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ANSICHTEN. EINSICHTEN. SCHLAGLICHTER. DAS RHEINISCHE LANDESTHEATER NEUSS VON 1992 BIS 2009 DAS RHEINISCHE LANDESTHEATER NEUSS

Ansichten. Einsichten. Schlaglichter. - Das Rheinische Landestheater von 1992 bis 2009

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„... lebendige Blicke in diesen ganz besonderen Betrieb Theater und Erinnerungen an die vergangenen siebzehn Jahre ...“

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ANSICHTEN. EINSICHTEN. SCHLAGLICHTER.

DAS RHEINISCHE LANDESTHEATER NEUSSVON 1992 BIS 2009

DAS RHEINISCHELANDESTHEATER NEUSS

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16. August 1925 Gründung des Rheinischen Städtebundtheaters GmbH mit Sitz in Neuss.

Mitglieder im Trägerverein sind neben der Sitzstadt Neuss die Gemeinden Buer (heute ein Stadtteil Gelsenkichens), Kleve, Emmerich, Gladbeck, Kohlscheid, Stolberg sowie die Kunstgemeinde Lüdenscheid und der Landkreis So-lingen. Spielstätte in Neuss ist das Zeughaus

1925 – 1928 Intendant Richard Jost4. Oktober 1925 Eröffnungspremiere im Zeughaus mit Friedrich Hebbels

„Agnes Bernauer“ Ensemblestärke: 17 Schauspielerinnen und Schauspieler

1928 – 1930 Intendant Fritz Kranz

1930 – 1933 Intendant Hanns König

1933 – 1934 Intendant Hans Voigt

1934 – 1944 Intendant Robert Sawallich24. September 1936 Umwandlung der GmbH in einen e.V.1937 Umbenennung in „Rheinisches Landestheater“ab 1939 Frontbespielung; Die Bühne bereist regelmäßig die be-

setzten Gebiete in Holland und Frankreich, eigens zu diesem Zweck erhält das Theater eine eigene Operetten-abteilung

1944 vorübergehende, kriegsbedingte Schließung

1945 – 1946 Intendant Erich Thormann Da das Zeughaus im Krieg zerstört wurde, zieht das The-

ater bis 1949 in eine Ausweichspielstätte nach Solingen-Ohligs (Festhalle)

1946 – 1950 Intendant Erich Brandt In einem angemieteten Tanzsaal an der Drususallee fi ndet

das Theater ein provisorisches Domizil

1950 – 1967 Intendant Philipp Vogel1955 Zum 30. Geburtstag des Rheinischen Landestheaters

lässt die Stadt das Gebäude errichten, das bis 2000 feste Spielstätte der Bühne bleibt

20. Februar 1958 Das Rheinische Landestheater erhält eine neue Satzung; es unterzeichnen 11 Landkreise sowie 40 Städte und Ge-meinden

1. November 1958 Eröffnung des Theaters an der Drususallee mit Johann Wolfgang Goethes „Iphigenie“

HISTORIE

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1959/1969 Ensemblestärke: 22 Schauspielerinnen und Schauspieler1965/1966 Zum ersten Mal seit Kriegsende taucht mit Pasos „Schö-

ne Geschichten mit Papa und Mama“ ein Kinderstück auf dem Spielplan auf

1967 – 1978 Intendant Hermann Wetzke Erstmals Engagement von Gaststars, um dem Konkur-

renzdruck durch kommerzielle Tourneetheater standzu-halten

1978 – 1983 Intendant Prof. Dr. Karl Wesseler1. Juli 1978 Kooperation mit dem Theater am Niederrhein

(TaN) in Kleve1. Januar 1981 Fusion des Rheinischen Landestheaters mit dem

Theater am Niederrhein1983 Die erste „Woche des Schülertheaters“ in Zu-

sammenarbeit mit der Stadt Neuss fi ndet statt

1983 – 1987 Intendant Gert Omar Leutner Der Kulturkeller an der Oberstraße wird als Experimen-

tierbühne eingerichtet und mit Kafkas „Bericht für eine Akademie“ eingeweiht

1984/1985 Einrichtung der Kindertheaterreihe der Stadt Neuss

1987 – 1992 Intendant Egmont Elschner Das Studio an der Wolberostraße wird

als zusätzliche Spielstätte eröffnet25. Oktober 1988 Gründung des Vereins der Freunde und Förderer1990 Der erste Förderpreis wird an Klaus von Mirbach verge-

ben

1992 – 2004 Intendant Burkhard Mauer16. Dezember 2000 Das neue Theater an der Oberstraße

wird mit William Shakespeares „Viel Lärm um nichts“ eröffnet

2002 NRW Theatertreffen2003 NRW Kinder- und Jugendtheatertreffen

2004 – 2009 Intendantin Ulrike SchankoNovember 2005 Erstes Zentrales Schauspielschulvorsprechen24./25. April 2007 „Café Pumpe“: 24 Stunden non-stop Impro-

visationstheater gegen geplante Mittelkürzun-gen (Weltrekord)

10. Juni 2008 Sonderpreis nrw-ticket für „Café Pumpe“2008 Die Schülertheaterwoche wird 25 Jahre alt

ab August 2009 Intendantin Bettina Jahnke

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Ansichten. einsichten. schlAglichter.

DAs rheinische lAnDestheAter neussvon 1992 bis 2009

Das RheinischeLanDestheateR neuss

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Zentaur und Triton auf dem Dach des alten Theaters an der Drususallee

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„Morgen gehen wir los“, beschließen die beiden halbwüch-sigen Söhne der Fritzens und der Hansens in Philippe Adriens Stück „Sonntags am Meer“. In der Inszenierung von Sylvia Richter setzt dieser Abend einen kraftvollen Schlussakkord, der wesentliche Elemente des künstlerischen Schaffens in den ver-gangenen siebzehn Jahren fokussiert. In Adriens klugem Stück geht es um den Ausbruch aus einem in floskelhaftem Geplänkel erstarrten Alltag, in dem die Wirklichkeit hinter leeren, skurri-len Ritualen restlos verloren gegangen ist, hin zur Suche nach neuen Horizonten. Angewiesen auf die kritische, deutende Re-flexion der Zuschauer, verweigert sich Adriens Stück bewusst einer bloß konsumtiven, passiven Wahrnehmung und trifft auch hierin eines der zentralen Anliegen, die das Schaffen Burkhard Mauers und Ulrike Schankos geprägt haben, nämlich die Ab-sicht, Denken in Gang zu bringen.

Indem das derzeitige künstlerische Team mit „Sonntags am Meer“ einen so außergewöhnlichen Schlusspunkt seiner Neus-ser Arbeit gesetzt hat, ist es einmal mehr eben jenem Interes-se an Neuem, Außergewöhnlichem gefolgt, das die Spielpläne des Rheinischen Landestheaters in den vergangenen siebzehn Jahren signifikant geprägt hat. Neben der für eine Landesbühne herausragenden Zahl von 13 Uraufführungen und 25 Deutschen bzw. Deutschsprachigen Erstaufführungen hatten die Zuschauer immer wieder auch Gelegenheit, „Ausgrabungen“ zu erleben,

Aufbruch zu neuen horizonten

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Stücke, die völlig zu Unrecht wenig oder gar nicht gespielt und für die Neusser Bühne wiederentdeckt wurden. Dabei ging es immer auch um das konkrete Aufgreifen der Lebenswirklichkeit der Zuschauer in Neuss und den Abstecherorten. Recherchen etwa zur Situation von Arbeitslosen, Schlaglichter auf unter-schiedliche Migrantengruppen, die Einbindung von lokalen Bands und Verbänden in die Rahmenprogramme gipfelten zu-letzt mit „Crayfish. Ein Stück HipHop“ in einem Cross-Over-Projekt, das mit Tänzern, Rappern, Graffitti-Sprayern, Videojo-ckeys und Schauspielern mit generationsübergreifendem Erfolg auf die Bühne gesetzt wurde. Dabei gehört es zum Neusser Selbstverständnis, gerade solche Projekte im Schauspielhaus zu zeigen, und das im Rahmen des Abonnements, und sie eben nicht wie vielerorts üblich im Studio zu verstecken. Inszenie-rungen wie „Krieg“, „Motortown“ oder „Verbrennungen“, um nur die jüngste Vergangenheit zu zitieren, zählen nicht nur we-gen ihrer starken Regiehandschrift, sondern gerade auch wegen dieses Mutes zu den herausragenden Erfolgen bei Publikum und Presse. Die Abenteuerlust blieb aber beileibe nicht auf das Sprechtheater begrenzt: Mit „The Tempest“, „The Fairy Queen“ und „King Arthur“ wurde in Kooperation mit der Capella Picco-la die Verbindung von Schauspiel und Oper gesucht. Der Zugriff auf den musikalischen Nachlass von Ralph Benatzky führte zur Uraufführung der neuen (rheinischen) Operette „Frauen für Na-poleon“, und John von Düffel schließlich schrieb als Auftrags-werk für Neuss die Swing-Revue „Call the police“.

Als Kritikerin habe ich in all diesen Jahren immer wie-der Inszenierungen erlebt, die so klug und originell, so radi-kal, überraschend oder auch bezaubernd waren, dass mich der bevorstehende Abschied von diesem Team persönlich sehr wehmütig macht: Schließlich geht nicht nur eine Epoche des Rheinischen Landestheaters zu Ende, sondern auch eine Zeit intensiver Erlebnisse und Begegnungen mit Stücken, Themen und Menschen, durch die dieses Haus auch ein bisschen „mein Theater“ geworden ist.

Bleibt die Frage, ob es gelingen kann, aus der Fülle all die-ser innovativen Projekte und aufregenden Inszenierungen einen Rückblick zu destillieren. Verliert sich nach 222 Premieren, Tausenden Aufführungen, ungezählten Nebenproduktionen und Hunderten von Menschen, die mit all ihrem künstlerischen, in-

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Endstation Sehnsuchtmit: André Felgenhauer, Vera Kasimir

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tellektuellen, handwerklichen Können diese Jahre geprägt und wichtige Akzente gesetzt haben, nicht jeder Versuch zwangsläu-fig im Einzelnen, Fragmentarischen?

Manches lässt sich im Spiegel der Kritik nachlesen. Nur schwer einfangen lässt sich aber, was die Theaterarbeit im We-sentlichen ausmacht: der Geist eines Hauses und seiner Mit-arbeiter, die tägliche Suche nach der zeitgemäßen Form. Aber auf der Suche nach den schönsten Geschichten, Erinnerungen, Momentaufnahmen aus diesen siebzehn Jahren, in denen sich das Neusser Theater sowohl buchstäblich – mit dem neuen Haus – als auch intellektuell wie emotional einen neuen, festen Ort er-obert hat, musste ich schnell feststellen, dass solche Geschich-ten ein bisschen sind wie seltene Schmetterlinge: Man kann sie finden, aber nicht suchen. Stattdessen ergab sich in Gesprächen mit zufällig ausgesuchten Mitarbeitern etwas völlig anderes: spannende Einblicke in diese unerhört produktive, quirlige, ide-enreiche und chronisch unterfinanzierte Welt des Theaters. Über ihr Leben mit einer Mindestzahl vorgeschriebener Ruhezeiten, mit kleinen Gehältern und großen Aufgaben, über die ständig neuen Anforderungen, die der Alltag im Theater an jeden ein-zelnen Mitarbeiter stellt, gaben alle Befragten in spannenden, lebendigen Gesprächen bereitwillig Auskunft.

So sehr sich aus diesen Gesprächen aber auch lebendige Blicke in diesen ganz besonderen Betrieb Theater und Erinne-rungen an die vergangenen siebzehn Jahre ergeben haben, so bleiben sie doch Fragmente und vermögen keinen auch nur annähernd vollständigen Rückblick zu geben. Dennoch aber machen sie ahnbar, welches Abenteuer jede neue Premiere, ja sogar jede Aufführung für alle Beteiligten ist. Nicht mehr, nicht weniger.

Dabei bleiben – angesichts beschränkter Zeit und beschränk-ten Raumes – notgedrungen viele Fragen offen und sicherlich wäre es spannend und lohnenswert, ihnen nachzugehen: Was muss die Maske bedenken? Was wissen die Souffleusen von den unterhaltsamsten Pannen zu erzählen? Wozu braucht das Theater eine eigene Schlosserei? Welche Erfahrungen machen junge Schauspielabsolventen mit ihrem ersten Engagement, ge-rade an einer Landesbühne? Was wissen die Mitarbeiterinnen an der Theaterkasse über die Interessen der Zuschauer? Spürt

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der Busfahrer bei den Gastspieltouren die Stimmung im Team, und was ändert sich vor und nach einer Aufführung? Welche Erfahrungen verbinden die zahlreichen freien Mitarbeiter wie Regisseure, Bühnenbildner, Musiker mit ihrer Arbeit am Rhei-nischen Landestheater?

Und mehr noch: Was ist mit all den Menschen, die hier gelebt, gearbeitet, ihr Bestes gegeben haben und fortgingen? Allzu vieles fehlt, bleibt offen. Gerade deshalb erscheint es sinnvoll, Ansichten. Einsichten. Schlaglichter. als Fragmente zu präsentieren, als kleine Texte in loser Folge. Sowie die kleinen spiegelnden Flächen auf Torquato Tassos riesiger Discokugel in der Inszenierung von Dominik Günther mit den reflektierten Lichtpunkten den Raum ausloten, so ermessen diese Fragmente die Umrisse des kleinen Kosmos „Rheinisches Landestheater“ in den vergangenen siebzehn Jahren. Gemeinsam mit den ei-genen unverwechselbaren Erinnerungen, die jeder Leser selber mit dem Theater verbindet, Erinnerungen an Menschen, die es seit Anfang der 90er Jahre geprägt haben, und an die unver-gesslichen Inszenierungen, die es immer wieder zu erleben gab, ergibt sich womöglich eine lebendige Verbindung der eigenen Geschichte mit der des Theaters. Immerhin wird so ein Betrieb sichtbar, der sich in siebzehn Jahren mit jeder neuen Produktion aufmacht ins Unbekannte und nicht müde wird, seine Zuschauer zu Aufbrüchen, zur Suche und zu Schritten ins Freie zu ver-führen. Und dies war keineswegs selbstverständlich, sondern verdankt sich zentral dem leidenschaftlichen, unermüdlichen Einsatz, mit dem Burkhard Mauer für den Neubau des Thea-ters und Ulrike Schanko für den Fortbestand der Neusser Bühne gekämpft und nicht locker gelassen haben. Dass sich bei einer Aktion wie dem 24-Stunden-Theater-Weltrekord „Café Pumpe“ Mitarbeiter und Zuschauer gemeinsam und engagiert für eine Rücknahme der zerstörerischen Kürzungen und den Erhalt der Neusser Bühne eingesetzt haben, dass Zuschauer und Theater hier an einem gemeinsamen Strang gezogen und Zeichen gesetzt haben, verdeutlicht mehr als alles andere, welchen Stellenwert das Rheinische Landestheater im Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger mittlerweile hat. Dies konnte nur geschehen, weil einerseits die Zuschauer dieses Theater als unverzichtbar ken-nen lernen konnten und sich andererseits die Mitarbeiter durch flache Hierarchien, durch Vertrauen in ihre Fähigkeiten und ge-stalterische Freiräume mit ihrem Theater identifizieren.

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Wenn Empathie eben jenes Quentchen Unterschied ist, das den Menschen von der Barbarei trennt, und Theater eben jenes Medium, das die Empathie lehren und zur Vernunft verleiten kann, weil es so unvergleichlich berührend fremde Schicksa-le, Lebenswelten, Denkweisen vermittelt, dann ist es zugleich die vorderste, elementarste und wichtigste Institution der Auf-klärung. Mit den Geschichten, die Burkhard Mauer und Ulrike Schanko beinahe zwei Jahrzehnte erzählt haben, haben sie das Theater in eben dieser Tradition zur ersten Adresse kritischer Auseinandersetzung und zu einem lebendigen Forum in Neuss gemacht, Fragen angeregt, Gespräche motiviert und diese Stadt ebenso geprägt wie verändert. Vor allem haben sie im-mer wieder Lust gemacht, jenen Aufbruch zu wagen, der aus den Erstarrungen des Alltags hinausführt und Suche nach neuen Perspektiven, Deutungen, Möglichkeiten eröffnet. Und so wie die Söhne der Fritzens und der Hansens bei Philippe Adrien in Sylvia Richters glanzvoller Inszenierung mit diesem Aufbruch von auswechselbaren Figuren zu Individuen werden, haben diese beiden Intendanten in siebzehn Jahren durch ihren Mut, ihre Klugheit, ihre Kämpfernatur, ihren Fleiß und ihre eigene Bereitschaft zum Aufbruch ihrem Publikum immer wieder die Chance gegeben, ein bisschen weniger Barbar und ein bisschen mehr Mensch zu sein.

Dagmar Kann-Coomann

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Kabale und Liebemit: Raik Singer, Thomas Hupfer

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Café Pumpemit: Tim Knapper

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Im Fundus

Dicht wie Erinnerungen lehnen die Wände und Böden ver-gangener Bühnenbilder im Fundus des Rheinischen Landesthe-aters aneinander. Ein belangloses kleines Lager voller Bretter und bespannter Rahmen verschiedenster Größe mag die Halle an der Wolberostraße für Außenstehende sein. Wer sich aber auskennt, für den stehen hier Geschichten und Relikte von gro-ßen Abenden, spannenden Inszenierungen, außergewöhnlichen Aktionen. „Diese Wand gehört zu Café Pumpe“, erzählt Walde-mar Rüttgers und zeigt auf eine Leinwand mit geschwungenen schwarz-braunen Ornamenten, die unscheinbar zwischen ande-ren steht. 2007 war sie auf der Bühne, als die Schauspieler, un-terstützt von allen anderen Mitarbeitern und auswärtigen Gäs-ten, in einem 24-stündigen Bühnenmarathon für den Bestand des Theaters kämpften.

