

(~x0 +

(r cos(t)r sin(t)

))·(− r · sin(t)

)+ V2

(~x0 +

(r cos(t)r sin(t)

))· r cos(t)

)dt =

=

2πˆ

0

⟨~V

(~x0 +

(r cos(t)r sin(t)

)),

(−r sin(t)r cos(t)

)⟩dt ... Wirbel um ~x0

470

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¨

B

(−∂V1

∂y+∂V2

∂x

)︸ ︷︷ ︸

W

dx dy

R

0

2πˆ

0

W

(~x0 +

(r cos(t)r sin(t)

))+ rdrdt

limR→0

1

R2π

¨

B

W dx dy

= W (~x0)

∣∣∣∣∣∣∣1

R2π

¨

‖~x0−~x‖≤R

(W (~x0)−W (~x)

)dx dy

∣∣∣∣∣∣∣ ≤1

R2π

¨

‖~x0−~x‖≤R

∣∣W (~x0)−W (~x)∣∣dx dy

(22.18)

∀ε > 0, ∃δ > 0 : ∀~x : ‖~x0 − ~x‖ < δ ⇒∣∣W (~x0)−W (~x)

∣∣ < ε

fur Rδ gilt dann (22.18) < ε

limr→0

1

r2π

˛

‖~x0−~x‖=r

~V d~x

= W (~x0) = −∂V1

∂y(~x0) +

∂V2

∂x(~x0)

Wirbeldichte von ~V

~V heißt wirbelfrei, wenn −∂V1

∂y + ∂V2

∂x = 0 gilt.

Linke Seite des Gaußschen Integralsatzes

˛

γ

~V d~x = ... γ ist eine geschlossene Kurve

=

¨

B

−∂V1

∂y+∂V2

∂xdx dy = 0, wenn γ = ∂B

Wenn der Definitionsbereich von U so beschaffen ist, dass jede geschlosseneKurve Rand eines Gebietes ist dann gilt, dass aus der Gultigkeit der Integrabi-litatsbedinung folgt, dass integral uber jede geschlossene Kurve 0 ist und somitwegunabhangig.

∂V1

∂y=∂V2

∂x⇒

˛

γ

~V d~x = 0

471

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γ

Noch einmal

˛~V d~x =

a

⟨~V ◦ γ,~t

⟩ds ... Tangentialanteil von ~V entlang von γ

a

⟨~V , ~n

⟩ds = Normalanteil von ~V entlang von γ

~nds =

(dy−dx

)~tds =

(dxdy

)

=

a

~V ·(

dy−dx

)=

˛

γ

−V2 dx +V1 dy

472

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~n

~t

~V

˛

∂B

−V2 dx +V1 dy =

¨

B

∂V2

∂y+∂V1

∂xdx dy =

=

¨

B

∂V1

∂x+∂V2

∂y︸ ︷︷ ︸Quelldichte

dx dy

limR→0

1

R2π

˛

‖~x−~x0‖=R

−V2 dx +V1 dy

=∂V1

∂x+∂V2

∂y

Beispiel 147.

˛

γ

−y dx +xdy

x2 + y2

γ geschlossene Kurve in R2 \ {0}

γ : ~x =

(r cos(t)r sin(t)

γ

−y dx +xdy

x2 + y2= 2π

473

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γ

−π

π

φ(x, ) = Arg(x+ iy) ist eine Stammfunktion von ~V auf R2 \(R−0 × {0}

γ

−y dx +x dy

x2 + y2= Arg

(x(π) + iy(π)

)−Arg

(x(−π) + iy(−π)

)= π − (−π) = 2π

# Umlaufe von γ um den ursprung; Umlaufzahl

22.5 Oberflachenintegrale

Sei ~V : U → R3 (mit U ⊆ R3 offen) ein C1−Vektorfeld. Sei O ⊆ U eine Flache,gegeben durch eine Parametrisierung:

O = φ(V )

V ⊆ R2

φ Immersion

O~N

~V (~x)

474

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‖ ~N‖ = 1

gesucht:”Fluss von ~V durch O”

¨

O

⟨~V , ~N

⟩do

hangt von der Orientierung der Flache ab. Die Orientierung wird durch die Wahlder Normalvektors ~N festgelegt. ( ~N soll stetig vom Punkt abhangen).