Seit April 1979 arbeitet Waldemar Rüttgers für das Theater, findet selbst für die kniffligsten technischen Fragen eine Lösung und kennt als Werkstattleiter hier im Fundus jedes Stück. Der damalige Intendant Professor Dr. Karl Wesseler war so begeis-tert von den Fähigkeiten des findigen Tüftlers, dass er ihn gleich nach dem Militärdienst einstellte. Seither ist Rüttgers der Mac-Gyver der Neusser Bühne. Mit verblüffenden Ideen, handwerk-lichem Können und einer Vielzahl praktischer Dinge, die er mit professionellem Blick bei Entrümpelungen oder Sperrmüllwan-derungen entdeckt, kann er bereitstellen, was auch immer ge-braucht wird.

Etwa den schwarzen Sarg, der unscheinbar in einem von zahlreichen Gängen zwischen Wänden und Böden steht. Zu einer Seite hin ist er offen, weil Hannes Schäfer sich sonst in John von Düffels „Call the Police“ auf keinen Fall hineingelegt

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hätte. Gleich dahinter, neben wilden Stapeln aus Kisten, Stühlen und anderem Kleinmobiliar, das unter Schichten von Staub und abblätterndem Lack Erinnerungen an glanzvolle Aufführungen birgt und sich zugleich im dämmrigen Licht des Fundus mög-lichen neuen Einsätzen entgegenträumt, steht eines der Teile, die für Rüttgers durchaus eine Herausforderung waren: Für das Kinderstück „Die verzauberten Brüder“ war ein einrädriger Wa-gen gefragt, der sich dreht und dabei schaukelt. „Später war er bei den Theaterfesten eine Attraktion für die Kinder“, erzählt der Werkstattleiter.

Einige seiner originellsten Stücke haben im Laufe der Zeit Liebhaber gefunden und sind aus dem Fundus verschwunden. Das Fluggerät für „Karlsson vom Dach“ zum Beispiel, das Rütt-gers aus einem Autospoiler gebaut hat. Oder der Zahnarztsessel, den er aus einem einfachen Gartenstuhl konstruiert hat. Beim Zurückklappen in die Liegeposition wurde der Sitzende auto-matisch auf dem Stuhl fixiert. Gunnar Möller war Anfang der achtziger Jahre derjenige, der notgedrungen ganz und gar auf das Geschick von Rüttgers vertrauen musste. Noch heute be-wundert Rüttgers ihn für den Mut, sich auf diese Teufelsmaschi-ne zu setzen, die ihn mit ein wenig Pech durchaus hätte stran-gulieren können. Aber das wusste Möller damals wohl nicht so genau wie der gewitzte Techniker Rüttgers, der das Modell zurechtbastelte.

Sein bestes Stück hat Rüttgers gut versteckt hinter meterho-hen Stapeln von Requisiten in einer unzugänglichen Ecke: Ein Geisterklavier mit drei, vier sich von selbst bewegenden Tasten wollten Regisseur Sewan Latchinian und Bühnenbildner Tobi-as Wartenberg in der Spielzeit 2001/2002 für ihre Inszenierung von Vinterbergs Missbrauchsdrama „Das Fest“. Rüttgers baute einen kleinen Cassettenrecorder ein, der eine Melodie abspielt, und schloss 36 Tasten an einen selbstgebauten Zufallsgenerator an. „Bei der Probe stellte sich heraus, dass das Geräusch der Tasten zu laut war“, erinnert er sich. Also kaufte er kurzerhand billige Kugelschreiber und nutzte deren Federn als Dämpfer. Bei der Premiere bedankten sich Wartenberg und Latchinian auf ihre Weise: In goldenen Buchstaben stand Rüttgers Name gut sichtbar auf dem Klavier.

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„Geht nicht“ gibt’s für Waldemar Rüttgers grundsätzlich nicht. Lieber probiert er, was möglich ist, und zwar so lange, bis sich ein Weg findet. Für „Torquato Tasso“ wird eine meterlange Tribüne gebraucht, die von einer einzigen Person auf möglichst unhörbaren Rollen bewegt werden kann. „Leichtgängige Rollen zu kaufen wäre kein Problem, aber sie würden allein zwei Drit-tel des Werkstatt-Etats für dieses Stück verschlingen. Also muss es anders gehen“, beschreibt der Werkstattchef das Problem. Ei-nes, das er bis zur Premiere im März 2009 gelöst hat, wie alle anderen, vor die Bühnenbildner, Regisseure und Autoren ihn und sein Team in den vergangenen dreißig Jahren schon gestellt haben. •

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Sonntags am Meermit: Birte Rüster, Hergard Engert, Hannes Schäfer, André Felgenhauer, Jochen Ganser

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Wenn die „AmA“ zur „fAmA“ wird

Sechs Wochen vor der Premiere beginnen die Proben für ein Stück, im Idealfall sind es elf pro Woche, werktags von 10 bis 14 Uhr und von 18 bis 22 Uhr, dazu noch eine am Samstag. „De facto gibt es aber niemals 66 Proben, sondern weniger, weil Schauspieler auf Tour und deshalb nicht verfügbar sind“, erklärt Sylvia Richter, Oberspielleiterin des RLT von 2004 bis 2008. Dass nicht immer alle Schauspieler an den Proben teilnehmen können, ist in ihren Augen aber nicht sonderlich problematisch: „Manchmal arbeitet man auch nur mit einem, zum Beispiel an Monologen.“

Etwa zwei Wochen vor der Premiere, spätestens ab der Be-leuchtungsprobe, ist Inspizient Dominik Wendler zum ersten Mal dabei und notiert alles in seinem Textbuch, was für seine Arbeit während der Aufführung notwendig ist. Grundsätzlich ist er dafür verantwortlich, dass jeder Lichtwechsel, jede Tonein-spielung zur rechten Zeit kommt, auch dafür, dass jeder Schau-spieler für seinen Auftritt und die Techniker für die Umbauten pünktlich auf der Bühne sind.

Um alles bestens zu koordinieren, hat er in Neuss an sei-nem Inspizientenpult hinter der Bühne einen Bildschirm, auf dem er das Geschehen live miterlebt. Zudem hat er Sprechkon-takt zu allen wichtigen Räumen, kann sich in den Garderoben der Schauspieler melden und darauf hinweisen, dass sie gleich dran sind, oder Kontakt mit Technik, Ton oder Beleuchtung auf-nehmen. Ein Ort unterliegt in Neuss allerdings keinem akusti-schen Zugriff, nämlich der buchstäblich stille: „Einmal war ein Schauspieler plötzlich verschwunden und niemand wusste, wo er war. In der Garderobe war er nicht zu erreichen und auch sonst nirgendwo“, erinnert sich der Inspizient. Weil er einfach

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nicht kam, übernahm die Souffleuse kurzerhand seinen Text, bis der gefragte Darsteller nach hektischen Minuten endlich das akustische Niemandsland verließ und auf die Bühne eilte.

„An vielen Gastspielorten sind die Bedingungen allerdings ganz anders als in Neuss“, erzählt Wendler: „Manchmal gibt es keine Möglichkeiten, auf die Bühne zu schauen, weder direkt noch per Bildschirm. Dann muss man das Stück einfach gut kennen und sich akustisch orientieren, an bestimmten Stich-worten etwa.“ Solche Signale schreibt er während der Proben in sein Textbuch, auch wenn sie bis zur Premiere immer mal wieder geändert werden: „Am Montag vor der Premiere ist die AmA, die Alles-mit-Allem-Probe. An anderen Theatern heißt sie in der Regel Hauptprobe Null. Manchmal ist auch bei der AmA nicht alles fertig“, erläutert er, „dann wird das eben eine ‚fAmA’, eine ‚fast-Alles-mit-Allem-Probe.“ Egal ob AmA oder fAmA, bis zur Premiere gibt es nach jeder Probe noch Korrek-turen, die Wendler notieren muss, damit bei den Vorstellungen alles so wird, wie es sein soll. „Bleistift und Radiergummi sind die besten Freunde des Inspizienten“, erklärt er.

Schon in der Schule entdeckte Dominik Wendler sein In-teresse an Bühnentechnik. Fachkraft für Veranstaltungstechnik wollte er werden, war allerdings nach der Fachoberschulreife noch nicht alt genug: „Wegen der vielen Abendtermine werden Azubis erst ab 18 genommen“, berichtet er. Nach einem sozi-alen Jahr erhielt er genau an seinem 18. Geburtstag die Zusa-ge für einen Ausbildungsplatz am Rheinischen Landestheater: „Das war das schönste Geburtstagsgeschenk.“ Gerade als er fertig war, bot sich eine Stelle als Inspizient: „Es ist für diese Arbeit einfach sehr gut, wenn man weiß, wie die Technik funk-tioniert“, erzählt Wendler, der sich parallel zu seiner Arbeit als Inspizient auch zum Meister fortbildet. Und das, obwohl er acht Abendproduktionen pro Jahr mit allen ihren Aufführungen und Gastspielen betreut, was bedeutet, dass freie Abende für ihn eine seltene Kostbarkeit geworden sind. „Man muss Theater wirklich mögen“, bilanziert er, „denn Inspizient sein bedeutet wie bei vielen anderen Theaterberufen auch, immer dann zu arbeiten, wenn andere Leute frei haben.“ Warum er es dennoch macht? „Keine Vorstellung ist gleich, jeden Abend erlebe ich etwas an-deres. Natürlich bleibt der Kern identisch, aber die Schauspieler sind anders, die Bedingungen an den Gastspielorten sind jedes

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Mal eine neue Herausforderung und manchmal passieren auch kleine Pannen, die uns wirklich ins Schwitzen bringen.“ Die Zu-schauer merken zum Glück in der Regel nichts davon.

Etwa zwei Stunden vor der Aufführung beginnt Wendlers Dienst. „Erst mal schau ich mir an, ob alles richtig aufgebaut ist.“ Danach beginnt der Countdown: „Um 19 Uhr gehen die Schauspieler zum Einsprechen noch mal auf die Bühne. Um 19.30 Uhr mache ich einen Durchruf in alle Räume, damit jeder weiß, dass die letzte halbe Stunde vor der Vorstellung beginnt.Das ist das so genannte ‚erste Zeichen‘.“

19.40 Uhr: Der Hauptvorhang muss geschlossen sein – zu-mindest wenn die Aufführung mit geschlossenem Vorhang an-fängt – und der Zuschauerraum wird beleuchtet.

19.45 Uhr: Die Bühne ist für alle gesperrt, weil der Einlass in den Saal beginnt. Für die Beteiligten gibt der Inspizient zu diesem Zeitpunkt ein zweites Zeichen.

19.53 Uhr: Die Besucher hören den ersten Gong.19.55 Uhr: Ein letztes akustisches Signal hinter der Bühne

verweist auf die verbleibenden fünf Minuten.19.56 Uhr: Die Besucher hören den zweiten Gong.19.57 Uhr: Die Schauspieler der ersten Szene sind auf der

Bühne bzw. bereit zu ihrem Auftritt.19.58 Uhr: Dritter Gong für die Besucher.20.00 Uhr: Die Saaltüren werden geschlossen, der Zu-

schauerraum wird dunkel, der Vorhang geht auf, die Aufführung beginnt.

Aber das sind nur die Äußerlichkeiten, hinter denen jede Aufführung an jedem Abend ein neues Abenteuer ist. •

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Iphigenie auf Taurismit: Mareile Metzner, Werner Klockow

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Genauigkeit zahlt sich aus

Was unterscheidet ein gutes Stück von einem weniger in-teressanten? Und was macht es tauglich für den Spielplan einer Reisebühne? „Erst einmal ist es wichtig, dass ein Stück mich beim Lesen derart packt, dass ich es einfach nicht beiseite legen kann“, erklärt Ulrike Schanko: „Entscheidend sind die Figuren, die Geschichte, die Erzählstränge, das Thema.“ Grundsätzlich hat Theater ihrem Verständnis nach etwas mit Verführung zu tun, der Verführung zum Denken: „Natürlich kommt es darauf an, gute Geschichten zu erzählen. Unterhaltung ist dabei ein wichtiger Faktor, aber nicht als passiver Konsum, sondern im Sinne von hineingehen und etwas mit hinausnehmen. Es geht darum, die Zuschauer dazu zu verführen, sich mit Themen und Formen auseinanderzusetzen, die ihnen sonst vielleicht eher fremd sind. Ihre Neugier wecken und in ihnen etwas öffnen, ist grundsätzlich unser Anliegen.“

„Von allen die Besten“, bringt Burkhard Mauer lapidar das Grundprinzip auf den Punkt, das ihn als Intendanten des Rhei-nischen Landestheaters bei der Wahl von Stücken ebenso wie bei der Suche nach Mitarbeitern motiviert hat: „Für die Wahl eines Stückes ist entscheidend, ob ich eine der darin enthaltenen Geschichten – es sind immer mehr als eine – mit einer Gruppe von Machern (Schauspielern, Musikern, Regisseuren, Bühnen-bildnern, Dramaturgen u. a.) dort erzählen kann, wo ich sie er-zählen werde. Der Ort, die Partner, das Umfeld, die Zeit spielen eine wichtige Rolle. Natürlich ist es schöner, ein literarisches Meisterwerk zu haben. Entscheidend ist das aber nicht. Ein The-ater, das sich mit den zehn berühmtesten Titeln der Weltliteratur behängt, aber aus unterschiedlichen Gründen keine dieser Ge-schichten erzählen kann, wird nicht weit kommen. Wichtig ist, kein Dogma zu haben, jedes Mal unvoreingenommen alle Be-dingungen neu zu sehen, gleichzeitig aber an bereits gewonnene

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Viel Lärm um nichtsmit: Mareile Metzner, Juschka Spitzer, Melanie Haupt

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Arbeitsergebnisse anzuknüpfen. Welche Geschichte fällt mir zu diesen Leuten (Machern, Publikum, Ort) ein? Mit welchen Leu-ten, die ich dazu zusammenbringen muss, kann ich diese Ge-schichte an diesem Ort erzählen? Jeder Zentimeter Genauigkeit zahlt sich aus. Präzis ist man im Kleinen.“

Ein günstiger Faktor des Rheinischen Landestheaters ist aus seiner Sicht die Verbindung von Stadt- und Reisebühne: „Zusammenhalt ist bei einem ruhenden Stadttheater einfacher als beim reisenden Wandertheater. Ruhe birgt wiederum Ge-fahren. Neuss hat den nicht so häufigen Vorteil, Wanderbühne und kleines Stadttheater zu sein. Wenn die Universität oder we-nigstens die Studentenkneipen auch noch in Neuss wären, wür-de nichts mehr fehlen. Die Neusser Mischung, ein Glücksfall für alle Beteiligten – Land, Stadt, Träger, Theaterarbeiter – ist korrekt ausformuliert gar nicht möglich, aber rheinische Dia-lektik hatte noch nie Probleme mit praktischem Pragmatismus; man muss nicht jede Lösung hochdeutsch formulieren. Vorteile der Neusser Situation überwiegen jedenfalls. Die Einkreisung durch viele andere Theater rechne ich zu den Vorteilen. Die Ein-bettung in eine breitere Kulturszene wäre wünschenswert, aber da ist man schnell bei Stadtplanung, also beim Träumen von Paradiesgärten.“

Was die besonderen Aufgaben und Herausforderungen ei-nes Landestheaters sind, erfährt Burkhard Mauer allerdings erst in Neuss: „Da ich vor Neuss Landestheater nicht kannte, war es überraschend für mich zu hören, dass dieser Theaterbereich bereits weitgehend abgeschrieben war‚ eine mittlerweile über-holte Form der Zwischen- und Nachkriegszeit.“ Vor allem also eine Form, so erinnert sich Mauer, die Anfang der neunziger Jahre dringend einer neuen Struktur bedarf: „Also haben wir uns zunächst Gedanken über Standort und Arbeitsmöglichkei-ten gemacht und als Konsequenz Dirk Gondesens Plan, die Ein-richtung eines gemeinsamen NRW-Landestheater-Büros (der vier Landesbühnen, Anm. d. R.) verwirklicht. Außerdem über-nahmen wir die Teilredaktion eines gemeinsamen jährlichen Journals aller deutschen Landestheater. Dann warben wir um Interesse und Unterstützung wichtiger Künstler. F. K. Waechter, Johannes Grützke, Herbert Achternbusch, Salomé und Georg Baselitz dachten über Landestheater nach, malten und zeichne-ten dafür.“ •

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Fettes Schweinmit: Katja Thiele, Kaspar Küppers

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1992: Einstieg mit eigenen Akzenten

Gemeinsam kommen Burkhard Mauer, Ulrike Schanko und die junge Dramaturgin Sünne Roland 1992 von Nürnberg nach Neuss. „Ich habe mich auf Neuss gefreut“, bekennt Ulrike Schanko. „Ich kannte das Haus und wusste, dass es ein über-schaubarer Betrieb ist. In großen Häusern, etwa in dem Drei-Sparten-Haus in Nürnberg, habe ich erlebt, dass Vieles in dem schwerfälligen Apparat scheitert oder verloren geht, was sich in kleineren Häusern schnell und direkt klären und umsetzen lässt.“

Nach ihrem Studium der Romanistik, Anglistik sowie Pub-lizistik und Kommunikationswissenschaft hospitiert die gebürti-ge Bochumerin von November 1982 bis Sommer 1983 in Neuss bei Intendant Professor Dr. Karl Wesseler. Als Dramaturgin folgt sie ihm von 1983 bis 1989 an die Städtischen Bühnen Münster. Nach drei Jahren, in denen sie in Nürnberg mit Burkhard Mauer als Dramaturgin und Leiterin des Kinder- und Jugendtheaters an den Städtischen Bühnen zusammengearbeitet hat, tritt sie 1992 in Neuss eine Stelle als Chefdramaturgin an.

Germanistik, Philosophie und Mathematik hatte der gebür-tige Ostpreuße Burkhard Mauer studiert, als er 1966 ins Thea-terfach einsteigt. Bremen, Bochum, Berlin, München und Nürn-berg sind seine Stationen als Chefdramaturg, bevor er von 1986 bis 1991 Generalintendant der Städtischen Bühnen in Nürnberg wird. Weil das Schauspielhaus dort aufgrund seiner Asbestbe-lastung saniert werden muss, kommt Burkhard Mauer auf die Idee, den Spielbetrieb vorübergehend in den Nachbau eines Globe-Theaters zu verlagern, der in dem westfälischen Städt-chen Rheda-Wiedenbrück seit der Landesgartenschau 1988 weitgehend ungenutzt steht. „In seinem Nürnberger Büro stand

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Hannah und Hannamit: Birte Rüster, Vera Kasimir

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ein Modell des Globe-Theaters“, erinnert sich Ulrike Schanko, „das er gerne als Ersatzbühne für die Zeit der Sanierung gehabt hätte.“

Nachdem der nordrhein-westfälische Nachbau des Globe-Theaters allerdings von der Stadt Neuss gekauft wird, gilt Mau-ers Interesse der kleinen rheinischen Stadt, die genug Eigen-willen hat, diese besondere Konstruktion aus Holz und Stahl aufzubauen und als Bühne zu nutzen. Vor allem seine Begeiste-rung für das Globe-Theater ist der Grund, warum er die ange-botene Stelle des Intendanten in Neuss annimmt. Mit dem ihm eigenen Humor lässt er im Oktober 2008 noch einmal schriftlich die aus seiner Sicht günstigen Bedingungen Revue passieren, die er dort Anfang der neunziger Jahre antrifft: „Neuss hat für Theater die gleichen Chancen und Schwierigkeiten wie für all seine anderen Belange. Es hat einerseits ein unerschütterlich so-lides Selbstbewusstsein, das andererseits überall löchrig ist. Im Rheinland geht das widerspruchslos zusammen, jene Dialektik, aus der Griechen Theater entwickelten, braucht man nieman-dem zu erklären. Dass es vorteilhaft ist, sich zum Aussprechen bestimmter Meinungen (manchmal Wahrheiten) zu verkleiden, ebenfalls sinnvoll, Verkleidungen öfter zu wechseln, wusste auch jeder Rheinländer schon immer. Ein Ort am Schnittpunkt alter Handelswege, keine richtige Römerstadt, keine richtige Hansestadt, aber in fruchtbarer Gegend, besiedelt und bearbeitet von Menschen sehr unterschiedlicher Herkunft, hat die richti-gen Wurzeln für Theatertraditionen.“

Jenseits der Aufgabe, die Form der reisenden Landesbühne neu und attraktiv zu beleben, gestaltet Burkhard Mauer mit sei-nem Team 1992 auch den Spielplan des Rheinischen Landesthe-aters grundlegend um. „Unser Vorgänger Egmont Elschner hatte in unseren Augen sehr auf Quantität gesetzt“, beschreibt Ulrike Schanko: „Das Erste, was wir getan haben, war, den Spielplan auszudünnen, von 24 Stücken zurück auf zwölf. Dadurch ha-ben wir nicht zuletzt auch eine Probenzeit von mindestens sechs Wochen gewonnen, die zur guten und gewissenhaften Vorbe-reitung eines Stückes notwendig ist.“ Als weiteren Schritt teilt das neue Team an der Spitze des Rheinischen Landestheaters die Spielzeit in insgesamt fünf Blöcke: „Für die Abonnenten hat das zwar zur Folge, dass die Premieren nicht kontinuierlich sind, sondern jeweils zu Beginn eines neuen Blocks, also im

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September, November, Januar, März und Mai. Aber es hat den Vorteil, dass in jedem Block die Schauspieler in jeweils neuen Konstellationen auf die Rollen verteilt werden können. Ohne solche Blöcke sind immer schon Schauspieler in laufenden Pro-ben gebunden, und es kann leicht passieren, dass das ganze Jahr über stets dieselben Schauspieler zusammenkommen, also zum Beispiel das Liebespaar aus dem Stück zur Spielzeiteröffnung die ganze Saison über als Paar auftaucht. Die Arbeit mit den Blöcken gibt uns dagegen die Chance zu größerem Wechsel in den Besetzungen, was für Schauspieler viel interessanter ist, aber natürlich auch für das Publikum.“ •

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Liebeskonzilmit: Rolf Kanies

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Von drei alten Männern, die nicht sterben wolltenmit: Michael Dolata, Steffen Schreier, Martin Herrmann

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Niveau und Kollegialität

Höchstens fünf Jahre sollte man als Schauspieler an einem Landestheater arbeiten, diesen Rat erhielt Hermann Große- Berg von einem Kollegen, als er darüber nachdachte, ein Enga-gement anzunehmen, das ihm vom Rheinischen Landestheater angeboten wurde. Spätestens nach fünf Jahren nämlich sei man durch die harten Bedingungen, die eine Reisebühne biete, völ-lig ausgebrannt. Große-Berg, der nach seiner Ausbildung am Wiener Max-Reinhardt-Seminar erst an den Städtischen Büh-nen in Münster, danach sieben Jahre am Essener Grillo-Theater arbeitete, lässt sich dennoch nicht abschrecken. Für die Rolle des Ejlert Lövborg in Ibsens „Hedda Gabler“ kommt er in der Spielzeit 2005/2006 zunächst als Gast nach Neuss und erhält schnell das Angebot, ein Jahr zu bleiben. „Ich habe mir das überlegt, weil ich ja gar kein festes Engagement wollte“, erzählt er. Im Gegenteil: Nach den Essener Jahren lebte er in Berlin und wollte als freier Schauspieler möglichst viele Bühnen und Leute kennen lernen.

Dennoch entscheidet er, den Vertrag mit dem Rheinischen Landestheater zu unterschreiben, aber nur für ein Jahr: „Ich dachte, das geht schließlich schnell vorbei.“ Den Abschied nach einer Spielzeit vereitelt allerdings die Liebe, die ihn in Neuss unverhofft mit ganzer Wucht ereilt. So nimmt er die harten Ar-beitsbedingungen an der Neusser Bühne auch noch weitere Jah-re in Kauf. „Die Fahrten in die Gastspielorte sind anstrengend. Manchmal bin ich erst um zwei Uhr nachts vom Abstecher zu-rück.“ Um elf Uhr morgens geht es am nächsten Tag weiter, denn mindestens neun Stunden Nachtruhe muss den Schau-spielern vertraglich zwischen ihren Arbeitszeiten zugestanden werden.

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Besonders in der Spielzeit 2007/2008 boomt die Nachfra-ge in den Abstecherorten derart, dass zwischen den über 130 Fahrten kaum noch Raum bleibt für die zahlreichen kleinen, interessanten und außergewöhnlichen Nebenproduktionen wie die hörBAR oder das Kneipentheater. „Mit einem 15-Personen- Ensemble ist das schlicht nicht machbar“, beschreibt Hermann Große-Berg die Situation, „zumal wir ja manchmal auch quer durch Deutschland fahren, zum Beispiel nach Neumünster oder nach Erding bei München.“

Schon lange sind die Fahrten des Rheinischen Landesthe-aters zwar auf die Region zwischen Rhein und Ruhr konzent-riert, aber nicht darauf begrenzt: „Wo man uns will, da fahren wir hin“, fasst Ulrike Schanko das schlichte Prinzip zusammen, nach dem das Theater angesichts bundesweiter Konkurrenz und dem Druck, möglichst wirtschaftlich zu sein, seine Produktio-nen verkauft. Lange Fahrten, viele Vorstellungen und acht Stun-den Probe pro Tag zehren allerdings an den Kräften des Ensem-bles: „Man steckt im Laufrad und kommt nicht raus“, bringt Hermann Große-Berg das Problem auf den Punkt.

Doch die besondere Atmosphäre an der Neusser Bühne ist für Hermann Große-Berg ein guter Grund weiter zu machen, ebenso das unerwartet hohe künstlerische Niveau: „Als ich nach Neuss kam, war ich sehr überrascht, ein Niveau anzutreffen, das ich aus der Ferne gar nicht erwartet hätte“, erzählt er. Zudem trifft er auf eine sehr angenehme Arbeitsatmosphäre und findet „ein Team von nicht nur guten, sondern auch wirklich netten Leuten“. •

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Jedermannmit: Jochen Ganser, Hermann Große-Berg, Carmen Betker

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Franziska Linkerhandmit: Atischeh Hannah Braun

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Spielplan als Spagat

„Man könnte es sich leicht machen bei der Auswahl der Stücke“, erklärt Ulrike Schanko, „Komödien und bekannte Na-men ziehen immer, meist auch die Klassiker, vor allem, wenn sie im Zentralabitur stehen, und natürlich Stücke mit Musik.“ Im Gegensatz dazu aber hält sie es für den Auftrag des Thea-ters, auch brisante Themen aufzugreifen. „Das Programm des Rheinischen Landestheaters ist ein Spagat zwischen Anspruch und Publikumsgeschmack, wobei es stets gelungen ist, den An-spruch zu realisieren und dem Publikum zu vermitteln, warum bestimmte Stücke und Themen notwendig sind“, erklärt Sylvia Richter, die schon 1995 erstmals als Gast-Regisseurin nach Neuss kam. Ganz ähnlich beschreibt Schauspielerin Hergard Engert die Auswahl der Stücke für den Spielplan einer Lan-desbühne: „Prägnant ist dieser ungeheure Spagat zwischen der Notwendigkeit, Stücke zu bringen, die sich gut verkaufen und dem großen Mut, Stücke auszusuchen, die Stellung beziehen, brisante Themen aufgreifen und genau das tun, was die genui-ne Aufgabe von Theater ist, nämlich etwas zu sagen. Zwischen der Aufgabe, dem Publikumsgeschmack so viel Tribut zu zollen wie möglich, und der Aufgabe, so brisant, so aktuell wie mög-lich zu sein, gelingt in Neuss ein Spielplan, der mit denen großer Städte wie Düsseldorf leicht mithalten kann.“

„Absolut außergewöhnlich“ findet auch Harald Wolff, Chefdramaturg von 2007 bis 2009, den Spielplan. „Das liegt vor allem an der ungeheuren Entdeckerfreude der Intendantin. Sie ist immer offen für Neues.“ Zugleich ist der Dramaturg, der sich nicht zuletzt wegen des mutigen Spielplans in Neuss beworben hat, überrascht von den Reaktionen des Neusser Publikums: „Die Zuschauer in Neuss sind offenkundig Leute mit Theaterer-fahrung, die die Herausforderungen, denen wir uns stellen, auch

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honorieren und Qualität beurteilen können. Das funktioniert sogar unabhängig von Zeitungskritiken: Gute Inszenierungen setzen sich in der Stadt durch, auch wenn sie der Kritik nicht gefallen haben.“

„Motortown“ etwa, inszeniert von Dominik Günther, war ein riesiger Publikumserfolg, erzählt Wolff, obwohl sich kaum ein Theater traut, dieses Stück über den Irakkrieg auf der gro-ßen Bühne zu zeigen. In Neuss hingegen gilt die Devise: Was wichtig ist und gezeigt werden muss, gehört ins Abonnement und nicht auf die Studiobühne. Der Erfolg von Brechts „Der gute Mensch von Sezuan“ unter der Regie von Andre Sebastian, ebenso das HipHop-Stück „Crayfish“, das Schauspieler, Tänzer, Rapper und Sprayer zusammenführte, gehören für ihn neben „Motortown“ zu den Höhepunkten seiner zwei Neusser Jahre: „Nach ‚Crayfish‘ kam ein 70-jähriger Abonnent zu uns und er-klärte, wie begeistert er war. Und das nach fast zwei Stunden Musik in Rock-Konzert-Lautstärke. Dabei war es durchaus ein Risiko, eine so groß angelegte Projektentwicklung in den Spiel-plan zu nehmen – eine Arbeitsweise, mit der das Theater vorher noch überhaupt keine Erfahrung hatte. So etwas kann entweder gelingen oder grandios schief gehen. Wenn ein solches Projekt unter solchen Bedingungen von der Theaterleitung zugelassen wird, empfinde ich das als einen großen Vertrauensvorschuss und zugleich auch als starken Rückhalt. Ich kann in einer Weise frei arbeiten, wie es nicht selbstverständlich ist.“

Ängstliche Sorge, die Zuschauer zu provozieren, hat er in Neuss ohnehin nicht erfahren, erzählt der Dramaturg. „Theater ist ja immer Reaktion auf einen Mangel, und wo es an Ausein-andersetzungen fehlt, sollte Theater der Ort dafür sein. Und ein Publikum wie das Neusser ist keineswegs selbstverständlich“, bekräftigt Wolff entschieden, „es muss über lange Zeit gewach-sen sein, in dem es immer wieder mit Herausforderungen kon-frontiert wurde.“

Die Grenzen auszutesten und damit zu erweitern, war von Anfang an das Programm – schon bei Burkhard Mauer. Aber auch wenn er und seine damalige Chefdramaturgin Ulrike Schanko stets einig wirkten, waren sie durchaus nicht immer ei-ner Meinung: „Das sah für Außenstehende so aus, weil wir ein-fach an einem Strang gezogen haben. Aber ganz so harmonisch

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war es Gott sei Dank nicht: Es gab Stücke, bei denen waren wir völlig d‘accord und fanden sie richtig und wichtig für Neuss. Es gab aber auch andere, die Mauer auf eigene Faust durchgesetzt hat und niemand von uns hat verstanden, warum er das woll-te. Er war eben ein Dickschädel, genau wie ich“, sagt Ulrike Schanko. „Peterchens Mondfahrt“ etwa gehört zu den umstrit-tenen Stücken, die Mauer durchsetzt. Kurzerhand beauftragt er Schanko, eine Bühnenversion zu schreiben. Auch wenn sie dies zunächst ablehnt, wird ihr Text doch so gut, dass er mittlerweile bundesweit nachgefragt wird. Brigitte Reimanns Stück „Fran-ziska Linkerhand“ in seiner vorletzten Spielzeit, gehört eben-falls zu jenen, auf denen Mauer besteht: „Ich habe mich erst gewehrt, dann aber Reimann als wirklich interessante Autorin entdeckt“, berichtet Schanko. Trotz gelegentlicher Meinungs-verschiedenheiten bleibt es aber das gemeinsame Anliegen der beiden Theatermacher, mit den abwechslungsreichen Spiel-plänen „auch Leute hinterm Ofen vorzulocken“, so formuliert Schanko, „die ansonsten eher sagen würden, sie gehen nicht in ‚moderne’ Stücke.“ •

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Motortownmit: Aurel von Arx, André Felgenhauer

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Kriegmit: Stefanie Breselow, Peter Liebaug

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Alles muss durch eine normale Tür passen

Kleine Vierecke schneidet Angela Hecker, Leiterin des Malsaals und der Requisite, aus einer silbernen Folie und klebt sie auf eine riesige Styroporkugel. Eine Discokugel mit einem Durchmesser von zwei Metern ist gefragt für „Torquato Tas-so“. Und natürlich muss sie zerlegbar sein: „Die Grundregel ist, dass jedes Teil eines Bühnenbilds durch eine normale Tür pas-sen muss“, erklärt die studierte Produktdesignerin, die 1992 in der ersten Spielzeit von Intendant Burkhard Mauer am Rheini-schen Landestheater begann. Nach vier Jahren in der Requisite wechselt sie in den Malsaal. Als Burkhard Mauer sie beauftragt, Porträts der Schauspieler zu malen, kann sie ihn so sehr von ihrem Talent überzeugen, dass er sie umgehend zur Leiterin des Malsaals macht.

In ihren ersten Jahren am Theater, als sie in der Requisite arbeitete, fuhr sie regelmäßig mit zu den Gastspielen und trug die Verantwortung dafür, dass alles vor Ort ist, was für die Auf-führung gebraucht wird. Seit sie im Malsaal arbeitet, geht sie in aller Regel nicht mehr mit auf Tour. Anfangs hat sie den Techni-kern Pinsel und Farbtopf mitgegeben, für den Fall, dass irgend-wo ein Stückchen nachgestrichen werden muss: „Das mache ich mittlerweile längst nicht mehr, denn die Techniker nehmen viel lieber gleichfarbiges Klebeband, wenn sie etwas ausbes-sern müssen. Mit Farbe mögen sie nicht umgehen“, erzählt sie schmunzelnd.

„Maßstab aller Requisiten und Bühnenelemente“, fährt sie fort, „ist grundsätzlich die kleinste Bühne, auf der das Rheini-sche Landestheater gastiert.“ Das ist die winzige Triangelbühne in Radevormwald. In der „Stadt auf der Höhe“ bestreitet das Rheinische Landestheater seit über 50 Jahren einen Großteil

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des dortigen Theaterangebots. Schauspieler Hermann Große-Berg erinnert sich, dass gerade diese Bühne auch noch andere Tücken hat: „Der Fußraum der Zuschauerreihen wird begrenzt durch Plexiglaswände. Als ich das erste Mal auf dieser Bühne stand, war es sehr irritierend, dass ich mich viele Male in diesen Flächen spiegelte.“

Gerade fünf mal sieben Meter groß ist die Bühne des ber-gischen Städtchens, die buchstäblich das Nadelöhr ist, durch das jede Inszenierung des Rheinischen Landestheaters hindurch muss: „Auf der kleinsten Bühne muss das Bühnenbild genauso funktionieren wie auf einer großen“, bringt Angela Hecker die Herausforderung auf den Punkt. Dass die drangvolle Enge im Malsaal zudem stets nur die Arbeit am Detail erlaubt, erfordert zusätzliche Vorstellungskraft von allen, die hier arbeiten: „Erst bei der TE, der Technischen Einrichtung eines Stücks, etwa ein bis zwei Wochen vor der Premiere, kommen alle Originalteile erstmalig auf die Bühne. Erst dann wird sichtbar, ob alles zusam-menpasst und funktioniert“, erklärt Hecker: „Bühnenbilder mit sehr speziellen technischen Anforderungen müssen allerdings auch schon früher zur Verfügung stehen, damit die Schauspieler daran üben können und sich nicht verletzen. Grundsätzlich gilt: Auf der Bühne sind Schauspieler in einer Art Ausnahmezustand, und wo man herunterfallen kann, da fallen sie auch herunter. Wo man sich verletzen kann, verletzen sie sich auch. Deshalb ist die Sicherheit der Schauspieler immer ein wichtiger Faktor.“

In aller Regel aber sind es bei der TE zum Glück nur Klei-nigkeiten, die nachgebessert oder umgestellt werden müssen. Dennoch wird die Zeit zwischen TE und Premiere fast immer für alle Beteiligten ziemlich hektisch, auch für die Mitarbeiter im Malsaal. Wenn kurzfristig eine Wand neu gemalt werden muss, bedeutet das für Angela Hecker notfalls auch Nachtarbeit auf der Leiter, mit Pinsel und Farbtopf. Das macht sie grund-sätzlich selbst, denn bei ihren Mitarbeitern – „drei halbe und ein Auszubildender“ – achtet sie so gut es eben geht darauf, dass sie nicht außerhalb ihrer regulären Arbeitszeit gefragt sind.