Bemerkung 279. O muss orientierbar sein. Das heißt, es muss einen stetig vom Ortabhangigen Normalvektor auf O geben.

¨

O

⟨~V , ~n

⟩do =

¨

V

⟨~V ◦ φ,±

∂φ∂u ×

∂φ∂v

�����

∥∥∥∂φ∂u × ∂φ∂v

∥∥∥⟩·��

����∥∥∥∥∂φ∂u × ∂φ

∂v

∥∥∥∥︸ ︷︷ ︸√g

du dv

φ : (u, v) 7→

x(u, v)y(u, v)z(u, v)

¨

V

⟨~V ◦ φ,±∂φ

∂u× ∂φ

∂v

⟩=

¨

O

⟨~V , d~o

⟩d~o = ~Ndo vektorielles Oberflachenelement

d~o = ±∂φ∂u× ∂φ

∂v

∂φ

∂u× ∂φ

∂v=

∂x∂u

∂y∂u

∂z∂u

×

∂x∂v

∂y∂v

∂z∂v

=

∂y∂u

∂z∂v− ∂z

∂u∂y∂v

∂z∂u

∂x∂v− ∂x

∂u∂z∂v

∂x∂u

∂y∂v− ∂y

∂u∂x∂v

(∂y

∂u

∂z

∂v− ∂z

∂u

∂y

∂v

)du dv = dy ∧dz =

=

(∂y

∂udu +

∂y

∂vdv

)∧

(∂z

∂udu +

∂z

∂vdv

)=[

dy ∧ dz = −dz ∧dydx ∧dx = 0

]=���

����∂y

∂u

∂z

∂udu ∧du +

∂y

∂u

∂z

∂vdu ∧dv +

∂y

∂v

∂z

∂udv ∧du +���

����∂y

∂u

∂z

∂udv ∧dv =

=

(∂y

∂u

∂z

∂v− ∂z

∂u

∂y

∂v

)du ∧dv

475

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Schreibweise ¨

O

V1 dy ∧dz +V2 dz ∧dx +V3 dx ∧dy

¨

V

(·)

du ∧ dv ←→ du ∧ dv = ±du dv

Bemerkung 280.

¨

O

⟨~V , d~o

⟩ist von der Parametrisierung unabhangig

Beispiel 148.

¨

‖~x‖=1

xdy ∧dz +y dz ∧dx +z dx ∧dy

x = cos(ϕ) sin(ϑ)y = sin(ϕ) cos(ϑ)z = cos(ϑ)

←→ 0 ≤ ϕ ≤ 2π0 ≤ ϑ ≤ π

~N =

xyz

do = sin(ϑ)dϑdϕ

2πˆ

ϕ=0

π

ϑ=0

⟨xyz

,

xyz

⟩︸ ︷︷ ︸

1

sin(ϑ)dϑdϕ = 4π

dx = − sin(ϕ) sin(ϑ)dϕ+ cos(ϕ) cos(ϑ)dϑdy = cos(ϕ) sin(ϑ)dϕ+ sin(ϕ) cos(ϑ)dϑdz = − sin(ϑ)dϑ¨

xdy ∧dz +y dz ∧dx +z dx ∧dx =

=

¨

[0,2π]×[0,π]

cos(ϕ) sin(ϑ)(

cos(ϕ) sin(ϑ)dϕ+ sin(ϕ) cos(ϑ)dϑ)∧(− sin(ϑ)dϑ

)+

+ sin(ϕ) sin(ϑ)(− sin(ϑ)dϑ

)∧(− sin(ϕ) sin(ϑ)dϕ+ cos(ϕ) cos(ϑ)dϑ

)+

+ cos(ϑ)(− sin(ϕ) sin(ϑ)dϕ+ cos(ϕ) cos(ϑ)dϑ

)∧(

cos(ϕ) sin(ϑ)dϕ+ sin(ϕ) cos(ϑ)dϑ)