„Vielen Wänden sieht man gar nicht an, wie viel Arbeit da-hinter steckt“, gibt die Chefin des Malsaals zu bedenken. Wie oft und mit welchen verschiedenen Farben eine Wand überstrichen werden muss, bis sie genau jenes Flair hat, das sie für das Stück

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haben soll, sieht man nicht. Gerade das ist eben das Geheimnis ihrer Kunst: Wände, Böden, Kulissen bereit zu stellen, die eben-so unauffällig wie prägnant sind, Orte pointiert definieren und doch nicht die Schauspieler übertönen.

Zeigen sich bei der TE allerdings grundsätzliche Probleme, ist Krisenmanagement angesagt: „Einmal funktionierte ein Büh-nenbild gar nicht. Sewan Latchinian hat es deshalb kurzerhand durchsägen lassen und in zwei Teilen aufgestellt“, erinnert sich Hecker. Die legendäre Aktion ist auch Kai Wolters noch lebhaft in Erinnerung, der damals Regieassistent war: „Das war in der Spielzeit 1999/2000. Der Regisseur hatte etwa eine Woche vor der Premiere den dramaturgischen Bogen noch nicht hinbekom-men. Latchinian übernahm kurzerhand die Regie, und es gab die ganze Nacht hindurch Krisensitzung. Man musste schauen, was man wegnimmt, und wie man die Teile so umstellt, dass es im Gesamterscheinungsbild wieder stimmig ist, denn einzelne Teile des Stücks wirklich umarbeiten konnte man in der Kürze der Zeit ja gar nicht mehr.“ Ein externer Mitarbeiter dieser In-szenierung bekam damals angesichts des großen Drucks sogar einen Herzinfarkt, erinnert sich Wolters an die Ausnahmesitua-tion, die alle gemeinsam meisterten.

„Etwa ein halbes Jahr vor der Premiere ist die Bauprobe für ein Stück. Da kommen alle zusammen: Regisseur, Ausstatter und Techniker. Aus abgespielten Wänden und Möbeln wird der Entwurf des Bühnenbildners vom Puppenstubenformat des Mo-dells auf die Originalgröße der Bühne übertragen, um Proporti-onen zu prüfen und Sichtlinien zu klären, bevor die endgültigen, verbindlichen Werkstattzeichnungen angefertigt und umgesetzt werden“, erklärt Angela Hecker, die zu diesem Zeitpunkt die Stücke immer schon gelesen hat: „Im Anschluss an die Bau-probe gibt es dann ein Treffen aller Abteilungen. Regisseur und Bühnenbildner erläutern die Geschichte des Stücks und ihr Konzept. Das gibt es erst, seit Ulrike Schanko Intendantin ist. Sie hat es initiiert, damit die Zusammenarbeit besser funktio-niert. Und es ist eine gute Sache: Früher wusste die Maske nicht, welche Kostüme genäht werden, und beide wussten nicht, wie das Bühnenbild aussehen wird. Heute ist das viel besser koordi-niert. Alle kennen ihren Anteil am Ganzen und wissen, was die anderen machen.“ Gerade dieses Zusammenspiel aller aber ist die Voraussetzung für das Gelingen der Inszenierung: „Bei der

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Bauprobe, wenn Regisseur und Bühnenbildner erzählen, wie es werden soll, hat man oft das Gefühl, das ist völlig unmöglich. Wenn dann aber alle Hand in Hand denken und arbeiten, ist man immer wieder überrascht, wie leicht doch Vieles geht“, fasst Angela Hecker das kleine Wunder zusammen, das jedes Mal geschehen muss, damit eine Inszenierung gelingt. Und natürlich schaut die Chefin des Malsaals sich auch als Zuschauerin an, was aus dem Zusammenspiel aller geworden ist. Und sie verrät: „Man ist immer stolz auf das Ergebnis.“ •

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Marstrainingmit: Bernd Färber, Maja Elsenhans, Attila Oener

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Frauen für NapoleonMusiker: Miroslaw Tyborg, Maurice Maurer, Jochen Hartman-Hilter

hintere Reihe: Ulrich Lenk, Hergard Engert, Bernd Färber, Peter Liebaug, Mark Weigelvorn: Stefanie Breselow, Attila Oener, Tim Knapper, Peter Neutzling

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Zentrales Vorsprechen

Angespannt sehen die jungen Leute aus, die vor dem Neus-ser Schauspielhaus schnell noch eine Zigarette rauchen, bevor sie an der Reihe sind. Umringt von Freunden und Mentoren las-sen sie sich Mut zusprechen und hören auf letzte Ratschläge. Drinnen im Haus, vor dem Studio, in dem eine Woche lang die Absolventen aller staatlichen deutschsprachigen Schauspiel-schulen in kurzen, ausgewählten Szenen zeigen, was sie kön-nen, ist die Atmosphäre persönlich: Herzliche Begrüßungen, vertraute Gesten sind an der Tagesordnung wenn Intendanten, Regisseure, Dramaturgen aus der ganzen Republik einmal im Jahr zusammenkommen, um aus den frisch ausgebildeten Jung-schauspielern die Besten für ihr Theater auszusuchen.

Shakespeares Sammlung ausgefallener Schrate, leiden-schaftlicher Liebender und tolldreister Intriganten steht beim Bühnennachwuchs offenkundig ganz vorn, denn nicht wenige entscheiden sich bei der Suche nach einer geeigneten Vorsprech-rolle für eine Figur aus dem Kuriositätenkabinett des englischen Theatergotts. Oder für eine Szene aus den interessantesten mo-dernen Stücken, etwa Holger Schobers „Hikikomori“. Durchaus ein Vorteil ist es, dass es sich unter dem Neusser Publikum noch nicht herumgesprochen hat, dass auch Laien zuschauen können in dieser Woche, in der Neuss seit 2005 alljährlich zum Anlauf-punkt der bundesdeutschen Theaterszene und ihres Nachwuch-ses wird, denn ohnehin bleiben beim Vorsprechen nur wenige Plätze im Studio frei. Und wenn die jungen Schauspielabsol-venten dann in packenden Szenen das Beste zeigen, was sie zu bieten haben, und zugleich ihren Zuschauern eine atemberau-bende Tour d’horizon durch die schillerndsten, bewegendsten Charaktere der Theatergeschichte gewähren, dann hat man nicht so sehr das Gefühl, auf einem Markt zu sein, auf dem Anbieter

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und Nachfrager zusammenkommen, sondern dann sind diese ambitionierten, talentierten jungen Darsteller ein bisschen wie frisch geschliffene Diamanten, in deren Funkeln die Zukunft des Theaters erahnbar wird.

„Früher war das Vorsprechen der Schauspielschulen eher chaotisch“, erzählt Sylvia Richter: „Jede Schule mietete in ei-nem Theater einen Raum und lud dann zum Vorsprechen ein. Einmal waren wir in Dortmund, um Absolventen der Rostocker Schauspielschule zu sehen. Niemand vom Theater wusste, in welchem Raum das Vorsprechen sein sollte, die Absolventen waren völlig unbetreut und nur die Neusser und die Aalener In-tendantin waren gekommen. Die jungen Leute taten uns echt leid.“ Um Kräfte und Aufwand zu bündeln und zu verhindern, dass auch weiterhin jede Schule ein eigenes Vorsprechen orga-nisiert und Intendanten immer wieder quer durch die Republik fahren müssen auf der Suche nach geeignetem Nachwuchs, ka-men Ulrike Schanko und Sylvia Richter auf die Idee, ein zen-trales Vorsprechen zu organisieren. „Es ist ihre besondere Fä-higkeit, innovative Lösungen zu finden,“ charakterisiert Bettina Maurer ihre Chefin.

„Wir haben damals überlegt, ob man das nicht anders orga-nisieren könnte, zumal die Absolventen zu vielen Vorsprechter-minen anreisen und dabei in der Regel die Fahrtkosten immer selbst tragen müssen“, erinnert sich Sylvia Richter. Großen Zu-spruch fand die Idee des zentralen Vorsprechens schnell bundes-weit: ursprünglich für das theaterreiche NRW konzipiert, reisen inzwischen alljährlich Theaterleiter aus anderen Bundesländern an, und auch die Casting-Agenturen haben die „Talent-Messe“ für sich entdeckt.

„Es ist nicht immer leicht mit den jungen Schauspielern“, verrät Ulrike Schanko: „Manchen, oft leider gerade denen von Privatschulen, möchte man sagen, lass es, so wie der Markt aus-sieht, wirst du kaum Chancen haben. Aber auch mit noch so geübtem Blick kann man mal daneben liegen: Es gibt zum Bei-spiel regelrechte Vorsprech-Blender, bei denen man sich später in der Arbeit fragt, warum man auf die reingefallen ist. Mitunter wünscht man sich auch weniger starke Regieambitionen seitens der Dozenten, denn bei Vorsprechrollen geht es am wenigsten um die Sicht des Lehrers auf eine bestimmte Rolle.“

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Mit Blick auf die Chancen der Nachwuchsschauspieler hat sie sich dafür eingesetzt, dass sich Intendanten, Leiter und Dozenten von Schauspielschulen und die Zentrale Arbeitsver-mittlung an einen Tisch setzen: „Manche Schulen sollten sich ernsthaft fragen, für welchen Markt sie eigentlich ausbilden. Wir hatten in den letzten Jahren zum Beispiel zunehmend den Eindruck, dass die Absolventen mit dem Komödienhandwerk nie in Berührung gekommen sind und nicht selten Probleme ha-ben mit Konversationsstücken. Beides ist aber fester Bestandteil aller Spielpläne. Da stoßen im Berufsalltag plötzlich psycholo-gische Rollenfindung und Klapp-Klapp-Mechanismen heftig aufeinander. Davon, dass es pro Jahr allein an den staatlichen Schulen über 100 Absolventen gibt, aber nur etwa 50 Anfänger-vakanzen, will ich gar nicht reden.“ •

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Torquato Tassomit: Felix Lampert

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Theater im Aufwind

Offen für neue Ideen und mit dem Schwerpunkt auf einem Theater, bei dem die Schauspieler im Mittelpunkt stehen, ge-lingt es Mauer nach seinem Antritt als Intendant des Rheini-schen Landestheaters, den Kurs des Hauses, das in den acht-ziger Jahren einen massiven Rückgang der Zuschauerzahlen erleben musste, zu konsolidieren. „Von Leutners zuletzt 2960 Abonnenten könne Elschner jetzt nur noch 1059 Abonnenten verbuchen“, zitiert Dr. Heribert Brinkmann in der NGZ vom 13. März 1991 den damaligen Stadtdirektor Große-Brockhoff. „In absoluten Zahlen: von 50.000 Zuschauern bei Leutner seien jetzt nur noch 31.000 in 1989/1990 ins Rheinische Landesthea-ter gekommen.“ Insgesamt bleiben auch unter Mauers Leitung die Abonnentenzahlen aus den siebziger Jahren unerreichbar, da sich das Verhalten der Zuschauer allgemein verändert hat. Aber die großen Einbrüche, die Leutner zwischen 1983 und 1987 und Elschner zwischen 1987 und 1992 im Rahmen einer allgemei-nen bundesdeutschen Theaterkrise im Abo-Bereich verzeichnen müssen, hören auf.

„Schon Leutner und Elschner haben den Wechsel von ei-nem reinen Unterhaltungstheater zum literarischen Theater be-gonnen“, erinnert sich Verwaltungschef Dirk Gondesen. 1987 kommt er gemeinsam mit Egmont Elschner von Dinslaken ans Rheinische Landestheater. Als 1989 ein Defizit in Höhe von einer Million D-Mark in der Theaterkasse das Verhältnis zwi-schen dem Intendanten Elschner und dem damaligen Neusser Stadtdirektor Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff erheblich be-lastet, wird Gondesen Verwaltungsleiter und als solcher dafür verantwortlich, dass die Bühne fortan keine roten Zahlen mehr schreibt. Erst 1992 aber, zu Beginn von Mauers Intendanz, wird der Verwaltungsleiter gleichberechtigter Partner neben dem In-

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tendanten: „Elschner hätte das in seiner Zeit nicht akzeptiert, obwohl das Modell inzwischen an vielen Theatern völlig nor-mal und erfolgreich ist“, erklärt Dirk Gondesen.

Auch wenn in Elschners Zeit die Abozahlen drastisch sin-ken, entstehen hier doch viele neue Impulse, die Mauer erfolg-reich aufgreift und etablieren kann. Matinéen und eine Reihe Extraprogramme gehören dazu, ebenso die beliebten Thea-terfeste unter den spätsommerlichen Kastanienbäumen an der Drususallee. Der unter Elschner gegründete Förderverein und die Premierenfeiern tragen dazu bei, viele interessierte Zu-schauer persönlich mit dem Theater zu verbinden. So wird die Bühne in den neunziger Jahren fast buchstäblich Theater zum Anfassen. Persönliche Freundschaften zwischen Mitarbeitern des Rheinischen Landestheaters und Neusser Zuschauern sind keine Seltenheit, und das Theater erhält einen neuen, festen Ort im Denken der Menschen: „Elschner hatte die richtigen Inhalte, konnte sie aber nicht richtig verkaufen. Burkhard Mauer gelang das besser“, resümiert Dirk Gondesen.

Zunehmend wird das Rheinische Landestheater unter Burkhard Mauer auch von bundesweiten Medien wahrgenom-men, erhält Preise und Auszeichnungen und wird immer öfter bei Umfragen unter Kritikern als „Theater im Aufwind“ be-zeichnet. Mauer erinnert sich: „Schauspieler erhielten Preise und Förderpreise, wurden in Kritikerumfragen hervorgehoben, ebenfalls Stücke, Inszenierungen und Bühnenbilder, Aufführun-gen wurden zu Festivals eingeladen. Inmitten großer Theater mit üppigen Ausstattungsetats bekam Katharina Sichtling den Bühnenbildpreis des Landes NRW, es gab Stadtsiegel, ein Bun-desverdienstkreuz und – äußerst ungewöhnlich – die Auszeich-nung des Verwaltungsdirektors durch seine Berufskollegen.“

Dieser Trend setzt sich unter Ulrike Schanko nahtlos fort. Neben zahlreichen Nennungen von Schauspielern, Regisseuren und Bühnenbildnern taucht Neuss in Kritikerumfragen wieder-holt als „Theater im Aufwind“ auf, der „engagierte Spielplan trotz knapper Mittel“ wird hervorgehoben. Die Zuschauer hono-rieren den ambitionierten Ansatz: Im Kalenderjahr 2008 erreicht das Rheinische Landestheater in Neuss 74.930 Besucher, und setzt mit 103.258 Zuschauern insgesamt einen neuen Rekord. •

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Frostiger Sommernachtstraum

Zwei Stücke pro Spielzeit produziert das Rheinische Lan-destheater in den ersten Jahren unter Mauers Intendanz im Globe-Theater, eines zu Beginn, eines am Ende der Spielzeit. So lädt die Bühne nach einem gelungenen Start in die Spielzeit 1992/1993 am vorletzten Tag des Jahres zur ersten Inszenierung ins Globe ein. Bei frostigen Temperaturen, ausgestattet mit De-cken, erwartet die Zuschauer in einem komplett weiß gestriche-nen Haus „Ein Sommernachtstraum“, der für Burkhard Mauer einen außerordentlichen Stellenwert hat: „Besonders wichtig waren die Inszenierungen von Brian Michaels“, resümiert er im Rückblick auf seine Intendantenjahre: „Zu den ganz unge-wöhnlichen Shakespeare-Inszenierungen gehört sein eiskalter „Sommernachtstraum“ mit einem hinreißenden Ensemble im Globe.“

Gleich in der zweiten Spielzeit zeigt das Theater an der Rennbahn das Stück, das auch noch anderthalb Jahrzehnte spä-ter eine Legende ist: „Als wir das Stück aussuchten, hat nie-mand von uns geahnt, welche Welle das auslösen würde“, erin-nert sich Ulrike Schanko an die Entscheidung, Oskar Panizzas „Liebeskonzil“ auf den Spielplan zu setzen.

„Eigentlich ist der Autor interessanter als das Stück. Das Stück ist unterhaltendes Studentenkabarett, seine Brisanz lag in einer anderen Zeit. Zweimal, in Nürnberg und in Neuss, habe ich es dem Regisseur Hansjörg Utzerath mit unterschiedlicher Zielsetzung vorgeschlagen. In Neuss ging es darum, ein Theater wieder aufzubauen, Vertrauen für seine Pläne und Mitarbeiter zu gewinnen“, erläutert Burkhard Mauer die Wahl des Stücks: „Neuss hatte den Ruf eines rückständigen, starren Katholizis-mus. Hier galten Dinge als kühn, die ein paar Kilometer weiter kaum erwähnenswert waren. Wir wollten also im Dialog mit der Stadt klären, wie Standorte sind, wo Klischees, die mir in einer so vitalen Stadt unzutreffend schienen, für beide Seiten hinder-

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liche Behauptungen waren. Bei der Geschichte der Stadt, ihrer Dauerlust an Festen und Gelagen – innerhalb eines Tages wird die gesamte Innenstadt Bierstand und Würstchenbude – und dem jährlichen voodooartigen Fackelzug der Schützen hielt ich das Gerücht unbeweglicher Engstirnigkeit für unsinnig. Diese Klärung, bei der es um den notwendigen Freiraum des Thea-ters, ein bisschen Selbstbesinnung einer Stadt und das Angebot zur Diskussion ernsthafter Fragen ging, sollte fröhlich, sinnlich und spektakulär sein. Außerdem war das Globe, das ich damals für unseren wichtigsten künftigen Arbeitsort hielt, umstritten: Stimmen aus der Stadt und sogar aus dem Theater unserer Vor-gänger hielten es für überflüssig, wenn nicht sogar schädlich. Die Größe des Projekts machte es zum geeigneten Angebot an die Szene der Stadt zur Erkundung und zum gegenseitigen Kennenlernen. Utzerath machte aus der schmalen Vorlage ein prächtiges Schauspiel zwischen Votivbildern und spanischem Welttheater. Rolf Kanies gab seinem einsamen Teufel eine Grö-ße und Traurigkeit, die zwar Panizzas Biografie, kaum aber sein Stück beanspruchen kann. Christian Göbls Ausstattung machte den schwierigen Globe-Raum zur explodierenden Barockwelt. Die Aufführungen wurden Feste. Langjährige Freundschaften mit Kirchenmusikern begannen. Es gab auch Gegner, aber die Stadt stellte in Diskussionen verwundert fest, wie sehr sie ihre Toleranz und geistige Genussfähigkeit unterschätzt hatte. Das Spiel zwischen der Stadt und ihrem Theater konnte beginnen.

Einer der Neusser, auf den ich immer besonders neugierig war, weil er temperamentvoll, schnell, fantasievoll und wortge-waltig war, Monsignore Dr. Schelauske, reagierte diesmal zu schnell. Bevor er das Stück gesehen hatte, später konnte er das natürlich nicht mehr, erklärte er es zur Lästerung und trieb da-mit einen Teil seines Kirchenrates zur Besichtigung der schönen nackten Sünderinnen in den Höllenkesseln ins Globe und einen Ratsherrn dazu, im Rathaus die Streichung aller Theatersubven-tionen zu fordern.“

Nicht nur den Theaterfreunden der Stadt ist das „Liebes-konzil“ lebhaft in Erinnerung, auch unter den Mitarbeitern des Theaters gilt die Produktion bis heute als Sternstunde: „Es war der Höhepunkt in all den Jahren“, sagt Beleuchter Reinhold von Betteraey, der seit 1979 am Rheinischen Landestheater arbeitet: „Jede Vorstellung war ausverkauft.“ •

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Sommernachtstraummit: Matthias Fuhrmeister, Marion Mainka, Monika Rogge, Frank Smilgies

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Sommernachtstraummit: Matthias Fuhrmeister, Marion Mainka, Monika Rogge, Frank Smilgies

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LiebeskonzilMitte oben: Marina Busse

Sylvia Schlunk, Katrin Schüttler, Monika Rogge, Ulrike Schanko

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Etwas zum Schwingen bringen

„Geh dahin, wo man dich will“, war der Rat, den Hergard Engert schon auf der Schauspielschule bekam. Als sie einen Brief von der Neusser Oberspielleiterin Sylvia Richter erhielt, in dem ihr ein mögliches Engagement für die erste Spielzeit von Ulrike Schanko als Intendantin in Aussicht gestellt wurde, fuhr sie deshalb ohne großes Zögern zum Vorsprechen nach Neuss. Das Theater zu finden, war allerdings nicht unbedingt einfach, denn angekommen am Bahnhof fragte sie insgesamt fünf Pas-santen nach dem Weg. Den Beschreibungen folgend landete sie – drei Jahre nach dem Umzug des Theaters an die Oberstraße – vor dem damals mittlerweile verfallenden Altbau an der Dru-susallee. Rund fünf Jahre nach ihrem Vorsprechen in Neuss im Frühjahr 2004 ist ihre Bilanz der Neusser Jahre rundum positiv: „Es hat Durststrecken gegeben, aber auch Höhepunkte, etwa in ‚Rose Bernd‘ oder ‚Endstation Sehnsucht‘.“

Gerade in der Arbeit mit Sylvia Richter und Ulrike Schanko hat sie nach eigener Einschätzung einen großen Entwicklungs-prozess durchlaufen: „Es war ein sehr junges Ensemble. Mit 38 Jahren war ich die älteste Kollegin und musste ins Frauenfach. Wenn man im mittleren Alter ist, spielt man in größeren Häusern altersmäßig manchmal runter, manchmal rauf. In Neuss aber konnte ich niemals runterspielen, also jüngere Figuren, sondern immer nur rauf. Es war nicht einfach, mit 38 zu akzeptieren, dass ich fortan nur noch ältere Frauen spielen sollte.“

Dass man mit unter 40 in Relation zum gesamten Ensemble schon „alt“ ist, zeichnete sich als Tendenz bereits ab, als Burk-hard Mauer das Theater noch leitete. Er begründet es mit der Struktur der Bühne: „Wir würden wegen der Größe und der ex-tremen Arbeitsbedingungen eines Landestheaters entweder ein

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Theater mit mittlerem Ensemble sein, oder ein Durchgangsthea-ter möglichst hochbegabter junger Schauspieler. Im eigenen In-teresse konnten sie nicht ewig bleiben, aber sie sollten es lange genug, um aufeinander einzugehen und gefundene Ergebnisse schnell weiter zu entwickeln. Daher unsere anstrengende, un-unterbrochene Suche vor allem bei Schauspielschulen, die sich auch bald in mehr oder weniger wichtige schieden.“

Lange Gespräche mit Ulrike Schanko halfen Hergard Engert, die neue Situation anzunehmen, mit Gewinn: „Man kann manche Rollen eindeutig vielschichtiger gestalten, wenn man eben schon länger lebt“, erzählt Engert. Den allgemeinen Trend zu immer jüngeren Ensembles sieht sie denn auch kri-tisch: „Offensichtlich ist es immer wichtiger geworden, dass die Schauspieler jung und billig sind, das hat sich in Deutschland an den Bühnen nicht zuletzt aus Kostengründen durchgesetzt. Dabei gehen aber auch darstellerische Dimensionen verloren.“ In Neuss allerdings ist, so nimmt es Hergard Engert deutlich wahr, unter dem großen Druck dennoch ein hervorragendes Team entstanden: „Es gibt hier im Ensemble keine Rampensau und auch gar keinen Platz für Faxen, weil man einfach einander nötig hat.“

Grundsätzlich ist Theater ihrer Erfahrung nach „eines der letzten feudalistischen Systeme mit vorindustriellen Arbeits-bedingungen, in denen keine Arbeits-, sondern nur Ruhezeiten vorgeschrieben sind.“ Und noch härter als früher sind ihrer Ein-schätzung nach die Arbeitsbedingungen an der Neusser Bühne in den vergangenen Jahren geworden, weil das Ensemble un-ter dem massiven Sparzwang kontinuierlich verringert werden musste, zugleich aber die Zahl der Gastspiele zwischendurch deutlich anstieg: „Die Bedingungen sind einfach knochenhart. Bei 15 Schauspielern im Ensemble spielt man fast in jedem Stück. Es ist ja auch kein Geld da, um zusätzliche Gäste zu en-gagieren, die das Ensemble entlasten können. So ist für uns alle eine Achtzig-Stunden-Woche durchaus möglich“, berichtet Her-gard Engert und ergänzt: „Wir sind hart im Nehmen und spielen einfach immer, ob mit Fieber, am Rande eines Hörsturzes oder mit gebrochenem Arm.“

Und doch weiß sie genau, warum sie all das erträgt: „Es ist diese Faszination am Bühnenzauber. Wenn ich zur Probe kom-

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me und diesen ganz speziellen Theatergeruch in die Nase be-komme, eine Mischung aus Schminke, Staub, Haarspray, physi-scher und psychischer Arbeit, dann weiß ich, dass ich es liebe, hier zu arbeiten.“ Und: „Jeden Abend geschieht erneut dieses kleine Wunder auf der Bühne. Man muss unerhört präsent sein, aber es funktioniert jedes Mal, dass eine ganz besondere Dyna-mik entsteht. Es ist eine große Kraft, die da von allen Beteiligten auf der Bühne gemeinsam entfaltet wird.“

Was sie persönlich erreichen will, kann sie sehr genau benennen: „Man muss als Schauspieler sein Herz öffnen und zugleich eine dicke Haut haben. Theater will immer bewegen, berühren, etwas in den Zuschauern zum Schwingen bringen. Es ist schön, wenn die Leute applaudieren, aber ich kann auch da-mit leben, wenn sie Buh rufen. Hauptsache, sie werden durch Theater dazu aufgefordert, sich zu positionieren. Wir haben ja eine kulturelle Aufgabe, etwas anzustoßen und in Gang zu brin-gen. Als Schauspielerin gelingt mir das zum Beispiel, wenn ich es schaffe, Schiller so zu sprechen, dass er heute für jeden ver-ständlich ist.“ •

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Der Ursprung des Theaters

Dass die Struktur der Ensembles sich geändert hat, seit bundesdeutsche Theater immer größerem Spardruck ausgesetzt sind, sieht Sylvia Richter als Problem: „An vielen Theatern gibt es fast ausschließlich sehr junge Darsteller. Das war früher an-ders. Ältere Schauspieler sind schwer zu engagieren, weil die Gage einfach zu gering ist. Verglichen mit anderen Berufen ist das Anfängergehalt gar nicht mal geringer. Das Problem ist nur, dass ein Schauspieler auch zehn Jahre später kaum mehr verdient.“ Auch die Neusser Bühne ist von dieser Entwicklung betroffen: „Als ich hier anfing, war Juschka Spitzer mit 30 Jah-ren die älteste Schauspielerin im Ensemble“, erzählt die Regis-seurin und Oberspielleiterin. Gemeinsam haben sie und Ulrike Schanko ein Ensemble aufgebaut, in dem mit Hannes Schäfer, Hermann Große-Berg, Raik Singer, Martin Skoda und Hergard Engert auch Schauspieler jenseits der 40 vertreten sind: „Das ist eine gute Mischung und hilft auch dem Publikum, das ja im Schnitt weit älter ist als die Schauspieler, sich zu finden.“

Gerade am Landestheater, so findet Sylvia Richter, sollte eher nicht gespart werden: „Es fährt ja dorthin, wo die Men-schen oft gar keine anderen Kulturangebote haben.“ Eben das ist es auch, was die reisende Bühne aus ihrer Sicht interessant macht: „Es ist der Ursprung von Theater.“

Allerdings macht die Struktur der Reisebühne manches schwierig: „An Stadttheatern ist es oft so, dass von Donnerstag bis Sonntag grundsätzlich gespielt wird. Da wissen die Leute, dass auf jeden Fall etwas los ist, wenn sie dorthin gehen. In Neuss kann es solche festen Spieltage wegen der Gastspiele nicht geben.“ Selbst die Matinéen, die am Sonntag vor einer Premiere den Zuschauern Themen, Ideen und Hintergründe des

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neuen Stücks vermitteln, sind nicht immer einfach zu organi-sieren: „Wenn die Schauspieler am Sonntagmorgen schon mit einem Kinderstück auf Tour sind, oder wenn sie am Samstag-abend erst sehr spät zurückgekommen sind, muss die Matinée eben auch schon mal nur mit Regisseur, Dramaturg und Büh-nenbildner laufen“, erzählt Sylvia Richter.

Auch dass nicht alle der neuen Formate aus den letzten Jahren die Resonanz hatten, die sie eigentlich verdienten, führt die Oberspielleiterin auf die Struktur der Reisebühne zurück. 19 Mal hat sie eine hörBAR gemacht. Grundidee dieser Abende war es, Stücke moderner Autoren, die faszinierend und span-nend sind, aber aus unterschiedlichen Gründen im Spielplan keinen Platz gefunden haben, in Form von Lesungen vorzustel-len: „Die Vorbereitungen waren sehr aufwändig. Wie bei jeder Produktion mussten die Stücktexte eingestrichen und Musik zum Einspielen ausgesucht werden, und für die Schauspieler, die die Texte lasen, gab es drei Proben.“ Allem Aufwand zum Trotz fand solcher Ausblick auf moderne Stücke, Ideen und For-men in Neuss nicht die gewünschte Resonanz: „Das Problem ist, dass die Gastspiele es unmöglich machen, für ein solches Format einen festen Tag einzurichten. Leute, die am Samstag zur hörBAR kommen, können an einem Dienstag womöglich nicht, weil sie am nächsten Tag arbeiten müssen.“

Ob sie ein Stück inszenieren will oder nicht, entscheidet Sylvia Richter in der Regel beim Lesen: „Ein Stück muss beim Lesen eine Eigendynamik entwickeln. Im Kopf müssen Bilder entstehen, manchmal auch erst beim zweiten Mal.“ Nachdem feststeht, wer die Regie eines Stückes übernimmt, beginnt die Suche nach dem Bühnenbildner: „Entweder der Regisseur schlägt jemanden vor oder Intendanz und Oberspielleitung tun das“, erklärt Richter: „Sofern das zwei verschiedene Bühnen-bildner sind, schaut sich jede Partei den unbekannten Kandi-daten an und danach einigt man sich.“ Gerade Ulrike Schankos Eigenschaft, diskursive, teamfähige Lösungen zu befördern, hat nach Richters Erfahrung dabei immer zu ausgesprochen guten Ergebnissen geführt.

Hat die Regie ein Konzept des Stücks entwickelt, schlägt sie dieses dem Bühnenbildner vor: „Es wäre langweilig, wenn das Bühnenbild einfach nur nach den Anweisungen der Regie

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entstehen würde. Meine Aufgabe ist es eher, einen offenen, kre-ativen Prozess in Gang zu bringen. Manchmal ist es ja gerade eine große Herausforderung, das Stück in dem Raum einzurich-ten, den der Bühnenbildner bereitstellt.“ Auch die Schauspieler sieht sie keineswegs als Erfüllungsgehilfen der Regie, vielmehr spielen sie einen aktiven Part bei der Gestaltung des Stücks: „Als Regisseurin muss ich einen Prozess anstoßen, in dem die Schau-spieler nach und nach das Stück übernehmen“, skizziert sie ihre Funktion. „Am Ende geht es darum, dass ich selbst überflüssig werde und diesen gruppendynamischen Prozess verlasse. Dabei machen die Schauspieler den Abend vollständig zu ihrem ei-genen.“ Überhaupt, so betont sie, sollten sich Regisseure nicht zu wichtig nehmen und keine sonderliche Eitelkeit entwickeln: „Am besten ist es, wenn man den Regisseur gar nicht besonders bemerkt, weil die Schauspieler im Mittelpunkt stehen, denn die sind das Wichtigste am Theater.“ •

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In der fernsten Fernemit: Ingrid Braun, Hannes Schäfer

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Kanadische Autoren

Mitte der neunziger Jahre wird die Chefdramaturgin bei der Suche nach neuen Stücken zu einer entschiedenen und wich-tigen Wegbereiterin des kanadischen Theaters in Deutschland. Burkhard Mauer beschreibt dies folgendermaßen:

„Die Entdeckung kanadischer Autoren für Neuss war aus-schließliches Verdienst von Ulrike Schanko. Über frühere Pro-fessoren kam sie an Texte, hatte Kontakt zur Botschaft, forsch-te über Bedingungen, Förderungen junger Autoren, profitierte von Verlagskontakten und stellte neue her. Kanada betreibt seit Jahrzehnten eine engagierte Kulturpolitik. In den 60er und 70er Jahren erregten die dort geförderten jungen Filmemacher Auf-sehen bei allen einschlägigen Festivals. Jetzt scheint es eine ähnlich fruchtbare Arbeit mit Theatermachern zu geben, und Ulrike Schanko schuf eine für beide Seiten spannende Zusam-menarbeit mit dem Neusser Theater, übersetzte eine Reihe von Stücken, war immer glänzend informiert und brachte spannen-de Entdeckungen. Für neue englisch- und französischsprachige Autoren und deren Weg spielt sie schon jetzt fast eine ähnliche Rolle, wie Angela Röhl es mit ihrem namhaften Litag-Verlag seit Jahrzehnten im englisch-deutschen Bereich tut. Größen- und bedeutungsmäßig hinkt der Vergleich ein bisschen, weil englisches Theater uns immer nah und vertraut war und nach den Nachkriegsphasen französischen und amerikanischen Thea-ters alle wichtigen Entwicklungen aus London kamen, während wir von Kanada nur vage wussten, dass dort überhaupt Theater gespielt wird. Die schwierige Arbeit, eine Peripherieszene zu erforschen und Arbeitsergebnisse von dort in unser wichtiges Theaterland einzuführen, hat Ulrike Schanko intensiv und hart-näckig geleistet.“

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Michel Marc Bouchards Stück „Die Geschichte von Teeka“ ist im Rheinischen Landestheater in der Spielzeit 1996/1997 der Auftakt zu einer kleinen Reihe kanadischer Bühnengeschich-ten in Deutschsprachiger Erstaufführung. Im Jahr darauf folgen „Die verlassenen Musen“, ebenfalls von Bouchard, sowie drei Jahre später sein Stück „Gefahrenzone“, mit dem die Bühne zum NRW Theatertreffen eingeladen wird. In der Saison 2002/2003 stehen „Freudige Erwartung“, ein Stück des Kanadiers Morris Panych, sowie „Gestrandet“ von Joan McLeod auf dem Spiel-plan. Wiederum drei Spielzeiten später hat Nathalie Boisverts „Marstraining“ Erfolg im Studio. Gerade die „leise, poetische Erzählweise mit viel Humor“ ist es, was Schanko an den (fran-ko-) kanadischen Autoren interessiert. •

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Verbrechen und Leidenschaftmit: Martin Skoda, Carmen Betker

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Kampf um ein neues Haus

Neben den Impulsen, die Mauer und Schanko mit dem Spielplan setzen, beginnt Burkhard Mauer schon bald, sich für einen Neubau des Theaters stark zu machen. Schon 1985 hatte Gerd Omar Leutner eine Studie zur Sanierung des alten Hauses in Auftrag gegeben. Darin kam der Autor, Professor Adolf Zotzmann, Spezialist für Theaterbau und Szenentechnik, zu dem Schluss, dass viele Sicherheitsstandards an der Drusu-sallee nicht eingehalten werden können. Schlimmer noch: Im Ernstfall, so bilanziert Zotzmann, gäbe es ernsthafte Probleme für die Zuschauer, ohne Schaden aus dem Saal zu kommen: „Tatsächlich“, fasst er zusammen, „sind die Gegebenheiten so, dass – schafft man nicht grundsätzlich neue Verhältnisse – eine Schließung des Theaters wegen der fehlenden Feuer- und Be-triebssicherheit erwogen werden müsste.“

Zunehmend wirbt Burkhard Mauer deshalb in Neuss für die Errichtung eines neuen Theaters: „Er hat theaterpolitisch immer nach außen gedacht, den Blick auf das große Ganze gerichtet und sich sehr für Städtebau und Kulturpolitik interessiert“, be-schreibt Ulrike Schanko ihren einstigen Chef. Der Neubau eines Theaters wird um so wichtiger, als sich Mauers Hoffnung, das Globe-Theater als wichtigsten Spielort seiner Bühne zu nutzen, nicht erfüllt: „Anfangs haben wir zwei Stücke pro Spielzeit im Globe gemacht, aber dann haben wir irgendwann damit aufge-hört, zum einen aufgrund der terminlichen Einschränkungen (man denke nur an die vielen Flohmärkte, deren Geräuschpe-gel konzentriertes Arbeiten im Globe unmöglich macht), zum anderen weil die Verhandlungen mit der Stadt von Anfang an schwierig waren“, erzählt Schanko. Schon über kleine prakti-sche Veränderungen, etwa einen Lichtschalter am Eingang, der den Nutzern das mühsame Vorantasten durchs dunkle Globe bis

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zum Stromkasten hinter der Bühne erspart hätte, konnten sich Nutzer und Besitzer des Globe-Nachbaus nicht einigen.