=

476

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=

¨cos(ϕ)2 sin(ϑ)3dϑ∧dϕ+ sin(ϕ)2 sin(ϑ)3dϕ∧dϕ+ sin(ϕ)2 cos(ϑ)2 sin(ϑ)dϑ∧dϕ+

+ cos(ϕ)2 cos(ϑ)2 sin(ϑ)dϑ∧dϕ =

=

¨ (sin(ϑ)3 + cos(ϑ)2 sin(ϑ)

)dϑ∧dϕ

ϑ

ϕ

ϑ

ϕ

=

¨sin(ϑ)dϑ · dϕ

477

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22.6 Der Integralsatz von Stokes

U ⊆ R3, ~V : U → R3 ein C1−Vektorfeld, O ⊆ U eine Flache, berandet von derKurve γ

u

v

B Oφ

˛

γ

~V d~x =

˛

γ

V1 dx +V2 dy +V3 dz =

=

˛

∂B

V1

(∂x

∂udu +

∂x

∂vdv

)+ V2

(∂y

∂udu +

∂y

∂vdv

)+ V3

(∂z

∂udu +

∂z

∂vdv

)=

=

˛

∂B

(V1∂x

∂u+ V2

∂y

∂u+ V3

∂z

∂u

)du +

(V1∂x

∂v+ V2

∂y

∂v+ V3

∂z

∂v

)dv =

=

¨

B

[−

(����∂V1

∂x

∂x

∂v+∂V1

∂y

∂y

∂v+∂V1

∂z

∂z

∂v

)· ∂x∂u− V1���∂2x

∂u∂v−

−(∂V2

∂x

∂x

∂v+����∂V2

∂y

∂y

∂v+∂V2

∂z

∂z

∂v

)· ∂y∂u−����

V2∂2y

∂u∂v

(∂V3

∂x

∂x

∂v+∂V3

∂y

∂y

∂v+����∂V3

∂z

∂z

∂v

)· ∂z∂u−����

V3∂2z

∂u∂v+

+

(����∂V1

∂x

∂x

∂u+∂V1

∂y

∂y

∂u+∂V1

∂z

∂z

∂u

)· ∂x∂v

+����

V1∂2x

∂u∂v

+

(∂V2

∂x

∂x

∂u+����∂V2

∂y

∂y

∂u+∂V2

∂z

∂z

∂u

)· ∂y∂v−����

V2∂2y

∂u∂v

+

(∂V3

∂x

∂x

∂u+∂V3

∂y

∂y

∂u+����∂V3

∂z

∂z

∂u

)· ∂z∂v−����

V3∂2z

∂u∂v

]=

478

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=

¨

B

[(∂V3

∂y− ∂V2

∂z

)(∂y

∂u

∂z

∂v− ∂z

∂u

∂y

∂v

)+

(∂V1

∂z− ∂V3

∂x

)(∂z

∂u

∂x

∂v− ∂x

∂u− ∂x

∂u

∂z

∂v

)(∂V2

∂x− ∂V1

∂y

)(∂x

∂u

∂y

∂v− ∂y

∂u

∂x

∂v

)]du dv =

¨

O

∂V3

∂y −∂V2

∂z∂V1

∂z −∂V3

∂x∂V2

∂x −∂V1

∂y

d~o

∂V3

∂y −∂V2

∂z∂V1

∂z −∂V3

∂x∂V2

∂x −∂V1

∂y

=: rot(~V ) Rotation von ~V

˛

∂O

~V d~x =

¨

O

rot(~V )d~o

∇ =

∂∂x

∂∂y

∂∂z

rot(~V)

= ∇× ~V

Satz 22.3. Integralsatz von StokesSei U ⊆ R3 offen, ~V : U → R3 ein C1−Vektorfeld und O ⊆ U eine orientierbare Flache mitstuckweise differenzierbarer Randkurve (gegeben durch eine C1−Immersion φ : V → U mit V ⊆R2), dann gilt:

ˆ

∂O

~V d~x =

¨

O

rot(~V)d~o

Beweis. Direkte Folgerung aus dem Satz von Gaußschen Integralsatzes in derEbene (siehe oben).