„Im ersten und in den letzten beiden Jahren meiner In-tendanz haben wir dann gar keine Produktion mehr im Globe herausgebracht. Angesichts der Spardebatten wäre es unverant-wortlich gewesen, das neue teure Haus leer stehen zu lassen und im Globe zusätzlich Miete zu bezahlen“, begründet Schanko die Entscheidung, die trotz aller Widrigkeiten angesichts der außer-gewöhnlichen Spielstätte allerdings keine leichte war.

Nach langen Diskussionen, einem Symposium im März 1997 zum Thema „Theater in Neuss – Neuss braucht Theater“ und unermüdlichem Einsatz von Burkhard Mauer hatte sich die Stadt schließlich für einen Theaterneubau entschieden. Aller-dings folgt sie dabei nicht Mauers Wunsch, ein neues Haus auf dem ehemaligen Gelände des Busbahnhofs zu errichten, son-dern baut einen Teil des ehemaligen Horten-Hauses zu einem modernen Schauspielhaus um. Am 16. Dezember 2000 wird das Gebäude eröffnet, das ganz nach den Vorstellungen des Inten-danten kein – zuvor immer wieder diskutiertes – Mehrzweck-haus mit Orchestergraben ist, sondern eines, das allein dem Schauspiel zur Verfügung steht. •

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Der Kaufmann von Venedigoben: Marco Luca Castelli, Sara Ghersi, Werner Klockow

unten: Mark Weigel, Stefanie Breselow, Steffen Schreier, Martin Herrmann

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Immer neue Kürzungsszenarien

War man in der Euphorie der Neubauzeit noch überzeugt, dass das Innenleben des Hauses, sprich: die finanzielle und da-mit auch personelle Ausstattung des Betriebs, nun dem äußeren Erscheinungsbild des Gebäudes angepasst werden müsse, wird demgegenüber das Sparen schnell zur großen neuen Baustel-le von Ulrike Schankos Intendanz. Gleich nach ihrer Wahl im Februar 2003 kommt die Nachricht, dass das Land im letzten rot-grünen Doppelhaushalt von 2004/2005 eine Viertel Million Euro streichen wird: „Der Sparzwang war meine erste Erfah-rung als Intendantin. Damals hatten wir den Spielplan fertig, na-türlich auf der Grundlage eines ungekürzten Etats, und mussten für die zweite Spielzeit alles entsprechend zurückfahren: Kein Studiostück mehr im Erwachsenenbereich, eine Produktion im Schauspielhaus weniger, zwei Schauspielstellen weniger, kei-ne Ausstattungsleitung mehr. Durch eine Kooperation mit dem Theater Krefeld-Mönchengladbach ist es schließlich gelungen, zumindest die Zahl der Abo-Stücke gleich zu halten. Als wir dann gerade den ganzen Betrieb auf die neue Finanzlage einge-stellt hatten, kamen die Sparbeschlüsse der Stadt – die faktisch die Schließung des Theaters bedeutet hätten.“ Die Vorschläge seitens der Stadt, wie das Haus die hohen Sparvorgaben erfül-len soll, klingen in den Ohren der Theaterverantwortlichen eher absurd: „Man könne zum Beispiel die Grünpflanzen einsparen, war einer der Tipps, obwohl es ohnehin bei uns keine gibt. Oder an Portokosten sparen und dafür mehr Emails versenden. Das ist doch absurd. Andere Vorschläge, wie z. B. die Gewandmeis-terei abzuschaffen und die Kostüme in einer der zahlreichen tür-kischen Änderungsschneidereien anfertigen zu lassen, machen einen nur noch sprachlos.“

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Ausgesprochen konstruktiv hat Schanko dennoch den Prozess des Sparens begleitet, bestätigt Dirk Gondesen: „Na-türlich haben wir alle dagegen angekämpft, aber zugleich muss man auch schauen, wie man mit den gekürzten Mitteln zu-recht kommt. Dabei hat sie immer versucht, das Beste draus zu machen.“ Allerdings: „Ständig Kürzungsszenarien schrei-ben zu müssen“, so gibt Schanko zu bedenken, „nimmt einfach viel Luft und Kraft für die künstlerische Arbeit. Und die ist ja schließlich der eigentliche Grund, warum ich mich für Theater-arbeit entschieden habe.“

Das Haus rückt in dieser Zeit zusammen wie nie zuvor: zahlreiche Aktionen, Demonstrationen und Aufrufe gipfeln in dem Weltrekord-24-Stunden-Theatermarathon „Café Pumpe“, für den das RLT mit dem Sonderpreis des Kulturpreises nrw- ticket, „Innovativer Protest gegen Mittelkürzung“, ausgezeich-net wird. In den Gremien und Kommissionen setzt sich Ulrike Schanko auch dann noch für den Erhalt des Theaters ein, als längst feststeht, dass sie 2009 das Haus verlassen wird. So wird ihre Nachfolgerin die Ausstattungsleitung wieder besetzen und das Ensemble um zwei Stellen aufstocken können. •

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Moby Dickmit: Peter Neutzling , Holger Stolz, Thomas Hupfer

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Bauverteiler vor dem Haus

Völlig überfordert waren die Stromleitungen in dem The-ater an der Drususallee immer dann, wenn das Fernsehen kam, um eine Produktion aufzuzeichnen, erinnert sich Reinhold von Betteraey. Durch die Freundschaft mit Beleuchtungsmeister Helmut van de groote Poort begann er im März 1979 am Rhei-nischen Landestheater als Elektrotechniker. Regelmäßig kam damals Willy Millowitsch nach Neuss, weil der Intendant, Pro-fessor Dr. Karl Wesseler, sein Hausregisseur war. „Wenn Millo-witsch Fernsehaufnahmen machte, fand das deshalb vor allem in Neuss statt. Das allerdings stellte die Technik des Hauses vor Probleme: Für die Kameras braucht man sehr viel mehr und stär-keres Licht als für normale Aufführungen. Weil die Leitungen in dem alten Haus an der Drususallee aber dazu gar nicht geeignet waren, wurde vor dem Haus jedes Mal für die Aufnahmen ein Bauverteiler aufgestellt, der die Scheinwerfer mit dem nötigen Strom versorgte,“ erzählt der Beleuchtungsfachmann.

Von Betteraey hatte damals vor, höchstens vier Jahre am Theater zu arbeiten, weil es keine geregelten Arbeitszeiten gab, lediglich Ruhezeiten. Vierzehn Tage in Folge wurde gearbeitet, danach gab es einen Tag frei. Insgesamt hatten die Mitarbeiter Anspruch auf zwei freie Tage pro Monat.

Irgendwann in diesen Jahren ist es dann geschehen, dass von Betteraey Feuer fing für seine Arbeit und einfach am The-ater blieb: „Anfang der achtziger Jahre änderten sich auch die Arbeitsbedingungen, weil die Techniker unter die Arbeits-schutzgesetze fielen“, erklärt er. Nach wie vor aber erfordert die Tätigkeit am Theater besonderen Einsatz: „Hier zu arbeiten, das muss man wirklich wollen, weil man oft, wenn andere frei haben, eben zum Dienst muss.“ Warum er dennoch dabei ge-blieben ist, nun schon dreißig Jahre? „Am Theater hat die Arbeit einen Sinn. Das ist ganz anders als in einem Betrieb, wo man oft nicht einmal die Auftraggeber kennt. Wenn die Zuschauer

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hier für ein paar Stunden aus ihrem Alltagsleben heraustreten können, Spaß haben und sich wohl fühlen, dann ist uns allen ge-meinsam etwas Gutes gelungen“, beschreibt von Betteraey sei-ne Aufgabe. Auch die Herausforderung, die jede Inszenierung, jede Aufführung, jedes Gastspiel noch heute für ihn bedeutet, war ein Grund zu bleiben: „Bei jedem Gastspiel ist das Team von der Haustechnik schon sechs Stunden vor Vorstellungsbe-ginn vor Ort. Unsere Aufgabe ist es, die technischen Vorausset-zungen der Gastspielbühne so auszunutzen, dass das Stück in unserer hauseigenen Qualität zu sehen ist.“

Grundsätzlich wichtiger geworden ist nach Erfahrung des Beleuchtungsfachmanns der Einsatz von Licht bei den Inszenie-rungen: „Früher gab es höchstens zehn Lichtwechsel in einem Stück, mittlerweile sind 30 völlig normal und eigentlich Stan-dard.“ Wie professionell ein Regisseur oder Bühnenbildner ist, erkennt von Betteraey als Beleuchter bei der Beleuchtungsein-richtung eines Stücks sehr schnell: „Es gibt manche, die kom-men und sagen sehr genau, wann und wie viele Lichtwechsel sie brauchen.“

Seit das Theater an der Oberstraße ein neues Haus bekom-men hat, gehören Bauverteiler vor dem Haus zum Glück der Vergangenheit an. Selbstverständlich sind die neuen Leitungen für größere Belastungen angelegt als im alten Haus an der Dru-susallee. Rund 120 Scheinwerfer stehen den Beleuchtern nun im Neusser Schauspielhaus zur Verfügung. In den meisten Gast-spielorten sind es allerdings weit weniger: „Da muss man halt schauen, was geht. Wir leben von der Improvisation, das ist je-des Mal wieder spannend und abwechslungsreich.“

Mit Anreise, Vorstellung, Abbau und Rückfahrt bedeutet ein Gastspiel für die Techniker mindestens zwölf Stunden Arbeit am Stück. „Zum Glück arbeitet die Haustechnik mittlerweile in mehreren Gruppen, so dass nicht jeder bei jeder Aufführung dabei sein muss“, erzählt von Betteraey. Insgesamt drei bis vier Techniker, darunter mindestens einer vom Licht und einer vom Ton, sind allerdings bei jeder Vorstellung erforderlich, dazu gehen Maske, Garderobe und Requisite mit auf Tour, nicht zu vergessen Inspizient, Souffleuse und Schauspieler: „Alle Abtei-lungen müssen eben ineinander greifen und zusammenarbeiten, damit der Abend gelingt.“ •

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Crayfishmit: Young „Jaekwon“ Kim

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Eine Kultur des Fehler-zugeben-Könnens

Zentral verantwortlich dafür, dass dem Rheinischen Landes-theater zwischen Arbeitsdruck und Teamarbeit, schrumpfenden Mitteln und künstlerischem Anspruch der Tanz auf schwinden-dem Boden dennoch gelungen ist, ist für Hermann Große-Berg der besondere Führungsstil der Intendantin: „Sie überzeugt durch Kompetenz sowie durch außergewöhnliche Kenntnisse und Fähigkeiten, nicht durch Basta-Mentalität“, erzählt er: „Das ist allerdings keine Führungsschwäche, sondern ihre besondere Qualität. Dazu hat sie ein hervorragendes Händchen, gute Leute zu finden und zu engagieren. Allein vier junge Regisseure, mit denen ich hier in meiner Zeit arbeiten konnte, – Corinna Beth-ge, Johannes Schmid, Dominik Günther und Eberhard Köhler – haben außergewöhnlich niveauvolle Arbeiten vorgelegt. Das ist schon sehr bemerkenswert in einer Stadt wie Neuss.“

Typisch für Ulrike Schankos Führungsstil ist zudem – so Große-Berg – die stets offene Tür ihres Büros, ebenso das offe-ne Ohr für die Belange der Mitarbeiter: „Da gibt es keine Bar-riere, keine Berührungsängste. Sie ist kollegial, kompetent und verbindlich, und sie hilft ihren Mitarbeitern auch nach deren Ausscheiden, vermittelt Kontakte und kümmert sich.“ – „Sie ist eine Entdeckerin, jederzeit bereit, Neues auszuprobieren“, konstatiert Jürgen Eick, der als Regieassistent am Rheinischen Landestheater anfing und mittlerweile Intendant in Ansbach ist. „Zudem verfügt sie über eine sehr schöne, tolle Selbstironie, nicht jene, die einen unernst erscheinen lässt, sondern jene, die auf der Fähigkeit beruht, sich von außen zu sehen und in Frage stellen zu können.“

Für Sylvia Richter war eben dieser Führungsstil der Grund, warum sie sich als Oberspielleiterin verpflichten ließ, obwohl

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sie – in ihren eigenen Worten – eher „leidenschaftliche Freibe-ruflerin“ ist: „Viele Intendanten legen sehr großen Wert auf die Selbstdarstellung. Da muss man morgens immer erst mal sagen, ja, du bist der König, bevor man anfangen kann zu arbeiten.“ In solchen Kontexten ist sie froh, unabhängig zu bleiben, eine In-szenierung zu machen und danach ihrer Wege gehen zu können. Fairness, Teamarbeit, Vertrauen und Mut sind dagegen die Be-griffe, mit denen alle Befragten die Art beschreiben, wie Ulrike Schanko das Haus leitet: „Bei ihr gibt es kein Herumgockeln und sich in den Mittelpunkt stellen. Sie ist eine absolute Team-spielerin, sehr bescheiden und ohne Eitelkeit. Ihr geht es darum, dass jeder seine Sache so gut wie möglich macht. Dann wird das Ergebnis auch überzeugen“, beschreibt Sylvia Richter.

In seinen 30 Jahren am Theater hat Reinhold von Betteraey schon viele Intendantenwechsel erlebt und viele verschiedene Stile, ein Theater zu führen: „Es gibt Intendanten, die da oben bleiben und keinerlei Kontakt zu den verschiedenen Abteilun-gen suchen“, erklärt er: „Unter Ulrike Schanko ist das Arbeits-klima sehr gut. Die Abteilungsleiter treffen sich regelmäßig. Bei diesen Besprechungen ist eine Kultur entstanden, Fehler zuge-ben zu können, weil es nicht darum geht, sich gegenseitig den schwarzen Peter zuzuschieben, sondern darum, festzustellen, wie es beim nächsten Mal besser laufen kann. So läuft die Ar-beit in allen Abteilung wesentlich organisierter, wird effektiver und besser planbar.“

Weil sie weiß, dass die Stücktexte, die die Dramaturgie jeweils vor Probenbeginn an jede Abteilung verteilt, nicht von allen gelesen werden, geht sie zu Spielzeitbeginn persönlich durchs Haus und erzählt knapp und pointiert den Inhalt der für die kommende Saison ausgewählten Stücke. „Jeder“, so sagt sie, „sollte sich mit den Stückinhalten auskennen, damit die Techni-ker verstehen, dass die Schauspieler nicht etwa aus Bosheit eine Wand kaputt machen, sondern weil es – und das natürlich aus bestimmten Gründen – so im Stück steht.“

Ohnehin, so erzählt von Betteraey, ist die Chefin für das Team hinter der Bühne jemand ganz Besonderes: „Wir kennen sie noch aus der Zeit, als sie als Hospitantin bei Charlie Wesse-ler angefangen hat“, erinnert sich Reinhold von Betteraey, „des-halb haben wir alle ein sehr persönliches Verhältnis zu ihr.“ •

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Krisenmanagement

Vorstellungen oder gar eine Premiere zu verschieben, kommt weder bei Krankheit noch bei anderen Katastrophen am Theater in Frage, weiß Kai Wolters, der seit November 2000 als Disponent Verbindungsmann zwischen Verwaltung und künstlerischer Arbeit ist: „Das geht schon allein deshalb nicht, weil dann die Kasse pro Vorstellung etwa 400 Besucher anrufen muss, um die Änderung mitzuteilen. Als reisende Landesbühne hat das Rheinische Landestheater die Aufführung zudem lange im Voraus verkauft und muss seine Verpflichtungen in jedem Fall einhalten“, erläutert Wolters. Weil im Falle einer Absage hohe Vertragsstrafen fällig würden, ist jede Krise und jeder krankheitsbedingte Ausfall ein Problem, das pünktlich zum Tag der Premiere gelöst sein muss. „Als unsere Besetzung für die Titelrolle im ,Theatermacher’ im Sommer 2008 kurz vor Pro-benbeginn ausfiel, hat Ulrike Schanko mitten in den Theater-ferien zusammen mit der Regisseurin in der ganzen Republik herumtelefoniert, bis sie in Wolfgang Häntsch einen Schauspie-ler gefunden hatte, der bereit und in der Lage war, kurzfristig einzuspringen“, erinnert sich der Disponent.