Bemerkung 281. rot(~V)

ist die Wirbeldichte von ~V in folgendem Sinne:

Sei γr der Kreis mit Radius r um ~x0 ∈ U in der auf ~N senkrecht stehenden Ebene.; dieOrientierung von γr sei so gewahlt, dass die Rechtsschraubenregel gilt.Linke Seite: ˛

γr

~V d~x ... Anteil von ~V in Tangentenrichtung in den Kreis

479

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Rechte Seite: ¨

Kr( ~N,~x0)

rot(~V)d~o =

¨

Kr( ~N,~x0)

⟨rot(~V), ~N⟩

do

Kr

(~N, ~x0

)={~y ∈ R3

∣∣∣ ‖~x0 − ~y‖ ≤ r und⟨~x0 − ~y, ~N

⟩= 0}

limr→0

1

r2π

¨

Kr( ~N,~x0)

⟨rot(~V), ~N⟩

do

=⟨

rot(~V)

(~x0), ~N⟩

2-dimensionale Winkeldichte in der auf ~N senkrecht stehenden Ebene

Bemerkung 282. Ein Vektorfeld ~V fur das rot(~V)≡ ~0 gilt, heißt wirbelfrei.

Wenn U so beschaffen ist, dass jede geschlossene Kuve γ ein Flachenstuck aus U berandet,dann gilt:

˛

γ

~V d~x =

¨

O

rot(~V)d~o mit ∂O = γ

Wenn dann ~V wirbelfrei ist, dann gilt:

˛

γ

~V d~x = 0

fur jede geschlossene Kurve γ in U . Dann ist das Kurvenintegral

ˆ~V d~x

wegunabhangig.

22.7 Der Integralsatz von Gauß im Raum

~V : U → R3 ein C1−Vektorfeld‹

∂B

~V d~o

︸ ︷︷ ︸Oberflachenintegral

uber eine geschlosseneFlache, die ein Gebiet

berandet

=

˚

B

Qdx dy dz

︸ ︷︷ ︸Q ... Quelldichte

480

Page 488: Analysis - IG Mathe · ximation, zun achst f ur Funktionen auf Gebieten in einem Rnund dann koordina- ... 7 Konvexe Funktionen 185 7.1 Eine stetige nirgends di erenzierbare Funktion

Berechne Q durch”Gebiets-Differentiation”:

‖~x−~x0‖=r

~V d~o =

~x = ~x0 + r

cos(ϕ) sin(ϑ)sin(ϕ) sin(ϑ)

cos(ϑ)

0 ≤ ϕ ≤ 2π0 ≤ ϑ ≤ π

d~o =

cos(ϕ) sin(ϑ)sin(ϕ) sin(ϑ)

cos(ϑ)

r2 sin(ϑ)dϑdϕ

=

2πˆ

ϕ=0

π

ϑ=0

⟨~V (~x),

cos(ϕ) sin(ϑ)sin(ϕ) sin(ϑ)

cos(ϑ)

⟩ r2 sin(ϑ)dϑdϕ

~V (~x) =

V1(~x0) + ∂V1

∂x (~x0)(x− x0) + ∂V1

∂y (~x0)(y − y0) + ∂V1

∂z (~x0)(z − z0) + o(r)

V2(~x0) + ∂V1

∂x (~x0)(x− x0) + ∂V2

∂y (~x0)(y − y0) + ∂V2

∂z (~x0)(z − z0) + o(r)

V3(~x0) + ∂V1

∂x (~x0)(x− x0) + ∂V3

∂y (~x0)(y − y0) + ∂V3

∂z (~x0)(z − z0) + o(r)

2πˆ

ϕ=0

π

ϑ=0

V1(~x0) cos(ϕ) sin(ϑ)2dϑdϕ = 0

π

ϑ=0

2πˆ

ϕ=0

r3 cos(ϕ)2 sin(ϑ)3dϑdϕ = r3π

π

0

sin(ϑ)(1− cos(ϑ)2

)dϑ =

= − cos(ϑ) +cos(ϑ)3

3

∣∣∣π0

=4πr3

ϑ=0

2πˆ

0

r3 sin(ϕ) cos(ϕ) sin(ϑ)3dϑdϕ = 0

‖~x−~x0‖=r

~V d~o =4πr3

3

(∂V1

∂x(~x0) +

∂V2

∂y(~x0) +

∂V3

∂z(~x0)