Erfahren im Krisenmanagement ebenso wie im Sparen, re-sümiert Ulrike Schanko: „Wir waren nie viele, aber wir sind kontinuierlich weniger geworden. Dabei gibt es einen wachsen-den Bedarf an Kultur. Die Politik nimmt Kultur als ‚Daseinsfür-sorge‘ inzwischen Gott sei Dank ja wieder ernst. Das bedeutet aber auch, dass sie den Kulturbetrieben immer mehr draufpackt an Erwartungen und Aufgaben, obwohl auf der anderen Seite die Menschen, die diese Aufgaben bewältigen können, längst weggespart wurden.“ •

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Unser Munimit: Hermann Große-Berg, Aurel von Arx, Hergard Engert

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foto?

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Cinderellas Schuhemit: Birgit Zamulo

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Die Geschichte vom Onkelchenmit: Bernd Färber, Mark Weigel

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Nachwuchs fürs Theater

Förderung von Nachwuchs wird im Rheinischen Landes-theater auf jeder Ebene groß geschrieben: Jürgen Eick etwa kann davon erzählen. Als freier Regisseur, Autor und Schauspieler machte sich der Neusser bundesweit einen Namen mit seinem Stück „Die weiße Rose“, das am Theater am Schlachthof pro-duziert wurde. 1999 begann mit seinem Engagement am Rhei-nischen Landestheater sein Einstieg ins professionelle Theater. Bis 2003 arbeitete er als Regieassistent und Regisseur, bekam für seine Inszenierung von „Moby Dick“ einen Sonderpreis des Fördervereins, und entwickelte sich zum engagierten Fürstrei-ter des Theaters: „Selbst wenn heute alle Theater geschlossen würden, entstünde morgen ein neues, das den Menschen Ge-schichten erzählt. Geschichten werden immer nachgefragt, weil der Mensch sich erklären will“, erläutert Eick. Für ihn steht fest: „Theater darf nicht Sahnehäubchen, es muss Lebensmittel sein.“

Seit 2007 ist er Gründungsintendant in Ansbach, das frü-her lediglich eine Bühne für Gastspiele hatte, und hat sofort die Kaspar-Hauser-Tage eingeführt, bei denen die neuesten wissen-schaftlichen Erkenntnisse zum Thema ebenso im Mittelpunkt stehen wie die neuesten Bearbeitungen des Stoffs auf der Büh-ne. Lebhaft erinnert er sich an die intensive Zeit in Neuss und an den Anruf, der seinen Einstieg, der seinen weiteren Berufsweg ins Rollen gebracht hat: „Sewan Latchinian, damals Oberspiel-leiter, hat erst eine Viertelstunde versucht, meinen Vater zur Mitarbeit am Rheinischen Landestheater zu gewinnen, bevor der das Missverständnis aufklärte“, erzählt Eick.

Aber nicht nur in der Kunst, auch im technischen Bereich widmet sich die Bühne dem Nachwuchs. Allein im Herbst 2008

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hatte das Rheinische Landestheater sechs Auszubildende und einen Umschüler. Seit 2007 hat Reinhold von Betteraey als Ausbildungsleiter zusätzlich zu seiner sonstigen Arbeit als Be-leuchter die Aufgabe übernommen, sie gezielt auf ihre Prüfung vorzubereiten. Für den berufserfahrenen Techniker ist das eine völlig neue Herausforderung, die er mit großem Engagement angeht: „Ich versuche, die Einstellung der Leute zum Lernen so zu beeinflussen, dass sie begreifen, wofür sie lernen. Das ist das Geheimnis des Erfolgs: Wenn sie verstanden haben, weshalb sie etwas lernen müssen, sind sie sehr motiviert.“ Vor allem aber macht er seinen Schützlingen klar, dass sie einen Blick hinter die Kulissen des Theaters bekommen, der anderen verschlos-sen bleibt. In Betteraeys Augen hat sich das Berufsbild in den vergangenen Jahren grundlegend verändert: „Früher lernte man einen elektrotechnischen Grundberuf und hat sich dann spezi-alisiert. Es gab Fachleute für Licht, für Ton und für Bühnen-technik. Heute gibt es den Beruf der Fachkraft für Veranstal-tungstechnik. Die jungen Leute sind nach ihrer Ausbildung multifunktionale Fachleute, konzentrieren sich aber auf einen Bereich.“ •

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Ein Kranich im Schneemit: Stefanie Breselow, André Felgenhauer

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Träume aus Brokat und Goldlitze

Wenn auch die Arbeiten von Kathrin Schmidt, Waldemar Klein und den anderen MitarbeiterInnen der Gewandmeisterei im Licht der Bühne ihre ganz besondere Wirkung entfalten, sieht man doch im dämmrigen Licht des Kostümfundus an der Wolberostraße immer noch jedem einzelnen Teil an, was für ein Wunder aus Ideen, Geschick und Aufwand es ist. Eng anein-ander gedrängt hängen zahllose Kostüme für die allerverschie-densten Anlässe in langen Reihen und beginnen, Geschichten zu erzählen, sobald man sie herauszieht und genauer anschaut. „Die hier sind aus dem Kinderstück ‚Ein Kranich im Schnee’“, erzählt Monika Rohde und zeigt wunderschöne helle Umhän-ge ganz besonderer Art: Zwischen weißen, leicht transparenten Lagen aus Stoff sind Wollfäden eingenäht, die wie umhüllte ge-trocknete Blumen wirken und den Kostümen den Anstrich gro-ßer Zartheit und Zerbrechlichkeit geben.

Seit neun Jahren arbeitet Rohde in der Gewandmeisterei des Theaters und kennt fast jedes der Prachtstücke, die hier auf engstem Raum lagern, um entweder eines Tages ein we-nig umgenäht und neu benutzt oder aber bei einer der großen Versteigerungen, zum Beispiel anlässlich eines Theaterfests, an neue Liebhaber verkauft zu werden. Welche Kostüme hier die schönsten sind? Da ist Monika Rohde fast ein wenig ratlos und zieht mit wenigen Griffen wallende Gewänder aus bunt chan-gierender Seide, Träume aus Brokat und Goldlitze und königli-che Kleider aus pupurnem Samt aus den langen Reihen. Hier ein Königinnenkleid mit Leuchtdioden, dessen weiter blauer Sei-denrock blinkt und funkelt, dort ein Kleidchen, in dessen buntes Netzgewebe in mühevoller Arbeit glitzernde Geschenkbänder eingenäht wurden: In jedem einzelnen Stück stecken so viel Sorgfalt und Originalität, dass es schier unmöglich ist, hier eine

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Rose Berndmit: Anna Warntjen

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Hitparade aufzustellen. Sehr schön aber findet sie die Kleider, die für „Rose Bernd“ hergestellt wurden, schlichte Kostüme aus blauen Arbeitsanzügen, aufwändig bestickt mit herrlichen, bunten Blumen. Geradlinig, solide und schlicht wirken sie und besitzen dennoch bei genauem Blick eine stille, sehr eigene Pracht. Manchmal weiß eben auch schon ein einzelnes Kostüm auf seine spezifische Weise, einen entscheidenden Teil der Ge-schichte zu erzählen.

Eine Treppe über dem Fundus der weiblichen Kostüme ist Waldemar Klein uneingeschränkter Herr der Kostbarkeiten für die männlichen Darsteller. Ganze Reihen stehen hier mit Sou-tanen, päpstlichem Ornat und anderen Gewändern des Klerus. Uniformen aus jedem nur erdenklichen Krieg, sonore Anzüge und natürlich Königsgewänder aus den edelsten Stoffen lagern hier zwischen Hüten und Mützen, Westen und Kopfbedeckun-gen wie man sie sich ausgefallener nicht vorstellen kann. Meh-rere Kisten beinhalten alleine Gummistiefel in jeder Farbe und Form. Sorgfältig nach Größen sortiert warten Clogs, Halbschu-he oder Stiefel, hochhackig und beinlang etwa, wie sie der ge-stiefelte Kater bevorzugen würde, schlicht und schwarz für den Geschäftsmann oder bunt und phantasievoll für die sonderbars-ten Märchenwesen darauf, herausgezogen und ausgewählt zu werden für ihre nächste große Stunde auf der Bühne. Nicht nur Kostümbildner und Schauspieler suchen hier nach brauchbaren Dingen, erzählt Waldemar Klein, auch der Bürgermeister leiht sich jedes Jahr ein Kostüm für seinen Auftritt als Nikolaus. Mit gezieltem Griff zieht Klein eine weiße Soutane von der Stange, an deren Rücken kleine Flügel aus zartem Flaum hängen: „Das Engelskostüm aus dem Liebeskonzil“, verrät Klein. Genau so eines hat auch Ulrike Schanko bei ihrem Auftritt in der legen-dären Inszenierung getragen, mit der das Theater im Herbst 1993 die Neusser begeisterte.

Wenn die Kleider, die in der Gewandmeisterei oft in auf-wändigster Handarbeit hergestellt werden, auf der Bühne Men-schen in Könige, Tiere oder Fabelwesen verwandeln, verbor-gene Wesenszüge offensichtlich machen oder Geheimnisse verbergen helfen, ist die Arbeit von Kathrin Schmidt, Gewand-meisterin und Leiterin der Kostümabteilung, und ihren Mit-arbeitern keineswegs abgeschlossen. Nach jeder Aufführung müssen die Kostüme gereinigt werden, damit sie frisch und

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sauber für den nächsten Auftritt zur Verfügung stehen. „Beim Etat für die Kostüme eines Stücks müssen in jedem Fall auch die Reinigungskosten mit eingerechnet werden“, erklärt Kathrin Schmidt. Einige Jahre hat sie in einer Düsseldorfer Werkstatt gearbeitet, die so gut wie alle Musicalproduktionen in Deutsch-land mit Kostümen versorgte. Irgendwann hatte sie das Gefühl, sich nicht mehr weiter zu entwickeln, und suchte eine neue He-rausforderung, die sie in Bayreuth fand. Schon Wochen vor den Festspielen wurde dort sieben Tage die Woche gearbeitet, von acht bis 23 Uhr. Seit Sommer 2008 leitet sie nun als Nachfolge-rin von Annette Kolberg die Gewandmeisterei des Rheinischen Landestheaters.

Bereits bei der Wahl der Stoffe ist unter anderem entschei-dend, wie sie gereinigt werden können: „Das muss man gleich nach dem Kauf ausprobieren“, erklärt Schmidt. Baumwolle kommt oft schon deshalb nicht in Frage, weil sie bei jedem Waschgang einläuft. „Wir erstellen eine Waschliste, die genau festlegt, wie welches Kostümteil gewaschen werden muss“, er-läutert sie. Zudem wird von der Unterwäsche und den Schuhen bis hin zur Kopfbedeckung sorgfältig notiert, was jeder einzelne Schauspieler im Stück tragen wird, und zwar in eben jener Rei-henfolge, in der es angezogen wird. Das ist notwendig, damit auch alles mit in die großen Kostümschränke für die Gastspiele kommt. „Ein einziges Mal fehlte ein Teil bei einem Gastspiel“, erzählt Schmidt: „Kai Wolters nahm sich kurzerhand das ver-gessene Stück und fuhr hinterher. Anders wäre es nicht gegan-gen.“

Wenn dennoch etwas schief geht, packen alle in der Kos-tümabteilung mit an: „Einmal geriet ein Kugelschreiber mit in die Reinigung und ruinierte ein Kostüm vollständig. Alle haben zusammengearbeitet und an einem Tag entstand das Kostüm neu“, erinnert sich Schmidt.

Manche Kostümteile gibt es sogar doppelt. Wer im Weih-nachtsmärchen zum Beispiel Doppelvorstellungen zu spielen hat, muss nach der ersten Vorstellung mal sein verschwitztes Hemd oder T-Shirt gegen ein frisch gewaschenes wechseln können. Auch wenn zwischen Abstechern und Hausvorstellung nicht genügend Zeit zum Waschen und Trocknen der einzelnen Teile bleibt, ist eine solche identische Zweitgarnitur vonnöten.

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„Knöpfe sind nicht selten ein Problem“, lacht Kathrin Schmidt. „Wenn ein Umzug hinter der Bühne schnell gehen muss, passiert es immer wieder, dass sie abreißen. Natürlich ha-ben die Garderobieren Nadel und Faden dabei, aber bei schnellen Umzügen bleibt zum An- oder Nachnähen keine Zeit. Durchaus sinnvoll wäre es deshalb, statt der Knöpfe Klettverschlüsse zu benutzen, was aber nicht geht, weil das Aufreißen zu laut ist und im Zuschauerraum gehört werden könnte“, erklärt die Kostüm-chefin. Auch Druckknöpfe haben ihre Tücken, denn im Dunkeln hinter der Bühne ist es nicht immer leicht, die winzigen Teile zu finden. „Magnete sind manchmal eine Alternative, aber nicht, wenn Bühnenelemente aus Metall sind, weil die Schauspieler dann mit ihren Kleidern daran hängen bleiben.“ So ist eben doch der gute alte Knopf das beste und sicherste System, auch bei schnellen Kostümwechseln hinter der Bühne. „Wenn es sehr schnell gehen muss, muss eine Garderobiere in die Kleider helfen. Auch das muss aber vorher abgesprochen und probiert werden, damit es im Ernstfall auch wirklich funktioniert“, weiß Schmidt aus Erfahrung.

Bisweilen kann es vorkommen, dass ein aufwändig gestal-tetes Kostüm bei der „AmA“ noch herausfällt. Erst wenn bei dieser Probe Bühnenbild, Maske, Kostüme und Requisiten im Original und im Bühnenlicht zusammenkommen, wird insge-samt erkennbar, ob alles auch tatsächlich zusammenpasst. Letz-te Korrekturen und damit auch die letzte Entscheidung, was ge-strichen wird und was nicht, liegt beim Regisseur.

Für diejenigen, die in langen Stunden viel Mühe und Ar-beit in ein Detail gesteckt haben, ist eine solche Entscheidung mitunter bitter, aber „damit muss man eben leben“, sagt Werk-stattleiter Waldemar Rüttgers, der sich in den langen Jahren am Theater längst daran gewöhnt hat. Er zeigt auf eine antike Säule, die aussieht, als wäre sie ein Stück aus dem Pergamon-Altar: „Auch die ist nie auf der Bühne gewesen. Erst wurde eine Säule gebraucht, aus Styropor, leicht und doch stabil, unzerbrechlich und begehbar. Es war gar nicht einfach, das alles unter einen Hut zu kriegen. Am Ende aber kam sie doch nicht auf die Büh-ne.“ Stolz zeigt er einen Gang weiter eine große Zauberkiste. Ein Kasten, wie man ihn in Turnhallen findet, darunter blaue Matten, beides tatsächlich aus dem Inventar einer Turnhalle

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übernommen. Doch durch eine unscheinbare Öffnung im Bo-den kann jetzt jemand aus dem großen ehemaligen Turnkasten in einem Loch verschwinden, das Rüttgers in die Matten darun-ter geschnitten hat. Mehr als einmal musste Schauspieler Timo Doleys zwischen den Proben zu Ingrid Lausunds Zauberstück „Konfetti!“ in der Werkstatt vorbeischauen um auszuprobieren, ob das Loch ihm ausreichend Platz bietet.