)+ o(r3)

limr→0

(1

4πr3

3

‹~V d~o =

∂V1

∂x+∂V2

∂y+∂V3

∂z

)= div

(~V)

= ∇ · ~V

Divergenz von ~V

∂B

V1 dy ∧ dz = (22.19)

481

Page 489: Analysis - IG Mathe · ximation, zun achst f ur Funktionen auf Gebieten in einem Rnund dann koordina- ... 7 Konvexe Funktionen 185 7.1 Eine stetige nirgends di erenzierbare Funktion

B ... Normalberech bezuglich aller drei Achsen

B ={

(x, y, z) ∈ R3∣∣∣ (x, y) ∈ Bz, f1(x, y) ≤ z ≤ g1(x, y)

}=

={

(x, y, z) ∈ R3∣∣∣ (x, z) ∈ By, f2(x, z) ≤ y ≤ g2(x, z)

}=

={

(x, y, z) ∈ R3∣∣∣ (y, z) ∈ Bx, f3(y, z) ≤ x ≤ g3(y, z)

}f(y, z)

yz

∂f∂y

10

×∂f

∂z

01

=

1

−∂f∂y

−∂f∂z

(22.19) =

¨

Bx

V1

(g3(y, z), y, z

)=

¨

Bx

V1

(f3(y, z), y, z

)dy dz

¨

Bx

(V1

(g3(y, z), y, z

)− V1

(f3(y, z), y, z

))dy dz =

=

¨

Bx

g3(y,z)ˆ

x=f3(y,z)

∂V1

∂x

(x, y, z

)dx dy dz =

=

˚

B

∂V1

∂x

(x, y, z

)dx dy dz

Analog fur:

∂B

V2 dz ∧ dx und

∂B

V3 dx ∧dy

Anwendung [Warmeleitungsgleichung]

B ⊆ R3

∂B stuckweise glatt, das heißt ist Bild unter einer differentierbaren Abbildung

B kompakt

u : B × R+0 → R

u(~x, t) ... Temperatur im Punkt ~x > zum Zeitpunkt t ≥ 0

V ⊆ BV mit glattem Rand

∂u

∂t... Temperaturanderung

482

Page 490: Analysis - IG Mathe · ximation, zun achst f ur Funktionen auf Gebieten in einem Rnund dann koordina- ... 7 Konvexe Funktionen 185 7.1 Eine stetige nirgends di erenzierbare Funktion

B

V

˚

V

∂u

∂tdx dy dz ... kummulierte Temperaturanderung in V

∂V

Grad(u)d~o ... Fluss des Temperaturgradienten durch ∂V

a2

˚

V

=∂u

∂tdx dy dz =

∂V

Grad(u)d~o =

˚

V

div(

Grad(u))

dx dy dz

˚

V

(a2 ∂u

∂t−∆u

)dx dy dz = 0

∀V ⊆ B mit glattem Rand

⇒ a2 ∂u

∂t−∆u = 0 Warmeleitungsgleichung

Anfangbedingung:

u (~x, 0) = f (~x) fur ~x ∈ B

Randbedingung:

1. [Dirichlet-Randwertproblem]

u (~x, t) = 0 fur ~x ∈ ∂B

2. [Neumann-Randwertproblem]

∂u

∂~n(~x, t) = 0 fur ~x ∈ ∂B

~n ⊥ ∂B

483

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u (~x, t) = X (~x)T (t)[a := 1

]X (~x) · T ′(t) = T (t) ·∆X (~x)

T ′(t)

T (t)=

∆X (~x)

X (~x)= −λ konstant

T (t) = c · e−λt

∆X = −λX ... Eigenwerte von ∆

Bemerkung 283.

−λ ≤ 0 ←→ λ ≥ 0

Die Eigenwerte sind diskret

Die zugehorigen Eigenfunktionen spannen den L2(B) auf

span(Xλ,−λ Eigenwert

)... ist dicht in C(B)

u (~x, t) =∑λ

aλe−λtXλ (~x)

f (~x) = u (~x, 0) =∑λ

aλXλ (~x)

Im Sinne, dass:

limT→∞

ˆB

(f (~x)−

∑λ<T

aλXλ (~x)

)2

dx dy dz

−→ 0

Rand:

1.

X (~x) = 0 fur ~x ∈ ∂B

2.

∂X

∂~n(~x) = 0 fur ~x ∈ ∂B

u ≡ const ist eine Losung fur 2.

a0 +∑λ>0

aλe−λtXλ (~x) = u (~x, t)

limt→∞

(u (~x, t)

)= a0

B = R3

∆u = ut

484

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u (~x, t) =1

t32

exp

(−‖~x‖

2

4t

)∂u

∂t= −3

2

1

t52

exp

(−‖~x‖

2

4t

)+

1

t32

exp

(−‖~x‖

2

4t

)· ‖~x‖

2

4t2=

=1

t52

exp

(−‖~x‖

2

4t

)(−3

2+‖~x‖2

4t

)∂u

∂x= − 1

t32

exp

(−‖~x|

2

4t

)· x

2t

∂2u

∂x2= − 1

t32

exp

(−‖~x‖

2

4t

)(− x

2t

)· x

2t− 1

t32

exp

(−‖~x‖

2

4t

)· 1

2t=

=1

4t72

exp

(−‖~x‖

2

4t

)· x2 − 1

2t52

exp

(−‖~x‖

2

4t

)

∆u =1

4t72

exp

(−‖~x‖

2

4t

)· ‖~x|2 − 3

2

1

t52

exp

(−‖~x‖

2

4t

)

∀~y ∈ R3 ist1

t32

exp

(−‖~x− ~y‖

2

4t

)eine Losung

˚

R3

1

t32

exp

(−‖~x‖

4t

)dx dy dz =

−∞

e−x2

4t · 1√t

dx ·∞

−∞

e−y2

4t · 1√t

dy ·∞

−∞

e−z2

4t1√t

dz

−∞

e−x2

4t · 1√t

dx =

−∞

e−u2

2 du = 2√u

[u =√

4t · u]

Ht (~x, ~y) =1

8π√πt

32

exp

(−‖~x− ~y‖

2

4t

)... Warmeleitungskern

g (~x, t) =

˚

R3

f (~y)1

8π√πt

32

exp

(−‖~x− ~y‖

2

4t

)dV (~y)︸ ︷︷ ︸

dy1 dy2 dy3

Sei f : R3 → R mit

˚

R3

|f (~x)|dx1 dx2 dx3 <∞

g lost ∆g =∂g

∂t|f (~x)| ≤M

limt→0

(g (~x, t)

)= f (~x)

485

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Genugt fur ~x = ~0, wenn f stetig in ~x ist.

ˆ

R3

f (~y)1

8π√πt

32

exp

(−|~x‖

4t

)dy1 dy2 dy3−f

(~0)

=

˚

‖~y‖<tα

...+

˚

‖~y‖>tα

...− f(~0)

=

=

˚

‖~y‖<tα

(f (~y)− f

(~0)) 1(

2√πt)3 exp

(−‖~y‖

2

4t

)dy1 dy2 dy3 +

˚

‖~y‖>tα

...

weil f stetig in ~y = 0 ist, gibt es ein δ > 0, sodass∣∣∣f (~y)− f(~0)∣∣∣ < ε fur ‖~y‖ < δ

fur tα < δ gilt:(α > 0

)∣∣∣∣∣∣∣˚

‖~y‖<tα

...dy1 dy2 dy3

∣∣∣∣∣∣∣ ≤ ε˚

R3

1(2√πt)3 exp

(−‖~y‖

2

4t

)dy1 dy2 dy3 =

= ε

∣∣∣∣∣∣∣˚

‖~y‖>tα

(f (~y)− f

(~0)) 1(

2√πt)3 exp

(−‖~y‖

2

4t

)dy1 dy2 dy3

∣∣∣∣∣∣∣ ≤≤ 2M · 1(

2√πt)3 · ˚‖~y‖>tα

... = 2M1(

2√πt)3

y =

r cos(ϕ) sin(ϑ)r sin(ϕ) sin(ϑ)

r cos(ϑ)