Wenn Schulen oder Turnhallen, Firmen oder Häuser ent-rümpelt werden, ist Waldemar Rüttgers dabei mit seinem un-trüglichen Gespür dafür, was man wie gebrauchen könnte. Und dafür, wie aus einfachen Dingen auf der Bühne magische Ge-genstände werden. Schließlich ist das Theater selbst ein großer Zauberkasten, der in den Dingen anderes sehen lässt, als sie sind. Oder eben genau das zeigt, was sie hinter ihrer Oberfläche sind und was sie sein können. Eine Welt des schönen Scheins mit hohem Realitätsanspruch: „Die ganze Welt ist Bühne“. •

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Konfetti!mit: Raik Singer

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Spielzeit 1992/93de Molina Don Gil von den grünen Hosen R: Nowbary A: Frenzel | Russell Shirley Valentine oder Die heilige Johanna der Einbauküche R: Lipfert A: Kammerer/Lipfert | Lindgren/Torudd Algot Storm (Studio) R: Mader A: Köpp-Mumme | Fels Soliman R: Strube A: Sichtling | Frayn Der nackte Wahnsinn R: Strube A: Schmidt | Baum/Wilms/Reinh. Der wunderbare Zauberer von Oos R: Hoffmann A: Kammerer | Kleist Der zerbrochene Krug R: Göbl/Strube A: Göbl | Shakespeare Ein Sommernachtstraum (Globe) R: Michaels A: Frenzel | Herfurtner Geheime Freunde R: Blumenthal A: Frenzel | Schiller Die Braut von Messina R: Strube A: Göbl | Reinhard Schlag auf Schlag (Studio) R: Fischer A: Kammerer | Mastrosimone Sunshine R: Schüler A: Kammerer | Rosendorfer Die Kellnerin Anni (Studio) R: Klein A: Frenzel | Gogol Der Revisor R: Lipfert A: Schmidt | Bulgakov Molière oder Der Geheimbund der Heuchler (Globe) R: Wesseler A: Göbl | Göthe Nordwind R: Strube A: Frenzel | Shakespeare Macbeth (3-Personen-Fassung) R: Unwin A: Laumann

Spielzeit 1993/94Molière Tartuffe R: Lipfert A: Frenzel | Guindani Efeu und die Dicke (Studio) R: Mader A: Kammerer | Panizza Das Liebeskonzil (Globe) R: Utzerath A: Göbl/Coehnen- Ulrich | Lillicrap/Izard Meine Frau Wie-heißt-sie-noch? R: Wesseler A: Schmidt | Goethe Clavigo R: Strube A: Frenzel | Süskind Der Kontrabass (Studio) R: Mokrusch A: Frenzel | Grote/Grimm Das Märchen vom treuen Johannes R: Blumenthal A: Rist | Churchill Top Girls R: Kornitzer A: Manhillen | Hochwälder Das heilige Experiment R: Lipfert A: Schmidt | de Bont/Zipson Das besondere Leben der Hilletje Jans (Studio) R: Mader A: Kammerer | Odets Familie Noah R: Schüler A: Birke | Anonym Mariechen von Nimwegen R: Strube A: Sichtling | Kisch/Hasek Reise um Europa in 365 Tagen R: Hoppe A: Frenzel | Shakespeare Romeo und Julia (Globe) R: Strube A: Kammerer | Fo Johann vom Po entdeckt Amerika (Studio) R: Kaetzler A: Kammerer | Purcell The Tempest R: Mokrusch

Spielzeit 1994/95Shakespeare/Fletcher Cardenio (Globe) R: Michaels A: Prochowska | Grillparzer Medea R: Richter A: Frenzel | Kuppel/Bichsel Amerika gibt es nicht (UA) R: Kuppel A: Coehnen-Ulrich/Kammerer | Serreau Hase Hase R: Strube A: Brower | Mehring Feuertanz R: Mehring A: Frenzel | Karge Die Eroberung des Südpols (Studio) R: Jelden A: Frenzel | Grabbe Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung R: Strube A: Günther | Orton Was der Butler sah R: Strube A: Kupfer | Büchner Woyzeck R: Lipfert A: Sichtling | Westerberg Das kleine Traumspiel (Studio) R: Schnitzler A: Schmidt | Heine Almansor R: Strube A: Frenzel | Ridley Der Disney- Killer (Studio) R: Mader A: Frommann | Shakespeare Maß für Maß R: Michaels A: Frenzel

Spielzeit 1995/96Mader Sonne, Mond und Sterne (Studio) (UA) R: Erl A: Brenner | de Vega Das prophetische Tier oder Der gottgefällige Vatermörder St. Julian R: Pachl A: Schoras | Goethe Faust I R: Strube A: Zerull | Sternheim Die Hose R: Strube A: Sichtling | Campbell Mr. Pilks Irrenhaus (Studio) R: Mokrusch A: Sichtling | Mader/ Maurer Pinocchio (UA) R: Mader A: Krügener/Coehnen-Ulrich | Sophokles König Oedipus R: Schüler A: Sichtling | Abraham Die Blume von Hawaii R: Kafka A: Thaler | Monthan Die Geschichte vom Baum (Studio) R: Kuppel A: Uredat | Dulack Pisaner Gesänge (Studio) R: Riedel A: Riedel | Horváth Kasimir und Karoline R: Strube A: Frenzel | Townsend Das geheime Tagebuch des Adrian Mole R: Mader A: Frenzel | Purcell The Fairy Queen R: Mokrusch A: Humburg

Premieren 1992 bis 2009

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Spielzeit 1996/97Mäkelä Flusspferde und andere Pferde (Studio) R: Armbruster A: Morgenstern | Aristophanes Die Frösche (Globe) R: Strube A: Günther | Lessing Nathan der Weise R: Seewald A: Sichtling | Dorst/Ehler Wie Dilldapp nach dem Riesen ging R: Mader A: Cumin | Dürrenmatt Der Besuch der alten Dame R: Baumgarten A: Sichtling/Coenen-Ulrich | Feydeau Floh im Ohr R: Seewald A: F.K. Waechter | Pigor/Rinnert Im Schatten der Hochbahn R: Strube A: Günther | Bouchard Die Geschichte von Teeka (Studio) R: Jelden A: Hillmann | Goethe/Mehring Reineke Fuchs (UA) R: Mehring A: Eiselé | Happel Mordslust (Studio) R: Matschoß A: Matschoß/Grimm | Shakespeare König Lear (Globe) R: Theobaldt A: Sichtling | Tabori Mein Kampf R: Richter A: Frommann | Schauspielerprojekt: Schneider Die Nächte der Schwestern Bronte (Studio)

Spielzeit 1997/98Shakespeare Was ihr wollt (Globe) R: Johamsmeier A: Wanda-Ress | Gredeby Von Göttern und Menschen (Studio) R: Goldmann A: Stuhldreyer/Trebing | Goethe Iphigenie auf Tauris R: Latchinian A: Wartenberg | Arnold/ Bach Weekend im Paradies R: Jelden A: Hillmann | Knauth Prinz Eselsohr R: Seewald A: Sichtling | Wilder Wir sind noch einmal davongekommen R: Baumgarten A: Sichtling | Krohn Der Schwan in Stücken (Studio) R: Busse A: Römer | Ashman/Menke Der kleine Horrorladen R: Strube A: Humburg | Göthe Das Mädchen im Espenbaum (Studio) R: Wolko A: Stuhldreyer/Trebing | Kushner Engel in Amerika R: Riedel A: Humburg | Bouchard Die verlassenen Musen (DSE) R: Schüler A: Eiselé | Pound Die Frauen von Trachis R: Kafka A: Kafka/Reichert | Dumas/Gaillardet Der Turm der Lüste (Globe) R: Isherwood A: Sichtling

Spielzeit 1998/99Shakespeare Komödie der Irrungen R: Latchinian A: Wartenberg | Verburg Eier und Eltern (Studio) (DSE) R: Foth A: Prochowska | Lipfert/Schäfer Gabriel Gladstone. Flieger (UA) R: Lipfert A: Peter | Kleist Das Käthchen von Heilbronn R: Hemmerle A: Sichtling | Schwab Präsidentinnen (Studio) R: Latchinian A: Becker | Bassewitz/Schanko/Michaels Peterchens Mondfahrt (UA) R: Michaels A: Dreßler/Silbermann | Hugo/Badan Der Glöckner von Notre-Dame (Studio) R: Zametzer A: Wartenberg/Coehnen-Ulrich | Cooney Funny Money R: Theobaldt A: Winkelsen | Golding/ Williams Der Herr der Fliegen (DSE) R: Latchinian A: Sichtling | Adam Still, der Trommler (Studio) R: Jelden A: Hillmann | Albee Alles im Garten R: Latchinian A: Frenzel | Schauspielerprojekt: Schubert u.a. Winters Reise (Keller) | Ionesco Die Unterrichtsstunde (Studio) R: Kuppel A: Uredat | O’Darkney Die Blinden von Kilcrobally R: Latchinian A: Sichtling | Long/Singer/Winfield Shakespeares sämtliche Werke – leicht gekürzt (Globe) R: Matschoß A: Morsbach

Spielzeit 1999/2000Sinclair/McCarten Ladies Night R: Latchinian A: Wartenberg | Elers-Jarlemann Katzen (Studio) R: Goldman A: Imig | Lessing Minna von Barnhelm R: Strube A: Sichtling | Hauff/Martin Kalif Storch (UA) R: Foth A: Betyna | Hacks/Offenbach Die schöne Helena R: Mokrusch A: Helmbrecht | Mastrosimone Total krass R: Jelden A: Helmbrecht | Molière Der Geizige R: Michaels A: Salomé | Lucattini Rote Schuhe (Studio) R: Schüler A: Eiselé | Brecht Die heilige Johanna der Schlachthöfe R: Latchinian A: Helmbrecht | Shakespeare Viel Lärm um nichts R: Kneidl A: Dentler/Peter | Wesseler Bye, bye, Drusus (UA) R: Wesseler A: Becker

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Spielzeit 2000/01de Filippo Die Kunst der Komödie R: Latchinian A: Sichtling | Waechter Die Aschenputtler (Studio) (DSE) R: Matschoß A: Helmbrecht | Bauersima Context R: Bücker A: Wasmuth | Mohr Die Nordpolflieger R: Goldman A: Imig | Sophokles Antigone R : Kornitzer A : Kornitzer/Bier | Bouchard Gefahrenzone (Studio) (DSE) R: Richter A: Helmbrecht | Schönthan Der Raub der Sabinerinnen R: Strube A: Helmbrecht | Tschechow Drei Schwestern R: Latchinian A: Wartenberg | Schäffler/ Schade Ein Freund für Löwe Boltan (Studio) R: Wartenberg A: Frenzel | Wedekind Musik R: Kafka A: Helmbrecht | Welsh Das letzte Loch (Studio) (DSE) R: Latchinian A: Becker | Shakespeare Der Sturm (Globe) R: Matschoß A: Sichtling | Eick Und morgen die ganze Welt (Studio) (UA) R: Eick A: Becker

Spielzeit 2001/02Ibsen Ein Volksfeind R: Latchinian A: Thaler | Verburg Winterschlaf (Studio) R: Eggenhofer A: Klein | Crouch/ McDermott Shockheaded Peter R: Goldman A: Imig | Wood Schweinchen Babe R: Strube A: Frenzel | Tätte Bungee Jumping (Studio) R: Wildgruber A: Conrath- Toussaint | Müller-Schlösser Schneider Wibbel R: Matschoß A: Imig | Schiller/Picard Der Parasit R: Richter A: Thaler | Vinterberg u.a. Das Fest R: Latchinian A: Wartenberg | Hub Pinguine können keinen Käsekuchen backen (Studio) R: Plöger A: Schröder | Pagnol Die Frau des Bäckers R: Kafka A: Jacobi | Hellman Die kleinen Füchse R: Schüler A: Eiselé | Hertel Fetzer (Globe) (UA) R: Latchinian A: Thaler/Coenen-Ulrich

Spielzeit 2002/03Herman/Allen Mit Pauken und Trompeten R: Latchinian A: Wartenberg | van Lohuizen Von drei alten Männern, die nicht sterben wollten (Studio) (DSE) R: Vissers A: Frenzel | Reimann Franziska Linkerhand R: Schüler A: Eiselé | Pullman Der gestiefelte Kater (DSE) R: Strube A: Wartenberg | Thomas Charleys Tante R: Latchinian A: Thaler | Belli/Plöger Die Werkstatt der Schmetterlinge (Studio) R: Plöger A: Klein | Pergaud/Mader Der Krieg der Knöpfe (UA) R: Kafka A: Jacobi | Panych Freudige Erwartung (Studio) (DSE) R: Latchinian A: Thaler | Lessing Emilia Galotti R: Jacob A: Thaler | Harris In der fernsten Ferne R: Kania A: Gertler | Barlach Die echten Sedemunds R: Richter A: Frenzel | Straus Die lustigen Nibelungen (Studio) R: Wolters A: Thaler | Shakespeare Der Kaufmann von Venedig (Globe) R: Utzerath A: Wartenberg | McLeod Gestrandet (Studio) (DSE) R: Plöger A: Plöger | Dorst Fernando Krapp hat mir diesen Brief geschrieben (Studio) R: Eick A: Becker

Spielzeit 2003/04Schulz/Grossman Snoopy R: Goldmann A: Imig | Tschechow Die Möwe R: Kafka A: Thaler | Schäffler u.a. Moby Dick (Studio) R: Eick A: Sichtling | Dorst/ Ehler Ameley, der Biber und der König auf dem Dach R: Jacob A: Imig | Mueller Ein seltsamer Kampf um die Stadt Samarkand (Studio) R: Kaetzler A: Klein | Cooney Außer Kontrolle R: Matschoß A: Thaler | Beckett Warten auf Godot R: Michaels A: Teßmann | Wen-Ching Wang Spinnen (Studio) (DSE) R: Plöger A: Schröder | Sternheim Bürger Schippel R: Richter A: Thaler | Rivemale Die Australierin R: Schüler A: Chamier | Brömssen/Brossner Die Geschichte vom Onkelchen (Studio) R: Vissers A: Frenzel | O’Casey Purpurstaub R: Utzerath A: Utzerath/Jacobi | Shakespeare Othello (Globe) R: Loepelmann A: Cramer

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Spielzeit 2004/05Büchner Leonce und Lena R: Richter A: Teßmann | Staudinger Tierasyl Blomberg (Studio) R: Joss A: Weißbrodt | Herman/Fierstein Ein Käfig voller Narren R: Kreuzfeldt A: Imig | Weiss Wie dem Herrn Mockinpott das Leiden ausgetrieben wird (Studio) R: Richter A: Lenfert | Rushdie Harun und das Meer der Geschichten R: Vissers A: Imig | Lausund Konfetti ! R: Maier-Bode A: Richter | Schiller Kabale und Liebe R: Ingenhaag A: Teßmann | Törnqvist Bombe und Blumen (Studio) (DSE) R: Hosten A: Toeberg | Dresser Unter der Gürtellinie R: Schüler A: Eiselé | Goetz Hokuspokus R: Tews A: Mogendorf | Pohl Kanari R: Richter A: Imig | de Ghelderode Die Ballade vom großen Makabren R: Richter A: Krott

Spielzeit 2005/06Benatzky/Maier-Bode Frauen für Napoleon (UA) R: Richter A: Schultze | Siegrot Windsturmreiter (Studio) R: Linck A: Lehmann | Ibsen Hedda Gabler R: Blumenthal A: Mogendorf | Schwarz Die verzauberten Brüder R: Eggenhofer A: Meintke/Behder | Zaimoglu/ Senkel Halb so wild R: Richter A: Teßmann | Horváth Glaube Liebe Hoffnung R: Richter A: Teßmann | Mamet Hanglage Meerblick R: Kortmann A: Richter | Boisvert Marstraining (Studio) (DSE) R: Plöger A: Teßmann | Norén Krieg R: Köhler A: Stuhldreyer | Shakespeare Wie es euch gefällt (Globe) R: Jacob A: Schindowski

Spielzeit 2006/07von Düffel Call the police (UA) R: Richter A: Krott | Kenny Der Gärtner (Studio) (DSE) R: Goldman A: Goldman | Goos Alte Freunde R: Bethge A: Gertler | Heckmanns Finnisch R: Schüller | Mehring Ein Kranich im Schnee R: Böhack A: Blersch | Lanoye Mamma Medea R: Köhler A: Stuhldreyer | Dendooven So jung, so blond, so durch den Wind (Studio) (DSE) R: Vissers A: Hollevoet/Vinck | Shakespeare Hamlet R: Richter A: Schultze | Schönherr Weibsteufel R: Richter A: Teßmann | Beaumarchais Der tolle Tag oder Figaros Hochzeit R: Eggenhofer A: Klie | von Hofmannsthal Jedermann (Globe) R: Ingenhaag A: Schwienhorst

Spielzeit 2007/08Brecht Der gute Mensch von Sezuan R: Sebastian A: Kossack | de Bont Eine Odyssee R: Ingenhaag A: Hansen | O’Casey Das Ende vom Anfang R: Richter A: Lenfert | Roets Cyrano R: Maier-Bode A: Meintke/Behder | Lindgren Ronja Räubertochter R: Plöger A: Sichtling | Hauptmann Rose Bernd R: Richter A: Blersch | Stephens Motortown R: Günther A: Vollmer | Strindberg Fräulein Julie R: Böhack A: Schultze | ondrom Unser Muni (DE) R: Schmid A: Holzer | Rinke Café Umberto R: Richter A: Bosniak | Middleton/Rowley Verbrechen und Leidenschaft R: Goldman A: Kuhn

Spielzeit 2008/09Bernhard Der Theatermacher R: Bethge A: Seitz | Williams Endstation Sehnsucht R: Günther A: Vollmer | Kenny Cinderellas Schuhe (DSE) R: Vissers A: Hollevoet/Vrijsen | Becker My name is Peggy A: Hecker | Ostermaier Vatersprache R: Rogge A: Hecker | Sauter/ Studlar Das rote Schaf (UA) R: Doll A: Oppenländer/ Decker | Veber Die Nervensäge R: Maier-Bode A: Richter | LaBute Fettes Schwein R: Richter A: Teßmann | Lessing Philotas R: Brandis A: Cleres | Mouawad Verbrennungen R: Sebastian A: Kossack | Retallack Hannah und Hanna R: Lindner A: Ströder | Goethe Torquato Tasso R: Günther A: Vollmer | Zarzutzki/Akika/ Becker Crayfish (UA) R: Akika/Becker A: Hecker | Adrien Sonntags am Meer R: Richter A: Decker

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Impressum

Das Rheinische Landestheater NeussOberstraße 95, 41464 NeussTel. 02131 - 26 99 0Spielzeit 2008/2009SonderdruckTexte: Dagmar Kann-CoomannRedaktion: DramaturgieLayout: Jan-Marco SchmitzDruck: Decker Druck, Neuss

Bildnachweis:Alex Büttner: S. 2, 11, 16, 38, 44/45, 72/73, 80/81, 94/95, 108/109 Martin Büttner: S. 7, 32/33, 42/43, 50/51, 52/53, 57, 76/77, 84/85, 96/97, 100/101, 115; Oliver Look: S. 88/89 | Freya Paschen: S. 12 | Johannes Blum: Umschlagfoto Sonja Rothweiler: S. 25, 27, 36/37, 93 Andreas Woitschützke: S. 4, 20/21, 23, 30/31, 62/63, 64/65, 67

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Hamletmit: Aurel von Arx, Hergard Engert

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Der gute Mensch von Sezuanmit: Tini Prüfert, Tim Knapper, Aurel von Arx, Anas Ouriaghli, Jochen

Ganser, Martin Skoda, Anna Warntjen, Kaspar Küppers

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„... lebendige Blicke in diesen ganz besonderen Betrieb Theater und Erinnerungen an die vergangenen siebzehn Jahre ...“