2πˆ

ϕ=0

π

ϑ=0

r=tα

r2 sin(ϑ)er2

4t drdϑdϕ = 2M1(

2√πt)3 · 4π

r2e−r2

4t dr =

=�πM

�π√πt

32

·ˆ

12 tα− 1

2

4tu2e−u2√

4tdu =8M√π

ˆ

12 tα− 1

2

u2e−u2

du −→t→0

0

das heißt: limt→0+

(g (~x, t)

)= f (~x)

α <1

2

486

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22.8 Alternierende Differentialformen

ˆP dx +Qdy =

ˆ~V d~x,

¨~vd~o,

˚f dx dy dz︸ ︷︷ ︸

Sind bereits bekannt¨f dx ∧ dy ∧dz︸ ︷︷ ︸

Integrand=:ω

φ : (u, v, w) 7→ (x, y, z)

f · dx ∧ dy ∧dz =

= f ◦ φ(∂x

∂udu +

∂x

∂vdv +

∂x

∂wdw

)∧

(∂y

∂udu +

∂y

∂vdv +

∂y

∂wdw

)∧

(∂z

∂udu +

∂z

∂vdv +

∂z

∂wdw

)=

= f ◦ φ(∂x

∂u

∂y

∂v

∂z

∂w− ∂x

∂u

∂y

∂w

∂z

∂v− ∂x

∂v

∂y

∂u

∂z

∂w+∂x

∂v

∂y

∂w

∂z

∂u+∂x

∂w

∂y

∂u

∂z

∂v− ∂x

∂w

∂y

∂v

∂z

∂u

)du ∧dv ∧dw

f ◦ φ det

(∂(x, y, z)

∂(u, v, w)

)du∧dv ∧ dw

~V d~x = V1 dx +V2 dy +V3 dz

∂f

∂xdx +

∂f

∂ydy +

∂f

∂zdz

df (~v) = df ·

v1

v2

v3

= v1∂f

∂x+ v2

∂f

∂y+ v3

∂f

∂z=∂f

∂~v= ~vf

(V1 dx +V2 dy +V3 dz

)v1

v2

v3

= V1v1 + V2v2 + V3v3

~V d~o = V1 dy ∧dz +V2 dz ∧dx +V3 dx ∧dy︸ ︷︷ ︸σ ...Bilinearform

σ(~v1,~v2)=−σ(~v2,~v1)

(~v1, ~v2)

d(V1 dx +V2 dy +V3 dz

)= dV1∧dx +dV2∧dy +V3∧dz =

=

(∂V1

∂xdx +

∂V1

∂ydy +

∂V1

∂zdz

)∧dx +

(∂V2

∂xdx +

∂V2

∂ydy +

∂V2

∂zdz

)∧ dy +

+

(∂V3

∂xdx +

∂V3

∂ydy +

∂V3

∂zdz

)∧dz(

∂V3

∂y− ∂V2

∂z

)dy ∧dz +

(∂V1

∂z− ∂V3

∂x

)dz ∧dx +

(∂V2

∂x− ∂V1

∂y

)dx ∧dy

d(V1 dy ∧dz +V2 dz ∧dx +V3 dx ∧dy

)=

=

(∂V1

∂xdx +

∂V1

∂ydy +

∂V1

∂zdz

)∧dy ∧dz +

(∂V2

∂xdx +

∂V2

∂ydy +

∂V2

∂zdz

)∧dz ∧dx +

+

(∂V3

∂xdx +

∂V3

∂ydy +

∂V3

∂zdz

)∧dx ∧dy =

(∂V1

∂x+∂V2

∂y+∂V3

∂z

)dx ∧dy ∧ dz

d · d = 0

487

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ˆ

∂B

ω =

ˆ

B

︸ ︷︷ ︸Algemeiner Integralsatz von Stokes

Gilt in beliebigen Dimensionen

Sometimes it is the people no one can imagine anything of who dothe things no one can imagine.(Alan Turing)

488